Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales

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Story: Der junge Henry Turner (Brenton Thwaites) möchte seinen Vater Will (Orlando Bloom) um jeden Preis vom Fluch der Flying Dutchman befreien. Dazu benötigt er den Dreizack des Poseidon, der jeden Fluch der Meere brechen kann. Nur zwei Personen sind in der Lage, ihm beim Aufspüren des Dreizacks zu helfen: Die junge Astronomin Carina Smyth (Kaya Scodelario), die über eine wichtige Spur in Form eines Tagebuchs verfügt, und natürlich Captain Jack Sparrow (Johnny Depp) mit seinem Kompass. Jack hat darüber hinaus ebenfalls Verwendung für den Dreizack, denn ein alter Feind ist ihm auf den Fersen, um sich an ihm zu rächen: Der untote Captain Salzar (Javier Bardem), der Piraten im Allgemeinen und Jack Sparrow im Besonderen hasst wir die Pest. Sein Kreuzzug gegen die Piraterie ruft auf Captain Barbossa (Geoffrey Rush) auf den Plan, der jedoch wie üblich eigene Ziele verfolgt…

Kritik: Mein Verhältnis zum Pirates-Franchise ist ein wenig anders und insgesamt positiver als das der meisten. Obwohl auch ich denke, dass „The Curse of the Black Pearl“ ein fast perfekter Abenteuerfilm ist, ziehe ich den komplexeren, von exzellenter Figurendynamik getriebenen zweiten Teil vor. Die Teil 3 und 4 sind da weitaus schwächer, aber auch ihnen kann ich durchaus einiges abgewinnen. „Dead Men Tell No Tales“ (mancherorts auch „Salazar’s Revenge“) dagegen hat mich insgesamt ziemlich enttäuscht und ist in meinen Augen der mit Abstand schwächste Film des Franchise.

Alle anderen Pirates-Filme, unabhängig von ihren sonstigen Stärken und Schwächen, hatten dieses gewisse Etwas, das sie zu Pirates-Filmen machte, dieses Verständnis für die Figuren und die Welt. „Dead Men Tell No Tales“ fehlt dieses gewisse Etwas. Es liegt gewiss nicht daran, dass die Regisseur Joachim Rønning und Espen Sandberg sowie Drehbuchautor Jeff Nathanson nicht versuchen, all das, was einen Pirates-Film ausmacht, auch in Teil 5 unterzubringen, aber leider bleibt es beim gescheiterten Versuch. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die ursprünglichen Drehbuchautoren und Erschaffer dieser Welt, Ted Elliott und Terry Rossio, an diesem Sequel kaum bzw. gar nicht beteiligt waren. Letzterer hat zwar noch ein Story-Credit, aber soweit ich weiß bezieht sich das höchstens auf ein paar allgemeine Ideen – das Drehbuch stammt ausschließlich von Jeff Nathanson.

Die Zutaten der Geschichte sind die üblichen: Ein magisches MacGuffin, ein junger, unbedarfter Held samt Love-Interest, bösartige Geister, Action-Set-Pieces und natürlich Captain Jack Sparrow. Schon „On Stranger Tides“ variierte im Grunde primär Elemente des ersten Films, aber dort funktionierte das Ganze für mich noch zumindest halbwegs. Wie sehr dem neuen Kreativteam das Verständnis für diese Welt fehlt, zeigt sich am besten an Jack Sparrow selbst. In den anderen vier Filmen mag er viele Dinge gewesen sein; exzentrisch, verschroben, bizarr, aber eines war er nie: Ein Trottel. Hinter der Fassade verbarg sich stets ein scharfer Verstand; Jack hatte immer noch ein bis zwei Notfallpläne und konnte auch ziemlich gut improvisieren, sollte es mit besagten Plänen nicht klappen. Jack Sparrow ist ein klassischer Trickster, der alle an der Nase herumführt. In Teil 5 dagegen scheint Depp jedes Gespür für seine Figur verloren zu haben und spielt sie als Parodie ihrer selbst, noch nuschelnder, noch torkelnder, noch bizarrer, aber ohne den wachen, planenden Verstand, der sie antreibt und vor allem ohne die Essenz, die sie erst zu jedermanns Lieblingsfigur machte. Bei vielen anderen Elementen dieses Films scheint es ähnlich zu sein, egal ob es sich um die Dialoge, den Humor oder die Action handelt: Vieles wirkt, als wolle „Dead Men Tell No Tales“ den ersten Film, der ja selbst zumindest teilweise eine Parodie auf das Genre des Piratenfilms ist, parodieren. Alles ist noch bescheuerter und übertriebener – und das nicht auf die gute Art.

