Schlagwort: Rian Johnson
Star Wars: Das ultimative Ranking
Na gut, der Titel ist vielleicht ein wenig reißerisch. Aber natürlich könnte der Zeitpunkt kaum besser sein: Die Skywalker-Saga ist durch und zumindest in den nächsten paar Jahren wird es auch keine weiteren Star-Wars-Filme geben, nicht zuletzt, weil Corona ohnehin alles nach hinten schiebt. Wie dem auch sei, miteinbezogen werden die elf vollwertigen Star-Wars-Kinofilme, neun Saga-Episoden und zwei Spin-offs. Nicht mit einbezogen werden Fernseh- oder Streamingproduktionen, selbst wenn diese im Kino zu sehen waren oder noch so cinematisch ausfallen, also kein Clone-Wars-Film, keine Ewok-Filme, kein „Mandalorian“ und kein Holiday Special.
Natürlich gilt wie üblich: Das ist mein persönliches Ranking – mit Sicherheit wird die eine oder andere Platzierung etwas kontroverser ausfallen (wo wäre sonst auch der Spaß an der Sache?). Ich versuche dabei, eine gewisse Balance zwischen persönlichen Vorlieben (sonst wären die Filme nach Ian McDiarmids Leinwandzeit geordnet), Nostalgie, Regie, Drehbuch, Darstellung und sonstige handwerkliche Umsetzung, World Building und Franchise-Folgen sowie erzählerischem Konzept zu finden, wobei Letzteres für mich immer besonderes Gewicht hat.
Platz 11: The Rise of Skywalker
Ich denke, das dürfte keine Überraschung sein. Gerade was erzählerische Konzepte angeht, lassen die Sequels einiges zu wünschen übrig – und all das kulminiert in „The Rise of Skywalker“. Dieser Film erzählt praktisch keine Geschichte, es handelt sich um eine Aneinanderreihung diverser Fan-Theorien und hohler Twists, zusammengehalten von der sinnlosen Jagd nach einem MacGuffin, das zum nächsten MacGuffin führt. Zwar war es bereits im Voraus abzusehen, doch „The Rise of Skywalker“ lieferte den endgültigen Beweis, dass Disney völlig plan- und ahnungslos an das Franchise heranging. „The Rise of Skywalker“ ist ein Film des kleinsten gemeinsamen Nenners – ganz ähnlich wie „Justice League“ soll Episode IX alle zufriedenstellen, und genau wie bei „Justice League“ handelt es sich hier um einen „film by committy“. Das kommt dabei heraus, wenn Finanziers, Produzenten und Aufsichtsräte zu erraten versuchen, was Fans wollen.
Der Konflikt „Konzept vs. Umsetzung“ spielt sowohl bei der Bewertung der Sequels als auch der Prequels eine große Rolle. Im direkten Vergleich gewinnen die Prequels meistens beim Konzept, während der handwerkliche Standard bei den Sequels deutlich höher ist. Im Bereich Effekte ist das natürlich nicht anders zu erwarten, und gerade in dieser Hinsicht tut die Rückbesinnung der Sequels auf praktische Effekte (zumindest dort wo es möglich ist) den Filmen durchaus gut. Auch in Bereichen wie Dialoge, Regieführung und Darstellung sind die Sequels im Schnitt besser als die Prequels. Gerade diesbezüglich fällt „The Rise of Skywalker“ allerdings doch stark ab, was primär an der Struktur des Films und seinem halsbrecherischen Tempo liegt, was ihm in letzter Konsequenz das Genick bricht. Und dann wäre da auch noch der Anspruch, die Skywalker-Saga beenden zu wollen, eine Saga, die seit so vielen Jahrzehnten läuft und neun Filme umfasst. Auch hier versagt „The Rise of Skywalker“ letzten Endes. Nun stellt sich natürlich die Frage: Wäre Colin Trevorrows Episode IX besser gewesen? Die Antwort darauf werden wir nie erfahren, aber die Zusammenfassung des Drehbuchs, die ich gelesen habe, hatte, neben diversen Problemen, immerhin die eine oder andere interessante Idee und versuchte zumindest, tatsächlich eine Geschichte zu erzählen. „The Rise of Skywalker“ scheitert hingegen kläglich an diesem Unterfangen.
Platz 10: Attack of the Clones
Und schon wieder sind wir beim Thema „Konzept vs. Umsetzung“. Tatsächlich klingt „Attack of the Clones“ in der Theorie äußerst vielversprechend: Eine große Verschwörung mit Anleihen an den Film Noir, eine zum Untergang verurteilte Liebesgeschichte und der Anfang eines großen Krieges. Aber die Umsetzung… Für manche Elemente kann man George Lucas nur bedingt einen Vorwurf machen. Er bemühte sich, die digitale Filmtechnik voranzutreiben und nutzte die Prequels als Vehikel. Episode II ist der erste vollständig digital gedrehte Film – leider hat dieser Status des Vorreiters den Nachteil, dass „Attack of the Clones“ von allen drei Prequels am schlechtesten gealtert ist. Bei Episode I war die Technik schlicht noch nicht soweit, weshalb Lucas noch verhältnismäßig viel mit praktischen Effekten und Sets arbeiten musste, während Episode III von drei zusätzlichen Jahren für die Entwicklung der Technik profitiert.
Darüber hinaus zeigen sich in „Attack of the Clones“ Lucas‘ Defizite als Regisseur und Drehbuchschreiber am stärksten. Der Mann hat ein Händchen für das Visuelle und das World-Building, aber erhebliche Schwächen in den Bereichen Schauspielführung und Dialog. Das erfolgreiche Vermitteln einer Leinwandromanze hängt aber leider nun einmal genau von diesen beiden Aspekten ab. Wo „The Rise of Skywalker“ durch seinen Nicht-Plot hetzt, ist „Attack of the Clones” über weite Strecken schlicht dröge und zäh. Selbst das actionreiche Finale, die Schlacht um Geonosis, wirkt mitunter recht undynamisch, gerade im Vergleich mit den deutlich ansprechenderen Schlachten in „Revenge of the Sith“. Dennoch habe ich eine gewisse Schwäche für Episode II, was nicht zuletzt auch am Mitwirken Christopher Lees liegt, der einfach jeden Film durch seine Anwesenheit massiv aufwertet.
Platz 9: The Force Awakens
Ab jetzt wird es vermutlich etwas kontroverser. Ich bin durchaus gewillt, zuzugeben, dass „The Force Awakens“ von einem gewissen Standpunkt aus ein besserer Film ist als diverse andere, die deutlich weiter oben auf dieser Liste stehen, gerade aus handwerklicher Perspektive. J. J. Abrams ist ein Regisseur, der wirklich gut mit seinen Darstellern zurecht kommt und es schafft, dass sehr gute Chemie zwischen ihnen entsteht. Auch bezüglich der Figuren gibt es durchaus gute Ideen, gerade die Konzeption des „neuen Trios“ finde ich sehr gelungen, ebenso wie die Idee, ein abtrünniges Mitglied der Strumtruppen zu einer Hauptfigur zu machen. In meiner ursprünglichen Rezension bemühte ich mich sehr, diesen Film positiv zu sehen und ihm eine Chance zu geben.
Die größte Schwäche, die „The Force Awakens“ letzten Endes auch das Genick bricht, ist die Tatsache, dass man sich meines Erachtens nach nie gefragt hat, welche Geschichte dieser Film eigentlich erzählen soll. Er wurde von Anfang an konzipiert, um den Fans der OT und denen, die von den Prequels enttäuscht wurden, zu gefallen. Und so wurde auf Teufel komm raus ein Status Quo erschaffen, der im Grunde derselbe ist wie in der OT. Auf der Handlungsbene passiert schlicht nichts, was wir nicht an anderer Stelle in der OT bereits gesehen hätten, und hinzu kommt ein wirklich schlechtes World Building. 2015, nachdem Episode VII von Kritikern und Fans sehr gut aufgenommen wurde und viel Geld einspielte, schien das der richtige Weg zu sein, weil viele Kinogänger nach dem „Star Wars von früher“ hungerten. Doch nun, fünf Jahre später, wird deutlich, dass der Mangel an Konzept, Vorausplanung und Kreativität beim Eintritt in diese neue Star-Wars-Ära der ganzen der Sequel-Trilogie (und dem Franchise als Ganzes) massiv geschadet hat. Ich kann durchaus verstehen, dass „The Force Awakens“ für all jene, die sich mit diesem Franchise nicht allzu intensiv beschäftigen oder sich bestenfalls als Casual Fans bezeichnen, der Favorit ist. Mit Abrams‘ „Star Trek“ von 2009 geht es mir ja sehr ähnlich. In einem Vakuum betrachtet ist „The Force Awakens“ nun wirklich kein schlechter Film (bzw. kein schlecht gemachter Film), aber als Episode VII der Skywalker-Saga funktioniert diese Mischung aus Remake und „Soft Reboot“ einfach nicht.
Platz 8: The Last Jedi
Ich hatte mir lange überlegt, die Plätze 8 und 9 zu tauschen. „The Last Jedi“ hat in gewisser Weise dasselbe Problem wie „The Force Awakens“, nur auf anderer Ebene. Episode VIII ist ein Film, den ich eher respektiere, als dass ich ihn mag. Rian Johnson hat in meinen Augen zumindest klar vor Augen, was er mit diesem Streifen erreichen möchte, konzeptionell ist es sicher dichteste der Sequels, thematisch vielleicht sogar der dichteste der gesamten Saga. So weit, so gut – nur leider vergisst Johnson, bei all seinen Ambitionen, auch eine gute Geschichte zu erzählen. Der eigentliche Plot um das Entkommen des Widerstands passt vielleicht zu einer Episode der ursprünglichen Star-Trek-Serie, aber als Handlung für einen Star-Wars-Film ist das doch eher enttäuschend. Mehr noch, so interessant Johnsons Konzepte und Ideen auch sind, so sehr arbeiten sie gegen das im Vorgänger etablierte Material (was seinerseits nicht optimal ist, aber lassen wir das beiseite). Ich habe es ja schon mehrmals erwähnt: Eines der größten Probleme der Sequels ist, dass die einzelnen Filme gegeneinander arbeiten, statt ineinander zu greifen. Entweder Johnson oder Abrams hätte die Trilogie komplett übernehmen müssen, oder Disney hätte zumindest dafür sorgen müssen, dass die Sequel-Trilogie als großes Ganzes funktioniert.
