„The Queen’s Justice“ ist mal wieder ein schöner, mehrdeutiger Titel für die erste Episode dieser Staffel, die den Status Quo wirklich nachhaltig verändert. Wie schon in vorangegangenen Folgen werden Cersei und Daenerys abermals einander gegenübergestellt und durch ihr Verhältnis zu Gerechtigkeit weiter charakterisiert. Ich möchte auch noch einmal betonen, dass die Episodenstruktur und -dramaturgie dieser Staffel bislang exzellent ist. Obwohl gerade in dieser dritten Episode wirklich sehr viel Bedeutendes passiert, hat man nie wie manchmal in vorangegangenen Staffeln das Gefühl, man schaue gerade eine extrem hochwertig produzierte Clipshow.
Dragonstone
Auf Dragonstone kommt es zu dem Treffen, auf das die GoT-Fangemeinde bereits seit langem wartet: Jon Snow begegnet Daenerys Targaryen. Zuerst einmal wird er jedoch am Strand von Missandei und Tyrion empfangen. Der König des Nordens und die Hand sinnieren kurz über den Weg, den sie zurückgelegt habe, seit sie sich das letzte Mal gesehen haben. Ähnlich geht es Davos, der Dragonstone kaum wiedererkennt. In einem kurzen Intermezzo kündigt Melisandre an, dass sie Dragonstone verlassen wird, da sie sich im Schlechten von Jon getrennt hat. Ganz auf die für sie typische Art lässt sie dann gegenüber Varys noch eine ominöse Prophezeiung los, derzufolge sowohl sie als auch er in Westeros sterben werden.
Jon (Kit Harrington) und Tyrion (Peter Dinklage), nach so vielen Staffeln wieder vereint. Im Hintergrund: Missandei (Nathalie Emmanuel) und Ser Davos (Liam Cunningham). Quelle.
Das eigentliche Treffen zwischen der Königin mit den vielen Titeln und dem König des Nordens verläuft in etwa so, wie man das erwarten würde. Beide Monarchen sind geprägt von ihren Erfahrungen und trauen dem anderen nicht. Daenerys verlangt, dass Jon das Knie beugt, Jon findet die Kriege im Süden angesichts der Bedrohung aus dem Norden kindisch. Der Dialog mag vorhersehbar sein, ist aber essentiell und kann im Grunde gar nicht anders verlaufen, da sich sonst beide Figuren völlig out of character verhalten würden. Ein wenig Rekapitulation lässt sich ebenfalls nicht vermeiden: Sowohl Jon als auch Daenerys sind nun einmal die Abkömmlinge zweier alter Adelsfamilien mit einer langen, verknüpften Geschichte. Schon am Anfang ist klar, dass dieses Gespräch zu keinem Ergebnis führen wird und vielleicht sogar höchst unangenehm enden könnte. Die Nachrichten, die Varys von der Eisernen Flotte bringt (wir erinnern uns an das Finale von Episode 2), verhindern das jedoch. Interessanterweise scheint Tyrions Brief, der inhaltlich nicht ganz dem Diktat der Königin entsprach, zumindest vorerst keine weiteren Folgen zu haben. Stattdessen versucht der Gnom, die schier unüberwindlichen Differenzen zumindest ansatzweise zu überbrücken und eine gemeinsame Grundlage zu schaffen. Die Drachenglasvorräte auf Dragonstone drängen sich da natürlich auf; Daenerys lässt sich breitschlagen, sodass Jon sie abbauen kann. Im Vergleiche zur angespannten Atmosphäre im Thronsaal ist die zweite Jon/Daenerys-Szene fast schon jovial. Fast.
King’s Landing
In King’s Landing zeigt Cersei mal wieder, was für eine ausgeglichene, moralisch gefestigte Frau sie doch ist. Euron bringt die Kriegsgefangenen zu seiner Königin, die seinen Antrag annimmt – sobald der Krieg gewonnen ist. Das ist ein typisches Cersei-Manöver: Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie keinerlei Absicht hegt, Euron tatsächlich zu ehelichen. Entweder er macht es ihr leicht und stirbt bereits während des Krieges, oder aber er überlebt, nur um dann von Cersei vergiftet zu werden. Natrülich ist Euron seinerseits nicht der vertrauenswürdigste Zeitgenosse, wer weiß, was er im Schilde führt. Derweil merkt man Jaime an, dass er mit der Situation zunehmend unzufriedener wird, besonders, wenn Euron auch noch anzüglich stichelt. Bereits im Vorfeld der Staffel wurde fast schon angekündigt, dass Euron gewissermaßen der Ersatz für Ramsay ist. Zwar kann er sich noch nicht so vieler Verdienste rühmen, aber er arbeitet sich konstant nach oben und pflegt sein Image als anzüglicher Barbar. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass wir von Euron in dieser Staffel noch einige Gemeinheiten erwarten dürfen. Gleichzeitig entfernt er sich so immer weiter vom Euron George R. R. Martins – ich weiß, ich wiederhole mich, ich wollte es aber noch einmal hervorheben.
In der folgenden Szene erfahren wir, wie Cersei Gerechtigkeit versteht: Sie tut Ellaria dasselbe an, das Ellaria ihr angetan hat. Tyene wird mit demselben Gift vergiftet, mit dem Myrcella vergiftet wurde. Damit sind die Sandschlangen (und die Dornischen insgesamt?) wohl endgültig Geschichte, besonders, da Indira Varma, Ellarias Schauspielerin, bestätigt hat, dass sie in der Serie wohl nicht mehr zu sehen sein wird. Damit ist der vielleicht unrühmlichste Handlungsstrang der Serie zu Ende – und nach wie vor ist es wirklich schade, dass eine so interessante Region wie Dorne durch schlechte Adaption derart verhunzt wurde.
„The Queen’s Justice“ beantwortet auch eine weitere Frage, die man sich als Zuschauer (vielleicht) seit einiger Zeit stellt: Läuft da eigentlich noch etwas zwischen Cersei und Jaime? Ja, da läuft noch etwas, auch wenn Jaime (in letzter Zeit grundsätzlich) eher unwillig ist. Cersei hat inzwischen keinerlei Hemmungen mehr, das Verhältnis für alle sichtbar weiterzuführen – die Königin tut, was sie will, abermals im Kontrast zu Daenerys, die tun möchte, was für das Volk am besten ist.
Im Anschluss gibt es noch ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten, nämlich dem von Mark Gatiss gespielten Tycho Nestoris, der für die Eiserne Bank von Braavos spricht. Das Gespräch verläuft sehr ähnlich wie vorangegangene Dialoge zwischen ihm und Vertretern der Krone bzw. des Hauses Lannister. Das interessanteste Ergebnis dieses Austauschs dürfte der Umstand sein, dass Tycho in King’s Landing bleibt – je nach dem könnte das unangenehm für ihn enden.
Winterfell
Im Norden sehen wir, dass Sansa gar nicht so übel im Regieren ist. Eine kleine Andeutung in einem Nebensatz sorgt schon wieder für massive Spekulationen: Wolkan (Richard Rycroft), der neue Maester von Winterfell erklärt, er werde die Korrespondenzabschriften von Maester Luwin zurate ziehen. Schon ist das Fandom am Spekulieren, was er dort wohl finden wird. Das zentrale Element dieser Szene ist freilich die erste (und wohl nicht letzte) Stark Wiedervereinigung dieser Staffel: Bran kommt in Winterfell. Erst jetzt, im Kontakt mit „normalen Menschen“ fällt auf, wie sehr ihn seine Erlebnisse gezeichnet haben und wie stoisch er geworden ist. Besonders seine Worte im Götterhain sind da etwas grenzwertig in ihrem Mangel an Fingerspitzengefühl, man versteht gut, weshalb sie Sansa verstören.
Oldtown
In der Citadel erfährt Sam, dass die Operation an Ser Jorah erfolgreich war. Vielleicht liegt es nur an mir, aber mir kommt das ganze etwas zu einfach vor, aller Beteuerungen von Erzmaester Ebrose zum Trotz. Gerade an dieser Stelle zeigt sich wieder sehr gut, warum sich die späteren GoT-Staffeln nicht mehr unbedingt wie George R. R. Martins Geschichte anfühlen. Derartige Errungenschaften und, in Ermangelung eines besseren Wortes, Siege erschienen mir in den Romanen immer weitaus verdienter. Natürlich, die Serie hat weniger Zeit, so etwas zu vermitteln und gerade jetzt versuchen Benioff und Weiss, mit großen Schritten voranzuschreiten, aber dennoch. Davon abgesehen hat auch weiterhin jede Szene mit Sam und Ebrose eine ziemlich potterartige Atmosphäre.
