Batman: The Long Halloween Teil 1 & 2

Spoiler! Halloween 2021
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Story: Zu Beginn von Batmans (Jensen Ackles) Tätigkeit als Verbrechensbekämpfer ist Gotham City noch nicht bekannt als Stadt der durchgedrehten Freaks, sondern als Metropole des organisierten Verbrechens, die von Carmine „the Roman“ Falcone (Titus Welliver) mit eiserner Faust beherrscht wird. Gemeinsam mit Polizei-Captain James Gordon (Billy Burke) und Bezirksstaatsanwalt Harvey Dent (Josh Duhamel) will Batman Falcones Herrschaft über Gothams Unterwelt beenden. Doch auch andere haben es auf die Organisation abgesehen: Ein mysteriöser Serienmörder schaltet Mitglieder der Verbrecherfamilie aus. Da er immer an Feiertagen tötet, wird er schon bald „Holiday“ genannt. So beginnt eine ein Jahr dauernde Serie an Morden, die nicht nur Gotham City, sondern auch Batman, Gordon und Dent verändern und als „langes Halloween“ in die Annalen der Stadt eingehen wird…

Kritik: Halloween nähert sich einmal mehr, und damit beginnt auch wieder die Zeit, in der ich mich thematisch passendem Material widme – was wäre da besser geeignet als ein Film mit diesem Titel, auch wenn er bezüglich des Genres vielleicht nicht ganz so gut mit den Artikeln harmoniert, die noch geplant sind. Wie dem auch sei, da der zweite Teil von „Batman: The Long Halloween“ vor noch nicht allzu langer Zeit auf BluRay erschienen ist, passt das alles, Horror hin, Superhelden her, trotzdem relativ gut zusammen.

Die DC Universe Animated Original Movies haben immer wieder DC-Klassiker adaptiert, mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Manche, etwa „Batman: The Dark Knight Returns“, sind durchaus gelungen, einige wenige wie „Batman: Under the Red Hood“ haben es sogar geschafft, ihre Vorlage zu übertreffen, andere hingegen blieben weit hinter ihren Möglichkeiten zurück – primär ist hier „Batman: The Killing Joke“ zu nennen, das sich trotz des Mitwirkens von Kevin Conroy und Mark Hamill als Griff ins Klo entpuppte. „The Long Halloween“, basierend auf der gleichnamigen, von 1996 bis 1997 erschienen Graphic Novel von Jeph Loeb und Tim Sale, ist der jüngste Klassiker, der als Animationsfilm adaptiert wurde, wie „The Dark Knight Returns“ in zwei Teilen. Nun taucht „The Long Halloween“ nicht nur regelmäßig auf den Listen der besten Batman-Comics auf und beeinflusste diverse Realverfilmungen massiv – sowohl Chris Nolan als auch Matt Reeves benennen „The Long Halloween“ als essentielle Vorlage ihrer Filme – sondern ist auch einer meiner persönlichen Favoriten, vielleicht sogar mein liebster Batman-Comic überhaupt. Loebs und Sales Werk ist eine monumentale und vor allem extrem atmosphärische Geschichte, die auf höchst gelungene Weise den Wandel Gothams von einer Mafia-kontrollierten Stadt zum Moloch der bunten Superkriminellen illustriert, zugleich eine wunderbare Hommage an Gangster-Filme im Allgemeinen und „The Godfather“ im Besonderen darstellt und nebenbei auch noch eine der besten Origins für Two Face liefert.

Dementsprechend war ich im Vorfeld eher skeptisch, nicht nur wegen des Killing-Joke-Fiaskos, sondern auch weil mir der Animationsstil der aktuellen DC Universe Animated Original Movies ursprünglich nicht unbedingt zusagte. Besagter Stil kam nicht nur bei diesem Film, sondern auch bei „Superman: Man of Tomorrow“ und „Justice Society: World War II“ zum Einsatz kam – diese sollen wohl innerhalb derselben Kontinuität spielen. Ich muss allerdings zugeben, dass dieses Urteil primär auf den Trailern basierte, da ich beide Filme nicht gesehen habe. In „The Long Halloween“ funktioniert dieser Animationsstil nach einer gewissen Gewöhnungsphase allerdings relativ gut und sorgt auch für flüssige Action und Bewegungsabläufe. Freilich ist es schon ein wenig schade, dass Tim Sales Zeichnungen in den Animationen kaum wiederzufinden sind, aber andererseits muss man zugeben, dass Sales komplexe und detaillierte Bilder deutlich schwerer (und teurer) umzusetzen wären als es bei beispielsweise Frank Miller („The Dark Knight Returns“) oder Ed McGuinness („Superman/Batman: Public Enemies“) der Fall war.

Inhaltlich ist „The Long Halloween“ eine recht pragmatische Adaption. Regisseur Chris Palmer und Drehbuchautor Tim Sheridan halten sich nicht sklavisch an die Vorlage oder fühlen sich verpflichtet, jede Szene eins-zu-eins genau in der Reihenfolge umzusetzen, wie es im Comic der Fall ist, sie bemühen sich aber dennoch, die Geschichte größtenteils intakt zu lassen und den Kern der Vorlage zu treffen – ein Ansatz, der meistens ziemlich gut funktioniert. Bei einem monumentalen Werk wie „The Long Halloween“ war ohnehin klar, dass selbst eine zweiteilige Adaption mit einer Laufzeit von etwas über drei Stunden nicht alle Subplots und Szenen umsetzen können würde. Der Auftritt des Riddlers etwa fehlt komplett und die sehr an „The Godfather“ erinnernde Eröffnungsszene des Comics wurde ebenfalls entfernt – wobei vielleicht gerade diese doch sehr deutliche Reminiszenz an Mario Puzo und Francis Ford Coppola der Grund dafür war.