Johnsons Ansatz der Dekonstruktion und des Unterlaufens von Erwartungen ist ebenfalls ein Problem – nicht grundsätzlich, es gab schon funktionierende Dekonstruktionen, etwa „Knights of the Old Republic II: The Sith Lords“. Johnson dekonstruiert allerdings als Selbstzweck, was nun nach „The Rise of Skywalker“ umso offensichtlicher ist, und er dekonstruiert auf Kosten der Geschichte. Plot Convienence ist bei Star-Wars-Filmen durchaus der Öfteren problematisch (u.a. auch bei den Episoden IX und II), aber gerade hier sind die storytechnischen Verrenkungen, die Johnson betreiben muss, um dorthin zu gelangen, wo er hinmöchte, wirklich unangenehm. Ebenfalls unpassend ist der Humor, der eher zu „Guardians of the Galaxy“ als zu Star Wars passt. Aber wir wollen ja nicht nur meckern, schließlich hat es seinen Grund, dass „The Last Jedi“ auf diesem Platz gelandet ist. Visuell hat Johnson fraglos einiges auf dem Kasten – selten sah Star Wars besser aus – und auch aus den Darstellern holt er wirklich viel heraus.
Platz 7: The Phantom Menace
Dafür gibt es wahrscheinlich Haue; die viel gehasste Episode I steht vor der gesamten Sequel-Trilogie. Aber: Die Nostalgie ist stark bei diesem da. Die Schwächen dürften ja weithin bekannt sein und wurden von allen und jedem so breit wie nur möglich ausgewalzt: Jar Jar und der kindliche Humor, nicht gerade gelungene Dialoge, Jake Lloyd als Anakin Skywalker bzw. George Lucas Probleme bei der Führung der Schauspieler etc. Gerade Letzteres zieht sich als roter Faden durch die gesamten Prequels. Fähige Darsteller wie Ian McDiarmid oder Ewan McGregor wissen auch so, was sie tun, aber Darsteller, die auf etwas mehr Regieleistung angewiesen sind, bleiben meistens weit hinter ihren Möglichkeiten. Und in der Tat wäre es wohl tatsächlich klüger gewesen, die Prequels mit einem erwachsenen Anakin und dem Start der Klonkriege beginnen zu lassen.
Wie so oft bei den Prequels ist die Konzeption gelungener als die Umsetzung. Die Idee, mit dem größtmöglichen Kontrast zu Darth Vader, einem aufgeweckten, unschuldigen Kind zu beginnen, ist für sich genommen nicht schlecht, ebenso wie der Einfall, die Struktur des Prequel-Startfilms als Spiegelbild von Episode VI anzulegen, ohne dass es, wie es bei Episode VII und IV der Fall ist, einfach wie abgekupfert wirkt. „The Phantom Menace“ erzählt nun einmal eine deutlich andere Geschichte als „Return of the Jedi“. Leider übernimmt Lucas damit auch die Schwächen von Episode VI: Ein Akt des Films findet jeweils auf Tatooine statt, fühlt sich aber von den restlichen beiden merkwürdig losgelöst an, was bei Episode I allerdings noch deutlich stärker ins Gewicht fällt, da es sich nicht um den ersten, sondern den zweiten Akt handelt. Und die parallel laufenden finalen Schlachten mit drei bzw. in Episode I sogar vier verschiedenen Handlungssträngen ist ebenfalls durchwachsen, da hier absolute Highlights, die jeweiligen Lichtschwerduelle, Rücken an Rücken mit deutlich uninteressanteren Bodenschlachten stehen. „The Phantom Menace“ ist ein Film, in dem die Einzelteile leider nie zu einem großen Ganzen zusammenwachsen – für sich selbst stehend aber wirklich beeindruckend sind, sei es das Pod-Rennen oder der finale Kampf der beiden Jedi gegen Darth Maul.
Warum hat „The Phantom Menace“ nun in der Platzierung die Sequels überholt? Weil diesem Film etwas gelungen ist, was bereits in „The Force Awakens“ hätte geschehen müssen, bisher aber immer noch nicht geschehen ist: Er hat es erfolgreich geschafft, eine neue Star-Wars-Ära zu etablieren, die sich vom bisher bekannten unterscheidet, aber doch unzweifelhaft Star Wars ist. Wir haben einen ordentlich vermittelten Status Quo, ein Gefühl dafür, wie es in der Galaxis aussieht und gutes World Building, das oft durch die wirklich gelungene Arbeit der Designer vermittelt wird. Die Sequel-Ära fühlt sich dagegen bis heute wie ein Abklatsch der OT-Ära an und reizt mich kaum, während ich in die Prequel-Ära immer wieder gerne zurückkehre.
Platz 6: Solo – A Star Wars Story
Niemand wollte oder brauchte diesen Film, Han Solo funktioniert als Figur, wie wir ihn in Episode IV kennen, wunderbar, er hat seine Entwicklung im Verlauf des Films (und den beiden folgenden), vom eigennützigen Schmuggler zum Helden der Rebellion. Selbst die Fans der Figur, zu denen ich mich nicht unbedingt zähle, waren sehr skeptisch: Müssen wir wirklich sehen, wie Han und Chewie sich kennen lernen oder wie Han den Millenium Falken gewinnt? Was „Solo“ für mich zum zweitbesten Disney-Star-Wars-Film macht, ist der Umstand, dass hier tatsächlich eine Geschichte erzählt wird. Das größte Manko, für mich persönlich aber auch gleichzeitig ein Vorteil, ist, dass es sich dabei nicht um Han Solos Geschichte handelt. Sicher, die oben erwähnten Stationen, die Begegnung mit Chewie, der Kessel Run, Han gewinnt den Falken etc., sind alle da. Dennoch ist es nicht zwingend Hans Geschichte, die der Film erzählt, sondern eher die von Qi’ra, Beckett und Dryden Vos. Han stolpert eher zufällig hinein und ist nicht wirklich nötig. Von diesem Umstand einmal abgesehen ist „Solo“ schlicht ein verdammt kurzweiliger und unterhaltsamer Gangster-Western im Star-Wars-Universum, der sich ein wenig anfühlt wie die Lektüre eines Legends-Romans, inklusive diverser Anspielungen, Querverweise und Gatsauftritte, die beim „Normalzuschauer“ eher für Stirnrunzeln sorgen.
Die Probleme hinter den Kulissen sind an „Solo“ freilich nicht spurlos vorbeigegangen, hin und wieder tauchen Diskrepanzen auf. Dennoch gelingt es diesem Film, eine Balance zwischen interessantem Konzept und kompetenter Umsetzung (wenn man davon absieht, dass die Farbpalette deutlich zu dunkel ist) zu finden, sofern man das zugrundeliegende Konzept als „Gangster-Western im Star-Wars-Universum“ und nicht als „Han-Solo-Origin“ wahrnimmt. Ron Howard ist ein solider Handwerker, dem sowohl George Lucas‘ Vision und Wille zur Innovation als auch seine erheblichen Mankos fehlen. Da ich durch die Probleme hinter der Kamera und Gleichgültigkeit gegenüber Hans Hintergründen keine Erwartungen an diesen Film hatte, hat mich „Solo“ sehr angenehm überrascht – ich mag die neuen Figuren, das World Building und die Schauplätze und finde den Umstand, dass es hier, anders als bei allen anderen Star-Wars-Filmen, keinen eindeutigen Widersacher gibt, sehr erfrischend.
Platz 5: A New Hope
„A New Hope“ ist zweifelsohne der wichtigste Star-Wars-Film und hat im Herzen vieler Fans einen besonderen Platz. Auch in meine Top 5 hat er es geschafft – aber eben auch nicht weiter nach vorn, findet er sich doch bei vielen anderen Rankings auf einem der ersten drei Plätze. Während die meisten anderen Filme, selbst einige, die ich weiter vorne platziert habe, über eklatante Schwächen verfügen, ist „A New Hope“ ein sehr ausgewogener Film, der lediglich nicht besonders gut gealtert ist. Er teilt das Schicksal anderer Vorreiter auf ihren Gebieten: Was einmal revolutionär und nie dagewesen war, haben andere Filme in der Zwischenzeit so viel besser gemacht. In mancher Hinsicht wirkt dieser Vorreiter etwas bieder, die Geschichte, die er erzählt, ist gemessen an späteren Vertretern des Franchise, recht klein. Es ist eigentlich unfair, Episode IV das vorzuwerfen; ohne die Grundlagen, die „A New Hope“ gelegt hat, hätten spätere Filme nicht auf ihnen aufbauen können. Ansonsten ist Episode IV gewissermaßen ein filmisches Schulbuchbeispiel: Sehr ausgewogen, sehr klare Drei-Akt-Struktur, sehr klare Umsetzung von Campbells Heldenreise. Gewisse Lucas-typische Schwächen zeigen sich bereits, fallen aber kaum ins Gewicht, weil der gute George hier, anders als bei den Prequels, nicht machen konnte, was er wollte, sondern stets zu Kompromissen gezwungen war, und natürlich weil er ein äußerst fähiges Team mit dem Schnitt des Films beauftragte.
Platz 4: Rogue One
„Rogue One“ ist ein schönes Beispiel für einen Star-Wars-Film, der deutlich unebener ist und weitaus mehr strukturelle Schwächen hat als beispielsweise Episode IV oder VII. Auch hier sind primär die Probleme hinter den Kulissen schuld; mitunter bemerkt man die Nachdrehs sehr deutlich und gewisse Unebenheiten zwischen Schnittfassungen fallen ebenfalls auf. Das betrifft besonders den ersten Akt, der recht wildes und unübersichtliches Planeten-Hopping betreibt. Glücklicherweise ist „Rogue One“ ein Film, der mit jedem Akt besser wird, um sich dann in einem der fulminantesten Finales des Franchise zu entladen.
