Zeit, mal wieder die Artikelreihe „Stück der Woche“ auszugraben, und wo ließe sich besser anknüpfen als dort, wo ich bei Howard Shores Hobbit-Musik aufgehört habe. Roast Mutton ist ein besonders interessantes Stück, weil es von ihm im Grunde drei verschiedene Versionen gibt. Bei allen drei Hobbit-Scores gab es jeweils eine Standard und eine Deluxe-Edition, wobei sich letztere nicht wirklich groß von Ersterer Unterschied. Alle Deluxe-Editionen hatten jeweils noch ein paar Bonus-Tracks und einige erweiterte Stücke.
Roast Mutton gehört laut Index des Albums zu besagten erweiterten Stücken, ist aber tatsächlich nicht nur erweitert, sondern eine Alternativversion. Zumindest am Anfang sind beide Versionen noch ziemlich identisch. Es beginnt mit dem ballettartigen Trollthema, das bereits in The Trollshaws vorgestellt wurde, in das sich immer wieder „Bilbos Fussy Theme“ mischt, welches die Ponybefreiungsversuche des Protagonisten untermalt. Schließlich wird er gefangen und die Situation spitzt sich musikalisch zu, bis Kíli auftaucht und von den Trollen verlangt, Bilbo fallenzulassen, was von heroisch ansteigenden Blechbläsern begleitet wird. Kurz darauf stürzt der Rest der Gemeinschaft aus dem Unterholz und greift die Trolle an, und genau an dieser Stelle unterscheiden sich die Standard- und Deluxe-Version des Stückes signifikant. In der Standard-Version erklingen ab 2:21 zwei kurz aufeinander folgende, sehr dynamische Action-Variationen des Misty-Mountains-Themas mit vollem Blechbläsereinsatz. In der erweiterten Fassung ist besagtes Thema dagegen nur einmal zu hören, und das weder besonders actionreich noch besonders dynamisch; es klingt als würde hier nur eine einzelnen, etwas müde Posaune spielen (2:24). Im Kontext der Szene passt diese Version eigentlich sogar besser, da dies nun wirklich nicht die heldenhafteste Stunde der Gemeinschaft ist und sich die rasanteren Versionen in Orkstadt besser machen (ich ärgere mich bis heute, dass es beide Orkstadtversionen des Misty-Mountains-Themas nicht auf das Album geschafft haben). Wie dem auch sei, betrachtet man Roast Mutton vom Filmkontext losgelöst, wirken die beiden dynamischen Variationen homogener, nach dem Aufbau wirkt die Einzelposaune geradezu antiklimatisch. Die Standardversion endet dann mit einem Statement von Gandalfs Thema, während in der Deluxe-Version noch mehr dissonante Action mit aleatorischen Belchbläserpassagen folgt. Bei 3:06 erklingt ein Fragment des Erebor-Themas, Gandalfs Thema folgt bei 3:57 und nochmal bei 4:45, während dazwischen Bilbos Versuche, die Trolle zu verwirren, mit den für die Auenlandmusik typischen Flöten untermalt wird.
Die oben erwähnte dritte Version von Roast Mutton ist diejenige, die tatsächlich im Film gelandet ist und sich aus den ersten beiden zusammensetzt. In der Szene selbst erklingen sowohl die beiden dynamischen Misty-Mountains-Variationen als auch das verlängerte Ende des Stückes. Darüber hinaus sind die Musikschnitte gerade hier ziemlich offensichtlich, was vermuten lässt, dass diese Szene während der Postproduktion mehrmals umgeschnitten und eventuell verlängert wurde.
Siehe auch:
My Dear Frodo
A Very Respectable Hobbit
Axe or Sword?
The World Is Ahead
An Ancient Enemy