X-Men: Dark Phoenix

Spoiler!
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Story: Die X-Men unternehmen auf Anweisung von Charles Xavier (James McAvoy) eine Mission ins All, um eine Gruppe Astronauten zu retten. Dabei wird Jean Grey (Sophie Turner) von einer kosmischen Gaswolke getroffen. Nach der Rückkehr auf die Erde stellen ihre Teamkameraden merkwürdige Veränderungen bei Jeans Kräften und ihrer Persönlichkeit fest, die Jean dazu veranlasst, sich sowohl von ihrem Freund Scott (Tye Sheridan) als auch vom Rest des Teams abzukapseln. Eine Konfrontation kostet schließlich Mystique (Jennifer Lawrence) das Leben. Während Jean ausgerechnet Magneto (Michael Fassbender) um Hilfe bittet, suchen die mysteriöse Gestaltwandlerin Vuk (Jessica Chastain) und ihre Schergen nach der immer mächtiger werdenden Jean Grey…

Kritik: Während ich die ursprünglichen X-Men-Filme der 2000er im Kino verpasst habe, habe ich seit „X-Men: First Class“ doch alle von ihnen gesehen und die meisten hier auch besprochen. Die Ausnahme ist „X-Men: Dark Phoenix“, das unrühmliche Finale von Fox‘ X-Men-Saga, das nicht nur auf einer wirklich schlechten Idee basiert, sondern auch zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt in Produktion ging und ins Kino kam. Nachdem „X-Men: Apocalypse“ bereits sowohl bzgl. der Kritiken als auch des Einspielergebnisses nicht völlig überzeugen konnte und Bryan Singer derweil zur Persona non grata wurde, traf man bei Fox einige höchst merkwürdige Entscheidungen, u.a. gab man die Zügel des Franchise fast vollständig in Simon Kinbergs Hände. Kinberg hatte bereits an vielen Filmen der Reihe als Produzent und Drehbuchautor mitgearbeitet, mit gemischten Resultaten, mit „X-Men: Dark Phoenix“ lieferte er sein Regiedebüt, das leider von Anfang an unter keinem guten Stern stand. Ursprünglich sollte er 2018 fast parallel zum MCU-Giganten „Avengers: Infinity War“ starten, wurde dann aber um über ein Jahr nach hinten verlegt, da Kinberg und Fox am dritten Akt des Films noch massive Änderungen vornehmen wollten bzw. mussten, da dieser angeblich „Captainn Marvel“ zu ähnlich gewesen war. So startete „Dark Phoenix“ schließlich im Juni des Jahres 2019, also mitten in der Übernahme von 20th Century Fox durch Disney, als klar war, dass diese Inkarnation der X-Men ohnehin keine Zukunft haben würde. Dementsprechend nicht vorhanden war dann auch das Interesse von Publikum und Fans. Ich selbst habe bis ins Jahr 2022 gebraucht, um mir „Dark Phoenix“ anzuschauen, einfach weil weder die Prämisse, noch die Umstände besonders anziehend wirkten. Nebenbei: Das Thema Kontinuität und Verhältnis zu den alten Filmen sprechen wir besser gar nicht mehr an, da das bereits mit „Apcoalypse“ und „Logan“ sinnlos geworden ist. Auch das Alter der Figuren ergibt überhaupt keinen Sinn mehr, der Film spielt 1992, sodass McAvoy und Fassbender in wenigen Jahren wie Patrick Stewart und Ian McKellen aussehen müssten. Inhaltlich merkt man ohnehin kaum, dass zwischen „Apocalypse“ und „Dark Phoenix“ neun Jahre vergangen sind.

Tatsächlich ist „Dark Phoenix“ nicht ganz so unterirdisch, wie ich es mir im Vorfeld, nicht zuletzt anhand diverser Kritiken, ausgemalt hatte. Das bedeutet allerdings nicht, dass dieses unrühmliche Finale der X-Men-Saga nicht wirklich massive Probleme hätte – vor allem, weil die Handlung gegen die Konzeption des Films arbeitet. Da „X-Men: Apocalypse“ nicht den Erwartungen entsprach und man in Sachen epische, weltzerstörende Action ohnehin nicht mit „Infinity War“ und „Endgame“ würde konkurrieren können, wollte das Studio einen intimeren, stärker auf die Charaktere zugeschnittenen Film – per se nicht die schlechteste Entscheidung. Simon Kinberg hingegen wollte, nachdem „X-Men: The Last Stand“ im Fandom einen äußerst schlechten Ruf genießt, noch einmal versuchen, der Dark-Phoenix-Saga aus den X-Men-Comics der 80er gerecht zu werden. Die Dark-Phoenix-Saga ist aber nun einmal die Antithese zur oben geschilderten Herangehensweise des Studios, weshalb „Dark Phoenix“ weder als intimeres Charakterdrama, noch als Adaption besagter Story von X-Men-Guru Chris Claremont funktioniert. Man wird zudem das Gefühl nicht los, dass sich Kinberg nicht von den Ideen und Strukturen lösen konnte, derer er sich im Drehbuch von „The Last Stand“ bediente. In mancher Hinsicht hat er lediglich die Figuren ausgetauscht, statt Professore X stirbt Mystique (inklusive Begräbnis), Magnetos Rolle wird von Vuk übernommen etc. Das hat zur Folge, dass sich „Dark Phoenix“ oft anfühlt wie eine verwässerte Version von „The Last Stand“.

