Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere – Analytische Rezension

botfaEine kleine Anekdote zu Beginn: Wer einen Blick auf die Tracktitel der Soundtrackalben der Hobbit-Trilogie wirft, wird merken, dass Shore, wie schon bei der HdR-Trilogie, auf diese Weise viele der Kapitelnamen von Tolkiens Roman untergebracht hat, 14 von 19, um genau zu sein. Für meine abschließende, ausführliche Besprechung von „Die Schlacht der fünf Heere“ habe ich mir die Überschriften der einzelnen Abschnitte dieses Mal vom Soundtrackalbum geliehen, da sie in meinen Augen wirklich wunderbar passen. Wie schon zuvor gehe ich nicht immer ganz streng chronologisch vor, sondern arbeite zum Teil auch nach zusammengehörenden Handlungssträngen. Und wie üblich gibt es zu Beginn einige allgemeine Beobachtungen.
„Die Schlacht der fünf Heere“ umfasst ziemlich genau das letzte Drittel des Romans, nämlich die Kapitel 14 bis 19, und beginnt dort, wo „Smaugs Einöde“ aufgehört hat, was ihm eine Sonderstellung unter allen Mittelerde-Filmen einräumt: Der letzte Teil der Hobbit-Trilogie ist der einzige Film dieses Franchise, der nicht mit einem Prolog in Form eines Rückblicks beginnt. Dies sorgt auch dafür, dass sich „Die Schlacht der fünf Heere“, trotz einer relativ einfach zu identifizierenden und ziemlich klassisch anmutenden Drei-Akt-Struktur, nicht wie ein kompletter Film anfühlt. Der erste Akt besteht dabei aus den ganzen Kriegsvorbereitungen und geht etwa bis zum Auftauchen von Dáin Eisenfuß, der zweite umfasst die titelgebende Schlacht, während der dritte das Finale auf dem Rabenberg und das Ende des Films beinhaltet.
Wie ich bereits in meiner kürzeren Kritik zum Film geschrieben habe, fand ich „Die Schlacht der fünf Heere“ zumindest gelungener als „Smaugs Einöde“ – dieses Urteil gilt vor allem den ersten beiden Akten des Films die, mit Abstrichen und Einschränkungen, im Großen und Ganzen ziemlich gelungen sind. Die meisten Probleme des Streifens häufen sich leider im Finale.

Fire and Water
In Anbetracht des Cliffhangers, mit dem der Vorgänger endete, ist es natürlich naheliegend, dass „Die Schlacht der fünf Heere“ direkt an diesen anknüpft, aber ein wenig fehlt ein Prolog schon. In den Weiten des Internets finden sich da auch durchaus brauchbare Ideen, so wäre es zum Beispiel interessant gewesen, das Treffen der Zwergenfürsten, von dem Thorin in „Eine unerwartete Reise“ erzählt, zu zeigen. Dabei hätte auch Dáin dem Zuschauer gleich vorgestellt werden können. Aber nun gut, dann eben kein Prolog. Stattdessen beginnt Smaug seinen Angriff auf Seestadt direkt. Bei Tolkien wird dies eher distanziert geschildert, was vor allem auch daran liegt, dass im Roman keine Figur dort ist, die den Leser interessiert – Bard wird hier erst vorgestellt. Im Film dagegen ist Smaugs Angriff intensiver und persönlicher gestaltet, und natürlich sind eigentlich sogar zu viele bekannte Figuren hier, neben Bard und seinen Kindern auch Tauriel, Fíli, Kíli, Bofur und Óin. Die Zwerge und Tauriel haben aber kaum etwas zu tun, was mich in meiner Ansicht bestärkt, dass ihr ganzer Subplot im Finale von „Smaugs Einöde“ ziemlich unnötig war.
Den Angriff und die anschließende Drachentötung finde ich im Große und Ganzen eigentlich ziemlich gelungen. Auch hier findet sich bei Tolkien nicht besonders viel, mit dem man arbeiten kann, Bard ist Teil einer Gruppe Bogenschützen und schafft es, Smaug abzuschießen, es gibt keine Windlanze und der schwarze Pfeil ist ein normaler Pfeil für den Bogen. Als Fan von Benedict Cumberbatches Darstellung des Drachen freut es mich, dass er auch noch einmal zu Wort kommen darf. Leider leidet die Szene unter einer für Jacksons Hobbit-Trilogie übliche Überdramatisierung, da Bard die Windlanze nicht erreicht und sich erst einen Ersatz macgyvern muss. Es ist wohl müßig zu erwähnen, dass Bain durch die Aktion eigentlich zumindest eine aufgeschnittene Wange haben sollte, wenn nicht viel mehr.
THE HOBBIT: THE DESOLATION OF SMAUG
Smaug (Benedict Cumberbatch) in den brennenden Trümmern von Seestadt

Nun denn, der Drache ist tot, für die Einwohner Esgaroths ist das aber nicht unbedingt ein Grund zu feiern, wer überlebt hat, hat dennoch so gut wie alles verloren, was der Film auch durchaus gut zeigt. Ebenfalls gelungen finde ich, wie Bard sich langsam und widerwillig in seine Führungsrolle einfindet – ganz allgemein finde ich Luke Evans hier noch besser als in „Smaugs Einöde“, er sorgt dafür, dass seine Figur zugleich glaubhaft und bodenständig bleibt, aber genug Charisma besitzt, sodass sich die Menschen von Esgaroth automatisch zu ihm als Anführer gezogen fühlen. Leider tritt an dieser Stelle nun auch einer der Problemfaktoren des Films auf, der den Namen Alfrid trägt. Während Stephen Frys Brügermeister zusammen mit Smaug das Zeitliche gesegnet hat (der Drache ist auf ihn drauf gefallen), hat sein von Ryan Gage gespielter Assistent leider überlebt und bekommt im Rest des Films viel zu viel Leinwandpräsenz, wohl vor allem, um die düstere Stimmung ein wenig mit Humor aufzulockern. Das Problem ist nur: Alfrid ist weder besonders witzig, noch besonders interessant, er ist lediglich ein unsubtiler, übertrieben dargestellter, absolut selbstsüchtiger Speichellecker, dessen Tiraden einfach nicht amüsant sind, selbst wenn er ein Korsett trägt.

Guardians of the Three
Ach ja, da war ja noch ein Subplot, Gandalf ist immer noch in Dol Guldur gefangen. Zum Glück schauen die Mitglieder des Weißen Rates persönlich vorbei, um ihn wieder zu befreien und Sauron auch gleich aus seiner Festung zu werfen.
Über diesen Angriff auf die Festung des Dunklen Herrschers schreibt Tolkien nicht sehr viel, in den Anhängen des HdR findet sich lediglich die Information, dass der Weiße Rat sich endlich darauf geeinigt habe, den Nekromanten anzugreifen, und dass es ihnen gelungen sei, diesen aus Dol Guldur zu verbannen. Wie genau man sich diesen Angriff vorzustellen hat, ob Galadriel und Elrond die Armeen von Lothlórien und Bruchtal in die Schlacht führten oder es sich um eine persönliche Konfrontation handelt, hat Tolkien nie festgelegt. Jackson, Walsh und Boynes entschieden sich letztendlich für Letzteres. Mit der grundsätzlichen Entscheidung bin ich einerseits zufrieden, und ich habe mich auch sehr auf diese Szene gefreut, andererseits ist die Umsetzung allerdings sehr zwiespältig – wie so oft in der Hobbit-Trilogie ist Jacksons mal wieder übers Ziel hinausgeschossen. Das betrifft vor allem die Nazgûl, bzw. den Kampf mit ihnen, und Galadriel. Gerade bezüglich der Ringgeister hätte ich mir etwas Abstrakteres gewünscht – schließlich sollte man sie ja in der materiellen Welt überhaupt nicht sehen können. Zum Beispiel hätten sie als sich verformende, schwarze Schattengebilde dargestellt werden können, quasi als Teile von Saurons Nekromanten-Form. So, wie sie jetzt sind, erinnern sie an die Armee der Toten aus „Die Rückkehr des Königs“, wenn auch weniger grün. Das ist besonders schade, weil sich in dem Begleitbuch „Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere – Kunst & Gestaltung“ einige sehr interessante Entwürfe finden. Auch die Art des Kampfes gegen die Neun behagt mir nicht besonders, die Auseinandersetzung wirkt viel zu Martial-Arts-mäßig und irgendwie schlicht unpassend.
med_1421083787_imageGaladriel (Cate Blanchett), die so aussieht, als sei sie gerade aus einem Fernseher gekrochen

Und schließlich wäre da noch die eigentliche Vertreibung Saurons durch Galadriel. Anders als viele andere finde ich es wenige bedenklich, dass Galadriel den Dunklen Herrscher fast im Alleingang besiegt, wenn man sich den Rest von Tolkiens Legendarium ansieht (ich denke da vor allem an den Kampf Fingolfins gegen Morgoth und die Tatsache, dass die Elbenfürsten des Ersten Zeitalters, zu denen Galadriel letztendlich ja auch gehört, durchaus in der Lage waren, es mit Balrogs aufzunehmen), passt das durchaus, auch wenn ich mir noch ein wenig mehr Zusammenarbeit des Weißen Rates gewünscht hätte. Was mich stört, ist die Art und Weise, wie die Vertreibung inszeniert ist. Oder, genauer: Warum sieht Galadriel aus, als wäre sie gerade aus einem Fernsehr gekrochen, nachdem jemand eine Woche zuvor ein bestimmtes Video angeschaut hat? Galadriel im dunkle-Königin-Modus halte ich an dieser Stelle für fehlplatziert. In „Die Gefährten“ war es die Verführungsmacht des Einen Ringes, der diese Verwandlung bewirkt hat. Hier benutzt sie allerdings nur Nenya, ihren Elbenring, den Sauron niemals berührt hat und über den er nur Macht hat, wenn er den Einen Ring am Finger trägt.
Ein weiteres Problem mit dieser Szene ist, dass sie vom Rest völlig losgelöst scheint und so wirkt, als wolle Jackson sie nur schnell abhaken. Dieser Eindruck entsteht vor allem, weil später praktisch kein Bezug mehr auf sie genommen wird, vielleicht kann die Special Extended Edition hier ja Abhilfe schaffen.
Noch eine kleine Anekdote zum Schluss: Zu Beginn der Szene sieht man kurz den ursprünglichen, von Conan Stevens dargestellten Azog/Bolg. Und ja, ich bin nach wie vor der Meinung dass er weitaus besser gewesen wäre als die jeweilige Motion-Capture-Version der beiden.

Dragon-sickness
Während die heimatlosen Bewohner von Seestadt in den Ruinen von Thal nach Schutz suchen und sich Elbenfürsten, Maiar und Ringgeister in Dol Guldur bekämpfen, nehmen die Zwerge den Erebor in Besitz. In der Tat finden sich hier auch die mitunter besten Szenen des Films, denn die Erebor-Abschnitte gehören ganz eindeutig Richard Armitage, der den immer wahnsinniger werdenden Thorin grandios verkörpert, sowie Martin Freeman, dessen Bilbo konstant mit sich hadert, ob er seinem Freund den Arkenstein nun aushändigen soll oder nicht. Gerade die Eichelszene ist diesbezüglich wunderbar gelungen: So sieht eine gute, passende Erweiterung des Quellenmaterials aus. Genau derartige Szenen hätte es in „Smaugs Einöde“ gebraucht, anstatt der unnötigen Drachenhatz oder des Liebesdreiecks. Auf diese Weise hätte man auch gut die Beziehung Thorin/Bilbo entwickeln können: Am Ende von „Eine unerwartete Reise“ verdient sich Bilbo Thorins Respekt und in „Smaugs Einöde“ steigert sich die gegenseitige Sympathie – um wie viel stärker wären etwa der Höhepunkt von Thorins Wahnsinn (als er versucht ist, Bilbo zu töten), seine Todesszene oder Bilbos Ausspruch bei der Auktion, Thorin sei sein Freund, gewesen, hätte der Aufbau hierfür schon in „Smaugs Einöde“ stattgefunden. Nun ja…
THE HOBBIT: THE BATTLE OF THE FIVE ARMIES
Thorin (Richard Armitage), König unter dem Berg

Was viele in diesem Zusammenhang kritisiert haben, ist Thorins Überwindung der Drachenkrankheit, sowohl was Geschwindigkeit als auch die eigentliche Überwindungsszene anging, wobei ich allerdings ehrlich sagen muss: Das hat mich kaum gestört. In der Tat scheint das vor allem ein Kritikpunkt von Nichtbuchlesern zu sein. Wer Tolkiens Roman kennt, weiß, dass das dort praktisch überhaupt nicht thematisiert wird, Thorins wachsender Wahnsinn wird eher berichtet denn detailliert geschildert, und nachdem Bilbo aus dem Erebor verschwunden ist, gibt es von dieser Front überhaupt nichts mehr, das nächste Mal tauchen Thorin und Kompanie auf dem Höhepunkt der Schlacht wieder auf, und dann gibt es noch eine letzte Unterhaltung zwischen ihm und Bilbo auf seinem Totenbett. Von einer wirklichen Entwicklung oder Überwindung kann hier keine Rede sein, insofern wurde dieser Teil gegenüber der Vorlage schon stark erweitert, und ehrlich gesagt hat mir die Szene mit dem symbolischen Versinken in Gold recht gut gefallen. Hätte Jackson das Ganze noch besser, ausführlicher und subtiler darstellen können? Höchstwahrscheinlich, aber angesichts der anderen Schwächen des Films bin ich mit diesem Subplot im Großen und Ganzen ziemlich zufrieden.

The Gathering of the Clouds
Da ich auch diesen Teil des Films ziemlich gerne mag, fangen wir gleich mit dem Unangenehmen an, nämlich einem weiteren, völlig unnötigen Subplot: Tauriel und Legolas gehen nach Gundabad. Warum? Weil sie bis zum letzten Drittel des Films sonst nichts zu tun haben. Das Beste, was sich über diesen Handlungsstrang sagen lässt, ist, dass er wenigstens nicht viel Platz einnimmt, ansonsten gehört er zu den schlechtesten Streckungen. Schon allein geographisch ergibt das überhaupt keinen Sinn, inhaltlich ist das Ganze auch so unnötig wie ein Kropf (die aus Gundabad kommende Armee wird später von Beorn und den Adlern innerhalb von weniger als fünf Minuten besiegt, sodass es praktisch kaum einen Unterschied macht) und darüber hinaus finden sich hier auch noch mitunter die schlechtesten Dialoge, die Jackson und Co. wohl jemals verfasst haben. „These bats are bred for a single purpose.“ „Which purpose?“ „For war.” In „Die zwei Türme“ war das ähnliche Zitat immerhin noch halbwegs passabel (wenn auch da schon ein wenig plakativ), hier ist der Dialog einfach nur noch peinlich.
Dain
Dáin Eisenfuß (Billy Connolly)

Aber wenden wir uns dem angenehmeren Teil zu: Bards weiteres Hineinwachsen in seine Rolle als Anführer, Thranduils Auftauchen, die Kriegsvorbereitungen und letztendlich die Verhandlung – all das hat mir ziemlich gut gefallen, was wohl in erster Linie Luke Evans und Lee Pace zu verdanken ist. Vor allem aber sind dies wirklich sinnvolle Erweiterungen, Tolkien deutet das meiste davon nur an, der Film gestaltet es aus und gerade hier ist das auch ziemlich gut gelungen. Der Höhepunkt ist natürlich Bilbo, der Thranduil und Bard den Arkenstein bringt, allein wegen des Zusammenspiels von Ian McKellen, Lee Pace, Luke Evans und Martin Freeman – das sind die Momente, in denen der Geist der Vorlage am deutlichsten hervortritt und die einem vor Augen führen, wie gut die Hobbit-Filme hätten werden können.
Lediglich Alfrids weitere Präsenz nervt nach wie vor, wobei ich hier differenzieren muss: Es gibt zwei gelungene Alfrid-Szenen, die in der Tat durchaus ein wenig passenden Humor in den Film bringen: Die Elbenarmee, die sich an ihm vorbeigeschlichen hat, und der verschwundene Bilbo. Diese beiden Szenen sind lustig, weil sie nicht erzwungen wirken, sondern natürlich und subtil sind. Alle anderen Auftritte von Alfrid sind dagegen völlig übertrieben und hätten am besten ersatzlos der Schere zum Opfer fallen sollen, vor allem, weil sie Zeit fressen, die an anderer Stelle fehlt. So hätte ich zum Beispiel lieber mehr von Dáin Eisenfuß gesehen. Ja, bei Tolkien bekommt der Herr der Eisenberge auch nicht viel mehr Platz, aber das ist eine Figur, bei der sich Erweiterungen auch wirklich lohnen würden, denn mir gefällt Billy Connollys Interpretation des Charakters durchaus gut (so schottisch). Interessanterweise ist er der erste digitale Zwergencharakter, was mir beim ersten Kinobesuch eher unangenehm aufgefallen ist, während es beim zweiten weniger offensichtlich schien.

The Battle for the Mountain
Die eigentliche, titelgebende Schlacht beginnt, als sich die Heere der Zwerge und Elben (Letzteres unterstützte von den Menschen von Seestadt) gerade aufeinander stürzen wollen und die Orks wie aus dem Nichts auftauchen.
Klären wir nun zuerst einmal, was mit den fünf Heeren überhaupt gemeint ist. Auf der Seite der freien Völker gibt es keine Probleme: Elben, Menschen, Zwerge. Bei den Dienern des Bösen finden sich allerdings Änderungen gegenüber der Vorlage, im Roman waren es ein Wargheer und ein Orkheer, während es hier zwei Orkheere sind, das, mit dem Azog anrückt und das bereits erwähnte Ersatzheer aus Gundabad. Von Wargen ist während der Schlacht im Film überhaupt nichts zu sehen, stattdessen gibt es aber Trolle, die allesamt weitaus weniger beeindruckend sind als ihre Vettern aus der Ring-Trilogie.
Ebenso ist der Grund für das anrückende Orkheer ein anderer. Bei Tolkien ist der auslösende Faktor der von den Zwergen verursachte Tod des Großork. Im Anschluss an diesen versammelt Bolg die Orkstämme des Nebelgebirges und rückt aus, sobald er von Smaugs Ende erfährt. Im Film wird Azog dagegen von Sauron mit der Eroberung des Erebor beauftragt.
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Thranduil (Lee Pace), bereit für die Schlacht

Die Schlacht selbst ist, trotz einiger Logikprobleme, ganz in Ordnung, allerdings fehlt ihr sowohl die Intensität der Schlacht um Helms Klamm als auch die schiere Größe der Schlacht auf den Pelennorfeldern. Der interessanteste Aspekt ist, dass die Orks dieses Mal sehr viel strategischer vorgehen, nicht zuletzt Dank einer durchaus ausgefeilten Signalmechanik. Nebenbei, Azog ist in diesem Film optisch eindeutig am gelungensten, vor allem gegenüber „Eine unerwartete Reise“ wurden die Animationen des Charakters noch einmal deutlich verfeinert und mit Rüstung und Schwert-Prothese sieht er um einiges beeindruckender aus.
Leider gibt es immer wieder einige Aspekte, die das eigentlich halbwegs gelungene Kampfgeschehen runterziehen. Muss Dáin wirklich behelmte und gerüstete Orks mit bloßem Schädel ausschalten? Und wozu die Werwürmer (die wirklich verdammt nach „Dune“ aussehen), wenn sie in der eigentlichen Schlacht nicht einmal zum Einsatz kommen?
Aber es gibt aber auch viele gelungene Momente. Besonders einprägsam fand ich Thranduils Schock darüber, wie viele seiner Soldaten getötet wurden, und auch der Ausbruch von Thorin und Kompanie aus dem Berg hatte die gewünschte Wirkung, auch wenn ich an dieser Stelle noch einmal gerne das Misty-Mountains-Thema gehört hätte.