Krieg im Süden
Wie schon in der letzten Episode geht’s auch im Finale von „The Queen’s Justice“ ordentlich zur Sache. Zwar beginnt es auf Dragonstone mit einem Monolog Tyrions, aber letztendlich ist das Ende der Episode so ineinandergeschnitten, dass ich es separat behandle. Mit den Worten des Gnoms unterlegt sehen wir, wie sich sein Plan entfaltet und die Unbefleckten Casterly Rock erobern. Den Stammsitz der Lannisters sehen wir hier zum ersten Mal in der Serie. Leider muss ich sagen, ich bin etwas enttäuscht, der Rock sieht verhältnismäßig gewöhnlich aus. In Martins „The World of Ice and Fire“ sind die Beschreibungen weitaus grandioser, dort ist Casterly Rock nicht einfach nur eine Burg auf einem Felsen, sondern eine Burg, die praktisch aus dem Felsen herausgehauen wurde und darüber hinaus die einzige von Westeros ist, die mit Harrenhall konkurrieren kann.
Die Unbefleckten greifen Casterly Rock an (Quelle).
Tyrions Plan gelingt zwar, aber schnell erweist sich, dass er und Daenerys in eine Falle getappt sind: Eurons Flotte verbrennt die restlichen Schiffe der Targaryen, während die Lannister-Armee in aller Ruhe Highgarden erobert, das in der Serie ebenfalls ein wenig langweiliger wirkt als in der Vorlage (wo sind die Heckenlabyrinthe?). Die Szene an sich sagt mir aber sehr zu, schon allein wegen des massiven Einsatzes von The Rains of Castamere. Damit sind nach den Martells nun auch die Tyrells Geschichte, auch wenn Lady Olenna noch einen allerletzen Trumpf im Ärmel hat. Bereits nachdem sie das für ihre Hinrichtung vorgesehene Gift getrunken hat, gesteht sie Jaime süffisant, dass sie Joffrey ermordet hat und höhlt seinen Sieg auf diese Weise aus. Wir werden dich vermissen, Lady Olenna.
Fazit: „The Queen’s Justice“ ist die bisher beste und ereignisreichste Folge der siebten Staffel. Ich habe jedoch den leisen Verdacht, dass das nicht so bleiben wird.
Wie schon bei „Mhysa“ gibt es auch dieses Mal ein umfassendes Thema für das Staffelfinale. „The Children“ bezieht sich nicht nur auf die Kinder des Waldes, die hier zum ersten Mal in der Serie auftauchen, sondern auch auf Kinder allgemein, sowie ihre Beziehung zu ihren Eltern. Eine durchaus löbliche Herangehensweise. Leider leidet „The Children“ ein Stück weit unter denselben Problemen wie „The Mountain and the Viper“: Zu viel Hype und zu wenig Fokus.
Castle Black
Ein weiteres Mal beginnt die neue Episode genau dort, wo die alte geendet hat: Jon Snow begibt sich, begleitet von einer ziemlich wackeligen Kameraführung, zu Mance Rayder. Die Szene spielt sich für meinen Geschmack ein wenig zu schnell ab, ist aber im Große und Ganzen ziemlich gut umgesetzt. Endlich kommt auch Mance wieder persönlich vor, den ich schon in der letzten Folge gerne gesehen hätte. Wie ich schon letztes Jahr sagte, ich bin praktisch ein Fan von Ciáran Hinds und halte ihn für die ideale Besetzung für Mance, und in dieser Szene zeigt sich ein weiteres Mal, weshalb. Wenn man ihn ansieht und hört, wie er spricht, fällt es einem nicht schwer zu glauben, dass er es geschafft hat, die Wildlinge von seinem Anliegen zu überzeugen, er strahlt einfach ein natürliches Charisma aus. Und darüber hinaus ist er intelligent, sympathisch und scheinbar auch nicht nachtragend.
Das Ganze ist in der Serie ein wenig vereinfacht, im Roman sind im Zelt auch noch Mance‘ Frau Dalla und deren Schwester Val anwesend; Dalla liegt gerade in den Wehen. Ihr Sohn, der „Wildlingsprinz“, spielt in den Romanen durchaus noch eine Rolle, vielleicht wird er später noch separat eingeführt, oder aber er seine Rolle wird herausgeschnitten.
Kurz darauf kommt auch schon Stannis. Zugegebenermaßen habe ich mir das beim Lesen ein wenig epischer vorgestellt, aber dem Budget sind nun einmal Grenzen gesetzt, und daran gemessen gefällt mir sein Angriff eigentlich ziemlich gut, genauso wie die Interaktion der beiden Könige und Jon als Vermittler. Man wird den Gedanken nicht los, dass Mance der bessere Herrscher ist…
Das folgende Begräbnis (bzw. die Verbrennung) der gefallenen Brüder gefällt mir ebenfalls ziemlich gut. Ser Alisser ist nicht zu sehen, weder unter den Lebenden, noch unter den Toten, was wohl die Vermutung zulässt, dass er zwar noch lebt, aber zu verwundet ist, um anwesend zu sein. Die erste Begegnung zwischen Jon Snow und Melisandre, der diese durch das Feuer der brennenden Toten erblickt, ist schön symbolisch.
Es folgt ein Konversation mit Tormund und eine persönliche Verbrennung von Ygritte (ich hatte mich schon gewundert, weshalb Rose Leslie noch im Vorspann auftaucht). Das Ganze ist nett, nimmt aber letztendlich Zeit ein, die an anderer Stelle in dieser Episode gebraucht worden wäre.
King’s Landing
Am Ende von „The Mountain and the Viper“ war nicht klar, ob Gregor Clegane nun überlebt hat oder nicht. Hier erfahren wir nun die Antwort, und mehr noch: Der reitende Berg wird auf Cerseis Geheiß an Qyburn übergeben, was Großmaester Pycelle überhaupt nicht gefällt. Ich hingegen freue mich, denn das bedeutet mit ziemlicher Sicherheit, dass wir in der nächsten oder übernächsten Staffel Ser Robert Strong zu Gesicht bekommen. Mir hat es schon immer gefallen, wenn Martin subtile Horrorelemente eingearbeitet hat, und Dr. Frankenqyburn ist eines der Idealbeispiele.
Bei Martin ist es allerdings vorerst nicht Cersei, die möchte, dass Ser Gregor am Leben bleibt, sondern Tywin. Da Gregor während des Kampfes gestanden hat, Elia Martell vergwaltigt und ermordet zu haben, ist es nun nötig, dass Gregor nicht am Gift, sondern durch das Schwert des königlichen Henkers stirbt, um Doran Martell nicht noch mehr zu verägern. Erst später, nach Tywins Tod, übergibt Cersei Gregor an Qyburn, damit dieser an ihm experimentieren kann.
Und apropos Tywin, dieser bekommt auch noch einmal eine Szene mit Cersei, um dem Publikum seine fatale Schwäche vor Augen zu führen: Seine Blindheit für seine Kinder. Das Ganze ist zwar ein wenig plakativ, aber von Lena Headey und Charles Dance sehr gut gespielt, und da Letzterer nach dieser Folge aus der Serie ausscheidet, muss man nehmen, was man bekommt. Ironisch, dass Cersei Tywin dessen beschuldigt, was sie später selbst tut: Mit Margaery um Tommen streiten.
Ich kann leider nicht sagen, dass die nächste Szene, in der sich Cersei an Jaime heranmacht, und dieser das auch noch zulässt, auch nur Ansatzweise gelungen ist. Was soll das bitte? Die Beziehung der beiden mäandert seit der dritten Folge dieser Staffel völlig sinnlos im Kreis herum. Eine ähnliche Szene existiert zwar auch in den Büchern, in dieser weist Jaime Cersei aber zurück, und mehr noch, im Vorfeld wurde sie dort nicht von ihm Vergewaltigt. Die Entwicklung dieser beiden Figuren in dieser Staffel ist schlicht und ergreifend völlig daneben. Lord Tywin Lannister (Charles Dance) did not, in the end, shit gold.