Die Charakterisierung der meisten Figuren entspricht der des Comics, mit zwei größeren Ausnahmen: Batman und Catwoman (Naya Rivera, im Juli 2020 tragisch verstorben). Die Darstellung des Dunklen Ritters erinnert im Film stärker an die aus Frank Millers „Batman: Year One“, er ist unerfahrener, weniger kompetent und enigmatisch und macht mehr Fehler. Dieser Aspekt ist in der Graphic Novel zwar durchaus auch vorhanden, wird im Film aber weitaus stärker betont. Catwoman dagegen ist als Figur deutlich positiver angelegt – wo sie im Comic recht ambivalent bleibt, wird sie hier eindeutiger zu Batmans Verbündeter. Am deutlichsten tritt das während des Endkampfes auf: Wo Selina bei Loeb und Sale zuerst als Teil der Schurkenriege auftritt, die unter Two-Face‘ Führung gegen Carmine Falcone vorgeht, ist sie im Film von Anfang an auf Batmans Seite.

Die wahrscheinlich größte Änderung gegenüber der Vorlage findet sich bei der Identität des Holiday-Killers: Tatsächlich wird sie im Comic nie final aufgeklärt, stattdessen impliziert Loeb, dass es mehrere Holidays gab. Offiziell verhaftet und überführt wird Alberto Falcone (im Film gesprochen von Jack Quaid), aber auch Harvey und Gilda Dent (Julie Nathanson) sind sehr verdächtig. Tatsächlich empfand ich die Auflösung bzw. den Mangel an Auflösung immer als den schwächsten Teil der Vorlage. Der Film macht das Ganze eindeutiger, allerdings weiß ich nicht, ob mir diese Änderung gefällt. Wo Alberto Falcone bei Loeb nur scheinbar von Holiday getötet wird, ist er im Film tatsächlich sowohl unschuldig als auch tot, während Gilda die alleinige Täterin mit einer relativ intimen Verbindung zu Alberto und den Falcones ist. Diese Abwandlung beeinflusst das Gesamtkonstrukt nicht so sehr, wie es etwa bei der Verfilmung von „Batman: Hush“ der Fall war, sorgt aber dennoch dafür, dass sich der Fokus des Endes verschiebt.

Ansonsten ist definitiv noch die Sprecherriege positiv hervorzuheben. Nachdem Jensen Ackles in „Batman: Under the Red Hood“ bereits Jason Todd sprechen durfte, wurde er nun zum Dunklen Ritter „befördert“ und gibt dem noch unerfahrenen Batman eine passende Stimme. Auch der Rest des Casts weiß zu überzeugen, wobei zwei der Schurken sich (mal wieder) sehr stark an „Batman: The Animated Series“ orientieren. Nach „Batman: Arkham Origins“ und „Batman: Assault on Arkham“ spricht Troy Baker ein weiteres Mak den Joker und klingt auch hier sehr nach Mark Hamill, während Josh Duhamel zwar zum ersten Mal als Harvey Dent zu hören ist, seine Performance als Two Face aber eindeutig wie eine Hommage an Richard Moll klingt.

Fazit: Gelungene Verfilmung eines Batman-Klassikers in zwei Teilen, der meistens die richtige Balance zwischen Vorlagentreue und Eigenständigkeit gelingt.

Trailer
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Batman: Year One

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Im Rahmen des Großevents „Crisis on Infinite Earths“ entschloss man sich bei DC zu einem Großreinemachen: Man entledigte sich nicht nur des Multiversums, das zunehmend für Verwirrung sorgte, sondern beschloss auch, die Origin Storys der wichtigsten Helden einem Update zu unterziehen. Nachdem Frank Miller Batman mit „The Dark Knight Returns“ zu neuer Popularität verholfen hatte, lag es nahe, ihn Batman noch einmal neu erfinden zu lassen. Anders als ursprünglich geplant zeichnete Miller dieses Mal allerdings nicht selbst, sondern überließ diese Aufgabe David Mazzuchelli, mit dem er bereits an „Daredevil: Born Again“ gearbeitet hatte. Das Ergebnis, „Batman: Year One“, ist quasi DIE Batman-Origin schlechthin – während Supermans Entstehung selbst im Rahmen der regulären Kontinuität gefühlt alle paar Jahre neu erzählt wird (u.a. in John Byrnes „Superman: The Man of Steel“, quasi das Gegenstück zu „Batman: Year One“, Mark Waids „Superman: Birthright“ oder Geoff Johns‘ „Superman: Secret Origin“), blieb „Year One“ für lange Zeit ohne Nachahmer.