To the Death
Auch wenn die ersten beiden Akte alles andere als fehlerlos waren, waren sie doch zumindest im Große und Ganzen in Ordnung – die meisten Probleme des Hobbit-Finales sammeln sich, wie bereits erwähnt, im dritten Akt. Im Grunde ist es auch hier wieder die Vorlage (und Tolkiens Angewohnheit, sich nicht an dramaturgische Grundregeln zu halten), aus der das grundsätzliche Problem erwächst: Ein wirkliches Finale gibt es dort nicht. Die Schlacht wird sehr distanziert geschildert, vieles erfahren wir sogar erst im Nachhinein, und zu allem Überfluss wird der Protagonist auch noch ohnmächtig. Jackson, Walsh, und Boyens standen nun vor der Aufgabe, aus Tolkiens sehr knappen Schilderungen ein emotional mitreißendes Finale zu machen. Zu diesem Zweck wählten sie einige Figuren aus, die sie von der Hauptschlacht separierten, um ein intimeres und persönlicheres Finale zu bekommen. Dieses findet auf dem Rabenberg statt, bei dem es sich um einen im Roman erwähnten Aussichtsturm handelt, in der Tat verliert Bilbo dort auch in der Vorlage das Bewusstsein.
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Azog (Manu Bennett) überblickt sein Heer

Die Probleme des Finales fangen mit der Figurenauswahl an. Dass Thorin, Fíli und Kíli dort sein würden, war ziemlich klar, immerhin müssen sie noch den Heldentod sterben. Als Titelheld des Romans ist auch Bilbos Anwesenheit vonnöten, und dass Azog dort sein würde, war ebenfalls absehbar, denn wer sonst sollte als Thorins Endgegner fungieren? Aber Legolas, Tauriel und Bolg? Natürlich, dies setzt die unnötigen Handlungsstränge aus „Smaugs Einöde“ fort, und auch hier war klar, dass diese irgendwie beendet werden, aber leider mal wieder zugunsten von Charakteren, die die Leinwandzeit viel eher verdient hätten. Die Hauptschlacht vor den Toren des Erebor wird im dritten Akt völlig ausgeblendet, was bedeutet, dass Gandalf, Bard und neun von 13 Zwergen abwesend sind.
Beinahe ebenso problematisch ist, dass sich dieses Finale fürchterlich hinzieht und sich hier fast alle Negativaspekte der Hobbit-Trilogie noch einmal auf einem Haufen ansammeln: Unnötige Actionausdehnung, Stunts weit jenseits jeder physikalischen Glaubwürdigkeit (Legolas rennt eine abstürzende Treppe hinauf, die Feldermausaktion etc.) und die kontraproduktive Charakterisierung.
Werfen wir noch einmal einen Blick auf Tauriel. Wie ich schon mehrfach sagte, bin ich nicht grundsätzlich gegen diese Figur, ich denke, Evangeline Lilly spielt sie ganz in Ordnung, und wäre sie eine hinzugefügte Nebenfigur wie Gamling oder Lurtz in den HdR-Filmen, hätte ich mit ihr sicher kein Problem. Aber so, wie sie im fertigen Film ist, halte ich Tauriel letztendlich für kontraproduktiv, gerade unter dem Gesichtspunkt „weibliche Repräsentation“ bzw. „starke Frauenfigur“ – sie ist ganz schlicht und einfach ziemlich schlecht geschrieben und in die Geschichte integriert. In erster Linie wird sie über ihre Beziehung zu Männern definiert (Kíli, Legolas), verfügt kaum über eigenständige Charaktereigenschaften, muss während des Finales von Legolas gerettet werden und darf dann noch nicht einmal Bolg, der zuvor Kíli getötet hat, selbst den Garaus machen – auch das übernimmt Legolas. Wahrscheinlich überinterpretiere ich nur, aber auf mich wirkt das so, als sei das, was Bolg Legolas angetan hat (die blutige Nase in „Smaugs Einöde“), schlimmer als das, was er Tauriel angetan hat. Das ist wohl kaum im Sinne des Erfinders.
Dabei hätte man aus ihr relativ problemlos einen gut funktionierenden, autonomen Teil der Handlung machen können. Statt der flachen Romanze hätte sie einfach eine junge, aufgeschlossene Elbin sein können, die entdeckt, dass sie Thranduils Abneigung gegen alles nicht-elbische nicht teilt und dass Zwerge durchaus auch anständige Leute sein können. Statt Kíli aus Liebe zu folgen, hätte Thranduil sie (und meinetwegen auch Legolas) damit beauftragen können, den Zwergen zu folgen, schließlich hat er ja durchaus ein Interesse an ihrer Mission. Bei Smaugs Angriff helfen sie den Menschen von Seestadt (indem sie zum Beispiel Bards Kinder retten, ohne Athelas-Heilungsszene und am besten auch ganz ohne zurückgebliebene Zwerge), und anschließend kehren sie nach Smaugs Tod zu Thranduil zurück, um ihm Bericht zu erstatten und dann später mit ihm und der Elbenarmee wieder anzurücken. Während der Schlacht bekommen sie noch ein paar nette Actionszenen, und das war’s dann auch, keine Beteiligung am Finale, keine unverdiente Beförderung zu Hauptfiguren.
Ebenso wirken auch die anderen Kämpfe in die Länge gezogen, und vor allem die Tode von Fíli und Kíli sind erstaunlich unemotional inszeniert, vor allem, wenn man sich da die Todesszenen der HdR-Trilogie vor Augen führt. Und schließlich ist da noch das Auftauchen der Adler und Beorns, das so wirkt, als sei es nur da, weil es im Roman eben an dieser Stelle vorkommt, aber im Grunde macht es keinen Unterschied.
Der mit Abstand gelungenste Augenblick dieses Abschnitts ist Thorins Tod, was abermals vor allem an Richard Armitage und Martin Freeman liegt, zusammen mit der Übernahme von Tolkiens Dialog und dem Rückbezug auf die Eichelszene. Wäre nur der Weg dorthin nicht so holprig gewesen.

The Journey Home
Leider enden die Probleme nicht mit dem Rabenberg. Der Schluss des Films wirkt merkwürdig unfertig. Während Tauriel, Thranduil und Legolas gewissermaßen Abschiedsszenen erhalten, inklusive einer weiteren Holzhammerverbindung zum HdR (was hat Thranduil mit Arathorn zu tun?), kommen viele andere Figuren zu kurz. Bard sehen wir einmal kurz bei etwas, das ein Teil von Thorins Begräbnis sein könnte, und von Dáin bekommen wir auch nichts mehr mit. Dieses Ende wirkt geradezu unzweckmäßig grimmig und zeigt wieder einmal die gespaltene Natur der Hobbit-Filme. Hier haben wir einen Fokus auf Bilbo und den Verlusten. Nach allem, was wir wissen, könnte Dáin genauso gut tot sein, die Linie Durins wäre damit ausgelöscht, was mit Bard und den Menschen von Seestadt passiert, erfahren wir auch nicht, und alles was Bilbo letztendlich davon hat, ist die Bürde des Einen Rings und ein aufgelöster Hausstand. Genau das passt allerdings nicht wirklich zum Rest des Films mit seinem Zwergen-, Elben- und Menschenfokus, den Albernheiten und physikalischen Absurditäten. Natürlich kann eine Mischung aus ernst und humorvoll wirken, aber hier liegen die Pole einfach zu weit auseinander – ein weiterer Grund, weshalb die Hobbit-Trilogie, anders als die Verfilmung des HdR, niemals über die Summe ihrer Teile hinauswächst.
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Bilbo (Martin Freeman) ist nicht der, der er einmal war

Bleibt die Frage, wer dafür verantwortlich ist. Wollte Jackson eine ähnliche Reaktion wie bei „Die Rückkehr des Königs“ verhindern, als viele meinten, der Film habe zu viele Enden? In der Tat gibt es im Roman noch einen ganzen Haufen kurzer Abschiedsszenen, u.a. mit Bard, Thranduil, Beorn und Elrond. Oder waren es doch eher die Verantwortlichen bei Warner, die auf eine bestimmte Laufzeit pochten? Vielleicht schafft es ja die Special Extended Edition, das Ende des Films ein wenig runder zu machen.
Allerdings muss ich sagen, Bilbos Abschied von den Zwergen fand ich extrem gelungen. Optimal gespielt, eine schöne Umsetzung der Szene im Roman, subtil aber gleichzeitig emotional – gerade, wenn man sich den Anfang von „Eine unerwartete Reise“ in Erinnerung ruft. Wenn Bilbo sagt, die Zwerge dürften jederzeit und auch noch unangemeldet bei ihm auftauchen, ist das nach seinen Maßstäben wirklich etwas Besonderes.

Fazit:
Meinen bisherigen Fazits zu „Die Schlacht der fünf Heere“ (und der Hobbit-Trilogie im Allgemeinen) bleibt kaum etwas hinzuzufügen. Während der finale Teil zwar besser gelungen ist als „Smaugs Einöde“, gibt es doch immer noch massive Probleme bei Struktur, Figuren und, vor allem, Gesamtkonzept. Leider lassen sich die Parallelen zu den Star-Wars-Prequels kaum leugnen…

Siehe auch:
Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere
Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere – Soundtrack
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 1
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 2
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 3
Der Hobbit: Smaugs Einöde – Analytische Rezension
Die Hobbit-Trilogie: Resümee

Die Hobbit-Trilogie: Resümee

hobbittrilogy
Da die Hobbit-Trilogie nun komplett ist, wird es Zeit für eine abschließende Gesamtbetrachtung. Hierzu werde ich verschiedene Einzelaspekte der Filmreihe genauer beleuchten, bewerten und gegebenenfalls auch mit der HdR-Trilogie vergleichen denn, seien wir einmal ehrlich, die Hobbit-Filme fordern das ja schon geradezu heraus.

48 frames per second: Optik und Effekte
Beginnen wir gleich mit einem Knackpunkt, nämlich dem visuellen Stil der Hobbit-Filme, der stark von Peter Jacksons Entscheidung geprägt ist, die Trilogie in 3D und mit 48 Bildern pro Sekunde (statt der üblichen 24) zu drehen, völlig egal ob man sich als Zuschauer nun die Filme in 3D, 3D HFR oder ganz klassisch in 2D und mit 24 Bildern pro Sekunde angesehen hat. Die hohe Bildrate sorgt nämlich dafür, dass viele bewährte Techniken, die in der HdR-Trilogie eingesetzt wurden, nicht mehr funktionieren, allen voran der Einsatz der grandiosen Modelle und Miniaturen – bei 48 fps wäre einfach offensichtlich, dass es sich um Miniaturen handelt, also muss alles aus dem Computer kommen. Darüber hinaus sorgt das „Ultra-HD“ für einen sehr sauberen, mitunter fast schon sterilen und künstlichen Look. Je nach Film ist das prinzipiell nicht so tragisch, aber gerade im HdR bemühte sich Jackson, alles real und „dreckig“ wirken zu lassen. Die grundsätzliche Herangehensweise war: Mittlerde soll nicht wirken wie ein „typischer“ Fantasy-Film, sondern wie ein Historienepos. Ja, der „Hobbit“ ist ein Kinderbuch mit mehr fantastischeren Elementen, aber dennoch hätte ich mir gerade bei diesem Aspekt mehr Kontinuität gewünscht, weshalb ich letztendlich der Meinung bin, dass die 48 Bilder pro Sekunde eine Fehlentscheidung waren.
Gerade die Tatsache, dass in der HdR-Trilogie viele praktische Effekte zum Einsatz kamen, sorgte zumindest bei mir dafür, dass sich alles real und authentisch anfühlte. Besonders deutlich wird dies, wenn man die Orks betrachtet. Azog und Bolg, entstanden durch Motion-Capturing, sind einfach weit weniger einschüchternd als, sagen wir, Lurtz oder Grishnákh. Besonders deutlich wird das in den Szenen, in denen „echte“ Orks (ein paar davon tauchen in den Hobbit-Filmen noch auf) mit Azog interagieren.
Trotz allem gibt es bei den Hobbit-Filmen immer noch einiges an Handarbeit. Etwa im Vergleich zu den Star-Wars-Prequels setzt Jackson immer noch stark auf echte Sets (wie im Bonusmaterial der SEEs eindrücklich dokumentiert wird) und beeindruckende Landschaftsaufnahmen. Das Problem dabei ist lediglich, dass man sie kaum zu würdigen weiß, da alles durch Aufnahmetechnik und Weichzeichner eben künstlich wirkt. Dennoch gibt es gerade im Special-Effects-Bereich viel zu loben, allen voran die Umsetzung von Gollum und Smaug – beide sind in meinen Augen Beweise dafür, wie weit die Motion-Capture-Technik inzwischen fortgeschritten ist und was man mit ihr anstellen kann, besonders, wenn man Schauspieler hat, die sich richtig in den Prozess einbringen.

Far over the misty mountains: Die Musik
Auch hinsichtlich der Musik gibt es bei der Hobbit-Trilogie ein paar Probleme. Howard Shores Kompositionen für die HdR-Filme gehören für mich zu den besten Soundtracks überhaupt, die Musik der Trilogie war ein entscheidender Faktor für mein Interesse an Filmmusik und Leitmotivik. Kaum ein anderer Komponist beherrscht die Leitmotivtechnik in solchem Ausmaß wie Shore – und kaum eine andere Musik schafft es, mich derart emotional zu berühren.
Die Musik der Hobbit-Trilogie würde ich persönlich ein bis zwei Stufen unter der HdR-Musik ansiedeln. Das liegt zum einen an Shores leicht veränderter Vorgehensweise; während die Verknüpfungen der Leitmotive und die narrativen Techniken Shores nichts von ihrer Komplexität eingebüßt haben, sind die neuen Themen, die er für die Hobbit-Filme geschaffen hat, bis auf das Misty-Mountains-Thema (welches ja bekanntermaßen ohnehin von Plan 9 komponiert wurde), weniger eingängig und markant. Einer der Gründe, dass die HdR-Soundtracks sowohl den Score-Fan als auch den Mainstream-Filmmusikhörer ansprachen, war die perfekte Balance aus musikalischer und vor allem leitmotivischer Komplexität auf der einen und eingängiger, melodischer Themen auf der anderen Seite (obwohl Score-Fans natürlich auch Letzteres durchaus zu schätzen wissen). Die Hobbit-Soundtracks, vor allem die Musik von „Smaugs Einöde“ und „Die Schlacht der fünf Heere“, legt den Fokus aber stärker auf Ersteres, was es dem Gelegenheits-Filmmusikhörer schwieriger macht, „rein“ zu kommen.
Und zum anderen wäre da die Platzierung der Musik in den Filmen – hierfür kann Shore freilich nichts. Genaues weiß man diesbezüglich nicht, allerdings lässt sich anhand der Resultate erraten, dass es da einige Probleme welcher Natur auch immer gab. Ein Teil davon mag eventuell mit der Erweiterung von zwei auf drei Filmen zusammenhängen, es gab wohl allgemein zeitliche und logistische Probleme (weshalb die Musik von „Smaugs Einöde“ und „Die Schlacht der fünf Heere“ auch in Wellington und nicht in London aufgenommen wurde), und auch unterschiedliche Vorstellungen. So unterscheidet sich bei „Eine unerwartete Reise“ die Musik, die im Film zu hören ist, signifikant vom Soundtrack-Album, wobei man wohl davon ausgehen kann, dass das Album Shores ursprünglicher Vision entspricht – in jedem Fall ist es subtiler und besser durchdacht als das, was letztendlich im Film gelandet ist.
Für „Smaugs Einöde“ scheint Jackson sich dann wieder anders entschieden zu haben, denn vor allem im zweiten, aber auch im dritten Teil ist auffällig, wie viele Stellen plötzlich ohne Musik sind; unter Einbeziehung der bisherigen Mittelerde-Filme, die wirklich sehr viel Musik enthielten (und gerade deshalb für mich so gut funktionierten), ist das extrem viel, und ich finde, dass es den Filmen schadet, da es für mich die Emotionen mindert.
Ebenfalls seltsam ist, dass die in „Eine unerwartete Reise“ vorgestellten neuen Themen recht einseitig weiterentwickelt werden. Während die Leitmotive der Zwerge, der Waldelben und des Drachen Smaug (die letzten beiden werden im ersten Film nur angedeutet) auf phänomenale Weise weiterentwickelt werden, bleiben andere praktisch vollkommen auf der Strecke, so absolvieren die Themen für Bilbo nur noch Gastauftritte und das Misty-Mountains-Thema und Radagasts Thema werden vollständig fallen gelassen.
Unter Einbeziehung all dessen, was einem anderen Soundtrack gut das Genick hätte brechen können, muss allerdings gesagt werden, dass die Hobbit-Soundtracks zwar schwächer als die HdR-Scores sind, aber immer noch sehr viel stärker als fast alles andere. Shores Gespür für Leitmotive, Instrumentierung und interessante musikalische Texturen ist nach wie vor brilliant – allein, was er in der Trilogie mit Smaugs Thema alles anstellt sucht in der Welt der Filmmusik Seinesgleichen. Jeder der drei Hobbit-Soundtrack war für mich bisher jeweils der beste Soundtrack des Jahres, in dem er erschienen ist.

There are far too many dwarves in my dining room: Die Schauspieler
Wenn es einen Bereich gibt, in dem die Hobbit-Filme mit den HdR-Filmen gleichziehen oder sie vielleicht sogar übertreffen (momentan will ich da noch kein Urteil fällen, das mache ich vielleicht, wenn es möglich ist, alle sechs Filme im Heimkino mit relativ wenig Zeitabstand anzusehen), dann ist das die Schauspielerei. Denn einerseits kehren viele der besten Schauspieler der HdR-Trilogie wie Ian McKellen, Andy Serkis, Cate Blanchett, Christopher Lee oder Hugo Weaving in ihre alten Rollen zurück und spielen, als hätten sie nach dem Kinostart von „Die Rückkehr des Königs“ gleich weitergemacht, und andererseits hat Jackson es geschafft, eine beeindruckende Riege an Neuzugängen zu versammeln. Um ehrlich zu sein, Martin Freeman ist eindeutig mein Lieblings-Hobbit der Mittelerde-Hexalogie. Auch Richard Armitage gefällt mir außerordentlich gut, vor allem in „Die Schlacht der fünf Heere“ darf er zeigen, was er kann. Ähnlich verhält es sich mit Lee Pace als Thranduil, Luke Evans als Bard, Benedict Cumberbatch als Smaug, und auch die restlichen zwölf Zwerge sind ziemlich gut besetzt, auch wenn sie weitaus weniger Gelegenheit bekommen, sich hervorzutun. Selbst Evangeline Lillys Tauriel hätte eine gelungene Hinzufügung sein können, gäbe es nicht dieses unsägliche Liebesdreieck – aber dafür kann man Lilly ja wohl kaum die Schuld geben.
Alles in allem hat die Hobbit-Trilogie wirklich einen herausragenden Cast. Wenn es Orlando Bloom jetzt noch hin und wieder gelingen würde, Emotionen glaubhaft darzustellen…

A Hobbit’s Tale: Adaption der Vorlage
Als Tolkien in den 30ern den „Hobbit“ schrieb, war dieser noch nicht Teil von Mittelerde, primär war er als märchenhaftes Kinderbuch konzipiert. Die wenigen vorhandenen Anspielungen an Tolkiens persönliche Mythen- und Sprachschöpfungen (die Erwähnung von Gondolin und die paar wenigen, elbischen Namen) waren im Grunde nichts weiter als persönliche Insidergags. Erst, als sich der Professor an die Fortsetzung machte, wuchs der „Hobbit“ langsam mit dem Proto-Silmarillion zusammen. In diesem Zusammenhang wurde aus Bilbos magischem Ring der Eine Ring des Dunklen Herrschers, weshalb Tolkien für die zweite Auflage des „Hobbit“ das Gollum-Kapitel umschrieb – ursprünglich verwettet Gollum seinen Ring und er und Bilbo trennen sich im Guten. Nach der Veröffentlichung des „Herrn der Ringe“ versuchte Tolkien sich an einer grundlegenden Überarbeitung des „Hobbit“, um ihn mit seinem „Hauptwerk“ konformer zu machen, allerdings kam er bald zum Schluss, dass dies dem Roman schaden würde. Somit enthält die dritte Auflage des „Hobbit“ von 1966 nur minimale Änderungen und Hinzufügungen. Überbleibsel von Tolkiens Versuchen finden sich unter anderem noch in den „Nachrichten aus Mittelerde“, einer von Christopher Tolkien herausgegebenen Sammlung diverser unvollendeter Schriften seines Vaters.
Im Grunde entspricht das, was Peter Jackson, Fran Walsh, Philippa Boyens und Guillermo del Toro (wobei nicht mehr klar ist, wie viel von del Toros Ideen überhaupt noch in den Filmen sind) für die Hobbit-Filmtrilogie erreichen wollten, Tolkiens Versuchen, seinen Roman mit dem HdR kompatibler zu machen, sodass viele Informationen aus dem HdR und seinen Anhängen herangezogen wurden (allerdings nicht, wie man so häufig liest, aus dem „Silmarillion“, und auch nicht aus „Nachrichten aus Mittelerde“, an beiden hat New Line nämliche keine Rechte). So weit, so gut, ich hätte an ihrer Stelle vermutlich einen ähnlichen Ansatz gewählt. Allerdings muss ich sagen, insgesamt betrachtet sind Jackson und Co. für meinen Geschmack sowohl zu weit als auch nicht weit genug gegangen. Zu weit, weil sie den „Hobbit“, vor allem durch die Anfangs- und Schlussszene, aber auch durch viele plumpe Verweise, im Grunde seiner Eigenständigkeit beraubt und zum reinen Herr-der-Ringe-Prequel gemacht haben, das vor allem in Abhängigkeit zur ursprünglichen Filmtrilogie steht. Andererseits hatten sie allerdings nicht den Mut (vor allem wohl wegen Puristen und Fanerwartungen) pragmatischer zu adaptieren und die Kinderbuchelemente auszulassen – dies betrifft vor allem „Eine unerwartete Reise“, aber auch Elemente in den anderen beiden Teilen. Beorn hätte man in der Kinofassung genauso gut auslassen und sich komplett für die SEE aufheben können.
Im Grunde ist der erste Hobbit-Film sogar eine ziemlich genaue Adaption, bei der es weniger Änderungen als viel mehr Hinzufügungen in Form von HdR-Foreshadowing bzw. -Hintergrundmaterial gibt, was dazu führt, dass Kinderbuchinhalte wie die Trolle und der Großork und die eher düsteren Vorausdeutungen ein relativ ungleichmäßiges Bild abgeben. Allerdings konzentriert sich „Eine unerwartete Reise“ trotz allem auf die wichtigsten Figuren, nämlich Bilbo und Thorin, und, mehr noch, er hat es bei mir geschafft, das alte Mittelerde-Feeling zu erwecken.
„Smaugs Einöde“ hat es zwar geschafft, eine einheitlichere Atmosphäre zu etablieren als „Eine unerwartete Reise“, hat dafür aber ganz andere Probleme, die sich in zwei Wörtern zusammenfassen lassen: Unnötige Subplots. Gerade hier merkt man die Ausdehnung der Vorlage am meisten und am unangenehmsten. Wurde „Eine unerwartete Reise“ vor allem mit mehr oder weniger von Tolkien stammendem Hintergrundmaterial (die Schlacht von Azanulbizar, das Auftauchen des Nekromanten etc.) erweitert, sind es in „Smaugs Einöde“ vor allem Erweiterungen von den Drehbuchautoren, die qualitativ leider einfach abfallen und platt wirken. Dabei sind durchaus einige gute Ideen dabei, etwa Bard, der bereits sehr früh eingeführt wird und im Film um einiges interessanter und plastischer ist als im Roman (nicht zuletzt dank Luke Evans). Aber die Dreiecksbeziehung von Legolas, Tauriel und Kili oder die Leinwandzeit des Bürgermeisters von Esgaroth und seines Gehilfen Alfrid sind nun wirklich unnötig und tragen im Grunde nichts sinnvolles zur eigentlichen Handlung bei. Das Hauptproblem bei diesem Film ist, dass die eigentlichen Hauptfiguren stagnieren – die Hauptentwicklung des Verhältnisses zwischen Bilbo und Thorin fand bereits in „Eine unerwartete Reise“ statt und wird erst in „Die Schlacht der fünf Heere“ wieder fortgesetzt. Im Grunde verhält sich Thorin Bilbo gegenüber in „Smaugs Einöde“ einfach zu kalt. Allgemein geht Bilbo für einen Film, der „Der Hobbit“ heißt, irgendwie unter. Im ersten Drittel tötet er ein paar Spinnen, befreit die Zwerge aus Thranduils Verließen… und dann läuft er bis zum Dialog mit Smaug eigentlich nur den Zwergen hinterher. Und dann ist da natürlich noch die unterirdische Jagd durch den Erebor…
Diese Nebenbaustellen hat „Die Schlacht der fünf Heere“ zwar auch noch (und sie stören mich), dafür ist aber der emotionale Kern, sprich Thorin und Bilbo, wieder intakt, was das Ganze gegenüber „Smaugs Einöde“ eindeutig aufwertet, auch wenn immer noch zu viel gestreckt wird. Stattdessen kommen andere Figuren zu kurz: Ich hätte viel lieber mehr von Dáin Eisenfuß gesehen statt von Alfrid – wenn man schon erweitert, warum dann nicht die Figuren, die auch tatsächlich in der Vorlage da sind, anstatt denen, die man extra dazu erfunden hat? So hätten auch Thorins Tod (und der von Fili und Kili) sehr viel emotionaler sein können, hätte man nicht ständig wieder bei irgendwelchen Nebenschauplätzen vorbeigeschaut.

