Dracula Has Risen from the Grave

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Story:
Ein Jahr ist vergangen, seitdem Dracula (Christopher Lee) ein weiteres Mal vernichtet wurde, doch die Schrecken, die er entfesselte, sind noch nicht vergangen, die Dorfbewohner fürchten den Grafen nach wie vor und weigern sich beispielsweise, die Messe zu besuchen, da der Schatten von Draculas Schloss die Kirche berührt. Monsignor Ernst Mueller (Rupert Davies), der gerade das Dorf besucht, will davon allerdings nichts wissen und macht sich auf den Weg zum Schloss, um es mit einem heiligen Ritual endgültig zu verschließen. Der Dorfpriester (Ewan Hooper), der seinen Glauben verloren hat, stößt derweil durch Zufall auf den im Eis eingesperrten Dracula und erweckt ihn durch seine Ungeschicklichkeit zu neuem Leben. Wütend, weil er sein Schloss nicht mehr betreten kann, sucht Dracula bereits wieder nach einem neuen Opfer und findet es in Ernst Muellers Nichte Maria (Veronica Carlson)…

Kritik: „Dracula Has Risen from the Grave“, Hammers vierter Dracula-Film, startete genau zehn Jahre nach Christopher Lee Debüt als blutsaugender Graf in den Kinos. Ab dieser Fortsetzung, der dritten, in der Lee mitwirkte, zeigte der Darsteller so vieler berühmter Schurken gewisse Hemmungen, das Cape wieder anzulegen, er fand die Drehbücher immer unorigineller und war auch mit dem Umstand, dass die Hammer-Filme kaum mehr etwas mit Stokers Roman zu tun hatten, äußerst unzufrieden. Den Verantwortlichen bei Hammer gelang es allerdings immer wieder, Lee zurückzubringen, indem sie beispielsweise argumentierten, der Film sei bereits mit Lees Namen verkauft und wenn er nicht mitspielte, würden hundert Leute ihren Job verlieren. Es ist wohl nur auf Lees bewundernswerten Anstand zurückzuführen, dass wir ihn in so vielen Dracula-Filmen bewundern können.

Ursprünglich hätte auch Terence Fisher, Regisseur der ersten drei Dracula-Filme, zurückkehren sollen, aufgrund einer Verletzung, die er sich bei einem Autounfall zuzog, konnte er jedoch nicht am Dreh teilnehmen und musste durch Freddie Francis ersetzt werden. Francis hatte in den 60ern bereits einige Hammer-Filme gedreht, darunter auch „The Evil of Frankenstein“ (1964), in welchem Peter Cushing zum dritten Mal den titelgebenden verrückten Wissenschaftler mimt. Und tatsächlich vermisst man einige Aspekte von Fishers Regiearbeit in „Dracula Has Risen from the Grave“, ich persönlich hatte den Eindruck, dass Francis in stärkerem Ausmaß auf Außenaufnahmen setzt, zugleich aber eine weniger stimmige Bildsprache verwendet, gerade im Vergleich zu „The Brides of Dracula“, dessen grandiose Atmosphäre und Sets in dieser Filmserie nach wie vor unübertroffen sind.

Die Formelhaftigkeit der Hammer-Draculas lässt sich kaum leugnen: Nachdem in „Dracula: Prince of Darkness“ noch ein elaboriertes Ritual nötig war, um den Grafen zurückzubringen, wird er dieses Mal durch Zufall in dem Eis, in dem er am Ende von besagtem Film endete, entdeckt und durch die Ungeschicklichkeit des Dorfpriesters wiedererweckt: Ein wenig Blut auf den Lippen ist alles, was nötig ist. Trotz allem agiert der Graf in diesem Film deutlich aktiver und gibt sogar wieder die eine oder andere Dialogzeile von sich, nachdem er im Vorgänger völlig stumm war. Zudem sah man sich bei Hammer genötigt, den Exploitation-Faktor zu erhöhen. Natürlich ist „Dracula Has Risen From the Grave“ nach heutigen Horror-Maßstäben immer noch verhältnismäßig zahm, beginnt aber immerhin mit einem Leichenfund, an Blut und Bissszenen wird nicht gegeizt und die Ausschnitte werden auch immer tiefer – das betrifft primär den der Kellnerin Zena (Barbara Ewing), die als Draculas erstes Opfer herhalten darf.

