Dune: Part Two – Ausführliche Rezension

Spoiler!

Wir sind zurück in der Wüste. Während „Dune: Part One“ unter verhältnismäßig schlechten Vorzeichen startete (Pandemie, gleichzeitige Veröffentlichung auf HBO Max etc.), trifft das auf „Dune: Part Two“ nicht zu. Und siehe da, bereits am ersten Wochenende hat das Sequel doppelt so viel eingespielt wie der Vorgänger im selben Zeitraum, Tendenz steigend. Auch die Kritiken überschlagen sich regelrecht. Ist „Dune: Part Two“ das „Empire Strikes Back“ dieser Filmreihe, wie Chris Nolan meint? Könnte eine potentielle Dune-Trilogie DAS filmische Epos der 2020er werden, wie es die LotR-Trilogie in den Nuller-Jahren war? Mal schauen, ob wir darauf eine Antwort finden…

Handlung
Nachdem die Harkonnen Arrakeen, die Hauptstadt des Wüstenplaneten Arrakis, erfolgreich erobert haben, mussten Paul Atreides (Timothée Chalamet) und seine Mutter Lady Jessica (Rebecca Ferguson) in die Wüste fliehen, wo sie nun von den Fremen zumindest vorläufig akzeptiert werden. Während Paul der jungen Fremen Chani (Zendaya), die er bereits auf Caladan in Visionen sah, näherkommt, beginnen immer mehr Fremen, in Paul den Lisan al-Gaib, ihren Messias zu sehen. Besonders Stilgar (Javier Bardem) scheint diesem Glauben anzuhängen. Ihm gelingt es außerdem, Lady Jessica dazu zu überreden, die neue „Ehrwürdige Mutter“ der Fremen zu werden, da die ihre Vorgängerin im Sterben liegt. Jessica trinkt das Wasser des Lebens, was zur Folge hat, dass ihre ungeborene Tochter bereits im Mutterleib zu vollem Bewusstsein gelangt. Paul will derweil nicht allzu viel von seiner potentiellen Bestimmung als Messias wissen, hat er doch in Visionen gesehen, dass er einen gewaltigen Krieg mit unzähligen Toten entfesseln wird. Stattdessen will er „nur“ an der Seite der Fremen gegen die Harkonnen kämpfen und ihre Lebensart erlernen. Und tatsächlich führen Paul und die Fremen erfolgreiche Angriffe auf und bringen die Spice-Produktion in Verzug. Das hat Folgen für Glossu Rabban (Dave Bautista), Neffe des Baron Harkonnen (Stellan Skarsgård) und aktueller Verwalter von Arrakis: An seiner Statt soll nun Feyd-Rautha (Austin Butler), Rabbans jüngerer Bruder, die Dinge auf Arrakis richten. Paul und die Fremen gehen in ihrer Offensive derweil immer weiter, Paul schickt gar eine Nachricht an den Imperator (Christopher Walken), um diesen nach Arrakis zu locken. Nachdem er auch er das Wasser des Lebens getrunken hat, beginnt er sich in seine messianische Rolle zu fügen und bereitet sich mit seinem Gefolge auf den finalen Angriff vor…

Art of Adaptation
An der Handlungszusammenfassung zeigt sich: Denis Villeneuve und Jon Spaihts, der mit Villeneuve zusammen das Drehbuch verfasste, machen keine Gefangenen. Zwar ist Prinzessin Irulan (Florence Pugh) am Anfang des Films so freundlich, einige Elemente des ersten Teils kurz zusammenzufassen, aber davon abgesehen geht Villeneuve davon aus, dass sein Publikum den ersten Film nicht nur gesehen, sondern fast schon verinnerlicht hat, denn allzu viel erklärt wird nicht mehr. Zugegeben, wer sich einen „Part Two“ anschaut, ohne „Part One“ gesehen zu haben, ist selbst schuld. Gerade das Worldbuilding, die Erschaffung der Welt Frank Herberts, war schließlich einer der Gründe, weshalb sich Villeneuve dafür entschied, den Roman in zwei Teilen zu verfilmen. Nachdem die Exposition, die Etablierung der Fraktionen etc. in Teil 1 abgehandelt wurde, kann er sich voll auf die Handlung, die Figuren und die Themen konzentrieren. Dass trotz der Zweiteilung gewisse Abstriche gemacht werden müssen, sollte trotzdem klar sein. Im Roman erforscht Herbert die Kultur der Fremen beispielsweise in noch deutlich größerem Ausmaß, während der Film diesbezüglich verhältnismäßig oberflächlich bleibt – derartige Auslassungen waren durchaus zu erwarten und überraschen nicht. Einig der anderen Änderungen stellen allerdings durchaus tiefergehende Einschnitte dar. Am markantesten fällt die zeitliche Abweichung aus. Bei Herbert leben Paul und Jessica gut zwei Jahre bei den Fremen, nicht nur kommt Pauls Schwester Alia in dieser Zeit zur Welt, um im Finale den Baron höchstpersönlich zu töten, Paul selbst hat einen Sohn mit Chani, der das Ende des Romans allerdings nicht überlebt. Im Film hingegen sind es weniger als neun Monate, da sich Alia am Ende des Films nach wie vor im Mutterleib befindet. Dementsprechend fällt auch Pauls Sohn der Schere zum Opfer.

