Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore

Spoiler!
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Story: Wir schreiben das Jahr 1932; die Internationale Zauberervereinigung ist auf der Suche nach einem neuen Vorsitzenden. Dies möchte sich Gellert Grindelwald (Mads Mikkelsen), der nach wie vor finstere Absichten hegt, zunutze machen. Derweil versucht Albus Dumbledore (Jude Law) seinen ehemaligen Geliebten immer noch aufzuhalten. Nachdem Grindelwald von Anton Vogel (Oliver Masucci), dem noch amtierenden Vorsitzenden, rehabilitiert wird, stellt er sich selbst zur Wahl – diese wird jedoch nicht von der magischen Bevölkerung, sondern von einer magischen Kreatur, dem Qilin, der sowohl in die Herzen als auch in die Zukunft sehen kann, durchgeführt. Um zum Anführer der Zaubererschaft zu werden und diese endlich in einen Krieg gegen die Muggel führen zu können, heckt Grindelwald einen durchtriebenen Plan aus. Ein weiteres Mal ist es an Dumbledore und seinen Verbündeten, darunter Newt (Eddie Redmayne) und Theseus Scamander (Callum Turner), Jacob Kowalski (Dan Fogler) und die amerikanische Hexe Lally Hicks (Jessica Williams), den Schwarzmagier aufzuhalten…

Kritik: Ähnlich wie „X-Men: Dark Phoenix“ scheint auch „Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore“ der Abgesang auf eine sterbende Filmreihe zu sein, der eher aus Pflichtgefühl überhaupt erst in die Kinos kam und dort zu allem Überfluss nicht allzu viele interessierte, nicht zuletzt, weil einer der kreativen Köpfe sich zur Persona non grata entwickelte. Das war bei mir nicht anders, auch ich hatte ziemlich wenig Interesse an diesem (vorläufigen) Finale der „Fantastic-Beasts-Saga“, was allerdings nicht einmal so sehr an J. K. Rowlings Twitter-Ausfällen, sondern viel mehr an der unterirdischen Qualität des Vorgängers „The Crimes of Grindelwald“ lag – dieser hat mein Interesse am einstmals florierenden Potter-Franchise nachhaltig erstickt. Dennoch, ich bin eben Komplettist und war zudem auch neugierig auf die neue Inkarnation von Gellert Grindelwald. Bekanntermaßen erwies sich Johnny Depp ebenfalls als problematisch, auch wenn er jetzt im Gerichtshof der öffentlichen Online-Meinung rehabilitiert zu sein scheint – Warner hätte wohl besser daran getan, sich von Ezra Miller zu trennen. Wie dem auch sei und ohne hier ein Fass aufmachen zu wollen: Völlig unabhängig von Johnny Depps Charakter und seinem Privatleben war er in meinen Augen von Anfang an die völlig falsche Besetzung für Grindelwald und hat in dieser Rolle für mich nie funktioniert. Mads Mikkelsen ist da tatsächlich die deutlich bessere Wahl, aber dazu später mehr.

Nachdem „The Crimes of Grindelwald” zwar durchaus erfolgreich, aber eben nicht erfolgreich genug war und zudem (völlig zurecht) mit harscher Kritik bedacht wurde, bemühte man sich bei Warner um eine Kurskorrektur. Dass J. K. Rowling mit dem Schreiben (und vor allem Strukturieren) eines Drehbuchs überfordert war, hatte sich überdeutlich gezeigt, weshalb man ihr Potter-Drehbuch-Veteran Steve Kloves zur Seite stellte. Und tatsächlich: „The Secrets of Dumbledore“ ist immerhin besser strukturiert als der direkte Vorgänger und auch weniger erratisch. Massive erzählerische Probleme bleiben allerdings erhalten. Zum einen wäre da eine recht ungleichmäßig Fortführung und Weiterentwicklung der Handlungselemente und Figuren des Vorgängers. Nagini, in „The Crimes of Grindelwald“ gespielt von Claudia Kim, wird beispielsweise nicht einmal mehr erwähnt, während Tina Goldstein (Katherine Waterston), immerhin eine der zentralen Figuren der ersten beiden Filme, nur zwei kleine Cameos absolviert (was aber primär mit der Verfügbarkeit der Darstellerin zusammenhängt). Auch das ganze Hin und Her um Prophezeiungen, die (extrem subtil) auf den Zweiten Weltkrieg hinweisen und alles, was mit der Familie Lestrange zu tun hat, spielt überhaupt keine Rolle mehr. Und selbst Newt Scamander, immerhin in der Theorie der Protagonist der Filmreihe, wird mehr oder weniger zur Nebenfigur degradiert – ein Schicksal, das er mit Bilbo Beutlin teilt.

Stattdessen wird mit der Wahl des Vorsitzenden der Internationalen Zaubererversammlung ein völlig neues Fass aufgemacht, mit dem Rowling, Kloves und Yates mehr denn je versuchen, einen Politthriller mit magischem Abenteuer zu verknüpfen, was hier nicht allzu gut gelingt. Parallelen zu aktueller Politik und Geschichte sind nur allzu deutlich, wie üblich bleibt die Politik der „Wizarding World“ allerdings eine äußerst schwammige Angelegenheit. In den Harry-Potter-Romanen hat das allerdings nur bedingt geschadet, gerade in „Harry Potter and the Order of the Phoenix“ hat Rowling es wirklich gut genug geschafft, das herauszuarbeiten, was nötig und wichtig ist, nicht zuletzt deshalb, weil sie den Blickwinkel von Teenagern einnehmen konnte. Im Gegensatz dazu wirken die politischen Elemente in „The Secrets of Dumbledore“ geradezu beliebig, wenn nicht gar unsinnig. Was zu Anfang als Wahl inszeniert wird, verkommt zur magischen Zeremonie, in der nicht die Mehrheit, sondern ein ominöses Tierwesen darüber entscheidet, wer die Zaubererschaft führt. Zudem wird man auch nie wirklich über die Befugnisse des Vorsitzenden aufgeklärt. Diese Position existierte zwar bereits in den HP-Romanen (und wurde dort von Dumbledore ausgefüllt), hatte aber scheinbar kaum tatsächliche Auswirkungen. Hier nun scheint derjenige, der sie innehat, dazu in der Lage zu sein, den Muggeln den Krieg zu erklären.

Zudem ist überdeutlich, dass „The Secrets of Dumbledore“ ein merkwürdiger Hybridfilm geworden ist: Ursprünglich waren fünf Fantastic-Beasts-Filme geplant, aber nachdem die ersten beiden hinter den Erwartungen zurückblieben, entschloss man sich, mit dem dritten Film einen vorläufigen Schlussstrich zu ziehen. Somit muss „The Secrets of Dumbledore“ als Finale fungieren können, aber zugleich auch weitere Fortsetzungen ermöglichen, falls doch genug Zuschauer in die Kinos strömen. Harry-Potter-Fans wissen zudem, dass Grindelwalds finale Niederlage erst im Jahr 1945 stattfindet (nicht, dass Rowling im Rahmen dieser Filmreihe jemals vor massiven Retcons zurückgeschreckt wäre…). Ich persönlich denke, dass Rowling ursprünglich plante, Grindelwald hier Erfolg haben und das angestrebte Amt tatsächlich gewinnen zu lassen. Nicht von ungefähr spielt der Film im Jahr 1932, ein Jahr vor Hitlers Machtergreifung – die Parallelen zwischen Grindelwald und Hitler waren nie besonders subtil. Die beiden verbliebenen geplanten Filme hätten sich dann mit einer (kontinentaleuropäischen) Zaubererwelt unter Grindelwalds Kontrolle und dem magischen Äquivalent zum Zweiten Weltkrieg auseinandersetzen können. So muss Grindelwald hier aber ein weiteres Mal verlieren und flüchten, damit die Reihe, sollte es der letzte Fantastic-Beasts-Film sein, mit einem positiven Ende versehen werden kann.

Figurentechnisch konzentriert sich „The Secrets of Dumbledore“ tatsächlich auf die beiden Kontrahenten, während die meisten anderen in den Hintergrund rücken. Mit der von Jessica Williams gespielten Eulalie „Lally“ Hicks wird zudem eine neue, zentrale Figur vorgestellt, die wohl als Ersatz für Tina Goldstein gewertet werden kann – zumindest was die Stellung als zentrale weibliche Figur auf Dumbledores Seite angeht. Die Ilvermorny-Lehrerin (samt Darstellerin) absolvierte bereits in „The Crimes of Grindelwald“ einen kleinen Cameo-Auftritt und Jessica Williams hat sichtlich Spaß daran, sie zu spielen, darüber hinaus fällt die Charakterisierung aber eher dünn aus – etwas, das sich auf die meisten Figuren erstreckt. Weiterhin unterhaltsam bleibt auch Dan Fogler als Jacob Kowalski, der trotz seiner romantischen Verwicklungen seinen Optimismus nicht verliert. Alison Sudols Queenie Goldstein hat immerhin mehr Präsenz als ihre Schwester, aber auch ihr wird nicht wirklich viel Platz zur Entfaltung gelassen. Der junge Dumbledore ist weniger exzentrisch als sein älteres Ich, ansonsten aber ziemlich in-Character, inklusive der Eigenheit, seine Verbündeten über seine unnötig komplizierten Pläne im Dunkeln zu lassen. Nebenfiguren aus dem Vorgänger wie Yusuf Kama (William Nadylam) oder Bunty (Victoria Yeates) sind ebenfalls Teil von Dumbledores Team, tragen aber nur wenig zur Handlung bei. Credence‘ familiäre Situation wird ebenfalls aufgelöst, hier stellt sich nun heraus, dass er der Sohn von Albus Dumbledores Bruder Aberforth (Richard Coyle) ist.