Der vielleicht faszinierendste Aspekt des vierten Dracula-Films ist die religiöse Komponente. Diese war freilich immer schon vorhanden, schließlich findet sich kaum ein Dracula-Film, in dem nicht irgendwelche Gegenstände zu einem Kreuz improvisiert werden, um den Grafen abzuschrecken, die eigentliche Religiosität der Figuren spielte dabei aber selten eine Rolle, sie wird meistens als gegeben betrachtet. In „Dracula Has Risen from the Grave“ hingegen findet sich mit dem von Barry Andrews gespielten Paul eine Figur, die explizit als Atheist identifiziert wird. Aus diesem Grund hat Paul Probleme, sich dem Grafen zu widersetzen – das geht tatsächlich soweit, dass eine versuchte Pfählung misslingt. Erst als der Dorfpriester, der durch die Ereignisse zum Glauben zurückfindet, ein Gebet spricht, kann Dracula ins Jenseits geschickt werden (natürlich nur, bis er im nächsten Film zurückkehrt). Hier drückt sich, trotz Blut und Brüsten, die letztendlich sehr konservative Haltung des Films aus. Ein zusätzliches Gebet war zudem in bisherigen Filmen nie nötig. Vampirfilme und andere Medien haben immer wieder mit diesem Aspekt gespielt, in Roman Polanskis „The Fearless Vampire Killers“ ist das Kreuz gegen Chagall beispielsweise nutzlos, weil dieser Jude ist. Das Element des wahren Glaubens sollte später vom Pen&Paper-Rollenspiel „Vampire: The Masquerade“ adaptiert werden, hier helfen religiöse Symbole nur, wenn tatsächlich wahrer Glaube dahintersteckt. In diesem Kontext spielt der Glaube des Vampirs oder der Wahrheitsgehalt der Religion keine Rolle, es kommt lediglich auf den Glauben dessen an, der versucht, den Vampir abzuwehren.

Abgesehen von diesen Aspekten bietet „Dracula Has Risen from the Grave“ wenig neues: Ersatz-Van-Helsing Ernst Mueller ist deutlich weniger markant als sein Gegenstück aus dem Vorgänger und auch die anderen Figuren sind in letzter Konsequenz mehr oder weniger Abziehbilder der in Stokers Roman und im ersten Hammer-Dracula etablierten Archetypen, Maria Mueller macht sogar eine ähnliche Wandlung durch wie Mina im Film von 1958 – nach dem Vampirbiss verhält sie sich deutlich lasziver. Lee ist natürlich grandios wie immer und hier deutlich präsenter, er taucht früher auf und handelt mehr wie eine Figur mit spezifischen Absichten denn eine bloße, animalische Bedrohung, wie es in „Prince of Darkness“ der Fall war. Und sein Tod ist dieses Mal deutlich spektakulärer als im Vorgänger.

Fazit: Die Formel der Hammer-Dracula-Filme wird im vierten Eintrag der Serie nur allzu deutlich, dennoch gelingt es Regisseur Freddie Francis und Drehbuchautor Anthony Hinds zumindest, den einen oder anderen interessanten Aspekt einzubringen. Eine stärkere Präsenz Christopher Lees macht „Dracula Has Risen From the Grave“ nach wie vor sehr anschaubar.

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Siehe auch:
Geschichte der Vampire: Dracula – Hammers Graf
The Brides of Dracula
Dracula: Prince of Darkness

Dracula: Prince of Darkness


Story:
Trotz der Warnung des eigenwilligen Priesters Sandor (Andrew Keir) begeben sich die vier englischen Touristen Charles (Francis Matthews), Diana (Suzan Farmer), Helen (Barbara Shelley) und Alan (Charles Tingwell), die gerade Transsylvanien bereisen, nach Karlsbad. In Sichtweite eines ominösen Schlosses werden sie von ihrem abergläubischen Kutscher im Stich gelassen, eine herrenlose Kutsche bringt sie jedoch zum Schloss, wo sie einen gedeckten Tisch vorfinden. Begrüßt werden die vier vom enigmatischen Klove (Philip Latham), der ihnen von seinem verstorbenen Herrn Graf Dracula (Christopher Lee) berichtet. Keiner der vier Engländer ahnt, dass Klove darauf aus ist, seinen vampirischen Herrn wiederzuerwecken. Dies gelingt ihm auch, indem er Alan über Draculas Asche ausbluten lässt: Der Vampirfürst erwacht zu neuem Leben und lechzt nach dem Blut der verbliebenen Engländer…

Kritik: Nachdem „The Brides of Dracula“ ohne Christopher Lee auskommen musste, sollte er schließlich für „Dracula: Prince of Darkness“ 1966 zurückkehren. Dieses Mal war es Peter Cushing, dessen Van Helsing kein Teil des Films ist – mit Ausnahme der Prologszene, versteht sich, die als Rückblick aus Hammers erstem Dracula-Film stammt und die direkte Verknüpfung dieses Sequels zum Original verdeutlichen soll. Zudem verpflichtete Hammer abermals Regisseur Terence Fisher, der mit „Prince of Darkness“ seinen dritten und letzten Dracula-Film drehte (sofern man „The Brides of Dracula“ diesbezüglich mitrechnen möchte). Auch der Score von James Bernard knüpft direkt an die Musik des Originals an und macht ausgiebigen Gebrauch von dem aus drei Noten bestehenden Dracula-Motiv.