Nun folgt noch die wahrscheinlich wichtigste Szene der Staffel, einer der entscheidenden Wendepunkte der gesamten Serie: Tyrion ermordet Tywin. Nachdem ich diese Szene angeschaut hatte, war meiner erster Gedanke: Ganz nett, jetzt wurde ich aber gerne die ungeschnittene Fassung sehen. Gerade hier zeigen sich die Fokusprobleme dieser Episode: Das Ganze ist zu kurz, es geht zu schnell. Und nicht nur das, Benioff und Weiss haben das Ereignis ziemlich entschärft, in dem sie Tysha herausgenommen haben. Für alle, die sich nicht mehr erinnern: Tysha war ein junges Mädchen, das Tyrion als Teenager heiratete. Später erzählten Jaime und Tywin ihm, sie sei eine Hure, die Jaime für Tyrion angeheuert habe, und anschließend wurde sie den Wachen übergeben und dafür bezahlt. In „A Storm of Swords“ eröffnet Jaime Tyrion nun bei der Flucht, dass Tysha keine Hure war und ihre Gefühle für Tyrion echt waren, was diesen widerrum dazu bringt, mit Jaime zu brechen; er gesteht (natürlich fälschlicherweise) den Mord an Joffrey und erklärt seinem Bruder, dass Cersei während seiner Abwesenheit mit allen möglichen Leuten im Bett war. Jaimes Geständnis ist es auch, das ihn dazu bringt, Tywin in seinen Gemächern aufzusuchen. Somit fällt das Zerwürfnis zwischen Tyrion und Jaime und das ganze, höchst unangenehme Drumherum weg, wodurch die Szene einiges an Biss verliert. Es geht ja eigentlich gerade darum, dass für Tyrion jegliche Verbindung zu seiner Familie regelrecht zerstört wird. Im Vergleich zu der Wucht, die dies im Roman hat, wirkt das Ereignis in der Serie geradezu lauwarm. Ich kann allerdings schon verstehen, weshalb hier Dinge ausgelassen wurden: In „A Dance with Dragons“ ist Tyrion mitunter ziemlich unsympathisch. Das kann man natürlich nachvollziehen, aber da Tyrion die Lieblingsfigur von vielen, vielen GoT-Fans ist, wollte man ihn wohl nicht derartig in Mitleidenschaft ziehen.
Die Szene selbst ist gut umgesetzt (oder wäre es, wäre sie vollständig), was vor allem daran liegt, dass sowohl Peter Dinklage als auch Charles Dance wie gewohnt exzellent spielen. Ebenso ist die musikalische Untermalung gut gelungen, mir gefällt es, dass jedes Mal, wenn Tyrion der dunklen Seite nachgibt (als er beschließt, seinen Vater zu besuchen und als er die Armbrust von der Wand nimmt) The Rains of Castamere angedeutet wird, und dass ein Fragment noch einmal zu hören ist, als Tywin stirbt.
Meereen
Daenerys‘ Handlungsstrang war diese Staffel nicht unbedingt optimal (mehr dazu später), aber immerhin bekommt er noch einen ganz guten, und vor allem halbwegs buchgetreuen Abschluss. Sowohl der Freigelassene, der wieder in die Sklaverei zurückmöchte, also auch das von Drogon getötete Kind zeigen Daenerys, dass die ganze Situation sehr viel komplizierter ist, als sie es sich eingestehen möchte. Das Wegsperren der Drachen stellt Emilia Clarkes beste darstellerische Leistung dieser Staffel dar, hier zeigt sie die Emotionalität, die mir bei Jorahs Verbannung gefehlt hat.
Nördlich der Mauer Das Kind des Waldes, das Bran rettet und später den Namen Leaf bekommt (Octavia Alexandru)
Hodor und die Gang erreichen endlich ihr Ziel. Gerade, als sie den Baum aus Brans Vision sehen, werden sie von mehreren Skeletten angegriffen, bis ein Kind des Waldes auftaucht und sie rettet. Ich muss zugeben, dass mich das Auftauchen besagter Skelette irgendwie irritiert hat, diese wirken in „Game of Thrones“ irgendwie deplatziert und passen eher zu „WarCraft III“ oder „Diablo“ als zu Westeros.
Jojen ereilt dasselbe Schicksal wie Pyp und Grenn: Er stirbt in der Serie, obwohl er in den Romanen noch lebt. Da Jojen in „A Dance with Dragons“ allerdings sowieso nichts mehr zu tun hat und nur noch dahinvegetiert, ist das nicht weiter tragisch.
Das Aussehen des Kindes des Waldes gefällt mir ziemlich gut, einerseits kindlich, andererseits aber auch seltsam, so in etwa habe ich sie mir auch vorgestellt (obwohl die Beschreibung in den Romanen etwas anders ist). Mit der Dreiäugigen Krähe bin ich dagegen nicht wirklich zufrieden, er sieht viel zu saftig und gesund aus. Bei Martin wird er als völlig ausgemergelt, skeletthaft und praktisch als mit den Wurzeln des Baumes verwachsen beschrieben.
Um zu erklären, wer die Dreiäugige Krähe eigentlich ist, muss ich ein wenig weiter ausholen. Es handelt sich hierbei um Lord Brynden Rivers, alias Lord Bloodraven. Dieser ist ein Targaryenbastard, der gut neunzig Jahre vor den Geschehnissen der Serie (und der Romane) als Hand des Königs diente, später zur Mauer geschickt wurde, zum Lord Commander der Nachtwache aufstieg und schließlich verschwan. In der zweiten Heckenritter-Novelle, „The Sworn Sword“, wird er immer wieder erwähnt und taucht in der dritten, „The Mystery Knight“, erstmals persönlich auf. Auch in „A Feast for Crows“ wird auf ihn angespielt. Lord Bloodraven hat, während er als Hand diente, Westeros praktisch in einen Polizeistaat verwandelt, weshalb ein bestimmtes Rätsel kursierte: „Wie viele Augen hat Lord Bloodraven?“ Die Antwort gibt Brynden Rivers in der Serie selbst: „Eintausend und eines“ (bezogen auf die vielen Spione und das eine Auge, das er selbst hat). Brynden Rivers, die dreiäugige Krähe (Struan Rodger)
Auf dem Weg zur Eyrie
Briennes Handlungsstrang nimmt eine unerwartete Wendung, denn sie und Pod treffen auf Arya und den Bluthund (sagte ich bereits, dass Westeros ein Dorf ist?). Ich muss sagen, ich bin enttäuscht, dass Lady Stoneheart in dieser Folge nicht mehr auftaucht, ich hatte fest damit gerechnet, dass Brienne und Pod ihr am Ende ihres Handlungsstranges begegnen, einerseits, weil Catelyn in dieser Staffel bereits ziemlich oft erwähnt wurde und andererseits, weil Lena Headey etwas in diese Richtung über Instagramm angedeutet hat. Hat sie uns wohl verarscht.
Wie dem auch sei, die Begegnung ist zugegebenermaßen nicht ganz uninteressant, da Arya in Brienne etwas sieht, was sie werden könnte. Auch entscheidet sie sich hier eindeutig für Sandor (das Übel, das man kennt, ist besser als das, das man nicht kennt). Und es ist letztendlich nicht Beißers Biss, sondern das Duell mit Brienne, dass Sandor das Leben kostet. Statt Vargo Hoat darf sie nun dem Bluthund das Ohr abbeißen…
Interessanterweise ist Aryas darauf folgender „Abschied“ von Sandor ziemlich unpassend, gerade weil er sich genauso abspielt wie im Buch. Bei Martin hat dies gut gepasst, aber in der Serie hat sich das Verhältnis der beiden ungleichen Reisegefährten geändert, wie man ja wenige Minuten zuvor selbst gesehen hat. Sandor ist schon fast ein Mentor für Arya, und auf jeden Fall ein Beschützer. Dass sie ihm die Gnade eines schnellen Todes nun nicht erweist, wirkt unnötig grausam.
Die Schlussszene dieser Episode gehört ebenfalls Arya, sie geht an Bord eines Schiffes, das gen Braavos fährt. Im Prinzip ist an dieser Szene nichts verkehrt, sie ist gut umgesetzt, aber als Schlussszene eine ganzen Staffel wirkt sie ziemlich enttäuschend. Man muss sie nur einmal in den Kontext setzen: Die Geburt der Drachen, die Rückkehr der Weißen Wanderer, die Befreiung tausender Sklaven und… Arya geht auf ein Schiff. Ich denke nach wir vor, das Auftauchen von Lady Stoneheart wäre der ideale Cliffhanger gewesen, um die Staffel denkwürdig zu beenden.
Fazit: Um es kurz zu machen, leider bei weitem nicht das grandiose Staffelfinale, als das es gehypt wurde. Die Folge schwankt zwischen „in Ordnung“ und „viel Potential verschenkt“.
