Die Untoten

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Ich stehe auf schöne Bücher und habe mir auch schon Exemplare primär aus ästhetischen Gründen angeschafft. Ein grundlegendes Interesse am Inhalt sollte natürlich schon vorhanden sein, aber wahrscheinlich hätte ich mir keinen Sammelband der Jules-Verne-Romane in englischer Übersetzung angeschafft, hätte er nicht diesen wunderschönen roten Ledereinband und sähe so grandios aus neben meinen anderen Exemplaren der Reihe „Barnes and Noble Leatherbound Classics“. Hin und wieder gibt es dann allerdings auch wirklich Glücksgriffe, die einen zufällig in der Buchhandlung geradezu anspringen, die wie für einen gemacht scheinen und bei denen sich Inhalt und Form perfekt ergänzen. „Die Untoten“ von Johan Egerkrans gehört zu diesen Glücksfällen.

Bei Johan Egerkrans handelt es sich um einen schwedischen Kinderbuchillustrator, dieses spezielle „Bilderbuch“ ist allerdings definitiv nicht für Kinder geeignet – dafür trifft es aber genau meinen Geschmack. Nicht nur sieht es mit dem schwarzen Leineneinband mit Goldprägung exquisit aus, der Inhalt ist auch wie für mich gemacht. Es handelt sich hierbei um eine Überblicksdarstellung diverser Untoter aus allen Teilen der Welt. Nach einer allgemeinen Einführung sind diese Wesen – Egerkrans konzentriert sich hier auf Untote aus Mythen und Legenden, nicht aus der moderneren Literatur – geografisch geordnet. Es beginnt mit den europäischen Kreaturen, die einem als Leser aus diesen Gefilden wohl noch am vertrautesten sind; Sukkubus, Strigoi, Nachzehrer, Banshee und Lamia haben es doch immer wieder in die Popkultur geschafft. Danach folgen die Untoten aus Afrika und dem Nahen Osten, aus Amerika sowie aus Asien und Ozeanien. Diese dürften im Mainstream weitaus weniger bekannt sein, selbst mir ist auf diesen Seiten das eine oder andere Wesen begegnet, von dem ich noch nie zuvor gehört habe.

Es handelt sich bei „Die Untoten“ um eine schöne bebilderte Überblicksdarstellung, die Texte zu den einzelnen Kreaturen gehen nicht besonders in die Tiefen, bieten aber einen guten und kompakten Überblick über das jeweilige Wesen. Das primäre Argument für dieses Buch sind ohnehin die Illustrationen von Johan Egerkrans und diese sind – in einem Wort – schlicht grandios. Egerkrans hat einen eher kantigen Stil, der an eine detaillierter Version der Zeichnungen von Mike Mignola erinnert und der zur Thematik des Werkes perfekt passt. Die Bebilderung ist bizarr, makaber, auf ihre ganz eigene Art aber wirklich wunderschön und unglaublich stimmig. Egerkrans gelingt es perfekt, diese Untoten aus den verschiedensten Kulturen passend einzufangen, sodass sie besagte Kultur entsprechend repräsentieren. Zugleich schafft er es, eine einheitliche, gotisch-romantische Stimmung zu erzeugen, die von der Einbandgestaltung unterstützt wird. Besonders angetan haben es mir Egerkrans‘ Interpretation der Lamia, des Asanbosam, des Wendigo, des Draug, der Manananggal und der Yuki Onna. Egerkrans hat auch die Götter und Kreaturen der nordischen Mythologie in ähnliche konzipierten Bänden umgesetzt – diese stehen bereits auf dem Einkaufszettel.

Fazit: Egal ob als Recherchestartpunkt, zur Inspiration oder nur zum Schmökern und Genießen, Johan Egerkrans‘ „Die Untoten“ ist eine wunderschöne und herrlich illustrierte Überblicksdarstellung der Geister, Blutsauger und Wiedergänger aus den Mythen der Welt, die sich kein Freund des Gotischen oder Makaberen entgehen lassen sollte.

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