Ein weiteres Hauptproblem ist, dass Jean Grey als gespaltener Charakter noch mehr mäandert als in „The Last Stand“, da Kinberg anscheinend nicht weiß, was er mit ihr als Phoenix eigentlich anfangen soll. Auch Sophie Turner gelingt es nicht unbedingt, den inneren Konflikt der Figur glaubhaft zu vermitteln. Vuk funktioniert leider ebenfalls nicht als Schurkin, ihre Rolle wurde im Zuge der Nachdrehs wohl massiv geändert, sodass sie kaum als Charakter funktioniert. Im Grund gab Kinberg Jessica Chastain eine weiße Perücke und ließ sie für die Dauer des Films völlig monoton agieren. Jennifer Lawrence‘ Mystique wirkt hier, mehr noch als in „X-Men: Apocalypse“, völlig desinteressiert, sodass ihr eigentlich tragischer Tod so gut wie keine emotionale Wirkung entfaltet. Ähnlich uninspiriert ist Magnetos Beteiligung an der Story, auch wenn ich Fassbender absolut keinen Vorwurf machen kann, er holt wie üblich raus, was rauszuholen ist.

Dieses ganze Desaster ist besonders schade, da es immerhin einige interessante Ansätze gibt, primär Charles Xaviers Charakterisierung, die (hier allerdings im Positiven) an die aus „The Last Stand“ anknüpft und sie weiterführt, sehr gut dargestellt von James McAvoy. Auch die Zusammenarbeit der X-Men mit dem Fokus auf die ergänzende Wirkung der Kräfte zu Beginn im Weltraum und im Finale fand ich durchaus gelungen – angesichts der Tatsache, dass die X-Men ein Superheldenteam sind, agieren sie in den Filmen tatsächlich ziemlich selten auf diese Weise. Leider werden diese positiven Aspekte oft durch Kinbergs ungenügende Fähigkeiten als Regisseur unterminiert. Hans Zimmers Score ist ebenfalls eher hinderlich denn hilfreich, da Kinberg auch über die Musik versucht, „Dark Phoenix“ als ernstzunehmendes Superhelden-Charakterdrama zu etablieren. Dementsprechend verwirft Zimmer nicht nur (ein weiteres Mal) alles an relevantem leitmotivischem Material, sondern liefert etwas ab, das fast schon wie die Parodie eines Nolan-Scores klingt: Noch mehr tiefes, düsteres Brüten in der Bassregion, noch minimalistischere Motive, noch mehr Rumpeln und Dröhnen ohne irgendwelche distinktiven, geschweige denn interessanten Aspekte.

Fazit: „X-Men: Dark Phoenix“ mag nicht ganz so unterirdisch sein, wie ich es mir vorgestellt habe, aber leider bleibt Simon Kinbergs Regiedebüt ein ebenso uninspiriertes wie vergessenswertes Machwerk – als Finale dieser alteingesessenen Superhelden-Filmreihe wirklich eine Schande, als Abgesang funktioniert „Logan“ deutlich besser.

Trailer

Bildquelle

Siehe auch:
X-Men: Days of Future Continuity
X-Men: Apocalypse

X-Men: Apocalypse

apocalypse
Story: Im Jahr 1983 erwacht der erste Mutant En Sabah Nur alias Apocalypse (Oscar Isaac), ein uraltes und gottgleiches Wesen aus dem alten Ägypten, um die Erde nach seinen Vorstellungen umzuformen. In den Mutanten Psylocke (Olivia Munn), Storm (Alexandra Shipp), Angel (Ben Hardy) und Magneto (Michael Fassbender) findet er Verbündete. Magneto sorgt allerdings dafür, dass sowohl Mytique (Jennifer Lawrence), als auch Charles Xavier (James McAvoy) und Hank McCoy (Nicholas Hoult) auf Apocalypse aufmerksam werden. Und so muss sich eine neue X-Men-Generation, u.a. bestehend aus Jean Grey (Sophie Turner), Cyclops (Tye Sheridan), Nightcrawler (Kodi Smit-McPhee), Quicksilver (Evan Peters) En Sabah Nur entgegenstellen, um die Welt vor ihm zu retten…

