The Flash – Ausführliche Rezension

Spoiler!
The_Flash_-_Title_Card
Was lange währt wird endlich… mäßig bis saumäßig? „The Flash“ ist mal wieder einer dieser Filme, dessen Produktionsgeschichte komplizierter und wendungsreicher ist als das, was es letztendlich auf die Leinwand geschafft hat. Angefangen bei ständig wechselnden Regisseuren, neuen Drehbüchern über durch Corona hervorgerufene Probleme bis hin zu den Skandalen um Ezra Miller und den Personalwechsel in der Führungsriege von Warner – „The Flash“ hat wirklich alles mitgenommen. Nachdem diverse Regisseure das Projekt stemmen sollten, dann aber wieder ausstiegen, war es schließlich Andy Muschietti, der mit „It: Chapter One“ eine verdammt gute Stephen-King-Adaption und mit „It: Chapter Two“ ein sehr enttäuschendes Sequel vorlegte, der „The Flash“ dann auch tatsächlich drehte. Das Endprodukt ist nicht, wie James Gunn, Tom Cruise oder Stephen King vollmundig verkündeten, einer der, wenn nicht gar DER beste DC-Film seit „The Dark Knight“, aber doch ein interessantes Studienobjekt, das an den Kinokassen gerade massiv Schiffbruch erleidet.

Handlung, Handwerk und andere Herausforderungen
Der Umstand, dass zwischen der ersten Ankündigung und dem tatsächlichen Kinostart von „The Flash“ Jahre vergingen, hat im fertigen Film sehr deutliche Spuren hinterlassen, fast wie ein Netz aus Narben an einem Körper, anhand dessen sich ablesen lässt, was Warner so alles mit DC seit dem Kinostart von „Justice League“ angestellt hat. Stichwort „Justice League“: Da diese Inkarnation von Flash sein eigentliches Debüt in besagtem Film feierte (Cameos in „Batman v. Superman: Dawn of Justice“ und „Suicide Squad“ nicht mitgerechnet) und somit stark im „DC Extended Universe“ verankert ist, stellt sich natürlich die Frage, ob der Kino-Cut oder doch „Zack Snyder’s Justice League“ für „The Flash“ relevant ist. Eine völlig eindeutige Antwort geben Muschietti und Drehbuchautorin Christina Hodson nicht, tonal erinnert „The Flash“ eher an Joss Whedons „Justice League“, während es aber zumindest subtile inhaltliche Anspielungen gibt. Kiersey Clemons als Iris West kam in Whedons Schnittfassung beispielsweise nicht vor, sehr wohl aber in Snyders, und die dort stattfindende Rettung wird auch kurz erwähnt. In „The Flash“ darf sie am Anfang und Ende kurz auftauchen, damit Barry sie anhimmeln und ihr das eine oder andere Handlungselement erklären kann. Auch wird erwähnt, dass Flash bereits einmal die Zeit zurückdrehte, was aber nur im Snyder-Cut geschah. Humor und Tonalität erinnern dagegen an Whedons Schnittfassung, abseits der Darsteller fällt es ziemlich schwer, diese fast schon cartoonig anmutende Welt als dieselbe übermäßig düster-grimmige wahrzunehmen, in der Snyders DC-Filme spielen.

The_Flash_Trailer_001
Flash alias Barry Allen (Ezra Miller)