Fazit: Und was bleibt zum Schluss zu sagen? Es ist nicht so, dass die Hobbit-Trilogie völlig misslungen wäre, es gibt viele gelungene Elemente und gute Ideen, aber auch vieles, das unnötig , platt oder schlicht unpassend ist. So schaffen es die Filme letztendlich nicht, über die Summe ihrer Teile hinauszuwachsen und sich zu einem Gesamtwerk zu verbinden, so wie es bei der HdR-Trilogie der Fall war. Das Ganze wäre nicht einmal so tragisch, wenn es sich dabei nur um eine „gewöhnliche“ Fantasy-Trilogie handeln würde, aber es ist nun einmal Mittelerde, da reicht das Schlussurteil „ganz in Ordnung“ einfach nicht aus. Ich denke, letztendlich war die Teilung in drei Filme der größte Fehler, denn ich wage einmal die These, dass irgendwo in diesen drei mäßigen Streifen zwei gute Filme stecken.

Siehe auch:
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 1
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 2
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 3
Der Hobbit: Smaugs Einöde
Der Hobbit: Smaugs Einöde – Analytische Rezension
Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere

Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere

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Story: Zwar gelingt es dem Bogenschützen Bard (Luke Evans), den Drachen Smaug (Benedict Cumberbatch) zu töten, doch damit fangen die eigentlichen Probleme erst an. Zwar kann die Gemeinschaft um Thorin (Richard Armitage) und Bilbo (Martin Freeman) den Erebor in Besitz nehmen, aber es gibt noch viele andere, die ein großes Interesse am Einsamen Berg und dem Schatz, der darin ist, haben, dazu gehören unter anderem die Menschen von Esgaroth, die durch den Angriff des Drachen und die Schuld der Zwerge nun heimatlos sind, sowie der Walelbenkönig Thranduil (Lee Pace). Und als ob dies nicht genug wäre, rücken auch die Orks unter dem Kommando Azogs (Manu Bennett) an…

Kritik: Das war er also, der letzte Teil der Mittelerde-Hexalogie. Leider war nach „Smaugs Einöde“ bereits absehbar, dass „Die Schlacht der fünf Heere“ wohl kein Meisterwerk wird. Nun, letztendlich ist der Film in etwa so geworden, wie ich es erwartet hatte: Es hätte schlimmer kommen können, aber auch sehr viel besser, da leider einige Tendenzen aus „Smaugs Einöde“ fortgesetzt wurden. Dazu gehört vor allem ein gewisser Mangel an Fokus und diverse überflüssige Subplots, die zwar nötig waren, um den „Hobbit“ auf drei Filme auszudehnen, ansonsten im Grunde aber nichts zur Geschichte beitragen. Dass die Romanze von Kili (Aidan Turner) und Tauriel (Evangeline Lilly) fortgeführt wird, war natürlich klar, und ironischerweise bekommt diese Beziehung sowohl zu viel als auch zu wenig Leinwandzeit – zu wenig, weil sie nie über das Niveau einer schwächeren Disney-Romanze hinauskommt (wobei fraglich ist, ob mehr Zeit da geholfen hätte) und zu viel, weil sie ohnehin einfach angeklebt wirkt. Und dann sind da auch noch Legolas (Orlando Bloom) und Alfrid (Ryan Gage), die sich um die Trophäe der unnötigsten Nebenfigur streiten dürfen. Zugegeben, ich hatte erwartet, dass Legolas wieder Gelegenheit zum Herumturnen bekommt, aber Alfrid? Jackson, Walsh und Boyens müssen von der von ihnen geschaffenen Figur oder von Ryan Gage wirklich begeistert sein, denn er hat mehr Leinwandzeit als Dáin (Billy Connolly) oder Thranduil, und mir ist rätselhaft, weshalb. Die Figur ist uninteressant, nervig, trägt nichts zum Plot bei und hat nicht einmal den Anstand, am Schluss zu sterben. Soll er einen Kontrast zu Bard darstellen, um den Zuschauern zu zeigen, wie heroisch der Erbe Girions ist? Das ist nun wirklich nicht nötig, ich denke, die meisten Zuschauer kommen auch von alleine darauf.
Erfreulicherweise ist der Fokus nicht ganz so daneben wie bei „Smaugs Einöde“, wo die eigentlichen Hauptfiguren im Grunde stagnierten. Zwar gibt es zu viele Nebenschauplätze, aber dieses Mal passiert beim Hauptschauplatz zumindest auch etwas, es gibt Entwicklungen und Emotionen. Überhaupt, im Grunde ist dies Richard Armitages Film, der den von der Drachenkrankheit befallenen Thorin exzellent verkörpert. Sowohl seine Entwicklung als auch das Zusammenspiel mit Martin Freeman funktioniert vorzüglich. Auch die Schlachtvorbereitung von Bard, Thranduil und Gandalf (der allerdings erst später dazukommt) ist durchaus gelungen.
Die Schlacht selbst bietet durchaus einiges an Schauwerten, hat allerdings nichts, was man in anderen Filmen (speziell Mittelerde-Filmen) nicht schon so gesehen hat – wobei es dort meistens besser umgesetzt ist. Der Showdown auf dem Rabenhügel schließlich zieht sich ziemlich, was auch daran liegt, dass das letzte Drittel etwas unausgegoren wirkt; warum musste man die Hauptfiguren isolieren, wo zur Hölle ist Dáin im letzten Drittel abgeblieben und ist es wirklich zielführend, dass Beorn einen Fünf-Sekunden-Auftritt bekommt? Genauso wirken auch die Adler überflüssig – so, wie die Schlacht inszeniert ist, kommen sie nur vor, weil im Roman steht, dass sie vorkommen. Dafür scheint am Ende wieder Material zu fehlen, mehrere offene Fragen und Plotenden werden nicht beantwortet oder gelöst, eventuell weil Jackson dem Vorwurf entgehen wollte, der „Der Rückkehr des Königs“ oft gemacht wurde: Der Film habe zu viele Enden. In dieser Hinsicht bin ich gespannt, ob die SEE das alles etwas ausgewogener gestaltet. Wie immer folgen noch meine Soundtrack-Rezension und eine ausführliche, spoilerverseuchte Kritik, sowie ein Gesamtresümee der Hobbit-Trilogie.
Fazit: Für das endgültige Urteil warte ich auf die zweite Sichtung, vorläufig so viel: Ich denke, „Die Schlacht der fünf Heere“ ist stärker als „Smaugs Einöde“, schwächer als „Eine unerwartete Reise“, und zu schwach für einen Mittelerde-Film.

Trailer

Siehe auch:
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 1
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 2
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 3
Der Hobbit: Smaugs Einöde
Der Hobbit: Smaugs Einöde – Analytische Rezension

Misty Mountains


First Contact
Ich erinnere mich noch gut, wie ich im Dezember des Jahres 2011 gierig sabbernd vor dem PC saß, als der erste Hobbit-Trailer online ging. Besagter erster Einblick in Peter Jacksons zweite Mittelerde-Trilogie ist bis heute einer meiner absoluten Lieblingstrailer, und ich denke, bis heute hatte kein anderer eine derartige Wirkung wie dieser, auch keiner der HdR-Trailer. In der Tat erinnere ich mich nicht wirklich, im Vorfeld der drei HdR-Filme Trailer gesehen zu haben – damals war das Internet (zumindest für mich) noch nicht so omnipräsent, es gab noch kein Youtube etc. Selbst den enorm beliebten Trailer zu „Die zwei Türme“, der mit einer neu orchestrierten Version von Clint Mansells Lux Aeterna aus „Requiem for a Dream“ unterlegt war (weshalb viele Leute dieses Stück fälschlicherweise mit der HdR-Trilogie assozieren und oft sogar der Meinung sind, es käme in den Filmen vor), sah ich erst im Youtube-Zeitalter.
Der Grund, weshalb der erste Hobbit-Trailer einen derartigen Eindruck bei mir hinterließ, lässt sich in zwei Worten zusammenfassen: Misty Mountains.
Schon der Anfang ist ganz nett und bringt einen durch die Klänge des Auenland-Themas sofort nach Mittelerde zurück, doch dann beginnt Thorin Misty Mountains zu singen und die anderen Zwerge stimmen mit ein, und ab diesem Moment gibt es Gänsehaut. Und als ob das nicht schon genug wäre, wird der Rest des Trailers von einer bombastischen Orchestralversion der Misty-Mountains-Melodie untermalt. Schon damals glaubte und hoffte ich, Howard Shore würde aus dem diegetischen Lied ein extradiegetisches Leitmotiv machen, ähnlich wie Hans Zimmer es zum Beispiel mit Hoist the Colours in „Pirates of the Caribbean: At World’s End“ tat. Und ich wurde nicht enttäuscht. Zwar stammt die Melodie selbst nicht von Shore, sondern von David Long und der neuseeländischen Band Plan 9 (bestehend aus David Donaldson, Steve Roche und Janet Roddick), die bereits für die diegetische Musik der HdR-Trilogie verantwortlich war, doch Shore adaptierte die Melodie, machte aus ihr ein wichtiges Leitmotiv und förderte ihr ganzes Potential zutage.
Das Misty-Mountains-Thema ist dabei der geistige Nachfolger des Gefährten-Themas und könnte auch gut als Kompanie-Thema (oder Thorin-und-Kompanie-Thema) bezeichnet werden. Es steht sowohl für die Gemeinschaft an sich als auch ihre Mission bzw. ihre Absicht. Während im Roman die Rückgewinnung des Zwergengoldes im Vordergrund steht, sieht die Motivation von Thorin und Kompanie im Film ein wenig anders aus, die verlorene Heimat scheint hier zunächst die Hauptantriebskraft, und dies drückt das Misty-Mountains-Thema ebenfalls aus – ein wenig ironisch, wenn man bedenkt, dass es im Lied vor allem um das Gold geht.
Das Misty-Mountains-Thema ist noch auf andere Art der geistige Nachfolger des Gefährtenthemas: Es ist das Thema, das dem „normalen“ Filmzuschauer am ehesten im Ohr bleibt. Einige beschwerten sich, in Shores Musik für den ersten Hobbit-Filme gebe es außer dem Misty-Mountains-Thema keine neuen Themen, was schlicht falsch ist, aber so genial die leitmotivischen Verknüpfungen dieser neuen Themen auch sind, sie sind zugegebenermaßen weit weniger einprägsam als die Leitmotive, die Shore in „Die Gefährten“ einführte – aus diesem Grund sticht das Misty-Mountains-Thema besonders heraus. Hinzu kommt noch, dass es vielleicht ein, zwei Mal zu oft verwendet wird. Wie ich bereits mehrfach erwähnte gibt es einen ziemlich großen Unterschied zwischen der Musik im Film und auf den beiden Alben, was wohl auf verspätete Umschnitte zurückzuführen ist. Man bekommt allerdings auch den Eindruck, dass Jacksons Shores ursprüngliche Komposition zu komplex und anspruchsvoll war. Wenn man davon ausgeht, dass die Albenversion der Musik Shores ursprüngliche Intention darstellt und sie mit der Filmversion vergleicht, fällt auf, dass die Musik auf den CDs um einiges subtiler und durchdachter ist als im Film.
Wenn ich in der folgenden Analyse der Themeneinsätze Tracktitel und Zeiten nenne, bezieht sich das auf die Special Edition des Soundtracks von „Eine unerwartete Reise“, außer dort, wo explizit auf die Standard Edition hingewiesen wird.

Das Lied in Film und Roman


Die erste, subtile Andeutung des Misty-Mountains-Themas findet sich in Axe or Sword? bei 1:14, als Bilbo den Erebor, das Ziel der Mission, auf Thorins Karte erblickt. Sein eigentliches Debüt findet sich allerdings, wie könnte es auch anders sein, in Misty Mountains, gesungen von Richard Armitage und den anderen Zwergendarstellern. Das Lied, wie es im Film vorkommt (mit zwei Strophen), ist allerdings sehr viel kürzer als die Buchversion (zehn Strophen), die die Zwerge bei Bilbo singen. Es handelt sich auch nicht um Direktübernahmen, zumindest bei der ersten Filmstrophe. Die zweite Filmstrophe ist mit der siebten Buchstrophe identisch:
The pines were roaring on the hight,
The winds were moaning in the night.
The fire was red, it flaming spread;
The trees like torches blazed with light.

Die erste Filmstrophe ist dagegen mit keiner der Buchstrophen völlig identisch. Die ersten drei Verse tauchen in den Buchstrophen eins, fünf und (leicht abgewandelt) zehn auf, wobei der letzte Vers immer anders ist:
Far over the misty mountains cold
To dungeons deep and caverns old
(in der zehnten Strophe: To dungeons deep and caverns dim)
We must away ere break of day
To seek the pale enchanted gold
(erste Strophe).
To claim our long-forgotten gold (fünfte Strophe).
To win our harps and gold from him (zehnte Strophe).
Im Film dagegen lautet der letzte Vers der ersten Strophe: To find our long-forgotten gold. Ebenfalls erwähnenswert ist, dass im Trailer der dritte und vierte Vers der ersten Strophe fehlt, was sich auf die Instrumentalversionen auswirkt. Wenn man sich die Mühe macht, den Text bei diesen mitzusingen, fehlen ebenfalls die besagten beiden Verse.

Eine unerwartete Reise


Die erste vollständige Instrumentalversion des Misty-Mountains-Thema ist in The World Is Ahead zu hören (ab 1:30). In bester Gefährten-Thema-Manier untermalt es den Aufbruch der Kompanie aus dem Auenland und ist schon kräftig, im Vergleich zu einigen der späteren Variationen allerdings noch verhältnismäßig zurückhaltend. Dennoch: Hier ist die Gemeinschaft zum ersten Mal vollständig, und das Abenteuer beginnt. Auffällig ist, dass diese Variation unvollendet ist und es zwischen Film- und Albenversion einen Unterschied gibt. Im Film wird das Ende des Stückes ausgeblendet, während auf dem Album ein sekundäres Zwergenthema das Misty-Mountains-Thema unterbricht und das Stück abschließt. Besagtes Thema erklingt noch einmal auf dem Album, zu Beginn des Stückes The Edge of the Wild, das allerdings ebenfalls nicht im Film vorkommt.

Der nächste Einsatz des Themas in Roast Mutton ist besonders interessant, da es hier einen signifikanten Unterschied zwischen Standard Edition, Special Edition und Filmversion gibt. Nachdem Bilbo von den drei Trollen in die Mangel genommen wird, eilen die Zwerge zu seiner Rettung, begleitet von den ersten (und auf dem Album einzigen) Action-Variationen des Misty-Mountains-Themas. Auf dem Standard-Album finden sich zwei kräftige, rasante Ausbrüche des Themas (bei 2:21 und 3:03), die erweiterte (bzw. alternative) Version der Special Edition beinhaltet lediglich eine Variation des Themas, die darüber hinaus sehr viel weniger kräftig und energisch ist (2:24). Die Filmversion schließlich ist noch einmal anders, zwar näher am Standard-Album mit zwei kräftigen Einsätzen, aber dennoch nicht identisch. Wahrscheinlich haben wir es hier ein weiteres Mal mit späten Umschnitten zu tun, möglicherweise handelt es sich bei der Version der Special Edition um die ursprüngliche Komposition und Peter Jackson verlangte es nach einer kräftigeren Version des Themas. Während die schwächere Variation der Situation zweifellos eher angemessen ist, ist das Standard-Roast-Mutton definitiv das bessere Stück, durch die Art und Weise, wie die Shore die musikalische Spannungsschraube anzieht, wirkt der energische Ausbruch des Themas weitaus passender.

In Over Hill fungiert das Misty-Mountains-Thema abermals als „Platzhalter“ für das Gefährten-Thema, wie dieses untermalt es hier den Aufbruch der Gemeinschaft aus Bruchtal und die Überquerung des Nebelgebirges. Zu Beginn des Stückes ist eine zaghafte Version zu hören. Nach einem kurzen Zwischenspiel erklingt es ab 2:24 noch einmal kräftiger, um dann zu der bereits im Trailer gehörten epochalen Variation zu werden – erfreulicherweise ist das Thema hier noch ein wenig knackiger orchestriert. Abermals geht das Thema am Endes des Stückes (3:17), wie schon in The World Is Ahead, in ein anderes Motiv über, in diesem Fall Thorins Thema.
Nach der Überquerung des Nebelgebirges, die diese Variation untermalt, folgen im Film noch fünf weitere, die es auf keines der beiden Alben geschafft haben. In der Tat wird das Thema vielleicht ein, zwei Mal zu oft verwendet (und ich denke auch hier, dass man Peter Jackson dafür verantwortlich machen muss), aber wäre es wirklich zu viel verlangt, noch wenigstens eine weitere Action-Version aufs Album zu packen?
Nach der Begegnung mit den Steinriesen finden die Zwerge Unterschlupf in einer Höhle. Bilbo, von Zweifeln geplagt, möchte die Gemeinschaft verlassen und nach Bruchtal zurückkehren, doch Bofur hält ihn auf. Die beiden unterhalten sich über das Thema Heimat und hierbei erklingt eine sehr zurückhaltende Version des Misty-Mountains-Themas, die zum ersten Mal wirklich diesen Aspekt repräsentiert, hier wird nicht eine Aktion der Gemeinschaft (wandern, kämpfen), sondern ihr Ziel hervorgehoben.

Die nächsten beiden Einsätze sind dagegen wieder kriegerischer Natur und ähneln den Roast-Mutton-Statements, es handelt sich dabei allerdings nicht um identische Versionen – Variation ist vorhanden. Die erste erklingt, als Thorin und Kompanie (abzüglich Bilbo, der gerade mit Gollum rätselt) von Gandalf auf den Klauen des Großorks gerettet werden und anschließend selbst zu den Waffen greifen. Dementsprechend ist das Misty-Mountains-Thema auch angemessen martialisch. Dieses Mal mischt sich Thorins Thema direkt am Anfang dazu, sodass es dieses Mal sogar den korrekten Abschluss hat.
Bis zur nächsten Action-Variation dauert es nicht lange, sie beendet die Hetzjagd durch die Orkhöhlen, dieses Mal ohne Thorins Thema. Diese Version des Themas ist noch ein wenig robuster als die bisher gehörten.
Nachdem alle Protagonisten wieder aus der unterirdischen Welt entkommen sind, haben sie eine kurze, ruhige Minute, in der noch einmal die Rückgewinnung der Heimat angesprochen wird. Hier erklingt, wie schon im Bilbo-Bofur-Dialog, eine sanfte Variation des Misty-Mountains-Themas, die mit der vorherigen sogar identisch sein könnte.

Dasselbe trifft auch auf die letzte Action-Version des Themas zu. Nachdem Azog Thorin ausgeknockt und Bilbo diesem das Leben gerettet hat, stürzen sich die Zwerge noch einmal in die Schlacht, begleitet von derselben Variation, die schon in den Orkhöhlen zu hören war (die zweite, ohne Thorins Thema). Dieses Mal wird das Statement allerdings vom Natur-Thema unterbrochen, das die Ankunft der Adler begleitet.
Und dann hätten wir natürlich noch den Abspannsong. Neil Finns Song of the Lonely Mountain basiert ebenfalls auf der Plan-9-Melodie. Ich muss sagen, ursprünglich war ich nicht so begeistert von dieser Interpretation. Grundsätzlich finde ich es gut, dass der Abspannsong auf einer Melodie aus dem Film basiert, allerdings ist Neil Finns Stimme für meinen Geschmack zu „unzwergig“, die Instrumentierung nicht ganz gelungen und die Ayayayas nervig. Im Vergleich zu dem, was „Smaugs Einöde“ in dieser Hinsicht zu bieten hatte, bin ich über Song of the Lonely Mountain inzwischen allerdings gottfroh.