Staffelresümee:
Jede GoT-Staffel hat ihre Höhen und Tiefen, ihre Hammerepisoden und ihre Überbrückungsfolgen, kurzum, ihre Stärken und Schwächen, das allerdings auf ziemlich hohem Niveau. Staffel 4 ist diesbezüglich allerdings, was man auf Englisch als „mixed bag“ bezeichnen würde. Wenn die Staffel gut ist, sei es in Einzelszenen oder ganzen Folgen, dann ist sie richtig gut, man denke nur an den extrem starken Start mit „Two Swords“ und „The Lion and the Rose“, alles, was mit Oberyn Martell zu tun hat, Tyrions Verhandlung und (mit ein paar Einschränkungen), der King’s-Landing-Handlungsstrang allgemein. Wenn sie allerdings nachlässt, dann lässt sie auch richtig nach.
Es lässt sich darüber hinaus nicht leugnen, dass Staffel 4 sich bislang am weitesten von der Vorlage entfernt. Wer meine Staffel- und Folgenbesprechungen gelesen hat, hat hoffentlich auch gemerkt, dass ich kein Purist bin, der eine Änderung nur um der Änderung willen kritisiert; wenn man eine Geschichte von einem Medium in ein anderes transferiert, sind Änderungen ohnehin nicht vermeidbar. Aber gerade bei Staffel 4 wirken viele der vorgenommenen Änderungen einfach unnötig, gerade weil Martins ursprüngliche Version der Ereignisse in meinen Augen besser funktioniert.
Was Staffel 4 letztendlich vor allem auszeichnet, sind Strukturprobleme und, wie ich schon mehrfach gesagt habe, mangelnder Fokus. Das hängt auch damit zusammen, dass letztendlich „A Storm of Swords“ zwar auf zwei Staffeln verteilt wird, das aber ungleichmäßig. Man kann es drehen und wenden, wie man will, aber Staffel 3 enthält nun einmal bereits etwa dreiviertel des dritten Bandes. Der einzige Handlungsstrang, der noch genug Material enthält, ist die King’s-Landing-Handlung, die insgesamt betrachtet auch am meisten Zeit bekommt. Bei allen anderen Handlungssträngen wird entweder ausgedehnt oder bereits Material aus „A Feast for Crows“ und „A Dance with Dragons“ verwendet. Auch das wäre letztendlich nicht problematisch, es kommt hier auf das Wie an. Egal ob Neuerfindung der Serienmacher oder Material aus den Bänden vier und fünf, es fühlt sich oft an wie unnötiges Füllmaterial. Gerade bei Daenerys wird dies deutlich. Im Großen und Ganzen wird hier Material aus „A Dance with Dragons“ adaptiert, aber es wirkt wie relativ zusammenhanglose Einzelszenen ohne eine übergreifenden Handlungsstrang – dies hätte man verhindern können, in dem man zum Beispiel bereits die Söhne der Harpyie einführt, um dem Ganzen einen Rahmen zu geben, anstatt zwischen Grauer Wurm und Missandei eine Romanze aufzubauen, so knuffig die zwei auch sein mögen.
Am besten funktioniert diese Vorgehen noch beim Dreadfort-Material, weil es hier nicht nur aneinandergereihte Szenen, sondern einen Handlungsbogen gibt. Interessanterweise allerdings nicht für Theon/Reek, sondern für Ramsay
Arya und Sandor Clegane sowie die Jon-Snow- und Bran-Handlungsstränge sind gute Beispiele für sinnlose Ausdehnung. Sie alle kommen über den Verlauf der Handlung weder inhaltlich noch charakterlich weiter. Arya lernt durch das Reisen mit Clegane etwa drei Mal dieselbe Lektion, nur um dann schließlich doch dort zu landen, wo sie auch am Ende von „A Storm of Swords“ hinkommt: Auf ein Schiff nach Braavos. Nur um das zu verdeutlichen: Die erste Arya-Szene der Staffel (das Gefecht im Gasthaus) und die letzte (Arya kommt auf das Schiff) befinden sich im Roman im selben Kapitel.
Ganz ähnlich verhält es sich bei Jon Snow, wo mir sie Strukturierung ebenfalls Kopfzerbrechen bereitet. Im Roman flieht er vor den Wildlingen, kommt in Castle Black an, kurz darauf greift der Trupp von Styr Castle Black an und schließlich folgt die Attacke von Mance Rayder. So gerne ich auch fokussierte Episoden mag – für sich betrachtet hat mir „The Watchers on the Wall“ ziemlich gut gefallen – hier wäre Martins Struktur besser gewesen. Es hätte durchaus genug Material für die Staffel gegeben, hätte man nicht beide Wildlingsangriffe zusammengelegt. Und vor allem hätte man sich den völlig unnötigen Ausflug zu Craster’s Keep erspart, allerdings waren Benioff und Weiss in meinen Augen zu sehr darauf bedacht, den Erfolg von „Blackwater“ zu wiederholen.
Eine weitere große Schwäche dieser Staffel sind einige merkwürdige, um nicht zu sagen unpassende kreative Entscheidungen. Meist sind dies nur Einzelszenen, und für sich betrachtet fallen sie auch nicht ins Gewicht, aber wenn man alles zusammenaddiert, hinterlässt das alles einen bitteren Nachgeschmack. Am gravierendsten ist hier die Jaime-Cersei-Geschichte, deren Ausgestaltung mir nach wie vor als eine der größten Fehlleistungen der Serie erscheint. Somit ist Staffel 4 in meinen Augen, trotz einiger wirklich gelungener Höhepunkte, die bisher schwächste Staffel.
Es geht wieder voran, sowohl inhaltlich als auch qualitativ. Wie schon in „The Lion and the Rose“ beansprucht auch in „The Laws of Gods an Men“ der King’s-Landing-Handlungsstrang die komplette zweite Hälfte der Episode, und wie schon in besagter Episode funktioniert das auch dieses Mal hervorragend. Insgesamt ist Staffel 4, meiner Meinung nach, besser strukturiert alles Staffel 3, es gab bisher keine Episode, in der alle Handlungsstränge angeschnitten wurden, und dass Dank der Roten Hochzeit das Personal ein wenig reduziert wurde fällt ebenfalls positiv auf.
Nebenbei: Auf der Intro-Karte taucht zum ersten Mal Braavos samt Titan auf.
Braavos Der Titan von Braavos
Die Vorschau dieser Episode hat es angedeutet, die Bestätigung folgt auf dem Fuß: Braavos, das „Bastard-Kind“ des alten Valyria, sehen wir zum ersten Mal nicht zusammen mit Arya, sondern mit Stannis und Davos, die von der Eisernen Bank Kredit wollen. Die Totale von Braavos, samt Titan, ist äußerst gelungen, allerdings gibt es ansonsten nur das Innere zweier Gebäude zu sehen. Natürlich verschlingt ein Handlungsort wie Braavos, besonders, wenn man ihn distinktiv gestalten möchte, mit Sicherheit eine Menge Geld, weshalb es zwar nicht weniger schade ist, dass man Stannis und Davos nicht am Hafen oder in den Straßen sieht, aber doch letztendlich nachvollziehbar. Vielleicht sehen wir ja in der nächsten Staffel mehr von diesem Schauplatz, wenn Arya sich als Muschelverkäuferin betätigt.
Es zeigt sich jedenfalls, dass die Banken der Welt von Eis und Feuer den Unseren gar nicht so unähnlich sind: Überall muss man warten. Das Empfangszimmer ist dabei sehr schön gestaltet: Die Bittsteller müssen auf niedrigen Bänken sitzen, während die Bankangestellten in üppigen, thronähnlichen Stühlen platznehmen.