Kritik: Im zweiten Akt von „X-Men: Apocalypse“ besuchen einige der jungen Mutanten eine Kinovorstellung von „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ und streiten sich darüber, welcher Star-Wars-Film der Beste ist. Während sie sich diesbezüglich nicht auf Episode IV oder V einigen können, sind sie doch alle der Meinung, dass der dritte Teil der Schlechteste ist. Primär sollte dieser Kommentar wahrscheinlich als Seitenhieb auf Brett Rattners ungeliebten „X-Men: The Last Stand“ verstanden werden, ironischerweise lässt er sich allerdings auch auf „Apocalypse“ anwenden, da es sich hierbei um den dritten Teil der zweiten X-Men-Trilogie handelt. Und leider trifft er zu. Während „Apocalypse“ keinesfalls wirklich schlecht ist, hat er doch einige Schwächen, die dafür sorgen, dass er hinter „Days of Future Past“ und „First Class“ zurückbleibt.

Diese Probleme betreffen vor allem Apocalypse und Magneto. Ersteren fand ich zugegebenermaßen schon in den Comics und Zeichentrickserien nicht besonders interessant, wenn es um gottgleiche Erzschurken geht, ziehe ich persönlich Darkseid oder Thanos vor. Oscar Isaac spielt ihn hier zwar keinesfalls schlecht, er und Bryan Singer schaffen es für mich aber auch nicht, En Sabah Nur wirklich als mitreißenden und einnehmenden Schurken zu inszenieren. Magneto wird von Michael Fassbender natürlich nach wie vor grandios dargestellt, seine Charakterentwicklung erweist sich hier allerdings als ziemlich repetitiv. Der arme Mann muss schon wieder eine Familie verlieren und schon wieder treibt ihn das zur Rache und zum Bösen – sein Handlungsstrang in diesem Film wird der Figur leider nicht gerecht. Ich hätte es weitaus interessanter gefunden, wenn Xavier zu einem von Apocalypses Reitern geworden wäre und Magneto dann die X-Men hätte anführen müssen, ähnlich wie es in der Comicvorlage „Age of Apocalypse“ (mit der dieser Film ohnehin kaum Gemeinsamkeiten hat) der Fall war. Leider bleiben auch die anderen drei Reiter der Apokalypse ziemlich blass, obwohl sie optisch definitiv eine gute Figur machen.

Neben Magnetos Handlungsstrang gibt es noch zwei weiteree Element aus den bisherigen Filmen, das sich hier unnötigerweise wiederholen. Da wäre der Ausflug nach Kanada, der zum Plot eigentlich nichts beiträgt und nur deshalb im Film ist, um einen bestimmten Cameo-Auftritt unterzubringen, den der letzte Trailer ohnehin schon gespoilert hat. Und: Die X-Men müssen schon wieder als Team zusammenfinden. Beides raubt dem Film Zeit, die er auf ein besseres Ausspielen der Charakterdynamik und eine bessere Ausarbeitung der Schurken hätte verwenden können. Allerdings fand ich die diversen Cast-Neuzugänge sehr gelungen und es war schön, mal wieder den X-Men-Schulalltag zu sehen – gerne mehr davon. Überhaupt ist es herrlich, wie sehr die verschiedenen Darsteller in ihren Figuren aufgehen und wie mühelos und natürlich sie sie verkörpern.

Für „Apocalpyse“ spricht ebenfalls, dass der Film enorm kurzweilig ist und die zweieinhalb Stunden wie im Flug vergehen. Im Gegensatz zu den frühen X-Men-Filmen scheint Singer nun auch keine Angst mehr zu haben, die Comicursprünge seiner Figuren und der Welt des Films offen darzustellen: Optisch waren die X-Men kaum je näher an der Vorlage. Auch bezüglich der Action wird einiges aufgefahren. Zwar legen hier Superschurken schon wieder Großstädte in Schutt und Asche, aber immerhin ist das Zentrum der Verwüstung keine amerikanische Großstadt und En Sabah Nur baut auch einen Ersatz (gewissermaßen). Zu den Highlights gehören außerdem definitiv jede Szene, in der Quicksilver zu sehen ist, sowie das Finale, das zwar die emotionale Tiefe des Gegenstücks aus „Days of Future Past“ vermissen lässt, aber gerade uns Comicfans eine Andeutung dessen gibt, was in „The Last Stand“ gefehlt hat. Wenn Singer sich nun endlich einmal dazu durchringen könnte, uns auch noch einen Team-Shot á la Avengers mit passender thematischer Untermalung zu geben. Apropos: Der Score, abermals komponiert von John Ottman, ist besser als der von „Days of Future Past“, bleibt aber über weite Strecken leider immer noch ziemlich anonym und uninspiriert.

Fazit: „X-Men: Apocalypse“ ist trotz seiner Länger ein kurzweiliger Superheldenfilm, kommt aber an die beiden Vorgänger nicht heran und bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück, weil er zu viele Elemente aus den anderen Filmen der Reihe wieder aufgreift.

Siehe auch:
X-Men: First Class
X-Men: Days of Future Past