Auch hier gibt es eine Diskrepanz zwischen Film- und Albenversion. Im Film ist eine Einleitung in Form einer elegischen Streicherversion der Misty-Mountains-Melodie vorhanden, die hervorragend vom Score zum Lied überleitet und die man wirklich noch vor Neil Finns Lied auf das Album hätte packen können.
Dafür gibt es auf der Special Edition wenigsten noch eine zusätzliche Version des Themas in dem Stück The Edge of the Wild.

Smaugs Einöde
Obwohl ich die Musik des zweiten Hobbit-Films im Großen und Ganzen extrem gelungen finde, gibt es zwei recht große Enttäuschungen: Der fürchterliche Abspannsong von Ed Sheeran und das völlige Fehlen des Misty-Mountains-Themas. Über die Gründe für dieses Fehlen wurde schon viel spekuliert, denn es sieht Shore gar nicht ähnlich, ein derart prominentes Thema einfach fallen zu lassen, selbst wenn er die Melodie nicht selbst komponiert hat. Zugegebenermaßen, auch das Aníron-Thema, das Enya für „Die Gefährten“ komponierte, verwendete Shore nicht weiter, dieses kam im Film allerdings auch nur einmal vor, während das Misty-Mountains-Thema das dominante Leitmotiv des ersten Hobbit-Films war. Laut Doug Adams wollten Jackson und Shore die Gefährlichkeit der Wilderlande hervorheben. Da es sich um filmisch bisher unerforschten Raum handelt, sollten die neuen Themen dominieren, und ein Stück weit bin ich auch durchaus gewillt, dieses Argument anzuerkennen. Auch das Auenland- bzw. Bilbo-Material wurde für „Smaugs Einöde“ stark reduziert, während das Waldlandreichthema, die Motive des Nekromanten und später Smaugs Thema den Score dominieren. Aber genau hier liegt der Knackpunkt: Besagtes Material wurde zwar reduziert, ist aber immer noch vorhanden. Auch wurde argumentiert, das Thema sei fallengelassen worden, da die Zwerge nun die Nebelberge überquert hätten, aber das finde ich ziemlich unsinnig; das Nebelgebirge wird zwar in der ersten Strophe erwähnt und gibt dem Lied seinen Titel, sein Inhalt erstreckt sich aber weit über sie hinaus.
Zugegebenermaßen gibt es in „Smaugs Einöde“ auch weniger Möglichkeiten, das Misty-Mountains-Thema einzusetzen. Mit einem reduzierten Vorkommen wäre ich vollauf zufrieden gewesen, vielleicht ein Einsatz in The Forest River und einer im Erebor wären völlig ausreichend gewesen. Die Zwerge haben im Film zwar ihnen zugeordnete Themen, sowohl Thorins Thema als auch das Erebor-Thema tauchen wieder auf, und zu ihnen gesellt sich das neue Durins-Haus-Thema, aber als Hauptidentität der Gemeinschaft hinterlässt das Fehlen des Misty-Mountains-Thema doch eine deutliche Lücke.
Trotz aller Begründungen von Doug Adams glaube ich letztendlich, dass es rechtliche Gründe gibt: Plan 9 steuerte für „Smaugs Einöde“ keine Musik bei, und möglicherweise wollte Peter Jackson/New Line/Werauchimmer keine Tantiemen für die Verwendung der Melodie bezahlen.

Die Schlacht der fünf Heere
Diesen Artikel plane ich bereits seit der Sichtung von „Eine unerwartete Reise“, ursprüngliche wollte ich damit aber warten, bis ich den dritten Hobbit-Film (vormals „Hin und wieder zurück“, jetzt „Die Schlacht der fünf Heere) gesehen habe. Da das Misty-Mountains-Thema in „Smaugs Einöde“ nun aber nicht vorkam, habe ich mich umentschieden. Da Fehlen im zweiten Hobbit-Film könnte natürlich bedeuten, dass es auch im dritten nicht vorkommt. Aber was lernen wir aus dem alltäglichen Leben? Wenn wir etwas vorschnell erledigen, müssen wir es meistens doch hinterher ändern, weil es anders kommt, als man denkt. Darum habe ich diesen Artikel vor dem Kinostart von „Die Schlacht der fünf Heere fertiggestellt, in der Hoffnung, in hinterher editieren zu müssen.
Aus narrativer Sicht wäre die Verwendung des Misty-Mountains-Themas in „Die Schlacht der fünf Heere“ jedenfalls sehr angebracht, schon allein, weil man dadurch einen größeren musikalischen Bogen spannen würde. Darüber hinaus ist das Lied im Roman nicht statisch, es kommt ja nicht nur am Anfang vor, sondern wird an zwei Stellen „weitergesungen“. In Beorns Haus stimmen die Zwerge es ein weiteres Mal an (es hätte also durchaus in „Smaugs Einöde“ sogar in Liedform vorkommen können), und ebenso nach dem Tod des Drachen, als der Erebor von den Heeren der Menschen und Elben belagert wird. Jedes Mal spiegelt der Text die bisherigen Ereignisse wieder, deutet auf Kommendes und gibt Einblick in die Gemütshaltung der Zwerge. Ich sehe hier grandioses leitmotivische Potential für einen dunkleren Einsatz des Misty-Mountains-Themas, passend zu Thorins wachsender Verstocktheit und Gewaltbereitschaft. In der Schlacht der fünf Heere könnte es dann anschließend wieder zu alter Glorie zurückkehren. Die Adaption folgender Textstelle (die sicher in einer Form im Film vorkommt) aus dem Höhepunkt der Schlacht der fünf Heere schreit in meinen Augen geradezu nach einem Einsatz des Kompaniethemas:
Suddenly there was a great shout, and form the Gate came a trumpet call. They had forgotten Thorin! Part of the wall, moved by levers, fell outward with a crash into the pool. Out lept the King under the Mountain, and his companions followed him. Hood and cloake were gone; they were in shining armour, and red light lept from their eyes. In the gloom the great dwarf gleamed like gold in a dying fire.

Siehe auch:
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise – Soundtrack
Der Hobbit: Smaugs Einöde – Soundtrack

Der Hobbit: Smaugs Einöde – Analytische Rezension

desolation
Dieser Artikel ist schon lange überfällig, aber irgendwie bin ich entweder nicht dazu gekommen, es gab anderes, über das ich schreiben wollte und dann lief auch schon wieder die nächste GoT-Staffel. Wie dem auch sei, besser spät als gar nicht.
Vor einiger Zeit enthüllte Peter Jackson in einem Interview etwas, das eigentlich bereits seit Sommer 2012 bekannt war: Wären es nur zwei Hobbit-Filme geworden, hätte der erste Film mit der Flucht aus Thranduils Palast geendet. Jackson hat dies noch ein wenig spezifiziert: In der letzten Einstellung hätten die Zwerge, Bilbo und die Zuschauer die Silhouette Bards gesehen. Dies erklärt auch, warum in den Trailern, die Auschnitte aus der Fässerflucht-Szene zeigen, Azog noch zugegen war, der dort im Film gar nicht vorkommt. Vermutlich hätte eine ähnliche Konfrontation wie am Ende des ersten Hobbit-Films an dieser Stelle stattgefunden. Nun ist das Ganze ja aber bekanntermaßen anders gekommen, und statt zwei Filmen, „An Unexpected Journey“ („Eine unerwartete Reise“) und „There and Back Again“ („Hin und wieder zurück“) haben wir nun drei: „An Unexpected Journey“, „The Desolation of Smaug“ („Smaugs Einöde“) und „The Battle of the Five Armies“ („Die Schlacht der fünf Heere“, diese Umbenennung des dritten Teils erfolgte erst dieses Jahr und sagt wohl schon einiges über den Inhalt aus). Geht man von der alten Aufteilung aus, dann besteht das Sujet dieses Artikels theoretisch aus dem Ende des ursprünglichen ersten und dem Anfang des zweiten Filmes. Diese Hybridnatur zeigt sich schon am Titel diese Mittelteils der Trilogie. Die beiden ursprünglichen sind ziemlich logische Wahlen, beides sind Phrasen, die Bilbo als mögliche Titel für seine Memoiren verwendet. „The Desolation of Smaug“ rückt nun den Drachen stärker in Mittelpunkt. Auch diese Phrase stammt von Tolkien selbst, auf der Karte von Wilderland, die dem „Hobbit“ beiliegt, wird das Gebiet um den Erebor herum so bezeichnet. „Desolation of Smaug“ ist dabei eine relativ clevere Wahl sowohl für das Gebiet als auch für den Film, da das Wort „Desolation“ sowohl „Einöde“ (wie im Filmtitel und der Krege-Übersetzung) als auch „Verwüstung“ oder „Zerstörung“ heißen kann – dieser Doppelsinn geht in der deutschen Übersetzung freilich verloren.
„Smaugs Einöde“ also – interessanterweise wird dieser Mittelteil, ohne richtigen Anfang und Ende – mitunter sehr verschieden bewertet. Den meisten „normalen“ Kritikern gefällt dieser Film sehr viel besser als „Eine unerwartete Reise“, oft liest man, „Smaugs Einöde“ gehe wieder stärker in Richtung HdR-Trilogie, und ganz offensichtlich ziehen viele Kritiker Action singenden Zwergen vor. Vielen Tolkien-Fans, speziell aus dem Puristen-Lager, ist dieser Film dagegen noch mehr zuwider als der erste.
Wie schon bei „Eine unerwartete Reise“ folgt der spoilerfreien Kritik auch dieses Mal wieder meine ausführliche, analytische Rezension, dieses Mal in einem Stück.
Zu Beginn noch ein paar allgemeine Dinge: Wie man an meiner ursprünglichen Kritik vielleicht merkt, wollte ich, dass mir dieser Film genauso gut gefällt wie die anderen, aber dem ist leider nicht der Fall. Dennoch fand ich ihn beim zweiten Ansehen besser als beim ersten, was auch daran lag, dass dies in 2D, ohne HFR und im O-Ton geschah – im Gegensatz zum ersten Hobbit-Film fand ich die 3D/HFT-Kombination dieses Mal ziemlich störend (das kann aber natürlich auch die Schuld des Kinos sein).
Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Hobbit-Filmen, die ich festgestellt habe, ist die Wirkung einiger Erweiterungen und Ausdehnungen. Bei „Eine unerwartete Reise“ dachte ich oft: „Das hätte da nicht sein müssen, aber es stört mich nicht.“ Bei „Smaugs Einöde“ dagegen dachte ich eher: „Das wäre besser rausgefolgen.“ Obwohl es sich um den kürzesten Mittelerde-Film handelt, hat er für mich doch die meisten Längen und wirkt insgesamt unausgegoren und nicht gut ausbalanciert. Dazu kommt noch ein sehr persönlicher Aspekt: Als ich nach der ersten Sichtung von „Eine unerwartete Reise“ das Kino verließ, hatte ich ein ähnliches Gefühl wie nach den HdR-Filmen. Bei „Smaugs Einöde“ hat dieses Gefühl gefehlt, was definitiv kein gutes Zeichen ist.

Politik im Prolog: Das Arkensteinproblem
Wie jeder der Mittlerde-Filme von Peter Jackson beginnt auch „Smaugs Einöde“ mit einem Rückblick. Ähnlich wie in „Die zwei Türme“ und anders als in den restlichen drei Filmen reicht der Rückblick dieses Mal jedoch nicht Jahrhunderte oder gar Jahrtausende zurück, stattdessen springen wir nur ein Jahr in die Vergangenheit, zur ersten Begegnung zwischen Thorin und Gandalf in Bree. Diese Begegnung ist den Anhängen des „Herrn der Ringe“ entnommen (Anhang A III für alle, die Nachlesen wollen; dieser Anhang enthält allgemein viele Informationen, die in den Hobbit-Filmen verwendet wurde, u.a. beschreibt er die Schlacht von Azanulbizar und die allgemeine Geschichte der Zwerge).
Die Örtlichkeit ruft sofort Erinnerungen wach, und das nicht nur, weil Howard Shore seine Bree-Musik aus „Die Gefährten“ zitiert und Peter Jackson mit einer Möhre durchs Bild läuft. Auch viele Jahre vorher ist das Film-Bree immer noch ziemlich dreckig und ungemütlich, und das Wetter ist auch nicht besser. Immerhin sieht man im Tänzelnden Pony (denn wo auch sonst sollten sich Gandalf und Thorin begegnen?) dieses Mal einheimische Hobbits. Die Begegnung ist recht Vorlagengetreu wiedergegeben: Gandalf befürchtet, dass Sauron zurückkehren und Smaug auf seine Seite ziehen könnte (im Buch weiß er bereits, dass Sauron im Düsterwald lauert). Deshalb hätte er gerne den Drachen aus dem Erebor draußen (und am besten tot) und stattdessen ein mächtiges Zwergenreich, damit Sauron im Osten nicht ungestört seinen Plänen nachgehen kann. Thorin und Gandalf verbünden sich schließlich und planen die Aktionen, die sie im „Hobbit“ durchführen.
Thorin_Gandalf_bree
Gandalf (Ian McKellen) und Thorin (Richard Armitage) treffen sich in Bree

Es gibt allerdings einige signifikante Hinzufügungen: Zum ersten wird bereits das Kopfgeld auf Thorin etabliert – in einem „Steckbrief“ in Schwarzer Sprache, was ein wenig merkwürdig anmutet, da diese in Reinform nur von den Nazgûl und einigen anderen hohen Offizieren Saurons gesprochen wurde. Azog kann man vielleicht noch als einen solchen ansehen, aber sicher nicht die angriffslustige Kundschaft im Tänzelnden Pony. Das ist freilich nur ein winziges Detail. Viel schwerer wiegt die Arkensteinfrage. Im Roman taucht der Arkenstein erst im letzten Drittel auf und ist vor allem ein Handlungskniff, quasi eine Art sehr spät eingefügtes Macguffin. Die Bedeutung des Arkenstein für Thorin ist vor allem persönlicher Natur. Bereits in „Eine unerwartete Reise“ dagegen wird der Arkenstein im Prolog eingeführt, und Bilbos Erzählstimme erklärt, dass Thorins Großvater Thrór ihn als Zeichen dafür sah, dass seine Herrschaft heilig bzw. gottgegeben war („divine“ im original). Gerade hier zeigt sich, wie PJ und Co. versuchen, die Handlung des Hobbits bzw. die Pläne von Gandalf und Thron logischer und besser durchführbar zu machen. Tolkiens Roman ist diesbezüglich natürlich vor allem ein märchenhaftes Kinderbuch: Die Zwerge machen sich halt auf den Weg. Warum genau sie überhaupt einen Meisterdieb brauchen, ist dabei nicht wirklich eindeutig: Der Schatz ist viel zu gewaltig, um ihn zu stehlen. Diese Planlosigkeit der Zwerge wird in der Tat im Roman angesprochen, was aber nicht unbedingt hilfreich ist. Erst im Nachhinein versuchte Tolkien, einige ihrer Handlungen zu rationalisieren, und Jackson geht da noch einen Schritt weiter, was ich gar nicht schlecht finde. Der Arkenstein mutiert hier zum Zeichen des obersten Zwergenherrschers; wer den Arkenstein besitzt, hat damit Anrecht, zu einer Art „Zwergenkaiser“ zu werden. Dies entspricht freilich nicht Tolkiens Legendarium, wo die Zwerge nie als geeintes Volk auftreten – in der Tat spielen fast ausschließlich Zwerge aus Durins Stamm eine Rolle in den Werken des Professors. Laut Film-Thorin kann ein Zwergenherrscher mit dem Arkenstein allerdings alle sieben Zwergenstämme vereinigen. Thorins und Gandalfs Plan sieht deshalb wie folgt aus: Eine kleine Gruppe von 13 Zwergen, einem Zauberer und einem Hobbit begibt sich zum einsamen Berg. Dort stiehlt Bilbo den Arkenstein, Thorin kann die Zwergenvölker vereinigen und den Erebor „offiziell“ angreifen. Dies simplifiziert zwar Tolkiens Welt, aber andererseits ist der Plan in der Tat sinnvoller.

Beorn und die Überdramatisierung
Nachdem Prolog schließt „Smaugs Einöde“ direkt an den Vorgänger an: Nach der gelungenen Adlerrettung begeben sich Thorin und Kompanie auf direktem Weg zu Beorn, immer noch verfolgt von Azog und seinen Wargreitern. Jackson bemüht sich dabei, das Ganze in ziemlich hohem Tempo zu inszenieren, während besagte Szenen im Roman sehr viel gemütlicher sind. Im Film kommen die Zwerge nicht in Zweiergrüppchen, während Gandalf Beron von ihren bisherigen Abenteuern erzählt, sie werden gejagt, zuerst von den Orks, dann von ihren zukünftigen Gastgeber in Bärengestalt.
Im Grunde ist die eigentliche Beorn-Szene wirklich sehr kurz, man bekommt kaum einen richtigen Eindruck von dem Pelzwechsler (in der SEE soll hier allerdings noch mehr Beorn-Material folgen), aber dennoch eignet sich der Dialog zwischen Gandalf, Bilbo, den Zwergen und Beorn hervorragend, um eine bestimmte Tendenz Peter Jacksons anzusprechen.
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Beorn (Mikael Petersbrandt)

Was man auch immer von Professor Tolkien sagen kann, ein Meister der atemlosen Spannung ist er nicht, und auch eine schnörkellose Dramaturgie gehört nicht unbedingt zu seinen größten Stärken. Bei Peter Jackson ist es dagegen genau anders herum, er legt ziemlich großen Wert auf die kleineren dramatischen Bögen (weshalb die HdR-Filme „rundere“ Abschlüsse haben als die jeweiligen Romane) und hat darüber hinaus die Tendenz zur Überdramatisierung, und bei Beorn zeigt sich das besonders schön. Im Roman ist er ein Einzelgänger, zu dem nicht viel Hintergrund geliefert wird, er ist einfach da, genau wie Märchenfiguren oft einfach da sind. Über Volk und Vergangenheit erfahren wir fast gar nichts. In den Filmen dagegen gibt es eine direkte Verbindung zu Azog, der für die Ausrottung von Beorns Volk verantwortlich ist, Beorn selbst ist der Letzte seiner Art.
Derartige Dramatisierungen hielten sich in den HdR-Filmen meistens noch im Rahmen, in den Hobbit-Filmen treibt Jackson es allerdings an mancher Stelle zu weit.
Beorns Auftritt im Film bleibt insgesamt jedenfalls trotz besagter dramatischer Zuspitzung ziemlich insignifikant, zu kurz um wirklichen Eindruck zu machen oder auch nur Mikael Petersbrandts Spiel wirklich bewerten zu können. Ich weiß nicht, wie Jackson ihn in „Die Schlacht der fünf Heere“ einzusetzen gedenkt, aber letztendlich wäre es wohl konsequenter gewesen, ihn einfach herauszuschneiden – die Puristen meckern so oder so. Der Film wäre dadurch stringenter geworden und hätte ein wenig von seiner Episodenhaftigkeit verloren.

Im Düsterwald
Die Szenen im Düsterwald wurden gegenüber dem Roman ebenfalls verkürzt und vereinfacht. Gandalf verlässt die Gemeinschaft ebenfalls am Waldrand, im Film allerdings, im Gegensatz zum Buch, spontan, weil er von Galadriel den telepathischen Befehl bekommt, das Nekromantenproblem zu untersuchen (bei Tolkien erfahren wir erst im „Herrn der Ringe“, was Gandalf während der weiteren Abenteuer der Gemeinschaft so getrieben hat).
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Bilbo (Martin Freeman) kämpft gegen die Spinnen des Düsterwaldes

Die Festivitäten der Elben, die die Zwerge immer wieder stören, fehlen im Film ebenso wie einige andere kleine Hindernisse. Die vergiftete Atmosphäre setzte Thorin, Bilbo und Co. ebenfalls ziemlich zu, aber nach recht kurzer Wanderung befinden sie sich auch schon in den Fängen der Spinnen, und es ist an Bilbo, die Zwerge zu befreien. Das Problem mit den sprechenden Spinnen wurde interessant gelöst: Bilbo kann sie nur verstehen, wenn der den Ring trägt, bzw. ab dem Zeitpunkt, ab dem er den Ring in ihrer Gegenwart aufgesetzt. In meinen Augen wäre es allerdings besser gewesen, hätte man die Szene, in der Bilbo eine der Spinnen auch ohne Ring verstehen kann, gestrichen.
Das Zusammentreffen mit den riesigen Arachniden illustriert darüber hinaus, wie der Ring von Bilbo Besitz ergreift. Dieses Element ist im Roman natürlich nicht vorhanden, da der Ring beim Abfassen des „Hobbits“ noch ein simples magisches Spielzeug war und erst während des Schreibprozesses des HdR zum „Einen Ring“ wurde. Hier überzeugen vor allem Martin Freeman und Shores Musik. Shore deutet das Geschichte-des-Ringes-Thema immer wieder subtil an, bevor er es einmal vollständig erklingen lässt.
Der Kampf mit den Spinnen wird von den Waldelben sehr schnell beendet, die die Zwerge in Gewahrsam nehmen. Anders als im Buch wird Thorin nicht im Vorfeld von ihnen getrennt, aber genauso wie im Buch schafft Bilbo es, sich abzusetzen und seine Freiheit zu behalten.