Handlung und Struktur
Nach langjähriger Abwesenheit kehrt der fünfundzwanzigjährige Bruce Wayne nach Gotham City zurück, um dem Verbrechen den Kampf anzusagen – er weiß nur noch nicht, wie. Zeitgleich erreicht auch James Gordon, noch im Rang eines Lieutenant, Gotham, da er zum Gotham City Police Departement versetzt wurde. Hier muss sich Gordon mit der allgegenwärtigen Korruption auseinandersetzen – jeder, von seinem Partner Arnold Flass bis hin zu Commissioner Gillian Loeb, steht auf der Gehaltsliste des Mafiabosses Carmine „The Roman“ Falcone. Bruce‘ erste Einsätze im Kampf gegen das Verbrechen gehen derweil ziemlich schief, eine Schlägerei im East End Gothams überlebt er kaum. Zwar verfügt er über das nötige Training, doch gelingt es ihm nicht, den Verbrechern Angst einzujagen. Eine Fledermaus liefert schließlich die nötige Inspiration. Während Bruce sich als Vigilant Batman einen Namen macht und erstmals von den Größen der Stadt wie Loeb und Falcone als Bedrohung wahrgenommen wird, versucht Gordon weiter gegen Korruption vorzugehen und verliebt sich nebenbei in seine Kollegin Sarah Essen – ein äußerst ungeschickter Zeitpunkt, ist seine Frau Barbara doch gerade mit dem gemeinsamen Sohn schwanger. Gordons und Batmans Wege kreuzen sich immer wieder, nicht zuletzt, als ein gesamtes Sonderkommando daran scheitert, der Dunklen Ritter festzunehmen oder zu töten. Und mehr noch, er inspiriert bereits Nachahmer, etwa die Prostituierte Selina Kyle, die in einem Katzenkostüm Überfälle begeht. Gordon wird der korrupten Elite zwischenzeitlich zu lästig, weshalb sie versuchen, ihn durch die Entführung seiner Frau und seines neugeborenen Sohnes gefügig zu machen, doch Bruce schreitet auch ohne Maske ein – so beginnt das Bündnis zwischen Batman und Gordon.

Ähnlich wie „The Dark Knight Returns“ erschien auch „Batman: Year One“ in vier Heften, allerdings handelte es sich dabei nicht um vier extradicke Ausgaben einer Miniserie, sondern um vier Hefte der regulären Batman-Serie (404 bis 407). Ironischerweise orientiert sich „Batman: Year One“ allerdings weitaus weniger an der Dramaturgie „gewöhnlicher“ Superheldencomics, die „The Dark Knight Returns“ aufgreift. Da Batmans reguläre Rogues Galery ohnehin noch nicht existiert, nutzt Miller die Gelegenheit, „Year One“ deutlich stärker als durchgehende Geschichte zu erzählen. Anstatt diese Fassung von Batmans Origin mithilfe der Superheldendramaturgie zu strukturieren, arbeitet Miller hier mit Charakterpaaren. Das zentrale Paar sind natürlich Bruce Wayne und James Gordon, die den Leser auch stets an ihren Gedanken teilhaben lassen und danach trachten, Gotham zum Besseren zu verändern. Es finden sich aber noch weitere Figurenpaare, die Miller einander gegenüberstellt: Gordon und Harvey Dent, die beiden Gesetzeshüter, die gegen Korruption kämpfen, Bruce und Selina Kyle, die beide in Maske und Kostüm schlüpfen, Gillian Loeb und Carmine Falcone, die als primäre Schurken fungieren, und Barbara Gordon und Sarah Essen, die beiden Frauen in James Gordons Leben.

Von Mythen und Menschen
24584124._SX540_Man könnte argumentieren, dass James Gordon der eigentliche Protagonist von „Year One“ ist und läge damit nicht unbedingt falsch – aber Batman ziert nun einmal das Cover und wegen ihm kommen dann doch die meisten Leser. Nachdem Miller Batman in „The Dark Knight Returns“ zum Mythos stilisierte und ihn als übergroßen Heroen inszenierte, tut er in „Year One“ genau das Gegenteil – in kaum einem anderen Comic erleben wir Bruce Wayne so menschlich und so fehlbar; von der üblichen Hyperkompetenz, die man von Batman gewohnt ist, fehlt jede Spur. Bruce‘ erster Einsatz als Proto-Batman endet in einem Desaster, das ihn fast tötet, bei seiner ersten Aktion im Kostüm ist er mit drei halbwüchsigen Dieben bereits überfordert, die der spätere Batman wahrscheinlich mit einem einzigen Blick hätte in die Flucht schlagen können. Bruce muss sich erst langsam nach oben arbeiten, von den kleinen Gangstern bis zu den wirklich großen Tieren, denen er immerhin im Verlauf der Geschichte näherkommt. Zu Anfang wirkt Bruce noch relativ separiert von Gotham und den anderen Figuren – wo Gordon sofort mitten im Geschehen ist (und mit dem Zug anreist), muss Bruce erst einmal lernen, seine Heimatstadt zu verstehen.

Miller versteht es auf sehr geschickte Weise, Bruce Wayne und James Gordon einander gegenüberzustellen. Wo Bruce mit dem Flugzeug ankommt, abermals separiert von der Stadt, nimmt Gordon den Zug – und beide wünschen sich, das jeweils andere Transportmittel genommen zu haben. Wie so häufig hat Bruce keine „normalen“ Probleme, er hat ein Anwesen, einen Butler und mehr Geld, als er sich wünschen könnte. Stattdessen sucht er ein Ventil, er hat die Absicht, etwas zu verändern, weiß aber nicht wie. Gordons Probleme hingegen sind nur allzu nachvollziehbar: Wenig Geld, eine schwangere Frau und völlig korrupte Kollegen und Vorgesetzte. Gordon könnte sich schmieren lassen und wie alle anderen Polizisten von Gotham werden, was viele seiner Probleme lösen würde, doch dazu ist er zu aufrecht und ehrenhaft. Gleichzeitig ist er alles andere als perfekt, er verliebt sich in seine Kollegin Sarah Essen und beginnt eine kurze Affäre mit ihr. Und natürlich war Gordon in kaum einem anderen Batman-Comic jemals so aktiv wie hier. Normalerweise aktiviert er das Bat-Signal, erklärt, wo es Probleme gibt und räumt dann hinterher auf. Millers Gordon dagegen ist deutlich jünger, dynamischer, wir beobachten ihn bei den Ermittlungen und bei seinem Kampf gegen die Korruption in Gotham. Immer wieder lässt Miller Batman und Gordon als Gegenstücke zueinander auftreten, der Schicksale einander widerspiegeln und miteinander verknüpft sind. Zusätzlich deutet er an, dass Gordon bereits seit dem Finale dieser Geschichte wissen könnte, dass Batman Bruce Wayne ist.