Auch im Figurenbereich finden sich einige Änderungen, manche davon bereits in „Part One“ etabliert. Generell scheint mir, dass Denis Villeneuve für die Antagonisten der Geschichte nicht allzu viel übrig hat. Gerade Vladimir Harkonnen ist im Roman sowohl deutlich präsenter als auch extrovertierter mit einer Vorliebe für große Ansprachen; zudem gibt er sich bei all seiner Grausamkeit und seinem Sadismus sehr jovial. Villeneuve und Darsteller Stellan Skarsgård gestalten „ihren“ Baron hingegen deutlich mysteriöser, enigmatischer und wortkarger – explizites Vorbild ist Colonel Kurtz aus „Apocalpyse Now“. Zudem kürzen sie des Barons unangenehme Tendenz zur Pädophilie, ließen aber auch seine Motivation größtenteils im Dunkeln. Feyd-Rautha wurde im ersten Film völlig ausgespart, bekommt nun aber etwas mehr Zeit gewidmet als sein Onkel, nicht zuletzt bedingt durch seine Einführung in der Gladiatorenarena von Giedi Prime. Allerdings beschleicht mich der Verdacht, dass es Villeneuve hier weniger um den Charakter als vielmehr um die Optik geht, was man ihm allerdings kaum verübeln kann, ist besagte Szene doch visuell eine der imposantesten des Films. Feyd-Rautha ist in jedem Fall der prominenteste Harkonnen-Charakter und fungiert, ganz wie im Roman, als finsteres Spiegelbild Pauls – auch er ist Ergebnis des Bene-Gesserit-Zuchtprogramms, auch er muss sich dem Gom-Jabbar-Test unterziehen und zudem plant Baron Harkonnen, ihn mit Prinzessin Irulan zu verheiraten. Immerhin ist die Filminkarnation trotz ihres psychotischen Verhaltens etwas ehrenvoller als das Buchgegenstück und weiß einen guten und fairen Kampf zu schätzen. Eine amüsante Beobachtung nebenbei: Sowohl in David Lynchs Versions der Geschichte als auch in den beiden Villeneuve-Filmen haben die Harkonnen immer einheitliche Frisuren, bei Lynch sind sie alle rothaarig und bei Villeneuve kahl. Ironischerweise ist Feyd-Rautha der Einzige der Harkonnen, dessen Haare im Roman beschrieben werden, dort ist er weder ein Rotschopf noch ein Glatzkopf, sondern dunkelhaarig.

