Spoiler!
Story: Die Nation Kahndaq wird von der Terrororganisation Intergang beherrscht, doch in der Bevölkerung regt sich Widerstand. Die Archäologin und Widerstandskämpferin Adrianna Tomaz (Sarah Shahi) hofft, mithilfe der der mystischen Kräfte der legendären Krone von Sabbac Intergang bekämpfen zu können, doch die Söldner sind ihr bereits auf der Spur. Beim Versuch der Parteien, die Krone an sich zu bringen, erwecken sie unbeabsichtigt Teth-Adam (Dwayne Johnson), ein uraltes Superwesen mit gewaltigen Kräften, das einst der Beschützer Kahndaqs war, aber aufgrund seiner Brutalität eingesperrt wurde. Dieses Ungleichgewicht ruft Amanda Waller (Viola Davis) auf den Plan, die die Justice Society, bestehend aus Hawkman (Aldis Hodge), Doctor Fate (Pierce Brosnan), Cyclone (Quintessa Swindell) und Atom Smasher (Noah Centineo), aktiviert, um Adam aufzuhalten…
Kritik: „Black Adam“ war ein Projekt, das in der einen oder anderen Form viele Jahre lang vor sich hinköchelte. Bereits 2014, also noch bevor „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ins Kino kam, wurde angekündigt, dass Dwayne „The Rock“ Johnson die Rolle des Shazam-Widersachers in der von „Man of Steel“ gestarteten Inkarnation des DC-Universums spielen würde. Längere Zeit geschah dann erst einmal nichts mehr, und als „Shazam!“ 2019 schließlich ins Kino kam, war Black Adam, von einem Mini-Cameo abgesehen, nicht Teil dieses Films. Weitere drei Jahre sollten vergehen, bis Black Adam endlich sein tatsächliches Debüt auf der großen Leinwand feierte. Im Vorfeld wurde der Film zudem als große Neuausrichtung des wie immer vor sich hin mäandernden DC-Filmuniversums verkauft; es schien, als würde Johnson in Zukunft eine wichtige kreative Rolle spielen. Sogar Henry Cavill holte er für einen Cameo-Auftritt als Superman aus dem Ruhestand mit der Aussicht, dass sich Black Adam bald mit dem Mann aus Stahl messen würde. Mit der Übernahme von David Zaslav ist das natürlich bereits wieder passé, der neue Warner-Chef installierte bekanntermaßen James Gunn und Peter Safran als neue, kreative Köpfe der DC-Filme. Das Line-up, das die beiden Ende Januar 2023 vorstellten, beinhaltet weder Johnsons Black Adam noch Cavills Superman, sondern ist primär eine Neuausrichtung, auch wenn einige Elemente beibehalten werden, etwa Viola Davis als Amanda Waller.
Wie dem auch sei, kehren wir zu Johnsons Prestige-Projekt zurück, das trotz der Präsenz des Ex-Wrestlers nicht nur finanziell hinter den Erwartungen zurückblieb, sondern auch von den Kritikern im Großen und Ganzen sehr negativ aufgenommen wurde – nicht unbedingt ein idealer Start für den bislang relativ unbekannten Black Adam. Ich selbst bin mit der Figur, deren Geschichte bis in die 1940er zurückreicht, schon deutlich länger vertraut und kenne sie primär aus der Maxiserie „52“ (2006 bis 2007). Diese Serie, geschrieben von Geoff Johns, Grant Morrison, Greg Rucka, Mark Waid und Keith Giffen, erschien über ein Jahr hinweg im wöchentlichen Rhythmus und knüpfte an die Ereignisse des Großevents „Infinite Crisis“ an, wobei man die bekannteren Helden, primär Batman, Superman und Wonder Woman, außen vor ließ und sich stattdessen vielen der deutlich weniger bekannten DC-Figuren wie Animal Man, Booster Gold, The Question und eben auch Black Adam widmete. Letzterer erhielt in dieser Serie eine durchaus komplexe Charakterisierung, von der in diesem Film allerdings nicht allzu viel geblieben ist. Von der Ambivalenz, der Vielschichtigkeit und der Tragik der Comicfigur findet sich kaum etwas. Zwar wird versucht, dies durch bedeutungschwangere Flashbacks und einen ungeschickt konstruierten Twist zu vermitteln, das funktioniert alles jedoch kaum. Leider merkt man „Black Adam“ sehr deutlich an, dass es sich hierbei primär um ein Vehikel für Johnsons Ego handelt, das dazu gedacht ist, ihn möglichst cool in Szene zu setzen. Über dieses Vorhaben hinaus haben es Regisseur Jaume Collet-Serra und die Drehbuchautoren Adam Sztykiel, Rory Haines und Sohrab Noshirvani leider versäumt, der Story oder den Figuren Substanz in irgendeiner Form zu verleihen.