Stadt der Sünde
Frank Millers Faszination mit dem Konzept eines modernen Sodom (oder Gomorrha, wer das bevorzugt) ist nur allzu bekannt. Bereits in seinen Daredevil-Geschichten zeigte Miller New York und Hell’s Kitchen als einen urbanen, von Kriminalität verseuchten Moloch. Gotham City ist die nächste, logische Stufe der Evolution, die schließlich im von Miller für Dark Horse geschaffenen „Sin City“ gipfelt. Viele Ideen, die Miller später auf den Gipfel treiben würde, werden hier bereits angeschnitten, etwa das Rotlichtviertel mit sehr wehrhaften Prostituierten, die völlig korrupte Polizei oder die übermächtigen Gangster. Wo in „The Dark Knight Returns“ groteske Superschurken Gotham dominierten, sind die Dämonen dieser besonderen Hölle in „Year One“ nur allzu menschlich – und damit deutlich interessanter als beispielsweise der Mutantenanführer. Die primären Widersacher Batmans (und Gordons) sind Arnold Flass, Gordons Partner, Commissioner Gillian Loeb und der Mafiaboss Carmine Falcone. Alle drei repräsentieren verschiedene Stufen der Korruption. Flass ist lediglich ein Erfüllungsgehilfe, ebenso sehr Gefangener des Systems wie Wärter – mit ihm wird Gordon selbst fertig, er bleibt nicht besonders lang eine Bedrohung. Loeb hingegen ist als hochrangiger Beamter deutlich gefährlicher, ein dunkles Spiegelbild des Commissioners, der Gordon später einmal werden wird. Und dann wäre da noch Carmine Falcone, der hier Gothams Unterwelt repräsentiert und als die Wurzel allen Übels wahrgenommen wird, was er in letzter Konsequenz natürlich nicht ist. Tatsächlich wird Falcone in „Year One“ auch nicht wirklich besiegt, lediglich von Batman und Catwoman gedemütigt, während Loeb immerhin als Commissioner zurücktreten muss, nachdem der Versuch, Gordon durch die Bedrohung seiner Familie gefügig zu machen, scheitert. Interessanterweise fühlt sich „Year One“ trotzdem wie eine runde Sache – Miller ist hier ein sehr guter Balanceakt gelungen. Man kann „Year One“ als eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte lesen, aber eben auch als ersten Teil einer größeren Saga. Mit Jeph Loebs und Tim Sales „Batman: The Long Halloween” gibt es erfreulicherweise eine relativ direkte Fortsetzung, die „Year One“ mindestens ebenbürtig ist. Wie dem auch sei, „Year One“ mutet nie als Superhelden-Geschichte, sondern eher als Crime Thriller an, Batman verfügt noch nicht über die überlegen Technik und die Gewalt ist verhältnismäßig realistisch und bodenständig.

Visuelle Umsetzung
David Mazzucchelli arbeitete vor allem in den 80ern für die beiden Großverlage Marvel und DC, während er sich ab den 90ern stärker auf persönliche Projekte wie die Anthologieserie „Rubber Blanket“ konzentrierte. Vor „Year One“ zeichnete Mazzucchelli unter anderem viele Ausgaben von Marvels „Daredevil“, darunter auch „Daredevil: Born Again“, ebenfalls verfasst von Frank Miller. Im direkten Vergleich fällt, auf, wie stark Mazzuchelli seinen Stil modifiziert bzw. weiterentwickelt hat. „Born Again“, nur etwa ein Jahr vor „Year One“ erschienen, entspricht etwa dem Superhelden-Standard dieser Dekade, Millers eigner Zeichenarbeit vor „The Dark Knight Returns“ gar nicht so unähnlich. „Year One“ dagegen wirkt, in Ermangelung eines besseren Wortes, deutlich „europäischer“, der Stil ist reduzierter, klare Linien dominieren. Vor allem Mazzucchellis Figurenoptik ist von „The Dark Knight Returns” so weit entfernt wie nur vorstellbar. Wo Millers Panels von oft grotesk überzeichneten Charakteren dominiert werden, herrscht in „Year One“ ein deutlich stärkerer Realismus vor. Batman ist nicht riesig und übertrieben muskulös, kein Halbgott in Spandex, sondern ein zwar durchtrainierter, aber normal proportionierter Mann in einem Kostüm. Dennoch bauen Autor und Zeichner sie auch die typischen, stilistisch überhöhten Batman-Momente ein, etwa wenn er sich den versammelten korrupten Eliten Gothams zum ersten Mal im Haus des Bürgermeisters präsentiert, um so auf die Figur zu verweisen, die Batman einmal werden wird.
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Mazucchelli und Miller entschlossen sich bewusst, sich visuell an den stärker reduzierten Batman-Comics der Jahre 1939 und 1940 zu orientieren und den Dunklen Ritter so zu seinen Noir-Wurzeln zurückzuführen. Alles wirkt bodenständig, schmutzig, grimmig und realistisch, nicht zuletzt dank der hervorragenden Farbgebung von Richmond Lewis. Besonders hervorzuheben sind in diesem Kontext auch die vielen kleinen Details, die Millers und Mazzucchellis Gotham lebendig werden lassen. Im Umfeld von Comissioner Loeb tauchen beispielsweise immer wieder Cartoon-Figuren oder ähnliche, zynisch platzierte Sinnbilder der Unschuld auf: eine Peanuts-Lampe auf dem Schreibtisch, ein Clown-Porträt im Büro oder Micky Maus auf dem Revers. Hierdurch wird visuell auf den Kontrast zwischen der jovialen Art, mit der sich Loeb präsentiert, und seinem wahren Wesen hingewiesen. Sehr gelungen ist auch die optische Darstellung der wechselnden Jahreszeiten, da „Year One“ tatsächlich im Januar beginnt und im Dezember endet.