Ganz ähnlich wie den Harkonnen ergeht es auch dem Padishah-Imperator Shaddam Corrino IV. Der von Christopher Walken gespielte Herrscher des bekannten Universums bekommt kaum Leinwandzeit, um als Charakter definiert zu werden und agiert quasi ausschließlich als zu beseitigende Instanz. Zudem finde ich, dass Villeneuve sich hier so ziemlich den einzigen Patzer beim Casting erlaubt hat. Nichts gegen Christopher Walken, aber in dieser Rolle funktioniert er für mich einfach nicht. Es sollte vielleicht noch erwähnt werden, dass der Imperator zwar ähnlich alt wie Walken ist, aber durch Spice-Konsum deutlich jünger aussieht. Auch Shaddams Tochter Irulan wird in ihrer Rolle reduziert, zwar kommt sie im Roman ähnlich häufig vor wie im Film, allerdings ist fast jedem Kapitel ein Zitat ihres Geschichtswerks vorangestellt, sodass sie von Anfang an eine gewisse Präsenz erhält, lange bevor man sie als Leser tatsächlich „trifft“. An ihrer statt darf, vor allem zu Beginn des ersten Films, Chani die Rolle der Erzählerin einnehmen. Und damit wären wir auch schon bei der größten Charakteränderung, denn im Roman kommt von Chani keine Opposition bezüglich Pauls Rolle als Messias und sie macht sich am Ende auch nicht auf eigene Faust auf den Weg. Nebenbei bemerkt: Das könnte Zendayas bisher beste Performance sein. Ebenso ist die Teilung in nördliche und südliche Fremen, wobei Letztere äußerst fundamentalistisch sind, ein Element, das sich bei Herbert nicht findet.

Totale Immersion
Immersion in die erzählte Welt von „Dune“ scheint Denis Villeneuves oberstes Ziel zu sein. Man ist fast geneigt, Richard Wagners Begriff des „Gesamtkunstwerks“ heranzuziehen. Diese Immersionsbestrebungen lassen sich in jedem von Villeneuves Sci-Fi-Filmen feststellen und erfahren von Film zu Film eine Steigerung. Bei „Dune: Part Two“ haben sie ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Jeder Aspekt, vom Produktionsdesign, den Kostümen, den Sets, den visuellen Effekten, dem Sounddesign und natürlich der Musik (hierzu später mehr) arbeiten auf dieses Zielt hin. Ein besonders essentieller Aspekt dabei ist die Gestaltung der Planeten. Die beiden Dune-Filme zeigen, etwa im Vergleich zum typischen Star-Wars-Film, relativ wenig unterschiedliche Planeten, neben dem titelgebenden Wüstenplaneten sind das primär Caladan im ersten Film und Giedi Prime, aber diese sind derart distinktiv, dass man augenblicklich weiß, wo man sich befindet. Gerade Star Wars könnte sich diesbezüglich eine ordentliche Scheibe abschneiden. In „Ahsoka“ wird erstmals mit Peridea ein außergalaktischer Planet gezeigt, der aber alles in allem ziemlich langweilig ausfällt und sich kaum von Planeten in der regulären Star-Wars-Galaxie unterscheidet. Im Vergleich dazu wirkt Giedi Prime, von dem es im ersten Film nur einen sehr flüchtigen Eindruck gab, mit der durch die andersartige Sonne des Planeten ausgelösten Schwarz-Weiß-Optik fremdartig und verstörend. Zudem dient die Optik ihrer Welt dazu, den Baron und die Seinen weiter zu charakterisieren. Der Planet ist zugleich Spiegelung als auch Ursache des mentalen Zustands der Harkonnen.

Dennoch verkommt „Dune: Part Two“ nie zu „style over substance“, da die visuellen Aspekte und die Immersionsbemühungen stets dazu dienen, die Geschichte zu erzählen und die Themen zu verdeutlichen. Die von Frank Herbert geschilderte Welt ist komplex und voller fremdartiger, erklärungsbedürftiger Konzepte. In „Dune: Part One“ spürte man ein wenig, wie der Regisseur damit haderte, einerseits die Welt des Films zu erklären, das Ganze aber andererseits nicht zu expositionslastig zu gestalten. Nachdem „Part One“ die Vorarbeit geleistet hat, kann Villeneuve viele dieser Elemente auf die visuelle Ebene verschieben. Das fällt oftmals nicht allzu subtil aus – der immer restriktiver werdende Kopfschmuck von Prinzessin Irulan zeigt relativ eindeutig, dass sie eine Gefangene ihrer Stellung ist, ohne dass das im Dialog breitgetreten werden müsste. In der finalen Szene des Films trägt sie gar etwas, das an eine filigrane und sehr teure Version der Hannibal-Lecter-Maske erinnert, was einen Ausblick auf ihre Zukunft als Ehefrau von Paul Atreides gibt. Dennoch: Es funktioniert und befreit Villeneuve, der ohnehin kein Freund von Dialogen ist, davon, noch mehr zu erklären als unbedingt nötig ist.