Kommen wir nun aber zu Grindelwald: Ich hatte mich im Vorfeld gefragt, ob das veränderte Aussehen des Schwarzmagiers wohl thematisiert werden würde, immerhin könnte ich problemlos eine magische Erklärung finden, allerdings entschied man sich dazu, Grindelwalds Aussehen ebenso zu ignorieren wie seine völlig veränderte Persönlichkeit. Die Jack Sparrow’sche Exzentrik, die Johnny Depp mitbrachte, hat die Figur nun völlig verloren, stattdessen wird sie nun von einer energischen Zielstrebigkeit dominiert, die ich persönlich weitaus passender finde, die aber freilich ein massiver Kontinuitätsbruch ist (nicht, dass das noch jemanden besonders kümmern würde).

Wie schon „The Crimes of Grindelwald” bemüht sich auch „The Secrets of Dumbledore” um massives Spektakel, ohne allerdings jemals die alte Magie der Potter-Filme reaktivieren zu können, was ironischerweise auch an der Darstellung der Magie liegt – ein Problem, das jedes der drei Prequels plagt. Nicht, dass Rowling bei den Regeln der Magie in der „Wizarding World“ immer konsistent oder konsequent gewesen wäre, aber es gab immerhin Regeln und sie wurden auch erklärt. Vor allem in den letzten beiden Teilen dieser unfreiwilligen Prequel-Trilogie können Zauberer und Hexen inzwischen quasi fast alles machen, was sie wollen. Das Duell zwischen Dumbledore und Credence beispielsweise wirkt eher, als stamme es aus „Doctor Strange“, inklusive der Spiegeldimension. In der Figurenkonzeption und -konstellation versuchen Rowling, Kloves und Yates zudem immer wieder, nach bester George-Lucas-Manier („It rhymes!“) auf bereits Erzähltes zu verweisen, etwa durch die Parallelen zwischen Ariana Dumbledore und Credence, Draco Malfoy und Credence oder Snape und Queenie.

Auch die Nostalgiekeule wird immer wieder ausgepackt – wenn handelnde Figuren in Hogwarts vorbeischauen, erklingt Hedwigs Thema in bester Williams-Manier und erweckt zumindest bei mir das Bedürfnis, statt dieses Films doch lieber die alten Potter-Filme wieder anzuschauen. Und dann ist da noch diese eine Szene, in der aus einem Koffer buchstäblich Potter-Requisiten ausbrechen, darunter ein Schnatz und mehrere Exemplare des Monsterbuchs der Monster, natürlich untermalt vom Flug-Thema aus den ersten drei Potter-Scores. Abseits dieser offensichtlichen Einspielungen weiß immerhin James Newton Howards Score auch ein drittes Mal zu überzeugen und die Emotionalität zu vermitteln, an der der Film scheitert. Eine ausführliche Besprechung des Scores findet sich hier.

All das zeigt, dass auch hier die altbekannten Fehler gemacht wurden, die so viele Franchises plagen. Ich denke, die Fantastic-Beasts-Serie hätte durchaus funktionieren können, hätte man sich auf die Stärken des ersten Teils berufen und es vermieden, eine epische Saga und ein mit Nostalgie getränktes Prequel zu den Potter-Filmen zu erzählen. Stattdessen hätte man sich an den inhaltlich kaum miteinander verbundenen Bond-Filmen der Roger-Moore-Ära orientieren können und pro Film ein in sich geschlossene Abenteuer mit magischen Tierwesen an verschiedenen, interessanten Orten erzählen können, während der Krieg gegen Grindelwald lediglich ein Element des Hintergrundes bleibt, so wie es der Kalte Krieg in den Bond-Filmen war.

Fazit: „The Secrets of Dumbledore“ ist zwar marginal besser als „The Crimes of Grindelwald”, schafft es aber nicht einmal in Ansätzen, die alte Magie zurückzubringen. Ein besser strukturiertes Drehbuch und ein talentierter Cast können leider nicht über massive erzählerische Probleme und den Mangel an Inspiration hinwegtäuschen.

Bildquelle (Foto: Warner Bros.)

Trailer

Siehe auch:
Fantastic Beasts and Where to Find Them
Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald – Ausführliche Rezension

Art of Adaptation: Die neun Pforten

Enthält Spoiler zu Roman und Film

Bei „Der Club Dumas“ (Originaltitel: „El Club Dumas“), verfasst von dem spanischen Schriftsteller Arturo Pérez-Reverte und erschienen im Jahr 1993, handelt es sich um einen Roman, den ich erst kürzlich in Hörbuchform konsumiert habe. Die Filmadaption dagegen kenne ich schon ziemlich lange, sie stammt aus dem Jahr 1999 und trägt den Titel „Die neun Pforten“ (Originaltitel: „The Ninth Gate“), Regie führte Roman Polanski. In Bezug auf das Thema „Adaption“ ist dieser Film ein sehr interessantes Studienobjekt. Pérez-Revertes Roman hat zwei übergreifende Handlungsstränge – den einen adaptieren Polanski und seine Drehbuch-Co-Autoren John Brownjohn und Enrique Urbizu mit Abstrichen sehr Vorlagengetreu, während sie den anderen komplett fallen lassen.

Handlung
Der Bücherhändler und -jäger Corso (Johnny Depp) wird von einem enigmatischen Sammler (Frank Langella) angeheuert. Besagter Sammler, der sich auf Bücher, die sich mit Satan beschäftigen, spezialisiert hat, hat ein enorm seltenes Buch erworben: „Die neun Pforten ins Reich der Schatten“, entstanden im 17. Jahrhundert und verfasst und gedruckt von Aristide Torchia. Der vorherige Besitzer hat kurz nach dem Verkauf Selbstmord begangen. Es sind noch zwei weitere Exemplare des Werkes bekannt, eines befindet sich in Spanien, das andere in Paris. Der Sammler vermutet, dass nur eines der drei Exemplare das richtige ist und beauftragt Corso damit, die drei Exemplare miteinander zu vergleichen. Sollte sich herausstellen, dass eines der anderen das richtige ist, kommt ein Folgeauftrag hinzu: Er soll das richtige um jeden Preis an sich bringen. Nach einem kurzen Intermezzo mit der Witwe des toten Vorbesitzers (Lena Olin) begibt sich Corso zu den Gebrüdern Ceniza (José López Rodero), bei denen es sich um hochtalentierte Antiquare handelt, um in Erfahrung zu bringen, ob die Fälschung eines Buches wie „Die neun Pforten“ überhaupt möglich ist. Die Brüder bestätigen, dass eine Fälschung möglich, allerdings sehr unwahrscheinlich und kostspielig wäre. Im Anschluss begibt sich Corso zum Besitzer der zweiten Ausgabe, einem verarmten Büchersammler namens Victor Fargas (Jack Taylor). Dieser erlaubt ihm, die beiden Exemplare der „Neun Pforten“ miteinander zu vergleichen. Dabei fällt Corso auf, dass die Holzschnitte nicht miteinander übereinstimmen. Es sind immer nur kleine Details – Schlüssel, die sich in unterschiedlichen Händen befinden, zugemauerte Eingänge etc. In jeder der beiden Ausgaben sind drei Holzschnitte mit LCF signiert, im Gegensatz zu den sechs anderen, die vom Autor selbst angefertigt wurden.

Bereits am Anfang seiner Reise ist Corso eine mysteriöse Blondine (Emmanuelle Seigner) aufgefallen, die ihn regelrecht zu verfolgen scheint und ihn nun warnt. Tatsächlich, Corso findet Fargas am nächsten Tag tot auf und sein Exemplar der „Neun Pforten“ wurde zerstört, die LCF-Holzschnitte wurden zuvor entfernt. Zusammen mit der Blondine, die nun zu Corsos Reisebegleiterin wird, begibt sich der Bücherjäger nach Paris, um die Besitzerin der dritten Ausgabe der „Neun Pforten“ aufzusuchen. Die Baroness (Barbara Jefford) ist zunächst zögerlich, erlaubt Corso dann jedoch, ihr Exemplar zu studieren. Auch hier findet Corso abermals drei Holzschnitte mit den LCF-Initialen. Somit ist klar: Erst, wenn man alle drei Ausgaben besitzt, hat man auch alle neun Holzschnitte, mit denen dann angeblich der Teufel beschworen werden kann. Doch die Ereignisse wiederholen sich, die Baroness wird ermordet und die LCF-Holzschnitte werden gestohlen – genauso wie Corsos Exemplar. Will er sich nicht den Zorn seines Auftraggebers zuziehen, sollte er sich schleunigst daran machen, die gestohlenen Holzschnitte und das Exemplar zurückzubringen. Die Spur führt in zur Witwe des ursprünglichen Besitzers…

Der Teufel im Detail
Diese Inhaltsangabe habe ich so verfasst, dass sie sowohl für den Film als auch für den Roman funktioniert. Bevor ich auf den völlig ignorierten Handlungsstrang zu sprechen komme, zuerst noch das eine oder andere Detail, das geändert wurde – hier sind vor allem die Namen und der Ausgangsort der Handlung betroffen, sowie einige andere Details. Da Arturo Pérez-Reverte Spanier ist, verwundert es nicht, dass die Handlung auch in Spanien beginnt und endet. Polanski verlegte die Handlung dagegen nach New York – dementsprechend änderte er auch den Namen des Protagonisten, der im Roman Lucas Corso heißt, während er im Film Dean Corso genannt wird. Der ehemalige Besitzer der „Neun Pforten“, der sich zu Beginn der Handlung umbringt, heißt bei Pérez-Reverte Enrique Taillefer, amerikanisiert wird aus ihm Andrew Telfer. Ähnlich wurde mit seiner Frau verfahren; im Roman Lianna Taillefer, im Film Liana Telfer. Und aus der Baroness Frieda Ungern, der Besitzerin der dritten Ausgabe, wird im Film aus mir recht unerfindlichen Gründen Frieda Kessler. Am interessantesten ist jedoch die Adaption des Auftraggebers: Eigentlich ist diese Figur sehr vorlagengetreu umgesetzt, allerdings trägt genau dieser Charakter, der die „Neun Pforten“ erwirbt und Corso anheuert, im Roman den Namen Varo Borja, während die Figur, die bei Pérez-Reverte als Boris Balkan auftritt und als Chronist der Ereignisse fungiert, im Film kein Gegenstück hat. Natürlich finden sich abseits dieser Figuren noch diverse weitere kleinere und größere Abweichungen, vor allem gegen Ende hin, allerdings folgt der Film der Romanhandlung und ihren Stationen insgesamt sehr genau.