Adaptionen und Einfluss
Der Einfluss, den „Batman: Year One“ hatte, ist kaum geringer als der von „The Dark Knight Returns“. Wie bereits erwähnt galt dieser Handlungsbogen lange als DIE definitive Origin der Figur. Und mehr noch, Millers und Mazzuchellis Werk inspirierte eine ganze Reihe an Serien, Miniserien und One-Shots, die in Batmans Anfangsjahren spielen und ihn als jungen Verbrechensbekämpfer zeigen. 1989 startete DC beispielsweise die Serie „Batman: Legends of the Dark Knight“, deren Handlungsbögen genau dieser Prämisse folgten und an „Year One“ anknüpften, auch wenn sich das im späteren Verlauf änderte. Die 2006 gestartete Serie „Batman Confidential“ kehrte ebenfalls in die Anfangszeit des Dunklen Ritters zurück. Und dann sind da natürlich noch die Miniserien und One-Shots, die „Year One“ direkt fortsetzen – zu diesen gehört unter anderem Ed Brubakers und Doug Mahnkes „Batman: The Man Who Laughs“ (die erste Begegnung zwischen Batman und dem Joker, die am Ende von „Year One“ angedeutet wird), „Batman and the Monster Men“ und „Batman and the Mad Monk“, in welchen Autor und Zeichner Matt Wagner klassische Geschichten aus dem Jahr 1939 modernisierte und natürlich „The Long Halloween“ und „Dark Victory“, in welchem Jeph Loeb und Tim Sale darstellen, wie aus dem von Gangstern regierten Gotham eine Stadt der durchgedrehten Superschurken wird und wie Carmine Falcones Herrschaft endet. Darüber hinaus gab es auch zwei (zumindest dem Namen nach) direkte Sequels, „Batman: Year Two“ (von Mike W. Barr und diversen Zeichnern) und „Batman: Year Three“ (von Marv Wolfman und Pat Broderick), die allerdings bald wieder aus der Kontinuität flogen und durch die beiden Graphic Novels von Loeb und Sale quasi ersetzt wurden. Darüber hinaus wurde der Titel „Year One“ bei DC sehr beliebt, eine ganze Reihe von Figuren (Robin, Batgirl, Green Arrow, Superman) erhielten im Lauf der Jahrzehnte ebenfalls Year-One-Miniserien. Und als DC im Rahmen der New 52 einen Reboot veranlasste, beauftragte man Scott Snyder und Greg Capullo damit, Batmans Origin zu aktualisieren – sowohl inhaltlich als auch bezüglich des Titels verweist „Batman: Zero Year“ natürlich auf „Year One“.

Ähnlich wie „The Dark Knight Returns“ hinterließ „Year One” auch in andere Medien Spuren. 2011 erschien im Rahmen der „DC Universe Animated Original Movies“ eine Direktadaption mit Bryan Cranston als James Gordon, Ben McKenzie (der in „Gotham“ später einen jungen Gordon spielen sollte) als Bruce Wayne, Eliza Dushku als Selina Kyle und Jon Polito als Gillian Loeb. Bei diesem Animationsfilm handelt es sich im Grunde um eine bewegte Version des Comics, die allerdings kaum etwas hinzufügt oder anderweitigen Mehrwert bietet. Deutlich interessanter sind die Elemente von „Year One“, die in diversen anderen Adpaitonen auftauchen.