Der Erfolg dieses Konzepts – der Erfolg von „Dune: Part Two“ – untermauert nur noch einmal die aktuell überdeutliche Tendenz: Das Kinopublikum ist wählerisch geworden und lässt sich nicht mehr von Filmen überzeugen, die von Komitees glattgebügelt und auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert wurden. Die großen erfolgreichen Filme dieses und des letzten Jahres wie „Barbie“, „Oppenheimer“ oder eben „Dune: Part Two“ sind Filme, die von der Handschrift des Regisseurs geprägt sind und die einer Vision folgen. Der eine MCU-Film des Jahres 2023, der nicht floppte, war „Guardians of the Galaxy Vol. 3“, bei dem James Gunn mehr oder weniger machen konnte, was er wollte und der aus diesem Grund von den Manierismen des Regisseurs noch deutlicher geprägt ist als die ersten beiden Guardians-Filme. Derweil erleiden Filme, die von Studio- und Produzenteneinmischung nachhaltig geprägt sind oder nur aus Lizenzgründen gedreht wurden, massiv Schiffbruch – Sonys „Madame Web“ ist nur das jüngste Beispiel. Ich persönliche begrüße diesen Trend und hoffe, dass die Studios endlich einmal die richtige Lehre aus den Flops der letzten Jahre ziehen.

The Chosen One
Es soll Menschen geben, die Paul Verhoevens „Starship Troopers“ immer noch für faschistische Propaganda statt für eine subversive Satire halten. Ebenso gibt es Leser und Zuschauer, die glauben, bei Paul Atreides handle es sich um eine typische Außererwählten-Erzählung, die die Stationen der Campbell’schen Heldenreise brav abarbeitet. Diese Auslegung seines Romans machte bereits Herbert ziemlich wütend und ist der primäre Grund dafür, weshalb er überhaupt die Fortsetzung „Dune Messiah“ schrieb, in der er, für alle, denen der erste Dune-Roman zu subtil war, überdeutlich machte, dass der Kwisatz Haderach eben kein strahlender Held, sondern ein Antiheld ist, der das Blut von Milliarden an den Händen hat. Charismatischen Anführern im Allgemeinen und dem Messias-Konzept im Besonderen stand Herbert sehr kritisch, wenn nicht gar ablehnend gegenüber. Dieser Aspekt war in „Dune: Part One“ definitiv schon vorhanden, Villeneuve arbeitet ihn im Sequel allerdings noch einmal weitaus deutlicher hervor und bringt bereits diverse Elemente aus „Dune Messiah“ mit ein, nicht zuletzt durch die Veränderung von Chanis Charakter. Aber auch die Art und Weise, wie Paul sich den Glauben bzw. den Fundamentalismus der Fremen zu nutze macht und ihn weiter anstachelt, spricht eine eindeutige Sprache. „Dune: Part Two“ zeigt, nicht zuletzt dank Timothée Chalamets exzellentem Spiel, die faszinierende Charakterentwicklung eines jungen Mannes vom unwilligen Messias zum rücksichtslosen Kriegsführer und Herrscher.

Die eng mit der Außerwählten-Thematik verknüpften religiösen Elemente in „Dune“ sprechen diesbezüglich ebenfalls eine relativ eindeutige Sprache. Allgemein spielt Religion eine sehr wichtige Rolle, wobei es weniger um tatsächlich Theologie, Mythologie oder sonstige religiöse Inhalte geht. Stattdessen findet die Auseinandersetzung auf einer stärker abstrahierten, systemischen Ebene ab. Aus dem ersten Dune-Roman, speziell einem der Anhänge, erfahren wir, dass sich diverse Glaubenssysteme der Erde wild miteinander vermischt und dann wieder aufgespalten haben, Beispiele sind etwa der Buddislam oder das Navachristentum. Der zentrale religiöse Text des Imperiums ist die Orange-Katholische Bibel, die eine weitere Vermischung impliziert: In Irland ist Orange die Farbe der Protestanten, also handelt es sich theoretisch hierbei um eine protestantisch-katholische Bibel. Das alles ist aber verhältnismäßig irrelevant und eher Dekoration, weshalb Villeneuve sich damit gar nicht groß befasst. Viel wichtiger ist die Art und Weise, wie Religion als Machtinstrument benutzt wird. Die Bene Gesserit sind die Hauptverantwortlichen, schleusen ihre Agentinnen überall ein, verheiraten sie mit mächtigen und einflussreichen Adeligen und schmieden weitere Ehebündnisse, um mit einem Jahrhunderte andauernden Zuchtprogramm ihren Messias, den Kwisatz Haderach, zu erschaffen. Zudem beeinflussen die Bene Gesserit diverse planetare Kulturen, ihre Agentinnen arbeiten überall daran, Messias-Mythen zu verbreiten, etwa das Kommen des Lisan al-Gaib auf Arrakis. Dabei handelt es sich oft um eine Art Notfallplan, auf den die Bene Gesserit zurückgreifen können, sollten sie in Bedrängnis geraten – und genau das ist es ja auch, was Jessica und Paul letzten Endes auf Arrakis tun.