Der Dumas-Faktor
Wer nur mit „Die neun Pforten“ vertraut ist, mag sich vielleicht fragen, weshalb die Romanvorlage eigentlich den Titel „Der Club Dumas“ trägt. Kommen wir nun also zum zweiten, aus dem Film getilgten Handlungsstrang. Bei Pérez-Reverte führt Corso nämlich Parallel zur Untersuchung der „Neun Pforten ins Reich der Schattem“ einen weiteren Auftrag aus. Es handelt sich hierbei um die Untersuchung eines Manuskripts, bei dem es sich angeblich um eine Original-Handschrift aus den „Drei Musketieren“ von Alexandre Dumas handelt. Während Varo Borja im Roman die Rolle einnimmt, die Boris Balkan im Film innehat, ist die Romanversion von Balkan ein Dumas-Experte und hat nichts mit Satanismus am Hut. Auch Lianna Taillefer ist im Roman nicht hinter den „Neun Pforten“ her (was allerdings lange unklar bleibt), sondern hinter dem Dumas-Manuskript. Selbst vor dieser Enthüllung sind die beiden Handlungsstränge voneinander merkwürdig separiert und wollen nicht so recht ineinandergreifen. Während Corso sich im Film immer wieder in Situationen wiederfindet, die an die Holzschnitte aus den „Neun Pforten“ erinnern, tauchen im Roman immer mehr Parallelen zu den „Drei Musketieren“ auf. Lianna Taillefer stilisiert sich selbst als Milady de Winter mit ihrem eigenen Rochefort. Gegen Ende des Romans kommt dann heraus, dass beide Handlungsstränge tatsächlich überhaupt nicht zusammenhängen und die Verknüpfungen lediglich von Corso fälschlicherweise wahrgenommen wurden. Varo Borja endet zwar ähnlich wie die Film-Version von Boris Balkan, aber das wird eher als Nachgedanke inszeniert.

Für den Film konzentrierte sich Polanski ausschließlich auf die Handlung um die „Neun Pforten“ und reichert Corsos Recherchereise mit Elementen eines okkulten Thrillers an (mit diesem Genre hat er ja einige Erfahrungen). Die enigmatische Begleiterin Corsos, die im Roman scherzhaft „Irene Adler“ genannt wird (ausnahmsweise Doyle statt Dumas), besitzt im Film eindeutig übernatürliche Kräfte; während sie bei Pérez-Reverte behauptet, ein gefallener Engel zu sein, scheint das bei Polanski tatsächlich zuzutreffen. Im Roman taucht der echte neunte Holzschnitt darüber hinaus auch nicht auf und Corso macht sich am Ende auch nicht daran, das Ritual selbst durchzuführen, nachdem Balkan/Borja daran gescheitert ist.

Urteil
„Der Club Dumas“ ist in Essenz ein ähnlich bibliophiler Roman wie „Der Name der Rose“ oder „Die Stadt der träumenden Bücher“ – besonders an letzteres Meisterwerk von Walter Moers wurde ich immer wieder erinnert. Lucas Corso besitzt zwar nicht unbedingt Ähnlichkeiten mit Hidlegunst von Mythenmetz, aber durchaus mit Colophonius Regenschein, da beide im Grunde Bücherjäger sind und den alten Schwarten mit detektivischem Geschick zu Leibe rücken. Dementsprechend besteht ein großer Teil des Romans auch aus Erläuterungen rund um das Buch-, Verlags- und Druckwesen – mit einem gewissen Fokus auf Alexandre Dumas. Das ist allerdings keinesfalls dröge oder langweilig, Pérez-Reverte bereitet das Ganze äußerst unterhaltsam auf, da die Informationen für Corsos Tätigkeit und die Handlung relevant sind. Corso gibt dabei auch einen durchaus brauchbaren Protagonisten ab, der eigentlich zynisch und etwas zwielichtig ist, aber nach und nach von den Ereignissen mitgerissen wird. Ganz allgemein ist „Der Club Dumas“ äußerst spannend geschrieben. In der Hörbuchfassung kommt noch David Nathans Interpretation dazu, die wie üblich erstklassig ist. Amüsanterweise gehört „Die neun Pforten“ zu den Filmen, in denen Nathan nicht Johnny Depp spricht. Das größte Problem des Romans ist das letzte Drittel und der Umstand, dass die beiden Handlungsstränge eben nicht zusammenhängen. Das Ende wirkt fast schon enttäuschend; die Handlung flacht im Grunde einfach ab.

Gerade hier weiß die Filmadaption Abhilfe zu schaffen, da sie durch die Eliminierung des Dumas-Plots die dramaturgischen Probleme des letzten Drittels elegant umschifft. Ironischerweise unterscheiden sich die Ereignisse in Buch und Film gar nicht so sehr voneinander, es ist lediglich die Art und Weise, wie sie präsentiert und kontextualisiert werden. Der titelgebende Club Dumas, in dem Boris Balkan und Liana Teillefer Mitglieder sind, wird durch eine Gruppe von Satanisten ersetzt und das restliche Geschehen wird dramatischer interpretiert. Diese Veränderungen sorgen auch dafür, dass „Die neun Pforten“ zu einem okkulten Thriller werden, was bei „Der Club Dumas“ nicht der Fall ist; wo es im Roman eine gewisse Ambiguität gibt, schafft der Film Klarheit, „Irene Adler“ ist tatsächlich Satan oder eine Dämonin. In diesem Zusammenhang muss allerdings auch gesagt werden, dass diese Klarheit in Bezug auf das Übernatürliche mitunter etwas überdreht und lächerlich wirkt, besonders dann, wenn „Irene Adler“ zu fliegen anfängt.

Letztendlich sind sowohl Roman als auch Film empfehlenswert, sofern man sich für die entsprechenden Thematiken interessiert – dennoch ist „Die neun Pforten“ als Adaption schwierig zu bewerten, da eben doch ein essentielles Element des Romans, das ihm sogar seinen Namen gibt, komplett ausgelassen wird. Aber als Film funktioniert „Die neun Pforten“, besonders in dramaturgischer Hinsicht, mit Fokus auf eben jenes satanische Buch zweifelsfrei am besten.

Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald – Ausführliche Rezension

Spoilerificus Totalus!
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Ich möchte diese Rezension mit einem Zitat Lord Voldemorts beginnen: „They never learn. Such a pity.“ Leider passt dieses Zitat nur allzu gut. Nach einem soliden Start dieser Filmreihe um Newt Scamander mit „Fantastic Beasts and Where to Find Them“ gelingt es der Fortsetzung mit dem kaum weniger sperrigen Titel „Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald“ leider, in so ziemlich jedes Fettnäpfchen zu treten, das man sich bei einem derartigen Franchise-Film nur vorstellen kann. Man kann kaum über diesen Film sprechen, ohne zu spoilern, weshalb ich das auch gar nicht groß versuchen werde. Die Probleme sind im Grunde dieselben wie bei „The Amazing Spide-Man 2“, den Hobbit-Filmen oder „Batman v Superman: Dawn of Justice“.

Handlung
Gellert Grindelwald (Johnny Depp) befindet sich bereits seit einiger Zeit in der Gefangenschaft des MACUSA und soll nun nach Europa überstellt werden, doch ihm gelingt die Flucht. Der finstere Zauberer macht sich auf nach Paris, um seine Anhänger um sich zu scharen. Nach wie vor ist er an Credence Barebone (Ezra Miller) interessiert, der die erste Begegnung mit Grindelwald nicht nur überlebt hat, sondern nun in Paris nach seinen Wurzeln sucht.

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Newt (Eddie Redmayne) und Theseus (Callum Turner), die Gebrüder Scamander

Derweil erhält Newt Scamander (Eddie Redmayne) einen Auftrag von Albus Dumbledore (Jude Law): Er soll sich ebenfalls nach Paris aufmachen, um Credence aufzuspüren. Newt hat derweil eigentlich andere Probleme, da sein Bruder Theseus (Callum Turner) seine alte Flamme Leta Lestrange (Zoë Kravitz) heiraten wird. Zwischendurch tauchen auch Jacob Kowalski (Dan Fogler) und Queenie Goldstein (Alison Sudol) auf; Erster hat sein Gedächtnis wieder, aber in der Beziehung der beiden kriselt es ziemlich, da Jacob Queenie nicht heiraten möchte, um sie nicht in Konflikt mit dem MACUSA zu bringen. Zudem erfährt Newt, dass Tina (Katherine Waterston) sich ebenfalls in Paris aufhält, um nach Credence zu suchen. Es kommt, wie es kommen muss: Die Fäden laufen zusammen, verheddern sich ordentlich und es folgt die Konfrontation mit Grindelwald, in dem sich die Fronten klären und jeder eine Seite wählen muss.