Bereits in „Batman: Mask of the Phantasm“ (1993), der ersten Film-Ausgliederung von „Batman: The Animated Series“, finden sich einige Verweise auf „Year One“, etwa in Bruce‘ missglücktem erstem Einsatz als Proto-Batman. Nachdem „Batman & Robin“ sich als Flop erwies, spielte man immer wieder mit dem Gedanken, „Year One“ zu adaptieren, zuerst überlegte Joel Schumacher selbst, sich an die Umsetzung zu machen, später verpflichtete Warner Bros. Darren Aronofsky – aus beiden Plänen wurde bekanntermaßen nichts. Dennoch beinhaltet der Batman-Film, der 2005 schließlich in die Kinos kam, immer noch viele Inhalte, die direkt aus „Year One“ stammen. Gerade die Figurenkonstellation in Chris Nolans „Batman Begins“ orientiert sich sehr stark an Millers und Mazzucchellis Geschichte, auch wenn die Charaktere nicht immer unbedingt ihrem Comicgegenstück entsprechen. Der von Gary Oldman gespielte James Gordon kommt zwar nicht frisch aus Chicago nach Gotham, entspricht aber sonst sehr genau der Vorlage. Auf Arnold Flass‘ Persönlichkeit trifft dasselbe zu, auch wenn er im Film klein, dick und dunkelhaarig statt groß, muskulös und blond ist. Nolans Commissioner Loeb hat hingegen nur den Namen der Figur aus „Year One“, entspricht aber optisch und charakterlich eher Michael Akins, der in der Zeit, als „Batman Begins“ in die Kinos kam, als Gordons Nachfolger dem GCPD vorstand. Carmine Falcone, gespielt von Tom Wilkinson, ist in Nolans Gotham ebenfalls der mächtigste Gangsterboss, erinnert optisch allerdings eher an seinen Rivalen Salvatore Maroni, während der in „The Dark Knight“ auftauchende Maroni dem Comic-Falcone visuell viel eher entspricht. Darüber hinaus taucht Falcone, gespielt von John Doman, in der Fox-Serie „Gotham“ auf, die sie sich außerdem immer wieder bei „Year One“ bedient. Und als wäre das nicht genug, wird Falcone in Matt Reeves‘ allem Anschein nach ebenfalls von „Year One“ beeinflussten „The Batman“ eine Rolle spielen, dieses Mal dargestellt von John Turturro. Grundsätzlich gilt: Wann immer sich ein Medium, sei es Film, Comic, Serie oder Spiel („Arkham Origins“ ist das perfekte Beispiel) mit Batmans Anfangszeit beschäftigt, werden fast immer Elemente aus „Year One“ aufgegriffen.

Fazit: „Batman: Year One“ ist nicht nur eine der besten, wichtigsten und einflussreichsten Batman-Comics, sondern auch der ideale Einstiegspunkt. Wie schon bei „The Dark Knight Returns“ gilt: Wer sich mit Batman auch nur ansatzweise beschäftigen möchte, kommt an „Year One“ nicht vorbei.

Siehe auch:
Batman: The Dark Knight Returns

Bildquellen:
Titel
Batman
Gordon

Batman: Der Joker und Weihnachten


Die meisten Leute würden den Begriff „Weihnachten“ wohl kaum mit „mörderischer, psychopathischer Killerclown“ assoziieren, kundige Batman-Fans dagegen ziemlich sicher. Auf den ersten Blick erscheint es relativ absurd, aber es lässt sich nicht leugnen: Der Joker taucht in verdammt vielen Geschichten auf, die zur Weihnachtszeit spielen, und das nicht nur in den Comics, sondern intermedial. Lediglich in den Kinofilmen gibt es diese Kombination bisher nicht. „Batmans Rückkehr“ spielt zwar zur Weihnachtszeit, als Schurke fungiert hier allerdings der Pinguin. Immerhin könnten allerdings Oswald Cobblepots clownsgesichtige Häscher ebenso gut für den Joker arbeiten.
Die Schöpfer von Batman-Comics, -Spielen und –Zeichentrickserien sind allerdings ganz offenbar der Meinung, dass der Joker und Weihnachten wunderbar zusammenpassen. Jeph Loeb und Tim Sale beispielsweise haben den mörderischen Clown schon zwei Mal mit dem Fest der Liebe in Verbindung gebracht. In ihrer bahnbrechenden, dreizehnteiligen Miniserie „Batman: The Long Halloween“ treibt der Joker an Weihnachten sein Unwesen, stiehlt Geschenke und versucht herauszufinden, ob Harvey Dent der Holiday-Mörder ist, und zwar, indem er Dent und seiner Frau in ihrem Haus auflauert.
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Der Joker stiehlt Weihnachten in „Batman: The Long Halloween“ – Parallelen zum Grinch waren sicher beabsichtigt

Bei „Ghosts“ einem Halloweenspecial vom selben Team, das in dem Sammelband „Haunted Knight“ erhältlich ist, handelt es sich zwar nicht per se um eine Weihnachtsgeschichte, allerdings ist es, trotzt des fehlenden Drumherums, eine Adaption von Dickens‘ „A Christmas Carol“, in welcher der Joker als Geist der gegenwärtigen Weihnacht fungiert. Und apropos Dickens, es gibt noch eine weiteren Comic, der diesen Klassiker adaptiert: „Batman: Noel“, geschrieben und gezeichnet von Lee Bermejo. Diese Geschichte suhlt sich geradezu in pervertierter Weihnachtsstimmung – und macht optisch verdammt viel her.
Die Joker-an-Weihnachten-Thematik findet sich auch in „Batman: The Animated Series“ wieder, und zwar bereits in der zweiten Episode (nach Produktion, nicht Erstausstrahlung), die Mark Hamills Debüt als Joker markiert. „Christmas with the Joker“ gehört zwar eindeutig zu den leichtherzigen, eher „cartoonartigen“ Episoden, gilt aber trotzdem als Klassiker, schon allein wegen der ikonischen Ausbruchsszene zu Beginn (siehe Video). In der späteren Folge „Holiday Knights“ ist der Joker abermals mit von der Partie, kümmert sich dieses Mal allerdings um Silvester. An seiner Statt darf allerdings Harley Quinn (mit tatkräftiger Unterstützung von Poison Ivy) Batman die Vorweihnachtszeit ruinieren. Und schließlich hätten wir da noch „Arkham Origins“, das am Weihnachtsabend spielt und in dem Batman (in dieser Kontinuität) zum ersten Mal auf den Joker trifft.
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Der Joker als Geist der zukünftigen Weihnacht in „Batman: Noel“