Egal, welche Version von „Justice League“ nun die gültige ist, die Handlung von „The Flash“ setzt einige Zeit nach Steppenwolfs Attacke an, Barry Allen (Ezra Miller) ist vollwertiges Mitglied der Justice League. Nach einem Einsatz mit Batman (Ben Affleck) und Wonder Woman (Gal Gadot) besucht Barry sein ehemaliges Elternhaus und erinnert sich an die fatale Nacht, in der seine Mutter Nora (Maribel Verdú) ermordet und sein Vater Henry (Ron Livingston) als Hauptverdächtiger verhaftet wurde. Da er entdeckt hat, dass es ihm möglich ist, mithilfe seiner Kräfte in der Zeit zurückzureisen, versucht er, trotz der Warnung von Bruce Wayne, zu verhindern, dass der Mord geschieht. Das scheint zu funktionieren, allerdings sorgt ein mysteriöser, violetter Speedster dafür, dass Barry zur früh aus dem Zeitstrom geworfen wird und in dem Jahr landet, in dem er seine Kräfte bekommt. Die Welt, die er vorfindet, ist eine andere als die ihm bekannte: Nicht nur ist seine Mutter am Leben und sein Vater nicht im Gefängnis, Barry wird auch mit einer jüngeren und nervigeren Version seiner selbst konfrontiert, deren Leben nun sehr anders verlaufen ist. Erschrocken muss Barry feststellen, dass sein jüngeres Ich womöglich den Unfall verpasst, der ihm seine Superkräfte verleiht. Da er ein Zeitparadoxon fürchtet, sorgt er dafür, dass sein jüngeres Selbst dem Unfall ausgesetzt ist und tatsächlich, Barry 2 bekommt die Supergeschwindigkeit, Barry 1 verliert sie aber. Gerade in dieser ungünstigen Lage taucht ein alter Bekannter auf: Wie schon in der ursprünglichen Zeitlinie greift auch hier der Kryptonier General Zod (Michael Shannon) die Erde an. Allerdings fehlt von Superman, ebenso wie von jedem anderen Metawesen, scheinbar jegliche Spur. Als Barry 1 allerdings erfährt, dass Batman existiert, macht er sich zusammen mit Barry 2 auf nach Gotham City. Der gealterte Bruce Wayne (Michael Keaton), den er vorfindet, ist allerdings eine völlig andere Person und auch nicht gewillt, den beiden Barrys zu helfen. Als Barry 1 jedoch herausfindet, dass Kal-El scheinbar in einer Einrichtung in Sibirien festgehalten wird, kann Bruce doch noch überredet werden, die beiden Chaoten zu begleiten und noch einmal ins Fledermauskostüm zu steigen. In Sibirien müssen sie allerdings herausfinden, dass es sich bei der dort gefangenen Person nicht um Kal-El, sondern eine junge Kryptonierin namens Kara Zor-El (Sasha Calle) handelt. Nach etwas hin und her gelingt es schließlich, Barry 1 seine Kräfte zurückzugeben und er, sein jüngeres Ich sowie Batman und Kara machen sich auf, um Zod aufzuhalten, nicht ahnend, dass noch sehr viel mehr auf dem Spiel steht…

Wie man es auch dreht und wendet, eines lässt sich nicht leugnen: „The Flash“ sieht hässlich aus, besonders in den CGI-lastigen Action-Szenen, sei es der Einsatz zu Beginn mit Batman und der Baby-Rettung, die Schlacht gegen Zod oder das multiversale Chaos am Ende. Bereits in den Trailern machten die Effekte einen sehr unfertigen Eindruck, im Film hat sich daran leider nichts geändert. Spezialeffekte sind gegenwärtig ohnehin ein wunder Punkt; in den letzten Monaten wurde immer wieder deutlich, wie schlecht die Studios, besonders Marvel/Disney, die Effektkünstler behandeln und sie malochen lassen. Erst kürzlich sprachen zudem Animatoren über die unmenschlichen Bedingungen, die bei der Produktion von „Spider-Man: Across the Spider-Verse“ herrschten – ein Film, der im Gegensatz zu „The Flash“ wirklich gut aussieht, aber zu einem enorm hohen Preis, den die beteiligten Animatoren zahlen mussten. Ob die Bedingungen bei „The Flash“ besser waren, weiß ich nicht, ich vermute allerdings, dass die vielen Produktionsprobleme ihren Teil zu den unansehnlichen Effekten beigetragen haben. Zum Teil scheint der Look des Films aber auch eine bewusste Entscheidung gewesen zu sein: Gerade in Szenen, in denen sich Flash entweder durch die Zeit bewegt oder in denen andere Welten gezeigt werden, ist alles in einem unwirklichen Animationsstil gehalten, der an Zwischensequenzen aus zehn bis zwanzig Jahre alten Videospielen erinnert. In einem Interview erklärte Muschietti, dass dies tatsächlich Absicht sei, um die surreale Natur von Zeitreisen darzustellen. Vielleicht beschloss man, aus der Not eine Tugend zu machen, vielleicht war es tatsächlich ein authentischer, kreativer Einfall – in jedem Fall funktioniert es nicht.