Des Öfteren werden bei „Rogue One“ darüber hinaus die Figuren als langweilig und uninteressant kritisiert, eine Kritik, die ich so allerdings nicht teile – die Figuren an sich sind in Ordnung, das Problem sind auch hier strukturelle Unebenheiten und unterschiedliche Schnittfassungen des Films, die nicht gut ineinandergreifen. Wenn Baze Malbus Jyn Erso am Ende „Good luck, little sister“ wünscht, kommt das fast aus dem Nichts, da die beiden während des Films kaum einmal ein Wort wechseln, das in einer früheren Version durchaus getan haben könnten. Ohnehin betrachte ich weder Jyn Erso noch Cassian Andor als Hauptfigur von „Rogue One“, denn die eigentliche Hauptfigur des Films ist die Rebellion an sich. Dieses Spin-off bemüht sich, ein breites Bild dieser Gruppierung in all ihren Facetten zu zeigen, von den gemäßigten und allseits bekannten Anführern wie Mon Mothma und Bail Organa über unfreiwillige oder zufällige Verbündete wie Chirrut Îmwe und Bodhi Rook bis hin zu den extremeren Elementen um General Draven und natürlich Fanatiker wie Saw Gerrera. Regisseur Gareth Edwards gelingt es, ein breites Spektrum an verschiedenen Rebellen zu zeigen und der Gruppierung ein deutlich breiter gefächertes Profil zu verleihen. Rein strukturell mag „The Force Awakens“ beispielsweise deutlich besser funktionieren, doch „Rogue One“ gelingt es dagegen mühelos, sich wie eine etwas grimmigere Version des Star-Wars-Universums anzufühlen, die dennoch hervorragend zum bereits Etablierten passt, während die Sequels oft nur erzwungene Wiederholung bieten.
Platz 3: Return of the Jedi
Episode VI ist zweifellos der unausgewogenste Film der OT mit einer Handlung, die sich zu stark an Episode IV anlehnt, einem ersten Akt, der vom Rest des Films bzw. der Handlung der gesamten Trilogie merkwürdig losgelöst ist und einem äußerst (eventuell sogar zu) komplexen, in drei Handlungsstränge aufgegliederten dritten Akt. Die Bodenschlacht auf dem Waldmond Endor funktioniert dabei nur bedingt – thematisch passt sie zwar gut zum im Franchise immer wieder auftauchenden Konflikt zwischen Technologie und Natur, aber die Ewoks sind einfach zu sehr darauf ausgelegt, Spielzeug zu verkaufen, zu unglaubwürdig erscheint ihr Sieg über das Imperium. Wenn „Return of the Jedi“ allerdings zur Hochform aufläuft, dann richtig. Besonders im dritten Akt liefert Episode VI einige der besten Szenen und Momente der OT, wenn nicht des gesamten Franchise, sei es das finale Duell zwischen Luke und Vader, jede Szene mit Ian McDiarmids Palpatine oder die gesamte Raumschlacht. „Return of the Jedi“ ist sicher kein perfektes, aber ein würdiges Finale der OT, an dem sich jedes der beiden anderen Gegenstücke messen muss. Eines hat es geschafft, Episode VI in meinen Augen zu übertreffen, das andere ist kläglich am Versuch gescheitert.
Platz 2: Revenge of the Sith
Es dürfte niemanden überraschen, dass Episode III in meinem Ranking so gut abschneidet, schließlich habe ich nie einen Hehl daraus gemacht, wie sehr ich diesen Film liebe. „Revenge of the Sith“ erzählt in meinen Augen die größte und ambitionierteste Geschichte der Saga, wenn auch nicht immer konsequent und funktionierend. Anakins Entscheidungen sind nicht immer ganz nachvollziehbar, letzten Endes verfällt er der Dunklen Seite doch ein wenig abrupt und manche Dialoge, speziell wenn sie von Anakin und Padmé geführt werden, sind immer noch nah an der Schmerzgrenze. Trotzdem: Hier wird „Space Opera“ wörtlich genommen. George Lucas liefert eine große Tragödie, den Fall eines Helden, den Sturz der Republik, den Aufstieg des Imperiums. Als er diesen Film drehte, war er sich ziemlich sicher, dass es sein letzter Star-Wars-Film werden würde, und das merkt man auch, denn hier schöpft er noch einmal aus den Vollen, beginnt mit einer Raumschlacht, die die aus Episode VI vielleicht nicht übertrifft, aber doch zumindest nah an sie herankommt, und beendet das Ganze mit einem epischen Parallel-Duel sowie einigen der eindringlichsten visuellen Momente des Franchise. Und den Ian McDiamird-Faktor sollte man ebenfalls nicht unterschätzen. Bisher hat er in diesem Ranking keine Rolle gespielt, schließlich sind die Plätze 11 und 10 Filme, in denen er eine zwar untergeordnete, aber doch äußerst prominente Rolle spielt. Aber „Revenge of the Sith“ ist ohne Wenn und Aber Darth Sidious‘ Film, die große Bühne für Ian McDiamird – und McDiamird liefert. „Revenge of the Sith“ könnte man darüber hinaus als meinen Go-To-Star-Wars-Film bezeichnen – wann immer ich Lust auf eine Prise Star Wars habe, eine halbe Stunde in der weit, weit entfernten Galaxis, werde ich mit großer Wahrscheinlichkeit zur Episode-III-BluRay greifen. Gerade im Vergleich zu den Sequels möchte ich noch einmal feststellen: Ich ziehe einen Film, der eine gute Geschichte suboptimal erzählt einem Film vor, der eine nicht-Geschichte gut erzählt.
Platz 1: The Empire Strikes Back
Das wiederum ist nun wirklich keine kontroverse Wahl, Episode V gilt gemeinhin als bester Star-Wars-Film – und das aus gutem Grund. Nach Episode IV hätte man das Franchise auf viele Arten fortsetzen können. Lucas hätte auch eine James-Bond- oder Indiana-Jones-artige Filmserie daraus machen können; die Helden erleben in jedem Film ein neues, nur marginal mit dem letzten Teil verknüpftes Abenteuer. Stattdessen machte „The Empire Strikes Back“ Star Wars zur Saga. Wenn es einen Film des Franchise gibt, der an der Perfektion kratzt, dann ist es dieser. Irvin Kershners Leistung ist mit Abstand die beste Regie-Arbeit des Franchise, hier passt alles. Wo Richard Marquand bei „Return of the Jedi“ eher Erfüllungsgehilfe war, setzte Kershner Akzente, während Lucas sich primär darum kümmerte, ihm den Rücken freizuhalten. Und wo man bei jedem anderen Star-Wars-Film Abstriche machen muss, ist das bei „Empire“ schlicht nicht nötig. Episode V ist qualitativ und strukturell ähnlich konsistent wie Episode IV, aber auf einem deutlich höheren Niveau. Diese vielleicht beste aller Fortsetzungen nutzt den Umstand, dass es sich um ein Sequel handelt, vollständig aus und arbeitet sich in die Figuren und ihre Beziehungen deutlich stärker ein. Auf jeder Ebene wird es für die Charaktere persönlich – wo es zuvor nur eine vage Feindschaft zwischen Vader und den Helden gab, hat am Ende dieses Films jeder ein auf gewisse Weise fast schon intimes Verhältnis zu dem Sith-Lord. „The Empire Strikes Back“ ist, um es kurz zu machen, nach wie vor die Messlatte, an der jeder andere Star-Wars-Film gemessen wird. Dass es nach so vielen Jahren immer noch keiner geschafft hat, ihn zu übertreffen, ist wohl allein schon aussagekräftig genug.
Star Wars Episode IX: The Rise of Skywalker – Ausführliche Rezension
Volle Ladung Spoiler!
Da ist es also, das Ende einer Ära, der Abschluss der Skywalker-Saga, der neunte Film der Heptalogie, der angeblich alle Fäden der Original-Trilogie, der Prequels und der Sequels aufgreifen und zusammenführen soll. Wenn ich ihn mit einem Wort beschreibend müsste, wäre es „bieder“; sowohl bieder in der Art und Weise, wie die Handlung verläuft als auch, mehr noch als „The Force Awakens“, anbiedernd. Im Grunde ist „The Rise of Skywalker“ das Star-Wars-Gegenstück zu Warners „Justice League“: Der Versuch einer Franchise-Korrektur mit der Brechstange und als solcher ein zutiefst unwürdiger Abschluss dieser Filmreihe.