Warum, mag man sich fragen, wird der Joker so gerne in Geschichten mit Weihnachtsthematik eingesetzt? Wenn man es genauer betrachtet, ist das Ganze sogar ziemlich logisch. Die Attraktivität des Batman/Joker-Konflikts basiert (zumindest zum Teil) auf der Umkehrung der allgemein üblichen Symbolik. Batman, der Held, nutzt die Mittel des Bösen wie Einschüchterung, und trägt schwarz, während sein Widersacher knallbunt ist und das Lächeln, das Symbol des Positiven, grausam pervertiert. Weihnachten ist ebenfalls ein positives Symbol, selbst wenn man den christlichen Kontext weglässt. Trotz des massiven Zynismus, mit dem Weihnachten gerne mal bedacht wird, gilt es immer noch als das „Fest der Liebe“ oder das „Fest der Familie“. Gemütliche Rituale, familiäres Beisammensein, Kinderfreude – all das sind Elemente, die gemeinhin mit Weihnachten assoziiert werden. Und all das sind Dinge, die der Joker mit Freude pervertiert, es ist quasi eine Weiterentwicklung der oben geschilderten umgekehrten Symbolik.
Durch seine Aktionen nimmt der Joker Weihnachten die Gemütlichkeit und Behaglichkeit und kehrt sie um. Nicht umsonst geht es in „The Long Halloween“ und „Noel“ under anderem darum, dass der Joker in den familiären Raum eindringt und Sicherheit und Idylle gezielt zerstört. In der Loeb/Sale-Geschichte trägt er dazu die typische Weihnachtsmannmütze, während er bei Bermejo von einem Kind zuerst für den Weihnachtsmann gehalten wird.


In „Christmas with the Joker“ und „Arkham Origins“ erfolgt die Perversion sogar noch weitaus deutlicher. Nicht nur macht sich der Joker die Symbole des Weihnachtsfestes zu Eigen, er okkupiert auch die Musik, eines der hervorstechendsten Merkmale. In „Christmas with the Joker“ setzte die Komponistin Shirley Walker gezielt bekannte Weihnachtsmelodien ein, am prägendsten ist jedoch der erste Auftritt des Jokers, der die Episode eröffnet: Dort singt er die Batman-Version von Jingle Bells. In „Arkham Origins“ ist das ganze ein wenig subtiler: Als musikalisches Leitmotiv für den Joker wählte Christopher Drake die Melodie des bekannten ungarischen Weihnachtsliedes Carol of the Bells, allerdings mit veränderter Begleitung, die unter anderem einen langgezogenen Einzelton enthält, der sicher nicht zufällig an Hans Zimmers Joker-Thema erinnert. Die Melodie erhält so ein bösartiges, äußerst ungemütliches und dissonantes Element.
Passen der Joker und Weihnachten zusammen? Letztendlich ist das die falsche Frage. Weihnachten passt in jedem Fall perfekt in das symbolische Beuteschema des Jokers. In diesem Sinne, fröhliche und nicht-pervertierte Weihnachten.

Batman: The Long Halloween


In Frank Millers „Batman: Year One“ erleben wir ein Gotham City, das von korrupten Politikern, Gangstern und Mafiabossen regiert wird. In den meisten späteren Batmancomics sind die Gegner des Dunklen Ritters zumeist Freaks, Irre und kostümierte Wahnsinnige. Was ist mit Gotham City wohl passiert? Wie wurde aus einer kaputten, aber noch „normalen“ Stadt eine Metropole der Geisteskranken? Dieser Frage nehmen sich Autor Jeph Loeb und Zeichner Tim Sale mit ihrer Miniserie „The Long Halloween“ an.
„The Long Halloween“ spielt in Batmans erstem Jahr, etwa sechs Monate nach den Ereignissen von „Batman: Year One“ und schließt sich diesem Meilenstein auch thematisch an. In besagter Graphic Novel ist nämlich ein Herr namens Carmine Falcone, genannt „Der Römer“, der mächtigste Gangsterboss der Stadt, und in „The Long Halloween“ wird er zu einer der Hauptfiguren. Ausgangssituation ist folgende: Falcone scheint machen zu können, was er will und somit über dem Gesetz zu stehen; er herrscht wie die antiken römischen Kaiser über Gotham als sein Imperium (daher auch der Spitzname).
Da liegt es natürlich nahe dass Batman, der die Ausrottung des organisierten Verbrechens anstrebt, in Falcone seinen Hauptfeind sieht. Bei seinem Krieg gegen den Römer hat der Dunkle Ritter zwei wichtige Verbündete: Harvey Dent, den Bezirksstaatsanwalt von Gotham City und James Gordon, einen Captain des „Gotham City Police Departements“ (kurz GCPD).
Doch natürlich wird die ganze Angelegenheit für das Dreierteam noch um einiges komplizierter, denn ein neuer Serienkiller geht in Gotham um: „Holiday“ tötet immer an Feiertagen, benutzt dabei immer dieselbe Waffe (eine Kaliber 22. mit einem Saugnapf als Schalldämpfer) und sucht sich seine Opfer aus demselben Umfeld: Mitglieder der Falcone-Familie.
Nun gilt es für Batman, Dent und Gordon einerseits, Falcone das Handwerk zu legen und andererseits „Holiday“ zu schnappen, doch beides erweist sich als äußerst schwierig, insbesondere, da die Liste der Verdächtigen sehr lang ist. Ist vielleicht Salvatore Maroni der Mörder, Falcones härtester Rivale um die „Herrschaft“ über Gotham City? Oder ist es die Diebin Catwoman, die ein eigenartiges Interesse am Römer zu haben scheint? Ist es Carla Viti, Falcones Schwester, die möglicherweise einen Groll gegen ihren Bruder hegt? Oder ist es vielleicht sogar Harvey Dent selbst, dem der legale Weg zu lange dauert und der Falcone auf illegalem Weg schwächen will? Das Rätsel um die Identität „Holidays“ wird immer verzwickter…

