Furiosa: A Mad Max Saga

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Story: Im postapokalyptischen Australien gibt es nur noch wenige Orte, an denen Menschen leben können. Häscher des Warlords Dementus (Chris Hemsworth) dringen in einen dieser Orte, die „grüne Oase“ ein und entführen ein Mädchen namens Furiosa (als Kind: Alyla Browne, als Erwachsene: Anya Taylor-Joy). Sie wird von Dementus gewissermaßen adoptiert. In einem späteren Konflikt gerät sie allerdings in die Hände von Dementus‘ Rivalen Immortan Joe (Lachy Hulme). In Praetorian Jack (Tom Burke) findet sie schließlich einen Mentor, der ihr beibringt, in einer rauen und tödlichen Welt zu überleben – doch die Rivalität mit Dementus ist noch nicht ausgestanden, nicht zuletzt, weil Furiosa auf Rache aus ist…

Kritik: Kinofilme haben es in der Post-Covid-Ära nicht besonders leicht – das trifft vor allem auf Blockbuster zu. Viele Filme, die zwar qualitativ eher mäßig sind, früher aber mit Sicherheit Profit abgeworfen hätten, scheitern nun, besonders, aber nicht ausschließlich, im Superheldenbereich; sowohl Disney/Marvel als auch Warner/DC können davon ein Liedchen singen. Zumindest was Filmqualität angeht, spricht das Publikum hier eine eindeutige Sprache, der Kinobesuch will wohl überlegt sein (für die Kinos selbst ist das natürlich nicht gut, aber das ist wieder ein anderes Thema). Bei dieser „Qualitätsauslese“ bleiben dann aber immer wieder auch Filme auf der Strecke, die es nicht verdient haben. Der letztjährige „Dungeons & Dragons: Honour Among Thieves“ ist dafür ein gutes Beispiel, und wie es aussieht, trifft „Furiosa: A Mad Max Saga“ dasselbe Schicksal. Mit diesem Prequel zu „Mad Max: Fury Road“ kehrt Regisseur George Miller ins postapokalyptische Australien zurück. Während „Fury Road“ zwar Max Rocktansky im Titel hatte, war die in diesem Film von Charlize Theron gespielte Furiosa mindestens gleichrangig als Protagonistin – insofern kann man durchaus verstehen, weshalb Miller das Bedürfnis verspürte, ihren Werdegang zu erzählen.

In meinen Augen handelt es sich bei „Furiosa“ gewissermaßen um den richtigen Film zur falschen Zeit. Es ist definitiv die Art von Film, die wir gerade brauchen, ein Film, der einer Vision folgt, der geprägt ist von der Handschrift des Regisseurs und der eine Aussage hat: Nicht nur „Content“, sondern ein Erlebnis im Kino. Zugleich gehört er zu den Filmen, die im „Lebenszyklus“ ihres Franchise mal wieder zu einem unpassenden Zeitpunkt ins Kino kommen: Zu spät, um noch am Momentum des Vorgängers teil zu haben, aber zu früh für nostalgische Gefühle. Ähnliches ließ sich beispielsweise auch bei „The Hunger Games: The Ballad of Songbirds and Snakes“ beobachten. Der Untertitel „A Mad Max Saga“ verweist zwar auf den Vorgänger, aber offensichtlich scheint das nicht auszureichen, da „Furiosa“ an den Kinokassen leider kein Erfolg beschieden ist.

Inszenatorisch knüpft George Miller zweifelsohne direkt an „Mad Max: Fury Road“ an, anders als der Vorgänger ist „Furiosa“ allerdings keine atemlose Tour de Force mit nonstop Action. Die Handlung des Films erstreckt sich über einen deutlich längeren Zeitraum, Jahre statt Tage, und verfügt, zumindest gemessen am von „Fury Road“ gesetzten Standard, über einige regelrecht kontemplative Sequenzen. Miller scheint mehr daran interessiert zu sein, die Charaktere und die Welt zu erforschen, statt sein Publikum auf einen irren Trip mitzunehmen. Genügend bizarre Figuren und Ereignisse finden sich natürlich trotzdem. Wo „Fury Road“ nur am Anfang und am Ende Immortan Joes Zitadelle zeigte und die meiste Zeit auf der titelgebenden Straße unterwegs war, sehen wir in „Furiosa“ deutlich mehr von der Zitadelle, aber auch von anderen Lokalitäten, die im Vorgänger lediglich erwähnt wurden, vor allem Bullet Farm und Gastown. Sogar ein wenig Politik schwingt mit. Action gibt es natürlich trotzdem, diese ist aber weniger einnehmend oder mitreißend als in „Fury Road“, fühlt sich dafür aber oft zielgerichteter und in größerem Ausmaß charakterorientiert an.