Auch sonst ist der visuelle Stil von „The Flash“ eine ziemliche Enttäuschung: In gewissem Sinne treffen hier die Welten von Zack Snyder und Tim Burton aufeinander; der kernige, überhöht-stilisierte „Realismus“ von „Man of Steel“ und die surreale Gotik von „Batman“ und „Batman Returns“. In der Praxis wird im fertigen Film daraus eine ziemlich gleichförmige und visuell uninteressante Suppe – generische, mit CGI und Weichzeichner übersättigte Standard-Superhelden-Optik ohne eigene Impulse. Man kann über Zack Snyders DC-Filme sagen, was man möchte – und ich bin nun wirklich kein Fan seiner Optik – aber immerhin waren sie visuell distinktiv und als Snyder-Filme zu erkennen. Da „The Flash“ vor allem gegen Ende hin diverse Elemente aus „Man of Steel“ noch einmal abarbeitet, fällt das besonders ins Gewicht. Der zehn(!) Jahre ältere DCEU-Erstling sieht einfach so viel besser aus als alles, was Muschietti und Warner hier auffahren.

Art of Adaptation: Flashpoint
2011 unternahm DC mal wieder einen Versuch, seinem Programm eine Firschzellenkur zu verpassen. Ergebnis waren die „New 52“, ein Semi-Reboot. Natürlich ließ man die Gelegenheit nicht verstreichen, sondern inszenierte ein Comic-Event namens „Flashpoint“, geschrieben von Geoff Johns und gezeichnet von Andy Kubert. „Flashpoint“ dient als grobe Vorlage für „The Flash“, mit Betonung auf das Wort „grob“. Bereits als sich der Film noch in seiner langen Konzeptionsphase befand, ging das Gerücht um, Warner plane eine Umsetzung von „Flashpoint“ und wolle so zugleich dem strauchelnden DC Extended Universe eine Frischzellenkur verpassen: Behalten, was funktioniert und loswerden, was kein Geld eingespielt hat. Handlungstechnisch liefert „Flashpoint“ immerhin die groben Eckpunkte für „The Flash“: Im Comic wie im Film versucht Barry Allen, den Tod seiner Mutter durch eine Zeitreise zu verhindern, nur um dann in einer radikal anderen Gegenwart zu landen. Nicht nur muss Barry zeitweise ohne seine Kräfte auskommen, in dieser Welt gibt es keinen Superman, dafür aber einen radikal anderen Batman. Mit dessen Hilfe versucht Barry, Kal-El aus einer Militäreinrichtung zu befreien und seine Gegenwart wiederherzustellen.

Supergirl_rises
Supergirl/Kara Zor-El (Sasha Calle)

Alle Elemente des Films, die nicht Teil dieser kurzen Zusammenfassung waren, haben mit dem Comic nichts mehr zu tun. In „Flashpoint“ gibt es keine zwei Barrys; in dieser veränderten Realität wurde Barry einfach nie vom Blitz getroffen und verfügt deshalb nicht über Superkräfte, bis es ihm gelingt, den Unfall zu rekonstruieren. Beim Batman des Flashpoint-Universums handelt es sich nicht um Bruce Wayne, sondern um Thomas Wayne: In der schicksalhaften Nacht tötet Joe Chill nicht Thomas und Martha, sondern Bruce, woraufhin Ersterer zu einem grimmigeren und mordwilligen Batman wird, während Letztere ihre mentale Gesundheit verliert und einen weiblichen Joker mimt. Und eine Invasion von General Zod und den Kryptoniern spielt ebenfalls keine Rolle, stattdessen ist der „übergeordnete Konflikt“ ein Krieg zwischen Aquamans Atlantern und Wonder Womans Amazonen. Supergirl spielt ebenfalls keine Rolle, in „Flashpoint“ ist es tatsächlich Kal-El, der befreit werden muss. Und anders als in „The Flash“ gibt es tatsächlich einen übergeordneten Schurken, der für alles verantwortlich ist (oder zumindest die vermurkste Zeitreise ausnutzt), und zwar Eobard Thawne alias Professor Zoom alias der Negativ Flash.

Zwei Mal Flash zum Preis von einem
Die Skandale um Ezra Miller sind nun wirklich eine unschöne Geschichte, zudem hat sich Warner im Umgang mit diesen Problemen auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Aber ich möchte das alles nicht noch einmal aufrollen, sondern mich stattdessen auf Millers Performance und die beiden Flashs im Film konzentrieren. Im Vorfeld wurde bereits gemutmaßt, bei „The Flash“ handle es sich eigentlich gar nicht um einen Film über besagten Speedster, sondern, nicht zuletzt aufgrund der Präsenz im Marketing, um einen verkappten Batman-Film. Zumindest diesbezüglich kann ich Entwarnung geben, denn Barry Allen steht ganz zweifelsohne im Zentrum – egal, ob gut oder schlecht erzählt und Cameos und Gastauftritte hin oder her, dies ist seine Geschichte und er steht im Zentrum der Handlung.

