Spectre

Enthält Spoiler!
spectre
Story: Selbst nach ihrem Tod gibt M (Judy Dench) noch Anweisungen. Per posthumer Videonachricht weist sie James Bond (Daniel Craig) an, Marco Sciarra (Alessandro Cremona) zu töten, was Bond in Mexico City auch gelingt. Über Sciarra und seine Witwe Lucia (Monica Belucci) kommt Bond einer Verschwörung auf die Spur, in die sein totgeglaubter Halbbruder Franz Oberhauser (Christoph Waltz) verwickelt ist. Schon bald ist Bond fast vollständig auf sich allein gestellt, denn Max Denbigh (Andrew Scott), ein Beauftragter der britischen Regierung, macht Gareth Mallory (Ralph Fiennes), dem neuen M, die Arbeit schwer und versucht das Doppelnull-Programm einzustellen. Um Oberhausers finstere Machenschaften zu stoppen kann sich Bond schließlich nur noch auf die Hilfe von Dr. Madeleine Swann (Léa Seydoux), der Tochter seines alten Feindes Mister White (Jesper Christensen), verlassen…

Kritik: „Spectre“ habe ich im Kino verpasst, aber immerhin kommt die Heimkinoauswertung inzwischen so schnell, dass das kaum mehr einen Unterschied macht. Wie dem auch sei, „Spectre“ ist Sam Mendes‘ zweiter Bond-Film und der vierte mit Daniel Craig in der Titelrolle. Nach dem phänomenalen Erfolg von „Skyfall“ wollte Eon unbedingt, dass Mendes auch den nächsten Bond-Film dreht, während der Regisseur seinerseits eher zögerlich war, bis das Studio ihn überzeugen konnte (vermutlich mit sehr viel Geld). Wie dem auch sei, nach der Sichtung von „Spectre“ muss ich sagen: Mendes‘ erster Instinkt war leider richtig.

Ironischerweise gefallen mir viele der Konzepte von „Spectre“ richtig gut: Die inhaltliche Verknüpfung aller bisherigen Craig-Bonds, die Wiedereinführung von Spectre (früher SPECTRE als Abkürzung für SPecial Executive for Counter-intelligence, Terrorism,
Revenge and Extortion) und Bonds altem Erzfeind Ernest Stavro Blofeld. Das Hauptproblem dabei ist, dass die Umsetzung nicht besonders gelungen ist – es scheint fast, als habe Mendes die Lust an Bond verloren. „Spectre“ wirkt schwerfällig, ja manchmal fast schon dröge, dem Film fehlt sowohl die grimmige Intensität von „Casino Royale“ als auch die Energie und der Enthusiasmus von „Skyfall“. Natürlich ist letztendlich alles vorhanden, was die Bondfilme scheinbar ausmacht: Schnelle Autos, schöne Frauen, exotische Schauplätze, Action und eine ominöse Verschwörung. Anders als „Casino Royale“ oder „Skyfall“ ist „Spectre“ aber nie mehr als die Summe seiner Teile.

Während der erste Akt des Films durchaus noch zu überzeugen weiß – der Prolog in Mexico City ist sehr ansehnlich, ebenso wie die Szenen in Rom mit der Verfolgungsjagd und dem ersten Auftritt von Christoph Waltz als Oberhauser/Blofeld – verliert „Spectre“ ab diesem Zeitpunkt seine Energie. Mendes gelingt es einfach nicht, wirklich Spannung aufkommen zu lassen, die verschiedenen Schauplätze, die Actionszenen und die Einführung von Léa Seydoux als Bondgirl wirken eher, als hätte Mendes eine Checklist abgearbeitet. Die Einzelbausteine des Films wollen einfach nicht so recht zusammenpassen, die Zusammenführung der Handlungsstränge von „Casino Royale“, „Ein Quantum Trost“ und „Skyfall“ wirkt ziemlich plump und, am schlimmsten, der Schurke funktioniert nicht so richtig. Der Blofeld dieses Films klingt als Konzept recht vielversprechend, aber gerade hier wirkt die Umsetzung höchst uninspiriert, Blofelds Motivation bleibt unklar und er selbst als Figur ziemlich blass, was auch damit zusammenhängt, das er kaum vorkommt. Der Film erläutert zwar, warum er Bond nicht mag, aber darüber hinaus wird kaum etwas konkretisiert; Blofeld wird ja wohl kaum eine weltumspannende Verbrecherorganisation gegründet haben, nur um sich an seinem Stiefbruder zu rächen. Apropos, angesichts der Tatsache, dass der Film „Spectre“ heißt, bleibt besagte Organisation ebenfalls höchst nebulös und uninteressant, dem Film gelingt es einfach nicht, die Bedrohung, die von einem derartigen Schattenkollektiv ausgehen sollte, richtig aufzubauen.

