The First Omen

The_First_Omen_poster
Story:
Margaret Daino (Nell Tiger Free) kommt 1971 in Rom an, um dort als Nonne in einem Waisenhaus tätig zu werden. Bevor sie allerdings ihren Eid ablegt, geht sie mit ihrer Mitbewohnerin Luz (Maria Caballero) feiern, um zu sehen und zu erleben, worauf sie in Zukunft verzichten wird. Doch nach dieser Nacht ist nichts mehr, wie es scheint: Mysteriöse Vorzeichen häufen sich, Margaret hat Visionen, Menschen sterben grausam und der irische Priester Father Brennan (Ralph Ineson) weiht sie schließlich in ein schreckliches und blasphemisches Geheimnis ein, das ihre Welt aus den Fugen geraten lässt…

Kritik: Es ist immer wieder faszinierend, wenn zwei ähnlich konzipierte Filme im selben Zeitraum an den Start gehen – 2024 sind das „Immaculate“ und „The First Omen“. In beiden stößt eine junge, amerikanische Nonne (bzw. Nonne in spee) auf finstere, blasphemische Geheimnisse und satanische Umtriebe. Man könnte fast meinen, dass das Horror-Subgenre „Nunsploitation“ wieder Auftrieb erlebt. Spätestens seit Matthew Gregory Lewis‘ Skandalroman „The Monk“, der strenge Katholiken bereits 1796 auf die Barrikaden brachte, ist man fasziniert von finsteren Umtrieben hinter Klostermauern. Nach „The Nun“ (2018) oder „Benedetta“ (2021) folgt nun 2024 dieses besondere Double-Feature. „The First Omen“ ist, anders als „Immaculate“, jedoch auch Teil eines klassischen Horror-Franchise. Richard Donners „The Omen“ (1976) bildet zusammen mit „Rosemary’s Baby“ (1968) und „The Exorcist“ (1973) so etwas wie die unheilige Trinität des okkulten bzw. satanischen Horrorfilms dieser Ära. Und ganz ähnlich wie „The Exorcist“ inspirierte auch „The Omen“ eine ganze Reihe an wenig überzeugenden Nachfolgewerken, darunter zwei Kinofortsetzungen, „Damien – Omen II“ (1978) und „The Final Conflict“ (1981), einen Fernsehfilm, „Omen IV: The Awakening“ (1991), ein Remake des Originals aus dem Jahr 2006 sowie eine kurzlebige Fernsehserie („Damien“, 2016) sowie einige Romane. Zumindest auf konzeptioneller Ebene könnte man zudem die Filmreihe „Final Destination“ hier aufführen. Bezüglich der Konzeption gibt es gewisse Parallelen zwischen „The First Omen“ und „The Exorcist: Believer“, beide sind sog. Legacy-Fortführungen der ursprünglichen Filmreihe, die sich einerseits wieder stärker auf den Originalfilm berufen, sich aber andererseits um eine Modernisierung bemühen. Es finden sich jedoch auch zwei sehr markante Unterschiede: Anders als „The Exorcist: Believer“ ist „The First Omen“, der Name verrät es, ein Prequel. Zudem ist „The First Omen“ tatsächlich ein gelungener und unterhaltsamer Horror-Film, was man über David Gordon Greens spätes Sequel nun definitiv nicht behaupten kann.

Regisseurin Arkasha Stevenson, die zusammen mit Tim Smith und Keith Thomas auch das Drehbuch verfasste, gelingt ein durchaus beeindruckender Balance-Akt zwischen Treue zum Original und eigenen Impulsen, zwischen stilistischer Hommage und individueller Bildsprache und Atmosphäre. Gerade die Todesszenen des Originals werden immer wieder referenziert, am deutlichsten beim Selbstmord von Anjelica (Ishtar Currie-Wilson). Wer „The Omen“ kennt und zudem über ein wenig Genre-Erfahrung verfügt, dürfte wohl keine Probleme dabei haben, zu erraten, wie sich die Geschichte entwickelt, zumal klar ist, dass am Ende mit Damien so oder so der Antichrist geboren wird und alles auf ihn hinausläuft. In diesem Kontext bedienen sich Stevenson, Smith und Thomas jedoch auch einiger Retcons und interpretieren diverse Elemente anders (Stichwort: Schakal als Vater statt als Mutter), bevor sie am Ende direkt in Richard Donners Film überleiten und sogar ein Foto von Gregory Peck als Robert Thorn zeigen. Zudem klärt das Prequel einige Elemente auf, etwa die Natur der Gruppierung, die für Damiens Zeugung und Geburt verantwortlich ist und sich im Verlauf der Filmreihe immer wieder zu seinen Gunsten in die Geschehnisse einmischt.

