Story: Nach seiner Niederlage und dem darauffolgenden Sturz durch ein Dimensionsloch kehrt Loki (Tom Hiddleston) auf die Erde zurück. Zuvor hat er allerdings ein Bündnis mit den Chitauri, einer Alienrasse, geschlossen, die den Tesserakt, eine unendliche Energiequelle, erringen will. Loki schafft es schließlich, den Tesserakt unter seine Kontrolle zu bringen und arbeitet daran, die Invasion der Erde vorzubereiten.
Zu ihrer Verteidigung sieht sich S.H.I.E.L.D-Direktor Nick Fury (Samuel L. Jackson) gezwungen, die Avengers-Initiative wieder ins Lebens zu rufen. Zur Rettung der Erde werden u.a. Tony Stark/Iron Man (Robert Downey jr.), Bruce Banner/Hulk (Mark Ruffalo), Steve Rogers/Captain America (Chris Evans), Natasha Romanoff/Black Widow (Scarlett Johannson) und der Donnergott Thor herangezogen. Und tatsächlich gelingt es dem Team, Loki zu fangen – doch wo sich große Helden versammeln, kollabieren irgendwann die Egos, etwas, das sich der Gott von List und Trug selbstverständlich zunutze macht…
Kritik: Es gibt Jahre, in denen einfach nichts Besonderes im Kino läuft. Natürlich, der eine oder andere interessante Film kommt immer, allerdings findet man sich schließlich an Silvester wieder und überlegt, was das Kinojahr eigentlich gebracht hat. Und dann gibt es Jahre wie 2012, in dem nicht nur ein richtig großer Film anläuft, sondern gleich drei. „The Avengers“ ist der erste dieser drei Filme. Das Besondere an diesem Streifen ist, dass es sich dabei um den ersten Crossover-Superheldenfilm handelt. Natürlich, Filme über Superheldenteams, etwa die fünf X-Men-Filme oder die beiden Fantastic-Four-Streifen, gab es schon zuvor, aber die Heldenteams dieser Filme treten (bzw. traten ursprünglich) stets als Team auf. „The Avengers“ ist der erste filmische Versuch, den Weg der Comics nachzugehen, die Helden einzeln zu etablieren und sie dann aufeinandertreffen zu lassen. Wenn man bedenkt, dass diese Praxis schon seit den 1940ern in den Comics Gang und Gebe ist, hat es ziemlich lange gedauert, bis das auch auf der großen Leinwand umgesetzt wurde. Da diese Rezension sowieso Überlänge haben wird, können wir das Ganze auch noch ein wenig ausführlicher gestalten und die Schritte, die zu diesem Film führten, rekapitulieren.
Zwar waren es die Helden von DC-Comics (vornehmlich Superman und Batman), die die ersten „Superheldenblockbuster“ stemmten, für den aktuell immer noch anhaltenden Boom der Comicverfilmungen zeichnete sich allerdings der Konkurrenzverlag Marvel verantwortlich. Zu Beginn verkaufte Marvel jedoch lediglich die Lizenzen seiner Helden an verschiedene Studios, was zu mehr („X-Men“, „Spider-Man“) oder weniger („Daredevil“, „Hulk“) erfolgreichen und werkgetreuen Adaptionen führte. Jedoch fühlte sich Marvel mit dieser Vorgehensweise immer unwohler, vor allem, da die finanzielle Beteiligung in den Augen des Verlags zu gering ausfiel. Also beschloss man, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und schickte mit „Iron Man“ und „Der unglaubliche Hulk“ die ersten beiden selbstproduzierten Adaptionen ins Rennen. Und vor allem „Iron Man“ erwies sich als durchschlagender Erfolg. Beide Filme enthielten bereits Hinweise auf das kommende Superheldenzusammentreffen, das mit den nächsten drei weiter vorbereitet wurde. „Iron Man 2“ führte einige wichtige Figuren ein, unter anderem Natasha Romanoff alias Black Widow und natürlich Nick Fury, der in „Iron Man“ bereits einen Cameo-Auftritt absolvierte, „Thor“ lieferte mit Loki den Schurken und „Captain America“ schließlich das MacGuffin in Form des Tesserakt (hin und wieder auch als „Kosmischer Würfel“ bezeichnet). In „The Avengers“ laufen nun schließlich die Fäden zusammen. Und, um es knapp auszudrücken: Das Experiment funktioniert. Die fünf „Einführungsfilme“, die den Zuschauern das Personal bereits vorstellten, machen sich bezahlt. Das hat natürlich zur Folge, dass ein direktes Herangehen an diesen Film etwas schwierig ist, da sich Regisseur und Drehbuchautor Joss Whedon verständlicherweise nicht noch einmal die Mühe macht, alle Figuren einzuführen.