Handlung
Kylo Ren (Adam Driver) ist nach wie vor der Anführer der Ersten Ordnung, doch er fühlt sich bedroht, denn wie es scheint, ist Imperator Palpatine (Ian McDiamird) zurück. Ren spürt ihn schließlich auch auf dem Planeten Exegol auf, wo der Anführer der Ersten Ordnung tatsächlich auf den Sith-Lord trifft, der ihm noch größere Macht und eine geheime Flotte verspricht, wenn er es schafft, Rey (Daisy Ridley) zu töten. Diese trainiert derweil unter General Leia (Carrie Fisher), um ihre Fähigkeiten zu verfeinern. Der Widerstand erfährt schließlich auch von Palpatines Rückkehr. Gemeinsam mit Poe Dameron (Oscar Isaac), Finn (John Boyega), Chewbacca (Joonas Suotamo), C-3PO (Anthony Daniels) und BB8 (as himself) macht sie sich auf, alte Sith-Artefakte zu finden, die ihren den Weg zum Imperator weisen, damit dieser die Galaxis nicht ein weiteres Mal mit Tod und Zerstörung überziehen kann. Sie hetzen durch die Galaxis, treffen dabei alte Verbündete der Rebellion wie Lando Calrissian (Billy Dee Williams) und neue Kameraden wie Jannah (Naomi Ackie) oder Zorri Bliss (Keri Russel). Im Verlauf dieses Abenteuers hat Rey immer wieder Visionen, setzt einmal „aus Versehen“ Machtblitze ein und erfährt schließlich, dass sie tatsächlich Palpatines Enkelin ist. In den Trümmern des Zweiten Todessterns, wo sich der letzte Hinweis auf Palpatines‘ Verbleib verbirgt, kommt es schließlich auch zum finalen Zusammentreffen zwischen Rey und Kylo Ren, bei dem sich entscheidet, wer auf welcher Seite steht…
Konzeption und Struktur: Korrektur mit der Brechstange
Bereits vor einiger Zeit verfasste ich einen ausführlichen Artikel über die Konzeption der Sequel-Trilogie. Die Essenz: Die Sequels folgen keinem erzählerischen Konzept, sondern sind reaktionär; jeder Film stellt eine Antithese zum Vorgänger dar. „The Force Awakens“ ist die Antithese zu den Prequels, „The Last Jedi“ ist die Antithese zu Episode VII und – immerhin diesbezüglich bleibt sich Disney treu – „The Rise of Skywalker“ ist die Antithese zu Episode VIII. Hier zeigt sich noch einmal das ganze Ausmaß an Planlosigkeit, mit dem Disney an die Sequels heranging, denn nun haben wir eine Trilogie, in der die beiden Regisseure konsequent gegeneinander arbeiten. Während J. J. Abrams in Interviews das übliche PR-Gesäusel von sich gab, ist doch ziemlich klar, dass viele Handlungselemente seines zweiten Star-Wars-Films ein Mittelfinger in Richtung Rian Johnson darstellen. Abrams zahlt es seinem Vorgänger mit gleicher Münze heim und negiert nonchalant dessen Entscheidungen. Ich bin inzwischen zu der Meinung gelang, dass Abrams nach „The Force Awakens“ durchaus Ideen für Episode VIII und IX hatte, die Johnson allerdings konsequent ignorierte. Mit „The Rise of Skywalker“ versucht Abrams nun, Stoff für zwei Filme in einem unterzubringen. Besonders der Anfang ist mit Exposition vollgestopft, die Handlung hüpft von Planet zu Planet und der Zuschauer wird mit Sachverhalten regelrecht beworfen. Gleichzeitig werden viele Elemente aus „The Last Jedi“ ignoriert (soweit möglich) oder geretcont, sodass Johnsons Film im Gefüge dieser Trilogie größtenteils obsolet wird.
Die ersten beiden Akte von „The Rise of Skywalker“ stellen den Abenteuer-Aspekt von Star Wars in den Vordergrund. In fast schon Indiana-Jones-artiger Manier jagen Rey und Co. hinter diversen MacGuffins her, was immer wieder zu Konfrontationen mit der Ersten Ordnung führt. Ich denke, diese Jagd hätte eigentlich in Episode VIII stattfinden sollen. In „The Force Awakens“ etablierte Abrams Rey, Finn und Poe als „neues Trio“, fand aber vor lauter Fanservice nicht mehr die Zeit, sie als Team interagieren zu lassen, was Johnson ebenso unterließ – Rey und Poe treffen sich das erste Mal am Ende von „The Last Jedi“. In Episode IX erfolgt nun endlich die Teambildung. Und tatsächlich – im Grunde sind diese Aspekte von „The Rise of Skywalker“ nicht übel. Abrams verstand es schon immer, gute Chemie zwischen seinen Schauspielern zu erzeugen – nach wie vor einer der Hauptgründe, weshalb sein Star-Trek-Reboot so unterhaltsam war. Dennoch kommt die Team-Dynamik zu spät und muss auch noch mit den diversen anderen Handlungsschwerpunkten konkurrieren, primär dem Verhältnis zwischen Rey und Kylo Ren, die nach wie vor per Force-Skype kommunizieren.
Ich persönlich denke nicht, dass Palpatines Rückkehr in irgendeiner Form von Anfang an vorgesehen war – sie wird in keinster Weise in den Episoden VII oder VIII angedeutet und zumindest Colin Trevorrow, der ja immerhin ursprünglich bei Episode IX Regie führen sollte, wusste nichts davon. Viel eher scheint Palpatine eine Notlösung zu sein und die Rolle auszufüllen, die Snoke in einer hypothetischen Abrams-Trilogie innegehabt hätte; vielleicht wäre er tatsächlich Darth Plagueis gewesen, vielleicht hätte ihn auch ein anderes uraltes Geheimnis der Dunklen Seite umgeben. Da Kylo Ren nun einmal nicht zum Oberschurken taugt und ihn nach seinen vielen Niederlagen niemand als solchen ernst nehmen würde, musste eben der gute alte Darth Sidious noch einmal herhalten.
Wie auch immer, letztendlich sind das alles Spekulationen, die finale Schuld am Scheitern dieses Films und der gesamten Sequel-Trilogie liegt weder bei Abrams noch bei Johnson, sondern bei Disney, da der Konzern es überhaupt erst ermöglicht hat. Abrams hatte wirklich eine undankbare Aufgabe, da Rian Johnson ihm kaum etwas Brauchbares hinterlassen hatte, um diese Trilogie abzuschließen und er zugleich versuchen sollte, der Kritik an „The Last Jedi“ zu begegnen. Leider machten es sich Abrams und Co-Drehbuchautor Chris Terrio (der seinerseits bereits an „Batman v Superman: Dawn of Justice“ und „Justice League“ beteiligt war und damit schon ausreichend Erfahrung im Franchise-gegen-die-Wand-fahren sammeln konnte), viel zu leicht und versuchten den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, in dem sie die beliebtesten bzw. abgeschmacktesten Fan-Theorien in ihre Handlung einbauten. Das sorgt dafür, dass der Plotverlauf selbst dann extrem vorhersehbar ist, wenn man sich von den ganzen Leaks ferngehalten hat.
Die alte Nemesis: Plot Convinience
Es ist immer eine Herausforderung für Autoren, den Plot und die Figuren dorthin zu bringen, wo man sie haben möchte. Abrams hatte in seinen Filmen diesbezüglich schon immer gewisse Probleme: Kirk wird in „Star Trek“ ganz zufällig auf dem Planeten ausgesetzt, auf dem sich momentan nicht nur Scotty, sondern auch Spock senior befinden. Auch in Star Wars nimmt das immer wieder problematisch Ausmaße an (besonders in Episode II), aber dieses Franchise hat immerhin eine bessere Ausrede als so manch anderes Werk: Es ist der Wille der Macht, dass sich bestimmte Figuren begegnen oder zu einem gewissen Zeitpunkt an einem gewissen Ort aufhalten. Mehr als ein SW-Autor hat diesen Umstand mal mehr, mal weniger clever zu nutzen gewusst. Aber irgendwann ist der Bogen einfach überspannt. Für mich war er das schon in „The Last Jedi“, aber „The Rise of Skywalker“ setzt da noch einmal ordentlich einen drauf. Abrams und Terrio legen hier wirklich beachtliche handlungstechnische Verrenkungen hin und stolpern dabei über ihre eigenen Plottwists. Vieles wird lediglich in Halbsätzen kurz angedeutet oder schlicht übergangen. Woher kommt Snoke? Aus dem Reagenzglas, offenbar gibt es noch mehr von der Sorte. Die Ritter von Ren? Sind einfach da und machen nicht viel. Banaler hätte man diese Aspekte kaum auflösen können.
Das Elend beginnt bereits beim ersten Satz des Opening Crawl: „The dead speak! The galaxy has heard a mysterious broadcast, a threat of REVENGE in the sinister voice of the late EMPEROR PALPATINE.” Ich hatte erwartet, dass die Rückkehr des Imperators etwas ist, das die Figuren entdecken müssen, aber nein, dieser Teil wird direkt übersprungen, alle wissen von Anfang an, dass Palpatine zurück ist, einfach um Filmzeit zu sparen. Bereits hier beginnt die Handlung auseinanderzufallen. Die gesamte Schnitzeljagd ist zwar der unterhaltsamste Teil des Films, da die besuchten Planeten immerhin interessanter sind als die Welten der bisherigen beiden Sequels, aber auch hier fragt man sich: Wozu, wer hat die ganzen Hinweise versteckt, wie kommt eine Nachricht auf einen uralten Sith-Dolch, den man dann in einem bestimmten Winkel vor die Todessterntrümmer halten muss, um das Rätsel zu lösen – Todessterntrümmer wohlgemerkt, die an dieser Stelle noch nicht allzu lange herumliegen? Hat Palpatine Snoke durch die Galaxis geschickt, damit dieser Hinweise verteilt, für den Fall, dass seine Enkelin irgendwann einmal zu ihm kommen muss? „The Rise of Skywalker“ hat keine Plotlöcher, das sind Plotkrater, durch die man mit einem Sternenzerstörer fliegen kann.
Die Figuren
Während der Widerstand am Ende von „The Last Jedi“ drastisch reduziert wurde, trifft das auf den eigentlichen Cast der Sequels nicht zu, sodass es bereits am Anfang von „The Rise of Skywalker“ eine ganze Reihe relevanter Figuren gibt, deren Zahl durch Neuzugänge und Rückkehrer noch weiter anwächst. Beginnen wir mit den Neulingen, primär sind das Keri Russel als Zorri Bliss und Naomie Ackie als Jannah, die beide als Unterstützung für die Helden fungieren, deren Auftauchen aber ebenso inkonsequent wie unnötig ist. Bei Zorri handelt es sich um eine alte Bekannte von Poe Dameron, die ihn aus früheren, zwielichtigeren Tagen kennt, während Letztere denselben Hintergrund hat wie Finn; sie ist eine Deserteurin der Ersten Ordnung. Beide Figuren hätten im Zusammenspiel mit Poe respektive Finn interessant sein können, aber sie haben so wenig Leinwandzeit und steuern so wenig zur Handlung bei, dass man sie wohl besser geschnitten hätte. Auch Billy Dee Williams‘ Rückkehr als Lando Calrissian ist kaum mehr als ein Fan-Service-Cameo. Etwas dankbarer ist die Rolle des Allegiant General Pryde auf der Seite der Ersten Ordnung, dargestellte von Richard E. Grant – endlich einmal ein wirklich kompetenter Befehlshaber der Ersten Ordnung. Ähnlich wie den Neuzugängen geht es vielen etablierten Figuren. Rose Tico (Kelly-Marie Tran) etwa, immerhin eine recht dominante Figur in „The Last Jedi“, hat, ähnlich wie Lando, kaum mehr als einen Cameo-Auftritt und auch General Hux (Domnhall Gleeson) ergeht es nicht viel besser – dieses Mal darf er aus Hass auf Kylo Ren für den Widerstand den Maulwurf spielen, nur um dann von Pryde, der sich nicht bescheißen lässt, erschossen zu werden – wie gesagt, mit Abstand der fähigste Offizier innerhalb der Ersten Ordnung.
