Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore

Spoiler!
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Story: Wir schreiben das Jahr 1932; die Internationale Zauberervereinigung ist auf der Suche nach einem neuen Vorsitzenden. Dies möchte sich Gellert Grindelwald (Mads Mikkelsen), der nach wie vor finstere Absichten hegt, zunutze machen. Derweil versucht Albus Dumbledore (Jude Law) seinen ehemaligen Geliebten immer noch aufzuhalten. Nachdem Grindelwald von Anton Vogel (Oliver Masucci), dem noch amtierenden Vorsitzenden, rehabilitiert wird, stellt er sich selbst zur Wahl – diese wird jedoch nicht von der magischen Bevölkerung, sondern von einer magischen Kreatur, dem Qilin, der sowohl in die Herzen als auch in die Zukunft sehen kann, durchgeführt. Um zum Anführer der Zaubererschaft zu werden und diese endlich in einen Krieg gegen die Muggel führen zu können, heckt Grindelwald einen durchtriebenen Plan aus. Ein weiteres Mal ist es an Dumbledore und seinen Verbündeten, darunter Newt (Eddie Redmayne) und Theseus Scamander (Callum Turner), Jacob Kowalski (Dan Fogler) und die amerikanische Hexe Lally Hicks (Jessica Williams), den Schwarzmagier aufzuhalten…

Kritik: Ähnlich wie „X-Men: Dark Phoenix“ scheint auch „Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore“ der Abgesang auf eine sterbende Filmreihe zu sein, der eher aus Pflichtgefühl überhaupt erst in die Kinos kam und dort zu allem Überfluss nicht allzu viele interessierte, nicht zuletzt, weil einer der kreativen Köpfe sich zur Persona non grata entwickelte. Das war bei mir nicht anders, auch ich hatte ziemlich wenig Interesse an diesem (vorläufigen) Finale der „Fantastic-Beasts-Saga“, was allerdings nicht einmal so sehr an J. K. Rowlings Twitter-Ausfällen, sondern viel mehr an der unterirdischen Qualität des Vorgängers „The Crimes of Grindelwald“ lag – dieser hat mein Interesse am einstmals florierenden Potter-Franchise nachhaltig erstickt. Dennoch, ich bin eben Komplettist und war zudem auch neugierig auf die neue Inkarnation von Gellert Grindelwald. Bekanntermaßen erwies sich Johnny Depp ebenfalls als problematisch, auch wenn er jetzt im Gerichtshof der öffentlichen Online-Meinung rehabilitiert zu sein scheint – Warner hätte wohl besser daran getan, sich von Ezra Miller zu trennen. Wie dem auch sei und ohne hier ein Fass aufmachen zu wollen: Völlig unabhängig von Johnny Depps Charakter und seinem Privatleben war er in meinen Augen von Anfang an die völlig falsche Besetzung für Grindelwald und hat in dieser Rolle für mich nie funktioniert. Mads Mikkelsen ist da tatsächlich die deutlich bessere Wahl, aber dazu später mehr.

Nachdem „The Crimes of Grindelwald” zwar durchaus erfolgreich, aber eben nicht erfolgreich genug war und zudem (völlig zurecht) mit harscher Kritik bedacht wurde, bemühte man sich bei Warner um eine Kurskorrektur. Dass J. K. Rowling mit dem Schreiben (und vor allem Strukturieren) eines Drehbuchs überfordert war, hatte sich überdeutlich gezeigt, weshalb man ihr Potter-Drehbuch-Veteran Steve Kloves zur Seite stellte. Und tatsächlich: „The Secrets of Dumbledore“ ist immerhin besser strukturiert als der direkte Vorgänger und auch weniger erratisch. Massive erzählerische Probleme bleiben allerdings erhalten. Zum einen wäre da eine recht ungleichmäßig Fortführung und Weiterentwicklung der Handlungselemente und Figuren des Vorgängers. Nagini, in „The Crimes of Grindelwald“ gespielt von Claudia Kim, wird beispielsweise nicht einmal mehr erwähnt, während Tina Goldstein (Katherine Waterston), immerhin eine der zentralen Figuren der ersten beiden Filme, nur zwei kleine Cameos absolviert (was aber primär mit der Verfügbarkeit der Darstellerin zusammenhängt). Auch das ganze Hin und Her um Prophezeiungen, die (extrem subtil) auf den Zweiten Weltkrieg hinweisen und alles, was mit der Familie Lestrange zu tun hat, spielt überhaupt keine Rolle mehr. Und selbst Newt Scamander, immerhin in der Theorie der Protagonist der Filmreihe, wird mehr oder weniger zur Nebenfigur degradiert – ein Schicksal, das er mit Bilbo Beutlin teilt.

Stattdessen wird mit der Wahl des Vorsitzenden der Internationalen Zaubererversammlung ein völlig neues Fass aufgemacht, mit dem Rowling, Kloves und Yates mehr denn je versuchen, einen Politthriller mit magischem Abenteuer zu verknüpfen, was hier nicht allzu gut gelingt. Parallelen zu aktueller Politik und Geschichte sind nur allzu deutlich, wie üblich bleibt die Politik der „Wizarding World“ allerdings eine äußerst schwammige Angelegenheit. In den Harry-Potter-Romanen hat das allerdings nur bedingt geschadet, gerade in „Harry Potter and the Order of the Phoenix“ hat Rowling es wirklich gut genug geschafft, das herauszuarbeiten, was nötig und wichtig ist, nicht zuletzt deshalb, weil sie den Blickwinkel von Teenagern einnehmen konnte. Im Gegensatz dazu wirken die politischen Elemente in „The Secrets of Dumbledore“ geradezu beliebig, wenn nicht gar unsinnig. Was zu Anfang als Wahl inszeniert wird, verkommt zur magischen Zeremonie, in der nicht die Mehrheit, sondern ein ominöses Tierwesen darüber entscheidet, wer die Zaubererschaft führt. Zudem wird man auch nie wirklich über die Befugnisse des Vorsitzenden aufgeklärt. Diese Position existierte zwar bereits in den HP-Romanen (und wurde dort von Dumbledore ausgefüllt), hatte aber scheinbar kaum tatsächliche Auswirkungen. Hier nun scheint derjenige, der sie innehat, dazu in der Lage zu sein, den Muggeln den Krieg zu erklären.

Zudem ist überdeutlich, dass „The Secrets of Dumbledore“ ein merkwürdiger Hybridfilm geworden ist: Ursprünglich waren fünf Fantastic-Beasts-Filme geplant, aber nachdem die ersten beiden hinter den Erwartungen zurückblieben, entschloss man sich, mit dem dritten Film einen vorläufigen Schlussstrich zu ziehen. Somit muss „The Secrets of Dumbledore“ als Finale fungieren können, aber zugleich auch weitere Fortsetzungen ermöglichen, falls doch genug Zuschauer in die Kinos strömen. Harry-Potter-Fans wissen zudem, dass Grindelwalds finale Niederlage erst im Jahr 1945 stattfindet (nicht, dass Rowling im Rahmen dieser Filmreihe jemals vor massiven Retcons zurückgeschreckt wäre…). Ich persönlich denke, dass Rowling ursprünglich plante, Grindelwald hier Erfolg haben und das angestrebte Amt tatsächlich gewinnen zu lassen. Nicht von ungefähr spielt der Film im Jahr 1932, ein Jahr vor Hitlers Machtergreifung – die Parallelen zwischen Grindelwald und Hitler waren nie besonders subtil. Die beiden verbliebenen geplanten Filme hätten sich dann mit einer (kontinentaleuropäischen) Zaubererwelt unter Grindelwalds Kontrolle und dem magischen Äquivalent zum Zweiten Weltkrieg auseinandersetzen können. So muss Grindelwald hier aber ein weiteres Mal verlieren und flüchten, damit die Reihe, sollte es der letzte Fantastic-Beasts-Film sein, mit einem positiven Ende versehen werden kann.

Figurentechnisch konzentriert sich „The Secrets of Dumbledore“ tatsächlich auf die beiden Kontrahenten, während die meisten anderen in den Hintergrund rücken. Mit der von Jessica Williams gespielten Eulalie „Lally“ Hicks wird zudem eine neue, zentrale Figur vorgestellt, die wohl als Ersatz für Tina Goldstein gewertet werden kann – zumindest was die Stellung als zentrale weibliche Figur auf Dumbledores Seite angeht. Die Ilvermorny-Lehrerin (samt Darstellerin) absolvierte bereits in „The Crimes of Grindelwald“ einen kleinen Cameo-Auftritt und Jessica Williams hat sichtlich Spaß daran, sie zu spielen, darüber hinaus fällt die Charakterisierung aber eher dünn aus – etwas, das sich auf die meisten Figuren erstreckt. Weiterhin unterhaltsam bleibt auch Dan Fogler als Jacob Kowalski, der trotz seiner romantischen Verwicklungen seinen Optimismus nicht verliert. Alison Sudols Queenie Goldstein hat immerhin mehr Präsenz als ihre Schwester, aber auch ihr wird nicht wirklich viel Platz zur Entfaltung gelassen. Der junge Dumbledore ist weniger exzentrisch als sein älteres Ich, ansonsten aber ziemlich in-Character, inklusive der Eigenheit, seine Verbündeten über seine unnötig komplizierten Pläne im Dunkeln zu lassen. Nebenfiguren aus dem Vorgänger wie Yusuf Kama (William Nadylam) oder Bunty (Victoria Yeates) sind ebenfalls Teil von Dumbledores Team, tragen aber nur wenig zur Handlung bei. Credence‘ familiäre Situation wird ebenfalls aufgelöst, hier stellt sich nun heraus, dass er der Sohn von Albus Dumbledores Bruder Aberforth (Richard Coyle) ist.

Kommen wir nun aber zu Grindelwald: Ich hatte mich im Vorfeld gefragt, ob das veränderte Aussehen des Schwarzmagiers wohl thematisiert werden würde, immerhin könnte ich problemlos eine magische Erklärung finden, allerdings entschied man sich dazu, Grindelwalds Aussehen ebenso zu ignorieren wie seine völlig veränderte Persönlichkeit. Die Jack Sparrow’sche Exzentrik, die Johnny Depp mitbrachte, hat die Figur nun völlig verloren, stattdessen wird sie nun von einer energischen Zielstrebigkeit dominiert, die ich persönlich weitaus passender finde, die aber freilich ein massiver Kontinuitätsbruch ist (nicht, dass das noch jemanden besonders kümmern würde).

Wie schon „The Crimes of Grindelwald” bemüht sich auch „The Secrets of Dumbledore” um massives Spektakel, ohne allerdings jemals die alte Magie der Potter-Filme reaktivieren zu können, was ironischerweise auch an der Darstellung der Magie liegt – ein Problem, das jedes der drei Prequels plagt. Nicht, dass Rowling bei den Regeln der Magie in der „Wizarding World“ immer konsistent oder konsequent gewesen wäre, aber es gab immerhin Regeln und sie wurden auch erklärt. Vor allem in den letzten beiden Teilen dieser unfreiwilligen Prequel-Trilogie können Zauberer und Hexen inzwischen quasi fast alles machen, was sie wollen. Das Duell zwischen Dumbledore und Credence beispielsweise wirkt eher, als stamme es aus „Doctor Strange“, inklusive der Spiegeldimension. In der Figurenkonzeption und -konstellation versuchen Rowling, Kloves und Yates zudem immer wieder, nach bester George-Lucas-Manier („It rhymes!“) auf bereits Erzähltes zu verweisen, etwa durch die Parallelen zwischen Ariana Dumbledore und Credence, Draco Malfoy und Credence oder Snape und Queenie.

Auch die Nostalgiekeule wird immer wieder ausgepackt – wenn handelnde Figuren in Hogwarts vorbeischauen, erklingt Hedwigs Thema in bester Williams-Manier und erweckt zumindest bei mir das Bedürfnis, statt dieses Films doch lieber die alten Potter-Filme wieder anzuschauen. Und dann ist da noch diese eine Szene, in der aus einem Koffer buchstäblich Potter-Requisiten ausbrechen, darunter ein Schnatz und mehrere Exemplare des Monsterbuchs der Monster, natürlich untermalt vom Flug-Thema aus den ersten drei Potter-Scores. Abseits dieser offensichtlichen Einspielungen weiß immerhin James Newton Howards Score auch ein drittes Mal zu überzeugen und die Emotionalität zu vermitteln, an der der Film scheitert. Eine ausführliche Besprechung des Scores findet sich hier.

All das zeigt, dass auch hier die altbekannten Fehler gemacht wurden, die so viele Franchises plagen. Ich denke, die Fantastic-Beasts-Serie hätte durchaus funktionieren können, hätte man sich auf die Stärken des ersten Teils berufen und es vermieden, eine epische Saga und ein mit Nostalgie getränktes Prequel zu den Potter-Filmen zu erzählen. Stattdessen hätte man sich an den inhaltlich kaum miteinander verbundenen Bond-Filmen der Roger-Moore-Ära orientieren können und pro Film ein in sich geschlossene Abenteuer mit magischen Tierwesen an verschiedenen, interessanten Orten erzählen können, während der Krieg gegen Grindelwald lediglich ein Element des Hintergrundes bleibt, so wie es der Kalte Krieg in den Bond-Filmen war.

Fazit: „The Secrets of Dumbledore“ ist zwar marginal besser als „The Crimes of Grindelwald”, schafft es aber nicht einmal in Ansätzen, die alte Magie zurückzubringen. Ein besser strukturiertes Drehbuch und ein talentierter Cast können leider nicht über massive erzählerische Probleme und den Mangel an Inspiration hinwegtäuschen.

Bildquelle (Foto: Warner Bros.)

Trailer

Siehe auch:
Fantastic Beasts and Where to Find Them
Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald – Ausführliche Rezension

Art of Adaptation: The Dark Lord Ascending

Es ist an der Zeit, mal wieder eine neue Artikelreihe zu starten. „Art of Adaptation“ setzte sich, wie der Titel schon subtil suggeriert, mit dem Adaptionsprozess auseinander. Zwar habe ich durchaus auch vor, Gesamtadaptionen im Rahmen dieser Reihe zu betrachten, der Fokus soll allerdings auf Einzelaspekten liegen: Wie wird eine bestimmte Figur, eine Szene, eine Kapitel oder ein Ereignis von einem Medium ins andere transferiert. Den Anfang macht hierbei das erste Kapitel aus „Harry Potter and the Deathly Hallows“.