The_Flash_Trailer_033
Flash (Ezra Miller) im Doppelpack

Zuerst sei gesagt, dass ich mit Miller als Barry Allen schon immer so meine Probleme hatte, völlig abseits jedweder Skandale. Barry Allen aus den Comics war zumindest meiner Wahrnehmung nach nie der neurotische, an der Schwelle zum Autismus stehende Nerd, sondern der (zumindest oberflächlich betrachtete) Langweiler und Spießer, der konstant zu spät kommt und in seine Arbeit verliebt ist. Gerade im Vergleich zu anderen Helden nenne ich verhältnismäßig wenig Flash-Comics mein Eigen und diese stammen primär aus den 90ern, möglicherweise ist meine Perspektive daher nicht ausreichend. Wie dem auch sei und von diesen konzeptionellen Grundlagen einmal abgesehen liefert Ezra Miller hier eine deutlich bessere Performance ab als in „Justice League“ (egal ob Whedon oder Snyder). Während Muschietti und Hodson Barrys Persönlichkeit hier nicht fundamental ändern, gehen sie doch gewissermaßen auf die Kritikpunkte, die nicht nur ich an der DCEU-Inkarnation der Figur geäußert habe, ein, indem sie einen gereifteren und ernsteren Barry mit einer jüngeren, noch nervigeren Version seiner selbst konfrontieren. Mehr noch, obwohl es sich hier nicht um einen Origin-Film handelt, wird Flashs Ursprung und Werdegang durch Barry 2 auf relativ clevere Art und weise nachgereicht, denn dieser Aspekt der Figur wurde bisher wenn überhaupt nur sehr knapp angerissen.

Das Potential für eine effektive Flash-Story und eine vernünftige Charakterentwicklung ist hier definitiv vorhanden: Trotz der Warnung von Bruce Wayne versucht Barry, die Vergangenheit zu verändern und seine Mutter zu retten – mit katastrophalen Folgen. Zugleich lernt er durch sein jüngeres Ich, wie andere Menschen ihn wahrnehmen. Dieser Aspekt ist tatsächlich ziemlich gut umgesetzt, nicht zuletzt, weil Miller sich wirklich ins Zeug legt. Der Humor der Interaktionen trifft nicht immer und häufig fühlt man sich mit einem ähnlichen Bathos-Problem konfrontiert wie in den MCU-Filmen – zu oft scheinen Muschietti und Hodson eigentlich ernste Szenen durch einen überdrehten Witz zu entschärfen. Das größte Problem ist, dass „The Flash“ die Charakterentwicklung und auch das eigentliche Thema des Film unterminiert. Mehrfach versucht der Film zu vermitteln, dass es für manche Probleme einfach keine Lösung gibt und dass es zudem eine schlechte Idee ist, mit der Zeit und Zeitreisen herumzuspielen. Am Ende wird sogar noch ein dritter Barry etabliert, um das auch wirklich deutlich zu machen. Als die aus den beiden Flashs, Supergirl und Batman bestehende Pseudo-Justice-League besiegt wird, versucht der jüngere Barry, die Zeit zurückzudrehen, doch das geht abermals schief. Schließlich taucht eine zukünftige Version von Barry 2 auf, der über die vielen, vielen Versuche, den Sieg der Kryptonier zu verhindern, wahnsinnig und zum Dark Flash geworden ist. Und am Ende, nach allem, was Barry erlebt hat, scheint er absolut nichts gelernt zu haben, denn im entscheidenden Moment verändert er die Zeitlinie abermals.