Angesichts der Thematik, Frank Herberts eigener Einstellung und den Änderungen am Finale – von der Rezeption und dem Einspielergebnis gar nicht erst zu sprechen – lautet die Frage nicht, ob ein dritter Film kommt, sondern eher wann. Tatsächlich denke ich, dass diese Anpassungen, die Villeneuve und Spaihts vorgenommen haben, bereits einen Eindruck davon geben, wie sie „Dune Messiah“ adaptieren werden. Der zweite Roman der Reihe (und neben dem Erstling der einzige, den ich bislang gelesen bzw. als Hörbuch konsumiert habe) ist zwar der kürzeste, gilt vielen Fans allerdings auch als der schwächste, mitunter gerade weil er sich eher liest wie eine Art Epilog des Vorgängers. Zudem besteht „Dune Messiah“ gefühlt primär aus Erbfolgekonferenzen, offiziellen wie inoffiziellen, und ist mitunter äußerst trocken. Nach „Dune“ macht die Handlung einen Sprung in die Zukunft, zwölf Jahre, nachdem Paul Muad’Dib die Herrschaft über das Imperium übernommen hat, hat der Dschihad (ein Wort, das die beiden Filme tunlichst vermeiden) der Fremen im Namen des Lisan al-Gaib viele Welten überrannt und viele Milliarden Leben gekostet. Die genauen Abläufe, die Gegner der Fremen etc. bleiben eher vage, allerdings gehören die Sardauker, sich widersetzende große Häuser, übrigbleibende Corrino-Loyalisten sowie sonstige Rebellen und religiöse Abweichler dazu. Am Ende von „Dune: Part Two“ zeichnet sich dieser Krieg bereits ab, zwar hat Paul Shaddam zur Abdankung gezwungen, die großen Häuser wurden vom Baron Harkonnen allerdings hinzugerufen und sind nicht bereit, sich dem Usurpator zu unterwerfen. Diese unmittelbare Bedrohung nach der Thronbesteigung fehlt bei Herbert. Nebenbei bemerkt, neben dem Casting Christopher Walkens und dem antagonistischen Mangel ist mein zweiter Hauptkritikpunkt an diesem Film, dass die finale Schlacht ein wenig zu schnell und einfach abgehandelt wird und sich der Sieg über die Harkonnen- und Corrino-Streitkräfte doch ein wenig zu gefällig anfühlt. Wie dem auch sei, ich denke, Villeneuve wird hier wahrscheinlich abermals einen größeren Zeitsprung vermeiden und den Krieg der Fremen gegen die großen Häuser deutlich aktiver zeigen, als das in „Dune Messiah“ der Fall ist. Dadurch wird die eigentliche Botschaft wahrscheinlich besser vermittelt als durch die Erbfolgekonferenzen des Romans, die bezüglich Visualität und Spektakel einfach nicht allzu viel hergeben.

