„Hardhome“ ist ähnlich strukturiert wie „The Lion and the Rose“ in der letzten Staffel; etwa die erste Hälfte ist eine „normale“ Episode, während die letzte Hälfte komplett einem einzigen Schauplatz, dem titelgebenden Wildlingsdorf Hardhome, gewidmet ist. Und wie schon in „The Lion and the Rose“ funktioniert das auch hier sehr gut; tatsächlich gehört „Hardhome“ bisher zu den besten Episoden dieser doch eher durchwachsenen Staffel. Besonders interessant ist, dass sie den Fans an zwei Fronten Dinge gibt, die Martin uns bislang vorenthalten hat.
Meereen
Die erste dieser Fronten ist Meereen. Bereits in der letzten Folge haben sich Tyrion und Daenerys zum ersten Mal gesehen, jetzt bewirbt sich der Gnom um die durch Barristan Selmys Tod freigewordene Stelle als ihr neuer Berater. In typischer Tyrion-Manier besteht sein erster Rat an Daenerys darin, Jorah weder zu töten noch ihn erneut aufzunehmen – das heißt Exil Teil 2. Und Ser Jorah versucht dann auch noch, zum zweiten Mal in der Arena vor Daenerys zu kämpfen.
Die folgende private Konversation zwischen Tyrion und Daenerys ist definitiv gelungen und interessant, auch wenn Daenerys‘ Rad-Metapher nicht wirklich zutreffend ist, zumindest nicht auf lange Sicht, denn für gewöhnlich ist ein Haus durchaus länger „oben“, fast dreihundert Jahre lang war es das Haus Targaryen. Außerdem fehlen einige der wichtigen Häuser; gerade das Haus Martell war den Targaryens immer loyal, was bedeutet, dass Dany gute Chancen hätte, in Doran Martell einen Verbündeten zu finden.
King’s Landing
Trotz einiger Anpassungen und Vereinfachungen ist der Kings‘-Landing-Handlungsstrang doch derjenige, der in dieser Staffel am buchgetreusten umgesetzt wird, was besonders in dieser Folge deutlich wird. Hannah Waddingham als Septa Unella passt genau zu der Vorstellung, die ich beim Lesen von ihr hatte. Ähnlich wie in den Büchern erfahren wir von den sonstigen Ereignissen in King’s Landing nur aus zweiter Hand, nämlich von Qyburn. Unglücklicherweise schadet der Mangel an Details hier ein weiteres Mal, denn nach wie vor erscheint der Glaube ziemlich grundlos übermächtig, die Ursachen werden kaum erläutert. Dennoch, wie in den Romanen hat Kevan Lannister die Regentschaft übernommen, es fehlen allerdings die Tyrells und ihre Gefolgsmänner (etwa Randyll Tarly), vor allem, da sich Lord Mace Tyrell ja gerade auf dem Weg nach Braavos befindet.
Braavos
Arya (Maisie Williams) als Austernverkäuferin Lana
Arya nimmt ihre erste falsche Identität an, wie ich vermutet hatte noch ohne falsches Gesicht, sondern nur mit einer herkömmlichen Verkleidung. Wie in „A Feast for Crows“ posiert sie als Muschelverkäuferin, hat aber einen anderen Decknamen, statt „Cat von den Kanälen“ ist sie jetzt „Lana“. Weshalb der Deckname geändert wurde leuchtet mir nicht wirklich ein, allerdings wurde immerhin ein netter Hinweis auf die Buchidentität eingebaut; während Arya davon spricht, in den Kanälen ihre Muscheln zu verkaufen, springt eine Katze durch das Bild. Auch wird die Komplexität der Vorlage stark reduziert, funktioniert aber, anders als an vielen anderen Stellen in dieser Staffel, recht gut. Insgesamt mochte ich Aryas Streifzug durch die Straßen von Braavos, das Hineinfinden in ihre neue Identität und die Entdeckung des Ziels ziemlich gerne.
Winterfell
Sansa konfrontiert Theon, erfährt, was Ramsay ihm angetan hat, aber auch, dass Barn und Rickon noch am Leben sind. Die Frage ist, zu welchem Zweck. Die Boltons halten derweil einen Kriegsrat ab, bei dem Ramsay mit einer Sondermission beauftrag wird.