Insgesamt kommt „Spectre“ einfach nicht über ein „solide, aber uninspiriert“ hinaus: Die Action ist ganz ansehnlich, aber nicht wirklich kreativ, die Schauplätze sind nett, aber man hätte mehr damit machen können und die Darsteller sind solide, bekommen aber kaum Gelegenheit, wirklich zu zeigen, was sie können – gerade bei Christoph Waltz fällt das auf. Ich finde Waltz als Schauspieler ziemlich toll, aber gerade hier spielt er eher auf Autopilot, sein Oberhauser unterscheidet sich nicht groß von den diversen anderen Schurkenrollen, die er die letzten Jahre gespielt hat, die ihrerseits im Grunde nur verwässerte Versionen von Hans Landa waren. Ganz ähnlich verhält es sich auch mit Thomas Newmans Score, der sich noch stärker vom typischen Sound der Bond-Filme entfernt und, wie der Film selbst auch, außerhalb der Statements von Monty Normans Bond-Thema recht dröge daherkommt.

Fazit: Sam Mendes‘ zweiter Bondfilm bleibt leider ziemlich weit hinter „Skyfall“ zurück; „Spectre“ wirkt oft uninspiriert und schafft es einfach nicht, eine gelungene Spannungskurve aufzubauen oder über die Summe seiner Teile hinauszuwachsen.

Trailer

Siehe auch:
Skyfall

 

Penny Dreadful Staffel 1

dreadful
Die Idee, die verschiedenen Figuren und Kreaturen der viktorianischen Horror-Literatur aufeinander treffen zu lassen ist nicht unbedingt neu. Schon in den frühen, schwarz-weißen Universal-Filmen geschah das, und diese Tradition wurde später in Werken wie „Anno Dracula“ von Kim Newman oder „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ von Alan Moore fortgesetzt. Die Prämisse der Showtime-Serie „Penny Dreadful“, u.a. ersonnen von John Logan und Sam Mendes, Autor und Regisseur von „Skyfall“, ist also alles andere als revolutionär, dafür aber, zumindest für mich, unheimlich reizvoll, denn ich liebe viktorianische Horror- und Schauerromane. Der Name der Serie kommt, passenderweise, von den Penny Dreadfuls, den Horror-Schundheften des 19. Jahrhunderts. Zwei dieser Werke werden auch direkt als solche referenziert: „Varney the Vampyre“, eine der Prä-Dracula Vampirgeschichten und „Sweeney Todd“, das durch die Musicaladaption von Steven Sondheim und die Filmumsetzung besagten Musicals durch Tim Burton heute sicher noch weitaus bekannter ist als „Varney“.

Vornehmlich werden in „Penny Dreadful“ Figuren und Handlungselemente dreier klassischer Werke der viktorianischen Schauerliteratur verarbeitet: „Dracula“ von Bram Stoker, „Frankenstein“ von Mary Shelley und „Das Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde. Hinzu kommen weitere, nicht ganz spezifisch feststellbare Einflüsse und Konzepte, etwa dämonische Besessenheit, Hinweise auf ägyptische Götter und diverse bestialische Morde, die vage an Jack the Ripper erinnern.

Handlung
Aufgrund der Natur der Serie werde ich hier nur eine sehr knappe Inhaltsangabe geben und mich anschließend zu den adaptierten Elementen einzeln und detaillierter äußern. Da dies eine analytische Rezension ist, ist sie nicht völlig spoilerfrei. Ich werde mich bemühen, die Schlusstwists nicht zu enthüllen, aber gerade einige der früheren Entwicklungen kann ich nicht auslassen, wer also gar nichts wissen will, sollte hier aufhören zu lesen.