Das Außenseiterkapitel
„The Dark Lord Ascending“ ist nicht nur das Eröffnungskapitel des siebten Harry-Potter-Bandes, sondern auch eines der außergewöhnlichsten. In der gesamten siebenbändigen Serie verlassen wir als Leser nur selten Harry Potters Perspektive, er ist nicht nur Namensgeber der Serie, sondern auch die Figur, durch deren Augen wir fast sämtliche Geschehnisse erleben. Eine Ausnahme ist das erste Kapitel des ersten Bandes; hier fungiert Vernon Dursley als Point-of-View-Charakter (PoV), das erste Kapitel des vierten Bandes, das der Leser durch die Augen des Riddle-Gärtners Frank Bryce erlebt, das erste und zweite Kapitel von „Harry Potter and the Half Blood Prince“ und dieses hier. Was dieses Kapitel so außergewöhnlich macht, ist nicht nur der Umstand, dass wir Harrys Perspektive verlassen, sondern dass keine andere Figur seinen Platz einnimmt. In der Literaturwissenschaft spricht man von „externer Fokalisierung“, die relativ selten vorkommt. Hierbei beschreibt der Erzähler nur, was durch die Sinne wahrgenommen werden kann, aber keine inneren Prozesse der Figuren. Das Gegenteil ist die „interne Fokalisierung“ – hier lässt der Erzähler den Leser an den inneren Prozessen der Figuren bzw. einer ausgewählten Figur teilhaben, wie es bei den HP-Romanen normalerweise der Fall ist. Darüber hinaus gibt es auch die Nullfokalisierung; gemeinhin spricht man auch vom „allwissenden Erzähler“. Wie dem auch sei, in diesem Kapitel folgen wir zwar Snape, erfahren aus dramaturgischen Gründen allerdings nicht, was er denkt und empfindet, schließlich soll bis zum Schluss nicht enthüllt werden, dass er in Wahrheit die ganze Zeit für Dumbledore gearbeitet hat.

Die Handlung ist schnell erzählt: Snape trifft zeitgleich mit Yaxley, einem anderen Todesser, bei Malfoy Manor ein. Nach einer kurzen Unterhaltung über Lucius Malfoys Vorliebe für Luxus betreten die beiden das Anwesen und stoßen zur stattfindenden Todesser-Versammlung unter Leitung Lord Voldemorts. Es geht primär darum, Harry Potter zu ergreifen und um die Frage, wie schnell sich das Zaubereiminsterium unter Voldemorts Kontrolle befinden kann – hierzu hat Yaxley Pius Thicknesse, dem Leiter der magischen Strafverfolgungsbehörde, den Imperiusfluch aufgehalst. Auch die erweiterte Verwandtschaft der Malfoys und Blacks kommt zur Sprache, hat doch Nymphadora Tonks, die Nichte von Bellatrix und Narcissa, den Werwolf Remus Lupin geheiratet. Schließlich verkündet Voldemort, dass er Harry Potter nicht mit seinem eigenen Zauberstab töten kann und borgt sich stattdessen den von Lucius Malfoy, den er sogleich an Charity Burbage, der Muggelkundelehrerin von Hogwarts, ausprobiert, deren Leiche anschließend Nagini zum Faß vorgeworfen wird.

Ich will ehrlich sein: Ich bin kein allzu großer Fan dieses Kapitels. Voldemort war nie der subtilste Schurke, doch gerade in diesem Kapitel ist er mir eine Spur zu offensichtlich fies, zu plump in seiner Bösartigkeit. Ironischerweise gehört die Filmumsetzung zu meinen liebsten Szenen der gesamten Filmreihe, vielleicht ist sie sogar meine Lieblingsszene.

Auffällige Änderungen

Während das Todesser-Meeting den Roman eröffnet, beginnt die Filmadaption mit einer Rede Rufus Scrimgeours (Bill Nighy), gefolgt von einer Montage, die Harry (Daniel Radcliff), Ron (Rupert Grint) und Hermine (Emma Watson) bei ihren Vorbereitungen zeigt und bereits bestimmte Elemente, die im Roman durch Exposition in späteren Kapiteln auftauchen, visuell vorwegnimmt. Erst nach der Titeleinblendung zeigt David Yates, wie Snape (Alan Rickman) zu Malfoy Manor appariert bzw. fliegt. Anders als im Roman trifft er allerdings alleine ein, Yaxley (Peter Mullan) sitzt bereits am Konferenztisch. Ein Detail, das allerdings übernommen wurde, ist das „durchlässige Eingangstor“, das nicht geöffnet werden muss. Zu den weiteren, besonders auffälligen Änderungen gehört Pius Thicknesse (Guy Henry): Während im Roman nur darüber gesprochen wird, dass Yaxley ihm den Imperius-Fluch auf den Hals gejagt hat, ist der in der Filmszene anwesend, wobei weder hier noch später deutlich wird, ob er ebenfalls unter dem Imperius-Fluch steht, erpresst wird oder sich Voldemort (Ralph Fiennes) freiwillig angeschlossen hat. Dennoch wird er von den Todessern visuell distanziert; während diese alle in ihren typischen Gewändern zur Linken und Rechten des Dunklen Lords sitzen, trägt Thicknesse einen gewöhnlichen Anzug, sitzt Voldemort am anderen Ende der Tafel genau gegenüber und fühlt sich in Naginis Gegenwart sichtlich unwohl. Aus filmischer Sicht ist es äußerst sinnvoll, Thicknesse auf diese Weise zu präsentieren, statt nur über ihn zu reden, da ein Zuschauer, der den Roman nicht gelesen hat, ihn so später deutlich leichter wiedererkennen kann, gerade weil er von den restlichen Todessern abgegrenzt wird.

Wurmschwanz (Timothy Spall) wird, anders als im Roman, ebenfalls von den restlichen Todessern abgegrenzt; er hat gar keinen Platz an der Tafel, sondern muss stehen. Hier wird außerdem bereits das Auftauchen Ollivanders (John Hurt) subtil angedeutet, denn er ist es, der schmerzerfüllt schreit und dem sich Wurmschwanz kümmern soll.

Die Dialoge der Szene sind größtenteils, wenn auch mit einigen Kürzungen und Änderungen, aus dem Kapitel übernommen. Die Unterhaltung über den Fall des Ministeriums fällt weg, ebenso wie die Erwähnung der Heirat von Lupin und Tonks. Der Mord an Charity Burbage (Carolyn Pickles) ist dagegen wieder vorhanden. Die Lehrerin schwebt während der ganzen Szene im Hintergrund herum, als der Fokus auf sie gerichtet wird, ist besonders Draco (Tom Felton) sichtlich verstört. Dennoch denke ich, dass es an dieser Stelle deutlich effektiver gewesen wäre, hätte Voldemort statt einer Lehrerin, die wir nie zuvor gesehen haben, einen Hogwarts-Lehrer getötet, der bereits vorkam. Sibyl Trewlany hätte sich vielleicht wegen der Prophezeiung angeboten, oder Professor Sprout, also eine Lehrerin, die man als bereits seit den ersten Filmen bzw. Büchern kennt. Der Mord an Charity Burbage passt ideologisch, letztendlich ist sie aber nur ein weiterer Name unter Voldemorts Opfern, der für Leser wie Zuschauer kaum Bedeutung hat.

Ralph Fiennes at his Best

Der wirklich Unterschied zwischen Buch- und Filmszene kommt allerdings von Ralph Fiennes‘ Darstellung Lord Voldemorts und der Art und Weise, wie David Yates ihn in Szene setzt. Das beginnt schon bei den ersten Sätzen, die wir von Voldemort hören. Im Roman begrüßt er Snape und Yaxley ziemlich plump mit „You are very nearly late” und weist ihnen dann per Befehl Plätze zu. Film-Voldemort ist da deutlich subtiler. In der ganzen Szene merkt man, dass der Dunkle Lord hier auf dem Höhepunkt seiner Macht ist – er hat es nicht nötig, plump zu befehlen, stattdessen spricht er mit einer merkwürdigen, subtil spöttischen, aber sehr ausgewählten Ausdrucksweise, die zugleich höflich und zuvorkommend, aber auch bedrohlich ist: „Severus, I was beginning to worry you had lost your way. Come, we’ve saved you a seat.“ Ähnlich verhält es sich, wenn Voldemort mit Pius Thicknesse oder Bellatrix Lestrange (Helena Bonham Carter) spricht. Selbst als Ollivander schmerzerfüllt schreit und Voldemort kurz lauter wird, bleibt seine Wortwahl beinahe zurückhaltend: „Wormtail, have we not spoken about keeping our guest quiet?“ Dieser Höhepunkt der Macht wird visuell unter anderem auch dadurch vermittelt, dass sich Voldemort in den Einstellungen, in denen er zu sehen ist, zumeist in der Bildmitte befindet.

Die Ausnahme hierbei ist Lucius Malfoy (Jason Isaacs), vor dem Voldemort offensichtlich jeglichen Respekt verloren hat. Die Demütigung erfolgt hier sehr ähnlich wie im Roman durch die Zauberstababnahme, wenn auch verbal etwas subtiler. Der Dialog ist fast identisch, allerdings erklärt Voldemort im Roman: „Lucius… I see no reason for you to have a wand any more.” Im Film dagegen schreitet er die Reihe der Todesser ab wie ein Lehrer, der keine Antwort erhält und fragt dabei: „Who would like the honour?“ Statt des oben erwähnten Satzes äfft Voldemort Lucius allerdings nach. Die symbolische Kastration durch die Zauberstababnahme wird im Film sogar noch deutlicher, als er den Schlangenkopf abbricht.

Wohl primär aus Gründen der Länge wurden einige Voldemort-Seitenhiebe entfernt, u.a. hackt er noch ein, zwei Mal auf den Malfoys im Allgemeinen und Draco im Besonderen herum. Auch die ausführlichere Erläuterung des Zauberstabproblems, in dem Voldemort in ungewohnter Manier zur Selbstkritik neigt, ist der Schere zum Opfer gefallen. In beiden Fällen tut das der Szene allerdings durchaus gut – besonders, wenn es um die Seitenhiebe geht. Durch die aufgesetzte Höflichkeit – selbst das Opfer wird im Film als „Miss Charity Burbage“ vorgestellt, während die formale Anrede im Roman fehlt – wirkt Voldemort deutlich selbstsicherer und gefährlicher.

Fazit: An dieser Szene aus „Harry Potter and the Deathly Hallows Part 1” zeigt sich, wie eine Szene einerseits sehr vorlagengetreu umgesetzt werden kann, andererseits aber durch einige kleine und subtile Änderungen – und nicht zuletzt durch hervorragendes Spiel – deutlich effektiver gestaltet werden kann. Gerade in Bezug auf Voldemort setzt sich diese Tendenz fort. Die Filmversion ist meiner Ansicht nach in diesem und dem Folgefilm deutlich effektiver und besser inszeniert als in der Vorlage.

Stück der Woche: The Story Continues


Die meisten Komponisten können froh sein, wenn es ihnen gelingt, einer oder zwei Filmserien ihren Stempel aufzudrücken. John Williams dagegen hat gleich einen ganz Haufen derartiger Reihen in seinem Resümee – darunter auch eine ganze Menge, die er startete, die aber von anderen Komponisten weitergeführt wurden – Komponisten, denen es anschließend nie völlig gelang, aus Williams‘ Schatten zu treten. Die frühesten Beispiele sind „Superman“ und „Jaws“. Für den Mann aus Stahl komponierte der Maestro ein Thema, das bis heute untrennbar mit ihm verknüpft ist. Bei den diversen Sequels schwangen allerdings andere Komponisten den Taktstock, darunter Ken Thorne („Superman II“ und „Superman III“), Alexander Courage („Superman IV: The Quest for Peace“; hier steuerte Williams immerhin neue Themen bei) und John Ottman („Superman Returns“). „Jaws II“ konnte immerhin noch mit einem Williams-Score aufwarten, „Jaws 3-D“ hingegen wurde von Alan Parker vertont. Ähnlich verhält es sich mit allen Jurassic-Park-Sequels nach „The Lost World“, für die Don Davis („Jurassic Park III“) und Michael Giacchino („Jurassic World“ und „Jurassic World: Fallen Kingodm“) verpflichtet wurden.

All diese Filmreihen führen nicht nur Williams‘ Themensprache fort, sondern orientieren sich im Großen und Ganzen auch stilistisch am Maestro. Die Harry-Potter-Filme sind diesbezüglich eine interessante Halbausnahme. Nach wie vor wird die „Wizarding World“ musikalisch mit Hedwigs Thema assoziiert – darüber hinaus orientierten sich Williams‘ Nachfolger in diesem Franchise allerdings kaum an ihrem Vorgänger, weder leitmotivisch, noch stilistisch. The Story Continues ist der erste Track aus einem Harry-Potter-Film, bei dem Williams nicht mehr als Komponist fungierte, und das merkt man augenblicklich. Williams bemühte sich immer, die Logo- und Titelsequenzen der Filme äußerst „magisch“ zu gestalten, ein wenig mysteriös, aber trotzdem einladend. Ein wichtiger Bestandteil dabei ist natürlich ein entsprechendes Statement von Hedwigs Thema.

„Harry Potter and the Goblet of Fire” beginnt auf bis zu diesem Zeitpunkt nie gekannte, finstere Art, nicht zuletzt dank Patrick Doyles Musik. Statt die Magie und das Mystische zu betonen, startet Doyle mit einem marschartigen Motiv, das keine spezifische Bedeutung hat, allerdings auf den Durmstrang-Marsch in The Quidditch World Cup verweist und in The Dark Mark bei 0:53 noch einmal auftaucht. Sobald das Warner-Bros.-Logo verschwunden ist und Mike Newell das Dunkle Mal mithilfe von Nagini visualisiert, treten die Holzbläser in den Vordergrund und imitieren beinahe Naginis Bewegungen. Während die Schlange sich auf den Grabstein der Riddles zubewegt und wir Voldemort Parsel sprechen hören, wird bereits zum ersten Mal das Thema des Dunklen Lords angedeutet, bevor die Streicher gemeinsam mit der Kamera emporklettern und bei 0:54 schließlich zur Titeleinblendung Hedwigs Thema erklingen lassen. Von der alten Williams-Magie ist allerdings nichts mehr zu spüren bzw. zu hören. Die Celesta war Williams‘ bevorzugtes Instrument, um besagte Magie zu vermitteln. Hier dagegen wird die Melodie von Streichern in einer sehr düsteren Variation gespielt, die stilistisch eher an Bernhard Herrmann als an John Williams erinnert. Auf diese Weise bereiten Doyle und Newell ihre Zuschauer auf das Kommende vor: Wir befinden uns noch in der bekannten Welt der ersten drei Filme, aber es wird düster, finstere Dinge kommen auf die Helden zu.