Letztendlich handelt es sich bei diesem Abstecher auch wieder um eine Beschäftigungstherapie, um Figuren nicht einfach für den Großteil einer Staffel verschwinden zu lassen. Diese Beschäftigungsszenen sind aber um einiges bekömmlicher als Jons Snows Ausflug zu Crasters Keep, da sie immerhin auf Buchmaterial basieren, das vorgezogen wurde, und weil Mark Gatiss mitspielt. Tycho Nestoris ist Mycroft Holmes gar nicht so unähnlich, aber es macht einfach Spaß ihm dabei zuzusehen, wie er andere Leute mit freundlichem Lächeln auseinander nimmt. Dank Davos (der wahrscheinlich ein besserer König als Stannis wäre) klappt das Vorhaben aber dennoch, und der ehemalige Schmuggler sucht seinen alten Freund Salladhor Saan, der nun, Staffel 1 ausgenommen, in jeder Staffel in genau einer Episode auftauchte. Tycho Nestoris (Mark Gatiss)
Dreadford
Yara is back! Nachdem sie in der letzten Folge der dritten Staffel ankündigte, Theon retten zu wollen, kommt sie nun endlich bei der Dreadford an. Das mag lang erscheinen, wenn man allerdings bedenkt, dass sie ganze Westeros umsegeln musste, um von den Iron Islands zur anderen Seite zu gelangen, war sie wahrscheinlich nicht lange genug unterwegs. Zugegebenermaßen ist schwierig zu sagen, da nicht eindeutig ist, wie viel Zeit in der Serie vergangen ist.
Die Parallelemontage, die abwechselnd Yara bei ihrer Rede und eine Ramsay/Myranda-Sex-Szene zeigt, mutet irgendwie seltsam an, mir ist die symbolische Bedeutung (sofern eine vorhanden ist) nicht ganz klar? Wurde das so geschnitten um zu zeigen, dass Yara Ramsay ficken möchte, wenn auch auf völlig andere Weise als Myranda das tut?
Wie dem auch sei, ist ziemlich kurz gehalten und dient vor allem dazu, noch einmal zu zeigen, wie psychisch kaputt Theon ist. Letztendlich haben wir hier noch einmal Beschäftigungstherapie für einige Figuren, weshalb das Ganze auch ein wenig halbherzig wirkt: Für die Umstände, die Yara auf sich genommen hat, gibt sie dann doch erstaunlich schnell wieder auf. Und wo ist eigentlich Roose Bolton?
Hier stellt sich darüber hinaus die Frage, was das für die Iron Islands als Handlungsort bedeutet. In „A Storm of Swords“ ist Balon Greyjoy zu diesem Zeitpunkt bereits tot – in der Serie könnte das zwar ebenfalls der Fall sein, aber normalerweise zeigt die Serie solche Ereignisse, da sie ja nicht an die POV-Charaktere gebunden ist. In jedem Fall bin ich gespannt, ob wir in der nächsten Staffel Euron und Victarion Greyjoy zu Gesicht bekommen.
Der gelungenste Teil dieses Abschnitts der Folge ist in jedem Fall die Szene mit Theon und Ramsay. Was hier vorbereitet wird, stammt bereits aus „A Dance with Dragons“ und klingt vielversprechend. Hier wird noch einmal sehr schön die völlige kranke Beziehung zwischen Ramsay und Reek illustriert.
Meereen
Wie erwartet fließen bei Daenerys‘ Handlungsstrang nun bereits Inhalte aus „A Dance with Dragons“ ein: Die Drachen erweisen sich als immer schwerer zu kontrollieren, was zu Unfällen führt. Im Roman ist dies noch eindringlicher, da von den Drachen getötetes Vieh dort bereits an der Tagesordnung ist; stattdessen töten die Drachen ein Kind, und dessen Knochen werden vom Vater zu Daenerys gebracht. Daenerys (Emilia Clarke) auf ihrer Bank. Im Hintergrund: Ser Jorah (Iain Glenn) und Ser Barristan (Ian McElhinney)
Außerdem tritt Hizdahr zo Loraq (Joel Fry), der bereits in „Breaker of Chains“ kurz zu sehen war, zum ersten Mal vor Daenerys. Während er im Roman allerdings Daenerys darum bittet, die Grubenkämpfe, die sie verboten hat, wieder zu erlauben, ist sein Anliegen in der Serie persönlicher Natur: Er will die Erlaubnis, seinen gekreuzigten Vater würdevoll zu begraben und behauptet, dass dieser an der Kreuzigung der Sklaven unschuldig war. Dadurch wird Hizdahr sympathischer, und darüber hinaus bringt das Ganze Daenerys dazu, ihre Handlungen zu hinterfragen.
King’s Landing
Wir beginnen die zweite Hälfte der Episode mit einem höchst amüsanten Treffen des Kleinen Rates. Oberyn ist von dem ganzen ziemlich gelangweilt, während Lord Tywin Mace Tyrell, inzwischen Meister der Schiffe und somit praktisch der Flottenadmiral Tommens, ebenso behandelt, wie Lady Olenna es tut – herrlich. Wirklich interessant ist, dass der Kleine Rat ziemlich genau über Daenerys‘ Situation informiert ist – dies war bereits zu einem früheren Zeitpunkt festzustellen, als Lord Tywin Oberyn in den Kleinen Rat berief. In den Romanen gibt es in Westeros zu dieser Zeit allenfalls Gerüchte über eine Drachenkönigin im Osten, allerdings keine detaillierten Berichte. Hier zeichnet sich bereits ab, dass Jorahs Verbannung doch noch kommen könnte. In „A Storm of Swords“ ist es Ser Barristan, der Daenerys mitteilt, dass Jorah Informationen über sie an Varys verkauft hat, in der Serie weiß er das allerdings nicht. Nun schreibt Lord Tywin einen Brief, und das ist immer gefährlich…
Bevor Tyrions Prozess beginnt, treffen sich Oberyn und Varys vor dem Eisernen Thron, um ein wenig über Essos und Varys‘ Asexualität zu plaudern, wobei wir auch noch mehr über den Gesandten aus Dorne erfahren. Gerade in kleinen Szenen wie diesen zeigen sich die Stärken der Serie, die auch Szenen abseits der POV-Charaktere zeigen kann.
Die Verhandlung ist im Großen und Ganzen sehr vorlagengetreu umgesetzt, auch wenn es einige kleinere Abweichungen gibt, die allerdings keinesfalls stören. Während im Roman Tywins Bruder Kevan (seit Staffel 2 haben wir diesen in der Serie nicht mehr gesehen) Tyrion über den Ablauf des Prozesses informiert, ist es hier Jaime, der den Angeklagten „betreut“ und ihm vorschlägt, zu gestehen um anschließend zur Mauer geschickt zu werden. In „A Storm of Swords“ sagen darüber hinaus noch weitaus mehr Personen gegen Tyrion aus, etwa Taena Merryweather, die in „A Feast for Crows“ zu einer Vertrauten Cerseis wird.
Ganz ohne Zweifel gehört die Verhandlung zu den Höhepunkten der vierten Staffel, hier zeigt sich „Game of Thrones“ mal wieder von seiner besten Seite: Als hervorragend gespieltes, intensives Charakterdrama. Nachdem Peter Dinklage in dieser Staffel bisher eher zurückstecken musste, reißt er nun die Show wieder gnadenlos an sich: Hier stimmt jede Geste und jede Betonung. Dies gilt auch für sämtliche anderen Beteiligten, wenn auch nicht ganz im selben Ausmaß: Großmaester Pycelles zurückhaltende Genugtuung, Ser Merryns Häme, Cerseis kleine Gesten, die genau verraten, was sie denkt und Oberyns gespielte Langeweile – alles hervorragend. Die ganze Szene ist voller kleiner Nuancen, cleverer Rückbezüge und Andeutungen, wie etwa Varys‘ Ausspruch: „Sadly, my lord, I never forget a thing.“ Tyrion (Peter Dinklage) vor Gericht
Die interessanteste Hinzufügung ist Jaimes Angebot, aus der Königsgarde auszutreten, wenn Tywin seinen Sohn nicht hinrichten lässt. Tywins Antwort lässt zumindest darauf schließen, dass er ohnehin vorhatte, Tyrion zur Mauer zu schicken, oder dass er Jaimes Angebot vielleicht sogar einkalkuliert hatte und der Prozess zu diesem Zweck überhaupt geführt wird. Was stattdessen fehlt ist Oberyns Angebot; im Roman bietet die Rote Viper Tyrion an, bei einem Gottesurteil als sein Champion gegen Gregor Clegane anzutreten, nachdem Bronn dies ablehnt. Während des Prozesses überlegt Tyrion, ob er lieber Obernys Angebot annehmen oder den Rat seines Onkels befolgen soll. Der Ausgang ist aber letztendlich derselbe, da Shaehs Aussage alles ändert. Sibel Kekilli reiht sich ebenfalls in die Riege der Schauspieler ein, die sich hier selbst übertreffen. Ihre Beschuldigung klingt wie auswendiggelernt, aber auch hier finden sich wieder kleine Nuancen, die darauf schließen lassen, dass Tyrions Zurückweisung in Folge 2 dieser Staffel mit für die Aussage verantwortlich ist, wahrscheinlich zusätzlich zu der Androhung von Gewalt. Nun stellt sich nur die Frage, wer dafür verantwortlich ist, dass Shae Cersei in die Hände gefallen ist. Bronn? Varys? Allzu viele andere Möglichkeiten gibt es nicht.