Thranduil, die Waldelben und das unnötige Liebesdreieck
Thranduil
Thranduil (Lee Pace), der König des Waldlandreiches

In den bisherigen Mittelerde-Filmen haben wir vor allem zwei Elbenkulturen kennen gelernt: Bruchtal und Lorien. Die Waldelben des Düsterwalds sind die dritte (auch wenn es natürlich bereits Eindrücke im ersten Hobbit-Film gab). Generell gefällt mir ihre Konzeption, das Aussehen von Thranduils Hallen und das restliche Drumherum ziemlich gut. Auffällig ist, dass die Waldelben fast durchgehend rothaarig sind, lediglich die beiden Mitglieder ihres Königshauses sind blond. Apropos Königshaus: Thranduil, gespielt von Lee Pace, ist in meinen Augen eines der Highlights des Films; eine ideale Besetzung und ein hervorragendes Spiel (auch Lee Pace kam natürlich schon in „Eine unerwartete Reise“ vor, hatte aber nicht wirklich viel Gelegenheit zu zeigen, was er kann). Bei Tolkien ist Thranduil als Charakter (zumindest im „Hobbit“) nicht wirklich gut ausgebaut. Er ist ein wenig fremden- bzw. zwergenfeindlich, hat eine gewisse Schwäche für Schätze, ist aber letztendlich einer der Guten, und das war es auch schon. Jackson und Co. haben sich da noch ein paar mehr Gedanken gemacht und Thranduil als Verkörperung des Düsterwaldes konzipiert – je weiter der Verfall des Düsterwaldes voranschreitet, desto fragwürdiger werden auch Thranduils Handlungen. So erinnert er eher an die zwiespältigen Elben des „Silmarillion“ als an die „Gutelben“ des HdR. Außerdem deutet Thranduil an, dass er bereits Begenungen mit einem oder mehreren Drachen (vielleicht sogar Smaug selbst?) hatte, und ich bin durchaus neugierig, woher seine Narbe stammt. Darüber hinaus weiß Film-Thranduil, im Gegensatz zu Buch-Thranduil, sehr genau, wen er mit Thorin vor sich hat und was dieser möchte.
Neben Thranduil gibt es noch zwei weitere Waldelben, die eines gemeinsam haben: Im Film spielen sie eine wichtige Rolle, im Roman kommen sie überhaupt nicht vor. Legolas auf die Leinwand zurückkehren zu lassen war eine durchaus logische Entscheidung, immerhin ist er in Tolkiens Legendarium tatsächlich Thranduils Sohn und lebt zu diesem Zeitpunkt schon. Man kann wohl davon ausgehen, dass er im „Hobbit“ tatsächlich anwesend ist, auch wenn er nicht namentlich genannt wird, da Bilbo ihn nicht kennt oder kennen lernt. Dass seine Rolle so groß ausfällt ist in meinen Augen dagegen eher unnötig, für mich hätte auch ein Cameo gereicht. Das Problem bei der ganzen Sache ist, dass Legolas als Charakter einfach nicht interessant ist. In „Smaugs Einöde“ wirkt er noch stoischer und langweiliger. Im HdR hatte er wenigstens einen Platz in der Gemeinschaft (und der Geschichte), er war nicht besonders interessant, er stand aber auch nicht im Weg. Hier hingegen wirkt seine Rolle unnötig aufgeblasen. Das bringt uns auch schon zur dritten dominanten Elben-Figur: Tauriel, gespielt von Evangeline Lilly. Hinsichtlich dieses Charakters bin ich ein wenig zwiegespalten. Einerseits mag ich Tauriel, ich finde, dass sie grundsätzlich gut hineinpasst, mir gefällt Evangeline Lillys Spiel und darüber hinaus ist die Figur schlicht interessanter und emotionaler als Legolas.
Tauriel
Tauriel (Evangeline Lilly)

Was mir nicht gefällt ist die Richtung, in die sie entwickelt wird, sprich: Das Liebesdreieck Kili-Tauriel-Legolas. Es wirkt einfach fürchterlich erzwungen und unnötig (und wir müssen auch noch von Thranduil darüber informiert werden, dass Legolas etwas für Tauriel empfindet, denn allein aufgrund von Orlando Blooms Spiel merkt man davon nicht allzu viel). Das erste Gespräch zwischen Tauriel und Kili ist dabei sogar noch ziemlich erträglich, aber muss das gleich zur Romanze weiterentwickelt werden, wäre es nicht viel interessanter gewesen, hätten die beiden einfach eine grundsätzliche Sympathie für den anderen entdeckt? Die Weiterentwicklung dieses Handlungsstrangs ist in meinen Augen völlig unnötig, und dazu gehören auch die Vergiftung Kilis, das Zurückbleiben einiger Zwerge in Esgaroth, die angreifenden Orks und die Arwen-mäßige Heilung. Hier werden zu viele Handlungsschauplätze aufgemacht, die vom eigentlichen Kern ablenken, immerhin heißt der Film „Der Hobbit“. Letztendlich wäre es vielleicht besser gewesen, hätte es Jackson bei einem kurzen Cameo-Auftritt für Legolas belassen und Tauriel eine andere Motivation gegeben, um den Zwergen zu folgen – Thranduil will wissen, was weiter geschieht o.ä.

Gandalfs Reise
Wenden wir uns nun dem Subplot des Grauen Zauberers zu, dessen Einzelszenen zwar über den Film verteilt sind, den man aber dennoch am besten am Stück betrachtet. Wir wird am stärksten Vorarbeit für den HdR betrieben, obwohl auch hier so manch eine Ausdehnung recht überflüssig ist.
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Bolg (Lawrence Makaore)

Bereits zu Beginn des Films wird Azog gezwungen, seine Jagd abzubrechen und stattdessen in Dol Guldur Saurons Armeen zu trainieren und auf den Einsatz vorzubereiten. Statt seiner setzt sein Sohn Bolg die Jagd fort, weil Thorin und Kompanie halt auch unbedingt die ganze Strecke bis zum Erebor von Orks gejagt werden müssen. Über das Bolg/Azog-Problem hatte ich ja bereits in meinen Artikeln zum ersten Hobbit-Film geschrieben; diese Thematik setzt sich nun fort. Bolg wurde völlig neu gestaltet, die notdürftig zusammengeflickten Wunden und das ramponierte Aussehen sind geblieben, aber ansonsten wurde Bolg stark an Azog angeglichen, um als dessen Sohn überzeugen zu können (ironischerweise erfährt der Filmzuschauer vom Verwandtschaftsverhältnis der beiden nichts). Und leider muss ich sagen, ich fand das ursprüngliche Aussehen Bolgs weitaus überzeugender. Die Orks sorgen auch dafür, dass es zu weiteren zusätzlichen Actionszenen kommt: Die Waldflussszene ist durchaus amüsant (Stichwort Bombur im Fass), aber das Ausmaß der ausgehebelten physikalischen Gesetze nimmt hier bedrohliche Ausmaße an, und darüber hinaus sind Schnitt und Music-Editing hier mitunter ziemlich merkwürdig, sodass Howard Shores grandiose Komposition ziemlich verstümmelt wird.
Aber zurück zum Thema. Gandalf soll herausfinden, wer der Nekromant tatsächlich ist. Zu diesem Zweck begibt er sich erst zu den Gräbern der Ringgeister, wo er auf Radagast trifft. Es ist wohl zu vermuten, dass im dritten Film die Nazgûl allesamt auftauchen, denn ansonsten ist diese Szene ziemlich überflüssig und passt auch nicht so recht ins Legendarium. Wo liegt dieses Grab, im Nebelgebirge, in Angmar? Warum sind hier alle neun Ringgeister beerdigt, wo sie doch aus verschiedenen Kulturen stammen (Khamûl, der einzige, der einen richtigen Namen hat, war ein Ostling, und drei von ihnen, wahrscheinlich inklusive des Hexenkönigs, waren Schwarze Númenórer). Warum wurden sie überhaupt begraben, die Träger der neun Menschenringe müssten nach einem endlos ausgedehnten Leben langsam geschwunden und so zu Ringgeistern geworden sein, und das bereits während des Zweiten Zeitalters. Alles nicht wirklich durchdacht.
Die aufgebrochenen Gräber geben Gandalf auf jeden Fall den Hinweis, dass es sich beim Nekromanten um Sauron handeln muss, da nur dieser die Nazgûl befehligen kann. Darum begibt er sich nach Dol Goldur. Prinzipiell findet sich Gandalfs Eindringen in Saurons Festung auch bei Tolkien, allerdings zu einem früheren Zeitpunkt und einem anderen Zweck, nämlich um Thráin, Thorins Vater zu finden, der dort von Sauron eingekerkert. Gandalf schleicht sich ein und erhält vom sterbenden Thráin Schlüssel und Karte, die er dann später an Thorin weitergibt. Derartiges wurde wohl in der Tat gedreht, denn in frühen Trailern sieht man noch, wie Gandalf gegen einen ziemlich untot aussehenden Zwerg kämpft, bei dem es sich wohl um den wahnsinnig gewordenen Thráin handelt. Stattdessen betritt er nun in „Smaugs Einöde“ die finstere Festung, um jeglichen Zweifel zu beseitigen. Man muss wohl davon ausgehen, dass Gandalf sich nicht darüber im Klaren ist, wie groß Saurons Macht bereits ist, denn ansonsten ist es ziemlich dumm, die Festung des Dunklen Herrschers auf diese Art und Weise zu betreten.
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Der Nekromant enthüllt sein wahres Wesen

Sauron offenbart sich nach einem kurzen Handgemenge mit Azog auch endgültig. Diese Szene ist ebenfalls ein wenig fragwürdig, da Gandalf in den HdR-Filmen vom Lidlosen Auge überrascht zu sein schien (ganz allgemein scheint Gandalf hier bereits viel zu viel zu erfahren), aber ich muss zugeben, ich liebe diese Enthüllung, nicht zuletzt wegen Howard Shores grandiosem Einsatz von Saurons Thema. Der Kampf zwischen Licht und Dunkle mutet zwar ein wenig Harry-Potter-mäßig an, aber die visuelle Gestaltung des sich materialisierenden Auges, inklusive eines Eindrucks der engelsgleichen und der gerüsteten Gestalt des Dunklen Herrschers finde ich hervorragend.

Esgaroth auf dem langen See
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Der Meister der Seestadt (Stephen Fry)

Bei Tolkien sind die Zwerge und Bilbo nicht besonders lange in Seestadt und der Leser erfährt auch kaum etwas über die Kultur diese Menschen, lediglich, dass es sich um eine Art Handelsrepublik mit einem korrupten (Bürger-)Meister handelt – möglicherweise war Venedig eine Inspiration. Jackson und Co. bauen Seestadt jedoch kräftig aus. Film-Esgaroth vereint hier einige Einflüsse, unter anderem russisch-slawische und barocke. Auch gibt es eine Umdeutung des von Stephen Fry gespielten Meisters, der hier kein gewähltes Oberhaupt ist, sondern eher als Diktator eines Überwachungsstaates (eine Entschädigung dafür, dass in „Die Rückkehr des Königs“ die Säuberung des Auenlandes der Schere zum Opfer fiel?) fungiert und den Gedanken an freie Wahlen nicht besonders behaglich findet. Hier gilt letztendlich Ähnliches wie bei Tauriel: Ich finde die grundsätzliche Ausgestaltung gut, aber Jackson schießt zu weit übers Ziel hinaus, er widmet Seestadt und seinen Einwohnern in meinen Augen zu viel Zeit. Es ist allerdings eindeutig ein Plus, dass Bard, hervorragend gespielt von Luke Evans, bereits so früh eingeführt und als Charakter auch weitaus plastischer ist als im Roman, wo er eigentlich nur auftaucht, um Smaug zu töten und die Menschen angemessen zu repräsentieren. Trotzdem werde zumindest ich das Gefühl nicht los, man hätte Bard auch gut einführen können, ohne dass die Zwerge sich so lange in Esgaroth herumtreiben. Eines der größten Probleme bei den vielen Subplots ist, dass Bilbo, immerhin die Titelfigur, mitunter völlig untergeht. Ich sehe hier ein eindeutiges Fokusproblem, statt dem Meister der Seestadt, Bards Familie und Tauriel und Legolas hätte man sich lieber auf die Beziehung von Thorin und Bilbo konzentrieren sollen.

Der Drache
Kommen wir zum Herzstück des Films: Die Zwerge und Bilbo erreichen endlich den Einsamen Berg, dessen Design mich schon im ersten Film vage an „Die Schlacht um Mittelerde II“ erinnert hat. Auch hier gibt es gegenüber dem Roman einige geringfügige strukturelle Unterschiede. Bei Tolkien schleicht sich Bilbo zwei Mal ins Innere des Einsamen Berges. Beim ersten Mal schläft Smaug und Bilbo stiehlt einen Becher, um sich als Meisterdieb zu profilieren. Samug findet das gar nicht toll und zündet eine Seite des Erebor an. Es erfolgt ein zweites Einschleichen, bei dem sich Bilbo, durch den Ring unsichtbar, ausgiebig mit dem Drachen unterhält, bevor dieser ausrückt, um Esgaroth zu zerstören. Im Film gibt es dagegen nur eine Begegnung.
Smaug
Smaug (Benedict Cumberbatch)

Sprechen wir zuerst einmal über Smaug. Als sein Kopf zum ersten Mal in einem der Trailer zu sehen war, war ich recht skeptisch. Aber nach der ersten Filmsichtung war mir klar: Ich liebe das Vieh. Design, Animation, Stimme, Bewegungen (die letzten beiden sind natürlich auf Benedict Cumberbatch zurückzuführen) – alles herausragend, Smaug hat sich in kürzester Zeit zu meinem liebsten Leinwanddrachen gemausert. Der Dialog zwischen Bilbo und dem Drachen ist in meinen Augen ohne Zweifel der Höhepunkt des Films. Vieles stammt direkt von Tolkien, es gibt jedoch ein paar kleine Veränderungen: Bilbo hat nur zu Beginn den Ring an, da Jackson nicht die ganze Zeit entweder Optik der Schattenwelt oder Smaug, der sich mit einem unsichtbaren Bilbo unterhält, zeigen wollte. Das ist ein wenig unglaubwürdiger, aber wenn man Smaugs Spieltrieb miteinbezieht, geht das schon in Ordnung. Darüber hinaus wurde auch eine Verbindung zwischen Smaug und Sauron hergestellt, denn Smaug kann den Ring spüren und weiß, wer dahinter steckt.
Eine weitere kleine Änderung findet sich bei Smaugs Bauchpanzer: Im Roman ist sein Bauch von Gold und Juwelen bedeckt, aber es gibt eine nackte Stelle. Im Film dagegen hat er einen normalen Bauchpanzer, der aber durch den schwarzen Pfeil von Girion, Bards Vorfahren, leicht beschädigt ist. Man kann sich schon ausmalen, wie Bard den Drachen letztendlich tötet.

Was besser auf dem Boden des Schneideraums gelandet wäre: Das Finale
Leider endet der Film nicht auf dem Niveau des Bilbo-Smaug-Dialogs, da Jackson der Meinung war, es müsse noch ein actionreiches Finale her, um den Film abzuschließen. Dummerweise findet sich an dieser Stelle im Roman allerdings keine wirklich Actionszene. Also kommen die Zwerge in den Berg und liefern sich eine Hetzjagd mit Smaug durch die Hallen des Erebor, kombiniert mit den oben erwähnten Orks-in-Seestadt-Handgemengen, was leider eine ganz blöde Idee war, und das aus mehreren Gründen. Zuerst einmal ist die Inszenierung beider Handlungsstränge schlicht nicht interessant, und vor allem für Buchleser auch extrem sinnlos, weil sich diese Einlagen absolut nicht organisch in den Rest der Geschichte einfügen oder die weitere Entwicklung in irgend einer Form beeinflussen – ähnliche Probleme hatte auch die vierte Staffel von „Game of Thrones“.
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Bard (Luke Evans)

Noch viel schwerer wiegt, dass die Jagd durch den Erebor die Glaubwürdigkeit des Films beträchtlich in Mitleidenschaft zieht. Physikalische Gesetze und die Verwundbarkeit der Hauptfiguren haben Peter Jackson schon in den HdR-Filmen nur partiell interessiert, aber dort gab es noch einen gewissen Rahmen. Gut, möglicherweise sind die Gefährten bei der Schlacht um Helms Klamm einmal zu oft in einen Wald aus Speeren gesprungen, nur um völlig unverletzt wieder daraus hervorzukommen, aber was hier geschieht, ist ganz eindeutig zu viel des Guten und raubt darüber hinaus Smaug alles, was vorher an Bedrohlichkeit mühsam aufgebaut wurde, weil er hier schlicht unfähig erscheint.
Der Drache speit sein Feuer ständig und die Zwerge sind nur wenige Zentimeter davon entfernt. Schon bei gewöhnlichem Feuer ist das sehr unrealistisch, und nun muss man sich vor Augen halten, dass Drachenfeuer heiß genug ist, um die minderen Ringe der Macht zu zerstören. Auch der Riesenzwerg aus Gold wirkt reichlich einfallslos.
So kommt es, dass das Finale sehr angeklebt und, zumindest für mich, auch nicht in irgendeiner Form einnehmend wirkt. Möglicherweise wäre es besser gewesen, die Zerstörung Seestadts oder sogar Smaugs Tod noch in diesen Film mit hineinzunehmen und das als Finale zu verwenden. Ich verstehe durchaus die Absicht, die Jackson hatte, er wollte, dass sich Smaug und die Zwerge (vor allem natürlich Thorin) wenigstens einmal von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen und in irgendeiner Form kämpfen. Aber so, wie es ist, ist das reichlich nach hinten losgegangen.

Fazit
„Smaugs Einöde“ ist keinesfalls vollkommen misslungen, aber leider zeigt sich hier, dass es letztendlich eine schlechte Idee war, den „Hobbit“ in drei statt in zwei Filmen zu adaptieren, weil man als Buchleser genau merkt, wo unnötigerweise gestreckt wurde, um auf die benötigte Laufzeit zu kommen. Darüber hinaus werden gewisse Tendenzen von Jacksons Regiestil hier übermäßig betont. Dramatisierung und Übertreibung gab es auch schon im HdR, aber dort hielt es sich in Grenzen und störte den Film nicht, während in „Smaugs Einöde“ diese Tendenzen an einigen Stellen geradezu überhand nehmen.
Viele Einzelaspekte sind dennoch gelungen, etwa Thranduil, Bard, das Waldlandreich, Seestadt, Saurons Enthüllung, Smaug, der Dialog Drache/Hobbit, Howard Shores Musik (unter Ausklammerung des teilweise merkwürdigen Musikschnitts und des fürchterlichen Abspannsongs von Ed Sheeran, für beides kann Shore allerdings nichts) und auch die schauspielerischen Leistungen alter wie neuer Darsteller sind (bis auf die von Orlando Bloom) wirklich sehenswert, aber „Smaugs Einöde“ schafft es nicht, über die Summe seiner Teile hinauszuwachsen, weil die Episodenstruktur der Vorlage und die oben aufgezählte Kritikpunkte dagegen arbeiten.
Hätte Jackson am ursprünglichen Plan festgehalten und nur zwei Filme gemacht, so hätten wir, denke ich, zwei wirklich gute, kompakte, mit den HdR-Filmen konforme Adaptionen des „Hobbit“ gehabt. Dennoch blicke ich positiv in die Zukunft und hoffe, dass wir mit „Die Schlacht der fünf Heere“ wenigstens ein überzeugendes Finale bekommen, dass uns die Schwächen des zweiten Hobbit-Films vergessen lässt.