Tatsächlich mag ich dieses Stück bzw. diese Variation von Hedwigs Thema sehr gerne, da es zeigt, wie sehr ein guter Komponist mit Leitmotiven arbeiten und sie transformieren kann, sodass die entsprechende Melodie zwar immer noch erkennbar ist, sie gleichzeitig aber etwas völlig Neues ausdrücken können. Mehr noch, sie sind auch nicht per se an den Stil des ursprünglichen Komponisten gebunden, sondern können in andere Stile „importiert“ werden. Allerdings ist es nach wie vor verdammt schade, dass kaum ein anderes Thema aus dem reichen Fundus an Leitmotiven, die Williams für die ersten drei Potter-Filme komponierte, eine ähnliche Behandlung erhielt.

 

Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald – Ausführliche Rezension

Spoilerificus Totalus!
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Ich möchte diese Rezension mit einem Zitat Lord Voldemorts beginnen: „They never learn. Such a pity.“ Leider passt dieses Zitat nur allzu gut. Nach einem soliden Start dieser Filmreihe um Newt Scamander mit „Fantastic Beasts and Where to Find Them“ gelingt es der Fortsetzung mit dem kaum weniger sperrigen Titel „Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald“ leider, in so ziemlich jedes Fettnäpfchen zu treten, das man sich bei einem derartigen Franchise-Film nur vorstellen kann. Man kann kaum über diesen Film sprechen, ohne zu spoilern, weshalb ich das auch gar nicht groß versuchen werde. Die Probleme sind im Grunde dieselben wie bei „The Amazing Spide-Man 2“, den Hobbit-Filmen oder „Batman v Superman: Dawn of Justice“.

Handlung
Gellert Grindelwald (Johnny Depp) befindet sich bereits seit einiger Zeit in der Gefangenschaft des MACUSA und soll nun nach Europa überstellt werden, doch ihm gelingt die Flucht. Der finstere Zauberer macht sich auf nach Paris, um seine Anhänger um sich zu scharen. Nach wie vor ist er an Credence Barebone (Ezra Miller) interessiert, der die erste Begegnung mit Grindelwald nicht nur überlebt hat, sondern nun in Paris nach seinen Wurzeln sucht.

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Newt (Eddie Redmayne) und Theseus (Callum Turner), die Gebrüder Scamander

Derweil erhält Newt Scamander (Eddie Redmayne) einen Auftrag von Albus Dumbledore (Jude Law): Er soll sich ebenfalls nach Paris aufmachen, um Credence aufzuspüren. Newt hat derweil eigentlich andere Probleme, da sein Bruder Theseus (Callum Turner) seine alte Flamme Leta Lestrange (Zoë Kravitz) heiraten wird. Zwischendurch tauchen auch Jacob Kowalski (Dan Fogler) und Queenie Goldstein (Alison Sudol) auf; Erster hat sein Gedächtnis wieder, aber in der Beziehung der beiden kriselt es ziemlich, da Jacob Queenie nicht heiraten möchte, um sie nicht in Konflikt mit dem MACUSA zu bringen. Zudem erfährt Newt, dass Tina (Katherine Waterston) sich ebenfalls in Paris aufhält, um nach Credence zu suchen. Es kommt, wie es kommen muss: Die Fäden laufen zusammen, verheddern sich ordentlich und es folgt die Konfrontation mit Grindelwald, in dem sich die Fronten klären und jeder eine Seite wählen muss.

Verlorene Figuren
Wenn ich eine übergreifende Schwäche bei „Crimes of Grindelwald“ nennen müsste, dann wäre das wohl „Mangel an Motivation“, und zwar auf allen Ebenen. Der Vorgänger war zweifelsohne nicht frei von Schwächen, aber im Großen und Ganzen war klar, weshalb die Figuren tun, was sie tun.

Der Mangel an Motivation beginnt bereits bei der Wiedereinführung der Figuren des ersten Teils (wobei es hier sowohl den Figuren selbst als auch Rowling und Yates an Motivation fehlt). Wichtige Schritte in der Entwicklung der Figuren werden einfach übersprungen und in einem Halbsatz abgehandelt, wobei ganz nebenbei noch essentielle emotionale Elemente des ersten Films zerstört werden. Credence hat überlebt? Ja, man konnte in „Fantastic Beasts and Where to Find Them” sehen, dass sich ein Fetzen seines Obscurus-Wesens davon gemacht hat. Aber plötzlich ist er ohne Erklärung wieder völlig beieinander und kann seine Fähigkeiten offenbar weitaus besser kontrollieren als früher. Ähnlich verhält es sich mit Jacobs Gedächtnis. Es wirkt, als hätten Rowling und Yates schlicht keine Lust gehabt, sich mit diesen Elementen auseinanderzusetzen und sie deshalb einfach ignoriert, um zum gewünschten Ausgang zu gelangen.

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Jacob Kowalski (Dan Fogler) und Tina Goldstein (Katherine Waterston)

Auch die Konflikte zwischen den Figuren sind bestenfalls halbherzig und meistens einfach nur schlecht geschrieben. Jacob und Queenie waren im ersten Film äußerst liebenswert, jetzt sind sie einfach nur flach. Queenies gesamter Handlungsstrang in diesem Film ist völlig unlogisch und einfach nur daneben: Weil die Gesellschaft es ihr verbietet, den Mann zu heiraten, den sie liebt, verlässt sie diesen Mann, um sich dem Schwarzmagier anzuschließen, der Muggel gnadenlos zu unterdrücken gedenkt? Auch der Konflikt zwischen Tina und Newt funktioniert vielleicht in einer schlechten Soap, ist im Kontext dieses Films aber so fürchterlich erzwungen und gleichzeitig so banal, dass es schmerzt.

Mit den diversen neuen Figuren verhält es sich ähnlich. Sowohl der Konflikt zwischen Newt und Theseus als auch die Beziehung der beiden zu Leta Lestrange bleiben oberflächlich und undefiniert. Man merkt gerade eben so, dass Substanz hätte da sein können, hätte es nur die passende Motivation dazu von Rowling und Yates gegeben.

Insgesamt bleiben die Figuren, vor allem diejenigen, die neu eingeführt werden, fürchterlich blass und uninteressant. Gerade das ist vielleicht die größte Enttäuschung. Bei allem, was man den Harry-Potter-Romanen vielleicht vorwerfen kann, unmarkante Figuren gehören definitiv nicht dazu. Früher hatte Rowling stets ein Talent dafür, ihre magische Welt mit einprägsamen Charakteren zu bevölkern. Mitunter konnten die Filme sogar noch darauf aufbauen. Man erinnere sich nur an den von Peter Mullan gespielten Yaxley in „Die Heiligtümer des Todes Teil 1“. Eine kleine Rolle, ein verhältnismäßig unwichtiger Todesser, aber er bleibt im Gedächtnis. Kein Vergleich zu Grindelwalds Entourage, die ebenso blass wie austauschbar ist.

Verworrene Handlungsstränge
Im „Fantastic Beasts and Where to Find Thema” konnte David Yates eine im Grunde relativ geradlinige Handlung umsetzen, deren größte Schwäche war, dass die beiden Stränge sich nicht so recht miteinander verknüpfen wollten. „The Crimes of Grindelwald“ hat dieses Problem in noch weit, weit größerem Ausmaß. Hier merkt man schmerzhaft, dass J.K. Rowling eben eine Roman- und keine Drehbuchautorin ist, denn die Handlungskonstruktion des Films mit seinen diversen Subplots ist die eines Romans. Insgesamt denke ich tatsächlich, dass „The Crimes of Grindelwald“ als Roman vielleicht nicht gut, aber doch weitaus besser funktioniert hätte als als Film.

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Nagini (Claudia Kim) und Credence Barebone (Ezra Miller)

Die Handlungsstränge, von denen es hier eine ganze Menge gibt, sind separiert und finden kaum zusammen. Alles ist mit Figuren, Konflikten und Beziehungen überfrachtet, diese bleiben aber ohne Tiefe, alles wird nur oberflächlich angerissen. Zudem sorgen der Schnitt und einige ziemlich merkwürdige Entscheidungen (etwa die Close-ups zu Beginn) dafür, dass man als Zuschauer auch nicht investiert ist. Es gibt durchaus gelungene Einzelszenen und Set-Pieces, aber der Kontext ist stets misslungen. Actionszenen wirken oft aufgesetzt, unlogisch, unnötig oder dramaturgisch daneben. Das beginnt bereits bei Grindelwalds Flucht direkt zu Beginn, bei der ich bis jetzt noch nicht herausfinden konnte, weshalb sie auf diese Weise überhaupt nötig war – was bezweckt Grindelwald damit? Auch die Sequenzen, in denen neue Tierwesen auftauchen, um von Newt gebändigt zu werden, sind hier seltsam fehl am Platz und erwecken den Eindruck, man versuche die Gegenstücke aus dem ersten Film zu rekonstruieren. Immer wieder pausiert die eigentliche Handlung auf plumpe Weise, die Action entwickelt sich nie logisch aus dem Geschehen.

Und wo wir gerade von der Handlung sprechen: Auch die Vermittlung dessen, was eigentlich passiert, lässt ziemlich zu wünschen übrig. Manche Szenen sind mit Exposition geradezu vollgestopft, während bei anderen überhaupt nur vage klar ist, was warum geschieht. Natürlich, wer mit Rowling und den HP-Romanen intim vertraut ist, hat meistens keine Probleme, sich alles zusammenzureimen, aber alle anderen dürfte das frustrieren und/oder langweilen. Eines der unschönsten Beispiele ist der gesamte Subplot um die Familiengeschichte der Lestranges und ihre Verknüpfung mit Credence. Hier werden aufwendig Familienverhältnisse erklärt, ohne dass es letztendlich irgendwelche Auswirkungen hat, da es nur eine falsche Fährte ist und letztendlich völlig ohne Konsequenzen bleibt.

Dumbledore vs. Grindelwald
Trotz allem hat auch „The Crimes of Grindelwald“ die eine oder andere Stärke. Das in meinen Augen beste Element des Films ist fraglos Jude Law als junger Dumbledore. Er hat nicht viel Leinwandzeit, nutzt diese aber ausgezeichnet und mausert sich zum heimlichen Star dieses Films. Dabei spielt Law nicht spezifisch einen jungen Richard Harris oder Michael Gambon, sondern tatsächlich einen Dumbledore, der als jüngere Version beider Darsteller funktionieren könnte. Johnny Depp dagegen… die Zweifel, die ich schon seit „Fantastic Beasts and Where to Find Them” hatte, zeigen sich nun als gerechtfertigt. Johnny Depp ist als Schauspieler für meinen Geschmack zu markant und zu sehr mit anderen Rollen verknüpft, um in dieser wirklich funktionieren zu können. Jude Law kann ich problemlos als Dumbledore sehen, aber wenn Depp den Zauberstab schwingt, sehe ich Depp und nicht Grindelwald.

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Leta Lestrange (Zoë Kravitz) und Gellert Grindelwald (Johnny Depp)

Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn man Colin Farrell nicht nur Grindewalds Deckidentität, sondern auch den tatsächlichen Schwarzmagier hätte spielen lassen. Leider wird Grindelwald in dem nach ihm benannten Film zu allem Überfluss auch noch nicht allzu gut charakterisiert und erinnert in seiner großen Rede irgendwie an Magneto. Das Problem dabei ist, dass seine Agenda schlecht dargestellt wird. Da sind einerseits die Elemente, die er sich mit Voldemort teilt und mit denen er die alten Reinblüter auf seine Seite ziehen will, gleichzeitig hat er aber auch nichts gegen Muggel, sodass er mit derselben Rede auch Queenie von sich überzeugen kann. Und dann sieht er mit seinen seherischen Fähigkeiten auch gleich noch den Zweiten Weltkrieg voraus. Alles ein wenig viel auf einmal, und zudem schafft Depp es einfach nicht, die diversen Facetten glaubhaft zu verkörpern, sodass Gellert Grindelwald sich problemlos in die Riege an blassen und unmotivierten Figuren dieses Films einreiht.

Harry Potters Vermächtnis
Ein Aspekt, der mir an „Fantastic Beasts and Where to Find Them“ ziemlich gut gefiel, war der Umstand, dass man die Verknüpfungen zum Franchise im Großen und Ganzen subtil hielt. Es war zweifelsohne dieselbe Welt, aber an einem anderen Ort und zu anderer Zeit. Anspielungen blieben zumeist unaufdringlich und Yates und Rowling gelang es, das New York der Zaubererschaft als eigenständigen Handlungsort zu etablieren. Leider war man wohl der Meinung, dass das alles zu subtil war; „The Crimes of Grindelwald“ erinnert da eher an die Hobbit-Filme – hier wird grob recycelt, um Nostalgie zu erwecken. Wo New York als Handlungsort eigenständig war, ist Paris kaum mehr als ein bloßer Abklatsch. Es gibt eine französische Winkelgasse und ein französisches Zaubereiministerium; beide wirken rechtschaffen profillos und bekannt.