Verlorene Figuren
Wenn ich eine übergreifende Schwäche bei „Crimes of Grindelwald“ nennen müsste, dann wäre das wohl „Mangel an Motivation“, und zwar auf allen Ebenen. Der Vorgänger war zweifelsohne nicht frei von Schwächen, aber im Großen und Ganzen war klar, weshalb die Figuren tun, was sie tun.

Der Mangel an Motivation beginnt bereits bei der Wiedereinführung der Figuren des ersten Teils (wobei es hier sowohl den Figuren selbst als auch Rowling und Yates an Motivation fehlt). Wichtige Schritte in der Entwicklung der Figuren werden einfach übersprungen und in einem Halbsatz abgehandelt, wobei ganz nebenbei noch essentielle emotionale Elemente des ersten Films zerstört werden. Credence hat überlebt? Ja, man konnte in „Fantastic Beasts and Where to Find Them” sehen, dass sich ein Fetzen seines Obscurus-Wesens davon gemacht hat. Aber plötzlich ist er ohne Erklärung wieder völlig beieinander und kann seine Fähigkeiten offenbar weitaus besser kontrollieren als früher. Ähnlich verhält es sich mit Jacobs Gedächtnis. Es wirkt, als hätten Rowling und Yates schlicht keine Lust gehabt, sich mit diesen Elementen auseinanderzusetzen und sie deshalb einfach ignoriert, um zum gewünschten Ausgang zu gelangen.

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Jacob Kowalski (Dan Fogler) und Tina Goldstein (Katherine Waterston)

Auch die Konflikte zwischen den Figuren sind bestenfalls halbherzig und meistens einfach nur schlecht geschrieben. Jacob und Queenie waren im ersten Film äußerst liebenswert, jetzt sind sie einfach nur flach. Queenies gesamter Handlungsstrang in diesem Film ist völlig unlogisch und einfach nur daneben: Weil die Gesellschaft es ihr verbietet, den Mann zu heiraten, den sie liebt, verlässt sie diesen Mann, um sich dem Schwarzmagier anzuschließen, der Muggel gnadenlos zu unterdrücken gedenkt? Auch der Konflikt zwischen Tina und Newt funktioniert vielleicht in einer schlechten Soap, ist im Kontext dieses Films aber so fürchterlich erzwungen und gleichzeitig so banal, dass es schmerzt.

Mit den diversen neuen Figuren verhält es sich ähnlich. Sowohl der Konflikt zwischen Newt und Theseus als auch die Beziehung der beiden zu Leta Lestrange bleiben oberflächlich und undefiniert. Man merkt gerade eben so, dass Substanz hätte da sein können, hätte es nur die passende Motivation dazu von Rowling und Yates gegeben.

Insgesamt bleiben die Figuren, vor allem diejenigen, die neu eingeführt werden, fürchterlich blass und uninteressant. Gerade das ist vielleicht die größte Enttäuschung. Bei allem, was man den Harry-Potter-Romanen vielleicht vorwerfen kann, unmarkante Figuren gehören definitiv nicht dazu. Früher hatte Rowling stets ein Talent dafür, ihre magische Welt mit einprägsamen Charakteren zu bevölkern. Mitunter konnten die Filme sogar noch darauf aufbauen. Man erinnere sich nur an den von Peter Mullan gespielten Yaxley in „Die Heiligtümer des Todes Teil 1“. Eine kleine Rolle, ein verhältnismäßig unwichtiger Todesser, aber er bleibt im Gedächtnis. Kein Vergleich zu Grindelwalds Entourage, die ebenso blass wie austauschbar ist.

Verworrene Handlungsstränge
Im „Fantastic Beasts and Where to Find Thema” konnte David Yates eine im Grunde relativ geradlinige Handlung umsetzen, deren größte Schwäche war, dass die beiden Stränge sich nicht so recht miteinander verknüpfen wollten. „The Crimes of Grindelwald“ hat dieses Problem in noch weit, weit größerem Ausmaß. Hier merkt man schmerzhaft, dass J.K. Rowling eben eine Roman- und keine Drehbuchautorin ist, denn die Handlungskonstruktion des Films mit seinen diversen Subplots ist die eines Romans. Insgesamt denke ich tatsächlich, dass „The Crimes of Grindelwald“ als Roman vielleicht nicht gut, aber doch weitaus besser funktioniert hätte als als Film.

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Nagini (Claudia Kim) und Credence Barebone (Ezra Miller)

Die Handlungsstränge, von denen es hier eine ganze Menge gibt, sind separiert und finden kaum zusammen. Alles ist mit Figuren, Konflikten und Beziehungen überfrachtet, diese bleiben aber ohne Tiefe, alles wird nur oberflächlich angerissen. Zudem sorgen der Schnitt und einige ziemlich merkwürdige Entscheidungen (etwa die Close-ups zu Beginn) dafür, dass man als Zuschauer auch nicht investiert ist. Es gibt durchaus gelungene Einzelszenen und Set-Pieces, aber der Kontext ist stets misslungen. Actionszenen wirken oft aufgesetzt, unlogisch, unnötig oder dramaturgisch daneben. Das beginnt bereits bei Grindelwalds Flucht direkt zu Beginn, bei der ich bis jetzt noch nicht herausfinden konnte, weshalb sie auf diese Weise überhaupt nötig war – was bezweckt Grindelwald damit? Auch die Sequenzen, in denen neue Tierwesen auftauchen, um von Newt gebändigt zu werden, sind hier seltsam fehl am Platz und erwecken den Eindruck, man versuche die Gegenstücke aus dem ersten Film zu rekonstruieren. Immer wieder pausiert die eigentliche Handlung auf plumpe Weise, die Action entwickelt sich nie logisch aus dem Geschehen.

Und wo wir gerade von der Handlung sprechen: Auch die Vermittlung dessen, was eigentlich passiert, lässt ziemlich zu wünschen übrig. Manche Szenen sind mit Exposition geradezu vollgestopft, während bei anderen überhaupt nur vage klar ist, was warum geschieht. Natürlich, wer mit Rowling und den HP-Romanen intim vertraut ist, hat meistens keine Probleme, sich alles zusammenzureimen, aber alle anderen dürfte das frustrieren und/oder langweilen. Eines der unschönsten Beispiele ist der gesamte Subplot um die Familiengeschichte der Lestranges und ihre Verknüpfung mit Credence. Hier werden aufwendig Familienverhältnisse erklärt, ohne dass es letztendlich irgendwelche Auswirkungen hat, da es nur eine falsche Fährte ist und letztendlich völlig ohne Konsequenzen bleibt.

Dumbledore vs. Grindelwald
Trotz allem hat auch „The Crimes of Grindelwald“ die eine oder andere Stärke. Das in meinen Augen beste Element des Films ist fraglos Jude Law als junger Dumbledore. Er hat nicht viel Leinwandzeit, nutzt diese aber ausgezeichnet und mausert sich zum heimlichen Star dieses Films. Dabei spielt Law nicht spezifisch einen jungen Richard Harris oder Michael Gambon, sondern tatsächlich einen Dumbledore, der als jüngere Version beider Darsteller funktionieren könnte. Johnny Depp dagegen… die Zweifel, die ich schon seit „Fantastic Beasts and Where to Find Them” hatte, zeigen sich nun als gerechtfertigt. Johnny Depp ist als Schauspieler für meinen Geschmack zu markant und zu sehr mit anderen Rollen verknüpft, um in dieser wirklich funktionieren zu können. Jude Law kann ich problemlos als Dumbledore sehen, aber wenn Depp den Zauberstab schwingt, sehe ich Depp und nicht Grindelwald.

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Leta Lestrange (Zoë Kravitz) und Gellert Grindelwald (Johnny Depp)

Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn man Colin Farrell nicht nur Grindewalds Deckidentität, sondern auch den tatsächlichen Schwarzmagier hätte spielen lassen. Leider wird Grindelwald in dem nach ihm benannten Film zu allem Überfluss auch noch nicht allzu gut charakterisiert und erinnert in seiner großen Rede irgendwie an Magneto. Das Problem dabei ist, dass seine Agenda schlecht dargestellt wird. Da sind einerseits die Elemente, die er sich mit Voldemort teilt und mit denen er die alten Reinblüter auf seine Seite ziehen will, gleichzeitig hat er aber auch nichts gegen Muggel, sodass er mit derselben Rede auch Queenie von sich überzeugen kann. Und dann sieht er mit seinen seherischen Fähigkeiten auch gleich noch den Zweiten Weltkrieg voraus. Alles ein wenig viel auf einmal, und zudem schafft Depp es einfach nicht, die diversen Facetten glaubhaft zu verkörpern, sodass Gellert Grindelwald sich problemlos in die Riege an blassen und unmotivierten Figuren dieses Films einreiht.

Harry Potters Vermächtnis
Ein Aspekt, der mir an „Fantastic Beasts and Where to Find Them“ ziemlich gut gefiel, war der Umstand, dass man die Verknüpfungen zum Franchise im Großen und Ganzen subtil hielt. Es war zweifelsohne dieselbe Welt, aber an einem anderen Ort und zu anderer Zeit. Anspielungen blieben zumeist unaufdringlich und Yates und Rowling gelang es, das New York der Zaubererschaft als eigenständigen Handlungsort zu etablieren. Leider war man wohl der Meinung, dass das alles zu subtil war; „The Crimes of Grindelwald“ erinnert da eher an die Hobbit-Filme – hier wird grob recycelt, um Nostalgie zu erwecken. Wo New York als Handlungsort eigenständig war, ist Paris kaum mehr als ein bloßer Abklatsch. Es gibt eine französische Winkelgasse und ein französisches Zaubereiministerium; beide wirken rechtschaffen profillos und bekannt.