„Black Adam“ fühlt sich in vielerlei Hinsicht an wie ein Konglomerat anderer, deutlich besserer Filme an. Der Prolog und grundsätzliche Story-Aufbau samt Stimmung erinnert beispielsweise stark an „X-Men: Apocalypse“ (nun auch nicht gerade ein Ruhmesblatt des Genres), die Inszenierung der Justice Society erinnert ebenfalls an die X-Men im Allgemeinen und die Beziehung, die sich zwischen Adrianna Tomaz‘ Sohn Amon (Bodhi Sabongui) und Adam entwickelt, hat viel von „Terminator 2: Judgment Day“. Dass Sabbac (Marwan Kenzari) als Schurke nicht nur völlig uninteressant, sondern gemäß DCEU-Tradition im dritten Akt auch zum schlecht animierten CGI-Monster wird, ist der Erwähnung kaum noch wert. Zudem gelingt des „Black Adam“ auch nicht, tonal konsistent zu bleiben. In einer Szenen ist alles in bester Zack-Snyder-Manier grimmig, düster und ernst, Adam tötet Intergang-Mitglieder so brutal, wie es das PG-13-Rating eben erlaubt (kein Vergleich zu seinen Exzessen in den Comics) oder ist tragisch und tief deprimiert, in der nächsten imitiert er einen Western, den er im Fernsehen gesehen hat, inklusive Morricone-Einspielung, oder übt mit Amon potentielle Catchphrases. Es wirkt, als wollte man mit „Black Adam“ einen Querschnitt des Superheldengenres schaffen, das jeden Geschmack in irgendeiner Form bedient. Herausgekommen ist ein Film, der wie Frankensteins Monster anmutet, zusammengebaut aus vielen verschiedenen Versatzstücken
Es ist nicht so, als wären hier keinerlei interessante Ansätze vorhanden, etwa der Umstand, dass die Justice Society nichts gegen Kahndaqs Besetzung durch Intergang tut, aber sobald Black Adam erwacht (und potentiell die Vereinigten Staaten gefährdet) rückt das Team aus. Diesem Ansatz wird aber nicht nur kaum Zeit gewidmet, er und jegliche Charakterisierung der Figuren, die über das absolut Notwendige hinausgeht, wird gnadenlos in der Materialschlacht erstickt. Das betrifft vor allem die Mitglieder der JSA. „Black Adam“ behandelt das Superheldenquartett nur als Archetypen, nie als eigenständige Charaktere. Vor allem Hawkman und Doctor Fate haben viele interessante Facetten und Hintergründe aus den Comics, die jedoch kaum berücksichtigt werden. Johnson und Co. benötigten nur einen gestandenen Anführer, einen Zauberer und zwei jüngere Helden, es gibt nur wenig Gründe, weshalb es gerade diese vier sind. Immerhin gelingt es Pierce Brosnan, Doctor Fate eine gewisse Gravitas zu verleihen, da er eben Pierce Brosnan ist, aber Drehbuch und Regie machen aus der Figur nie mehr als einen Doctor-Strange-Abklatsch. Angesichts der Tatsache, dass Fate über zwanzig Jahre älter ist als Strange ist das schon ein wenig ironisch
Zumindest erwähnenswert sind die diversen Versuche, „Black Adam“ solide im nun wohl endgültigen obsoleten DC Extended Universe zu verankern. Einmal mehr ist es die bereits erwähnte, von Viola Davis gespielte Amanda Waller, die die Verknüpfung darstellt und in einer Nick-Fury-artigen Funktion die Justice Society auf Black Adam loslässt, was angesichts ihres Status und ihrer bisherigen Taten nicht wirklich passt, aber sei’s drum. Jennifer Holland darf nach „The Suicide Squad“ und „Peacemaker” ein drittes Mal Wallers Handlangerin Emilia Harcourt darstellen und einen gefangenen Black Adam gegen Ende des zweiten Aktes entgegennehmen und natürlich wäre da noch der von Johnson hochgehypte Auftritt Henry Cavills als Superman, der wohl nun der letzte dieser eher unrühmlichen Karriere als Mann aus Stahl sein dürfte. Black Adams eigentlicher Gegner, Shazam, der 2023 mit „Shazam! Fury of the Gods“ seinen zweiten Leinwandauftritt absolviert, taucht zwar nicht auf, aber immerhin absolviert der von Djimon Hounsou gespielte Zauberer, von dem sowohl Black Adam als auch Shazam ihre Kräfte haben, und der ebenfalls den Namen Shazam trägt, einen Gastauftritt.
Fazit: „Black Adam“ ist ein katastrophal geschriebenes CGI-Gewitter, ein Idealbeispiel für genau die Art von völlig uninspirierten Superheldenfilmen, die eigentlich schon passé sein sollten, es aber leider immer noch nicht sind. Hoffen wir, dass James Gunn und Peter Safran das Steuer für DC endlich herumreißen können.
Siehe auch:
Zack Snyder’s Justice League – Ausführliche Rezension
The Suicide Squad
Da du kein Wort über den Score verlierst… folgt da etwa noch ein gesonderter Beitrag?
Kein Review im eigentlichen Sinn, aber ja, es ist etwas in Arbeit, das den Score abdeckt 😉
Oha. Jetzt bin ich noch gespannter…