Eine Neuerung sind definitiv die Body-Horror-Elemente, die im Film 1978 auf diese Weise noch nicht vorhanden waren. „The Omen“ ist, gerade nach heutigen Maßstäben, dann doch relativ zahm und besticht vor allem durch die oppressive Atmosphäre, die zu großen Teilen auf Jerry Goldsmiths fantastischen Score zurückzuführen ist – Mark Korvens Arbeit für das Prequel ist allerdings auch nicht zu verachten. „The First Omen“ baut im Gegensatz zum Vorgänger nicht nur den einen oder anderen erwartbaren Jump Scare ein – wohl nicht zu vermeiden, aber immerhin meistens passend – sondern zeigt auch einige wirklich unansehnliche Szenen in Bezug auf die satanische Schwangerschaft, die wohl dafür gesorgt haben, dass der Film haarscharf am NC-17-Rating vorbeigeschrammt ist. Diese Komponente gibt „The First Omen“ zudem einen äußerst aktuellen Bezug, ist der Verlust der körperlichen Autonomie von Frauen durch die Aufhebung von „Roe v. Wade“ und damit des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch in den USA nach wie vor ein heißes Thema. „The First Omen“ bezieht diesbezüglich ebenso eindeutig wie eindrücklich Stellung.

Schauspielerisch weiß „The First Omen“ ebenfalls zu überzeugen, vor allem Nell Tiger Free, bekannt als Myrcella Baratheon in der fünften und sechsten Staffel von „Game of Thrones“ und als Leanne Grayson in „Servant“, zeigt, dass sie ordentlich etwas auf dem Kasten hat und diese doch sehr anspruchsvolle Rolle problemlos stemmen kann. Kaum weniger gelungen spielt Ralph Ineson die Rolle des reumütigen Priesters. Bill Nighy als Kardinal Lawrence wirkt zwar etwas unterfordert, funktioniert aber wie immer tadellos. Einen Kritikpunkt diesbezüglich habe ich dann aber doch: Könnten Filme und Serien bitte aufhören, den großartigen Charles Dance zu casten, nur um seine Figur in den ersten fünf Minuten respektive der ersten Episode gleich umzubringen? Davon abgesehen leidet „The First Omen“ an der einen oder anderen Schwäche, die allen Filmen dieses Franchise gemein ist und die potentiell sogar ihren Charme ausmachen: Manche Entwicklungen und Todesszenen sind dann doch eine Spur zu over the top und können etwas albern daherkommen – aber wie gesagt, das zieht sich durch die komplette Filmreihe, damit ist zu rechnen. Wer ein profunde, nicht ganz so klischeebehaftete Auseinandersetzung mit dem Bösen und der Theodizeefrage sucht, sollte nach wie vor eher zu „The Exorcist“ als zu „The Omen“ greifen.

Fazit: Ich hoffe, David Gordon Green und Blumhouse haben sich Notizen gemacht – so zieht man ein Legacy-Sequel (bzw. -Prequel) richtig auf. Die Handlung mag etwas vorhersehbar sein und ein wenig zu viel Zeit brauchen, um in Gang zu kommen, zudem könnten sich Hardcore-Fans des Originals vielleicht am einen oder anderen Retcon stören, aber alles in allem weiß „The First Omen“ mit einer fantastischen Hauptdarstellerin, einer tollen Atmosphäre und einer im besten Sinne unangenehmen Body-Horror-Komponente zu überzeugen. Ave Satani indeed!

Bildquelle

Trailer

Siehe auch:
Hemators Empfehlungen: Horror-Soundtracks
Art of Adaptation: The Exorcist
The Exorcist: Believer