Kommen wir nun zum eigentlichen Film. Besagter Regisseur, der u.a. für Fernsehserien wie „Buffy“ und „Firefly“ verantwortlich ist, erwies sich als ausgesprochen gute Wahl, da er durch dies Projekte mit einem Ensemble-Cast umzugehen weiß. Bei einem Unterfangen wie diesem kann es schnell geschehen, dass manche Helden vernachlässigt werden, überflüssig erscheinen oder ähnliches. Selbst im sehr gelungenen „X-Men“ war dies der Fall: Wolverine und Rogue stehen dort eindeutig im Vordergrund, während andere Mutanten wie Storm oder Cyclops ein wenig an den Rand gedrängt werden. Whedon schafft es jedoch erfolgreich, jedem der Teammitglieder einen fairen Anteil zu verschaffen – niemand wirkt überflüssig oder fehl am Platz, alle sind nötig, um die Bedrohung ausschalten zu können. Dabei wird auf die vorhergegangene Charakterisierung stark eingegangen und aufgebaut. Tony Stark etwa, der zu Beginn von „Iron Man“ ein absoluter Egomane war und sich im Verlauf seiner beiden Filme langsam zum Positiven entwickelte, nimmt nun auf glaubwürdige Weise endgültig heroische Züge an, ohne jedoch sein loses Mundwerk und seine zynischen Sprüche aufzugeben. Auch Bruce Banner entwickelt sich und lernt, den Hulk als Teil seiner selbst zu akzeptieren – in der Tat macht jeder der Helden eine kleinere oder größere Entwicklung durch, die gut in die Gesamthandlung eingewoben wird. Letztendlich geht es natürlich um die Teamfähigkeit: Die einzelnen Helden lernen, aufeinander einzugehen, zusammenzuarbeiten und das eigene Ego zurückzustellen, um Erfolgreich zu sein. Mit zu den amüsantesten Stellen des Films zählt natürlich die in einem solchen Unterfangen unvermeidliche Konfrontation der Figuren, sei sie verbal oder körperlich. Insbesondere Robert Downey jr. bzw. Tony Stark sticht dabei besonders hervor (wer hätte es auch anders erwartet): Der Eiserne darf sich nicht nur mit jedem der Avengers ein extrem amüsantes Wortgefecht liefern, sondern sogar mit Loki höchst selbst.
Dass die Figuren und die Chemie zwischen ihnen funktioniert, hängt natürlich auch mit den Schauspielern zusammen, die allesamt hervorragende Arbeit abliefern. Eigentlich alle wichtigen Figuren tauchten in den ersten fünf Filmen des „Marvel Cinematic Universe“ bereits auf und können so gekonnt an ihre vorherige Performance anknüpfen. Die einzige Ausnahme ist Mark Ruffalo – in „Der unglaubliche Hulk“ spielte Edward Norton noch die Titelrolle. Ruffalo spielt allerdings wirklich hervorragend, vermittelt sowohl Genie als auch Verletzlichkeit seiner Figur glaubhaft und ist inzwischen zu meinem Lieblings-Bruce-Banner geworden.
Die Figur, die sich zwischen den Filmen am stärksten entwickelt hat, ist eindeutig Loki. Tom Hiddleston selbst erklärt in einem Interview, dass Loki während seines Dimensionslochsturzes einiges gesehen hat und inzwischen ein wenig wahnsinniger ist. In der Tat erscheint Loki nicht mehr so sympathisch wie in „Thor“, sondern strahlt eine gefährlichere Aura aus.