Yeah, I’m Batman
Obwohl Warner an Ezra Miller festhielt, war man wohl nicht völlig zu Unrecht der Meinung, er sei nun als Zugpferd für diesen Film eher ungeeignet. Stattdessen konzentrieren sich die Trailer und das sonstige Marketing in erster Linie auf Michael Keatons Rückkehr als Batman. Und tatsächlich, Keaton, der in den letzten Jahren immer wieder gezeigt hat, was für ein grandioser Schauspieler er ist, enttäuscht nicht und ist wahrscheinlich das gelungenste Element des Films – mühelos leistet er alles, was man von ihm verlangt. Ob der Bruce Wayne, den Barry in dieser veränderten Zeitlinie trifft, tatsächlich der aus „Batman“ und „Batman Returns“ ist, ist freilich diskutabel. Wie nicht anders zu erwarten baut Muschietti eine ganze Reihe von sehr offensichtlichen Verweisen ein, von der Verwendung von Danny Elfmans Thema über diverse, mitunter deplatzierte Zitate („Wanna get nuts? Let’s get nuts.“) bis hin Cameos des Batmobils und des Joker-Lachsacks. Dennoch fällt es schwer, die Welt, die der Film zeigt, als die Welt wahrzunehmen, in der die beiden Tim-Burton-Filme stattgefunden haben. Das liegt nicht zuletzt an der Inszenierung des Dunklen Ritters selbst. Zwar ist dieser Batman ein gealterter Verbrechensbekämpfer im Ruhestand, findet aber nach einer Rasur und einem Haarschnitt nicht nur mühelos wieder in den Anzug zurück, sondern ist agiler und aktiver denn je. Muschietti stand diesbezüglich natürlich vor ohnehin vor einer Herausforderung: Es ist nur allzu bekannt, wie sehr der Batsuit in „Batman“ und „Batman Returns“ Keaton einschränkte, was sich natürlich vor allem auf die Action-Szenen auswirkte. Nach vier Arkham-Spielen und der Ben-Affleck-Inkarnation hat ein modernes Publikum jedoch andere Vorstellung, weshalb wir hier einen Batman haben, der zwar wie die Keaton-Version aussieht, aber wie die Affleck-Variante kämpft, was dann aber wiederum die Die-Hard-Fans der Burton-Filme stören dürfte. Vielleicht wäre ein Exo-Skelett á la „Kingdom Come“ eine bessere Idee gewesen, vielleicht hätte das aber auch zu sehr an Iron Man erinnert. Das Alter der Figur ist ein weiteres Kuriosum: Innerhalb von etwas mehr als zehn Jahren erleben wir nach Bale und Affleck nun schon die dritte Version eines älteren, aus dem Ruhestand zurückkehrenden Bruce Wayne, und nicht nur wird er von Inkarnation zu Inkarnation älter, die Thematik des Älterwerdens spielt ironischerweise nur noch eine untergeordnete Rolle, wenn überhaupt. Trotz allem kann ich nicht behaupten, ich hätte keine Freude daran gehabt, Keaton wieder als Batman in Aktion zu sehen, war er doch die erste Inkarnation des Dunklen Ritters, die mir über den Weg lief.

Batman_appears_in_front_of_the_Barrys
Batmans (Michael Keaton) Rückkehr

Zugleich markiert „The Flash“ auch den finalen Auftritt von Ben Afflecks Batman, der im Vergleich zu Keaton jedoch nur eine untergeordnete Rolle in der Actionszene zu Anfang spielt und, im Unterschied zu Keaton, auch absolut nicht gut inszeniert ist. Das beginnt bei seinem Outfit. Zwar ist es ganz nett, einen Realfilmbatman mit dem klassischen, graublauen Farbschema zu sehen, aber dieser Suit sieht fürchterlich aus. Zudem wiederholen Muschietti und Hodson praktisch den Gag um das Lasso der Wahrheit aus Whedons „Justice League“ und sorgen damit endgültig dafür, dass diese Inkarnation Batmans völlig ins Lächerliche gezogen wird. Nicht, dass ich mit Snyders ursprünglicher Interpretation zufrieden gewesen wäre, aber vom grimmigen, rücksichtslosen Vigilanten aus „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ist in „The Flash“ nun wirklich gar nichts mehr geblieben. Die beste Szene mit Affleck ist tatsächlich das Zwiegespräch zwischen ihm und Millers Barry zum Thema Zeitreise