Sir Malcolm Murray (Timothy Dalton) und die mysteriöse Vanessa Ives (Eva Green) suchen nach Murrays verschwundener Tochter Mina (Olivia Llewellyn). Dazu sichern sie sich die Hilfe des Arztes Victor Frankenstein (Harry Treadaway) und des amerikanischen Revolverhelden Ethan Chandler (Josh Hartnett). Diese haben allerdings auch jeweils eigene Probleme: Frankenstein wird von der von ihm aus Leichenteilen geschaffenen Kreatur Caliban (Rory Kinnear) heimgesucht, die ihrem Erschaffer nicht gerade wohlgesonnen ist, während Chandler um das Leben seiner Geliebten Brona (Billie Piper), die an Tuberkulose leidet, fürchtet.
Und dann ist da noch der mysteriöse, undurchschaubare Dorian Gray (Reeve Carney)…

Dracula
„Penny Dreadful“ adaptiert die grundlegenden Werke eher in groben Zügen oder entnimmt gewisse Elemente und Figuren und ordnet sie neu an. Die Dracula-Elemente bilden dabei im Grunde den Hauptplot der Serie und treten die Handlung los: Es ist nicht schwer zu erraten, wer für Mina Murrays (bzw. Mina Harkers) Verschwinden verantwortlich ist. Dracula selbst taucht in dieser ersten Staffel allerdings noch nicht auf. Dafür hat Professor van Helsing einen Auftritt. Letztendlich lässt sich relativ schwer bestimmen, wie viel von „Dracula“ als Teil der Vorgeschichte passiert, allerdings kann man wohl davon ausgehen, dass die Handlung des Romans zumindest in groben Zügen passiert ist, nur mit dem Unterschied, dass Dracula gewonnen hat. Außer van Helsing und Mina wird von den Romanfiguren nur noch Jonathan Harker namentlich erwähnt. Die Vampire, die in der ersten Staffel tatsächlich vorkommen, sind größtenteils eher von der ziemlich hirnlosen Sorte (einer erinnert vage an Graf Orlok aus „Nosferatu“), sie sind lediglich Marionetten eines Meisters, dessen Name in der ersten Staffel noch nicht genannt wird – aber es weiß ohnehin jeder, wer dahintersteckt. Ich denke, zukünftige Staffeln werden enthüllen, wie viel „Dracula“ tatsächlich in „Penny Dreadful“ steckt.

Obwohl ich zugeben muss, dass ich den Grafen durchaus gerne bereits gesehen hätte, ist der Schachzug, ihn noch nicht in dieser Staffel einzuführen, ein ziemlich kluger: Dracula ist die wohl populärste Horrorgestalt, sein Präsenz hätte wahrscheinlich alles andere überschattet. Da die anderen Figuren nun jedoch eine Staffel Zeit hatten, sich zu etablieren, dürfte Draculas Auftritt zu einem späteren Zeitpunkt besser umsetzbar sein.

Frankenstein
Gerade hier trifft die „Adaption in groben Zügen“ noch mehr zu als bei „Dracula“, wo der Roman immerhin passiert sein könnte. Rein handlungstechnisch werden nur die Grundideen übernommen: Victor Frankenstein baut ein Monster aus Leichenteilen (wohl aber nicht, wie bei Shelley, an der Uni Ingolstadt). Tatsächlich baut er zu Beginn der Staffel bereits seine zweite Kreatur, Proteus (Alex Price), nachdem er mit der ersten Schöpfung, die später von einem Schauspieler (Alun Armstrong), der sich ihrer annimmt, den Namen Caliban bekommt, nicht zufrieden war. Von Frankensteins familiärem Hintergrund, der im Roman eine wichtige Rolle spielt, findet sich in der Serie nichts. Caliban dagegen ist, auch wenn er eigentlich zu attraktiv ist, von der Figurenkonzeption her mit dem Monster des Romans ziemlich genau identisch. Wie dieses ist auch Calbian gleichzeitig sowohl intelligent und sensitiv als auch brutal, wenn er verletzt wird oder nicht bekommt, was er will.

Dorian Gray
Dorian Gray bleibt als Figur die gesamte erste Staffel über sowohl ziemlich mysteriös als auch ziemlich unbeteiligt. Er agiert zwar mit den Figuren, vor allem Vanessa Ives und Ethan Chandler, aber mir hat sich weder sein Zweck noch seine Rolle im Plot wirklich offenbart, es ist unheimlich schwer zu sagen, in welche Richtung er sich im Verlauf entwickeln könnte, ob er Verbündeter oder Feind der Protagonisten wird. Auch hier scheint vor allem die Grundprämisse des Romans übernommen worden zu sein. Anspielungen oder weitere Inhalte von Wilde finden sich kaum. Was es mit Dorian Gray auf sich hat, versteht man allerdings nur, wenn man den Roman kennt, der zumindest in Deutschland weniger bekannt ist als „Frankenstein“ oder „Dracula“. Gray selbst pflegt in der Serie zwar einen hedonistischen Lebensstil und hat sowohl mit Vanessa Ives als auch mit Ethan Chandler Sex, zeigt aber, zumindest bisher, noch nichts von Dorian Grays wirklich düsteren Seiten.