Einen großen Teil der Arbeit bezüglich Worldbuilding und Charakterisierung der Figuren erledigt Miller über die Bilder und die Ausstattung. Ähnlich wie Denis Villeneuve hat Miller zumindest hier nur sehr begrenzt Verwendung für Dialoge und gerade Anya Taylor-Joy ist natürlich eine Schauspielerin, die allein mit ihren Augen sehr viel erreichen kann. Ausnahme dieser Regel ist Dementus. Nicht nur spielt Chris Hemsworth hier scheinbar aktiv gegen sein Thor-Image, unser neuer Widersacher im Mad-Max-Kosmos ist ungewöhnlich gesprächig, monologisiert gerne und hat wahrscheinlich mehr Dialogzeilen im Drehbuch als alle anderen Figuren beider Filme zusammen. Und erfreulicherweise funktioniert das auch ziemlich gut, denn nicht nur hat Hemsworth sichtlich Spaß daran, Dementus zu verkörpern, es macht auch verdammt viel Spaß, ihm dabei zuzusehen. Und nicht nur das, Dementus ist auch bezüglich seiner Ideologie und Selbstwahrnehmung bzw. Selbststilisierung sehr faszinierend, gerade, da er sich der Reste gesellschaftlicher Codes bedient, etwa die weiße Kapuze, die ihm eindeutig messianische Züge verleihen soll. Besonders im Kontrast zu seinem Streitwagen, stilecht gezogen von Motorrädern statt von Pferden, wirkt das exzellent. Gerade im Vergleich zu „Fury Road“ sind die Figuren wahrscheinlich der größte Pluspunkt der Prequels. Es ist in jedem Fall schön zu sehen, dass Miller sich nicht einfach wiederholt, sondern versucht, der erzählten Welt hier neue Seiten abzugewinnen.

Score: Kommen wir zum größten Manko, dem Score von Tom Holkenborg alias „Junkie Xl“. Wer meinen Filmmusikgeschmack kennt, weiß, dass ich kein allzu großer Fan von Holkenborg bin. Als Filmmusikkomponist bedient sich der Holländer eines noch weiter reduzierten Zimmer- bzw. Remote-Control-Stils, das bedeutet im Klartext: Viel Wummern und Dröhnen, extrem simple Konstrukte mit viel Wiederholung, viele Schlagzeug, viel Elektronik und viel Sounddesign, aber wenig instrumentelle Kreativität oder guter Orchestereinsatz. Ich wäre vielleicht sogar geneigt zu sagen, dass „Mad Max: Fury Road“ eine von Holkenborgs besten Arbeiten ist, zumindest ist der Score im Film ziemlich effektiv. Über „Furiosa: A Mad Max Saga“ lässt sich das leider nicht sagen. Was Holkenborg hier abliefert ist noch reduzierter, noch grummelnder und dröhnender – die Musik ist endgültig zum reinen Sounddesign verkommen, ohne irgendetwas über die Welt oder die Figuren auszusagen. Die wenigen Momente, die in irgendeiner Form hervorstechen, stammen meistens eins zu seins aus „Fury Road“. Tonale Kontinuität ist zweifelsohne gewahrt und es gibt auch wiederkehrende Elemente, die man mit viel gutem Willen als Motive bezeichnen könnte. Es ist noch nicht so weit, dass Holkenborgs Score dem Film aktiv schadet, aber doch kurz davor. Und als Filmmusikfan trauert man zugleich darüber, was ein anderer Komponist mit diesem Material hätte machen können. Selbst Filme wie „Dune Part Two“, die sich einer ähnlichen Herangehensweise bedienen sind, obwohl sie eindeutig nicht meine Sensibilität treffen, sind deutlich interessanter und wirkungsvoller.

Fazit: Das Scheitern an den Kinokassen hat „Furiosa: A Mad Max Saga“ definitiv nicht verdient, George Miller liefert hier ein gelungenes Prequel, das zwar keine so mitreißende Tour de Force bietet wie „Mad Max: Fury Road“, aber durch detailliertere Charakterarbeit und mehr Worldbuilding besticht. Vielleicht gelingt es „Furiosa“ ja, in absehbarer Zeit zum Streaming-Hit zu werden, ich würde allerdings eindeutig zum Kinobesuch raten, denn dieser Film ist definitiv für die große Leinwand gemacht.

Bildquelle

Trailer

Siehe auch:
Mad Max: Fury Road
Dungeons & Dragons: Honour Among Thieves
The Hunger Games: The Ballad of Songbirds and Snakes
Score-Duell: Justice League – Holkenborg vs. Elfman

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