Die Leia-Situation muss freilich noch gesondert angesprochen werden, bevor wir zu den Hauptfiguren kommen. Nach Carrie Fishers tragischem Tod stand man bei Disney natürlich vor einem Problem, da Episode IX eigentlich Leias Film hätte werden sollen, so wie Episode VII Hans und Episode VIII Lukes Film war. Idealerweise hätte man bereits im Zuge von „The Last Jedi“ reagiert, schließlich war noch ein Jahr Zeit, aber Rian Johnson und Kathleen Kennedy waren, sei es aus Pietät oder Sturheit, nicht gewillt, Leias Rolle abzuändern. Ihre Präsenz in „The Rise of Skywalker“ setzt sich primär aus Episode-VII-Szenen zusammen, die auf dem Boden des Schneideraums landeten. Dementsprechend hat sie, außer einem Grund für Kylo Rens Rückkehr zum Licht, nicht wirklich viel Substantielles zum Film beizutragen. Ich frage mich, wie ihre Rolle wohl auf jemanden wirkt, der im Vorfeld nicht weiß, dass die Szenen nicht für diesen Film gedreht wurden.
Und nun zu den Kernfiguren. Lässt man Rey und Kylo Ren erst einmal außen vor, hat Poe Dameron noch die eindeutigste Entwicklung, da er nach Leias Tod in die Rolle des Anführers gedrängt wird. Auch das hätte ein interessanter Handlungsstrang werden können, wird aber in ein bis zwei kurzen Szenen abgearbeitet. Der Rest, Chewie, Finn, 3PO, sind mehr oder weniger nur als Anhängsel dabei. Allgemein fällt auf, dass in „The Rise of Skywalker“ die Dinge, die den Figuren passieren, allesamt völlig folgenlos bleiben. Finn begegnet weiteren desertierten Sturmtruppen – Abrams und Terrio machen nichts damit. 3POs Gedächtnis muss gelöscht werden – macht nichts, R2 hat während „The Force Awakens“ eine Notfallspeicherung vorgenommen. Chewie wird von Rey versehentlich getötet – natürlich hat er überlebt, was dem Zuschauer in der nächsten Szene mitgeteilt wird. Alles bleibt ohne Konsequenzen. Mehr noch, wegen des gehetzten Tempos im Film wird die emotionale Wirkung, die manche Szene hätte haben können, gnadenlos unterbunden, weil der Zuschauer schon wieder mit irgendetwas anderem bombardiert wird. „The Rise of Skywalker“ kommt kaum zur Ruhe, um wirkliche Charaktermomente zuzulassen. Um einmal „Revenge of the Sith“ zum Vergleich heranzuziehen: Auch die dritte Episode musste eine Menge leisten, Untergang der Republik und Jedi, Aufstieg des Imperiums, Anakins Fall zur Dunklen Seite usw., dennoch gelang es diesem Film, seinen Figuren etwas Raum zum „atmen“ zu geben. Ich will nicht behaupten, dass alle Charaktermomente funktionieren, aber wenn sie funktionieren, gehören sie mit zu den besten der Saga. Die Art und Weise, wie „The Rise of Skywalker“ strukturiert und geschnitten ist, hätte die Opern-Szene etwa kaum zugelassen.
Und schließlich: Rey und Kylo Ren/Ben Solo. Das Verhältnis zwischen diesen beiden kann man getrost als Herzstück der Sequel-Trilogie bezeichnen. Rey muss sich in diesem Film mit der Tatsache auseinandersetzen, dass sie Palpatines Enkelin ist – eine Fan-Theorie, die seit „The Force Awakens“ ihre Runden macht und schon damals reichlich dämlich war. Die Enthüllung, dass Rey ein „Niemand“ ist, war tatsächlich eines der Elemente, das mir in „The Last Jedi“ gefallen hat – mir sind in Star Wars sowieso schon zu viele Leute miteinander verwandt und verschwägert. Diese Enthüllung soll wohl Reys raschen Machtzuwachs erklären und befeuert zugleich den Plan des Imperators (dazu später mehr), wirft aber mehr Fragen und Probleme auf, als dadurch beantwortet und gelöst werden – ganz davon abgesehen, dass das alles fürchterlich erzwungen und plakativ daherkommt. Da wäre es noch besser gewesen, wenn Rey stattdessen eine spezielle Züchtung des Imperators, ein Sith-Experiment oder ähnliches gewesen wäre – damit hätte man eine interessante Geschichte erzählen können.
Kylo Ren tritt derweil ein weiteres Mal in die Fußstapfen seines Großvaters und kehrt am Ende des Films zur Hellen Seite zurück – dieses Mal nicht, um einen Todesfall in der Familie zu verhindern, sondern weil er bereits geschehen ist. Insgesamt ist Ben Solos Charakterentwicklung in diesem Film noch am überzeugendsten, was schlich an Adam Driver liegt und natürlich auch daran, dass diese Entwicklung die klarste ist – leider ist das nur verhaltenes Lob, denn wirklich gut ist sie nicht, nur besser als die anderen. Ein Ben Solo, der am Ende des Films für seine Taten wirklich geradestehen muss und durch den Tod nicht den „einfachen“ Ausweg bekommt, das wäre eine wirklich faszinierende Entwicklung gewesen.
Darth Sidious
Palpatine, der Imperator, Darth Sidious – nicht nur meine Lieblingsfigur in der Star-Wars-Saga, sondern wohl auch der Charakter, dem die Prequels nicht nur nicht geschadet haben, nein, er hat sogar von ihnen profitiert. In „Return of the Jedi“ entsprach er dem Archetypen des bösen Zauberers und Overlords. Zwar gewinnt er in den Episoden I bis III nicht wirklich an Tiefe und wird eine tragische oder gar nachvollziehbare Figur, aber er gewinnt an Facetten, wir sehen ihn als Meistermanipulator, der eine Demokratie stürzt und eine Diktatur errichtet. Obwohl die Rückkehr Imperator Palpatines in „The Rise of Skywalker“ nach Verzweiflung riecht, freute und freue ich mich, dass Ian McDiamird so noch einmal die Gelegenheit bekommt, in die ikonische Kutte zu schlüpfen. Unabhängig von allem anderen: McDiamird IST einfach Darth Sidious, so unausgegoren seine Rolle in diesem Film auch sein mag, ihm kann man definitiv keinen Vorwurf machen, mit dem, was man ihm gibt, stellt er das bestmögliche an und erfüllt jeden seiner Sätze mit abgrundtief böser Gravitas. Nun stellt sich die Frage, was Palpatine als neuer alter Oberschurke im Trilogie-Finale so anstellt. Wie sieht sein Masterplan dieses Mal aus? Leider entspricht er ganz dem Niveau der restlichen Handlung des Films: Zu Beginn lockt er Kylo Ren zu sich, zieht sich buchstäblich eine Flotte aus dem Arsch und beauftragt Kylo, Rey zu töten. Später erfahren wir allerdings, dass er Rey niemals tot sehen wollte, sondern das alles nur dazu diente, sie zu seinem Stützpunkt auf dem Sith-Planeten Exegol in den Unbekannten Regionen zu locken. Dort soll seine Enkelin ihn nach bester Sith-Tradition in all ihrem Hass niederstrecken und seinen Platz einnehmen, wobei sein Geist (sowie die Geister aller Sith (?)), was auch immer es damit auf sich hat) dann auf sie übergeht. Nachdem Rey von dieser Idee allerdings nicht allzu begeistert ist, saugt Sidious die Energie aus der Machtverbindung zwischen Rey und Ben Solo, der inzwischen als Geläuterter ebenfalls zurückgekehrt ist, um so seinem leichenhaften Zustand zu entkommen und zu alter Macht zurückzukehren. Da hatte der Sith-Meister schon bessere Pläne.
Ein weiteres Mal zeigt sich hier, wie wenig in den Sequels geplant war und mit welcher Nonchalance Abrams und Terrio einfach über offene Fragen hinweggehen. Tatsächlich erklärt der Film nicht, wie und warum Palpatine noch lebt… oder sagen wir besser, noch existiert, denn rein optisch befindet er sich die meiste Zeit über in einem ziemlich untoten Zustand. Der von Dominic Monaghan gespielte Resistance-Soldat Beaumont Kin erwähnt in einem Halbsatz Klone, was man wohl als Anspielung auf die Legends-Comicserie „Dark Empire“ aus den 90ern werten kann; in dieser kehrt Palpatines Geist in einem Klonkörper seiner selbst zurück und entfesselt erneut Tod und Verderben in der Galaxis – ganz ähnlich, wie er es in Episode IX tut. Es gibt tatsächlich einen Hinweis darauf, dass dem so sein könnte, denn Palpatine sieht zwar aus wie eine halb verweste Leiche, die Entstellung durch die Machtblitze, die von Mace Windus Lichtschwert auf ihn in „Revenge of the Sith“ zurückgeworfen wurden, ist jedoch nicht vorhanden. Merkwürdigerweise kehrt sie allerdings zurück, als Palpatine Kraft aus der Machtverbindung schöpft, was nicht allzu viel Sinn ergibt. Einer anderen Theorie zufolge, auf die ich in den Untiefen des Internets gestoßen bin, hat Palpatine auf dem Zweiten Todesstern eine Art Wurmloch geöffnet und ist nach Exegol entkommen; dieser Akt kostete ihn allerdings so viel Kraft, dass er Jahrzehnte brauchte, um sich halbwegs zu regenerieren. Wie dem auch sei, in einem weiteren Halbsatz wird, wie bereits erwähnt, auf höchst antiklimaktische Art und Weise eröffnet, dass Sidious hinter Snoke und damit auch hinter der Ersten Ordnung steht und Ben Solo wohl von Anfang an manipuliert hat, sowohl über Snoke (den er dann wohl ferngesteuert hat), als auch als Stimme von Vader. Auch sonst scheint mit alles um Sidious und seine Absichten recht schlecht durchdacht. Wer sind beispielsweise die ganzen vermummten Gestalten, die sich da in seinem Thronsaal herumtreiben?
