Dark Empire I

Darkempirei
Ende der 80er war Star Wars als Franchise so gut wie tot. Nach Episode VI ging es noch ein paar Jahre weiter, zumindest jüngere Fans des Franchise konnten sich an den beiden Ewok-Filmen, der Ewok-Animationsserie oder der Droids-Serie, die die Abenteuer von R2-D2 und C-3PO vor „A New Hope“ zeigte, erfreuen. Auch die mit Episode IV gestartete Comicserie von Marvel lief noch ein einige Zeit weiter. Aber spätestens 1986 war Schluss und die weit, weit entfernte Galaxis verschwand aus dem Bewusstsein. Lediglich der Verlag West End Games lieferte noch neues Material in Form von Pen&Paper-Regelwerken, aber diese waren, wer hätte es gedacht, weit vom Mainstream entfernt. Erst Anfang der 90er kehrte Star Wars ins Bewusstsein zurück, bedingt durch zwei Werke, die parallel zueinander entstanden. Bantam Books schnappte sich die Buchlizenz und beauftragte Timothy Zahn damit, eine Fortsetzung zu verfassen, die schließlich den Titel „Heir to the Empire“ tragen und 1991 erscheinen sollte. Dark Horse nahm sich derweil der brachliegenden Comiclizenz an und gab eine eigene Fortsetzung in Auftrag (bzw. übernahm ein Projekt, das sich bereits für Marvel in Planung befand): „Dark Empire“, verfasst von Tom Veitch, mit Zeichnungen von Cam Kennedy, erschienen von Dezember 1991 bis Oktober 1992. Anders als „Heir to the Empire“ und die beiden Folgebände „Dark Force Rising“ (1992) und „The Last Command“ (1993), die im Fandom einen exzellenten Ruf haben, wurde „Dark Empire“ ursprünglich zwar ebenfalls recht positiv aufgenommen, bekam aber bald einen relativ schlechte Reputation.

Zentrales Handlungselement der sechsteiligen Miniserie ist die Rückkehr Palpatines – was auch die primäre Kontroverse auslöste. Sechs Jahre nach der Zerstörung des zweiten Todessterns befindet sich die Galaxie im Aufruhr, die zur Neuen Republik gewordene Rebellenallianz befindet sich erneut auf dem Rückzug und das Imperium erringt Erfolg um Erfolg – bis ein Bürgerkrieg unter den imperialen Machthabern ausbricht. Han, Leia und Chewbacca machen sich auf, Lando und Luke, die sich noch im Imperialen Zentrum befinden, aus dem Chaos zu retten. Just als sie Luke und Lando finden, reißt ein Machtsturm Luke davon. Der Jedi erwacht an Bord eines Schiffes, das ihn nach Byss, der neuen Hauptwelt des Imperiums bringt. Dort erwartet ihn ein mysteriöser neuer Machthaber, der dabei ist, die sich einander bekriegenden imperialen Kriegsherren unter seine Kontrolle zu bringen. Erschrocken muss Luke erkennen, dass es sich bei diesem Machthaber um niemand geringeren als Palpatine selbst handelt, der seinen Geist in einen Klonkörper seines früheren Selbst verpflanzt hat. Luke glaubt, dieses neue, Dunkle Imperium nur von innen heraus zerstören zu können und schließt sich zumindest zum Schein dem wiederauferstandenen Imperator an. Während Palpatine beginnt, Allianz-Welten wie Mon Calamari zu verwüsten, erhält Leia eine Vision von Luke auf der Dunklen Seite. Gemeinsam mit Han und Chewie begibt sie sich auf den Schmugglermond Nar Shaddaa, um der Spur dieser Vision zu folgen…

Da „Dark Empire“ und „Heir to the Empire” etwa zeitgleich entstanden, finden sich zwischen beiden Geschichten einige interessante Diskrepanzen, nicht zuletzt, weil Timothy Zahn von der Idee, Palpatine zurückzubringen, nicht allzu begeistert war und sich weigerte, in irgendeiner Form Rücksicht darauf zu nehmen. Ursprünglich war geplant, „Heir to the Empire“ nach „Dark Empire“ spielen zu lassen, aber aufgrund von Zahns Einstellung entschied man sich dagegen. Zu den erwähnten Diskrepanzen gehört beispielsweise der Umstand, dass die Neue Republik in der Thrawn-Trilogie relativ fest im Sattel sitzt, sich zu Beginn von „Dark Empire“ aber plötzlich auf dem Rückzug befindet, während ein imperialer Bürgerkrieg auf Coruscant tobt, das im Comic stets nur als „Imperiales Zentrum“ bezeichnet wird (Zahn etablierte den Namen Coruscant). Diese Elemente wurden später in Rollenspielbänden und sonstigen Kompendien wie der „Essential Chronolgy“ oder dem „Essential Guide to Warfare“ erläutert. Noch deutlicher fallen allerdings die tonalen Diskrepanzen aus. Timothy Zahns Star Wars betont eher die Science-Fiction-Elemente des Franchise, während Cam Kennedy seinen Fokus auf die Pulp-Elemente legt: Während Großadmiral Thrawn mit verhältnismäßig bescheidenen Mitteln auskommen und sich primär auf sein taktisches Genie verlassen muss, schüttelt der wiedergeborene Palpatine gefühlt eine Superwaffe nach der nächsten aus dem Ärmel, von Weltenvernichtern über das Galaxis-Geschütz bis hin zum Eclipse-Klasse-Supersternenzerstörer. Auch was die Machtfähigkeiten angeht, ist Palpatine potenter denn je, wenn auch mental und körperlich ziemlich labil. Das alles sind durchaus berechtigte Kritikpunkte und ob es tatsächlich eine gute Idee ist, Palpatine zurückzubringen und Luke auf die Dunkle Seite wechseln zu lassen, ist ebenfalls diskutabel. Davon abgesehen ist „Dark Empire“, im Gegensatz zu seinen beiden Sequels, allerdings gar keine so üble Story und wirft durchaus einige interessante Fragen bzgl. der Dunklen Seite der Macht auf. Diese werden vielleicht etwas zu oberflächlich abgearbeitet – eine Eigenschaft, die viele Star-Wars-Comics der 90er teilen. Gerade im Hinblick auf die Balance der Geschichte funktioniert „Dark Empire“ ziemlich gut und hat gewisse Parallelen zu „Return of the Jedi“. Als Gegengewicht zur Lukes Auseinandersetzung mit der Dunklen Seite funktioniert der eher klassische Abenteuer-Subplot aus Nar Shaddaa ziemlich gut und gegen Ende laufen die Fäden schön zusammen – Palpatine wird, zumindest vorläufig, durch eine thematisch angebrachte Gemeinschaftsaktion von Luke und Leia besiegt.