Allgemeine Umsetzung
Was nach Sichtung der ersten Staffel vor allem auffällt ist, dass die einzelnen Handlungsstränge die ganze Zeit über parallel ablaufen, aber kaum Auswirkungen aufeinander haben. Victor Frankenstein und Ethan Chandler sind Vanessa Ives und Malcolm Murray zwar im Hauptplot behilflich, ihre eigenen Handlungsstränge sind aber fast völlig separiert. Dorian Gray wiederum hat eigentlich keinen eigenen Handlungsstrang, sondern mischt sich immer wieder in die anderen ein, allerdings ohne einen wirklich großen Unterschied zu machen. Insgesamt wirkt das alles noch ein wenig orientierungslos. Dieser Kritikpunkt kann sich mit der nächsten Staffel allerdings sehr schnell relativieren, sofern sich die einzelnen Handlungsstränge stärker miteinander verknüpfen und klar wird, wohin sich Dorian Gray bewegt.

Insgesamt ist das aber auch eigentlich schon der größte Kritikpunkt. Ich hätte mir noch mehr Anspielungen an die Vorlagen gewünscht, in den Rückblicksszenen mit Mina und Vanessa hätte noch ein kurzer Auftritt von Lucy Westenra platziert werden können, man hätte Basil Hallward oder Henry Wotton erwähnen können – eben kleine Anspielungen, um Fans eine Freude zu machen. Von diesen Kritikpunkten abgesehen reiht sich „Penny Dreadful“ allerdings hervorragend in die Riege der aktuell laufenden, qualitativ hochwertigen Horror-Serien wie „American Horror Story“ oder „Hannibal“ ein, sofern man sich an einigen Übertreibungen und einem gewissen Mangel an Subtilität nicht stört.

Vor allem schauspielerisch trumpft die Serie auf, die Leistungen aller Beteiligten sind durchweg exzellent. Wie bei einer derartigen Serie nicht anders zu erwarten sind so ziemlich alle Figuren sehr zwielichtig, haben dunkle Geheimnisse und melodramatische Hintergründe – dass dies alles funktioniert, ist in erster Linie den Schauspielern zu verdanken. Eva Green muss noch einmal gesondert genannt werden, denn ihr wird hier wirklich einiges abverlangt. Vor allem ihre Besessenheitsszenen sind meisterhaft und mit Sicherheit die eindrucksvollsten seit langer Zeit, vielleicht sogar die eindrucksvollsten seit „Der Exorzist“ – und Greens Gesicht wurde dabei nicht derartig elaboriert dämonisiert, wie es bei Linda Blair der Fall war.

Die Atmosphäre ist ein weiterer, dicker Pluspunkt der Serie, das viktorianische London wird gekonnt und düster in Szene gesetzt, die Kulissen, von Dorian Grays Haus bis zum Grand Guignol, sind sehr beeindruckend und ganz allgemein wird optisch einiges geboten, im Verlauf der acht Episoden nimmt die alpraumhafte Intensität der Bilder stetig zu. Abel Korzeniowskis eindringliche, tragische und düstere Musik tut ihr Übriges.

Fazit: Obwohl die einzelnen Handlungsstränge noch ein wenig orientierungslos wirken, hat „Penny Dreadful“ insgesamt eine vielversprechende erste Staffel, die vor allem durch schauspielerische Glanzleistungen und eine grandiose Atmosphäre überzeugt. Für schwache Nerven ist sie allerdings definitiv nichts, die FSK-16-Bewertung wird in mehr als einer Hinsicht voll ausgereizt.