Letztendlich gilt wohl vor allem folgender Leitsatz für diesen Film: „Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht.“ Nathanson, Rønning und Sandberg arbeiten stark mit Nostalgie und bringen Figuren- und Handlungselemente der ursprünglichen Trilogie zurück, um vermeintlich offene Enden zu verarbeiten, während sie gleichzeitig weiter die Hintergründe Jack Sparrows beleuchten wollen. Aber auch hier gehen sie schlampig vor, vieles passt nicht zu dem, was bereits etabliert wurde. So zeigt „Dead Men Tell No Tales“ beispielsweise wie Jack an seinen Kompass erhielt – nur blöd, dass er ihn laut „Dead Man’s Chest“ von Tia Dalma bekam. Auch die Funktionsweise scheint sich verändert zu haben, denn in den bisherigen Filmen gab es nie negative Auswirkungen, obwohl Jack den Kompass munter an alle mögliche Leute weitergab, von Elizabeth über Will bis hin zu Beckett (das ist dann wohl nicht als Verrat zu werten). Und apropos Will, dieser hat fischige Züge, diese sollte er aber nur bekommen, wenn er seine Aufgabe vernachlässigt, so wie es Davy Jones einst getan hat; der Film thematisiert jedoch nicht einmal, ob dies der Fall ist (es würde auch irgendwie nicht zu Will passen). Fast noch schlimmer wiegt jedoch für mich, dass diese Rahmenhandlung um Will und seinen Sohn von der Haupthandlung um Captain Salazar ziemlich separiert ist, sodass das alles nicht recht zusammenpassen will und die Auftritte alter Figuren wie unnötiger und unmotivierter Fanservice wirken.

Auch darstellerisch überzeugt „Dead Men Tell No Tales“ nicht wirklich. Über Johnny Depp hatte ich ja bereits gesprochen, Brenton Thwaites ist so blass wie Sam Claflin vor ihm in Teil 4, Javier Bardem hat zwar sichtlich Spaß dabei, so richtig zu keuchen und ächzen, aber auch er kann die langweilige Schurkenfigur, quasi eine Mischung aus Barbossa (verfluchter Untoter) und Beckett (hasst Piraten) nicht retten, und selbst Geoffrey Rush wirkt dieses Mal ein wenig demotiviert. Die große Ausnahme ist Kaya Scodelario, die mir hier wirklich gut gefallen und bei jeder ihrer Szenen frischen Wind in einen ansonsten sehr abgestanden wirkenden Film gebracht hat. Sollte es noch weitere Pirates-Filme geben, darf sie gerne die neue Hauptfigur sein. Aber dann bitte mit anderem Kreativteam und der Beteiligung von Ted Elliott und Terry Rossio.

Fazit: „Dead Men Tell No Tales“ versagt leider fast auf ganzer Linie, da es dem Drehbuchautor und den Regisseuren nicht gelingt, die spezielle Essenz einzufangen, die auch die schwächeren Filme des Franchise zu Pirates-Filmen gemacht hat. Was bleibt ist eine fast sinn- und seelenlose Aneinanderreihung von übertriebenen Action-Set-Pieces und ein Johnny Depp, der jedes Gespür für seine ikonische Figur verloren hat.

Trailer

Bildquelle

Siehe auch:
Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales – Soundtrack

13 Gedanken zu “Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales

  1. Das mit Wills Fluch ist mir auch aufgefallen, hab aber vergessen, das zu thematisieren. Ansonsten deutlich negativer bewertet als ich, aber hey, mir kann es gleich sein. Ist ja trotz allem kein Meisterwerk.