Die Episode endet mit Tyrions Monolog, der sich langsam zu einem meiner GoT-Lieblingsmomente mausert. Dinklage übertrifft sich hier noch einmal selbst und bringt jede seiner Zeilen mit tiefem, überzeugendem Hass hervor. Die gesamte Verachtung, die Tyrion während seines Lebens erfahren hat, bricht nun aus ihm heraus und ist praktisch greifbar. Die Intensität der Szene wird noch durch den gelungenen Einsatz von The Rains of Castamere gesteigert, das bedrohlich brodelnd Tyrions Worte unterlegt.
Fazit: Nach drei eher mittelmäßigen Episoden, in denen diverse Handlungsstränge nicht recht vorankamen, findet die Serie nun, dank der geradezu perfekten zweiten Hälfte dieser Episode, wieder zur Stärke des Staffelstarts zurück.
Es wird wieder geheiratet – und inzwischen weiß auch jeder, dass Hochzeiten in Westeros eine äußerst delikate Angelegenheiten sind.
Der Titel der Episode, „The Lion and the Rose“, bezieht sich selbstverständlich auf besagte Hochzeit, in der die Häuser Lannister und Tyrell ihr Bündnis endgültig besiegeln. Zudem spiegelt er den Titel der fünften Episode aus Staffel 1 wieder: „The Wolf and the Lion“. Möglicherweise lässt sich aus dieser Parallele bereits eine Andeutung herauslesen. In der Staffel-1-Episode wird der Löwe zuletzt genannt und geht aus der Konfrontation als Sieger hervor. In dieser Episode wird die Rose zuletzt genannt…
Wie bei jeder Staffel stammt auch dieses Mal wieder eine Episode – diese hier – aus der Feder von George R. R. Martin persönlich. Interessanterweise befand sich die Martin-Episode bisher immer in der zweiten Hälfte der Staffel; „The Pointy End“ war Episode 8 von Staffel 1, „Blackwater“ Episode 9 von Staffel 2 und „The Bear and the Maiden Fair“ Episode 7 von Staffel 3. Warum Martins Episode dieses Mal allerdings so früh kommt, ist nicht schwer zu verstehen. Während ich „The Bear and the Maiden Fair“, zumindest unter Anbetracht der Tatsache, dass sie vom Schöpfer der Welt von Eis und Feuer verfasst wurde, eher enttäuschend fand, bewegt sich „The Lion and the Rose“ qualitativ wieder in Richtung „Blackwater“ – nach wie vor meine Lieblingsepisode der gesamten Serie. Während die erste Hälfte von „The Lion and the Rose“ wie eine gewöhnliche GoT-Episode mit wechselnden Schauplätzen strukturiert ist, konzentriert sich die zweite Hälfte ausschließlich auf Joffreys Hochzeit und läuft in Echtzeit ab – eine gelungene Taktik, die vollständig aufgeht und an die Intensität von „Blackwater“ erinnert, wenn auch auf andere Weise.
Dreadford
Wie erwartet werden in dieser Episode einige Handlungsstränge ausgeklammert (Wildlinge, Nachtwache, Daenerys), während diejenigen, die in „Two Swords“ fehlten, dieses Mal zumindest angeschnitten werden. Wir beginnen an der Dreadford, wo Ramsay einem seiner Hobbys nachgeht: Der Jagd. Statt Wild jagt der Bastard von Bolton allerdings lieber junge Frauen. Das Bauernmädchen Tansy (Jazzy de Lisser) wird von seinen Hunden gehetzt, während Ramsay in Begleitung der Bogenschützin Myranda (Charlotte Hope; Myranda war auch eine der beiden Frauen, mit denen Ramsay Theon in der dritten Staffel quälte) den Tag im Wald genießt. Ebenfalls mit von der Partie ist Theon Greyjoy, nun besser bekannt als Reek und völlig gebrochen, der als humpelnder Jagdgehilfe herhalten muss.
Ramsays Vorliebe für die Jagd wird in den Romanen des Öfteren erwähnt, in „A Dance with Dragons“ erinnert sich Theon an eine versuchte Fluch mit einer seiner früheren Bettwärmerinnen, die ähnlich endet. Die Frauen, die Ramsay eine gute Jagd liefern, werden von ihm vergewaltigt, ermordet und anschließend gehäutet (und sie liefern die Namen für neue Hunde), während die anderen lebendig gehäutet werden. Ja, Ramsay Snow ist ein angenehmer, vollkommen ausgeglichener Mensch.
Obwohl einige dieser Details hier keine Verwendung finden (Tansy wird von den Hunden zerfleischt), dürfte dennoch inzwischen sehr eindeutig sein, was für ein Monster Ramsay Snow ist – in der Tat gehört er zu den wenigen Charakteren, denen man wirklich keinerlei Sympathie entgegen bringen und die man genüsslich hassen kann – möglicherweise wird er als Ersatz für einen gewissen anderen derartigen Charakter aufgebaut, für den in dieser Episode der Vorhand fällt. Ramsay (Iwan Rheon) und Myranda (Charlotte Hope)
Kurz nach der Jagd kommt Roose Bolton an der Dreadford an, wobei wir gleich seine Ehefrau, die fetteste Tochter von Lord Walder Frey kennen lernen. Ramsay verhält sich gegenüber Walda Bolton (Elizabeth Webster) geradezu beängstigend freundlich. Auch mit Locke versteht er sich blendend, was allerdings niemanden wundern dürfte – Brüder im Geiste.
Roose Bolton dagegen ist von den Aktionen seines Sohnes nicht unbedingt begeistert, da er der Meinung ist, dass Theon unverletzt wertvoller gewesen wäre, und er erinnert Ramsay daran, dass er kein Bolton, sondern ein Snow ist. Allerdings hat Theon noch Informationen, die für Roose, der nun von Tywin Lannister zum Wächter des Nordens ernannt wurde, sehr nützlich sind: Bran und Rickon Stark leben noch.
Wie ich gehofft hatte, bewegt sich dieser Handlungsstrang, der in Staffel 3 ziemlich auf der Stelle trat, nun endlich. Vor allem die Szene, in der Theon Ramsay rasiert, ist sehr gut gelungen, nicht zuletzt wegen des überzeugenden Spiels (bzw. Zusammenspiels) von Michael McElhatton, Alfie Allen und Iwan Rheon. Es ist eine absolute Machtdemonstration: Theon hat das Rasiermesser an Ramsays Kehle, während dieser ihm erzählt, dass Robb Stark tot ist. Und dennoch ist Theon psychisch derart verstümmelt, dass er nicht in der Lage ist, die Gelegenheit zu nutzen.
Anschließend wird noch der weitere Verlauf dieses Subplots angedeutet: Locke macht sich in Richtung Castle Black auf, um Bran und Rickon zu finden (in einem Trailer war er bereits an der Mauer zu sehen), und Ramsay und Theon sollen Moat Cailin zurückerobern.
Dragonstone
Wenn es auf Dragonstone nichts zu tun gibt, frönt Melisandre ihrem liebsten Hobby: Ungläubige verbrennen. Das schließt auch den Schwager des Königs nicht aus. Ansonsten gibt es recht wenig neues: Davos ist nicht begeistert, Selyse beweist, dass sie geistig nicht so ganz gesund ist und Stannis gibt sich stoisch.
Das völlig verkorkste Dinner, dass Melisandre, Stannis und Selyse daraufhin abhalten zeigt noch einmal mehr, wie dysfunktional diese Familie doch ist (nicht, dass das in Westeros etwas Besonderes wäre). Aber auch hier: Wenig neues. Immerhin gibt es ein nettes kleines Gespräch zwischen Shireen und Melisandre, in dem Erstere beweist, dass sie einen sehr wachen Verstand hat und religiösem Fanatismus kritisch gegenübersteht.
Ich hoffe, dass es hier bald vorangeht, denn dieser Handlungsstrang ist schon in der letzten Staffel kaum vorangekommen, und es gibt nicht mehr wirklich viel, was man auf Dragonstone machen oder zeigen könnte. Während die letzte Davos/Stannis/Melisandre-Szene der dritten Staffel ein Vorankommen versprach, tritt das Ganze hier nun wieder auf der Stelle. Wird Zeit, dass Stannis nach Norden aufbricht.
