A Good Omen ist, zumindest theoretisch, das letzte Stück, das vor dem Abspann gespielt wird – allerdings eben nur theoretisch, denn in der Praxis wurden die entsprechenden Szenen noch einmal völlig neu vertont. Der Track beginnt mit einem choralen Intro, das rasch in den Hybriden aus dem Haus-Durins- und dem Geschichte-des-Ringes-Thema übergeht, das den Film bereits eröffnete (0:35). Bei 0:50 findet sich darüber hinaus eine Andeutung von Thorins Thema und bei 1:24 ist noch einmal das Erebor-Thema zu hören. Bei 1:50 kommt ein Solo-Sopran hinzu. Es ist nicht ganz einfach, diese Elemente genau den Geschehnissen im Film zuzuordnen. Es kann vermutet werden, dass das positive Intro und die Zwergenthemen noch in der Schlacht gegen Azog und seine Warge zu hören gewesen wären – eventuell wollte Shore davon absehen, das Rückforderung-der-Natur-Thema in seiner vollen Ausprägung einzusetzen und es lediglich bei der Andeutung belassen – besagtes Intro hätte dann den Auftritt der Adler untermalt.
Hohe Streicher dominieren die folgende Passage, ab der Dreiminutenmarke wird der Tonfall bedächtiger, vermutlich um Thorins kritischen Zustand zu verdeutlichen. Bei 3:30 ist erstmals seit Längerem wieder Auenlandmaterial zu hören, das um Bilbos Abenteuerthema herum aufgebaut ist, ohne dass es zu einem vollständigen Statement reicht. Bei 4:12 erklingt schließlich ein weiteres Mal das Erebor-Thema, als die Kompanie den Berg in der Ferne erblickt. Direkt darauf folgt Thorins Thema – man ist insgesamt positiv gestimmt, hat die Gefahren des Nebelgebirges vorerst überwunden und das Ziel zum ersten Mal vor Augen. Gleich darauf verrät der Score allerdings, dass es sich bei Bilbos Einschätzung diesbezüglich um eine Illusion handelt. Ominöse Streicher künden ab der Fünfminutenmarke von dräuendem Unheil, und tatsächllich: Ab 5:30 ist Smaugs Thema zu hören, zum ersten Mal seit Beginn des Films, um dem Hörer klar zu machen, wer noch über den Einsamen Berg herrscht.
Kaum etwas von diesem Track ist, wie bereits erwähnt, im Film zu hören. Für den Flug zum Carrock schrieb Shore gar ein neues chorales Adler-Motiv, das in „The Battle of the Five Armies“ Seite an Seite mit dem Rückforderung-der-Natur-Thema die Ankunft der Adler in der Schlacht der fünf Heere untermalt. Abermals findet sich die Filmversion unter dem Titel Flight to the Carrock auf Youtube, das Adler-Motiv ist bei 0:26 zu hören. Weitaus irritierender als dieses neue, durchaus gelungene Thema ist jedoch ein LotR-Thema, das ähnlich wie das Nazgûl-Thema hier in völlig fremdem Kontext verwendet wird. Als Thorin Bilbo voller Dankbarkeit umarmt, erklingt eine Melodie, die Doug Adams in „The Music of the Lord of the Rings Films“ als „Gondor Reborn“ klassifizierte (2:35). Dieses Leitmotiv entwickelte sich in „The Return of the King“ aus dem Minas-Tirith-Thema und sollte aus diesem Grund nicht einfach so zweckentfremdet werden. Vermutlich war Jackson kurz vor Schluss noch auf der Suche nach etwas Emotionalem und griff, wie so häufig, auf Bewährtes zurück, ohne die narratives Komponente zu beachten. Eine nicht minder bekannte Variation des Auenland-Themas erklingt nur kurz darauf (2:52). Und während sich die Zwergenthemen dann wieder im Film finden, wurde der Einsatz von Smaugs Thema, der das sich öffnende Auge des Drachen untermalen sollte, zugunsten dramatischer Stille entfernt.
Siehe auch:
My Dear Frodo
A Very Respectable Hobbit
Axe or Sword?
The World Is Ahead
An Ancient Enemy
Roast Mutton
The Hill of Sorcery
Warg-Scouts
Moon Runes
The White Council
Over Hill
A Thunder Battle
Riddles in the Dark
Brass Buttons
Out of the Frying Pan
Ich finde diese Reihe wirklich super und ich freue mich schon sehr auf die verbliebenden Stücke. Wirst du dir auch die anderen beiden Scores der Trilogie auf diese Art vornehmen? Das wäre super!
Danke, freut mich 😉 Die anderen beiden werde ich mir definitiv auch vornehmen, da gibt’s viel drüber zu schreiben; ich lasse ja bekanntermaßen keine Gelegenheit aus, mich darüber zu beschweren, dass das Misty-Mountains-Thema verworfen wurde. Aber die anderen beiden haben natürlich auch viele, viele grandiose Elemente. Noch bin ich mit „An Unexpected Journey“ allerdings nicht fertig…