Enthält Spoiler!
Story: Selbst nach ihrem Tod gibt M (Judy Dench) noch Anweisungen. Per posthumer Videonachricht weist sie James Bond (Daniel Craig) an, Marco Sciarra (Alessandro Cremona) zu töten, was Bond in Mexico City auch gelingt. Über Sciarra und seine Witwe Lucia (Monica Belucci) kommt Bond einer Verschwörung auf die Spur, in die sein totgeglaubter Halbbruder Franz Oberhauser (Christoph Waltz) verwickelt ist. Schon bald ist Bond fast vollständig auf sich allein gestellt, denn Max Denbigh (Andrew Scott), ein Beauftragter der britischen Regierung, macht Gareth Mallory (Ralph Fiennes), dem neuen M, die Arbeit schwer und versucht das Doppelnull-Programm einzustellen. Um Oberhausers finstere Machenschaften zu stoppen kann sich Bond schließlich nur noch auf die Hilfe von Dr. Madeleine Swann (Léa Seydoux), der Tochter seines alten Feindes Mister White (Jesper Christensen), verlassen…
Kritik: „Spectre“ habe ich im Kino verpasst, aber immerhin kommt die Heimkinoauswertung inzwischen so schnell, dass das kaum mehr einen Unterschied macht. Wie dem auch sei, „Spectre“ ist Sam Mendes‘ zweiter Bond-Film und der vierte mit Daniel Craig in der Titelrolle. Nach dem phänomenalen Erfolg von „Skyfall“ wollte Eon unbedingt, dass Mendes auch den nächsten Bond-Film dreht, während der Regisseur seinerseits eher zögerlich war, bis das Studio ihn überzeugen konnte (vermutlich mit sehr viel Geld). Wie dem auch sei, nach der Sichtung von „Spectre“ muss ich sagen: Mendes‘ erster Instinkt war leider richtig.
Ironischerweise gefallen mir viele der Konzepte von „Spectre“ richtig gut: Die inhaltliche Verknüpfung aller bisherigen Craig-Bonds, die Wiedereinführung von Spectre (früher SPECTRE als Abkürzung für SPecial Executive for Counter-intelligence, Terrorism,
Revenge and Extortion) und Bonds altem Erzfeind Ernest Stavro Blofeld. Das Hauptproblem dabei ist, dass die Umsetzung nicht besonders gelungen ist – es scheint fast, als habe Mendes die Lust an Bond verloren. „Spectre“ wirkt schwerfällig, ja manchmal fast schon dröge, dem Film fehlt sowohl die grimmige Intensität von „Casino Royale“ als auch die Energie und der Enthusiasmus von „Skyfall“. Natürlich ist letztendlich alles vorhanden, was die Bondfilme scheinbar ausmacht: Schnelle Autos, schöne Frauen, exotische Schauplätze, Action und eine ominöse Verschwörung. Anders als „Casino Royale“ oder „Skyfall“ ist „Spectre“ aber nie mehr als die Summe seiner Teile.
Während der erste Akt des Films durchaus noch zu überzeugen weiß – der Prolog in Mexico City ist sehr ansehnlich, ebenso wie die Szenen in Rom mit der Verfolgungsjagd und dem ersten Auftritt von Christoph Waltz als Oberhauser/Blofeld – verliert „Spectre“ ab diesem Zeitpunkt seine Energie. Mendes gelingt es einfach nicht, wirklich Spannung aufkommen zu lassen, die verschiedenen Schauplätze, die Actionszenen und die Einführung von Léa Seydoux als Bondgirl wirken eher, als hätte Mendes eine Checklist abgearbeitet. Die Einzelbausteine des Films wollen einfach nicht so recht zusammenpassen, die Zusammenführung der Handlungsstränge von „Casino Royale“, „Ein Quantum Trost“ und „Skyfall“ wirkt ziemlich plump und, am schlimmsten, der Schurke funktioniert nicht so richtig. Der Blofeld dieses Films klingt als Konzept recht vielversprechend, aber gerade hier wirkt die Umsetzung höchst uninspiriert, Blofelds Motivation bleibt unklar und er selbst als Figur ziemlich blass, was auch damit zusammenhängt, das er kaum vorkommt. Der Film erläutert zwar, warum er Bond nicht mag, aber darüber hinaus wird kaum etwas konkretisiert; Blofeld wird ja wohl kaum eine weltumspannende Verbrecherorganisation gegründet haben, nur um sich an seinem Stiefbruder zu rächen. Apropos, angesichts der Tatsache, dass der Film „Spectre“ heißt, bleibt besagte Organisation ebenfalls höchst nebulös und uninteressant, dem Film gelingt es einfach nicht, die Bedrohung, die von einem derartigen Schattenkollektiv ausgehen sollte, richtig aufzubauen.
Insgesamt kommt „Spectre“ einfach nicht über ein „solide, aber uninspiriert“ hinaus: Die Action ist ganz ansehnlich, aber nicht wirklich kreativ, die Schauplätze sind nett, aber man hätte mehr damit machen können und die Darsteller sind solide, bekommen aber kaum Gelegenheit, wirklich zu zeigen, was sie können – gerade bei Christoph Waltz fällt das auf. Ich finde Waltz als Schauspieler ziemlich toll, aber gerade hier spielt er eher auf Autopilot, sein Oberhauser unterscheidet sich nicht groß von den diversen anderen Schurkenrollen, die er die letzten Jahre gespielt hat, die ihrerseits im Grunde nur verwässerte Versionen von Hans Landa waren. Ganz ähnlich verhält es sich auch mit Thomas Newmans Score, der sich noch stärker vom typischen Sound der Bond-Filme entfernt und, wie der Film selbst auch, außerhalb der Statements von Monty Normans Bond-Thema recht dröge daherkommt.
Fazit: Sam Mendes‘ zweiter Bondfilm bleibt leider ziemlich weit hinter „Skyfall“ zurück; „Spectre“ wirkt oft uninspiriert und schafft es einfach nicht, eine gelungene Spannungskurve aufzubauen oder über die Summe seiner Teile hinauszuwachsen.
Siehe auch:
Skyfall