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Albus Dumbledore (Jude Law)

Die Franchise-Probleme reichen aber noch weitaus tiefer. Das Verhältnis dieses Films zu seinem Franchise erinnert mich ein wenig an „Batman v Superman: Dawn of Justice“. Die Handlung ist so konstruiert, dass man mindestens die HP-Filme und idealerweise die HP-Romane ziemlich gut kennen muss, um ihr vollständig folgen zu können. Gleichzeitig bricht dieser Film konstant die Regeln und packt einen Retcon nach dem anderen aus, der genau diejenigen, die der Film eigentlich ansprechen sollte, verärgert. Und das ist auch noch unnötig, weil das alles nicht zur eigentlichen Handlung beiträgt. Warum muss Professor McGongall bereits sieben Jahre vor ihrer Geburt in Hogwarts unterrichten? Ist es wirklich nötig, dass Dumbledore statt Verwandlung Verteidigung gegen die Dunklen Künste lehrt? Ja, die Szene mit dem Irrwicht deutet einen späteren Twist an (was an sich schon ein viel zu deutlicher Rückgriff auf „Der Gefangene von Askaban“ ist), aber wäre es nicht interessanter gewesen, einmal Galatea Merrythought zu zeigen, die zu diesem Zeitpunkt eigentlich Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichtet? Und dann ist da noch der Schlusstwist, der so gar keinen Sinn ergibt, zeitlich überhaupt nicht passt und, wenn Rowling noch halbwegs bei Sinnen ist, besser eine wilde Lüge von Grindelwald ist.

Fast genauso ärgerlich sind die unnötigen Gastauftritte. Nicolas Flamel (Brontis Jodorowsky) wird nur für billige Gags gebraucht und Nagini (Claudia Kim) ist sogar Gastauftritt und Retcon in einem: Da verpasst Rowling Voldemorts Schlange eine menschliche Identität und einen komplizierten Fluch, um dann praktisch nichts mit ihr zu machen. Nagini ist ein reines Anhängsel für Credence, hat keinen Handlungsbogen, keine Motivation und auch keinen Grund, warum sie überhaupt im Film ist, außer um eventuell etwas für kommende Sequels vorzubereiten.

Ein weiteres Problem, das bereits im ersten Film in Ansätzen zu sehen war, ist die Potenz der Magie. In den Romanen waren die Regeln der Magie zugegebenermaßen auch nicht immer völlig konsistent, aber was in diesen beiden Filmen gezaubert wird, lässt selbst die Erwachsenen Harry-Potter-Figuren amateurhaft wirken. Schon der Wiederaufbau von New York im ersten Teil war zu viel des Guten, aber Grindelwalds blauer Feuerdämon ist endgültig over the top. Das ist Magie auf Warcraft-Level, die in diesem Universum fehl am Platz wirkt und zum hohlen Spektakel ausartet. Nebenbei: Warum ist die Zaubererwelt nach allem, was in diesem Film passiert ist, überhaupt noch geheim?

Fazit: „Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald” ist leider ein Sequel, das weit hinter dem zwar nicht herausragenden, aber doch sehr soliden ersten Teil zurückbleibt. Unmotivierte Figuren tummeln sich in einer überfrachteten, schlecht konstruierten Story, die zu allem Überfluss den Kanon des „Potterverse“ (meinetwegen auch der „Wizarding World“) ernsthaft in Mitleidenschaft zieht. Ab in die Potter-Ecke der Schande zu „The Cursed Child“.

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The Lost Themes

Unter Filmmusik-Fans gibt es eine Phrase, die beim normalen Kinogänger oft nur unverständiges Kopfschütteln auslöst: „Leitmotivische Kontinuität“. Natürlich fällt es doch einer ganzen Menge an Menschen auf, dass etwa bei jedem der Harry-Potter-Filme zu Beginn entweder beim Warner-Logo oder der Titeleinblendung Hedwigs Thema gespielt wird (mit Ausnahme von „Die Heiligtümer des Todes Teil 2“). Gerade bei den Harry-Potter-Filmen ist Hedwigs Thema aber auch das einzige Element, das für ein Minimum an leitmotivischer Kontinuität sorgt. Es dürfte ja bekannt sein, wie sehr es mich jedes Mal frustriert, wenn in einer Filmreihe der Komponist ausgetauscht wird und der Neuzugang im Folgenden das gesamte Material des Vorgängers über den Haufen wirft und von vorne beginnt. Aber darum soll es in diesem Artikel nicht gehen. Stattdessen geht es um Leitmotive, die in einem Score derselben Filmreihe vom selben Komponisten ad acta gelegt wurden, obwohl man sie aus handlungstechnischen Gründen hätte weiterverwenden können. Zu diesem Zweck werde ich einen Blick auf drei große Film-Franchises werfen: Star Wars, Harry Potter und Mittelerde.

Star Wars

John Williams’ inzwischen acht Star-Wars-Scores sind wahrscheinlich das leimotivisch ausgefeilteste Gesamtwerk der Filmmusik – lediglich Howard Shores Mittelerde-Scores sind ernstzunehmende Konkurrenten. Dennoch gibt es in jeder der drei Trilogien mal mehr, mal weniger bedeutende Themen, die vom einen auf den nächsten Film relativ sang- und klanglos verschwinden. Ein Beispiel ist etwa das Droiden-Thema, das ausschließlich in „Das Imperium schlägt zurück“ erklingt. Es handelt sich dabei um eine recht positive Melodie, meistens von Holzbläsern gespielt, die das Verhalten von R2D2 und C3PO untermalt. Zu hören ist es in Episode V einige Male, sodass es definitiv als Leitmotiv zu klassifizieren ist. Zum ersten Mal erklingt es in Main Title/The Ice Planet Hoth bei 6:30 und ist unter anderem auch in Arrival on Dagobah (1:00) oder Betrayal at Bespin (3:12) zu hören. Obwohl R2 und 3PO auch in allen weiteren von Williams vertonten Star-Wars-Filmen auftauchen, findet dieses spezifische Motiv nie wieder Verwendung. Zugegebenermaßen ist das allerdings ein verhältnismäßig obskures sekundäres Thema. Es gibt aber auch durchaus zentrale Leitmotive, die zwischen zwei Filmen einfach verschwinden.

Dieses Schicksal ereilte das Imperiale Motiv. Heute wird das Imperium augenblicklich mit dem Imperialen Marsch verbunden, aber das war nicht immer so. In „Eine neue Hoffnung wurde das Imperium von einem anderen Leitmotiv repräsentiert, weniger einprägsam und martialisch als der bekanntere Marsch, aber durchaus, gemessen am häufigen Vorkommen, ein zentrales Thema von Episode IV. Zum ersten Mal ist es, verhältnismäßig zurückhaltend, in Imperial Attack bei 4:54 zu hören. Weitere Einsätze finden sich in Millenium Falcon/Imperial Cruiser Pursuit (1:34), The Death Star/The Stormtroopers (2:07) oder The Trash Compactor (0:47). Ähnlich verhält es sich mit der zweiten Repräsentation des Imperiums in „Eine neue Hoffnung“, der Todessternfanfare (Imperial Attack, 6:18; Burning Homstead, 1:48). Beide Leitmotive hätten in den Folgefilmen zurückkehren und auch weiterhin das Imperium respektive den Zweiten Todesstern repräsentieren können, der Imperiale Marsch erwies sich aber letztendlich als weitaus einprägsameres und erfolgreicheres Thema. Ein anderer Komponist hat allerdings beide Motive zurückgebracht. In seinem Score für „Rogue One: A Star Wars Story” beweist Michael Giacchino mehr als einmal seine intensive Kenntnis der Williams-Scores. In When Has Become Now ist zwei Mal die Todessternfanfare in Giacchinos eigenes Imperiales Thema eingewoben (bei 0:15 und 1:49) und in Krennic’s Aspirations erklingt das Imperiale Motiv Seite an Seite mit dem Imperialen Marsch (1:37 und 3:24).

Auch in den Prequels gibt es ein zentrales Thema, das nach einem Film praktisch völlig verschwindet. In „Die dunkle Bedrohung“ ist Anakins Thema neben Duel of the Fates das zentrale Musikstück des Scores, das seine eigene Konzertsuite erhält. Besagtes Thema ist, wie könnte es anders sein, aus dem Imperialen Marsch herauskomponiert und kehrt am Ende der Suite zu ihm zurück, wenn auch sehr subtil. Man hätte nun erwarten können, dass sich Anakins unschuldiges, kindliches Thema in Episode II zu einer heroischen Fanfare entwickelt, um dann in Episode III endgültig zu Vaders Thema zu werden, doch nichts dergleichen geschieht. Anakins Thema verschwindet zwar nicht vollständig, wird aber auf kleine Cameo-Auftritte reduziert, etwa im Abspann von „Angriff der Klonkrieger“ (Confrontation with Dooku/Finale, 9:36).

In den Sequels gibt es bislang nichts derart Signifikantes, aber zumindest ein Thema glänzt ebenfalls durch Abwesenheit. Besagtes Thema hielt ich zuerst für ein Leitmotiv für Finn, David W. Collins, quasi das Star-Wars-Gegenstück zu Doug Adams, identifzierte es allerdings als sekundäres Thema für den Millenium Falken bzw. als „Falken-Action-Thema“. Besagtes Thema ist eher rhythmischer denn melodischer Natur und taucht in The Falcon (ab 0:11) und The Rathtars (2:47). In Main Title and Escape, dem Eröffnungstrack des Episode-VIII-Scores, gibt es bei 4:21 eine kurze Andeutung dieses Themas (allerdings ohne, dass der Falke in der zugehörigen Szene auftauchen würde), ansonsten gehört es aber ebenfalls zu den Star-Wars-Themen, die zwischen den Filmen verloren gehen. Natürlich besteht in diesem Fall aber noch die Chance, dass Williams es in Episode IX wieder aufgreift.

Harry Potter

Die Harry-Potter-Filme sind ein musikalisches Flickenwerk, an dem vier verschiedene Komponisten mitarbeiteten (fünf, wenn man James Newton Howard und „Phantastische Tierwesen“ mit einrechnet). John Williams, Patrick Doyle, Nicholas Hooper und Alexandre Desplat haben alle sehr unterschiedliche Stile und es gibt tatsächlich nur eine Gemeinsamkeit, die sich durch jeden dieser Scores zieht: Hedwigs Thema, natürlich komponiert von John Williams. Aber selbst bei den Filmen, die vom selben Komponisten vertont wurden, bleiben zum Teil Themen auf der Strecke. Das markanteste Beispiel dürfte „Der Gefangene von Askaban“ sein. In „Der Stein der Weisen“ schuf Williams, ähnlich wie schon bei Star Wars, eine ganze Bibliothek an Themen für alle möglichen Handlungselemente: Freundschaft, Familie, Fliegen, Hogwarts, Voldemort, die Winkelgasse etc. In „Die Kammer des Schreckens“ griff er diese Themen wieder auf und erweiterte sein Repertoire um Leitmotive für Figuren und Handlungselemente, die in diesem Film dazukommen, etwa Gilderoy Lockhart, Fawkes und die titelgebende Kammer. Dann kommt der erste Regiewechsel, Alfonso Cuarón ersetzt Chris Columbus, behält aber, anders als seine Nachfolger, John Williams als Komponist. Dennoch unterscheidet sich der Askaban-Score radikal von den Vorgängern, sowohl stilistisch als auch leitmotivisch. Hedwigs Thema bleibt erhalten und das Flug-Thema erhält einen Gastauftritt ganz am Ende, als Harry den Feuerblitz testet, aber sonst werden alle anderen Themen ad acta gelegt. Bei den Leitmotiven für Figuren, die in diesem Film nicht auftauchen, ist das nicht weiter verwunderlich, aber es gibt auch gibt ein neues Familienthema (A Window to the Past) und ein neues Hogwarts-Thema (Double Trouble); beide wären rein formal nicht nötig gewesen. Hinzu kommen eine Reihe sekundärer Motive, etwa für die vermeintliche Bedrohung durch Sirius Black, für Seidenschnabel, Wurmschwanz, für die Dementoren und den Patronus (wobei es sich bei den letzten beiden weniger um tatsächliche Themen, sondern eher um Texturen handelt). Dieser Umstand stört mich einerseits, andererseits ist aber „Der Gefangene von Askaban“ meiner bescheidenen Meinung nach der stärkste Score der Reihe und die Themen, mit denen Williams seine alten ersetzt hat, finde ich schlicht gelungener, wir haben hier also eine ähnliche Situation wie beim Imperialen Marsch.

Bei Nicholas Hooper muss man tatsächlich nicht allzu sehr auf die Themen schauen, da er nicht wirklich leitmotivisch komponiert, sondern sich stärker auf die Einzelszenen konzentriert. Bei Alexandre Desplat sieht das wieder anders aus, da seine Scores weitaus motivischer strukturiert sind. „Die Heiligtümer des Todes Teil 1“ verfügt über zwei primäre Themen, eines für das Trio und sein Erwachsenwerden (Obliviate) und eines für Voldemort und die Todesser (Snape to Malfoy Manor). Hinzu kommen diverse sekundäre Themen, etwa für die Horkruxe oder Harrys Verbündete (Desplat spricht vom „Band-of-Brothers-Thema“). Besagte sekundäre Themen werden in „Die Heiligtümer des Todes Teil 2“ auch aufgegriffen und weiterentwickelt, seltsamerweise aber nicht die beiden primären, die auf jeweils einen kleinen Gastauftritt reduziert werden. Das Voldemort/Todesser-Thema erklingt in merkwürdigem Kontext (weder Voldemort noch die Todesser sind anwesend) in The Tunnel (0:39) und das Trio-Thema ist als Fragment in Harry’s Sacrifice (1:11) zu vernehmen, dieser Einsatz wurde aber im fertigen Film nicht verwendet.

Mittelerde

Derart eklatante Fälle von thematischer Ersetzung finden sich zumindest in der Herr-der-Ringe-Trilogie nicht. Man könnte argumentieren, dass Aníron zumindest erwähnt werden sollte: Es handelt sich dabei um ein von Enya komponiertes und gesungenes Lied mit elbischem Text, das quasi als Liebesthema für Aragorn und Arwen fungiert. Oberflächlich unterscheidet es sich kaum vom „normalem“ Score, da es in diesen nahtlos eingebettet ist und zu allem Überfluss auch noch von Shore orchestriert wurde. In den beiden Folgefilmen taucht Aníron nicht mehr auf, stattdessen verwendet Shore ein anderes, wenn auch ähnlich geartetes Thema für das Paar. Da Aníron aber ohnehin nicht wirklich als Leitmotiv fungiert, fällt das kaum ins Gewicht. Darüber hinaus gibt es noch das Thema der Ringgeister, dass in „Die Gefährten“ noch recht dominant ist, in den beiden Folgefilmen aber nur jeweils einmal auftaucht und in „Die Rückkehr des Königs“ zu allem Überfluss auch noch stark verfremdet ist.