Castle Black
Noch eine kurze Szene, die im Grunde redundant ist, da sie noch einmal Dinge durchkaut, die wir ohnehin schon wissen: Olly hat es gegen die Wildlinge und fühlt sich verraten, weil Jon sie retten will, Sam versucht die Lage zu erklären, Olly will nicht begreifen. Kennen wir, wissen wir, weiter.
Hardhome
Karsi (Birgitte Hjort Sørensen)
Wie bereits erwähnt begibt sich die Serie hier wirklich in unbekanntes Territorium; in den Romanen ist Hardhome als Wildlingszuflucht zwar ebenfalls relevant, Jon delegiert die Rettung der dortigen Wildlinge allerdings an einen Offizier der Nachtwache; dieser hält ihn über die Fortschritte auf dem Laufenden, bis schließlich ein letzter Brief ankommt, der hastig geschrieben ist und von toten Dingen im Wald und im Wasser berichtet.
Jon und Tormund treffen sich in Hardhome mit den Anführern der Wildlinge, darunter der Lord der Knochen, der neue Magnar von Thenn Loboda (Zahary Baharov) und eine Frau namens Karsi (Birgitte Hjort Sørensen). Besonders Letztere empfinde ich als gelungene Ergänzung – selbstverständlich überlebt sie nicht, was ich, ehrlich gesagt, nicht gerade toll finde. Karsi wäre hervorragend dazu geeignet, zusätzliche weibliche und aktive Präsenz an der Mauer zu etablieren, und ehrlich gesagt, warum sollten die Wildlinge nicht eine Anführerin haben? Sie hätte gut die Rolle von Val, Mance Rayders „Schwägerin“ einnehmen können. Mal wieder eine vertane Chance. Immerhin, der Riese Wun Weg Wun Dar Wun, kurz Wun Wun (Ian Whyte), feiert ebenfalls sein Debüt.
Wie zu erwarten war wird die Verhandlung von Wildlingen und Nachtwache von den angreifenden Weißen Wanderern unterbrochen, die hier in einem noch nie gekannten Ausmaß Präsenz zeigen, und das nicht nur in der Form der bereits in Staffel 2 und 3 ausführlich gezeigten, bei denen es sich wohl lediglich um die unteren Ränge gehandelt hat. Hier sehen wir sowohl besser ausgerüstete Andere, die wohl so etwas wie hohe Offiziere sind, und den Night’s King, der in der vierten Folge der letzten Staffel bereits kurz zu sehen und der, nach allem was wir wissen, so etwas wie der Große Oberböse ist. Wie bereits zu Anfang erwähnt zeigt die Serie hier etwas, dass die Romane uns bislang vorenthalten haben: Eine erste größere Schlacht zwischen den Weißen Wanderern und den Menschen. Jon findet dabei etwas heraus, das Sam in den Romanen bereits vermutete: Nicht nur Obsidian hilft gegen die Weißen Wanderer, sondern auch Valyrischer Stahl (auch als „Drachenstahl“ bezeichnet).
Der Night’s King (Richard Brake)
Insgesamt fand ich die Inszenierung dieses Scharmützels ziemlich gelungen, auch wenn die offensichtlicheren Untoten noch immer etwas fehl am Platz wirken; dennoch funktionieren sie hier deutlich besser als die Ray-Harryhausen-Gedächtnisskelette aus dem Finale von Staffel 4. Darüber hinaus hat der Night’s King eine ziemlich beeindruckende Präsenz, ich hoffe, dass wir in der kommenden Staffel noch mehr von ihm erfahren, vielleicht sogar in Form von Flashbacks, schließlich ist sein Hintergrund (ein ehemaliger Lord Commander, eventuell ein Stark, verliebt sich in einen weiblichen Weißen Wanderer und macht sich zum „Night’s King“, um schließlich von den vereinten Kräften des Königs im Norden und des Königs jenseits der Mauer besiegt zu werden), höchst interessant.
Fazit: Die intensive, gut inszenierte, geschriebene und gespielte Schlacht in der zweiten Hälfte sorgt dafür, dass diese Folge sich an die Spitze der Staffel-5-Episoden setzt.