Madness of the Multiverse?
„The Flash“ kann sich nicht so recht entscheiden, ob er ein Zeitreisefilm oder ein Multiversumsfilm sein möchte. Bis zur Begegnung mit Keatons-Batman geht zumindest Barry 1 davon aus, durch seine Einmischung haben sich die Dinge einfach nur anders entwickelt – dass dem nicht so ist wird deutlich, als er erfährt, dass in dieser Zeitlinie auch Dinge anders sind, die deutlich vor besagter Einmischung stattgefunden haben – etwa die Dreharbeiten zu „Back to the Future“. Das Auftauchen des Keaton-Batman bestätigt das dann – und praktischerweise liefert der Dunkle Ritter die Erklärung gleich in Form einer Spagetti-Analogie mit. Deren essentielle Aussage: Jede Veränderung durch Zeitreisen löst einen nicht einzuschätzenden Effekt in beide Richtungen aus und kann sowohl Vergangenheit als auch Zukunft nachhaltig verändern, sodass beispielsweise Eric Stoltz statt Michael J. Fox Marty McFly spielt oder Bruce Wayne wie Michael Keaton statt wie Ben Affleck aussieht. Es entsteht also eine völlig neue Zeitlinie, die aber trotzdem Entwicklungen beinhalten kann, die denen der alten gleichen. Damit wird dann auch erklärt, dass manche Figuren (Barry, Zod etc.) gleich aussehen wie im ursprünglichen DCEU und andere wie Batman nicht. So weit, so gut, als jedoch am Ende der Dark Flash wieder und wieder versucht, die Vergangenheit zu ändern, kollabiert die Realität und wir erhalten tatsächlich einen Einblick in das Multiversum.

Ähnlich wie in diversen MCU-Filmen der letzten Zeit beschäftigt sich „The Flash“ allerdings kaum mit der Thematik, sondern benutzt das alles eher als Gimmick, um den Film mit möglichst viel Fanservice vollzustopfen. Das beginnt bereits in der „alten Realität“ des DCEU, fast die gesamte Justice League sowie Jeremy Irons‘ Alfred tauchen in der einen oder anderen Form auf, zusätzlich zu Afflecks Batman bekommen Wonder Woman (Gal Gadot) und Aquaman (Jason Momoa) Gastauftritte (Letzterer in der Post-Credit-Szene) und Superman darf immerhin ein schlecht sichtbares CGI-Cameo im Fernsehen absolvieren. In der alternativen Zeitlinie tauchen zudem einige weitere DCEU-Veteranen auf: Temuera Morrison absolviert einen kurzen Cameo-Auftritt als Aquamans Vater und Michael Shannon und Antje Traue sind abermals als Zod und Faora zu sehen. Technisch gesehen sind sie, bzw. Zod, die primäre Bedrohung des Films, „The Flash“ macht mit Letzterem allerdings kaum etwas. Shannon darf ein paar Mal bedrohlich in die Kamera starren und ein paar Sätze aus „Man of Steel“ wiederholen, das war es dann auch schon – kein Wunder, dass Shannon sich in Interviews eher abschätzig über den Film äußert. Sasha Calle als Superman-Ersatz geht es da leider nur bedingt besser. Potential ist zweifellos vorhanden, sowohl in der Performance als auch in der Konzeption der Figur, ausgeschöpft wird beides aber kaum. Gerade angesichts des Enthusiasmus, den Calle in ihren Interviews an den Tag legt, ist es wirklich schade, dass sie kaum etwas zu tun bekommt – ich würde ihr durchaus wünschen, dass sie in James Gunns neuer Vision des DC Universums einen Platz bekommt.

Zod_-_The_Flash
General Zod (Michael Shannon)

Richtig multiversal wird es dann tatsächlich erst am Ende, mit absurden CGI-Cameos von Christopher Reeve und George Reeves als Superman, Helen Slater als Supergirl und Adam West als Batman. Nicht unerwähnt bleiben soll natürlich auch Nicolas Cage aus dem nie realisierten Tim-Burton-Projekt „Superman Lives“. Das alles wirkt nicht nur unheimlich fehl am Platz, sondern ist auch sehr hässlich in Szene gesetzt. Erstaunlich abwesend bei diesem ganzen unnötigen Fanservice ist das Arrowverse, was umso merkwürdiger wirkt, da dieses sich der Multiversums-Thematik nicht nur bereits angenommen hat, sondern sogar etablierte, dass sowohl Tim Burtons Batman-Filme (Erde 89) als auch das DCEU (Erde TUD-13) Teil dieses Multiversums ist – inklusive eines Gastauftritts von Ezra Miller. Ohnehin – wenn man schon eine Parade an sinnlosen Cameos inszenieren möchte, warum nicht ein wenig kreativer werden, sich ein Beispiel an den Spider-Verse-Filmen nehmen und den Comiclesern eine Freude machen: Statt seelenlosen CGI-Versionen von Chrisopher Reeve und Nicolas Cage hätte man Tyler Hoechlin als sowjetischen Superman aus „Superman: Red Son“, Henry Cavill als Elektro-Superman der 90er oder Robert Pattinson als Vampir-Batman aus „Batman/Dracula: Red Rain“ zeigen können.