Anders verhält es sich mit der Hobbit-Trilogie. Hier gibt es eine ganze Reihe an leitmotivischen Merkwürdigkeiten und Außeneinflüssen, über die dich schon mehrfach geschrieben habe. Das Fehlen des Misty-Mountains-Themas im zweiten und dritten Hobbit-Film wurmt mich bis heute. Besagtes Thema wurde bekanntermaßen nicht von Shore selbst, sondern von der Band Plan 9 komponiert, die für jegliche diegetische Musik in den Mittelerde-Filmen verantwortlich ist. Shore adaptierte die Melodie jedoch für den Score und setzte sie ähnlich ein wie das Gefährten-Thema in der HdR-Trilogie. In „Smaugs Einöde“ und „Die Schlacht der fünf Heere“ ist es dagegen spurlos aus dem Score verschwunden. Es wird spekuliert, dass hier ein ähnlicher Fall vorliegt wie bei Aníron – angeblich wollte Shore das Thema nicht weiter verwenden, weil es nicht von ihm selbst stammt.

Doug Adams hat versucht, das Fehlen des Themas inhaltlich zu erklären; er argumentiert, dass dieses Thema, bezogen auf seinen Namen, für Thorin und Kompanie nur gilt, bis sie die Nebelberge überquert haben. Das ist in meinen Augen allerdings ziemlicher Unsinn, da es in besagtem Lied ja nicht um die Nebelberge geht, sie werden nur im ersten Vers erwähnt. Zudem taucht das Lied im Roman noch öfter auf, die Zwerge singen es noch einmal bei Beorn und ein drittes Mal kurz vor der Schlacht der fünf Heere – es hätte also theoretisch in jedem der drei Filme einen weiteren diegetischen Einsatz geben können, und ebenso hätte es als Leitmotiv weiter bestand haben können. Als Ersatz fungiert das House-of-Durin-Thema, das zum Beispiel in den Tracks My Armor Is Iron (0:53), Mithril (2:29) und Sons of Durin (direkt am Anfang) prominent auftaucht. Man verstehe mich nicht falsch, House of Durin ist ein gelungenes Thema – aber doch schwächer und weniger einprägsam als Misty Mountains.

Darüber hinaus wurden noch weitere Themen, die Shore für „Eine unerwartete Reise“ komponierte, in den anderen beiden Filmen fallen gelassen. Für die Titelfigur schrieb Shore ursprünglich drei Themen, das Beutlin/Tuk-Thema, das Abenteuer Thema und „Bilbo’s Fussy Themes“ (Bezeichnung von Doug Adams; alle drei Themen tauchen in A Very Respectable Hobbit auf). Schon in „Eine unerwartete Reise“  ersetze Jackson allerdings mehr als einmal die Bilbo-spezifischen Leitmotive durch das bereits aus den Vorgängern bekannte Auenland-Thema, und auf diese Weise wurde in den beiden Folgefilmen auch fortgefahren. Das Beutlin/Tuk-Thema taucht überhaupt nicht mehr auf und die anderen beiden Themen bekommen lediglich ein oder zwei Gastauftritte pro Film. Ähnlich verhält es sich mit dem Thema für Radagast den Braunen, das auf dem Album zum ersten Hobbit-Film noch recht prominent vertreten ist (etwa in dem nach ihm benannten Track), im fertigen Film aber nur noch in Andeutungen auftaucht und im Rest der Trilogie durch Abwesenheit glänzt.

 

Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind

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Story: Wir schreiben das Jahr 1926. Der Zoologe Newt Scamander (Eddie Redmayne) kommt mit einem Koffer voller magischer Tierwesen nach New York, um ein bestimmtes Exemplar in der Wildnis auszusetzen. Dummerweise stellt er sich äußerst ungeschickt an und verstrickt den Muggel (bzw. No-Maj) Jacob Kowalski (Dan Fogler) in die Sache, sodass es schließlich kommt, wie es kommen muss: Diverse Tierwesen entkommen. Natürlich bleibt das nicht unbeachtet. Tina Goldstein (Katherine Waterstone), Angestellte des MACUSA (The Magical Congress of the United States of America, amerikanisches Gegenstück des Zaubereiministeriums) hilft Newt mehr oder weniger freiwillig, während der Auror Percival Graves (Colin Farrell) der ganzen Angelegenheit sehr misstrauisch gegenübersteht, vor allem, da ein unbekanntes magisches Wesen bereits seit einiger Zeit in New York Chaos anrichtet…

Kritik: Als David Yates zum Potter-Franchise kam, war alles schon etabliert: In vier Filmen hatte man die meisten wichtigen Figuren bereits besetzt, Designentscheidungen getroffen, den Ton etabliert etc. Hätte David Yates bereits bei „Harry Potter und der Stein der Weisen“ Regie geführt, wäre das Ergebnis vielleicht ganz ähnlich ausgefallen wie „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“. Vor allem zwei Dinge haben mich an diesem Film besonders beeindruckt: Zum einen ist es erstaunlich, wie frisch die Magische Welt, die Yates den Zuschauern hier präsentiert, ist, und wie viel Enthusiasmus er auch nach vier Potter-Filmen noch für sie hat. Und zum anderen ist es höchst erfreulich, dass es Yates gelingt, den typischen Prequel/Spin-off-Fallstricken auszuweichen. Anders als beispielsweise die Hobbit-Trilogie, in der es ständig erzwungene Anspielungen auf die HdR-Filme gab, gelingt es „Phantastische Tierwesen“ trotz der Tatsache, dass er in einer bereits etablierten Welt spielt, eigenständig zu bleiben. Ein paar Querverweise gibt es natürlich, aber keiner davon wirkt erzwungen, die Erwähnungen von Hogwarts und Dumbledore wirken passend und natürlich. Es gibt keine direkt übernommenen Kameraeinstellungen, unnötige Gastauftritte oder ähnliches; Yates hat derlei nicht nötig, um der Bildsprache des Franchise treu zu bleiben.

Für Potter-Fans wie mich ist „Phantastische Tierwesen“ darüber hinaus auch anderweitig eine erfrischende Erfahrung: Zum ersten Mal kann man sich völlig auf die Magische Welt einlassen, ohne dass man nebenbei vergleicht, wo die Vorlage verändert oder wo etwas ausgelassen wurde. Dem Namen nach basiert dieser Film zwar auf einem von J. K. Rowling verfassten Buch, aber bei diesem Buch handelt es sich um ein enzyklopädisches Werk, das zur Schullektüre von Hogwarts gehört, dessen Entstehung im Film thematisiert wird. Dementsprechend ist Newt Scamander, der fiktive Autor besagten Werkes, auch der Protagonist des Films. Das Drehbuch stammt ebenfalls aus J. K. Rowlings Feder, weshalb dieser Film wohl als vollwertige Ergänzung nicht nur zu den Filmen, sondern auch zu den Romanen zu werten ist.

In erster Linie ist „Phantastische Tierwesen“ eine Entdeckungsreise durch das magische New York der 20er, gespickt mit kreativen Tierwesen und höchst liebenswerten Figuren. Gerade das primäre Quartett weiß den Zuschauer sofort für sich einzunehmen, besonders Jacob und Tinas Schwester Queenie (Alison Sudol) sind wirklich knuffig. Zugegebenermaßen ist Newt manchmal wirklich extrem naiv und blauäugig. Auch Colin Farrell macht als bedrohlicher Auror seine Sache sehr gut. Allerdings gibt es zu dem Twist, den seine Figur umgibt, noch das eine oder andere zu sagen, was ich allerdings in einem separaten Artikel tun werde. Insgesamt ist „Phantastische Tierwesen“ ein eher gemütlicher und freundlicher Film, der weder konstante Action und Nervenkitzel, noch dauernde Intensität besitzt und diese auch nicht braucht. Hin und wieder schimmert allerdings die Düsternis durch, die man aus den Yates’schen Potter-Filmen kennt und die in den kommenden Fortsetzungen wahrscheinlich zunehmen wird. Die Altersfreigabe ab sechs Jahren finde ich jedoch eher grenzwertig.

Die größte Schwäche des Films ist in meinen Augen die Verknüpfung der Haupthandlung um Newt Scamander mit dem B-Plot, in dessen Zentrum Credence Barebone (Ezra Miller) und die New Salem Philanthropic Society steht. Grundsätzlich finde ich es gut, dass Muggel (bzw. No-Majs) hier eine größere Rolle spielen als es in den Harry-Potter-Romanen und -Filmen der Fall war. No-Maj- und Zaubererwelt sind hier weitaus weniger separiert, als es bei HP der Fall war. Gerade eine Muggel-Organisation, die sich gegen Hexen und Zauberer richtet, finde ich sehr begrüßenswert. Leider bleiben die Second Salemers sehr blass und werden kaum als Bedrohung inszeniert, sie sind eher eine Randerscheinung. Zusätzlich ist der Handlungsstrang um Credence und Graves nur marginal mit dem Rest verbunden. Zwar gibt es zwischen Tina und Credence eine Verbindung, aber diese ist minimal. Im Finale finden die Handlungsstränge dann schon zusammen, aber so ganz passt es nicht und hat auch nicht die Wirkung, die es hätte haben können, wären die Plots ordentlich miteinander verknüpft.

Fazit: Anders als „Harry Potter and the Cursed Child“ ist „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“, trotz des ziemlich sperrigen Titels, eine gelungene Erweiterung des Franchise, der es trotz einiger erzählerischer Schwächen gelingt, die Magische Welt wieder frisch und neu erscheinen zu lassen.

Trailer

Siehe auch:
Harry Potter and the Cursed Child

Harry Potter and the Cursed Child

Spoilerificus totalus! Wer nichts wissen will, liest nicht weiter!
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Harry Potter war ein wichtiger Teil meiner Kindheit und Jugend. Da ich ziemlich genauso alt bin wie Daniel Radcliff (und zu allem Überfluss auch noch am 31. Juli Geburtstag habe, genau wie Harry und seine Schöpferin) hab ich praktisch das perfekte Alter – als Band 7 erschien, war ich 17 Jahre alt. Ich entdeckte die Serie noch während meiner Grundschulzeit, verschlang die ersten drei Bände und wartete von diesem Zeitpunkt begierig auf jedes neue Buch und jeden neuen Film. Erst „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ schaffte es, meine Begeisterung zu bremsen; nach wie vor bin ich mit dem Ausgang der Serie nicht zufrieden. Dennoch, wer sich so sehr in ein Franchise vertieft, kommt davon nicht mehr los, wie man vielleicht merkt, wenn man die Harry-Potter-Kategorie dieses Blogs durchstöbert. Wie dem auch sei, dieses Jahr erlebt das Franchise eine Revitalisierung an zwei Fronten: Zum einen kommt das Prequel bzw. Spin-off „Fantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ im November ins Kino und zum anderen gibt es ein weitere Fortsetzung von Harrys Geschichte, und zwar auf der Theaterbühne. „Harry Potter and the Cursed Child“ feierte seine Premiere nach diversen Previews am 30. Juli 2016, einen Tag später wurde das Skript des Stückes veröffentlicht, und das möchte ich hier nochmal deutlich betonen, weil man immer wieder von falschen Erwartungen hört, mit denen die Leute an dieses Buch herangehen: Es ist keine Romanfassung des Stückes, es ist ein tatsächliches Skript, das nur aus Dialog und Regieanweisungen besteht. Und es wurde auch nicht von J. K. Rowling allein verfasst, die Geschichte des Stückes stammt von ihr, für die Dramatisierung ist jedoch vornehmlich der Theaterautor Jack Thorne verantwortlich, und auch John Tiffany, der Regisseur, hat seinen Teil beigetragen.

Bevor ich den Inhalt bespreche, noch eine kurze Warnung vorweg: Ich hab das Stück nicht gesehen, alles Folgende bezieht sich ausschließlich auf das im Handel erhältliche Skript. Das könnte vor allem deshalb wichtig sein, weil die eigentliche Aufführung zumeist sehr positiv bewertet wird, was sich über das Skript nicht sagen lässt.

Nun denn, frisch ans Werk. „Harry Potter and the Cursed Child“ beginnt genau dort, wo „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ endet, tatsächlich sind die ersten beiden Szenen eine erweiterte Version des bereits bekannten Epilogs. Wir folgen Albus Severus Potter, der bald mit Scorpius Malfoy Freundschaft schließt, nach Hogwarts wo er, entgegen aller Erwartungen, vom sprechenden Hut nach Slytherin gesteckt wird. Schon bald stellt sich heraus, dass Albus, wie auch sein Vater, mit der eigenen Berühmtheit zu kämpfen hat, allerdings geht er damit ganz anders um als Harry, was unter anderem dazu beiträgt, dass sich das Verhältnis zwischen beiden ziemlich verschlechtert. Die ersten vier Schuljahre von Albus werden knapp in einigen Einzelszenen thematisiert, die eigentliche Handlung beginnt im vierten Schuljahr. Albus‘ Unzufriedenheit wächst immer weiter und auch Scorpius hat seine Probleme, da das Gerücht umgeht, er sei in Wahrheit nicht der Sohn von Draco Malfoy, sondern von Lord Voldemort. Die Situation eskaliert, als Harry eines Tages Besuch von Amos Diggory erhält, der über den Verlust seines Sohnes Cedric immer noch verbittert ist, Harry die Schuld gibt und ihn dazu überreden möchte, besagten Tod mithilfe eines Zeitumkehrers, der beschlagnahmt wurde, zu verhindern. Harry lehnt ab, doch Albus und Skorpius werden von Amos‘ Nichte Delphini dazu angestiftet, den Plan auszuführen, und es kommt wie es kommen muss: In bester Zurück-in-die-Zukunft-Manier bricht temporales Chaos aus mit allem was dazugehört: Rückkehr in die Vergangenheit, Logiklöcher, dumme, dumme Entscheidungen und alternative Zeitlinien.