Siehe auch:
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 1
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 2
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 3
Der Hobbit: Smaugs Einöde
Der Hobbit: Smaugs Einöde – Soundtrack

Der Hobbit: Smaugs Einöde

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Story: Bilbo (Martin Freeman), Gandalf (Ian McKellen), Thorin (Richard Armitage) und der Rest der Kompanie sind nach wie vor auf dem Weg zum Erebor, und nach wie vor jagt sie der Ork Azog (Manu Bennett). Ihr Weg führt die Kompanie nun, nachdem sie das Nebelgebirge überquert haben, immer weiter nach Osten, wo sie zuerst dem Pelzwechsler Beorn (Mikael Persbrandt) begegnen und sich später mit Riesenspinnen und unfreundlichen Waldelben im Düsterwald herumschlagen müssen. Nach einer eher ungemütlichen Begegnung mit dem Waldelbenkönig Thranduil (Lee Pace), dessen Sohn Legolas (Orlando Bloom) und Tauriel (Evangeline Lilly), der Anführerin von Thranduils Garde, gelangen die Zwerge schließlich nach Esgaroth. Der Erebor ist nun zum Greifen nahe, doch die größte Herausforderung liegt noch vor ihnen, denn in seinem Inneren schlummert der gewaltige Drache Smaug (Benedict Cumberbatch)…

Kritik: Genau wie im letzten Jahre gibt es auch beim zweiten Hobbit-Film wieder eine kürzere, möglichst spoilerfreie Kritik und eine ausführliche, detaillierte Rezension. Im Rahmen dieses Artikels bemühe ich mich, keine Details zu verraten.
Während „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ äußerst gespalten aufgenommen wurde, erhält „Smaugs Einöde“ insgesamt weitaus positivere Kritiken, besonders aus den Reihen der „normalen“ Filmkritiker – Tolkien-Puristen sind freilich wieder ein anderes Völkchen, denn was ich beim ersten Teil geschrieben habe, gilt hier noch stärker: Auch dieser Film ist eindeutig nichts für all diejenigen, die nur das auf der Leinwand sehen wollen, was Professor Tolkien geschrieben hat.
In der Tat wurden einige der Probleme, die den ersten Teil plagten, ausgemerzt – wobei sich nun die Frage stellt, ob die Konzeption der Filme von Anfang an so gedacht war oder ob Peter Jackson auf Kritiken reagiert hat und noch mal ein wenig umgeschnitten und nachgedreht hat. Eines der größten Probleme bei „Eine unerwartete Reise“ waren die atmosphärischen Schwankungen, die Kinderbuchelemente, die direkt neben eher an den „Herrn der Ringe“ angelehnten Teile des Films standen. „Smaugs Einöde“ ist bezüglich des Tonfalls sehr viel konsistenter und geht stärker in Richtung HdR-Trilogie. Ingesamt wird alles düsterer, der Humor wird spärlicher und Gestalten wie die Trolle oder der Große Ork tauchen nicht mehr auf. Die märchenhafteren Elemente werden zurückgefahren, stattdessen gibt es neue, zum Teil recht ambivalente Figuren auf.
Ebenso wird der Nostalgiefaktor verringert; in „Eine unerwartete Reise“ wurden bewusst so viele Parallelen zur HdR-Trilogie gezogen wie möglich, sei es durch den Einsatz der Musik, durch Kameraeinstellungen, Hinzufügungen etc. Nun betreten wir allerdings zusammen mit Bilbo Länder, die bisher noch nicht filmisch umgesetzt wurden. Die neuen Locations – Düsterwald, Thranduils Palast, Egarroth sind allesamt sehr gut gelungen, ebenso wie die neuen Figuren. Besonders gelungen sind der von Luke Evans verkörperte Bard, Lee Pace als Thranduil (endlich einmal ein Elb, der etwas ambivalenter ist als Galadriel oder Elrond) und natürlich Benedict Cumberbatch als Smaug, der mal eben den besten Leinwanddrachen der Filmgeschichte gibt – da können HP 4 und 7.1 leider einpacken. Inzwischen finde ich das Design auch ziemlich gelungen – im ersten Trailer erschien es mir noch recht merkwürdig, aber man gewöhnt sich daran und es passt auch. Wie schon im ersten Hobbit-Film ist auch dieses Mal das Highlight eine Konversation zwischen Martin Freeman und einem Schauspieler, der durch Motion Capture in etwas anderes verwandelt wurde. Was die wiederkehrenden Schauspieler angeht, diese knüpfen ziemlich nahtlos an das Vorherige an. Richard Armtiage, Martin Freeman und Ian McKellen sind nach wie vor grandios, die restlichen Zwerge (mit Ausnahme von Kili) bleiben dagegen recht anonym.
Nach wie vor folgt „Smaugs Einöde“ der Struktur des Romans relativ genau – von Beorn in den Düsterwald, von dort über Thranduils Hallen per Fass nach Esgaroth und von dort wiederum direkt zum Erebor – allerdings wurde einiges stark erweitert, vor allem um Actionszenen. So treiben die Zwerge nicht einfach nur in Fässern versteckt nach Seestadt, sie werden von Elben und Orks dabei noch gejagt, die sich nebenher munter gegenseitig umbringen. Eine ähnliche Erweiterung findet sich im Finale, das sich für meinen Geschmack zu lange hinauszieht. Besagte Action-Szenen sind, wie üblich bei Jackson, relativ übertrieben, aber damit habe ich persönlich weniger Probleme.
Einige alte Probleme hat der Film aber dennoch: Die Handlung kommt nach wie vor äußerst episodisch daher. Regisseur und Drehbuchautoren haben wieder einiges unternommen, um das ganze kohärenter zu gestalten, aber ein weiteres Mal mit gemischten Ergebnissen. Im Roman gibt es ja bekanntermaßen nur einen Handlungsstrang, dies wurde im Film geändert: Gandalf geht allein auf Wanderschaft, Legolas und Tauriel folgen den Zwergen nach Esgaroth, und später gehen nur einige Zwerge zum Erebor, während ein Teil von ihnen in Esgaroth zurückbleibt. Um das Ganze einheitlicher wirken zu lassen, gibt es im letzten Drittel viele schnelle Szenenwechsel, die aber wiederum dafür sorgen, dass sich die einzelnen Szenen nicht wirklich gut entfalten können. Und die episodenhaftigkeit der Handlung bleibt trotzdem offensichtlich. Dennoch funktioniert die Aufspaltung erstaunlich gut, vor allem im Hinblick auf das, was noch im dritten Film folgen wird.
Fazit: Insgesamt ist „Smaugs Einöde“ konsistenter und besser durchdacht als „Eine unerwartete Reise“ und hat mir eigentlich sehr gut gefallen. Was allerdings ausgeblieben ist, ist dieselbe Begeisterung, die ich nach dem Ansehen des ersten Hobbit-Films verspürt habe. Ein endgültiges Urteil folgt nach der Zweitsichtung im O-Ton.

Trailer

Siehe auch:
Der Hobbit: Smaugs Einöde – Soundtrack

Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 3

THE HOBBIT: AN UNEXPECTED JOURNEY
Der dritte Teil meiner ausführlichen Hobbit-Rezension kommt nun doch um einiges später als ursprünglich geplant; aus vielen Gründen (vor allem GoT-bezogen) bin ich einfach nicht dazugekommen. Dafür kann ich nun allerdings die Bewertung der Blu-Ray (normal, nicht 3D) miteinbeziehen: Bild- und Tonqualität der Heimkinoversion von „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ sind herausragend, man sieht wirklich selten eine BD mit einem derartig gestochen scharfen Bild. Auch die Tonspur sorgt für den nötigen Bombast. Das Bonusmaterial lässt dagegen leider eher zu wünschen übrig. Es gibt zwar eine Bonusdisc, diese beinhaltet aber lediglich die zehn Produktionstagebücher in Videoform, die bereits im Internet zu sehen waren, und noch einige Trailer. Das wirklich üppige Bonusmaterial (ich erwarte ausführliche Dokumentationen zu allen Aspekten der Produktion) kommt wohl erst mit der Special Extende Edition, die diesbezüglich hoffentlich mit den HdR-SEEs gleichzieht. Und nun wieder zum eigentlichen Film.

„Take up arms! Fight! Fight!“ – Nebelgebirge und Orkstadt
Nach den Nebelgebirgspanoramas á la „Die Gefährten” folgt die Begegnung mit den Steinriesen, die im Roman allerdings nicht wirklich definiert wurden und auch später nicht mehr vorkamen. Peter Jackson nahm den Begriff jedenfalls wörtlich, die Riesen sind gigantische Steinwesen, praktisch wandelnde Berge. Und hier muss ich leider vielen Kritikern zustimmen: Optisch ist die Szene ohne Frage beeindruckend, allerdings auch überdramatisiert und unpassend; die gewählte Interpretation ist die wohl denkbar schlechteste. In „Schlacht um Mittelerde 2“ sind die Steinriesen beispielsweise größere Verwandte der Trolle, was in meinen Augen weitaus passender gewesen wäre. Aus dramaturgischer Sicht wäre es vielleicht sogar besser gewesen, die Szene vollständig zu streichen.
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Ein Steinriese im Nebelgebirge

Danach folgt eine kurze Verschnaufpause, die im Roman allerdings nicht auftaucht: Während der Sache mit den Steinriesen hat Thorin noch einmal betont, wie nutzlos er Bilbo doch findet, was sich dieser ziemlich zu Herzen nimmt und, während die Gemeinschaft in einer Höhle übernachtet, beschließt, lieber nach Bruchtal zurückzukehren. Bofur hat allerdings gerade die erste Wache inne, bemerkt was Bilbo vorhat und versucht, ihn aufzuhalten. Dieser kurze Dialog dürfte einer der Gründe sein, weshalb Bofur und sein Schauspieler James Nesbitt inzwischen zu Fanlieblingen geworden sind. Der schnauzbärtige Zwerg erweist sich als überaus sympathischer Zeitgenosse, der Bilbo aufrichtig gern zu haben scheint und ihm, nachdem Bilbo trotz guten Zuredens beschlossen hat, umzukehren, alles Gute wünscht. Aus dem Vorhaben wird allerdings nichts, da Stichs Klinge just in diesem Moment blau zu leuchten beginnt und sich der Boden auftut; so gelangen die Zwerge nach Orkstadt.
Obwohl eigentlich alle Elemente des Romans auf die eine oder andere Weise vorhanden sind, wurde hier doch kräftig umstrukturiert. Bei Tolkien werden Zwerge und Hobbit vor den Großen Ork gebracht, entkommen Dank Gandalfs Hilfe (der es zuvor geschafft hat, den Orks zu entgehen, nachdem er einige von ihnen in der Höhle gegrillt hat) und während der Flucht kommt Bilbo abhanden und landet in Gollums Höhle. Im Film dagegen ist Gandalf vorerst überhaupt nicht zugegen, stattdessen schafft Bilbo es, den Orks zu entgehen, nur um von einem einzelnen angegriffen zu werden und zusammen mit ihm abzustürzen.
So treten Thorin und Kompanie dem Großen Ork allein gegenüber. Wie auch die Trolle ist er eher ein typischer Kinderbuchschurke, der recht wenig mit den grimmigen Orks des „Herrn der Ringe“ zu tun hat. Der von Barry Humphries dargestellt, übermäßig aufgequollene Anführer der Orks des Nebelgebirges ist zu gesprächig und zu wenig barbarisch, eher komisch denn furchterregend. Allerdings muss ich sagen: Ich mag ihn irgendwie. Der Dialog stammt zum Großteil direkt aus dem Roman, abzüglich der an Thorin gerichteten Information, dass Azog der Schänder noch lebt.
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Der Große Ork (Barry Humphries)

Die folgende Flucht wurde natürlich ein wenig epischer und actionreiche umgesetzt, als Tolkien es schildert, und viele störten sich an der Jagd durch die Orkhöhlen. Diesem Urteil kann ich mich allerdings nicht anschließen, vor allem in 3D war diese Szene außerordentlich überzeugend. Auch das Design von Orkstadt – es erinnert ein wenig an die Kavernen von Isengart, nur in größerem Maßstab – fand ich gelungen. Die Bewohner, mit denen Thorin und Kompanie sich messen müssen, sind noch kleiner als ihre Verwandten aus den Minen von Moria und weisen sehr viele, äußerst unansehnliche Hautkrankheiten auf.
Unbedingt erwähnt werden sollte im Zusammenhang mit dieser Szene noch einmal Howard Shores Musik, der die Moria-Chöre noch einmal toppt und die Blechbläser höchst interessante Dinge anstellen lässt.

„What has it got in its nasty little pocketses?” – Rätsel in der Finsternis
Das Rätselspiel in Gollums Höhle ist nicht nur das Herzstück von „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise”, sondern auch die erste Szene die gedreht wurde; und bis auf ein, zwei kleine Schönheitsfehler ist sie perfekt gelungen. Peter Jackson setzt genau den richtigen Rahmen, in dem er die Szene am Stück zeigt, ohne Unterbrechung, wodurch sie als intensives Kammerspiel funktioniert, das vor allem von der Kunst zweier hervorragender Darsteller lebt.
Anders als im Roman sieht sowohl der Zuschauer als auch Bilbo im Film, wie Gollum den Ring verliert, als er den Ork, der zusammen mit Bilbo abgestürzt ist. Gerade hier wäre noch mehr Nähe zum Buch wünschenswert gewesen, da Bilbo im Film nun weiß, was ihn erwartet. Und er weiß auch, woher der Ring stammt, den er da an sich nimmt.
Äußerst beeindruckend ist, wie real Gollum inzwischen aussieht. Er war bereits in der HdR-Trilogie der beste Effekt, und die Künstler von Weta haben sich noch einmal selbst übertroffen. Andy Serkis tut es ihnen gleich und geht ein weiteres Mal völlig in der Rolle auf. Obwohl die Szene insgesamt sehr Vorlagengetreu ist, baut Jackson weiter auf der Interpretation der Figur aus „Die zwei Türme“ und „Die Rückkehr des Königs“ auf; die Persönlichkeitsspaltung wird hervorgehoben und zum wichtigen Bestandteil der Szene gemacht. Gollum würde Bilbo lieber sofort töten, während Sméagol dem Rästelspiel absolut nicht abgeneigt ist, weil es ihn an sein früheres Leben erinnert.
Nicht alle Rätsel haben es in den Film geschafft, aber die wenigen, die fehlen, tauchen möglicherweise in der Special Extended Edition auf.
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Gollum (Andy Serkis)

Der einzige andere Kritikpunkt an dieser Szene ist die Musik: Auf dem Soundtrackalbum variiert Howard Shore hier geschickt die Themen für Gollum, Sméagol und die Geschichte des Ringes; vor allem Letzteres erfährt einen besonders gelungenen Einsatz, bei dem man direkt heraushören kann, dass der Ring lange geschlafen hat und nun „erwacht“. Leider hat es keine dieser Variationen in den Film geschafft, stattdessen sind Neuaufnahmen von bereits aus der Trilogie bekannten Variationen zu hören. Der Filmmusikfreund fragt sich natürlich, weshalb dies so ist: Waren Peter Jackson die neuen Variationen zu subtil?
Über die erzwungene Parallele beim Aufsetzen des Rings (Bilbo fällt und der Ring gleitet auf seinen Finger, genauso wie bei Frodo in Bree) kann man hinwegsehen, vor allem da der Augenblick, in dem Bilbo die Möglichkeit hat, Gollum zu töten, ebenfalls exzellent umgesetzt wurde. Was Martin Freeman und Andy Serkis hier allein mit ihrer Mimik ausdrücken, ist unglaublich.

„Out of the frying-pan.“ – „And into the fire.” Das Finale
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Thorin (Richard Armitage) geht zum Angriff über

Nachdem Bilbo, Gandalf und die Zwerge wieder beieinander sind, folgt das actionreiche Finale des Films. Abermals ist die Szene im Buch weit weniger aufwendig, emotional aufgeladen und ernst als im Film. Nach der Flucht aus Orkstadt stoßen Zwerge, Hobbit und Zauberer eher zufällig auf ein Rudel Warge, das mit den Orks gemeinsame Sache macht. Die Gemeinschaft flieht in die Bäume und wird schließlich von den Adlern gerettet. Die Szene ist mit ihren singenden Orks bei Tolkien relativ humorvoll. Ganz anders im Film: Da dies als emotionaler Höhepunkt fungieren muss, wurde das Ganze aufgewertet. Die einzelnen Bestandteile sind nach wie vor vorhanden: Warge, Orks, Zwerge auf Bäumen und Rettung durch die Adler, aber der Rahmen wurde geändert. Im Film holen Azog und seine Wargreiter, alarmiert durch den Boten des Großen Ork, Thorin und Kompanie ein. Thorin, getrieben von Rache, will es mit Azog allein aufnehmen und wird schließlich von Bilbo gerettet, kurz bevor die Adler auftauchen. Somit bekommt diese Szene weitaus mehr Bedeutung, vor allem, was die Beziehung der Figuren angeht. Der Durst nach Rache am Mörder seines Vaters kommt für Thorin nun als bedeutende Motivation hinzu, die sich im Buch nicht findet, in den kommenden Filmen aber wohl noch eine wichtige Rolle spielen wird. Ebenso wird die Beziehung Thorin-Bilbo geändert: Im Roman ist der Hobbit dem Zwergenkönig im Exil relativ egal, während im Film die Abneigung, die dieser gegen Bilbo hegt, sehr deutlich hervorgearbeitet wird. Durch Bilbos Einsatz erkennt Thorin am Ende des Films Bilbo als nützlichen Teil der Gemeinschaft an.
Ansonsten wird dem Endkampf oft vorgeworfen, überdramatisiert zu sein, und dieser Vorwurf lässt sich nicht wirklich von der Hand weisen. Die Klippe, die umstürzenden Bäume, die Adlerrettung in allerletzter Sekunde und natürlich Thorins Angriff blähen die Szene geradezu auf. Allerdings, um es mit einer netten englischen Phrase auszudrücken: Hell, I don’t care. Peter Jackson ist für seine extrem dramatischen, am Kitsch kratzenden Szenen bekannt. Dennoch funktionieren sie für mich, was meistens an Howard Shores Musik liegt, die mir interessanterweise so ziemlich alles schmackhaft macht.
Am Ende des Films, nachdem Thorin Bilbo umarmt hat und die Gemeinschaft positiv in die Zukunft blickt, wird den Zuschauern schließlich ein erster Blick auf Smaugs Auge gewährt.
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Das Auge des Drachen

Fazit: Wenn ich mich um eine halbwegs objektive Sichtweise bemühe, lässt sich nicht von der Hand weisen, dass „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ Probleme hat. Dazu gehören, unter anderem, das Ungleichgewicht zwischen den ursprünglichen, direkt aus der Vorlage übernommenen (oder neu hinzugefügten) Kinderbuchelementen und den eher düsteren, auf die HdR-Trilogie hindeutenden Aspekte. Ebenso gibt es zu viele Rückgriffe auf die ursprüngliche Trilogie, die der Hobbit-Verfilmung ein Stück weit ihre Eigenständigkeit rauben – weniger wäre in diesem Fall mehr gewesen, vielleicht hätte sich die ursprünglich geplante zweiteilige Verfilmung als die bessere Alternative erwiesen.
Was diesen Film allerdings so interessant macht, ist, dass mich diese negativen Aspekte kaum stören. Ich erkenne sie, aber sie nerven mich nicht, wie es bei anderen Filmen der Fall wäre. Die subjektive Seite verlangt nach mehr Mittelerde und ist froh, dass drei und nicht zwei Filme gibt. Ich erwarte „Der Hobbit: Smaugs Einöde“ bereits sehensuchtsvoll.

Siehe auch:
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 1
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 2
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise – Soundtrack

Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 2

THE HOBBIT: AN UNEXPECTED JOURNEY

„I’ve got parasites the size of my arm!“ – Die drei Trolle
Die Szene, in der die drei Trolle Bert, William und Tom Bilbo und die Zwerge fangen und überlegen, wie man sie am besten zubereitet, gehört zu den ikonischsten des Romans – aber auch zu denen, die einen starken Kinderbuchcharakter haben und unter Betrachtung des „Herrn der Ringe“ und des „Silmarillion“ ein wenig fehl am Platz wirken. Die Trolle im HdR und auch in Jacksons Verfilmung waren Kampfmaschinen, die kein Wort von sich geben und lediglich als besonders zähe Gegner fungiert haben – man denke nur an den Höhlentroll in „Die Gefährten“. Bert, William und Tom dagegen sind klassische, dumme, für ein Kinderbuch recht typische Antagonisten, die überlistet werden sollen.
Ich könnte mir vorstellen, dass diese Szene Peter Jackson und seinen Co-Autoren durchaus Kopfzerbrechen bereitet haben dürfte, da sie einerseits von dem bisher etablierten Bild der Trolle stark abweicht, es andererseits aber enorme Proteste gegeben hätte, wäre sie nicht oder stark verfremdet enthalten.
Letztendlich entschied man sich, sie mit nur geringen Abweichungen zu integrieren. Die sprechende Geldbörse, die Bilbo im Roman von einem der Trolle stehlen will, wurde entfernt, stattdessen wird er durch Zufall geschnappt, als er versucht, die Ponys der Zwerge zu befreien (und ist damit schon der zweite Held, der sich mit Trollpopel herumärgern muss). Insgesamt lässt sich beobachten, dass die Trolle eigentlich noch dümmer sind als im Roman – womit quasi ein Kompromiss zwischen den nicht sprachfähigen Trollen der HdR-Trilogie und den Trollen, wie sie in Tolkiens „Hobbit“ auftauchen, geschlossen wird. Im Film werden die drei von Zwergendarstellern per Motion Capture gespielt, Bert von Mark Hadlow (Dori), William von Peter Hambleton (Glóin) und Tom von William Kircher (Bifur). Das Design wirkt ein wenig menschlicher als bei den HdR-Trollen. Zugegebenermaßen erreicht die Qualität der Troll-Animationen nicht die Gollums.
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Die drei Trolle Willam (Peter Hambleton), Tom (William Kircher) und Bert (Mark Hadlow)

Eine weitere Änderung findet sich in der Art, wie die Zwerge gefangen genommen werden: Im Roman werden sie einfach eingesammelt, während sie im Film vorinformiert sind und die Trolle unter Begleitung und einer markanten und sehr heroischen Blechbläservariation des Misty-Mountain-Themas angreifen – jedenfalls bis die Trolle drohen, Bilbo auseinander zu reißen. Auch ist es im Film nicht Gandalf, der die Trolle mit verstellter Stimme beschäftigt, sondern Bilbo. Gandalf taucht erst auf, als die Sonne auch wirklich aufgeht, und spaltet in bester Moria-Manier einen Felsen.
Besonders auffällig an dieser Szene ist, dass Bilbo im Film weitaus besser dasteht als im Buch. Anstatt Unnützes zu tun wie eine Trollbörse zu stehlen, versucht er, die Ponys zu befreien, was durchaus logisch ist und auch funktioniert hätte, hätte einer der Trolle sich nicht die Nase putzen müssen. Ebenso verrät Bilbo die Anwesenheit der Zwerge im Film nicht (im Buch fällt ihm immerhin noch ein, dass man so etwas ja eigentlich nicht tut). Und natürlich ist er es, der die Trolle zu einer Diskussion veranlasst, während die Zwerge vor allem komödiantische Zwecke erfüllen – der Zwergenspieß ist wirklich unheimlich albern. Dass diese Szene so funktioniert ist vor allem Martin Freeman zu verdanken, der das Ganze dominiert und Bilbos Handlungen großartig und nachvollziehbar darstellt.
Der auf die Trollszene folgende Schwertfund ist sehr buchgetreu dargestellt, auch wenn der Fokus noch einmal auf Thorins Abneigung gegen die Elben (und auch das, was sie geschaffen haben) gelegt wird. Das Aussehen von Glamdring und Stich ist ja bereits aus den HdR-Filmen bekannt. Orcrists Design ist recht interessant: Das Elbenschwert ist kürzer, einschneidig und alles in allem ein wenig kompakter, um so besser zu Thorin zu passen. Von Glamdring unterscheidet es sich ziemlich stark, die Klinge erinnert jedoch an Stich (obwohl Letzteres zweischneidig ist). Dies legt die Vermutung nahe, dass Stich ursprünglich als Zweitwaffe von demjenigen, der Orcrist führte, benutzt wurde – jedenfalls scheint dies die Intention der Filmemacher gewesen zu sein.
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Thorin mit Orcrist

Und wo wir gerade bei Elbenschwertern sind: In den Filmen (sowohl HdR als auch „Hobbit“) scheint ausschließlich Stich blau zu glühen, während in den Romanen sämtliche Schwerter aus Gondolin blau leuchten, wenn Orks in der Nähe sind. Allerdings fällt auf, dass sowohl Glamdring als auch Orcrist zumindest ein wenig zu glühen scheinen – besonders gut sichtbar in „Die Rückkehr des Königs“ (Special Extended Edition) in der Szene, in der Pippin und Gandalf über das Leben nach dem Tod sprechen.