Mehr noch als die beiden Vorgänger bemüht sich „Prince of Darkness“ um einen sehr langsamen, schleichenden Spannungsaufbau; Fisher arbeitet in großem Ausmaß mit Andeutungen, visuellen Hinweisen und unheimlichen Kamerafahrten durch das Schloss. Bis zu Draculas tatsächlichem Auftauchen vergehen gut und gerne 45 Minuten. Der Dracula, den Fisher, Lee und Drehbuchautor Jimmy Sangster (hier unter dem Pseudonym John Sansom) dem Publikum präsentieren, ist noch brutaler und animalischer als der des Erstlings. „Prince of Darkness“ ist primär als der Dracula-Film bekannt, in dem Christopher Lee kein Wort spricht, sondern nur Fauchen und Knurren von sich gibt. Lee selbst behauptete einmal, er habe das Drehbuch als so schlecht empfunden, dass er sich schlicht weigerte, die Dialogzeilen zu sprechen, während Sangster dagegenhielt, er habe nie Dialoge für den Grafen verfasst und dieser sei von Anfang an als stummes Monster konzipiert gewesen. Wie dem auch sei, Lees ehrfurchtgebietende Leinwandpräsenz ist nach wie vor über jeden Zweifel erhaben und sein Dracula funktioniert auch ohne Worte.

Da Peter Cushing sich auf die ebenfalls von Hammer produzierten Frankenstein-Filme konzentrierte, bekommt Dracula es stattdessen mit Vater Sandor zu tun, der ein wirklich mehr als brauchbarer Ersatz ist. Andrew Keir gelingt es, seiner Figur dieselbe Hingabe wie Cushings Van Helsing zu verleihen, den stürmischen und wenig zurückhaltenden Priester aber zugleich zu einem Charakter zu machen, der sich nicht wie eine billige Van-Helsing-Kopie anfühlt. Tatsächlich finde ich es schade, dass Andrew Keir die Rolle im Verlauf der Filmserie nicht noch einmal spielen durfte. Im Gegensatz dazu bleiben die vier Engländer leider verhältnismäßig blass und uninteressant.

Storytechnisch handelt es sich bei „Prince of Darkness“ zwar um eine Fortsetzung – und um das erste Mal, dass Dracula auf mehr oder weniger fragwürdige Art und Weise zurückgebracht wird – es finden sich aber erstaunlich viele Parallelen zum ersten Teil der Serie bzw. zu Stokers Roman. Tatsächlich greifen Sangster und Fisher das eine oder andere Elemente der Vorlage auf, das es nicht in den Film von 1958 geschafft hat. So erinnert Klove nicht von ungefähr an Renfield, Charles entdeckt den mit offenen Augen in seinem Sarg liegenden Dracula, Diana trinkt, genau wie Mina im Roman, Blut direkt von einer Wunde an Draculas Brust und am Ende kommt es zu einer Kutschenverfolgungsjagd. Im Finale wird zudem eine weitere klassische Vampir-Schwäche aufgegriffen: Fließendes Wasser. Ob das auf diese Art gelungen umgesetzt wurde, ist freilich diskutabel, aber ein wenig Variation beim Tod der Vampire ist durchaus begrüßenswert. Eine klassische Pfählung findet sich ebenfalls, die zur Vampirin gewordenen Helen, die getrost als Lucy-Gegenstück gesehen werden kann, ist die erste Hammer-Vampirin, die in wachem und nicht in schlafendem Zustand mit dem Holzpflock bearbeitet wird.

Was „Prince of Darkness“ hingegen leider fehlt, sind die beeindruckenden Sets und die dichte Atmosphäre, mit der „The Brides of Dracula“ überzeugen konnte. Hammer befand sich gerade auf Sparkurs, weshalb mit demselben Cast und denselben Sets gleich parallel „Rasputin: The Mad Monk“ gedreht wurde – selbstverständlich spielt Lee auch in diesem Film die Titelrolle.