Nördlich der Mauer
Bran wargt mehr denn je und kehrt immer widerwilliger aus Summers Geist zurück – es braucht schon Hodor, um ihn wieder zurückzuholen. Eine ähnlich geartete Szene findet sich an „A Storm of Swords“ bereits gegen Anfang.
Wie schon Maisie Williams ist auch Isaac Hampstead-Wright unglaublich gewachsen. Nicht nur ist er größer geworden (das ließe sich gerade bei Bran noch recht gut verbergen, da er ja meistens liegt oder sitzt), auch sein Gesicht ist merklich länger und erwachsener geworden.
Ich bin wirklich gespannt, wie sich Brans Handlungsstrang weiterentwickelt, denn besonders viel Material gibt es nicht. Ich habe auch den Verdacht, dass Coldhand nicht mehr vorkommt und dass Bran, die Reeds und Hodor von selbst auf die Dreiäugige Krähe stoßen. Den ersten Schritt in diese Richtung macht Bran schon, indem er in einen Wehrholzbaum wargt und so eine Reihe kurzer Visionen hat. Unter anderem sieht er die dreiäugige Krähe, die durch die Grabgewölbe Winterfells fliegt, Lord Eddard bei Schärfen von Ice, Lord Eddard in den Verließen von King’s Landing, noch mehr Eindrücke vom Wehrholzbaum und der Krähe (inklusive des Befehls „Look for me beneath the tree, north!“), gefolgt von dem Wiedergängermädchen aus der ersten Folge der erste Staffel, einem untoten Pferd und dem Thronsaal des Red Keep aus Danys Vision im Haus der Unsterblichen. Die Vision endet mit einem kurzen Eindruck von Brans Fall, dem Spiegelbild eines Weißen Wanderers und dem Schatten eines Drachen, der über King’s Landing hinweggleitet – diese Einstellung ist bereits aus den Trailern bekannt.
King’s Landing Jaime (Nikolaj Coster-Waldau) und Bronn (Jerome Flynn) trainieren
Wie erwartet folgt nun das Gespräch zwischen Jaime und Tyrion, wobei Tyrion der einzige ist, der sich offenbar freut, den Königsmörder wiederzusehen und ihm das Gefühl gibt, willkommen zu sein. An der goldenen Hand (die in der Serie, im Gegensatz zu den Romanen, nicht vollständig aus Gold ist) stört er sich nicht und ganz allgemein bemüht er sich auf seine einzigartige Weise, Jaime zu ermuntern, anstatt ihn niederzumachen: „To the proud Lannister children: The dwarf, the cripple and the mother of madness.“ Tyrion arrangiert sogar einen Sparringpartner für seinen Burder, damit dieser trainieren kann, das Schwert linkshändig zu führen. In den Romanen trainiert Jaime mit Ilyn Payne, da dieser seine Zunge verloren hat und auch nicht schreiben kann, weshalb es ihm unmöglich ist, auszuplaudern, dass der Königsmörder nicht mehr mit dem Schwert umgehen kann. In der Serie wurde er aus zwei Gründen durch Bronn ersetzt: In den Szenen mit Ilyn Payne geht es vor allem um Jaimes innere Prozesse, was sich in der Serie freilich nicht gut darstellen lässt, insofern ist es besser, wenn Jaime einen Gesprächspartner bekommt. Weitaus bedeutender ist allerdings, dass Wilko Johnson, der Schauspieler, der Ilyn Payne in Staffel 1 und 2 darstellte, leider an Krebs erkrankt ist und deshalb nicht mehr an der Serie mitwirken kann. Trotz dieses traurigen Umstandes ist die folgende Trainingsrunde zwischen Bronn und Jaime äußerst amüsant – es werden nicht nur die stählernen, sondern auch die verbalen Klingen gekreuzt.
Nach „A Storm of Sword“ verschwindet Bronn aus der Buchreihe, allerdings ist die Figur, nicht zuletzt wegen Jerome Flynns Darstellung, im Fandom äußerst beliebt. Ich danke, man darf durchaus darauf hoffen, dass Bronn auch weiterhin Ser Ilyns Stelle einnimmt oder doch zumindest nicht einfach verschwindet.
Vor dem Frühstück am Hochzeitstag trifft sich Tyrion noch einmal mit Varys, der ihn warnt, dass eine von Cerseis Zofen auf Shae aufmerksam geworden ist und sich nicht willig zeigt, weiterhin für Tyrion zu lügen. Beim Frühstück folgt dann auch die Bestätigung; Shae ist als Sansas Zofe anwesend, und Cersei und Tywin flüstern und werfen ihr immer wieder Blicke zu. Außerdem taucht zum ersten Mal Mace Tyrell (Roger Ashton-Griffiths), der Brautvater auf. Nacheinander werden Joffrey die diversen Hochzeitsgeschenke überreicht. Wie im Buch schenkt Tyrion Joffrey „The Lives of the Four Kings“, anders als im Buch reagiert Joffrey jedoch noch verhältnismäßig höflich, um den unbedarften Zuschauer auf eine falsche Fährte zu locken. Das hebt jedoch nicht lange, sobald Joffrey das Geschenk seines Großvaters, das zweite Schwert aus valyrischem Stahl (es ist schon ein wenig schade, dass weder Widow’s Wail noch Oathkeeper die spezielle rote Färbung aus Martins Beschreibung haben), bekommt, verfällt er in seinen berüchtigten Arschlochmodus, probiert es am Geschenk seines Onkels aus läuft im weiteren Verlauf dieser Episode zu absoluter Hochform auf.
Nach dem Frühstück zieht Tyrion nun die Konsequenz aus dem, was er von Varys erfahren hat, stößt Shae auf unschöne Weise von sich und lässt sie von Bronn zum Hafen bringen, damit ein Schiff sie nach Pentos bringt. Im Roman überlegt er stattdessen, sie mit einem niederen Ritter zu verheiraten, zu einem derartigen Zerwürfnis kommt es dort aber nicht. Man kann wohl davon ausgehen, dass das Schiff Shae nicht nach Pentos bringt und dass es Cersei/Tywin gelungen ist, es abzufangen oder dass Bronn jetzt auf jemand anderes Lohnliste steht.
Und nun folgt die eigentliche Hochzeitszeremonie in Baelors Septe, bei der es für mich eine sehr angenehme Überraschung gab, denn sie wird von einer neuen Variation des Baratheon-Themas, stilecht mit Frauenchor, untermalt. Ich hatte schon befürchtet, dass es diese Staffel keine neue Version dieses Themas gibt, aber zu Unrecht. Joffrey (Jack Gleeson) und Margaery (Natalie Dormer) geben sich das Ja-Wort. Im Hintergrund die Familie des Bräutigams (von links nach rechts): Jaime, Tommen (Dean-Charles Chapman), Cersei (Lena Headey) und Tywin (Charles Dance)
Bei der Zeremonie sieht man nun auch zum ersten Mal deutlich, dass Tommen (in Staffel 3 auffällig abwesend) nun nicht mehr von Callum Wharry, sondern dem sehr viel älteren Dean-Charles Chapman verkörpert wird, der bereits den von Rickard Karstark verkörperten Martyn Lannister spielte. Warum das so ist, will mir nicht ganz einleuchten, vielleicht war man der Meinung, dass Callum Wharry den Anforderungen, die die Rolle an ihn in dieser Staffel stellt, nicht gerecht wird. Und noch ein kleines Detail am Rande: Ab diesem Zeitpunkt nimmt die Kamera immer wieder Lady Olenna in den Fokus. Darauf sollte man achten.
Nach der eigentlichen Zeremonie geht’s ans Eingemacht. Die Hochzeitsfeier findet in der Serie nicht abends und drinnen, sondern nachmittags und draußen statt. Bei Martin wird diese Szene ausschließlich aus Tyrions Blickwinkel geschildert. Für diese Episode nutzt Martin dagegen die Gelegenheit, das Ganze etwas vielseitiger zu gestalten und alle möglichen Figuren miteinander sprechen zu lassen.
Lord Tywin und Lady Olenna eröffnen den Reigen. Hierbei wird gleich deutlich gemacht, welche Rolle Mace Tyrell spielt: Er ist das öffentliche Gesicht der Tyrells, aber seine Mutter ist diejenige, die eigentlich den Laden schmeißt. Im Gespräch wird auch die Eiserne Bank von Braavos erwähnt, die in dieser Staffel noch eine Rolle spielen wird. Ihr Gesandter Tycho Nestoris, der sicher in absehbarer Zeit auftaucht, wird von Mark Gatiss (Mycroft Holmes in „Sherlock“) dargestellt.