Der häufigste Kritikpunkt an „Harry Potter and the Cursed Child“ ist, dass es sich wie Fanfiction liest. Da möchte ich ein wenig differenzieren: Es gibt durchaus Fanficitions, an das Niveau des Originals herankommen oder es sogar in einigen Aspekten übertreffen, die Welt sinnvoll und glaubhaft erweitern und qualitativ hochwertig sind. „Harry Potter and the Cursed Child“ erinnert an schlechte Fanfiction. Wer einschlägige Archive durchstöbert, wird sehr schnell auf Geschichten stoßen, die sich derselben Elemente bedienen. Am deutlichsten wird das, wenn man sich Delphini betrachtet: Diese Figur, in Wahrheit nicht Amos Diggorys‘ Nichte, sondern Lord Voldemorts Tochter, schreit geradezu nach schlechter Fanfiction, nicht nur ist sie als Figur flach und schlecht konstruiert, ihre bloße Existenz ist höchst unlogisch. Alles in allem ist „Harry Potter and the Cursed Child“ kaum eine wirkliche Weiterführung der Serie, das Stück ist in höchstem Maße selbstreferenziell, ohne dem bereits Bekannten eine neue Seite abzugewinnen. Schlimmer noch: Wie schon in „Die Heiligtümer des Todes“ werden dem Voranschreiten der Handlung oftmals die Figuren und die Logik der erzählten Welt geopfert. Gerade in Details passt vieles oft nicht zur bereits etablierten Welt der Romane. Als bestes Beispiel fungiert die alternative Zeitlinie, in der Voldemort den Krieg gewonnen und Dolores Umbridge Schulleiterin von Hogwarts ist. In einer Welt, die von Voldemort regiert wird, nimmt jeder problemlos seinen Namen in den Mund, der Gruß des Regimes ist „Voldemort and Valour“. Das passt in meinen Augen überhaupt nicht zu dem Voldemort, der Jahrzehnte lang daran gearbeitet hat, dass sein Name gefürchtet wird wie der keines anderen Zauberers.

Trotz allem gibt es durchaus auch einige positive Aspekte: Mir gefiel Grundkonstellation der Figuren, die Tatsache, dass Albus Severus in Slytherin landet und sich mit Scorpius anfreundet (wobei „anfreundet“ eigentlich untertrieben ist). In manchen Dialogzeilen und Witzen schimmert darüber hinaus die alte Magie durch und man erinnert sich, wie es war, die alten Harry-Potter-Bände zum ersten Mal zu lesen. Leider ändert das kaum etwas daran, dass die Handlungen der Figuren mitunter so absurd und idiotisch und viele Wendung fürchterlich unlogisch und weit hergeholt sind, dass „Harry Potter and the Cursed Child“ mitunter wie eine Selbstparodie wirkt.

Dennoch muss ich zugeben, wenn sich mir die Gelegenheit bieten würde, ich würde mir das Stück ansehen, denn die Bühnenumsetzung des Skripts macht mich schon neugierig, denn was man so dort liest, klingt höchst aufwendig, wenn es nicht gerade eine absolut minimalistische Inszenierung sein sollte.

Fazit: Vielleicht machen Darsteller und Bühnenmagie ja einen Unterschied, aber als Skript weiß „Harry Potter and the Cursed Child“ absolut nicht zu überzeugen, die Handlung gleicht einer unausgegorenen Fanfiction, die außer Referenzen und Logiklöchern nur wenig zu bieten hat.

Blogparade: Buch vs. Film

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In den letzten beiden Wochen hatte ich recht wenig Zeit zum Schreiben, eine Blogparade ist da genau der richtige Anreiz, besonders, wenn es zum Thema so viel zu sagen gibt wie zu diesem. Initiatorin ist Miss Booleana, und der Titel lautet „Buch vs. Film“. Adaption ist ein Thema, das mich grundsätzlich sehr interessiert und mit dem ich mich auch immer wieder beschäftige. Viel zu oft hört bzw. liest man Sätze wie „Das Buch ist immer besser“, was freilich eine völlig unreflektierte, verallgemeinerte und pauschalisierte Aussage ist, und derartigen Aussagen kann ich einfach nichts abgewinnen.

Letztendlich stellt sich die Frage: Was macht eine gute Adaption aus? Ich will ungern allgemeingültige Aussagen treffen, denn letztendlich sollte man sich jedes Werk individuell betrachten, aber ich will dennoch versuchen, etwas Umfassenderes zu dieser Frage zu sagen. Einerseits gibt eine Adaption, die sich so genau wie möglich an die Vorlage hält, meistens kein besonders gutes Werk ab. Wann immer man eine Geschichte von einem Medium ins andere überträgt, muss man zwangsläufig Abstriche machen. Stilmittel, die in der Literatur funktionieren, wirken in Filmen oft bestenfalls komisch. Innere Monologe sind dafür ein gutes Beispiel. Natürlich gibt es Ausnahmen, in „Sin City“ funktionieren diese beispielsweise auch im Film (dazu später mehr), aber meistens läuft es doch wie bei David Lynchs Adaption von Frank Herberts „Dune: Der Wüstenplanet“. Dort wurden die inneren Monologe auch in den Film integriert – und das Ganze funktioniert einfach nicht.

Andererseits hat die Adaption gegenüber der Vorlage schon eine gewisse Verantwortung. Wenn ein Studio bzw. ein Filmteam sich dazu entscheidet, ein Werk zu adaptieren, dann sollen sie doch bitte auch das Werk adaptieren und nicht einfach irgendetwas machen, das mit der Vorlage nichts mehr zu tun hat, denn wieso sollte man dann überhaupt adaptieren, wenn man ohnehin sein eigenes Ding dreht? Eine Adaption kann und soll der Vorlage nicht minutiös folgen, doch ich denke, der „Geist“ des ursprünglichen Werkes sollte erhalten bleiben. Ob und in wie weit das der Fall ist, ist natürlich wieder sehr diskutabel.

Freilich sollte man auch hier ein wenig differenzieren: Wie die meisten anderen Menschen auch messe ich mit mehreren Maßstäben; wenn mir das ursprüngliche Werk egal ist, ich es nicht kenne oder nicht schätze, stört mich eine freie Adaption nicht besonders und dann interessiert es mich nicht, ob der Geist der Vorlage erhalten geblieben ist. Auch bei Werken, die schon mehrfach adaptiert wurden, kann eine freiere Interpretation interessant sein – ich meine hiermit klassische Geschichten, die seit Jahrzehnten, Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden in verschiedener Form immer und immer wieder erzählt wurden, von der Odysee über Dracula bis hin zu Batman. Ein gewisse Gemeinsamkeit mit der Vorlage, ein gemeinsamer Nenner, sollte aber auch hier vorhanden sein.

„Der Herr der Ringe“ vs. „Der Herr der Ringe“
Beginnen wir mit einer Adaption, die gemeinhin als positives Beispiel für den Wechsel einer Geschichte von Buch zu Film gilt. Freilich gibt es da Tolkien-Puristen, die dem vehement widersprechen würden, ich persönlich teile allerdings die Ansicht, dass es sich bei Peter Jacksons HdR-Trilogie um eine hervorragende Adaption von Tolkiens Werk handelt. Grundsätzlich scheuen Jackson und seine Drehbuch-Co-Autorinnen Fran Walsh und Philippa Boyens sich nicht davor, einige Abläufe und Elemente doch recht stark zu verändern. Manches davon ist fast schon unumgänglich: In „Die Gefährten“ funktioniert der lange Anfang im Auenland in Filmform einfach nicht, speziell, wenn der Film nicht sechs bis sieben Stunden lang sein soll. Ähnlich verhält es sich mit Tom Bombadil, der zur eigentlichen Geschichte praktisch nichts besteuert. Oftmals gehen Jackson und Co. allerdings noch einige Schritte weiter, was letztendlich mit der Natur der Vorlage zusammenhängt. Professor Tolkien ist ein genialer Sprach- und Weltenschöpfer, der seine Sekundärwelt mit einem Detailgrad ausgestattet hat, den man in anderen Werken selten findet. Dramaturgie zählt allerdings nicht unbedingt zu seinen Stärken – wobei das ein wenig vereinfacht ausgedrückt ist. Vielmehr sollte man sagen: Tolkiens Sinn für Dramaturgie war sehr eigen, geprägt von den nordischen Sagen und Epen, auf denen Mittelerde letztendlich basiert. Sowohl im „Herrn der Ringe“ als auch in seinen anderen Werken tut Tolkien Dinge, vor denen Standardwerke über Literatur und Grundkurse für kreatives Schreiben warnen und die heute wohl kein Lektor mehr akzeptieren würde. Gerade deshalb ist der „Herr der Ringe“ ein ziemlich einzigartiges Werk – aber viele dieser Kniffe, etwa die strikte Trennung zwischen Frodo und Sam und dem Rest der Gefährten in „Die zwei Türme“, funktionieren in einem Film einfach nicht, weshalb stärkere Anpassungen nötig sind.

Schließlich und endlich würde ich behaupten, dass Jackson Tolkiens Roman nicht nur einfach adaptiert hat, er hat ihn auch, gerade was Struktur und Charaktere angeht, zugänglicher gemacht und ergänzt ihn somit. Zwar geht an einigen Stellen Tolkiens Liebe zum Detail und die inhaltliche Komplexität der Vorlage verloren, allerdings haben die Filmemacher ihren ganz eigenen Sinn für Komplexität, der sich an den Kulissen, den Kostümen oder der Musik (ganz besonders der Musik) zeigt. Und die Vereinfachungen und Änderungen haben in meinen Augen letztendlich keine Auswirkungen auf Geist oder Botschaft der Vorlage. Mehr noch, die Filme folgen der Handlung im Groben ziemlich gut, besonders wenn man bedenkt, was ein „normaler“ Filmemacher vielleicht mit der Geschichte getan hätte (in Tom Shippeys „Der Weg nach Mittelerde“ findet sich hierzu eine passende Anekdote).
Sieger: Unentschieden

„Der Hobbit“ vs. „Die Hobbit-Trilogie“
Die Hobbit-Trilogie ist ein sehr interessanter Fall, gerade, weil sie von denselben Machern kommt wie die HdR-Trilogie und auch weil es nicht die üblichen Faktoren sind, die die Schwächen dieser Adaption ausmachen. Normalerweise geht es darum, was geändert oder weggelassen wurde: Filme haben gemeinhin weniger inhaltliche Kapazität als Romane, weshalb beides unumgänglich ist. In der Hobbit-Trilogie wurde allerdings kaum etwas weggelassen, und selbst die Änderungen sind nicht größer als bei den HdR-Filmen. Hier sind es die Dinge, die Jackson und Co. hinzugefügt haben, die Probleme bereiten, sodass man sich letztendlich fragt, wer die eigentlichen Hauptfiguren sind: Thorin und Bilbo oder Legolas, Tauriel und Alfrid.

Das Scheitern der Hobbit-Trilogie ist insofern schade, da ich denke, dass das Vorhaben hätte gut gelingen können, hätte Jackson es bei zwei Filmen belassen und sich auf Tolkiens Material konzentriert statt Romanzen und sinnlose Action hinzuzufügen. Auch „Der Hobbit“ ist dramaturgisch nicht wirklich leicht umzusetzen, da er sich aus diversen Episoden zusammensetzt, die kaum zusammenhängen; die eigentliche Haupthandlung beginnt erst, nachdem Bilbo und die Zwerge in Esgaroth angekommen sind. Hinzu kommt die Tendenz des Professors, nur wenige Figuren wirklich zu charakterisieren. Diesbezüglich gibt es bei Jackson einige sehr gute Ansätze, besonders bei Bard und Thranduil. Auch an anderen Stellen ist immer wieder die alte Magie zu spüren, aber dann…

Bereits in der HdR-Trilogie arbeitete Jackson oftmals konträr zu Tolkiens Sinn fürs Dramatische: Wo der Professor eher dazu neigt, Ereignisse ein wenig undramatisch zu gestalten, tendiert der Regisseur zur Überdramatisierung. Beim „Herrn der Ringe“ hält sich das bis auf ein, zwei Ausrutscher aber noch in Grenzen, in der Hobbit-Trilogie übertreibt er es aber wirklich mit geradezu exzessiven Szenen, die jeglicher Logik und jeglichen Gesetzen der Physik spotten.

Die Verfilmung des „Hobbit“ war letztendlich ein ambitioniertes Projekt, das gescheitert ist. Der Roman war weitaus weniger ambitioniert, eine Abenteuergeschichte für Kinder, aber letztendlich funktioniert er, besonders, wenn man ihn sich vom Rest Mittelerdes losgelöst betrachtet, einfach besser.
Sieger: Buch

„Watchmen“ vs. „Watchmen“
Alan Moores „Watchmen“ gilt zu Recht als Meisterwerk der graphischen Literatur, als Meilenstein des Medium Comics und als gelungene Dekonstruktion des Superheldengenres. Die gleichnamige Filmadaption gilt ebenfalls zurecht als Zack Snyders bester Film – wobei ich gestehen muss, dass Letzteres weitaus weniger beeindruckend ist als Ersteres, denn Snyders Œuvre ist doch eher durchwachsen. „300“ funktioniert noch ganz gut als Guilty Pleasure, der Rest dagegen ist optisch zwar meistens ganz interessant, aber inhaltlich doch eher mau (nun gut, auf „300“ trifft das eigentlich auch zu, ich habe nur eine gewisse Affinität dafür). Ich denke, Snyders Problem ist vor allem, dass er zwar weiß, wie man coole Bilder auf die Leinwand zaubert, diese aber stets reines Gimmick bleiben und er keine Ahnung hat, wie er seine Stilmittel einsetzen muss, um eine gute Geschichte zu erzählen, egal ob es sich dabei um die Zeitlupe in „300“ oder die Shaky-Cam in „Man of Steel“ handelt; der Einsatz seiner Stilmittel wirkt stets ziemlich willkürlich.

Die beste und gleichzeitig schlechteste Entscheidung von Snyder war es, sich sehr eng an die Vorlage zu halten. Die beste, weil „Watchmen“ einfach eine verdammt gute Geschichte hat und Snyder trotz allem ein relativ gutes Händchen dabei beweisen hat, diese Geschichte visuell umzusetzen und den eigentümlichen Stil bzw. die Farbgebung des Comics gelungen in Filmform zu bringen. Nach wie vor gibt es diverse stilistische Gimmicks, die im Grunde sinnlos sind, aber auch (zumindest mich) nicht weiter stören. Ebenfalls gelungen ist die Darstellung der Figuren; Snyder verzichtete darauf, „Watchmen“ mit großen Namen zu besetzen, sodass die Figur und nicht der Schauspieler im Vordergrund steht, was vollständig aufgeht. Die Tatsache, dass die Vorlage wirklich außergewöhnlich tiefgründig, hochkomplex, perfekt durchdacht und umgesetzt ist, verhindert, dass der Film der Graphic Novel ebenbürtig ist. Kein Film hätte alle Facetten des Werkes umsetzen können, weshalb immer etwas fehlt, der Vergleich zur Vorlage aufgrund der Nähe aber kaum umgangen werden kann. Auf gewisse Weise ist die Adaption gleichzeitig zu dicht und nicht dicht genug am Comic dran.