Intro
Trailer

Skyfall – Soundtrack

skyfall
Tracklisting:

01. Grand Bazaar, Istanbul
02. Voluntary Retirement
03. New Digs
04. Severine
05. Brave New World
06. Shanghai Drive
07. Jellyfish
08. Silhouette
09. Modigliani
10. Day Wasted
11. Quartermaster
12. Someone Usually Dies
13. Komodo Dragon
14. The Bloody Shot
15. Enjoying Death
16. The Chimera
17. Close Shave
18. Health & Safety
19. Granborough Road
20. Tennyson
21. Enquiry
22. Breadcrumbs
23. Skyfall
24. Kill Them First
25. Welcome to Scotland
26. She’s Mine
27. The Moors
28. Deep Water
29. Mother
30. Adrenaline

Es gibt unleugbar etwas, das man als „DNA“ der Bond-Musik beschreiben könnte. Wie viele Franchises hat auch James Bond einen distinktiven Sound, was in Anbetracht der Tatsache, dass bereits sehr viele Komponisten Musik für 007 geschrieben haben, durchaus beeindruckend ist. Natürlich liegt das mitunter auch daran, dass die Verwendung des Bond-Themas vom Studio diktiert und vom Publikum erwartet wird, aber selbst, wenn man vom Bond-Thema absieht, gibt es gewisse Stilmittel, die einfach dazugehören, etwa die jazzigen Elemente, die mal mehr, mal weniger in den Vordergrund treten. Ein schönes Beispiel für gelungene Anwendung der „Bond-DNA“ findet sich in Richard Jacques Musik zu dem Bond-Spiel „Blood Stone“; dort wird das Thema zwar nicht verwendet, aber dennoch ist es unverkennbar Bond-Musik.
Freilich ist es nicht jedem der vielen Komponisten gleichermaßen gelungen, mit der von John Barry und Monty Norman geschaffenen grundsätzlichen Stilistik auch einen guten Soundtrack zu komponieren. Eric Serra, der Komponist des Brosnan-Debüts „GoldenEye“, ist in meinen Augen zum Beispiel grandios gescheitert (den von Tina Turner gesungenen Titelsong natürlich außen vorgelassen). Als „Erbe“ John Barrys, der bis dato die meisten Bond-Filme vertont hat und für viele DER Bond-Komponist ist, gilt David Arnold, der den Sound des modernen Bond prägte, das Ganze rockiger gestaltete und sowohl für die restlichen drei Brosnan-Bonds als auch für „Casino Royale“ und „Quantum Trost“ verantwortlich ist. Während ich mit den älteren Bond-Soundtracks außerhalb des ikonischen Themas kaum vertraut bin, finde ich vor allem das, was Arnold für die Craig-Bonds komponiert hat, äußerst gelungen.
Sam Mendes, der Regisseur des neuesten Bond-Films „Skyfall“, griff allerdings nicht auf Arnold, sondern auf seinen Stammkomponisten Thomas Newman zurück. Leider bin ich mit Newmans anderen Werken nicht vertraut, allerdings bin ich durchaus geneigt den Stimmen zu glauben, die behaupten, dass seine Musik für „Skyfall“ viele der Stilmittel enthält, die er auch sonst gerne verwendet. Auf jeden Fall enthält seine Musik weniger vom typischen Bond-Sound als das, was David Arnold für den Agenten mit der Lizenz zum Töten komponiert hat. Der größte Pluspunkt ist Newmans äußerst gelungene Verwendung des Bond-Themas, das meistens recht subtil eingesetzt wird (wenn auch nicht ganz so subtil wie in „Casino Royale“). Im Auftaktstück Grand Bazaar, Istanbul arbeitet Newman das Thema beispielsweise immer wieder fragmentarisch ins Action-Underscoring ein, und auch in New Digs und Day Wasted sind subtile Anspielungen herauszuhören. In Komodo Dragon, The Bloody Shot und Enquiry taucht es schon ein wenig stärker auf, und in Breadcrumbs (welches die nostalgisch aufgeladene Aston-Martin-Szene untermalt) erklingt es voll. Weitere, heroische Fragmente sind in She’s Mine zu hören.
Ansonsten besticht Newmans Musik vor allem durch interessantes Action-Scoring und der Verwendung einer eher unkonventionellen Instrumentiertung (zusätzlich zu viel Elektronik), was vor allem im bereits erwähnten Grand Bazaar, Istanbul seine Wirkung durchaus nicht verfehlt, an anderen Stellen aber eher Fehl am Platz ist und des Öfteren dafür sorgt, dass die Musik einfach nicht nach Bond klingt. Newman scheint sich im Allgemeinen eher für orchestrale Strukturen denn für Leitmotive zu interessieren, denn außer dem Bond-Thema gibt es praktisch keines. Dies ist vor allem in Anbetracht des Titelsongs sehr Schade, da sich die von Adele und Paul Epworth komponierte Melodie wunderbar als Thema für Bonds innere Konflikte geeignet hätte. Zugegebenermaßen ist es nicht Newmans Schuld, dass es nur in Komodo Dragon eine Score-Adaption des Liedes gibt, da es nicht rechtzeitig fertig wurde; besagtes Stück wurde nachträglich komponiert. Was man Newman allerdings vorwerfen kann ist, dass er keinen adäquaten Ersatz geschaffen hat – oder überhaupt eine leitmotivische Struktur. Das einzige Element, das in diese Richtung geht, ist eine ziemlich simple Blechbläserfigur, die in Voluntary Retirement und Mother auftaucht und wohl M gilt. Eine andere, sich wiederholende Figur taucht öfter in den Action-Stücken auf, etwa in Grand Bazaar, Istanbul bei 1:10 oder in The Bloody Shot bei 2:38, vielleicht handelt es sich dabei um ein Gefahren-Motiv, vielleicht ist es auch nur Zufall. Möglicherweise gibt es noch weitere wiederkehrende Motive, aber mir ist zumindest nichts aufgefallen, markante Themen gibt es jedenfalls keine. Newman verlässt sich fast ausschließlich auf Underscoring und vernachlässigt die narrativen Elemente des Scores, mit Ausnahme seiner Anwendung des Bond-Themas, sträflich.
Fazit: Thomas Newman bleibt als Bond-Komponist, trotz passender Anwendung des klassischen Themas, leider weit hinter David Arnold zurück. „Skyfall“ mangelt es außerhalb des Adele-Songs sowohl an Identität als auch an narrativen Qualitäten.