Wüstenklänge

Der Score von Hans Zimmer und seinem Team spielt bei der immersiven Natur des Films eine wichtige Rolle, lässt mich persönlich aber äußerst zwiegespalten zurück. Es dürfte kaum verwundern, dass Zimmer nahtlos an den Vorgänger anknüpft. Das traditionelle Orchester ist so gut wie völlig abwesend, stattdessen bedient er sich vieler elektronischer und synthetischer Elemente, kombiniert mit diversen, oft ethnischen Soloinstrumenten wie dem Duduk, Frauenchören und, interessanterweise, einer erhöhten Präsenz der E-Gitarre. Ähnlich wie Chris Nolan gehört auch Denis Villeneuve zu den Regisseuren, die es bevorzugen, wenn die Filmmusik nicht allzu musikalisch klingt, sondern oft mit dem Sounddesign verschmilzt, was hier zweifellos der Fall ist. Wie schon „Dune: Part One“ verfügt auch „Dune: Part Two“ über eine völlig einnehmende Soundpalette, die einen mit tiefen Bässen regelrecht in den Kinosessel presst und die Immersion so fast perfektioniert. Allerdings ist der Score meinem Empfinden nach deutlich weniger innovativ, als viele ihn wahrnehmen. In vielerlei Hinsicht entspricht er genau der musikalischen Ästhetik, die Zimmer in den 2010er-Jahren immer weiter ausgebaut hat. Wie schon im ersten Teil finden sich auch hier einige wirklich aggressive, an Selbstparodie grenzende Zimmerismen, die die Immersion zumindest für mich dann wieder mindert. Einige der interessantesten Elemente des ersten Teils sind größtenteils verschwunden, dazu gehören unter anderem die aggressiv bellenden Bene-Gesserit-Chöre (weibliche Stimmen sind allerdings nach wie vor ein essentieller Bestandteil) sowie die diegetischen Dudelsäcke des Hauses Atreides. In mancher Hinsicht ist „Dune: Part Two“ allerdings bekömmlicher als sein Vorgänger, was nicht zuletzt am zumindest verhältnismäßig lyrischen und melodischen Paul/Chain-Liebesthema liegt, dass sich über den Verlauf entwickelt. Ebenfalls ordentlich entwickelt wird ein zentrales Motiv, das für mich immer das Kwisatz-Haderach-Thema war, oft aber auch als „Fremen War Cry“ bezeichnet wird. Nicht nur ist es äußerst präsent und gewinnt konstant an Kraft, zum Ende hin mutiert es sogar zum ziemlich rockigen E-Gitarren-Riff. Leider finden sich auch weiterhin längere Passagen, die einfach nur vor sich hindröhnen und schlicht keinen Mehrwert bieten. Lange Rede, kurze Sinn: Der Score von „Dune: Part Two“ fällt in etwa so aus, wie ich erwartet hatte. Im Film ist er meistens sehr effektiv, mitunter etwas nervig, losgelöst von den Bildern aber nicht zu empfehlen und für mich persönlich einfach nicht die Art von Filmscoring, die mich anspricht.

Fazit
Um zur eingangs gestellten Frage zurückzukehren: Ein endgültiges Urteil möchte ich noch nicht fällen, aber die Tendenz geht eindeutig in diese Richtung. Denis Villeneuve zeigte sich sehr geschmeichelt angesichts der Empire-Analogie, ich fühle mich gegenwärtig allerdings eher an „Batman Begins“ und „The Dark Knight“ erinnert. Während der erste Star-Wars-Film ein absoluter Publikumserfolg war, wurde „Batman Begins“ zuerst verhaltener aufgenommen, erst mit „The Dark Knight“ brach der Damm. Das scheint gerade ähnlich zu sein. Ich bin sicher, dass absolute Fans der Vorlage und Herbert-Puristen einiges an „Dune: Part Two“ auszusetzen finden, gerade bezüglich der Änderungen und Auslassungen, mich persönlich haben diese allerdings kaum gestört. „Dune: Part Two“ ist eine beeindruckende Errungenschaft, einer der immersivsten Filme der letzten Jahre, der seinen Vorgänger noch übertrifft, aber seine volle Wirkung nur mit diesem zusammen entfaltet. Den Widersachern der Atreides hätte etwas mehr Leinwandzeit gutgetan, Christopher Walken will als Imperator nicht so recht funktionieren und der Ausgang der finalen Schlacht ist ein wenig zu einfach geraten, aber das alles ist Kritik auf allerhöchstem Niveau. Jeder andere Aspekt der Produktion ist vollauf gelungen. Dieser Film sollte unbedingt im Kino erlebt werden.

Siehe auch:
Dune: Part One
Arrival
Blade Runner 2049 – Ausführliche Rezension

2 Gedanken zu “Dune: Part Two – Ausführliche Rezension

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