Nach einem kurzen Intermezzo mit Bronn und Tyrion sucht Lady Olenna Sansa auf, und wie oben erwähnt lohnt es sich, die alte Dame im Blick zu behalten. Auch wenn Sansa hier eine Kette statt eines Haarnetzes trägt, ist der Effekt derselbe. Und wer gut aufpasst, wird bemerken, dass nach dem Gespräch, bei dem Olenna über Sansas Zöpfe streicht, einer der Steine nicht mehr an seinem Platz ist. Ihre Worte sind nicht minder aufschlussreich: „Killing a man at a wedding. Horrid. What sort of monster would do such a thing.“
Nun folgen viele kleine Begegnungen: Cersei und Margaery, die soeben verkündet hat, dass die Überreste des Festessens den Armen übergeben werden, ergehen sich in Zuneigungsbekundungen – ein wenig später ordnet Cersei an, dass die Überreste den Hunden vorgeworfen werden. Dies zeigt sehr schön, dass Cersei weiß, dass ihre Zeit an der Macht endet; Margaery ist jetzt Königin, was Cersei allerdings nicht davon abhält, noch eine unwichtige, hinterhältige und nutzlose Intrige einzufädeln, die lediglich ihr selbst ein gutes Gefühl gibt.
Während die Band The Bear and the Maiden Fair spielt, unterhalten sich derweil Jaime und Loras miteinander, die beide dem jeweils anderen zu verstehen geben, dass sie über dessen sexuelle Präferenzen bescheid wissen. Vielleicht kommen sie in einer späteren Folge zu einem Einverständnis und Ser Loras tritt so der Königsgarde bei.
Brienne ist, wie so ziemlich jede andere Figur, die sich gegenwärtig in King’s Landing aufhält, ebenfalls auf der Hochzeit. Obwohl ich zugeben muss, dass ich es immer noch merkwürdig finde, dass Brienne sich einfach so im Red Keep bewegt, ist die Unterhaltung zwischen ihr und Cersei doch ebenfalls sehr aufschlussreich. Brienne ist das, was Cersei gerne wäre: Eine Kriegerin, die sich nicht um die Beschränkungen schert, die die Gesellschaft ihrem Geschlecht auferlegt hat. Im Gegenzug ist Cersei allerdings auch in der Lage, die Jungfrau von Tarth zu durchschauen. Ich frage mich, ob das nur ein kurzes Zwischenspiel wird oder ob da noch mehr folgt.
Fast so amüsant wie der kleine Dialog zwischen Olenna und Tywin ist die folgende Begegnung von Oberyn Martell, Ellaria Sand, Lord Tywin und Cersei, die sich auf höflichste Weise gnadenlos angiften – das hat Potential.
Mit dem Auftritt der Zwerge, die den Krieg der fünf Könige nachstellen, nähert sich die Hochzeit ihrem Höhepunkt. Im Roman treten an dieser Stelle einfach nur Zwerge auf, die gegeneinander tjostierten, während sie auf Schweinen und Hunden reiten. Besagte Tiere fehlen hier, aber da die Zwerge als Joffrey, Renly, Robb, Stannis und Balon Greyjoy auftreten, wird das Ganze noch mehr auf die Spitze getrieben und richtet sich somit nicht nur an Tyrion, sondern sorgt auch dafür, dass sich viele andere Gäste unangenehm berührt fühlen, in erster Linie natürlich Sansa und Loras. Keiner der fünf Kleinwüchsigen scheint weiblich zu sein, was nebenbei die Frage aufwirft, ob Penny (in der deutschen Version heißt sie Heller), in „A Dance with Dragons“ eine nicht ganz unwichtige Figur, in der Serie auftaucht.
Im Folgenden treibt Joffrey die Demütigung seines Onkels immer weiter, der versucht, das ganze stoisch über sich ergehen zu lassen. Die Herabwürdigung zum Mundschenk macht ihn dann natürlich später auch zum Hauptverdächtigen. Joffrey stirbt in den Armen seiner Mutter
Der geneigte Buchleser weiß selbstverständlich, was nach dem Anschneiden des Hochzeitkuchens kommt: Der namensgebende Moment der „Violetten Hochzeit“. Im Gegensatz zur Roten Hochzeit stammt dieser Name von den Fans und bezieht sich zum einen auf die Juwelen von Sansas Haarnetz (die der Halskette sind allerdings hellblau) und zum anderen auf die Gesichtsfarbe des Bräutigams bei seinem Ableben.
Joffrey dürfte mit Abstand die meistgehasste Figur der Serie sein, allerdings haben sich Martin, Weiss und Benioff dazu entschieden, seinen Tod nicht als etwas Triumphales darzustellen; er soll keine Befriedigung für die Zuschauer werden. Die Todesszene ist äußerst unschön (hier im positiven Sinn) inszeniert. In diesem Zusammenhang muss noch einmal Jack Gleesons Darstellung hervorgehoben werden, der Joffrey in der Serie zu dem machte, was er ist und dabei wirklich eine beeindruckende Leistung ablieferte. Obwohl er die Figur spielt, die speziell darauf ausgelegt ist, gehasst zu werden, verkommt sein Joffrey niemals zu einer eindimensionalen Cartoonfigur, sondern bleibt immer authentisch. In seiner Sterbeszene holt Gleeson noch einmal alles heraus, die Intensität, mit der er den Todeskampf spielt, ist wirklich bewundernswert.
The Rains of Castamere
Es war schon einige Zeit lang bekannt, dass die Post-Rock-Band Sigur Rós in die Fußstapfen von The National und The Hold Steady treten und ein Lied aus Westeros interpretieren würden. Ich hatte erwartet, dass man, wegen der Ankunft Oberyn Martells, The Dornishman’s Wife wählen würde, was allerdings nicht eintraf. Stattdessen gibt es eine zweite Interpretation von The Rains of Castamere, die beim Abspann gespielt wird. Die Mitglieder von Sigur Rós haben auch einen kurzen Gastauftritt, sie spielen The Rains of Castamere auch auf der Hochzeit mit einer Bläserorgel, was Joffrey allerdings nicht besonders beeindruckt, weshalb er sie mit Münzen bewirft.
Diese Interpretation wird für den Abspann quasi restauriert und ist zweifelsohne interessant; sie klingt schon fast morbide. Besonders auffällig sind dabei der Einsatz der bereits erwähnten Bläserorgel, die ein beständiges, schwerfälliges, pfeifendes Geräusch erzeugt, das an ein beschwerliches Atmen erinnert, und so wohl auf Joffreys Todesart anspielt. Anders als in der Version von The National wird nicht der volle Text gesungen, stattdessen hört man ein hohes, klagendes Gestammel, das nach „One night I hold on you“ klingt (Cerseis Klage?), gefolgt von einigen Äußerungen des Wortes „Castamere“, bis es dann schließlich mit der Textzeile „In a coat of gold…“ wirklich anfängt (die ersten vier Zeilen fehlen). Sigur Rós spielen The Rains of Castamere auf Joffreys Hochzeit
Zwar sind sowohl die Version von The National als auch die Interpretation von Sigur Rós sehr langsam und düster, aber davon einmal abgesehen sagen sie sehr unterschiedliche Dinge aus. The Nationals Version ist eine Drohung an alle Feinde des Hauses Lannister. Matt Berninger, der Lead-Sänger von The National, klingt absolut selbstsicher, und wer würde sich schon mit jemandem mit einer derart tiefen Stimme anlegen wollen. Jónsi Birgissons Stimme dagegen klingt sehr viel höher und klagender, die Sigur-Rós-Version ist eher ein Abgesang, nicht nur auf Joffrey, sondern auch auf das Haus Lannister selbst – ihre Interpretation deutet bereits an, was uns am Ende der Staffel erwartet.
Fazit: „The Lion and the Rose“ sorgt zusammen mit „Two Swords“ für einen enorm gelungenen Staffelstart und legt die Messlatte für den Rest der Staffel verdammt hoch. Die Idee, die Hochzeitsfeier in Echtzeit ablaufen zu lassen ist vollständig aufgegangen, und Martin nutzt geschickt den Medienwechsel, um die Szene aus der Vorlage noch aufzuwerten. Während ich die Änderungen bei der Roten Hochzeit mitunter fast ein wenig störend fand, sind sie hier sogar willkommen.