Siehe auch:
Skyfall

Skyfall


Story: Nach einer missglückten Mission in Istanbul, bei der er von seiner Kollegin Eve (Naomie Harris) angeschossen wurde, gilt James Bond (Daniel Craig) als tot und schlägt sich mit der psychischen Belastung des verpatzten Einsatzes herum. Währenddessen muss sich M (Judi Dench) mit internen Ermittlungen und dem Quasivorgesetzten Gareth Mallory (Ralph Fiennes) herumschlagen. Bond kehrt trotz seines angeschlagenen Zustands schließlich zum Dienst zurück, als das MI6-Gebäude angegriffen wird, um diesbezüglich Ermittlungen anzustellen. Die mysteriöse Sévérine (Bérénice Lim Marlohe) führt ihn schließlich zu Raoul Silva (Javier Bardem) einen Ex-MI6-Agenten, der mit M noch eine offene Rechnung hat…

Kritik: Unglaublich aber wahr, „Skyfall“ ist der erste Bond-Film, den ich im Kino gesehen habe. Um ehrlich zu sein, mit den „klassischen“ Bond-Streifen von Connery bis Brosnan konnte ich nie allzu viel anfangen. Doch dann kam „Casino Royale“, düster, realistischer und mit einem weitaus menschlicheren und verletzlicheren Bond. „Casino Royale“ gefiel mir richtig gut und weckte mein Interesse am Stoff. „Ein Quantum Trost“ war dagegen eher mäßig, zwar amüsant und unterhaltsam, aber insgesamt zu wenig Substanz und zu viel Kameragewackel. Nun, vier Jahre nach „Ein Quantum Trost“, war ich der Meinung, dass es an der Zeit für einen 007-Kinobesuch ist, und welcher Film würde sich dazu besser eignen als derjenige, der das 50. Jubiläum der Filmfigur zelebriert.
Man merkt, dass sich Regisseur Sam Mendes dieses Jubiläums sehr bewusst war, denn „Skyfall“ soll etwas Besonderes sein. Während die ersten beiden Bond-Streifen mit Daniel Craig auf viele der Bond-typischen Elemente verzichteten, wird in „Skyfall“ der normale Status Quo wieder hergestellt, was vor allem durch die Rückkehr von Q deutlich wird. Ben Wishaw legt die Rolle mit enormem Potential an, das in diesem Film allerdings noch nicht voll ausgeschöpft wird. Macht aber nichts, der 24. Bond ist mit Sicherheit schon in den Startlöchern.
Außerdem markiert der Film auch das Ende einer Ära und ist darüber hinaus gespickt mit Verweisen und Anspielungen. Das alles sagt allerdings noch nichts über die Qualität von „Skyfall“ aus. Hier kann ich allerdings Entwarnung geben: Zwar kommt „Skyfall“ in meinen Augen nicht ganz an „Casino Royale“ heran – der erste Craig-Bond war einfach noch etwas intensiver und gelungener – ist aber sehr viel mehr als zufriedenstellend und übertrifft „Ein Quantum Trost“ problemlos. Bond Nummer 23 weiß ab der ersten Minute zu fesseln und überzeugt mit der Einführungsaction, die gottseidank völlig ohne wacklige Handkamera auskommt. Tempo und Spannung halten den ganzen Film durch, ohne dass er überladen oder gehetzt wirken würde, die Action und die Effekte sind vom Feinsten, die Schauplätze abwechslungsreich und auch sonst passt alles.