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Albus Dumbledore (Jude Law)

Die Franchise-Probleme reichen aber noch weitaus tiefer. Das Verhältnis dieses Films zu seinem Franchise erinnert mich ein wenig an „Batman v Superman: Dawn of Justice“. Die Handlung ist so konstruiert, dass man mindestens die HP-Filme und idealerweise die HP-Romane ziemlich gut kennen muss, um ihr vollständig folgen zu können. Gleichzeitig bricht dieser Film konstant die Regeln und packt einen Retcon nach dem anderen aus, der genau diejenigen, die der Film eigentlich ansprechen sollte, verärgert. Und das ist auch noch unnötig, weil das alles nicht zur eigentlichen Handlung beiträgt. Warum muss Professor McGongall bereits sieben Jahre vor ihrer Geburt in Hogwarts unterrichten? Ist es wirklich nötig, dass Dumbledore statt Verwandlung Verteidigung gegen die Dunklen Künste lehrt? Ja, die Szene mit dem Irrwicht deutet einen späteren Twist an (was an sich schon ein viel zu deutlicher Rückgriff auf „Der Gefangene von Askaban“ ist), aber wäre es nicht interessanter gewesen, einmal Galatea Merrythought zu zeigen, die zu diesem Zeitpunkt eigentlich Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichtet? Und dann ist da noch der Schlusstwist, der so gar keinen Sinn ergibt, zeitlich überhaupt nicht passt und, wenn Rowling noch halbwegs bei Sinnen ist, besser eine wilde Lüge von Grindelwald ist.

Fast genauso ärgerlich sind die unnötigen Gastauftritte. Nicolas Flamel (Brontis Jodorowsky) wird nur für billige Gags gebraucht und Nagini (Claudia Kim) ist sogar Gastauftritt und Retcon in einem: Da verpasst Rowling Voldemorts Schlange eine menschliche Identität und einen komplizierten Fluch, um dann praktisch nichts mit ihr zu machen. Nagini ist ein reines Anhängsel für Credence, hat keinen Handlungsbogen, keine Motivation und auch keinen Grund, warum sie überhaupt im Film ist, außer um eventuell etwas für kommende Sequels vorzubereiten.

Ein weiteres Problem, das bereits im ersten Film in Ansätzen zu sehen war, ist die Potenz der Magie. In den Romanen waren die Regeln der Magie zugegebenermaßen auch nicht immer völlig konsistent, aber was in diesen beiden Filmen gezaubert wird, lässt selbst die Erwachsenen Harry-Potter-Figuren amateurhaft wirken. Schon der Wiederaufbau von New York im ersten Teil war zu viel des Guten, aber Grindelwalds blauer Feuerdämon ist endgültig over the top. Das ist Magie auf Warcraft-Level, die in diesem Universum fehl am Platz wirkt und zum hohlen Spektakel ausartet. Nebenbei: Warum ist die Zaubererwelt nach allem, was in diesem Film passiert ist, überhaupt noch geheim?

Fazit: „Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald” ist leider ein Sequel, das weit hinter dem zwar nicht herausragenden, aber doch sehr soliden ersten Teil zurückbleibt. Unmotivierte Figuren tummeln sich in einer überfrachteten, schlecht konstruierten Story, die zu allem Überfluss den Kanon des „Potterverse“ (meinetwegen auch der „Wizarding World“) ernsthaft in Mitleidenschaft zieht. Ab in die Potter-Ecke der Schande zu „The Cursed Child“.

Trailer

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Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales

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Story: Der junge Henry Turner (Brenton Thwaites) möchte seinen Vater Will (Orlando Bloom) um jeden Preis vom Fluch der Flying Dutchman befreien. Dazu benötigt er den Dreizack des Poseidon, der jeden Fluch der Meere brechen kann. Nur zwei Personen sind in der Lage, ihm beim Aufspüren des Dreizacks zu helfen: Die junge Astronomin Carina Smyth (Kaya Scodelario), die über eine wichtige Spur in Form eines Tagebuchs verfügt, und natürlich Captain Jack Sparrow (Johnny Depp) mit seinem Kompass. Jack hat darüber hinaus ebenfalls Verwendung für den Dreizack, denn ein alter Feind ist ihm auf den Fersen, um sich an ihm zu rächen: Der untote Captain Salzar (Javier Bardem), der Piraten im Allgemeinen und Jack Sparrow im Besonderen hasst wir die Pest. Sein Kreuzzug gegen die Piraterie ruft auf Captain Barbossa (Geoffrey Rush) auf den Plan, der jedoch wie üblich eigene Ziele verfolgt…

Kritik: Mein Verhältnis zum Pirates-Franchise ist ein wenig anders und insgesamt positiver als das der meisten. Obwohl auch ich denke, dass „The Curse of the Black Pearl“ ein fast perfekter Abenteuerfilm ist, ziehe ich den komplexeren, von exzellenter Figurendynamik getriebenen zweiten Teil vor. Die Teil 3 und 4 sind da weitaus schwächer, aber auch ihnen kann ich durchaus einiges abgewinnen. „Dead Men Tell No Tales“ (mancherorts auch „Salazar’s Revenge“) dagegen hat mich insgesamt ziemlich enttäuscht und ist in meinen Augen der mit Abstand schwächste Film des Franchise.

Alle anderen Pirates-Filme, unabhängig von ihren sonstigen Stärken und Schwächen, hatten dieses gewisse Etwas, das sie zu Pirates-Filmen machte, dieses Verständnis für die Figuren und die Welt. „Dead Men Tell No Tales“ fehlt dieses gewisse Etwas. Es liegt gewiss nicht daran, dass die Regisseur Joachim Rønning und Espen Sandberg sowie Drehbuchautor Jeff Nathanson nicht versuchen, all das, was einen Pirates-Film ausmacht, auch in Teil 5 unterzubringen, aber leider bleibt es beim gescheiterten Versuch. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die ursprünglichen Drehbuchautoren und Erschaffer dieser Welt, Ted Elliott und Terry Rossio, an diesem Sequel kaum bzw. gar nicht beteiligt waren. Letzterer hat zwar noch ein Story-Credit, aber soweit ich weiß bezieht sich das höchstens auf ein paar allgemeine Ideen – das Drehbuch stammt ausschließlich von Jeff Nathanson.

Die Zutaten der Geschichte sind die üblichen: Ein magisches MacGuffin, ein junger, unbedarfter Held samt Love-Interest, bösartige Geister, Action-Set-Pieces und natürlich Captain Jack Sparrow. Schon „On Stranger Tides“ variierte im Grunde primär Elemente des ersten Films, aber dort funktionierte das Ganze für mich noch zumindest halbwegs. Wie sehr dem neuen Kreativteam das Verständnis für diese Welt fehlt, zeigt sich am besten an Jack Sparrow selbst. In den anderen vier Filmen mag er viele Dinge gewesen sein; exzentrisch, verschroben, bizarr, aber eines war er nie: Ein Trottel. Hinter der Fassade verbarg sich stets ein scharfer Verstand; Jack hatte immer noch ein bis zwei Notfallpläne und konnte auch ziemlich gut improvisieren, sollte es mit besagten Plänen nicht klappen. Jack Sparrow ist ein klassischer Trickster, der alle an der Nase herumführt. In Teil 5 dagegen scheint Depp jedes Gespür für seine Figur verloren zu haben und spielt sie als Parodie ihrer selbst, noch nuschelnder, noch torkelnder, noch bizarrer, aber ohne den wachen, planenden Verstand, der sie antreibt und vor allem ohne die Essenz, die sie erst zu jedermanns Lieblingsfigur machte. Bei vielen anderen Elementen dieses Films scheint es ähnlich zu sein, egal ob es sich um die Dialoge, den Humor oder die Action handelt: Vieles wirkt, als wolle „Dead Men Tell No Tales“ den ersten Film, der ja selbst zumindest teilweise eine Parodie auf das Genre des Piratenfilms ist, parodieren. Alles ist noch bescheuerter und übertriebener – und das nicht auf die gute Art.

Letztendlich gilt wohl vor allem folgender Leitsatz für diesen Film: „Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht.“ Nathanson, Rønning und Sandberg arbeiten stark mit Nostalgie und bringen Figuren- und Handlungselemente der ursprünglichen Trilogie zurück, um vermeintlich offene Enden zu verarbeiten, während sie gleichzeitig weiter die Hintergründe Jack Sparrows beleuchten wollen. Aber auch hier gehen sie schlampig vor, vieles passt nicht zu dem, was bereits etabliert wurde. So zeigt „Dead Men Tell No Tales“ beispielsweise wie Jack an seinen Kompass erhielt – nur blöd, dass er ihn laut „Dead Man’s Chest“ von Tia Dalma bekam. Auch die Funktionsweise scheint sich verändert zu haben, denn in den bisherigen Filmen gab es nie negative Auswirkungen, obwohl Jack den Kompass munter an alle mögliche Leute weitergab, von Elizabeth über Will bis hin zu Beckett (das ist dann wohl nicht als Verrat zu werten). Und apropos Will, dieser hat fischige Züge, diese sollte er aber nur bekommen, wenn er seine Aufgabe vernachlässigt, so wie es Davy Jones einst getan hat; der Film thematisiert jedoch nicht einmal, ob dies der Fall ist (es würde auch irgendwie nicht zu Will passen). Fast noch schlimmer wiegt jedoch für mich, dass diese Rahmenhandlung um Will und seinen Sohn von der Haupthandlung um Captain Salazar ziemlich separiert ist, sodass das alles nicht recht zusammenpassen will und die Auftritte alter Figuren wie unnötiger und unmotivierter Fanservice wirken.