Fazit: Alles in allem ist „Dracula: Prince of Darkness“ eine durchaus gelungene Fortsetzung und insgesamt sicherlich einer der besseren Hammer-Dracula-Filme. Gerade weil Christopher Lee im Film kein Wort sagt, kommt er umso bedrohlicher und raubtierhafter daher. Mit Andrew Keir als Vater Sandor wurde zudem ein passender Ersatz für Cushings Van Helsing gefunden.

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Siehe auch:
Geschichte der Vampire: Dracula – Hammers Graf
The Brides of Dracula

The Brides of Dracula

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Story: Die französische Lehrerin Marianne (Yvonne Monlaur) hat eine Stelle an einem Mädcheninternat in Transsylvanien bekommen, doch auf der Reise strandet sie in einem Dorf, da ihre Kutsche ohne sie abfährt. Da die Bewohner ebenso unfreundlich wie merkwürdig sind, ist Marianne froh, als ihr die enigmatische Baronin Meinster (Martita Hunt) anbietet, die Nacht auf ihrem Schloss zu verbringen. Die Baronin gibt sich dann allerdings ebenfalls reichlich seltsam. Schließlich findet Marianne heraus, dass der Sohn ihrer Gastgeberin, Baron Meinster (David Peel), in einem Teil des Schlosses angekettet ist. Aus Mitleid befreit sie den hübschen jungen Mann und entfesselt damit unwissentlich einen blutsaugenden Schrecken. Nur Van Helsing (Peter Cushing) ist in der Lage, den Baron aufzuhalten…

Kritik: Nachdem sich Hammers „Dracula“ als Erfolg erwies war klar: Da muss eine Fortsetzung her. Wie wir inzwischen wissen, hatten die Hammer Studios kein Problem damit, den Grafen ein ums andere Mal wiederzubeleben, um ihn erneut gegen Van Helsing oder andere Vampirjäger antreten zu lassen. Unter all den Dracula-Filmen des Studios ist „The Brides of Dracula“, der bereits 1960, zwei Jahre nach Lees Debüt als Vampirfürst, in die Kinos kam, der wahrscheinlich merkwürdigste, da, trotz des Titels, weder Dracula selbst, noch seine Bräute in diesem Film auftauchen. Tatsächlich gibt es so gut wie keine inhaltliche Verknüpfung zur Handlung des ersten Dracula-Films, nicht einmal wie auch immer geartete Verweise. Der Name des Grafen wird einmal eher nebenbei erwähnt. Die einzige Ausnahme ist Van Helsing, abermals gespielt von Peter Cushing, der zwar die zweite Hälfte des Films dominiert, aber eher zufällig auf die Protagonistin Marianne trifft. Immerhin, sein Vorhandensein in der Handlung ist wenigstens nicht zufällig, da er als Experte herangezogen wird.

Die ursprünglichen Drehbuchfassung mit dem Titel „Disciple of Dracula“, verfasst von Jimmy Sangster, der auch schon das Drehbuch des Films von 1958 geschrieben hatte, war in weitaus stärkerem Ausmaß als direkte Fortsetzung konzipiert. Zwar sollte Baron Meinster hier bereits als Antagonist fungieren, aber ein Gastauftritt von Dracula, evtl. als Geist, war geplant. Zudem sollte der Baron als Anhänger und somit Nachfolger des Grafen gezeigt werden. Ob Hammer tatsächlich bei Christopher Lee anfragte ist nicht bestätigt, jedenfalls wurde Sangsters Drehbuch von ihm selbst sowie Peter Bryan, Edward Percy und Anthony Hinds umgeschrieben, sodass jegliche Verweise auf Dracula verschwanden – ironischerweise wurde Van Helsing hier allerdings erst Teil der Geschichte. Hammer entschied sich zudem, aufgrund der Marketingwirkung Dracula trotz des völligen inhaltlichen Fehlens mit in den Titel zu nehmen. Bei besagten Bräuten dürfte es sich um die beiden Vampirinnen (Marie Devereux und Andrée Melly) handeln, die Baron Meinster im Film erschafft. Marianne steht auch kurz davor, zur Vampirin zu werden, mit ihr wäre die klassische Zahl erreicht, auch wenn sie natürlich Meinsters und nicht Draculas Bräute sind.