  2. lohnt es sich dennoch, die horrenden Ticketpreise zu zahlen? Oder andersrum, ein guter Film scheint es ja nicht zu sein, ist es aber ein unterhaltsamer? 😀

    1. Kommt darauf an, ich fand ihn eher frustrierend. Wenn du gerade wirklich absolut Lust auf sehr überdrehte Piraten-Action hast, dann wäre es nachdenkenswert. Wenn nicht kann man sich den Kinobesuch auch sparen.

      1. Ich bin eigentlich ein großer Fan von Genre und fand die ersten drei alle sehr gut, wobei mir der vierte überhaupt nicht mehr gefiel. Überdreht ist aber eigentlich nicht gut bzw das war das, was mich am vierten am meisten störte, dass Jack Sparrow so maßlos überzeichnet war. Das Bauchgefühl stimmt aber mit deiner Rezension überein. Nur, wenn es falsch sein sollte, muss ein solcher Film eigentlich auf der großen Leinwand gesehen worden sein 😀 Ich schnapp mir aber vermutlich am Wochenende den kleinen Bruder und geh da rein, der ist elf und zumindest er wird vermutlich ne menge Spaß haben 😀

  3. Fluch der Karibik hat mich von Anfang an nicht wirklich gefesselt und den neuen möchte ich gar nicht sehen – aber ich muss jetzt einfach den Platz hier nutzen, um etwas zu fragen, was mich schon seit Wochen umtreibt: Wie fandest du Lego-Batman? (Rezension erwünscht) ^^

    1. Lego-Batman hab ich leider im Kino verpasst (sonst wäre die Rezension schon da), weil ich da absolut keine Lust auf die deutsche Synchro hatte/habe, aber die O-Ton-Vorstellungen alle zu unpassenden Zeiten liefen. Sobald die BD da ist, kommt auch die Rezension (müsste Anfang Juli sein). 😉

  4. Woah, das klingt ja wirklich furchtbar. Ich fand Teil 4 schon eher mäßig, dann werde ich mir den hier eher nicht antun.

    Kaya Scodelario ist aber wirkliche eine großartige Schauspielerin. Kennst du die UK-Version von „Skins“? Da spielt sie in den ersten 4 Staffeln mit und ist wirklich verdammt gut.

    1. Nein, kenne ich bisher nicht, für mich war Kaya Scodelario quasi die Neuentdeckung dieses Films. Aber besagte Serie ist lungert schon seit einiger Zeit auf meiner Netflix-Watchlist rum, sie kommt also irgendwann an die Reihe 😉

  5. Das scheint ja ein ausgesprochen kniffliger Fall zu sein. Ich habe schon von Pirates-of-the…-Fans gehört, die Teil 3 und 4 schlecht fanden und den 5. super. Und von welchen die 3-5 schlecht fanden. Aber die Kombi ist neu … ich muss mich da enthalten, da ich sogar zu der Fraktion gehöre, die ab Teil 4 gar nicht mehr erst mitgemacht hat. Leider. Und da ich Johnny Depp in letzter Zeit nicht viel abgewinnen kann, werde ich das wohl auch nicht aufholen.

    1. Ich habe Johnny Depps Karriere in den letzten Jahren nicht wirklich verfolgt und auch (allerdings ohne Intention) kaum einen Film gesehen, in dem er mitgespielt hat, aber „Pirates 5“ passt relativ gut zu dem, was man so allenthalben hört: Ich fand ihn einfach nicht gut. Vielleicht wäre es nicht ganz so auffällig gewesen, hätte ich nicht kurz vorher die anderen vier Filme gesehen, aber selbst im Vergleich zu seiner Performance in Teil 4 fand ich ihn in Teil 5 einfach daneben. Es stimmt schon, dass Jack Sparrow von Film zu Film immer etwas… sagen wir, exzentrischer wird, aber bis Film 4 war es für mich immer noch Jack Sparrow und nicht jemand, der versucht, Jack Sparrow zu parodieren.

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