Das vielleicht größte Problem bei der Sache: Abrams und Terrio wissen nicht so recht, was sie mit Palpatine anstellen sollen – die meiste Zeit über tut er das, was er auch schon in „Return of the Jedi“ tat: Er sitzt bzw. hängt rum, gibt hasserfüllten Dialog zum Besten und wirft mit Blitzen um sich. Ich bin nun wirklich kein Fan von „Star Wars Rebels“, aber diese Serie hat es geschafft, mit Sidious interessantere Dinge anzustellen als das Finale der Saga, und dort taucht der Imperator sogar fast ausschließlich als Hologramm auf. Warum präsentiert er sich Rey, die die ganze Sequel-Trilogie über verzweifelt nach Familie und Zugehörigkeit sucht, nicht als genau das und nimmt noch einmal die Gestalt des liebenswerten Großvaters an, in der er auch schon Anakin zur Dunklen Seite bekehrt hat? Dass sich Rey einem halb verwesten Leichnam nicht anschließt, kann man ihr kaum übel nehmen. Ohnehin hat man nie das Gefühl, Rey wäre auch nur eine Sekunde lange wirklich in Versuchung, sich der Dunklen Seite zu verschreiben – trotz Vision von Dark-Rey mit klappbarem Doppelklingenlichtschwert. Auch die Art und Weise, wie Palpatine letztendlich besiegt wird, wirkt unheimlich abgedroschen – schon wieder bekommt er seine eigenen Machtblitze ins Gesicht. Man fühlt sich an „Harry Potter and the Deathly Hallows“ erinnert, wo Voldemort zum wiederholten Mal von seinem eigenen Todesfluch erwischt wird.
Fazit: Das Vermächtnis der Saga
Letztendlich ist das passiert, was ich vermutet habe: Die Sequel-Trilogie kann nun endgültig als gescheitert betrachtet werden, es gibt kein erzählerisches Konzept, nur ein Reagieren auf den vorherigen Film, jede Episode ist die Antithese zur vorangegangenen, die beiden verantwortlichen Regisseure arbeiten gegeneinander. Auf technischer bzw. formaler Ebene wissen gewisse Elemente, zumindest abseits des erratischen Schnitts, durchaus zu gefallen, Abrams versteht es, beeindruckende Bilder zu erzeugen, die gezeigten Planeten sind die interessantesten der Sequels und besonders die Sith-Welt Exegol und die Festung des Imperators sprechen mich ästhetisch durchaus an. Auch einige der Action Set-Pieces wissen zu gefallen, die Darsteller sind im Großen und Ganzen gut oder, im Fall von Adam Driver und Ian McDiamird, sehr gut, aber all das wiegt die Plot-, Figuren- und Konzeptionsprobleme nicht einmal ansatzweise auf. „The Rise of Skywalker“ ist ein Film des kleinsten gemeinsamen Nenners, der primär Fan-Theorien und bereits Dagewesenes neu aufwärmt.
Wie bereits erwähnt kündigte J. J. Abrams vollmundig an, hier die Fäden aller drei Trilogien zusammenzuführen – nach wie vor bleiben die Prequels allerdings das ungeliebte Stiefkind, das kaum berücksichtigt wird. Sidious zitiert sich das eine oder andere Mal selbst („The Dark Side of the Force is a pathway to many abilities some consider to be unnatural“, „Do it“), sein Sith-Erbe wird bemüht, ohne es allerdings tatsächlich mit Substanz zu füllen und am Ende, als Rey die Stimmen der toten Jedi hört, sind auch Anakin und sogar Ahsoka dabei (was freilich leicht untergeht), aber davon abgesehen bleiben die Prequels nach wie vor auf der Strecke. Die Idee des Gleichgewichts der Macht, die in „The Force Awakens“ und „The Last Jedi“ immerhin noch einmal angerissen wurde, wenn auch nur nebenbei, wird fast komplett fallengelassen, nur Anakins Machtgeiststimme erwähnt es noch und meint, Rey solle nun die Macht ins Gleichgewicht bringen, so wie er es getan hat. Da Sidious aber noch lebt, scheint das ja nicht der Fall zu sein – oder muss die Macht alle paar Jahrzehnte einfach neu justiert werden? Wie so oft hat man sich wohl auch über diesen Aspekt keine Gedanken gemacht, sondern wirft einfach nur ein Schlagwort in den Raum in der Hoffnung, das werde die Fans schon zufrieden stellen. Genau diese Einstellung ist der Grund, weshalb „The Rise of Skywalker“ als Finale der Skywalker-Saga mehr als nur ernüchternd ist. Im Internet schwirren dutzende an Fan-Idee herum, wie man dieses Finale hätte deutlich besser und runder gestalten können. Wo Disney schon die ganzen abgeschmackten Fan-Ideen eingebaut hat, warum nicht auch ein paar von den guten? Selbst als reines Finale dieser Trilogie funktioniert „The Rise of Skywalker“ nicht, weil eben mit Palpatines Rückkehr noch einmal ein völlig neues Fass aufgemacht wird. Hätte man sich bei Disney von Anfang an überlegt, welche Geschichte man mit dieser Trilogie eigentlich erzählen will und dazu einen gescheiten Fahrplan aufgestellt, hätte man sich einiges ersparen können.
Star Wars: Konzept einer Fortsetzung
Dank der D23 ist Star Wars mal wieder in aller Munde, wenn auch nicht unbedingt positiv. Zwar sieht der Trailer zu „The Mandalorian“ wirklich nicht schlecht aus – das könnte was werden – die Promotion zu „The Rise of Skywalker“ bekleckert sich jedoch nicht unbedingt mit Ruhm. Sei es der Teaser, der zur Hälfte aus alten Szenen besteht und kaum etwas offeriert außer einem Schweizer Taschenlichtschwert oder das Poster, bei dem eine Hot-Toys-Figur statt Ian McDiamirds edler Gesichtszügen eingebunden wurde. Aber in diesem Artikel soll es weder um die positiven, noch um die negativen Aspekte der D23-Präsentationen und -Enthüllungen gehen. Stattdessen möchte ich das anhaltende Medienecho nutzen, um noch einmal, einige Monate vor dem Kinostart von Episode IX, über die Konzeption der Sequel-Trilogie sprechen.
Rückblick: Konzept der OT und PT
Werfen wir zuerst einen Blick auf die Konzepte der bereits bestehenden Trilogien. Der Handlungsbogen der OT dürfte klar sein: Rebellion gegen Imperium, der Fall einer totalitären Diktatur und, auf einer persönlichen Ebene, die Erlösung Anakin Skywalkers. Allerdings war vor allem Letzteres nie von Anfang an Teil der Konzeption. So sehr George Lucas auch behauptet, die OT sei von Anfang an so geplant gewesen, es ist inzwischen deutlich geworden, u.a. aus den ersten Drehbuchentwürfen für „The Empire Strikes Back“, in denen Anakin Skywalkers Machtgeist auftaucht, dass der Handlungsbogen um Darth Vaders Rückkehr zum Licht und die allgemeinen Verwandtschaftsverhältnisse Elemente sind, die erst nach Episode IV Teil der Handlung wurden. Mehr noch, zu Anfang war Palpatine laut des Prologs von Alan Dean Fosters Romanadaption von „A New Hope“ ein schwacher Diktator und mit Sicherheit kein Machtnutzer. Hin und wieder gibt es bei der Gesamtbetrachtung der OT die eine oder andere Diskrepanz, aber insgesamt ist sie ziemlich gut zusammengewachsen und funktioniert als die Saga, als die sie wahrgenommen wird. Dieser Aspekt des Zusammenwachens ist jedoch etwas, das man im Hinterkopf behalten sollte.
Rein konzeptionell ist die Prequel-Trilogie am dichtesten, auch wenn das Konzept nicht immer ganz gelungen umgesetzt wurde. Die Prequels schildern den Fall Anakin Skywalkers, die Vernichtung der Jedi, den Aufstieg Imperator Palpatines und die Umwandlung der Republik in das Imperium. Es war von Anfang an klar, wo es hingehen würde – was den vielgescholtenen Prequels ironischerweise den Status der am besten geplanten und konzipierten Trilogie verleiht, denn anders als bei den anderen beiden wussten die Verantwortlichen genau, wo die Reise enden würde.
Als Disney Lucasfilm 2012 erwarb, waren die Möglichkeiten, die Saga fortzusetzen, vielfältig. Das alte Erweiterte Star-Wars-Universum, inzwischen als „Legends“ gebrandmarkt, hat einige Blaupausen geliefert, die wir uns etwas näher betrachten werden, bevor wir uns mit dem Weg, der für die Sequels gewählt wurde, auseinandersetzen.