Auch darstellerisch überzeugt „Dead Men Tell No Tales“ nicht wirklich. Über Johnny Depp hatte ich ja bereits gesprochen, Brenton Thwaites ist so blass wie Sam Claflin vor ihm in Teil 4, Javier Bardem hat zwar sichtlich Spaß dabei, so richtig zu keuchen und ächzen, aber auch er kann die langweilige Schurkenfigur, quasi eine Mischung aus Barbossa (verfluchter Untoter) und Beckett (hasst Piraten) nicht retten, und selbst Geoffrey Rush wirkt dieses Mal ein wenig demotiviert. Die große Ausnahme ist Kaya Scodelario, die mir hier wirklich gut gefallen und bei jeder ihrer Szenen frischen Wind in einen ansonsten sehr abgestanden wirkenden Film gebracht hat. Sollte es noch weitere Pirates-Filme geben, darf sie gerne die neue Hauptfigur sein. Aber dann bitte mit anderem Kreativteam und der Beteiligung von Ted Elliott und Terry Rossio.

Fazit: „Dead Men Tell No Tales“ versagt leider fast auf ganzer Linie, da es dem Drehbuchautor und den Regisseuren nicht gelingt, die spezielle Essenz einzufangen, die auch die schwächeren Filme des Franchise zu Pirates-Filmen gemacht hat. Was bleibt ist eine fast sinn- und seelenlose Aneinanderreihung von übertriebenen Action-Set-Pieces und ein Johnny Depp, der jedes Gespür für seine ikonische Figur verloren hat.

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Siehe auch:
Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales – Soundtrack

From Hell

Halloween 2014
fromhell
Story: In London geht ein grausamer Mörder um – Jack the Ripper tötet eine Prostituierte nach der anderen, weidet sie mit chirurgischer Präzision aus und scheint die Polizei dabei gnadenlos zu verhöhnen. Somit ist es an Inspektor Abberline (Johnny Depp), der aufgrund seines Laudanum-Konums geradezu prophetische Visionen erhält, sich des Falls anzunehmen. Und er stößt auf eine undurchsichtige Verschwörung, in die neben der Prostituierten Mary Kelly (Heather Graham) und ihren „Arbeitskolleginnen“ auch der britische Hochadel und die Freimaurer verstrickt sind…

Kritik: Alan Moore ist bekannt dafür, die Filmadaptionen seiner Werke grundsätzlich abzulehnen, und bei Machwerken wie „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ ist das auch ziemlich verständlich. Bei „From Hell“ dagegen ist die Sache in meinen Augen ein wenig zwiespältiger. Hier gilt es erst einmal festzustellen, was der Film ist und was er nicht ist. Die Adaption des Moore-Comics ist nämlich eindeutig keine vorlagengetreue Umsetzung. Die Graphic Novel „From Hell“ ist ein enorm vielschichtiges und komplexes Meisterwerk. Zwar ist die Antwort auf die Frage, wer Jack the Ripper ist, nicht korrekt, da diese Theorie widerlegt wurde (Alan Moore und Zeichner Eddie Campbell entschiede sich allerdings bewusst für diese widerlegte Theorie, die auf Stephen Knight zurückgeht), aber davon einmal abgesehen ist „From Hell“ extrem gut recherchiert, stellt das viktorianische London sehr detailliert dar und ist randvoll mit Philosophie, Metaphysik und sorgsam konstruierten Charakteren. Die Verfilmung der Hughes-Brüder hat nichts dergleichen anzubieten. Ohnehin könnte ein Film der Vorlage nicht gerecht werden, da bräuchte es mindestens eine Miniserie, und wohl genau aus diesem Grund hat das Regisseur-Duo es auch gar nicht versucht. Die Hughes übernehmen lediglich die Grundprämisse (Identität des Rippers, Gründe für die Morde und die damit verbundene Freimaurerverschwörung) und machen aus dem Stoff ein Whodunit (im Unterschied dazu erfährt der Leser im Comic bereits im ersten Drittel, wer der Mörder ist, die Vorlage hat einen völlig anderen Fokus). Die meisten Thematiken des Comics werden, wenn überhaupt, nur kurz oberflächlich angekratzt. Auch wurde Vieles „glattgebügelt“. Frederick Abberline ist im Comic ein etwas übergewichtiger und nicht gerade attraktiver Mann mittleren Alters, während er im Film von Johnny Depp gespielt wird (in der Tat sieht Robbie Coltrane, der Abberlines Gehilfen Sergeant Peter Godley spielt, dem echten bzw. dem Comic-Abberline ähnlicher als Depp). Auch Heather Graham ist, gerade im Vergleich zu ihren Freundinnen, sehr sauber und sehr unnatürlich rothaarig. Ebenso dürfte es kaum verwundern, dass es eine Romanze zwischen Abberline und Mary Kelly gibt.
Als Film funktioniert „From Hell“ dann am besten, wenn man die Vorlage nicht beachtet und ihn als das wertschätzt, was er ist: Ein düsterer, unterhaltsamer Thriller mit grandioser Atmosphäre (ich liebe das gotisch-düstere London des viktorianischen Zeitalters), der zwar nicht um einige Klischees herumkommt, aber nicht zuletzt durch seinen hervorragenden Cast besticht; vor allem zu erwähnen sind natürlich Johnny Depp, der zwar nichts mit dem Abberline der Vorlage zu tun hat, aber seine Rolle ansonsten gut spielt, Robbie Coltrane, dessen Peter Godley ein wenig Humor in die doch sehr ernste Angelegenheit bringt, Ian Holm als Sir William Gull (mit Abstand die beste Performance des Films) und Ian Richardson als herrlich arroganter Polizeichef. Nur Heather Graham wirkt einfach insgesamt irgendwie fehl am Platz. Unbedingt erwähnenswert ist auch Trevor Jones brillanter, abgründig düsterer Soundtrack.
Fazit: „From Hell“ überzeugt zwar nicht als Adaption der Vorlage, ist aber auf sich gestellt ein sehr unterhaltsamer, atmosphärisch überwältigender Thriller im viktorianischen London.

Halloween 2014:
Only Lovers Left Alive
Pinhead

The Lone Ranger

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Story: Wir schreiben das Jahr 1869 und befinden uns mitten in der Hochzeit des Wilden Westens. Die Brüder John (Armie Hammer) und Dan Reid (James Badge Dale) jagen zusammen mit einer Gruppe Ranger den brutalen Verbrecher Butch Cavendish (William Fichtner). Aufgrund eines Verräters sterben allerdings alle bis auf John, der Rache schwört und zusammen mit dem exzentrischen Indianer Tonto (Johnny Depp) Jagd auf Cavendish macht. Es stellt sich jedoch bald heraus, dass Cavendish nicht nur ein Gangster und Kannibale ist, er ist auch in ein Komplott verwickelt, das weitaus größere Ausmaße hat und die Zukunft der Vereinigten Staaten bedroht…