Ein weiteres gelungenes Element, ohne das „The Avengers“ nicht funktioniert hätte, sind die Dialoge, die ebenfalls hervorragend sind; sie wirken zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt, sondern sind spritzig, humorvoll und helfen dabei, die Figuren passend zu charakterisieren.
Handlungstechnisch geht „The Avengers“, anders als bei der Konzeption des Films, keine großen Risiken ein: Die klassische drei-Akt-Struktur wird relativ genau befolgt, der Grundplot (Aliens greifen an, Superheldenteam wird versammelt, Team muss seine Differenzen aus dem Weg räumen, um die Bedrohung ausschalten zu können) findet sich vor allem im Comicbereich ziemlich häufig (und das nicht nur bei den Avengers). Allerdings kommt es hierbei in der Tat weniger auf das „Was“, sondern eher darauf, dass und wie es umgesetzt wird. Whedon bemüht sich, den leicht selbstironischen Grundton, der sich mehr oder weniger stark in allen Filmen des „Marvel Cinematic Universe“ findet, beizubehalten und trotz der beeindruckenden Actionsequenzen auch ruhigere Szenen einzubauen und die Charaktere nicht zu vernachlässigen. Nicht zu Unrecht haben einige Kritiker geschrieben, dass man eine beeindruckende Materialschlacht á la Michael Bay auch mit interessanten und glaubhaften Figuren inszenieren kann, auch wenn besagte Figuren in etwas exzentrischen Kostümen bzw. Rüstungen herumlaufen oder grün sind.
Ein paar Kritikpunkte gibt es allerdings noch, die zwar nicht wirklich ins Gewicht fallen, aber dennoch zu erwähnen sind. Der erste: Captain Americas Kostüm. Steve Rogers Outfit in „Captain America: The First Avenger“ war ein wenig kitschig, aber im Großen und Ganzen doch gelungen und nicht zu albern. Das Kostüm in „The Avengers“ dagegen… Nun, sagen wir einfach, Strumpfhosen im Comic sind das eine, Stumpfhosen in der Verfilmung etwas ganz anderes. Ein wenig mehr in Richtung echte Soldatenkleidung wie in „The First Avenger“ wäre wünschenswert gewesen. Kritikpunkt Nummer 2: Am Ende wird Loki für meinen Geschmack ein wenig zu schnell abserviert. Glücklicherweise leidet „The Avengers“ nicht an der Schwäche, die die meisten anderen Filme des „Marvel Cinematic Universe“ plagt; die finale Actionszene ist absolut beeindruckend und atemberaubend – ich hätte mir nur gewünscht, dass Loki ein wenig mehr daran Teil hat. Und Kritikpunkt Nummer 3: Ein wenig mehr über die Chitauri wäre wünschenswert gewesen. Dieser letzte Kritikpunkt wird allerdings teilweise durch die obligatorische Post-Credits-Szene relativiert, die ziemlich klar macht, dass die Chitauri zurückkehren werden – begleitet von einem neuen Anführer, dessen Auftauchen in einem Realfilm mich hoffentlich für das bisherige Fehlen eines adäquaten Auftritts des finsteren Gottes Darkseid entschädigen wird.
In jedem Fall ist noch erwähnenswert, dass einige Szenen in Stuttgart spielen, in dessen direkter Umgebung ich wohne. Leider wurden besagte Szenen allerdings nicht hier gedreht, weshalb der Wiedererkennungswert etwas…gering war – den Schloßplatz hatte ich irgendwie anders in Erinnerung, insbesondere da ich an ihm vorbeigelaufen bin, um das Kino zu erreichen, in dem ich diesen Film gesehen habe. Aber vielleicht liegt’s auch an der alten Rechtschreibung.
Fazit: „The Avengers“ hat enorme Erwartungen geweckt und schafft es auch, ihnen gerecht zu werden. Joss Whedon hat es geschafft, ein bombastisches Stück Popcornkino mit interessanten Figuren und ein wenig Tiefgang abzuliefern, das in jeder Sekunde bestens unterhält und niemals langweilig wird. Mehr Sommerblockbuster müssten wie dieser sein.
Siehe auch:
Iron Man
Iron Man 2
Thor
Captain America: The First Avenger
Iron Man 3