Direkte Fortsetzung: Die Thrawn-Trilogie und „Dark Empire“
In den 90ern erwarben zwei Verlage, Bantam und Dark Horse, die Star-Wars-Lizenz und machten sich daran, die Saga in Form von Romanen und Comics fortzusetzen. Das jeweils erste Werk beider Verlage, Timothy Zahns „Heir to the Empire“ (gefolgt von „Dark Force Rising“ und „The Last Command“) und „Dark Empire“ (gefolgt von „Dark Empire II“ und „Empire’s End“) können jeweils als Versuch verstanden werden, die OT sehr direkt fortzusetzen. Im Kontext der Prequels erscheint vor allem „Dark Empire“ recht merkwürdig, aber natürlich konnten weder Tom Veitch noch Timothy Zahn wissen, was George Lucas in der Zukunft anstellen würde (Stichwort: Auserwählter). Wie dem auch sei, beide Werke setzen den Konflikt relativ direkt fort. Zahn erzählt dabei die besser konstruierte und auch deutlich kreativere Geschichte. Nach ihrem Sieg auf Endor hat die Rebellen-Allianz die Macht in der Galaxis übernommen, sodass die Rollen vertauscht sind: Die Helden sind nun die dominante Partei, während die Schurken aus dem Untergrund heraus kämpfen. Nach wie vor ist es das Imperium, das Luke, Han, Leia und Co. Probleme bereitet. Dieses Mal wird die Neue Ordnung durch Großadmiral Thrawn vertreten, der eine deutlich andere Art von Widersacher ist als Vader oder Palpatine, was sich natürlich auf die Geschichte auswirkt. Zahn fährt die mystischen Aspekte von Star Wars etwas zurück. Das Vermächtnis der Jedi und der Kampf gegen die Dunkle Seite sind zwar präsent – Letztere wird vertreten durch den verrückten Jedi-Klon Joruus C’baoth – man merkt den Romanen jedoch an, dass Zahn diesen Elementen weniger Bedeutung zuweist; er rückt Star Wars etwas näher an die „echte“ Science Fiction heran und entfernt sich von der märchenhaften Space Opera. Im Kern steht hier der Konflikt zwischen Imperium und Neuer Republik, dementsprechend ist Thrawn auch militärisches Genie und nicht böser Overlord. Gerade im Kontext der Erscheinungszeit ist die Thrawn-Trilogie wirklich eine exzellente Fortsetzung der OT, der eine gelungene Balance zwischen Altem und Neuem gelingt. Im Kontext der Prequels trifft das freilich nicht mehr zu, da diese das Konzept des Außerwählten und den Konflikt zwischen Jedi und Sith in den Mittelpunkt rücken. Diese essentiellen Elemente der Episoden I bis III finden sich in der Thrawn-Trilogie nicht wieder – wie auch?
Was die grundsätzliche Handlung angeht, eignet sich „Dark Empire“ besser als Fortsetzung der aus den Episoden I bis VI bestehenden Saga: Palpatine/Darth Sidious ist durchgehend der Oberschurke, da bietet es sich an, das Konzept an ihm als „dunkler Bedrohung“ festzumachen: Die Star-Wars-Saga als Kampf der Skywalker-Dynastie gegen Palpatine. Im Detail wusste Tom Veitch natürlich genauso wenig wie Timothy Zahn, was George Lucas mit den Prequels machen würde, weshalb vieles, was in „Dark Empire“ geschieht, im Kontext der Prequels reichlich merkwürdig oder schlicht unpassend wirkt. Zwar werden die Sith in den Fortsetzungen „Dark Empire II“ und „Empire’s End“ tatsächlich erwähnt, schließlich war Darth Vader von Anfang an laut Episode-IV-Drehbuch und -Romanadaption „Dunkler Lord der Sith“, aber was das bedeutete, wusste im Zeitraum von 1977 bis Mitte der 90er niemand. Bekanntermaßen wollte Zahn die Spezies, die für Vader und später auch Thrawn als Attentäter arbeitet, zu den Sith machen und Vaders Titel so erklären, bis Lucasfilm ihm das ausredete, sodass aus besagter Spezies schließlich die Noghri wurden.
Wo die Thrawn-Trilogie jedoch etwas geerdeter ist und sich eher auf die Sci-Fi-Aspekte konzentriert, geht Veitch den entgegengesetzten Weg: Bei ihm ist Palpatine mächtiger denn je, sein Geist kann von Körper zu Körper hüpfen, er kann gewaltige Machtstürme entfesseln und im Grunde ganze Flotten im Alleingang in Schutt und Asche legen. Die Dominanz der Neuen Republik wird von Veitch ebenfalls wieder rückgängig gemacht – insgesamt betont er in „Dark Empire“ deutlich stärker die Pulp-Elemente, die Dank Lucas‘ Vorliebe für „Flash Gordon“ natürlich schon immer Teil der Saga waren.
Ein neuer Konflikt: Die „New Jedi Order“
Eine weitere konzeptionelle Möglichkeit für die Sequel-Trilogie wäre gewesen, ein völlig neues Kapitel aufzuschlagen. Das Imperium, die Sith und die Dunkle Seite der Macht sind besiegt, der Auserwählte hat seinen Job erfüllt, die Bedrohung kommt dieses Mal aus einer völlig anderen Richtung. Die Idee außergalaktischer Invasoren tauchte immer mal wieder im Erweiterten Universum auf; in den alten Marvel-Comics gab es die Nagai, in „Truce at Bakura“ die Ssi-ruuk und 1999 zeigten im Rahmen der Romanreihe „New Jedi Order“ natürlich die Yuuzhan Vong ihre nicht gerade ansehnlichen Gesichter. Diese neue Spezies, die die bekannte Galaxis in einen neuen, blutigen Krieg stürzt, ist enorm umstritten, nicht zuletzt, da ihre Mitglieder in der Macht nicht zu existieren scheinen, aber unabhängig davon sind sie ein Paradebeispiel für ein „neues Kapitel“: Es gibt keine Verbindung zwischen den Vong und dem Imperium, den Sith oder irgend einem anderen bekannten Widersacher. Ich denke nicht, dass sich die Vong wirklich für die Sequels angeboten hätten, dazu sind sie im Fandom zu umstritten und hätten auf den Mainstream wahrscheinlich zu un-star-warsig gewirkt, aber die „New Jedi Order“ wäre als sehr grobe Vorlage interessant gewesen. So hätte Disney bzw. Lucasfilm erklären können, dass sich die Episoden I bis VI mit dem Konflikt Jedi gegen Sith auseinandersetzen, und die Episoden VII bis IX (oder sogar XII?) mit dem Krieg zwischen der Neuen Republik und welchem völlig neuen Gegner man auch immer wählt.
The Next Generation: „Legacy“
Das Konzept der Comicserie „Legacy“ lässt sich mit einem Satz kurz und prägnant erläutern: Selber Konflikt, anderes Personal. Knapp 140 Jahre nach der OT stehen die Jedi (mal wieder) kurz vor der Auslöschung und (mal wieder) herrschen die Sith über das Imperium bzw. die Galaxis. Nur ist der Protagonist nicht mehr der aufrechte Bauernjunge, der sich zum strahlenden (wenn auch schwarz gewandeten) Ritter entwickelt, sondern ein Junkie, der am liebsten in Ruhe gelassen werden will – dummerweise trägt Cade den Familiennamen Skywalker und ist ein Nachfahre besagten Ritters. Etwas ähnliches hätte sich für die Sequels durchaus angeboten, besonders wenn Mark Hamill, Harrison Ford und Carrie Fisher nicht gewillt gewesen wären, noch einmal in ihre Rollen zu schlüpfen. „Legacy“ zeichnet sich dadurch aus, dass der Grundplot derselbe ist wie in der OT, aber von völlig anderen, zum Teil deutlich graueren und komplexeren Charakteren durchgespielt wird, was natürlich zu einer völlig anderen Handlungsentwicklung führt.
Das Nicht-Konzept der Sequels
Das größte Problem der Sequel-Trilogie ist, dass es eben kein die Filmreihe umspannendes erzählerisches Konzept gibt. Lucasfilm unter Kathleen Kennedy wollte sich alle Möglichkeiten offen halten und den individuellen Filmemachern so viel Freiraum geben wie möglich – grundsätzlich ein löblicher Ansatz, aber nicht, wenn er das „Große Ganze“ beschädigt. Aus diesem Grund entwickelte man nur ein Konzept für Episode VII, und das auch nicht auf einer inhaltlichen Ebene. Ich denke, man fragte sich in der Chefetage des Mäusekonzerns nie „Welche Geschichte wollen wir erzählen?“, sondern „Wie arbeiten wir gegen den schlechten Ruf der Prequels?“. Das macht aus Episode VII einen zutiefst reaktionären Film im eigentlichen Wortsinn, denn er ist in vielerlei Hinsicht ein genauer Gegenentwurf zu den Prequels. Bei all der berechtigten Kritik, mit der die Episoden I bis III bedacht werden, findet sich auch oft die in meinen Augen unberechtigte Kritik, dass sie eben nicht wie die OT sind. Genau dem versuchte Disney entgegenzuwirken. Was fanden die Fans an den Prequels schlecht? Zu viel CGI, zu wenig wie die OT, zu viel Politik etc. Also heuerte man mit J. J. Abrams einen bekennenden Episode IV-Fan und konzentriert sich auf diese Aspekte. Konzeptionell dagegen sitzt Episode VII quasi zwischen den Stühlen. Keine der oben geschilderten Möglichkeiten wird gewählt. In „The Force Awakens“ wird nicht derselbe Konflikt (Jedi gegen Sith, Rebellion bzw. Neue Republik gegen Imperium, alle gegen Palpatine) fortgesetzt, es ist aber auch nicht wirklich ein neuer Konflikt. Stattdessen gibt es Ersatzfraktionen, Widerstand, Erste Ordnung und Ritter von Ren, die formal ihren Gegenstücken, Rebellion, Imperium und Sith, nicht entsprechen, aber genau dieselben Story-Beats bedienen. In der Essenz wird nicht derselbe Konflikt weiter ausgetragen, wie es in der Thrawn-Trilogie oder in „Dark Empire“ der Fall ist, und es wird auch kein wirklich neuer Kampf gekämpft, stattdessen wird derselbe Konflikt noch einmal von Ersatzparteien ausgefochten. Das führt dazu, dass sie die Sequels wie ein merkwürdiger Epilog zum Rest der Saga anfühlen, nicht wirklich Teil davon, aber auch nicht losgelöst.
Eines muss man Lucasfilm/Disney allerdings lassen: Zumindest für Episode VII ist das Konzept „Anti-Prequel“ aufgegangen, denn „The Force Awakens“ hatte exakt die Wirkung, die man wollte. Star Wars als Marke wurde revitalisiert, Casual-Fans, die dem Franchise nach den Prequels den Rücken kehrten, fanden wieder in die weit, weit entfernte Galaxis und allgemein gab es viel Kritikerlob und natürlich spielte der Film schlicht und einfach verdammt viel Kohle ein.