„A dark power has found a way back into the world.“ – Radagast der Braune und Dol Guldur
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Gandalf (Ian McKellen) und Radagast (Sylvester McKoy)

Nach Azog ist Radagast der Braune (gespielt von Sylvester McCoy) die zweite Figur, die die Gemüter enorm erhitzte. Ein Kritiker sprach gar von einem Jar-Jar-Binks-Äquivalent. So schlimm ist es gottseidank nicht, zugegebenermaßen wäre in Bezug auf Radagast aber weniger mehr gewesen. Die Figur an sich, ebenso wie ihre Darstellung, stört mich nicht, allerdings wird Radagast wohl auch nicht zu meiner Lieblingsfigur werden. Sein Debüt feiert er bereits vor der Trollszene: Gandalf erzählt Bilbo von den anderen vier Zauberern. Der Grund, weshalb er sich nicht an die Namen der beiden blauen Zauberer erinnert (sie heißen Alatar und Pallando), findet sich in den verfügbaren Lizenzen: Für die Hobbit-Filme stehen der „Herr der Ringe“ und der „Hobbit“ zur Verfügung, nicht aber die Tolkien-Schriftensammlung „Nachrichten aus Mittelerde“, in der die beiden blauen Zauberer namentlich genannt werden.
Kurz nach besagtem Dialog entfernt sich die Filmhandlung erst einmal von den Zwergen und Bilbo und wendet sich stattdessen Radagast und den Vorkommnissen im Grünwald bzw. Düsterwald zu. Der braune Zauberer stellt fest, dass eine dunkle Macht sich in der alten Festung Dol Guldur (deren Design phänomenal ist) eingenistet hat und von dort aus den Wald regelrecht vergiftet. Nebenbei bemerkt: Bei Tolkien ist diese dunkle Macht, Sauron in Gestalt des „Nekromanten“ (im Film nur einmal als schattenhafter Umriss zu sehen) schon ein wenig länger aktiv. Ich persönlich habe allerdings die Theorie, dass die erste Radagast-Szene bereits vor dem Beginn der eigentlichen Hobbit-Handlung stattfindet und nicht parallel zur ersten Reiseetappe der Gemeinschaft. Das würde auch erklären, wie Radagast so unwahrscheinlich schnell vom Düsterwald nach Eriador gekommen ist – Rhosgobel-Kaninchen hin oder her. Genau diese sind übrigens, ebenso wie die Geschichte mit der Heilung des Igels Sebastian und Radagasts Reaktion auf Pfeifenkraut, die besagten Fälle, bei denen weniger mehr gewesen wäre. Von diesen „Ausrutschern“ einmal abgesehen hat Radagast durchaus auch klarere, sprich: ernsthafterer Momente (speziell der kurze Kampf mit dem Hexenkönig) und trägt auch wirklich etwas zur Geschichte bei. Wenn man einmal außen vorlässt, dass die Szenen im Düsterwald nach Tolkien sehr viel früher hätten spielen müssen – in den Büchern war sich der Weiße Rat zu diesem Zeitpunkt bereits darüber im Klaren, wer sich da im Düsterwald niedergelassen hat, stattdessen diskutierte man darüber, ob man ihn austreiben sollte oder nicht – hätte es in der Tat Radagast sein können, der Saurons Rückkehr bemerkt und dem Weißen Rat davon berichtet.
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Die finstere Festung Dol Guldur

Schließlich wäre da noch die Konfrontation mit den Wargreitern. Generell habe ich gegen die Konzeption dieser Szene nichts einzusetzen – es ist verständlich, dass hier die Spannung noch etwas aufgebaut wird – die Umsetzung schmeckt mir allerdings auch nicht wirklich. Die Warge selbst gefallen mir eigentlich recht gut und ich sehe auch kein Problem mit der Art und Weise, wie Warge in der HdR-Trilogie in Erscheinung treten; während sie im „Hobbit“ einfach sehr große und bösartige Wölfe sind (so hatte ich sie mir auch ursprünglich beim Lesen vorgestellt), hatten sie in der HdR-Trilogie mehr mit Hyänen gemein. Die Lösung für diese Inkonsistenz: Bei den HdR-Wargen handelt es sich um eine südliche Rasse, während die Hobbit-Warge aus Gundabad, einer Orkfestung im Norden des Nebelgebirges stammen.
Was dagegen stört ist die Landschaft, die einfach nicht so wirklich in die Gegend um Bruchtal passen will und mehr nach Rohan aussieht. Und schließlich ist die Jagd mit dem Kaninchenschlitten doch ein wenig zu viel Slapstick.

„You are not the only guardian to stand watch over Middle-earth.“ – Bruchtal und der Weiße Rat
Bruchtal entschädigt glücklicherweise für die erste Konfrontation mit den Wargreitern. Gerade hier finden sich natürlich verdammt viele Verweise auf die HdR-Trilogie. Die meisten davon sind sehr gut gelungen. Beispielsweise ist es sehr schön, noch einmal vollgerüstete Elbenkrieger und Elrond (Hugo Weaving) in voller Montur zu sehen. Einige haben es auch nicht in die Kinoversion geschafft, etwa die Szene (im ersten Trailer zu sehen), in der Bilbo die Bruchstücke von Narsil entdeckt.
Nach der Ankunft der Zwerge ist alles ziemlich buchgetreu inszeniert, allerdings sind Elben weniger verspielt als im Roman und Thorins Abneigung gegen sie wird noch einmal besonders betont. Recht auffällig in diesem Abschnitt ist, dass Bilbo in den Hintergrund tritt, zwar ist er überall dabei, bekommt aber kaum Gelegenheit, etwas beizutragen.
Von größtem Interesse ist natürlich die Zusammenkunft des Weißen Rates. Auch diese finde ich prinzipiell sehr gelungen, auch wenn sie ein paar kleine, wenn auch nahvollziehbare, Schönheitsfehler hat. Dem Kenner fällt natürlich sofort auf, dass der Rat mit lediglich vier Mitgliedern zu klein ist. Die Intention ist klar, die Macher wollten die unbedarften Zuschauer nicht mit zusätzlichen, unbekannten Figuren verwirren, aber zumindest Radagast hätte ebenfalls dazugehört – er war ja sowieso gerade in der Gegend. Und ich hätte auch gerne Círdan, Glorfindel, Erestor oder andere wichtige Elben gesehen. Davon abgesehen gibt es noch in der Diskussion etwas, das ein wenig merkwürdig anmutet. Ob der Dolch des Hexenkönigs von Angmar wirklich vonnöten gewesen wäre, ist sicherlich diskutabel, aber ich fand vor allem das Gespräch über das Grab des Hexenkönigs ein wenig seltsam, da sie den Anschein erweckt, der Fürst der Nazgûl habe zu Lebzeiten über Angmar geherrscht, sei begraben worden und dann als Ringgeist zurückgekehrt. Das widerspricht zumindest Tolkien direkt, und auch der Prolog von „Die Gefährten“ suggeriert, dass die neuen Ringgeister bereits seit dem Zweiten Zeitalter aktiv sind. Die beiden kommenden Filme werden zeigen, was sich aus diesen Andeutungen entwickelt.
Davon abgesehen finde ich die Szene allerdings grandios, vor allem wegen Cate Blanchett und Christopher Lee. Erstere ist (wie Gandalf korrekt feststellt) wirklich nicht gealtert, und spielt sogar fast noch besser als in der HdR-Trilogie. Und Christopher Lee verdient den höchsten Respekt; mit 90 noch in Filmen mitzuspielen ist eine beeindruckende Leistung. Hier wurde er sogar erfolgreich verjüngt, sein Gesicht ist ein wenig faltenfreier und sein Bart ein wenig dunkler als in der HdR-Trilogie.
THE HOBBIT: AN UNEXPECTED JOURNEY
Der Weiße Rat von links nach rechts: Gandalf (Ian McKellen), Galadriel (Cate Blanchett), Saruman (Christopher Lee) und Elrond (Hugo Weaving)

Auch das Verhältnis der Figuren, wie es in dieser Szene dargestellt wird, gefällt mir ausnehmend gut und erinnert sehr an die „Nachrichten aus Mittelerde“ (natürlich ohne, dass besagtes Buch wirklich miteinbezogen würde): Saruman, der auf Gandalf herabblickt, gleichzeitig eifersüchtig ist und prinzipiell gegen ihn spricht (was auch die Frage aufwirft, in wie weit Saruman hier bereits eigene Ambitionen verfolgt) und Gandalf, der sich als geringer sieht als er ist, aber trotzdem gegen das Haupt des Ordens arbeitet und sowieso tut, was er will. Allgemein ist der Gandalf dieses ersten Hobbit-Films ein wenig unsicherer und weniger energisch als der Gandalf der HdR-Trilogie.
Unbedingt erwähnenswert ist im Zusammenhang mit dieser Szene noch Howard Shores Musik, denn was er hierfür komponiert hat, ist wunderbar vielschichtig und gehört zu den besten Verarbeitungen von HdR-Themen im Hobbit-Score. Gekonnt verwendet er Andeutungen des Isengart- und Sauron-Themas, um Zukünftiges anzudeuten, verwoben mit neuen Variationen der Themen für Bruchtal und Lórien.
Der Aufbruch der Gemeinschaft (ohne Gandalf wohlgemerkt, der im Buch dabei ist) schließlich spiegelt, wie nicht anders zu erwarten, den Aufbruch der Gefährten wieder. Statt einer epischen Variation des Gefährtenthemas gibt es eine nicht minder epische des Misty-Mountain-Themas, dazu umwerfende Landschaftsaufnahmen von Neuseeland.
Letztendlich ist das größte Manko des Bruchtal-Abschnitts ist wohl, dass er ein wenig zu kurz geraten ist – hier wird allerdings mit ziemlicher Sicherheit die Extended Edition Abhilfe schaffen.

Siehe auch:
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 1
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 3
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise – Soundtrack

Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 1

THE HOBBIT: AN UNEXPECTED JOURNEY
Die Filmadaption eines Romans (oder Comics oder Computerspiels etc.) ist immer eine schwierige Angelegenheit. Eine Geschichte kann nur in ganz seltenen Fällen eins-zu-eins auf ein anderes Medium übertragen werden. Selbst bei Filmen wie „Sin City“, die sich wirklich extrem eng an die Vorlage halten, gibt es kleine Änderungen. Und während eine Comicverfilmung sich noch besser direkt abbilden lässt – unter anderem, weil sich die Dramaturgie bei Film und Comic oft ähnelt, zusätzlich ist es möglich, die Panels als Storyboard zu verwenden – ist die Angelegenheit beim Roman schwieriger. Es gibt andere dramaturgische Anforderungen, innere Monologe müssen meistens wegfallen und grundsätzlich gilt die Regel: „Show, don’t tell!“ Auch sollten Regisseur, Drehbuchautor und sonstige Beteiligte durchaus die eigene künstlerische Vision erlaubt sein, dabei sollten sie aber wiederrum den „Geist“ oder „Kern“ der Vorlage nicht aus den Augen verlieren. Und darüber hinaus ist in den letzten 20 Jahren noch das Internet dazu gekommen; die Stimmen der Fans sind dadurch sehr viel lauter geworden und entscheiden heutzutage über Erfolg oder Misserfolg in viel größerem Ausmaß, als das früher der Fall war.
Die Verfilmung von J.R.R. Tolkiens Kinderbuch „Der Hobbit“ ist diesbezüglich natürlich recht schwierig und stellte Regisseur und Drehbuchautor Peter Jackson sowie seine Kollaborateure Fran Walsh und Philippa Boyens vor eine gewaltige Aufgabe in Form eines schwierigen Drahtseilaktes: Einerseits will man dem Roman treu bleiben, der nun einmal um einiges kindlicher, leichter und harmloser ist als der „Herr der Ringe“. Andererseits will man aber auch das Filmpublikum ansprechen, das erst durch die HdR-Verfilmung auf Mittelerde aufmerksam wurde, nun mehr von epischen Gefechten zwischen Gut und Böse sehen möchte und von sprechenden Troll-Geldbeuteln und ähnlichem wohl eher irritiert wäre. Im Großen und Ganzen wurde diese Aufgabe in meinen Augen mit Bravour bewältigt (auch wenn es einige Schnitzer gibt), aber es lohnt sich sicherlich, „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ diesbezüglich einer genaueren Untersuchung zu unterziehen.
Ursprünglich hätte es ein Artikel werden sollen, aber das Ganze ist schon etwas ausgeufert und würde sonst auch zu lange dauern, weshalb ich mich entschlossen habe, mir an Peter Jackson ein Beispiel zu nehmen und die ausführliche Hobbit-Rezension in zwei bis drei Teile zu teilen.

Allgemeine Beobachtungen
Zuerst einmal ist festzustellen, welches Publikum durch die Hobbit-Verfilmung angesprochen wird. Für Buchpuristen, die ständig aufschreien: „Das steht so aber nicht im Buch“ ist er nämlich mit Sicherheit nichts. Zwar wird eigentlich verhältnismäßig wenig wirklich geändert, aber so einiges wird doch erweitert und umgedeutet. Wer mit der Verfilmung der HdR-Trilogie schon nichts anfangen konnte, wird wohl auch mit „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ und den kommenden beiden Filmen nichts anfangen können. Wer nur epische Schlachten sucht, wird ebenfalls enttäuscht werden, da, trotz aller Bemühungen, den „Hobbit“ ein wenig mehr wie den „Herrn der Ringe“ wirken zu lassen, doch noch sehr viele der kindlicheren Elemente erhalten geblieben sind (und ja, manchmal wirkt der Wechsel zwischen „episch“ und „kindlich“ ein wenig holprig). Wer (wie ich) ein Fan der „größeren“ Mittelerde und der Verbindungen ist, und darüber hinaus nicht der Meinung ist, dass jedes Wort genauso umgesetzt werden muss, wie es niedergeschrieben wurde, der wird wahrscheinlich Gefallen an der Hobbit-Adaption finden, ebenso wie alle, die einfach mehr aus Mittelerde wollen. Man sollte sich vor Augen halten, dass es nun einmal Peter Jacksons Interpretation von Tolkiens Werk(en) ist.
Atmosphärisch ist „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ zwischen dem Roman und der HdR-Trilogie angesiedelt. Die Adaption ist deutlich düsterer als Tolkiens Roman, aber dennoch leichter und weniger grimmig als die alte Trilogie. Das Mittelerde, das Jackson uns hier präsentiert, ist sauberer, die Farben sind kräftiger und es wirkt allgemein fantastischer – im Vergleich dazu erinnert die HdR-Trilogie mitunter eher an ein Historienepos denn an Fantasy. Dass „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ sauberer wirkt, könnte auch mit dem stärkeren Einsatz von CGI gegenüber den Modellen und klassischen Effekten der Trilogie zusammenhängen. Mit 3D und den 48 fps würden Modelle und praktische Effekte nicht überzeugen, was ich sehr schade finde, da mir die HdR-Kombination von Computer- und altmodischen Effekten sehr gut gefallen hat. „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ wirkt digitaler, was den oben beschriebenen Effekt noch verstärkt. Es nimmt jedoch in meinen Augen kein störendes Ausmaß an, ich kann mich auch mit dem ersten Hobbit-Film in Mittelerde verlieren.
Durch diese atmosphärische Wandlung wirkt das Ganze in der Tat „kindgerechter“ – so fließt in „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ beispielsweise auch kein Blut und die Schwerter sind nach der Schlacht sauber (besonders auffällig, als Bilbo Stich aus dem Kopf des Warges zieht). Im Gegensatz dazu spritzte im HdR schon mal gern das Orkblut und die Kämpfe waren allgemein sehr viel dreckiger. Möglicherweise tut sich diesbezüglich allerdings noch etwas in der Special Extended Edition des ersten Hobbit-Films.
Sehr auffällig ist auch, dass Peter Jackson versucht, den Film weniger episodenhaft aufzubauen. Die ersten beiden Drittel von Tolkiens Romans bestehen aus Abenteuern, die wenig bis gar nicht miteinander verknüpft sind. Auch im Film entsteht dieser Eindruck zuweilen, allerdings wurden einige Bemühungen unternommen, die einzelnen Stationen der Reise besser miteinander zu verknüpfen.
Lobend erwähnt werden müssen noch die vielen Details, auf die geachtet wurde, und die oft auftretenden Anspielungen für Fans – Radagast bezeichnet die Spinnen beispielsweise als „Brut von Ungoliant“ und Stich hat noch keine Beschriftung – diese wird erst später auf Bilbos Geheiß hinzugefügt (auf dem Schwert steht in Elbenrunen „Stich ist mein Name – ich bin der Spinne Tod“).

„My dear Frodo…“ – Der Prolog
Der Film beginnt, wie man das erwarten würde: In Beutelsend und mit den vertrauten Klängen des Auenlandthemas, sodass man sich fühlt, als würde man nach langer Abwesenheit wieder nachhause kommen. In bester Herr-der-Ringe-Manier startet auch kurz darauf ein epischer Prolog, der wie in „Die Gefährten“ den unbedarften Zuschauer mit der Vorgeschichte vertraut macht, die im Roman nur erzählt wird. Auch das war zu erwarten und ist schlichtweg großartig geworden. Das Design des Erebor erinnert mit den vielen eckigen Säulen und dem zwergischen Gigantismus stark an Moria – natürlich ist alles lebendiger und bunter. Auch die Stadt Thal ist sehr gelungen, das Design ähnelt den mediterranen Städten des Mittelmeers und erinnert mich persönlich ein wenig an King’s Landing in „Game of Thrones“, welches von Malta „dargestellt“ wurde.
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Die Stadt Thal

Sehr geschickt wurde es vermieden, Smaug schon vollständig zu zeigen: Man sieht nur einen geflügelten Schatten, Füße, man hört ihn, sieht seine Zerstörung, der Drache selbst wird aber noch nicht enthüllt.
Darüber hinaus werden bereits erste Hinweise auf die Drachenkrankheit gestreut, die später noch eine große Rolle spielt, und es gibt einen ersten Blick auf Thranduil (Lee Pace), den König der Waldelben und Vater von Legolas. Dabei kommt unweigerlich die Frage auf, ob Thranduils Design noch auf Guillermo del Toro zurückzuführen ist, denn sein Aussehen (und die Tatsache, dass er auf einem Hirsch reitet) würden irgendwie mehr zu del Toro als zu Jackson passen. Ob man der Feindschaft zwischen Zwergen und Elben, die ja bereits in der HdR-Trilogie etabliert wurde, noch ein weiteres Element hinzufügen muss, ist fraglich – andererseits dürfte die hier dargestellte Situation allerdings für Nichtbuchleser die Fehde ein wenig logischer machen.
Unweigerlich wird hier bereits Thorin (Richard Armitage) als wichtige, tragische und getriebene Hauptfigur etabliert; er ist der zentrale Charakter des Prologs, das Ganze wird zwar vom alten Bilbo (Ian Holm) geschildert, aber dennoch quasi aus Thorins Perspektive.
Im ganzen Film gibt es viele Elemente (Handlungen von Figuren, Einsatz von Musik, Cameos bekannter Figuren, Szenenanordnung etc.), die den „Hobbit“ mit dem „Herrn der Ringe“ verbinden sollen – manche davon sind besser gelungen, andere weniger. Das, was mich diesbezüglich am meisten stört, ist das Auftauchen von Frodo (Elijah Wood) und die kurze Szene zwischen Zwergenrückblick und Beginn der eigentlichen Handlung, da sie die Hobbit-Filme in meinen Augen zu sehr an den „Herrn der Ringe“ kettet und dadurch sie dadurch fast wie ein Spin-off wirken lässt. Auch finde ich Frodos Auftreten ziemlich unnötig. Der alte Bilbo als Rahmen ist eine schöne Idee, aber diesen Rahmen direkt am Tag von Bilbos einundelfzigstem Geburtstag zu platzieren finde ich unnötig.