Kritik:
„The Lone Ranger“ reiht sich relativ mühelos in die Liste von Disney-Filmen ein, die ein Franchise begründen sollten, und er passt auch relativ gut zu ihnen. Egal ob „Tron: Legacy“, „John Carter: Zwischen zwei Welten“ oder „Prince of Persia: Der Sand der Zeit“ oder nun „The Lone Ranger“, jeder dieser Filme sollte den Erfolg der Pirates-of-the-Caribbean-Reihe wiederholen, scheiterte allerdings und floppte oder war zumindest nicht so erfolgreich, wie Disney sich das vorstellte. Alle oben genannten Filme haben die Gemeinsamkeit, dass sie zwar bei Weitem keine Meisterwerke sind, aber doch recht kreativ und mit Herzblut gemacht wurden und in jedem Fall den Erfolg mehr verdient hätten als, sagen wir mal, „Transformers“ oder „Twilight“.
Gerade bei „The Lone Ranger“ wird der Versuch, den Erfolg der Pirates-Filme zu wiederholen, überdeutlich: Gore Verbinski führt Regie, Jerry Bruckheimer produziert, Johnny Depp spielt den Exzentriker, Ted Elliot und Terry Rossio sind für das Drehbuch verantwortlich (dieses Mal zusammen mit Eric Aronson und Justin Haythe) und Hans Zimmer komponiert die Musik. Und auch außerhalb der Credits erinnert der Film stark an „Pirates of the Caribbean“ – im Guten wie im Schlechten.
Da ich weder die Radio- noch die Fernsehserie kenne, durch die der Lone Ranger bekannt wurde, fällt es mir schwer, etwas zur Vorlagentreue zu sagen. Nicht leugnen lässt sich die Tatsache, dass „The Lone Ranger“ stark auf Westernklischees basiert, diese teilweise ironisch bricht, sie teilweise aber auch einfach benutzt, ohne sie zu hinterfragen. Ebenso wenig leugnen lässt sich, dass „The Lone Ranger“ einige schwerwiegende Schwächen hat: Der Film ist zu lang und zu behäbig, die Rahmenhandlung im Jahr 1933 wirkt ziemlich unnötig, in der Mitte zieht sich Ganze doch recht stark und alles in allem wäre es vielleicht doch besser gewesen, hätten die Verantwortlichen die eine oder andere Episode etwas zusammengekürzt oder ganz gestrichen, um dem Film mehr Fokus zu geben. Die größte Schwäche sind jedoch die Figuren: Während der Titelheld selbst und Tonto noch recht interessant sind, machen alle anderen nicht allzu viel her und wirken äußerst blass – dies betrifft vor allem das Love Interest (Ruth Wilson) und die von James Badge Dale und Tom Wilkinson verkörperten Schurken, die weder Tiefe noch Exzentrik besitzen und mal wieder nur von Geldgier motiviert sind. Und schließlich weiß der Film nicht so recht, was er sein will: Die dramatischen Stellen werden oft vom Humor unterbrochen, für einen komödiantischen Familienfilm oder eine echte Parodie ist er allerdings an manchen Stellen einfach zu drastisch.
Dennoch ist „The Lone Ranger“ bei Weitem nicht so schlecht, wie die US-Kritiker ihn machen. Trotz der oben genannten Kritikpunkte weiß der Film vorzüglich zu unterhalten, nicht zuletzt dank der unheimlich starken Bilder und des Ranger/Tonto-Gespanns. Gerade Armie Hammer spielt seine Rolle sehr gut, während Johnny Depps Tonto an einen etwas stoischeren, aber nicht minder exzentrischen Jack Sparrow erinnert – aber mal ehrlich, es gibt schlimmeres. Der Rest des Casts ist allerdings eher funktional, es gibt keinen Totalausfall, aber auch niemanden, der wirklich hervorsticht. Gerade bei Helena Bonham Carter wird man den Gedanken nicht los, dass da irgendwie mehr drin gewesen wäre.
Der Humor erinnert stark an „Pirates of the Caribbean“ (warum wohl?), ist aber zumeist treffsicher, sofern man sich nicht an Tontos totem Vogel stört. Wie bei Gore Verbinski nicht anders zu erwarten sind die Actionszenen äußerst kreativ und überdreht, was ihrer Wirkung allerdings keinen Abbruch tut, im Gegenteil. Der Film gipfelt schließlich in einem aberwitzigen Finale auf zwei Zügen, das allein schon den Preis der Eintrittskarte wert ist.
Apropos Finale: Nach etlichen enttäuschenden Soundtracks liefert Hans Zimmer endlich mal wieder etwas ab, das zwar immer noch weit von Meisterwerken wie „König der Löwen“ oder „Pirates of the Caribbean: At World’s End“ entfernt ist, aber im Gegensatz zu „Man of Steel“ oder „The Dark Knight Rises“ Spaß macht. Dies ist vor allem der musikalischen Untermalung des Finales zu verdanken, bei welchem Gioachino Rossinis Wilhelm-Tell-Ouvertüre, die bereits als Titelmelodie der alten Lone-Ranger-Serie fungierte, zum Einsatz kommt, clever bearbeitet von Zimmer-Zögling Geoff Zanelli.
Fazit: Bei weitem kein Meisterwerk, aber ein durchaus unterhaltsamer Film für Zwischendurch, vor allem für Pirates-Fans, der zwar einige Schwächen hat und ein wenig zu lang geraten ist, aber dank der Action, des Humors und der Hauptdarsteller überzeugt.

Trailer

Dark Shadows


Story: Weil sie von ihm zurückgewiesen wurde, verflucht die Hexe Angelique Bouchard (Eva Green) Barnabas Collins‘ (Johnny Depp) Familie, schickt seine Geliebte in den Tod und verwandelt ihn in einen Vampir. Und schließlich sorgt sie dafür, dass Barnabas 200 Jahre lang in einen Sarg gesperrt wird. Der Vampir erwacht erst wieder im 1972 und muss fortan mit den Tücken der modernen Welt kämpfen. Er offenbart sich Elizabeth Collins Stoddard (Michelle Pfeiffer), dem aktuellen Oberhaupt der Collins-Familie und verspricht ihr, den verarmten und heruntergekommenen Clan zu neuem Ruhm zu führen. Doch Angelique lebt ebenfalls noch und will dies nicht zulassen…

Kritik: Nun wendet sich auch Tim Burton, der Meister des Makabren, mit diesem Remake einer TV-Serie aus den 60er Jahren den Vampiren zu – durchaus passend, die Hälfte seiner Filme sieht sowieso aus, als wären es Vampirfilme, selbst wenn gar keine Blutsauger darin vorkommen. Mit dabei sind natürlich seine üblichen Kollaborateure Johnny Depp, Helena Bonham Carter und Danny Elfman sowie einige Gesichter, die man in einem Burton-Film noch nicht gesehen hat dabei. Und zum ersten Mal seit „Batmans Rückkehr“ arbeitet Burton wieder mit Michelle Pfeiffer zusammen. Gleich vorneweg: Ich habe die Serie „Dark Shadows“ nie gesehen, kann also nicht bewerten, inwiefern dieser Film der Vorlage gerecht wird.
Die Trailer erweckten den Eindruck eines Hybriden aus „Mars Attacks“ und „Sleepy Hollow“ oder „Sweeney Todd“, von Ersterem schien der überdrehte Humor, von Letzteren das düstere, gotische Ambiente zu stammen. Dieser Eindruck bewahrheitet sich nicht ganz, da „Dark Shadows“ weder so überdreht wie „Mars Attacks“, noch so finster wie „Sweeney Todd“ ist, der Spur nach kommt es allerdings trotzdem ungefähr hin. Schade ist auf jeden Fall, dass die Trailer bereits viele der besten Momente des Films vorwegnahmen.
„Dark Shadows“ ist letztendlich sehr amüsant, aber nicht ohne Schwächen – die Vorlage macht sich letztendlich bemerkbar, da der Film ab dem Moment, in dem Barnabas im Jahr 1972 aufwacht und die Familiengeschäfte in die Hand nimmt, sehr episodenhaft strukturiert ist. Die Handlung baut sich nicht wirklich auf, der Endkampf hätte genauso gut direkt nach der ersten Begegnung zwischen Barnabas und Angelique in der Gegenwart stattfinden können. Ebenfalls negativ fällt auf, dass Handlungsstränge zum Teil vernachlässigt werden. Nach dem äußerst atmosphärischen Prolog, in dem man erfährt, wie Barnabas zum Vampir wird, lernt man die restliche Familie Collins durch die Augen der neun Gouvernante Victoria Winters (Bella Heathcote) kennen, die allerdings stark vernachlässigt wird, sobald Barnabas aufwacht. Vieles wird angeschnitten, aber nicht wirklich ausgeführt – am extremsten ist in dieser Hinsicht die kurz vor dem Ende stattfindende und praktisch aus dem Nichts kommende Enthüllung, dass Elizabeths Tochter Carolyn ein Werwolf ist. Äh, ja…
Auf der Habenseite steht eindeutig der bestens aufgelegte Cast. Johnny Depp, selbst ein Fan der ursprünglichen TV-Serie, spielt wie üblich ironisch und augenzwinkernd und schafft es, nicht zu einem Vampir-Jack-Sparrow zu werden. Auch Eva Green („Casino Royale“) zelebriert mit Genuss ihre Rolle als verführerische, arrogante und bösartige Angelique, Michelle Pfeiffer gibt glaubwürdig die Collins-Patriarchin der Familie, Helena Bonham Carter ist sowieso immer herausragend, egal was sie macht und Jackie Earl Haley („Watchmen“) hat als betrunkener Hausmeister Willie Loomis die Lacher stets auf seiner Seite. Oft hat man das Gefühl, Burton sei gar nicht an einer konsequenten Handlungsführung interessiert, sondern koste vor allem die Figuren und ihr Zusammenspiel aus, was zu allerhand spaßigen und amüsanten Situationen führt. Durch den selbstironischen Ton vermeidet es Burton glücklicherweise auch, sich in Twilight-Gewässer zu begeben (Barnabas wirkt sowieso um ein vielfaches glaubwürdiger, vampirischer und sympathischer als Edward). Besonders an einer Stelle scheint sich Burton bewusst über die Glitzervampire lustig zu machen. Wer „Breaking Dawn“ gelesen bzw. gesehen hat, wird beim etwas gewalttätigen Liebesspiel zwischen Barnabas und Angelique mit Sicherheit an das unfreiwillig komische erste Mal von Edward und Bella denken: In beiden Fällen wird die Einrichtung völlig zerlegt. Während sich aber „Breaking Dawn“ selbst todernst nimmt und besagte Szene dort völlig albern wirkt, passt sie in „Dark Shadows“ wunderbar.
Fazit: Nicht unbedingt Tim Burtons bester Film, aber eine amüsante, selbstironische Vampirpersiflage, die Twilight und Konsorten allemal vorzuziehen ist.

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Weitere Rezensionen zu Tim-Burton-Filmen:
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Sweeney Todd
Alice im Wunderland

Alice im Wunderland


Story: Die kleine Alice (Mia Wasikowska) ist erwachsen geworden, hat das Wunderland vergessen und soll sich den Zwängen der viktorianischen Gesellschaft unterwerfen, sprich: Einen langweiligen, biederen Adeligen heiraten und selbst langweilig und bieder werden. Der etwas zerstreuten Alice steht danach allerdings so gar nicht der Sinn, stattdessen folgt sie lieber einem weißen Kaninchen und landet, wie schon einmal, im Wunderland (oder Unterland), wo sie ihren ganzen alten Bekannten begegnet (an die sie sich ebenfalls nicht mehr erinnern kann), wie etwa dem Verrückten Hutmacher (Johnny Depp), der Grinsekatze (Stephen Fry), Diedeldei und Dideldum (Matt Lucas) oder der Raupe Absolem (Alan Rickman).
Doch seit Alice’ letztem Besuch hat die Rote Königin (Helena Bonham Carter) die Herrschaft übernommen und ihre Schwester, die Weiße Königin (Anne Hathaway) ins Exil geschickt. Kann Alice den Kampf mit der großköpfigen Despotin und ihrem Jabberwocky (Christopher Lee) aufnehmen?