Auch fehlt dem Film die zeitgeistliche Komponente. „Watchmen“ war, in Bezug auf Weltgeschehen und Comiclandschaft, extrem aktuell und brachte viele Neuerungen, die zum Erscheinen des Films freilich schon lange bekannt waren. Insofern ist der Film in gewissem Sinne veraltet, er ist, anders als der Comic, nicht revolutionär oder bahnbrechend. Aber angesichts dessen, wie eine Adaption dieses Werkes hätte aussehen können, ist Snyders Verfilmung des Kultcomics trotz allem eine ziemlich gelungene Umsetzung, der man die Liebe zur Vorlage anmerkt.
Sieger: Buch (bzw. Comic)

„X-Men: Days of Future Past“ vs. „X-Men: Days of Future Past“
Der letzte X-Men-Film steht hier im Grunde stellvertretend für alle Superheldenadaptionen. Sehr, sehr selten wird ein ganz bestimmter Superheldencomic wirklich direkt umgesetzt. „Watchmen“ ist eine der wenigen Ausnahmen, es gibt auch noch ein paar Zeichentrickfilme, die sich ebenfalls eine bestimmte Vorlage aussuchen und diese ziemlich genau umsetzen. Die meisten Live-Action-Filme dieses Genre vermengen dagegen zumeist Elemente mehrerer Storylines oder Einzelgeschichten. „Batman Begins“ kombiniert beispielsweise Versatzstücke aus „Batman: Year One“, „Batman: The Man Who Falls“ und „Batman: The Long Halloween“, „The Dark Knight“ bedient sich der Comics „Batman: The Long Halloween“ und „Batman: The Killing Joke“ sowie „Batman 1“ aus dem Jahr 1940, während man in „The Dark Knight Rises“ Versatzstücke aus „Batman: The Dark Knight Returns“, „Batman: Knightfall“ und „Batman: No Man’s Land“ findet. Zumindest in dieser Hinsicht ist die Nolan-Trilogie geradezu stereotyp für das Genre.

„Days of Future Past“ ist in diesbezüglich interessant, weil Bryan Singer eine ganz bestimmte Geschichte als alleinige Grundlage verwendete. Von dieser einen Geschichte benutzte er allerdings ausschließlich den Grundplot (dystopische Zukunft, Mutanten stehen kurz vor der Auslöschung durch die Sentinels, ein Mutant wird in die Vergangenheit geschickt, um einen Mord zu verhindern, der die dystopische Zukunft auslöst) sowie den Titel. Das ganze Drumherum ist allerdings radikal anders, weil das X-Men-Filmuniversum sich eben stark vor X-Men-Comicuniversum der 80er unterscheidet und eine genaue Umsetzung einfach nicht funktioniert hätte. „Days of Future Past“ ist eine freie Adaption, die es allerdings schafft, die Vorlage zu übertreffen; der Film bleibt dem Geist des Comics treu, macht die Geschichte aber gleichzeitig größer, emotionaler, epischer und holt schlicht alles aus dem Grundkonzept heraus, was man herausholen kann.
Sieger: Film

„Star Wars Episode III: Die Rache der Sith“ vs.
„Die Rache der Sith“

Drehen wir den Spieß doch einmal um. Romanadaptionen von Filmen sind zwar auch in Deutschland nicht wirklich eine Seltenheit, aber doch weitaus weniger verbreitet als im angloamerikanischen Raum, wo wirklich sehr viele Exemplare dieser Gattung erscheinen, von denen lediglich ein Bruchteil übersetzt wird. Romanadaptionen von Filmen (bzw. von Filmdrehbüchern, evtl. unter Einbeziehung von Rohschnitten, Konzeptzeichnungen etc.) genießen zumeist keinen allzu guten Ruf, da sie sich oft darauf beschränken, das Drehbuch nachzuerzählen, wobei sie eventuell noch ein paar geschnittene Szenen oder Gedanken der Charaktere einfügen. Das Problem dabei ist, dass sie auch der Narrative des Films sehr genau folgen und schnelle Szenenwechsel, Montagen etc. direkt umsetzen. Im Film können diese Wunder wirken, in einem Roman sind sie dagegen fehl am Platz.

Matthew Stovers Romanadaption von „Die Rache der Sith“ dagegen ist ein Idealbeispiel dafür, wie ein Roman zum Film sein sollte. Stover beschränkt sich nicht nur darauf, die Handlung nachzuerzählen und ein paar geschnittene Szenen zu integrieren, er nutzt gezielt die Stärken des Mediums Roman, da er ja auf die Stärken des Mediums Film (Musik, Optik etc.) verzichten muss. Stover lässt die Figuren reflektieren, geht detailliert auf ihre inneren Prozesse ein, konzentriert sich auf die Charaktere als Kern der Geschichte und scheut sich auch nicht davor, Dialoge abzuändern oder Dinge, die rein visuell sind, einfach auszulassen. Während der Film beispielsweise immer wieder nach Kashyyyk schneidet, unterlässt Stover dies, da die Schlacht um Kashyyyk zur eigentlichen Handlung kaum etwas beiträgt und vor allem als Fanservice fungiert („Hey, da ist Chewie“). Letztendlich sorgt Stover dafür, dass alles, was im Film nicht so ganz passt, nahtlos ineinander greift. „Die Rache der Sith“ erzählt nicht einfach nur die Geschichte des gleichnamigen Streifens, der Roman ergänzt den Film, wertet ihn auf und macht ihn logischer, verständlicher und nachvollziehbarer.
Sieger: Buch

„Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ vs. „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 1 und 2“
Ich bin seit meiner Grundschulzeit Harry-Potter-Fan; im Grunde habe ich die Bücher ziemlich genau im richtigen Alter entdeckt, um bei allem hautnah dabei zu sein; ich bin quasi mit Harry, Ron und Hermine zusammmen aufgewachsen, habe den Büchern und Filmen immer entgegengefiebert, war Teil des Fandoms etc.; tatsächlich bin ich acht Tage Jünger als Daniel Radcliff und habe am selben Tag Geburtstag wie Harry Potter und J. K. Rowling – das muss doch fast schon Schicksal sein. Leider ändert das alles nichts daran, dass ich von „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ maßlos enttäuscht war. Nach dem ersten Lesen war das noch nicht der Fall, weil mich der Roman da noch fesseln konnte. Sobald ich allerdings über das Gelesene nachzudenken begann… Mit gefällt nicht, wie die Geschichte endet, mir gefällt nicht, wie sich die wichtigen Figuren entwickeln, und vor allem gefallen mir die massiven Logiklöcher und der furchtbar konstruierte Plot um die Deus-Ex-Heiligtümer absolut nicht. In meinen Augen ist der siebte Harry-Potter-Band als Abschluss der Reihe unwürdig.

Und dann ist da die zweiteilige Verfilmung, die einen Trend begründet hat, der immer noch anhält. Erfreulicherweise ist das Verhältnis zwischen Roman und Filmadaption hier ähnlich wie bei „Die Rache der Sith“: Die Adaption nutzt die Stärken des Mediums, um die Vorlage aufzuwerten. Zwar wird die Geschichte nicht besser oder logischer, aber der Film schafft es, viele der Schwächen ganz gut zu kaschieren und profitiert von der gelungenen Optik, der Musik, kleinen Änderungen und natürlich den grandiosen Schauspielern. Ralph Fiennes sorgt allein durch sein Spiel dafür, dass Voldemort im Film funktioniert, was er im Roman nicht tut. Trotz all seiner Schwächen gelingt es dem Film, mich emotional mitzureißen, was das Buch nicht schafft.
Sieger: Film

„Der Kunde hat immer recht“, „Stadt ohne Gnade“, „Das große Sterben“ und „Dieser feige Bastard“ vs. „Sin City“
Für gewöhnlich funktionier eine eins-zu-eins-Adaption kaum oder gar nicht. „Sin City“ ist gewissermaßen die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Es gibt wohl kaum einen Film, der so nahe an seiner Vorlage ist wie dieser. Natürlich, ein paar winzige Änderungen gibt es, hier eine Szene, die der Schere zum Opfer gefallen ist, da eine kleine Ergänzung, aber insgesamt folgt Robert Rodriguez‘ und Frank Millers Episodenfilm der Handlung der drei adaptiert langen und des einen kurzen Comics sehr genau, und das sowohl inhaltlich als auch optisch. Rodriguez heuerte dazu nicht nur Miller als Co-Autor und –Regisseur an, tatsächlich wurden die Comics als Storyboards verwendet und die meisten Dialoge und Einstellungen fast eins zu eins übertragen.

Was den Film so interessant macht ist, dass er trotz allem eine Eigendynamik entwickelt, die den Comics in dieser Form fehlt. Diese Eigendynamik entsteht, eigentlich ganz simpel, durch die clevere, nonlineare Anordnung der einzelnen Episoden. Die Comics erzählen jeweils eine Geschichte von Anfang bis Ende. Der Film schneidet die Geschichten in nicht chronologischer Ordnung ineinander, ohne sie zu verändern. Wir beginnen mit „Der Kunde hat immer recht“ als Prolog, gefolgt vom Anfang von „Dieser feige Bastard“. Es folgen „Stadt ohne Gnade“ und „Das große Sterben“, bevor der Film mit „Dieser feige Bastard“ und einem extra für den Film verfassten Epilog, der „Der Kunde hat immer recht“ und „Das große Sterben“ auf ironische Weise verbindet, endet. Das mag chronologisch nicht stimmen („Dieser feige Bastard“ spielt in seiner Gesamtheit vor allen anderen Geschichten), funktioniert dramaturgisch aber hervorragend. Der Extended Cut, der im Grunde aus vier separaten Kurzfilmen besteht, ist für Fans der Vorlage interessant, weil er fast alle geschnittenen Szenen des Comics enthält; Dynamik und Dramaturgie der Kinoversion gehen allerdings verloren.
Sieger: Unentschieden

„A Song of Ice and Fire“ vs. „Game of Thrones“
Hätte ich diese Liste vor etwa zwei Jahren angefertigt, wäre das Urteil für „Game of Thrones“ wohl anders ausgefallen, denn bis zur dritten Staffel war die Serie eine sehr gelungene Adaption mit ähnlichen Stärken wie Peter Jacksons Herr-der-Ringe-Verfilmung. Staffel 4 und 5 (besonders Staffel 5; ich bemühe ich, Spoiler für diese zu meiden und das Ganze auf allgemeine Aussagen zu beschränken) haben mich allerdings dazu gezwungen, dieses Urteil zu revidieren. Insgesamt muss man den Serienmachern zugestehen, dass besonders „A Feast for Crows“ und „A Dance with Dragons“ enorm schwer zu adaptieren sind, weil die Handlung immer weiter zerfasert, King’s Landing als zentrale Örtlichkeit wegfällt und jede der Hauptfiguren im Grunde anfängt, ihr eigenes Süppchen zu kochen. Dennoch: Gerade in Staffel 5, und in geringerem Maße auch in Staffel 4, haben Benioff und Weiss wirklich sehr viele sehr schlechte Entscheidungen getroffen. Staffel 4 hat immerhin noch einige Höhen, um die Tiefen auszugleichen, in Staffel 5 dagegen ist kaum noch etwas von George R. R. Martins Geschichte übrig geblieben. Man kann über Martin sagen, was man will, aber „A Song of Ice and Fire“ ist eigentlich immer nachvollziehbar, die Figuren handeln passend, die Abläufe sind in sich logisch, die aufgestellten Regeln werden befolgt und es gibt Wirkung und Ursache. Staffel 5 dagegen ist, gerade was die Drehbücher angeht, im Niveau sehr stark gesunken. Subplots wurde auf das Minimum reduziert, die Komplexität wird billigem Drama geopfert, die Handlungen der Figuren wirken an den Haaren herbeigezogen und die Schockmomente, für die GoT berühmt ist, die sich aber bisher logisch aus der Handlung ergaben, verkommen zum Selbstzweck. Staffel 5 entfernt sich insgesamt sehr weit von der Buchvorlage – das muss per se erst einmal nichts Schlechtes sein, aber leider hat sich nun erwiesen, dass Benioff und Weiss sehr viel schlechtere Geschichtenerzähler als George R. R. Martin sind. Ich hege aber nach wie vor die Hoffnung, dass sich GoT mit Staffel 6 wieder erholt.
Sieger: (Buch bzw. Bücher)

„The Hunger Games“ vs. „The Hunger Games“
Bei den Hunger-Games-Filmen handelt es sich um sehr werkgetreue Adaptionen. Ich habe seinerzeit den ersten Film gesehen, der mir ganz gut gefallen, mich aber nicht dazu gebracht hat, die Vorlage zu lesen – das habe ich erst im Zuge eines Uni-Seminars getan. Die Kenntnis der Vorlage hat allerdings für eine gesteigerte Wertschätzung der Filme gesorgt. Zwar hat Suzanne Collins interessante Ideen, allerdings schadet der Umstand, dass wir alles durch Katniss‘ Augen sehen, der Geschichte in meinen Augen. Während sie auch in den Filmen ohne Frage die Protagonistin ist, können diese es sich doch hin und wieder erlauben, sich von ihr lösen, Hintergründe zu beleuchten und die erzählte Welt plastischer zu gestalten. Hinzu kommt, dass ich Film-Katniss weitaus sympathischer finde als Buch-Katniss, was wohl auch mit Jennifer Lawrence zusammenhängt. Insgesamt würde ich sagen, dass die „Hunger Games“, ähnlich wie „Die Heiligtümer des Todes“, vom Medienwechsel und vor allem von den wirklich gut ausgewählten Schauspielern profitiert.
Sieger: Film (bzw. Filme)

„Vampire: The Masquerade“ vs. „Clan der Vampire“
Noch etwas eher Obskures zum Schluss. Außerhalb von Rollen- oder Computerspielkreisen ist das Pen & Paper-RPG „Vampire: The Masquerade“ nicht allzu bekannt, allerdings hat es einen meiner Meinung nach stark unterschätzten Einfluss auf die aktuelle Vampirlandschaft. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der heute fast schon selbstverständliche Konflikt zwischen Vampiren und Werwölfen nahm hier seinen Anfang. Für mich persönlich ist V:tM immer noch die beste Version des Vampir-Mythos, weil er im Grunde jede andere Version mit einschließt, einen grandiosen, komplexen und mythologisch sehr vielseitigen Hintergrund hat und weil man mit ihm im Grunde jede Art von Vampirgeschichte erzählen kann, vom romantischen Twilight-Verschnitt über ein Action-Szenario á la „Blade“ oder „Underworld“ bis hin zur klassischen Gothic Novel nach Bram Stoker oder der Anne Rice’schen Charakterstudie.