Gewisse inhaltliche Parallelen zu Hammers „Dracula“ lassen sich trotz der fehlenden Verweise nicht von der Hand weisen: Wie Jonathan Harker entdeckt auch Marianne nach langer Reise als Gast auf einem Schloss vampirische Umtriebe, um dann in der zweiten Hälfte als Protagonistin praktisch von Van Helsing abgelöst zu werden. Anders als Harker stirbt sie aber nicht, sondern wird „nur“ zum Opfer degradiert und muss am Ende des Films natürlich gerettet werden.

Die eigentlich essentielle Frage ist natürlich: Kann David Peel als Baron Meinster dem großen Christopher Lee das Wasser reichen? Die Antwort lautet natürlich „Nein“, aber im Großen und Ganzen leistet Peel keine schlechte Arbeit, er befindet sich nur in einer unvorteilhaften Situation. Der Titel und die Gegenwart Van Helsings sorgen automatisch dafür, dass Peel als „Ersatz-Dracula“ wahrgenommen wird – hätte es sich bei „The Brides of Dracula“ um einen x-beliebigen Vampirfilm gehandelt, hätte man die beiden Darsteller und ihre Figuren vielleicht gar nicht miteinander verglichen. Peel gelingt es durchaus, sowohl die charmante als auch die raubtierhafte Seite seiner Figur darzustellen. Problematisch ist hier vor allem das Drehbuch; die Hintergründe der Figur werden fast völlig im Dunkeln gehalten. Als Zuschauer erfährt man nicht, wie es zur Ausgangslage kam, wie der Baron zum Vampir wurde und in die Obhut seiner Mutter gelangte. Anhand der Hintergründe des Films kann man davon ausgehen, dass Dracula dafür verantwortlich ist bzw. in der ersten Drehbuchfassung dafür verantwortlich war, in der Story des fertigen Films klaffen nun aber einige Lücken. Das ist besonders schade, weil die Handlung durchaus Potential hat, gerade aus der Konstellation um den Baron und seine Mutter hätte man deutlich mehr machen können, besonders, wenn die Drehbuchautoren Meinster eine Motivation über frisches Blut hinaus verpasst hätten. Zumindest schauspielerisch gibt es allerdings recht wenig zu meckern: Peter Cushing ist wie üblich über jeden Zweifel erhaben, aber auch Martita Hunt als mysteriöse Baronin und Freda Jackson als unheimliche Vampirhandlangerin Greta wissen zu überzeugen.

Trotz des Fehlens von Christopher Lee gibt es zweifellos einen Aspekt, in dem „The Brides of Dracula“ dem Vorgänger eindeutig überlegen ist: Ausstattung und Sets. Wo Regisseur Terence Fisher in „Dracula“ noch mit recht beschränkten Mitteln arbeiten und mitunter dasselbe Set für mehrere Örtlichkeiten verwenden und umdekorieren musste, hatte er in „The Brides of Dracula“ dagegen weitaus mehr Möglichkeiten. Im Vergleich zu Draculas Schloss ist der Sitz der Familie Meinster geradezu üppig ausgestattet und auch das Mädcheninternat oder die Dorfszenen können sich zweifelsohne sehen lassen. Insgesamt ist „The Brides of Dracula“ vielleicht der bestaussehndste Hammer-Film.

Zum Schluss noch einige amüsante Beobachtungen: In „Dracula“ verkündete Peter Cushings Van Helsing, Vampire seien nicht in der Lage, sich in Fledermäuse zu verwandeln – etwas, das Baron Meinster hier tut, worauf Van Helsing auch hingewiesen wird. Noch dazu ist es eine äußerst große und äußerst unüberzeugende Fledermaus. Interessant ist zudem, dass sich die Infektion mit Vampirismus wohl verhindern lässt, indem man die Wunde ausbrennt – genau das tut Van Helsing im Finale. Hier zeigt Cushing wirklich sein ganzes Talent und stellt den Prozess überzeugend dar. Die Brandwunde verschwindet anschließend auf magische Weise. Besagtes Finale spielt übrigens in einer Windmühle, deren Flügel Van Helsing auf kreative Weise nutzt, um Meinster mit dem Schatten eines Kreuzes zu bezwingen. Ich persönlich werde den Verdacht nicht los, dass diese Mühle Tim Burton für eine Szene seiner Hammer-Hommage „Sleepey Hollow“ inspirierte.

Fazit: „The Brides of Dracula“ ist ein durchaus unterhaltsamer, wenn auch alles andere als innovativer Gothic-Horror-Film mit einigen Story-Lücken und -Problemen, einem großartig aufgelegten Peter Cushing und einer beeindruckenden Ausstattung. Eines ist „The Brides of Dracula“ allerdings nicht: Ein Dracula-Film.

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Geschichte der Vampire: Dracula – Hammers Graf