Kritik: Zugegeben, beim Thema „Alice im Wunderland“ und „Alice hinter den Spiegeln“ bin ich nicht allzu sattelfest, und auch die Disney-Version habe ich schon sehr lange nicht mehr gesehen, also kann ich nicht allzu viel zur Vorlagentreue sagen.
Nach dem extrem düsteren „Sweeney Todd“ ist Tim Burtons Folgefilm wieder einer der etwas bunteren Sorte. Das zeigt sich schon allein am Kostüm von Johnny Depps Figur. War der kehlenschlitzende Barbier praktisch schwarzweiß, so ist der Verrückte Hutmacher dermaßen grell und farbig, dass Depps Willy Wonka (aus Burtons „Charlie und die Schokoladenfabrik“) dagegen fast schon bieder wirkt.
Und obwohl Johnny Depp mal wieder so richtig aufdrehen darf, ist „Alice im Wunderland“ teilweise fast schon eine Enttäuschung. Vielleicht liegt es daran, dass der Film für Disney entstanden ist, oder dass Burton (wie er selbst zugegeben hat) nicht allzu viel mit der Vorlage anfangen kann, aber zeitweise wirkt dieser Verfilmung nach den Motiven aus Lewis Carrols Kinderbüchern einfach viel zu geradlinig.
Besonders trifft dies auf den Endkampf zu, der auf äußerst unangenehme Weise an „Der König von Narnia“ erinnert, und derartige High-Fantasy-Momente (insbesondere, wenn sie auch noch nicht wirklich überzeugend daherkommen), passen nicht wirklich zu diesem Film.
Ein weiterer Kritikpunkt sind die Computeranimationen: Keine Frage, das Design und die Atmosphäre sind toll, wie bei Tim Burton nicht anders zu erwarten, aber an vielen Stellen sieht man die CGI-Effekte doch etwas zu deutlich. Besonders bei Dideldei und Dideldum, dem Herzbube und dem Jabberwocky ist dies auffällig.
Und auch die Hauptdarstellerin, die bisher eher unbekannte Mia Wasikowska, kann nicht so recht überzeugen; ihre Alice bleibt blass und muss mit immer demselben, ziemlich unpassenden ernsten Gesichtsausdruck auskommen. Die „Verpeiltheit“, die durch die Dialoge impliziert wird, wird nie spürbar. In meinen Augen wäre Evanna Lynch (Luna Lovegood in den Harry-Potter-Filmen) die ideale Besetzung gewesen.
Ein wenig enttäuschend ist auch die Rote Königin, die zwar zu Helena Bonham Carters anderen Rollen passt, aber im Vergleich zu Bellatrix Lestrange oder Mrs. Lovett außer „Kopf ab“ Geschrei nicht wirklich viel zu bieten hat.
Die Weiße Königin dagegen hätte einiges an Potential gehabt, kommt aber viel zu kurz.
Zum Glück gibt es einige Elemente, die den Film dann doch noch äußerst genießbar machen. Die meisten Nebenfiguren sind toll und schräg umgesetzt, allen voran die Grinsekatze und die Raupe Absolem. Passenderweise sind diese beiden am besten animiert, und zusätzlich werden sie in der englischen Originalfassung auch noch von Stephen Fry und Alan Rickman gesprochen.
Allgemein hat Tim Burton es mal wieder geschafft, haufenweise hochkarätige Schauspieler für jede noch so winzige Nebenrolle zu casten. Der Jabberwocky etwa sagt nur etwa zwei Sätze, diese allerdings mit der mächtigen Stimme von Christopher Lee.
Fazit: Für einen Film von Tim Burton ist „Alice im Wunderland“ zu brav und uninspiriert und eindeutig einer seiner schwächeren Filme. Allerdings ist ein schwächerer Film von Tim Burton immer noch weitaus besser als viele andere Streifen; denn im Großen und Ganzen weiß „Alice im Wunderland“ durchaus gut zu unterhalten, vor allem dank toller und liebenswerter Nebenfiguren. Aber mit Meisterwerken wie „Sweeney Todd“ oder „Sleepy Hollow“ kann er nicht mithalten.

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Sweeney Todd


Story: London im späten 19. Jahrhundert: Der korrupte Richter Turpin (Alan Rickman) hat es auf die Frau des Barbiers Benjamin Barker (Johnny Depp) abgesehen. Kurzerhand beschuldigt Turpin diesen deshalb eines Verbrechens und lässt ihn nach Australien abschieben, damit er freie Bahn hat.
Viele Jahre später: Barker kehrt unter dem Namen Sweeney Todd nach London zurück, um Rache an Turpin zu nehmen. Zur Hand geht ihm dabei Mrs. Lovett (Helena Bonham Carter), die Inhaberin eines Pastetengeschäfts.
Durch die Tötung eines Konkurrenten Todds (Sacha Baron Cohen), der diesen zu erpressen versucht, wird die Mordlust des Barbiers allerdings erst richtig geweckt. Und da er des Richters noch nicht habhaft werden kann, meuchelt er solange seine Kunden, während Mrs. Lovett die Überreste zu Pasteten verarbeitet.

Kritik: Ohne Zweifel ist dieser auf Stephen Sondheims (welcher auch am Film mitgearbeitet hat) gleichnamigem Musical basierende Film Tim Burtons düsterster, sowohl in Hinblick auf die Atmosphäre als auch Handlung, Figuren und Humor betreffend.
Stilistisch knüpft Burton dabei an „Sleepy Hollow“ an, wie bei diesem sind auch in Sweeney Todd schwarz und grau die vorherrschenden Farben, sodass man sich fast wie in einem Schwarzweißfilm vorkommt, während das rote Blut meistens grell hervorsticht. Wie üblich erweist sich Tim Burton wieder als Meister der Atmosphäre; sein hier geschaffenes London übertrifft sogar die Versionen aus „Sherlock Holmes“ oder „From Hell“.
Doch während es in „Sleepy Hollow“ mit Ichabod Crane (ebenfalls von Johnny Depp verkörpert) noch einen eindeutigen, positiven Protagonisten gibt, fehlt dieser in „Sweeney Todd“ fast völlig. Der Titelheld mag eine tragische Figur sein, das ändert aber nichts daran, dass er praktisch den ganzen Film über düster-brütend seine Rache vorantreibt, ohne zu merken, dass diese ihn völlig auffrisst. Nur in seinen Songs wird er praktisch aus der Lethargie gerissen und mutiert zu einem zynischen Dämon, wenn er nicht gerade seine Tragik in die Welt hinausschreit.
Die eigentlichen positiven Figuren, Toby (Ed Sanders), der kleine Junge, den Mrs. Lovett adoptiert, Johanna (Jayne Wisener), Sweeneys Tochter, und Anthony, ein Matrose, dem Sweeney begegnet und der sich in seine Tochter verliebt, haben zu wenig Leinwandzeit und sind zu passiv-naiv, als das sie als Identifikationsfiguren fungieren könnten.
Am ehesten funktioniert noch Mrs. Lovett auf diese Weise; zwar ist auch sie geistig nicht ganz gesund, dabei aber äußerst liebenswürdig und fürsorglich.
Besetzt sind diese Figuren eigentlich alle wunderbar. Dass Depp und Bonham Carter mit von der Partie sind verwundert nicht, sind sie doch Tim Burtons Stammschauspieler. Johnny Depp beweist einmal mehr, dass er äußerst wandlungsfähig ist, während Helena Bonham Carter die schrägen, ziemlich psychotischen Damen abonniert zu haben scheint (die kann sie auch einfach gut spielen). Mrs. Lovett ist allerdings eine Ecke sympathischer als zum Beispiel Bellatrix Lestrange.
Auch Alan Rickman weiß als bösartiger, lüsterner Richter zu überzeugen, während Timothy Spall als Büttel Bamford einmal mehr so richtig eklig sein darf (Wurmschwanz lässt grüßen).
Enorm wichtig für ein Musical sind natürlich auch Musik und Lieder. In „Sweeney Todd“ gibt es keine munteren Tanzszenen, keine Ohrwürmer zum Mitpfeifen und auch sonst recht wenig vom konventionellen Musical. Die Songs, deren Zahl recht hoch ist, sodass der Film hin und wieder fast opernhaft wirkt, sind passgenau in die Handlung eingebettet, meistens recht schwierig und harmonisch ausgefeilt und oft eher dissonant.
Manchmal sind die Songs sogar für die Schauspieler zu ausgefeilt; immerhin sind diese keine ausgebildeten Sänger. Aber andererseits passt der nichtperfekte Gesang ganz gut zu den Figuren und ist auch nicht sonderlich störend.
Darüber hinaus dienen die Lieder, neben dem Voranbringen der Handlung und der Erforschung der Figuren, vor allem dazu, den tiefschwarzen Humor zu vermitteln. Wenn Sweeney zum sehnsuchtsvollen „Johanna“ Kehlen aufschlitzt oder der Barbier und der Richter in „Pretty Women“ über ihre Ambitionen singen, die verschiedener nicht sein könnten, aber dennoch genau denselben Text verwenden, ist das einfach unbeschreiblich.
Fazit: Einer von Tim Burtons gelungensten Filmen, ein vollkommen unkonventionelles Musical mit dichter Atmosphäre und tiefschwarzem Humor. Zwar kein Splatterfilm, aber dennoch keinesfalls etwas für Leute mit schwachen Nerven.

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