Ein Ausblick
Das Ende von „The Flash“ kann gewissermaßen noch einmal als Mikrokosmos des Chaos bei Warner gesehen werden, unter dem der ganze Film leidet. Der ursprüngliche Plan war ja bekanntermaßen, „The Flash“ als Teil-Reboot zu verwenden, das behalten was Geld einspielte und das loszuwerden, was kritisch gesehen wurde. Dieses „neue“ DCEU sollte beispielsweise Gal Gadots Wonder Woman oder Jason Momoas Aquaman (und natürlich Millers Flash) behalten, aber Ben Affleck durch Michael Keaton ersetzen und auch Sasha Calles Supergirl integrieren. Diese Konstellation hätte dann beispielsweise in den gecancelten Batgirl-Film übergeleitet. Dann jedoch übernahm David Zaslav Warner, James Gunn und Peter Safran wurden die Zügel in die Hand gegeben und das Finale des Films wurde mehrfach verändert. Viele der Ideen, die Gunn bislang hatte, klingen tatsächlich äußerst vielversprechend, die Idee hingegen, George Clooneys Bruce Wayne hier auftauchen zu lassen und den Film mit einem ziemlich billigen Gag enden zu lassen, gehört nicht zu den besseren.

Angesichts der ohnehin vorhandenen Reboot-Tendenzen mag man sich nun fragen, welche Rolle „The Flash“ wohl in Zukunft inhaltlich spielen wird. Meine Prognose: So gut wie keine. Warner wollte sich die Option offenhalten, Miller weiterhin als Flash zu behalten, sollte sein Film sich als Hit erweisen, da er aber an den Kinokassen gnadenlos untergangen ist, bietet sich das als ideale Gelegenheit, sich vom ohnehin problematischen Miller zu trennen und die Rolle neu zu besetzen. Das Universum, das am Ende dieses Films gezeigt wird, ist wohl ohnehin nicht zukunftsfähig, schließlich handelt es sich dabei mehr oder weniger um das gewohnte DCEU, nur mit George Clooney statt Ben Affleck als Batman. Zwar ist bereits bekannt, dass einige Darsteller des DCEU ihre Rollen auch weiterhin ausfüllen werden – speziell diejenigen, die an „The Suicide Squad“ oder „Peacemaker“ beteiligt waren, aber für Clooneys Batman oder Millers Flash sehe ich in Gunns neuem DC-Universum keinen Platz.

Fazit: Verfügt „The Flash“ über gelungene Momente und kann zumindest in Teilen unterhalten? Auf jeden Fall. Ist „The Flash“ deshalb ein guter Film? Definitiv nicht. In vielerlei Hinsicht ist dieser mehr oder weniger finale Film des DC Extended Universe exemplarisch für sehr viele Elemente, die im Superhelden-Genre gerade falsch laufen und Trends, die auf lange Sicht sehr schädlich sind. Es ist sicher falsch, Andy Muschietti die Alleinschuld am Scheitern dieses Films zu geben – auf viele Elemente hatte er keinerlei Einfluss. Angesichts des visuellen Stils mache ich mir allerdings dennoch ein paar Sorgen um „Batman: The Brave and the Bold“, für den Muschietti bereits als Regisseur verpflichtet wurde.

Trailer

Bildquelle

Siehe auch:
It Chapter One
Zack Snyder’s Justice League – Ausführliche Rezension
The Suicide Squad
Black Adam

2 Gedanken zu “The Flash – Ausführliche Rezension

    1. Die Multiversen von DC und Marvel offerieren so viele Möglichkeiten abseits von abgedroschenem Fanservice, aber leider werden diese, mit Ausnahme der Spider-Verse-Filme, leider kaum genutzt. Der Vampir-Batman glitzert natürlich nicht 😉

Hinterlasse einen Kommentar