„There’s far too many dwarves in my dining room.” – Das unerwartete Fest
Die Entscheidung, den „Hobbit“ als Dreiteiler zu verfilmen, sorgt dafür, dass vor allem die erste Hälfte, speziell besagtes unerwartetes Fest, enorm buchgetreu ist. Viele der Dialoge sind direkt und ohne Änderung aus dem Roman übernommen und sogar einige Phrasen des Erzählers tauchen auf, die entweder vom alten Bilbo kommen („In a hole in the ground there lived a hobbit…“) oder Gandalf in den Mund gelegt wurden (die Geschichte mit Stierbrüller-Tuk und der Erfindung des Golfspiels). Gerade diese Szenen in Beutelsend dürften Unkundigen mitunter als etwas langatmig vorkommen, während Liebhaber der Vorlage diese oft als die gelungensten angeben.
Schon der erste Blick auf Martin Freeman macht deutlich, dass es in der Tat niemand anderen gibt, der den jungen Bilbo Beutlin so gut hätte darstellen können, ein Eindruck, der sich mit jeder weiteren Szene bestätigt, insbesondere, da es ihm sehr gut gelingt, Stimme und Gestik an Ian Holm anzugleichen, ohne das es erzwungen wirkt. Währenddessen zeigt Sir Ian McKellen, dass er einfach Gandalf IST. Ganz allgemein bietet „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ fast noch gelungenere schauspielerische Leistungen als die HdR-Trilogie.
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Bilbo Beutlin (Martin Freeman) will keine Abenteuer

Der größte Unterschied zum Roman ist wohl, dass Thorin Eichenschild nicht zusammen mit den anderen Zwergen durch Bilbos Haustür purzelt und auch an der heiteren Mahlzeit nicht teilnimmt. Jackson lässt ihn verspätet eintreffen (wobei er gleich noch die erste Erwähnung von Dáin Eisenfuß einarbeitet), um ihn noch stärker von den anderen abzuheben. Auch seine Angewohnheit, prätentiöse Reden zu schwingen, hat er im Film abgelegt, dafür ist er ein wenig grüblerischer. In der Tat nimmt er ein wenig die Rolle ein, die Aragorn in den HdR-Filmen hatte (immerhin sind auch beide Könige im Exil), aber, vor allem Dank Richard Armitages hervorragendem Spiel funktioniert es, da er sowohl glaubhaft die Fürsorge für sein Volk als auch die Arroganz, die die Figur ausmacht, verkörpert. Dass Thorin die komischen Elemente dabei abhandengekommen sind, ist sogar hilfreich.
Die anderen Zwerge sind dagegen charakterlich noch nicht so gut ausgearbeitet. Zwar ist das jeweilige Design schon sehr individuell, man bemühte sich, nicht alle wie Gimli aussehen zu lassen (mit Ausnahme seines Vaters Glóin (Peter Hambleton) selbstverständlich), aber davon abgesehen fehlen bei vielen noch Charaktereigenschaften. Es ist allerdings bei weitem nicht so schlimm, wie manche Kritiker behaupten, nur wird hier eben nicht mit dem Holzhammer charakterisiert. Von Thorin einmal abgesehen sind Fíli (Dean O’Gorman), Kíli (Aidan Turner), Bofur (James Nesbitt) und natürlich Balin (Ken Stott) die Zwerge, die hin und wieder ein wenig im Rampenlicht stehen dürfen – interessanterweise sind sie auch die Zwerge, die Bilbo am meisten zu mögen scheinen.
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13 Zwerge. Von links nach rechts: Nori (Jed Brophy), Fíli (Dean O’Gorman), Dori (Mark Hadlow), Bofur (James Nesbitt), Glóin (Peter Hambleton), Dwalin (Graham McTavish), Thorin (Richard Armitage), Balin (Ken Stott), Óin (John Callen), Bombur (Stephen Hunter), Bifur (William Kircher), Ori (Adam Brown) und Kíli (Aidan Turner)

Das Manko der mangelhaft charakterisierten Zwerge ist allerdings eines, das es schon in der Romanvorlage gab; man nahm einfach an, dass sich dies bei einer derartig „ausgewalzten“ Adaption ändern würde. Natürlich sollte man den Tag aber noch nicht vor dem Abend loben (bzw. verfluchen), denn immerhin kommen ja noch zwei weitere Filme sowie die Special Extendes Edition des ersten Hobbit-Streifen, die hier Abhilfe verschaffen könnten.
Erwähnenswert sind natürlich noch die beiden extrem gelungenen Zwergenlieder (Misty Mountains hätte gerne noch länger sein dürfen, aber wer weiß, vielleicht kommen in den anderen beiden Filmen ja noch weitere Strophen) und die Tatsache, dass Bilbo sich nicht schon am Abend entschließt, mitzugehen und dann am Morgen von Gandalf zu Tür raus geschubst wird, sondern dass der Entschluss alleine und am Morgen gefällt wird. Warum der plötzliche Sinneswandel? Für mich war das ziemlich eindeutig: Bilbo hat kurz vor dem Schlafengehen Misty Mountains gehört, das Lied hatte dieselbe Wirkung wie im Buch und hat sich über Nacht festgesetzt und den Hunger nach Abenteuern geweckt. Absolut nachvollziehbar.

„The Defiler“ – Azog und die Schlacht von Azanulbizar
In Tolkiens Roman selbst wird vieles nur angedeutet. Der Krieg der Zwerge mit den Orks gehört dazu, der Leser erfährt ein wenig aus einem Wortwechsel zwischen Gandalf und Thorin. In der ursprünglichen Version steht lediglich, dass Thorins Großvater Thrór von einem Ork in den Minen von Moria ermordet wurde. In späteren Ausgaben findet sich bereits Azogs Name an dieser Stelle, und die Anhänge des HdR geben weiter Auskunft über diese Vorkommnisse. Wie zu erwarten war wurde dieser Teil der Anhänge auch in „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ eingebaut. Kurz nach dem die Zwerge, Gandalf und Bilbo Beutelsend verlassen haben, erzählt Balin von der Schlacht von Azanulbizar (Schattenbachtal, dort haben die Gefährten im ersten HdR-Film Moria verlassen). Im Vergleich zu Tolkiens Schilderung dieser Schlacht gibt es im Film einige kleinere Unterschiede, die alle dramaturgische Gründe haben. Während Thorin in den Anhängen nur ein oder zwei Mal erwähnt wird (die Herkunft seines Beinamens taucht nur in einer Fußnote auf), dient der Rückblick im Film vor allem dazu, Thorins Charakter stärker zu prägen; wie im Prolog steht er im Fokus.
Bei Tolkien ist es Dáin Eisenfuß, der Azog (im Film gespielt von Manu Bennett, bekannt als Crixus in „Spartacus“) bekämpft und tötet, während der Film Azog als Thorins Nemesis etabliert.
Azog
Azog (Manu Bennett) kämpft in der Schlacht von Azanulbizar

Der größte Unterschied zwischen Vorlage und Adaption besteht natürlich darin, dass Azog die Schlacht von Azanulbizar überlebt und in „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ quasi als Hauptschurke dieses Films auftritt. Die Intention dahinter ist verständlich, denn dem „Hobbit“ fehlt es an durchgängigen Schurken, was an seiner episodischen Struktur liegt – die drei Trolle und der große Ork tauchen viel zu kurz auf, um eine akzeptable Präsenz der Bedrohung zu etablieren. In „Die Gefährten“ war das Problem ebenfalls vorhanden, wenn auch nicht so stark. Mit den Nazgûl verfügt die erste Hälfte über mehr als akzeptable Widersacher für die Helden, die Bedrohung durch die Ringgeister wächst stetig an, sodass sich auch Spannung und Tempo erhöhen. Die zweite Hälfte des Romans ist dagegen, wie der „Hobbit“ eher episodenhaft, die Bedrohung durch die Orks und den Balrog in Moria sowie durch Sarumans Uruk-hai sind unzusammenhängend. Peter Jacksons Lösung, um die Erzählstruktur des Films ein wenig zu straffen und die Spannung zu erhöhen, empfinde ich hier als äußerst gelungen: Saruman wird bereits frühzeitig als strippenziehender Schurke etabliert (was auch gleichzeitig für Sauron kompensiert). Zwar steckt er nicht direkt hinter den Vorkomnissen in Moria, hat jedoch seine Finger Spiel. Mit dem Urku-hai Lurtz wird gleichzeitig noch ein direkter Antagonist geschaffen, der Boromir töten und seinerseits von Aragorn geköpft werden kann. Dies hängt vornehmlich auch damit zusammen, dass sowohl Lurtz als auch Saruman (Letzterer wird natürlich von dem großartigen Christopher Lee verkörpert, was prinzipiell hilfreich ist) das nötige Charisma mitbringen.
In „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ versuchte Peter Jackson nun etwas ähnliches, allerdings mit weit weniger Erfolg. Man kann wohl davon ausgehen, dass etwas Derartiges von Beginn an geplant war, die Gemeinschaft sollte wohl nicht einfach von einem Abenteuer ins nächste stolpern, sondern gejagt werden. Allerdings ist anzunehmen, dass Azog diese Rolle nicht von Anfang an innehatte. Wie viele denke ich, dass Azog in der ursprünglichen Version („Hobbit“ in zwei statt drei Filmen) lediglich im oben beschriebenen Rückblick hätte auftauchen sollen und diesen, wie in der Vorlage auch, nicht überlebt hätte. Stattdessen wäre wohl Azogs Sohn Bolg Hauptschurke des ersten Hobbit-Films gewesen, der möglicherweise eine zusätzliche Bedrohung im Düsterwald dargestellt hätte.
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Azogs Sohn Bolg (Conan Stevens)

Ein Ork namens Yazneg (der im fertigen Film von Azog wegen Versagens ermordet wird), wohl eine Art Unteroffizier von Bolg, hätte dann wahrscheinlich die Jagd auf Thorin und Kompanie übernommen. Dafür gibt es einige Indizien: Von Azog gibt es kaum Bilder, kein Promomaterial, keine Actionfigur (von Yazneg existiert eine) und er taucht in Hintergrundbüchern zum Film schlicht nicht auf; statt seiner ist auf frühen Filmpostern Bolg zu sehen. Und im Lego-Set, das das Finale des ersten Hobbit-Films nachstellt, ist eine Minifigur von Yazneg enthalten, aber nicht von Azog.
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Actionfigur von Yazneg

Leider muss ich vielen Kritikern darin zustimmen, dass Azog eines der schwächsten Elemente des Films ist. Sein Aussehen wirkt unausgereift, nicht wirklich bedrohlich und es mangelt ihm an Präsenz und Charisma. Am besten funktioniert er noch im Azanulbizar-Rückblick, einer Szene, die ich außerordentlich genossen habe. Sie ist wohl die Entschädigung dafür, dass es in „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ keine richtige Schlacht gibt. Dennoch ist die Schlacht von Azanulbizar kurz genug, um nicht störend zu wirken und hilft, Thorins Charakter weiter zu erforschen. Das Funktionieren der Szene ist nicht zuletzt Howard Shore zu verdanken, der durch den gelungenen Einsatz von Thorins Thema, Azogs Thema und der düsteren Chöre, die an die Moria-Musik gemahnen, den nötigen emotionalen Effekt hervorruft.

Siehe auch:
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 2
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 3
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise – Soundtrack

Der Hobbit: Eine unerwartete Reise

Ende des Hobbit-Countdowns
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Story: Der Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman) möchte von Abenteuern eigentlich nichts wissen. Doch eines Tages stehen der Zauberer Gandalf (Ian McKellen), der Zwergenkönig im Exil Thorin Eichenschild (Richard Armitage) und dessen Gefährten Dwalin (Graham McTavish), Balin (Ken Stott), Kíli (Aidan Turner), Fíli (Dean O’Gorman), Dori (Mark Hadlow), Nori (Jed Brophy), Ori (Adam Brown), Óin (John Callen), Glóin (Peter Hambleton), Bifur (William Kircher), Bofur (James Nesbitt) und Bombur (Stephen Hunter) vor seiner Tür und nehmen ihn als Meisterdieb mit, um das verlorene Gold ihrer Vorfahren und den Erebor, das einstmals mächtige Zwergenkönigreich, von dem Drachen Smaug zurückzuerobern. Doch die Reise bis zum Erebor ist lang und gefährlich, denn dort lauern Orks, Trolle, Warge, Gollum (Andy Serkis) und noch Schlimmeres…

Kritik: Ich habe ihn endlich gesehen, den von mir am meisten erwarteten Film des Jahres – was in einem Jahr, in dem sowohl „The Dark Knight Rises“ als auch die „The Avengers“ anlaufen durchaus eine Leistung ist. Um „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ wirklich gerecht werden zu können, werde ich erstmals zwei Rezensionen verfassen. Die erste – diese hier – ist spoilerfrei, allgemeiner gehalten, beschäftigt sich ein wenig mit den filmischen Hintergründen, der Technik etc., während die zweite genauer analysiert und Film mit Buchvorlage vergleicht (vielleicht habe ich bis dahin den Film bereits zum zweiten Mal gesehen).
Die Reise zur Filmadaption des „Hobbit“ selbst mag nicht unerwartet sein, denn nach dem monumentalen Erfolg von Peter Jacksons Herr-der-Ringe-Trilogie war eine Rückkehr nach Mittelerde abzusehen. Unerwartet aber waren die vielen Probleme, die auf dem Weg zu diesem Film auftauchten. Zur Erinnerung: „Die Rückkehr des Königs“ kam Dezember 2003 in die Kinos, seitdem sind neun Jahre vergangen.
Die Produktion des „Hobbit“ schien von Anfang an unter keinem guten Stern zu stehen. Zuerst gab es Auseinandersetzungen zwischen New Line Cinema und Peter Jackson wegen finanziellen Fragen, ebenso wie Rechtsstreitigkeiten mit den Nachlassverwaltern von Tolkien. Als dieser mehrere Jahre andauernde Konflikt beseitigt werden konnte, nahm man schließlich die Arbeit am „Hobbit“ wieder auf: Peter Jackson sollte produzieren und zusammen mit Philippa Boyens und seiner Frau Fran Walsh am Drehbuch arbeiten, während Guillermo del Toro („Pans Labyrinth“, „Hellboy 1 & 2“) Regie führen und ebenfalls am Drehbuch mitarbeiten würde. Doch dann ging Metro Goldwyn Mayer, das Filmstudio, dem die Hälfte der Hobbit-Rechte gehörten, pleite und musste Insolvenz anmelden. Das Fortbestehen des Studios war ungewiss, der Überlebenskampf und damit die Vorproduktion zogen sich endlos hin – so endlos, dass Guillermo del Toro sich schließlich aufgrund anderer Verpflichtungen vom „Hobbit“ verabschiedete. Schließlich entschloss sich Jackson, doch wieder selbst auf dem Regiestuhl Platz zunehmen.
Der ursprüngliche Plan sah vor, den „Hobbit“ zweiteilig zu verfilmen und auch Material aus den Anhängen des „Herrn der Ringe“ miteinzubeziehen. Nur wenige Monate vor Kinostart kündigte Peter Jackson allerdings an, den „Hobbit“ als Trilogie umsetzen zu wollen. Viele fragten sich nun, wie der „Hobbit“, ein doch recht dünner Roman, so viel Stoff hergeben sollte. Selbst die Tolkienfans, die die Anhänge des „Herrn der Ringe“ kannten, waren ein wenig skeptisch. Auch die Tatsache, dass der „Hobbit“ als erster Film mit einer höheren Bildrate (48 statt 24 Bilder pro Sekunde), die für mehr Details und ein besseres 3D-Erlebnis sorgen sollte, gedreht wurde, war alles andere als unumstritten. Erste Testvorführungen waren eher negativ, während die ersten Kritiken des kompletten Films in dieser Hinsicht sehr unterschiedlich ausfielen.
Betrachten wir den technischen Aspekt zuerst: Die höhere Bildrate ist in der Tat gewöhnungsbedürftig und man brauch eine Weile, bis man „rein“ kommt. Das Bild ist in der Tat gestochen scharf, doch gerade zu Beginn scheinen die Bewegungen mitunter ein wenig zu schnell abzulaufen, aber man gewöhnt sich daran und nach der ersten halben Stunde fällt es kaum mehr auf. Der befürchtete Soap-Effekt (für manche Fernsehserien wird ebenfalls die erhöhte Bildrate verwendet) stellte sich nicht ein, jedenfalls habe ich es so empfunden. Der 3D-Effekt profitiert durchaus von der höheren Bildrate, wirkt plastisch, aber nicht aufdringlich und ist mit Sicherheit das beste 3D seit „Hugo Cabret“. Auch die Feststellung, durch das enorm scharfe Bild würden die CGI-Effekte zu offensichtlich werden, kann ich so nicht bestätigen. Sicher, es mag ein oder zwei Stellen, an denen das der Fall sein mag (und in welchem CGI-lastigen Film gibt es die nicht?) aber im Großen und Ganzen wissen die Effekte vollauf zu überzeugen. Durch die Zusammenarbeit der erhöhten Bildrate und des 3D wirkt die Leinwand manchmal fast wie ein Fenster, durch das man nach Mittelerde sehen kann.
Und nun, kommen wir zum Film selbst. Wie oben erwähnt war (und ist) die Entscheidung, den „Hobbit“ als Trilogie zu verfilmen, sehr umstritten. Vor allem die amerikanischen Kritiker warfen „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ bereits vor, zu lang und ausschweifend zu sein – ironischerweise wurde bereits eine Special Extended Edition angekündigt, die dann wohl noch einmal eine halbe Stunde länger geht.
Auch sonst ist der Wiederhall zwar tendenziell eher positiv, aber durchaus gemischt, wobei der Film für die einen zu wenig HdR-Elemente enthält, während es für andere wiederrum zu viele sind.
Meine grundsätzliche Meinung lässt sich sehr knapp zusammenfassen: Sie ist wieder da, die alte Begeisterung, die ich verspürte, als ich 2001 nach der ersten Sichtung von „Die Gefährten“ das Kino verließ, diese Begeisterung, die nur sehr wenig Filme in mir wecken können. Ist „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ frei von Schwächen? Mit Sicherheit nicht, aber welcher Film ist das schon? Der erste Hobbit-Teil hat dieses gewisse, ganz seltene Etwas, das dafür sorgt, dass einen die Schwächen einfach nicht stören.
Über die Länge kann ich mich jedenfalls nicht beschweren. Mir waren schon die drei HdR-Filme zu kurz. Der „Hobbit“ nimmt sich nun angenehm viel Zeit. Nach einem beeindruckenden Prolog wird es erst einmal äußerst gemütlich. Vor allem die erste Hälfte des Films hält sich sowohl inhaltlich als auch atmosphärisch sehr genau an die Tolkien’sche Vorlage, was viele (vor allem unbedarfte) Kinogänger möglicherweise als langweilig empfinden – ich hatte damit kein Problem, im Gegenteil. Ab der zweiten Hälfte gibt es dann eine kräftige HdR-Injektion, bevor das Ganze in einem phänomenalen Finale gipfelt. Obwohl es wirklich sehr viele Bezüge zur Trilogie gibt, merkt man dennoch, dass „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ etwas Eigenes ist. An schierem Bombast kann es der erste Teil der Hobbit-Trilogie weder mit „Die Gefährten“ noch mit den anderen beiden HdR-Filmen aufnehmen, aber das wäre auch ein Fehler gewesen – der „Hobbit“ ist nun einmal eine kleinere Geschichte. Obwohl der Film „erwachsener“ und düsterer ist als der Roman merkt man ihm doch eine gewisse Leichtigkeit und Verspieltheit an, die der HdR-Trilogie (zu Recht) fehlt.
Darüber hinaus weiß der Film vor allem schauspielerisch durchweg zu überzeugen. Martin Freeman ist brilliant als Bilbo Beutlin, während Ian McKellen nahtlos an seine erste Darstellung von Gandalf anschließt. Der graue Zauberer ist hier noch ein wenig entspannter als in „Die Gefährten“. Thorin Eichenschild mag in der Vorlage älter sein, sodass im Vorfeld oft zu hören war, er sei der Aragorn-Ersatz, aber trotz seiner „Jugend“ ist Richard Armitage ein hervorragender Schauspieler, der den noblen, aber auch arroganten Thorin, der vor allem zu Beginn stark an Bilbo zweifelt, perfekt verkörpert. Auch die Zwerge sind schön individuell gestaltet. Zwar hätte ihre Charakterisierung noch ein wenig stärker sein können, allerdings gibt es ja noch zwei weitere Filme. Über die meisten anderen, die fast alle HdR-Veteranen sind, muss nicht mehr viel gesagt werden, da sie genau wie erwartet sind. Andy Serkis als Gollum muss allerdings noch einmal gesondert hervorgehoben werden. Der Meinung, dass die Bilbo-Gollum-Szene eine der besten des Films ist, schließe ich mich vorbehaltlos an.
Einzig bei den Schurken gibt es ein gewisses Manko, ihnen fehlt in diesem ersten Hobbit-Film das Schwergewicht, da sowohl Smaug als auch der Nekromant nur sehr, sehr kurz vorkommen. Während es in „Die Gefährten“ Saruman und die Ringgeister gab, muss im ersten Film der neuen Trilogie der Orkanführer Azog als temporärer „Hauptschurke“ herhalten, der einfach, man verzeihe das Wortspiel, ein wenig blass ist. Man merkt allerdings, wo Jackson und seine Co-Autoren mit ihm hinwollen. Während die Abenteuer bei Tolkien alle recht episodenhaft sind, versucht man im Film, sie besser miteinander zu verknüpfen – eines der Elemente ist Azog.
Erwähnenswert ist auch noch die Synchro, die, wie schon beim „Herrn der Ringe“, wirklich gut gelungen ist. Natürlich ist Eckart Dux als Gandalf erst einmal gewöhnungsbedürftig, da man immer noch den leider verstorbenen Joachim Höppner im Ohr hat, der in dieser Rolle einfach unübertrefflich war, aber Dux macht seine Sache sehr gut und ist eine ausgezeichnete Wahl.
In diesem Artikel werde ich nun nicht weiter in die Tiefe, die Details gibt es dann in meiner ausführlichen, subjektiven Analyse und natürlich im ebenfalls noch ausstehenden Review zum Soundtrack.
Fazit: Eindeutig der Film des Jahres – Peter Jackson hat es ein weiteres Mal geschafft, Mittelerde zum Leben zu erwecken.

Trailer

Hobbit-Countdown:
Prämisse
Hobbit-Musik: Ein Ausblick
Historischer Atlas von Mittelerde
Der Hobbit – Comicadaption
Rückforderung der Natur

Siehe auch:
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 1
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 2
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 3
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise – Soundtrack