In den späten 90ern gab es eine kurzlebige Serienadaption namens „Clan der Vampire“ (im Original „Kindred: The Embraced“), die sich einiger grundlegender Aspekte (und Bezeichnungen) der Vorlage bediente. Allerdings zeigte sich schnell, dass die Serienmacher die Vorlage nicht verstanden hatten. Dass die komplexe Vampirpolitik vereinfacht wurde, hätte ich ja durchaus verziehen, aber weder Atmosphäre noch erzählerische Grundlage oder Thematik wurden in irgendeiner Form umgesetzt. „Clan der Vampire“ gleicht eher einer zweitklassigen Gangster-Serie, in der die Gangster halt Vampire sind. Das, was V:tM eigentlich ausmacht, der persönliche Horror, das Ringen um Menschlichkeit, die Konfrontation mit dem Tier im Inneren, wurde nicht im geringsten integriert, die Charaktere bleiben flache, uninteressante Stereotypen und die Gothic-Punk-Amtosphäre, auf die die Vorlage sehr viel wert legt (und die Beispielsweise in „Underworld“ zu finden ist), verzichtet „Clan der Vampire“ ebenfalls völlig. Setzen, sechs.
Sieger: Buch (bzw. RPG)

Ergebnis:
Buch: 5
Film: 3
Unentschieden: 2

(Anmerkung: Man könnte, wegen „Die Rache der Sith“, auch nach Vorlage und Adaption abrechnen, in dem Fall wäre es unentschieden mit 4:4:2).

Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2 – Soundtrack

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Tracklisting:

01. Lily’s Theme
02. The Tunnel
03. Underworld
04. Gringotts
05. Dragon Flight
06. Neville
07. A New Headmaster
08. Panic Inside Hogwarts
09. Statues
10. The Grey Lady
11. In the Chamber of Secrets
12. Battlefield
13. The Diadem
14. Broomsticks and Fire
15. Courtyard Apocalypse
16. Snape’s Demise
17. Severus and Lily
18. Harry’s Sacrifice
19. The Resurrection Stone
20. Harry Surrenders
21. Procession
22. Neville the Hero
23. Showdown
24. Voldemort’s End
25. A New Beginning

Wie schon bei Nicholas Hooper ist auch bei Alexandre Desplat der zweite Potter-Score eine Verbesserung gegenüber dem ersten. Trotz eines recht gelungenen Gesamteindrucks hatte „Die Heiligtümer des Todes Teil 1“ vor allem zwei Schwächen: Er war zu dezent und es gab zu wenig Kontinuität. Beide Schwächen werden in der Musik zum Finale der Filmreihe zumindest teilweise behoben.
Stilistisch nähert sich Desplat weiterhin Williams an, die Tendenzen aus Sky Battle werden noch verstärkt, vor allem in Stücken wie In the Chamber of Secrets. In „Die Heiligtümer des Todes Teil 2“ bricht endgültig der Krieg aus und das merkt man auch, die Musik ist über weite Strecken sehr viel weniger melancholisch, dafür aber ziemlich actionorientiert. Dies sorgt gleichzeitig dafür, dass die erste Schwäche ausgebügelt wird.
Was die zweite Schwäche angeht: Hier besser sich die Situation zumindest. Hedwigs Thema, in „Teil 1“ lediglich eine in dezenten Variationen gespielte Randerscheinung, rückt nun stärker in den Vordergrund, sowohl in neuen Variationen, als auch in Direktübernahmen aus den Williams-Soundtracks (diese sind allerdings nicht auf dem Album zu finden). Und da Epilog und Abspann mit den Stücken Leaving Hogwarts und Hedwig’s Theme aus „Der Stein der Weisen“ unterlegt sind, kehren auch Williams‘ Familienthema und das Flugthema zurück. Darüber hinaus benutzt Desplat auch noch das Stück Dumbledore’s Farewell während Snapes Erinnerungen und schafft so noch eine Brücke zu Hooper. Das ist zwar noch nicht optimal, aber schon weitaus mehr Kontinuität als bei Hooper oder Doyle. Ich muss allerdings zugeben, dass ich die Direktübernahmen weniger gelungen finde als die neuen Variationen von Desplat, die sich organischer ins leitmotivische Gefüge einordnen.
Die Kontinuität zu Desplats erster Potter-Musik ist ebenfalls gegeben, interessanterweise tauchen allerdings in erster Linie die sekundären Themen auf. Die beiden Hauptthemen, das Obliviate-Thema und das Voldemort/Todesser-Thema haben jeweils nur einen Auftritt: Ersteres in Harry’s Sacrifice (taucht im Film nicht auf) und Letzteres, reichlich deplatziert, in The Tunnel. In meinen Augen ist das schon irgendwie schade, da Desplat beide Themen schön hätte weiterentwickeln können. Voldemort selbst wird in diesem Film nur noch durch ominöse Dissonanzen und ziemlich unmarkantes, vage militärisch klingendes Underscoring repräsentiert – die wohl größte Schwäche des Scores.
Stattdessen werden vor allem das Band-of-Brothers-Thema und das Horkrux-Thema weiterentwickelt. Das Band-of-Brothers-Thema gilt nun vor allem Neville und ist in Neville, Battlefield und Showdown zu hören. Noch gelungener sind die verschiedenen Einsätze des Horkrux-Themas in Underworld und Broomsticks and Fire. Das Thema der Heiligtümer des Todes absolviert ebenfalls einen Auftritt, der allerdings nicht auf dem Soundtrackalbum zu finden ist.
Zusätzlich zu diesem Material hat Desplat zwei starke neue Themen komponiert: Lilys Thema, eine sehr schöne, tragische Melodie, die für die Verbindung zwischen Lily, Snape und Harry steht (zu hören, unter anderem, in Lily’s Theme, Dragon Flight und Voldemort’s End) und als Hauptthema des Films gelten kann, sowie das sogenannte Castle-Defense-Theme (Statues, Courtyard Apocalypse), ein heroisches, wenn auch verzweifeltes Thema, das leitmotivisch weniger interessant ist als Lilys Thema, aber dafür einen epischen Rahmen für die Schlacht um Hogwarts liefert.
Auch außerhalb des thematischen Materials gibt es sehr viele gelungene Momente, vor allem bezüglich des Action-Materials, zum Beispiel in Battlefield, Neville the Hero und Showdown zu finden.
Fazit: Gelungener musikalischer Abschluss der Filmreihe mit minimalen Schwächen. Nach „Der Gefangene von Askaban“ der beste Potter-Soundtrack.

Siehe auch:
Hedwigs Thema
Harry Potter und der Stein der Weisen – Soundtrack
Harry Potter und die Kammer des Schreckens – Soundtrack
Harry Potter und der Gefangene von Askaban – Soundtrack
Harry Potter und der Feuerkelch – Soundtrack
Harry Potter und der Orden des Phönix – Soundtrack
Harry Potter und der Halbblutprinz – Soundtrack
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 1 – Soundtrack

Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 1 – Soundtrack

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Tracklisting:

01. Obliviate
02. Snape to Malfoy Manor
03. Polyjuice Potion
04. Sky Battle
05. At the Burrow
06. Harry and Ginny
07. The Will
08. Death Eaters
09. Dobby
10. Ministry of Magic
11. Detonators
12. The Locket
13. Fireplaces Escape
14. Ron Leaves
15. The Exodus
16. Godric’s Hollow Graveyard
17. Bathilda Bagshot
18. Hermione’s Parents
19. Destroying the Locket
20. Ron’s Speech
21. Lovegood
22. The Deathly Hallows
23. Captured and Tortured
24. Rescuing Hermione
25. Farewell to Dobby
26. The Elder Wand

Bonus-Tracks:
01. Voldemort
02. Grimmauld Place
03. The Dumbledores
04. The Tale of Three Brothers
05. Bellatrix
06. My Love is Always There

Als ich die Musik zu „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 1“ zum ersten Mal hörte, war ich unheimlich enttäuscht. Da Nicholas Hooper sich der Aufgabe, einen weiteren Potter-Soundtrack zu komponieren, nicht mehr gewachsen sah, wurde stattdessen der Franzose Alexandre Desplat verpflichtet, und er tat genau das, was ich befürchtete: Abermals verwarf er, mit Ausnahme von Hedwigs Thema, sämtliche von seinen Vorgängern verwendete Leitmotive und fing wieder ganz von vorn an. Nach der ersten Enttäuschung (und oftmaligem Hören des Soundtracks) muss ich allerdings zugeben, dass er so übel gar nicht ist. Neben dem Mangel an Kontinuität ist das Hauptproblem, dass Desplats Arbeit zu dezent ist, vor allem im Film ist die Musik zu leise abgemischt.
Interessanterweise bewegt sich Desplat stilistisch ziemlich genau zwischen Williams und Hooper. In den ruhigeren Momenten erinnert die Musik wegen der mitunter zurückhaltenden Orchestrierung recht stark an Hooper (Detonators ist ein gutes Beispiel), während es die eine oder andere blächbläserlastige und hektische Actionszene gibt, die einen Williams’schen Touch hat – vor allem Sky Battle und Destroying the Locket sind hier zu nennen. Möglicherweise hängt dies mit Orchestrierer Conrad Pope zusammen, der schon oft mit Williams zusammenarbeitete.
Aus narrativer und leitmotivischer Sicht ist „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 1“ sehr viel interessanter als Hoopers und Doyles Arbeiten, dafür besitzt er allerdings weitaus weniger einprägsame Melodien. Hedwigs Thema tritt eher als Randerscheinung bzw. Nostalgiethema auf. Dominiert wird der Film, ähnlich wie „Der Feuerkelch“, von einem positiven und einem negativen Thema. Ein neues Thema für Voldemort und die Todesser ist in Snape to Malfoy Manor in aller Pracht zu hören und kommt auch, unter anderem, in Sky Battle und Death Eaters vor. Mir persönlich gefällt dieses Thema für den Dunklen Lord besser als Patrick Doyles, allerdings bleibt es hinter Williams‘ Ideen für Voldemort zurück. Das Thema ist recht schleichend, gerade in diesem Film wäre allerdings etwas mit mehr Bombast wünschenswert gewesen, immerhin ist Voldemort auf der Höhe seiner Macht.
Das positive Thema gilt dieses Mal nicht nur Harry allein, sondern dem ganzen Trio, und wird nach dem Track, in dem es debütiert, als Obliviate-Thema bezeichnet. Es steht nicht nur für das Trio an sich, sondern auch für das nötige Erwachsenwerden, und ist deshalb auch keine heroische, sondern eine eher zurückhaltende und sehnsüchtige Melodie. Aufgrund der Tatsache, dass es ein recht simples Motiv ist, ist es ziemlich oft zu hören und wird des Öfteren in Stücke eingewoben (Dobby, Ron Leaves, Hermione‘s Parents).
Daneben gibt es noch einige wirklich gelungene sekundäre Themen, die für eine gelungene Leitmotivstruktur sorgen, das (von Desplat selbst so genannte) Band-of-Brothers-Thema etwa, das für Harrys Verbündete und den Orden des Phönix steht (Polyjuice Potion, At the Burrow), das Horkrux-Thema (The Locket) oder das Thema der Heiligtümer des Todes (The Deathly Hallows). Darüber hinaus gibt es noch einige szenenspezifische Themen ohne leitmotivische Funktion (möglicherweise auch, weil das, was sie beschreiben, nur in einer Szene vorkommt), etwa in Ministy of Magic, Dobby und Farewell to Dobby (Letzteres wird auch in „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2“ verwendet).
Erstmalig gibt es zu diesem Soundtrack eine Special Edition mit sechs Bonusstücken, die Anschaffung lohnt sich allerdings nicht wirklich. Bei Voldemort handelt es sich um extrem dezentes Underscoring, aus dem am Ende das Voldemort/Todesser-Thema erwächst (gehört zur Todesserbesprechung zu Beginn des Films). Grimmauld Place (untermalt die Ankunft des Trios an selbigem) hat eine weitere, recht harsche Variation des Obliviate-Themas zu bieten (zusätzlich zu weiterem uninteressantem Underscoring). The Dumbledores gehört zur Tantchen-Muriel-Szene und enthält Andeutungen auf das Heiligtümer-Thema und eine weitere Obliviate-Variation, The Tale of the Three Brothers untermalt das animierte Märchen und ist ziemlich langweilig, während Bellatrix mehr Actionmusik im Stil von Rescuing Hermione enthält. My Love Is Always There schließlich ist das Kirchenlied, das Harry und Hermine in Godric’s Hollow hören.
Fazit: Alexandre Desplats Musik für „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 1“ ist bezüglich der leitmotivischen Kontinuität eine herbe Enttäuschung, für sich betrachtet allerdings ein durchaus interessantes Werk, dessen narrative Struktur weitaus ansprechender ist als bei den drei Vorgängern.

Siehe auch:
Hedwigs Thema
Harry Potter und der Stein der Weisen – Soundtrack
Harry Potter und die Kammer des Schreckens – Soundtrack
Harry Potter und der Gefangene von Askaban – Soundtrack
Harry Potter und der Feuerkelch – Soundtrack
Harry Potter und der Orden des Phönix – Soundtrack
Harry Potter und der Halbblutprinz – Soundtrack
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2 – Soundtrack