Jeph Loeb wird oftmals vorgeworfen, in seinen Geschichten möglichst vielen Figuren einen Auftritt zu ermöglichen. In der Tat haben auch in „The Long Halloween“ sehr viele klassische Schurken einen Gastauftritt; vom Joker über den Riddler bis zu Poison Ivy und dem Mad Hatter. Im Vergleich zu seinen späteren Werken wie „Batman: Hush“ oder „Superman/Batman: Public Enemies“ hält sich dieser Umstand bei „The Long Halloween“ allerdings noch in Grenzen, die Gastauftritte der Schurken sind sinnvoll und durchdacht, passen in die Handlung und sind, unter Betrachtung des Schlusses, beinahe unausweichlich, während sie bei den anderen Werken oftmals erzwungen wirken.
Der Hauptfokus der Geschichte liegt allerdings nicht auf Batmans Schurkengallerie, sondern auf der zu Anfang angesprochenen Frage. Eine weitere Intention der Macher war es, die tragische Geschichte Harvey Dents und seinen Werdegang zum Schurken Two-Face neu zu erzählen.
Reden wir nicht lange drum herum: Jegliche Ambition des Kreativteams geht vollkommen auf; Loeb und Sale präsentieren den Lesern mit „The Long Halloween“ nicht nur ihr persönliches Meisterwerk, sondern auch eine der besten Batmangeschichten überhaupt.
Anstatt einer gewöhnlichen Superhelden/Superschurken Geschichte, wie es sie auch bei Batman viel zu oft gibt, legen Loeb und Sale einen düsteren Noir-Thriller vor, der sich Zeit nimmt, eine gute und spannende Geschichte zu entwickeln, ohne dabei jemals langweilig zu werden. Die Figuren sind dabei sehr dreidimensional und glaubhaft, besonders Harvey Dent und Batman betreffend. Die Wandlung Dents ist nachvollziehbar und die ganze Tragik des Charakters wird beim Lesen deutlich.
Ebenso treffend ist die Charakterisierung Batmans, der hier jedem seiner Aspekte gerecht wird: Er prügelt sich mit Schurken und Gangstern, er löst als Detektiv kriminalistische Rätsel und fungiert als dunkles Symbol der Furcht. Selbst Bruce Wayne wird nicht vernachlässigt.
Aber nicht nur Inhalt, auch Form stimmt bei „The Long Halloween“. Atmosphärisch lässt sich die Geschichte wohl mit folgendem Satz am besten beschreiben: „Was, wenn Tim Burton bei ‚Der Pate’ Regie geführt hätte?“
Dies kommt vor allem daher, dass Batman neben seinen Schurken vor allem gegen die traditionelle Mafia kämpft, die sonst eher selten vorkommt. Diesen Umstand haben Loeb und Sale genutzt, um eine ganze Menge an Hommagen an Francis Ford Coppolas „Der Pate“ Trilogie einzubauen. Allein schon die Anfangsszene, in der Falcones Neffe Johnny Viti Hochzeit feiert, versetzt den Leser in die richtige Stimmung. Darüber hinaus hat Falcone selbst eine gewisse Ähnlichkeit zu Al Pacino und die Art, wie er an seiner Knopflochblume schnuppert, sollte jedem Filmfan bekannt vorkommen.
Tim Sales Zeichenstil, der sich vom „typisch amerikanischen Superheldenstil“ durchaus unterscheidet und ein wenig europäisch anmutet, passt dazu perfekt und hilft, die Atmosphäre zu erschaffen. Die Mischung aus Gothic-Ambiente á la Burton und der toll eingefangenen Mafiathematik ist wunderschön anzusehen.
Ebenfalls erwähnt werden sollte die herrliche düstere Kolorierung, die die Atmosphäre wirkungsvoll unterstreicht.
Das einzige Manko von „The Long Halloween“ ist, dass der Schluss irgendwie unbefriedigend wirkt, da das Rätsel nicht wirklich oder zumindest nicht vollständig gelöst ist. Das ist aber insofern nicht wirklich tragisch, da Loeb und Sale mit „Batman: Dark Victory“ eine mehr als überzeugende Fortsetzung nachgereicht haben.
Fazit: „The Long Halloween“ überzeugt dank toller Story, interessanter, glaubhafter Charaktere und toller Zeichnungen in fast jeder Hinsicht, sowohl als Krimi, als auch als Batmangeschichte. Nicht umsonst war dieser Comic eine der Hauptinspirationsquellen für „Batman Begins“ und „The Dark Knight“. „The Long Halloween“ zeigt, was man aus Batman alles machen kann.


Dent, Gordon und Batman schließen ein Bündnis


Tim Sales Interpreatation von Harvey Dent/Two Face


Carmine Falcone in bekannter Pose

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