Die Optik von „Dark Empire“ ist kaum weniger umstritten als die Handlung: Cam Kennedys Zeichnungen, vor allem in Kombination mit der Farbgebung, muten doch sehr ungewöhnlich an. Teilweise sind seine Zeichnungen erstaunlich detailliert, dann wieder eher skizzenhaft, manchmal ähneln die Figuren ihren Schauspielern, dann wieder überhaupt nicht. Die Kolorierung schließlich mutet sehr surreal an, da sie fast ausschließlich aus dem flächigen Einsatz von Sekundärfarben besteht, dominiert von Lila oder Grün, hin und wieder durchbrochen von Blau oder Rot. Die Farbgebung funktioniert hier nicht als Wiedergabe einer natürlichen Welt, sondern wird ausschließlich bestimmt von der Atmosphäre einer Szene. Gerade im Zusammenspiel mit den Zeichnungen funktioniert diese Herangehensweise mal besser, mal schlechter. Man muss Cam Kennedy jedoch definitiv eines lasse: „Dark Empire“ ist visuell distinktiv und unterscheidet sich fundamental von den meisten anderen Star-Wars-Comics. Letzten Endes ist es eine reine Geschmacksfrage: Kennedys Ansatz ist einer, den ich durchaus respektieren kann, der mich persönlich aber nicht allzu sehr anspricht.

Besonders faszinierend ist „Dark Empire“ im Hinblick auf die späteren Entwicklungen. Die sechsteilige Miniserie erwies sich dabei als kaum weniger einflussreich als „Heir to the Empire“, auch wenn viele Autoren des EU sich später eher von ihr distanzierten. Nicht nur durfte der als Handlungsort sehr beliebte Schmugglermond Nar Shaddaa sein Debüt feiern, auch Boba Fetts Überleben des Sarlacc hat seinen Ursprung in „Dark Empire“. Und mehr noch, Tom Veitch legt hier die erste Saat für das, was später zu den „Tales of the Jedi“, „Knights of the Old Republic“ und „The Old Republic“ erwachsen sollte. Nur in Andeutungen und Erwähnungen schafft er die Grundlage für eine epische und bewegte Vergangenheit des Jedi-Ordens. Und schließlich hätten wir da noch „The Rise of Skywalker“, das durchaus als verkappte Adaption von „Dark Empire“ verstanden werden kann. Der Film selbst erläutert Palpatines Rückkehr zwar nicht, aber die Romanadaption von Rae Carson klärt auf, dass sich Darth Sidious‘ Rückkehr im Disney-Kanon durchaus ähnlich abgespielt hat wie im alten Expanded Universe: per Klonkörper und Essenztransfer. Zudem sind diverse andere Elemente zumindest sehr ähnlich, Exegol fungiert als Substitut für Byss, die Sith Eternal und Ritter von Ren ersetzen Palpatines „Elite der Dunklen Seite“ und wie in „Dark Empire“ verfügt der zurückgekehrte Imperator über Sternenzerstörer mit Todessternlaser. Und natürlich versucht Palpatine Rey ebenso auf seine Seite zu ziehen wie Luke – vielleicht ist aber auch Kylo Ren das bessere Substitut für Luke, während Rey ihn, ähnlich wie Leia, ins Licht zurückbringt.

Fazit: „Dark Empire“ zwar definitiv nicht zu meinen Favoriten unter den Legends-Comics, ist aber doch deutlich besser als sein Ruf, eines der einflussreichsten Star-Wars-Werke und weit unterhaltsamer als die eine ähnliche Prämisse umsetzende Episode IX.

Bildquelle

Siehe auch:
Star Wars Episode IX: The Rise of Skywalker – Ausführliche Rezension
The Rise of Skywalker – Expanded Edition
Darth Sidious – Karriere eines Imperators
Darth Plagueis
Darth Maul: Shadow Hunter
Darth Maul

Hinterlasse einen Kommentar