Wie auch in „Casino Royale“ ist Bond sehr viel menschlicher als in den früheren Filmen. Daniel Craig beweist ein weiteres Mal, dass er genau der richtige Schauspieler für diese Interpretation der Figur ist.
An manchen Stellen merkt man den Einfluss von Chris Nolans Dark-Knight-Filmen, an denen sich Sam Mendes laut eigener Aussage grob orientiert hat, allerdings ohne sie plump zu kopieren. Wie in „The Dark Knight Rises“ haben wir es mit einem angeschlagenen Protagonisten zu tun, der nicht ganz auf der Höhe seiner Kräfte ist. Javier Bardems Silva erinnert zumindest indirekt ein wenig an den Joker, vor allem was seine Präsenz angeht, allerdings, wie gesagt, ohne eine plumpe Kopie zu sein. Der deutlichste Verweis dürfte sein Vorgehen sein: Eine vorgetäuschte Gefangennahme, die ihn zu seinem Ziel bringt. Ganz allgemein ist Silva ein toller Schurke, der von Bardem hervorragend dargestellt wird. Sehr interessant ist dieses Mal, dass die Bedrohung nicht von einer weltumspannenden Verbrecherorganisation wie Quantum ausgeht. Silva ist eher ein Freelancer (vielleicht so etwas wie ein Consulting Criminal?), dessen Motivation eine sehr persönliche ist: Rache. Silva ist weniger kalkulierend als beispielsweise Le Chiffre und hat eine wahnsinnige Ader, was ihn unberechenbarer und fast noch gefährlicher macht. Er ist nicht so filmbeherrschend wie der Joker, was in diesem Fall aber auch nicht angemessen wäre; „Skyfall“ ist viel eher ein Ensemblestück, in dem alle Darsteller, von Naomie Harris über Ben Wishaw bis zu Ralph Fiennes, Gelegenheit bekommen zu glänzen.
Lediglich Bondgirl Bérénice Lim Marlohe ist ausschließlich schmückendes Beiwerk, wird sehr schnell nach ihrem ersten Auftritt wieder abserviert und ist eigentlich unnötig. Dafür kann Marlohe allerdings nichts, das ist eindeutig dem Drehbuch zur Last zu legen. Das eigentliche Bondgirl des Films ist sowieso M, die hier im Mittelpunkt steht und vor allem im letzten Drittel sehr viel mehr tut, als nur Anweisungen zu erteilen. Dass Judi Dench dabei exzellent ist, muss wohl kaum erwähnt werden.
Sehr schön sind auch die Elemente der Rückbesinnung. In seiner ersten Hälfte ist „Skyfall“ ein sehr moderner Actionfilm, Silva ist ein begnadeter Hacker, gegen den Q versucht anzukommen. In der zweiten Hälfte könnte man „Skyfall“ fast schon als „Old-School“ bezeichnen, der Showdown auf dem alten Familiensitz der Bonds hat wenig Brimborium und ist sehr emotional, atmosphärisch und direkt. Die beiden kleinen Schlusstwists sind zwar recht vorhersehbar, aber dennoch allerliebst.
Fazit: Der Jubiläums-Bond weiß zu überzeugen und zu begeistern und könnte diejenigen, denen „Casino Royale“ und „Ein Quantum Trost“ zu Bond-untypisch waren, wieder versöhnen. Vollste Empfehlung.

Trailer

Siehe auch:
Skyfall – Soundtrack