Spätestens mit Episode VIII zeigt sich allerdings, dass der Mangel an Konzept eine schlechte Idee war. J. J. Abrams und Episode-VII-Mitautor Lawrence Kasdan arbeiteten in „The Force Awakens” mit Abrams’ berühmt-berüchtigter Mystery-Box-Methode und warfen viele Fragen auf. Vielleicht lieferten sie intern die Antworten mit, vielleicht auch nicht. Jedenfalls bekam Rian Johnson für Episode VIII freie Hand, mit bekanntem Ergebnis. Wenn Abrams und Kasdan Antworten lieferten, ignorierte er sie, und wenn nicht gab er sie nicht in ihrem Sinn. Ich möchte nun wirklich nicht noch einmal die Last-Jedi-Diskussion aufwärmen, doch selbst Befürworter dieses Films müssen zugeben, dass eine ziemliche Diskrepanz zwischen „The Force Awakens“ und „The Last Jedi“ existiert und dass Letzterer gegen Ersteren arbeitet. Auf gewisse Weise ist „The Last Jedi“ das „Anti-Force-Awakens“, ähnlich wie Episode VII das „Anti-Prequel“ war – und somit wieder ein zutiefst reaktionärer Film. Wo „The Force Awakens“ zwanghaft alle Erwartungen erfüllt, versucht „The Last Jedi“ genauso zwanghaft, alle Erwartungen zu unterwandern. Das ist das Konzept des Films – und abermals ist es kein erzählerisches Konzept.
Schon jetzt sind die Sequels die unebenste der drei Trilogien. Ja, George Lucas hatte auch nicht wirklich ein von Anfang an durchgeplantes Konzept bei der OT, was von Verteidigern der Sequels immer wieder gerne angeführt wird, aber der OT wurde erlaubt, organisch zu wachsen. Zwar gab Lucas den Regiestock für Episode V und VI an Irvin Kershner respektive Richard Marquand weiter, aber er war dennoch derjenige, der die Fahrtrichtung vorgab und dafür sorgte, dass kein Film gegen den anderen arbeitet.
Meine Begeisterung für Episode IX hält sich bislang ziemlich in Grenzen, ich bin eher fachlich daran interessiert, wie diese Trilogie nun zu Ende geführt wird. Obwohl „The Last Jedi“ bei Kritikern gut ankam und auch finanziell keine Wünsche offen ließ, spaltete dieser Film das Fandom wie kein anderer vor ihm und führte von Gegnern wie Befürwortern zu Extremreaktionen. Mit „The Rise of Skywalker“ scheint Disney nun zu versuchen, diese Spaltung zu überwinden und rückwirkend ein Gesamtkonzept wie das oben bei „Dark Empire“ geschilderte zu etablieren, in dem Palpatine als verbindender Faktor zwischen der PT, der OT und der ST eingesetzt wird – der Teaser, der zu Anfang Einstellungen aus allen bisherigen Filmen zeigt, verdeutlicht dieses Ansinnen. Da mag Kathleen Kennedy noch so sehr bezeugen, dass die Rückkehr des Imperators immer für Episode IX geplant war, das nehme ich ihr nicht ab.
Ironischerweise lässt sich nun doch ein vereinendes Konzept für die Sequels festlegen: Jeder Film der ST reagiert auf die Vorgänger-Episode und versucht, sich als entsprechende Antithese zu inszenieren. Natürlich kann eine Trilogie, in der jeder Film als Antithese zum Vorhergegangenen fungiert, niemals einen einheitlichen Eindruck hinterlassen.
Aktuell: The Rise of Skywalker
Aus Zeitgründen habe ich mich von der „Aktuell-Kategorie“ meines Blogs schon vor einiger Zeit verabschiedet (es dürfte vielleicht aufgefallen sein, dass meine Post-Frequenz im letzten Jahr deutlich abgenommen hat, was vor allem daran lag, dass ich mit dem Sammeln von Überstunden beschäftigt war). Aber hin und wieder will man doch zumindest mal semi-aktuell sein – und was eignet sich da besser als der Teaser zur nächsten Star-Wars-Episode.
Gemessen an dem, was da dieses Jahr auf uns zukommt – nichts weniger als das Finale der Skywalker-Saga – lässt zumindest mich das erstaunlich kalt. Übersättigung, Nachwirkungen der Episode VIII-Problematik bzw. der damit zusammenhängenden Debatte – vermutlich eine Mischung aus all diesen Elementen. Der Teaser selbst ist da leider keine große Hilfe, denn insgesamt ist er relativ unspektakulär. Er beginnt (mal wieder) auf einem Wüstenplanteten – ob Jakku, Tatooine oder ein neuer ist nicht klar – und mit einer Rey, die sich einem Tie-Fighter gegenübersieht. Es wurde ja schon lange spekuliert, in wie fern Disney bzw. J.J. Abrams angesichts der vielen negativen Fan-Reaktionen auf „Die letzten Jedi“ Rian Johnsons Entscheidungen rückgängig machen würde. Die erste findet sich bereits: Rey hat offenbar Anakins altes Lichtschwert repariert. Die folgende akrobatische Einlage erinnert eher an die Prequels als an den zumindest diesbezüglich etwas konservativeren Einsatz der Macht in den Sequels.
Nach dieser recht langen, wenn auch kaum aussagekräftigen Sequenz folgen kürzere Eindrücke: Anflug auf einen neuen Planeten, Kylo Ren und seine Truppen in der Schlacht, eine unbekannte, aber recht haarige Person schweißt Kylos Helm wieder zusammen, kurze Eindrücke von Finn und Poe sowie BB8 und einem neuen Droiden und Lando Calrissian im Cockpit des Falken – alles untermalt von einer Trailermusik-Version von Leias Thema. Es folgt ein kurzer Action-Eindruck auf dem unidentifizierten Wüstenplaneten, wobei sich unsere Helden auf einem Fahrzeug befinden, das stark an Jabbas Gefährte aus Episode VI erinnert, eine Einstellung der Siegesmedallien aus Episode IV, Rey, die Leia umarmt und schließlich eine Gruppenaufnahme mit Rey, Finn, Poe, Chewie, C-3PO, BB8 und dem neuen Droiden, die vielleicht auf Endor anzusiedeln ist. Die nächste Einstellung zeigt jedenfalls etwas, das verdammt nach einem Trümmerstück des Todessterns aussieht. Der Planet selbst mit seiner zerklüfteten Küstenlandschaft wirkt zwar nicht wie Endor, aber selbst ein Waldmond muss ja nicht ausschließlich aus Wald bestehen.
Der beste Moment des Teasers folgt kurz vor der Titeleinblendung als Antwort auf Lukes Kommentar aus dem Off „No one’s ever really gone“ (eigentlich eine Dialogzeiel aus Episode VIII): Es erklingt das vertraute Lachen von Darth Sidious. Dann erfahren wir endlich den Titel von Episode IX: „The Rise of Skywalker“.
Gesamteindruck: Der Teaser sagt selbst für einen Teaser verdammt wenig darüber aus, worum es eigentlich geht und besteht primär aus Nostalgie-Beats, die auf Episode VI verweisen. Das Highlight ist zweifelsohne die angedeutete und inzwischen auch von J.J. Abrams bestätigte Rückkehr Palpatines. In welcher Form das geschehen wird bleibt natürlich unklar. Kehrt der Dunkle Lord der Sith tatsächlich von den Toten zurück, eventuell so, wie er es in der Comicserie „Dark Empire“ tat? Dort besetzte sein Geist Klonkörper seiner selbst. Kehrt er „nur“ als Dunkle-Seite-Version eines Machtgeistes zurück? Oder vielleicht sogar nur in Form von Aufzeichnungen oder Flashbacks?
Ursprünglich wurde in der neuen Disney-Kontinuität der Eindruck erweckt, dass es den Sith nicht mehr möglich sei, nach ihrem Tod als Geister wiederzukommen, so wie es in den Legends der Fall war. Nutzer der Dunklen Seite konnten zwar nicht zu „echten“ Machtgeistern werden, wie es den Jedi möglich war, aber sie konnten ihre Essenz an Gegenstände oder Orte binden oder per Essenztransfer in einen neuen Körper schlüpfen – einer ganzen Reihe von Dunklen Lords gelang es so, auch noch lange nach ihrem Tod ziemlichen Schaden anzurichten, von Marka Ragnos über Naga Sadow, Freedon Nadd, Darth Andeddu und Exar Kun bis hin zu, wie bereits erwähnt, Palpatine selbst. George Lucas gefiel diese Idee allerdings nicht. In den Mortis-Folgen der dritten Clone-Wars-Staffel waren ursprüngliche Gastauftritte der Sith-Lords Revan und Bane geplant, doch Lucas legte letztendlich sein Veto ein mit der Begründung, den Sith sei es nicht möglich, als Geister zurückzukehren. Selbst der Gastauftritt des von Mark Hamill gesprochenen Darth Bane, dem Yoda auf Moraband (formerly known as Korriban) in der sechsten Staffel der Serie begegnet, ist nur eine Illusion der Machtpriesterinnen und kein tatsächlicher Geist.
Mit der von Charles Soule verfassten Kanon-Darth-Vader-Comicserie, die kurz nach Episode III spielt, scheint diese Regel aber schon wieder ad acta gelegt zu sein, denn dort tauchte der Sith Lord Momin auf, dessen Essenz in seinem Helm weiterexistierte, ganz ähnlich wie es bei diversen Legends-Sith-Lords der Fall war; man denke etwa an Karness Muur, der ähnlich wie Momin von anderen durch ein Artefakt Besitz ergreifen konnte. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich halte es durchaus für möglich, dass Palpatine tatsächlich auf diese Weise zurückkehrt. Zweifelsohne wäre es eine, aber nicht die eleganteste Lösung für das Schurken-Problem von Episode IX. Denn, seien wir mal ehrlich, Kylo Ren funktioniert als Big Bad einer Trilogie genauso wenig wie General Hux. Hux kann nach Episode VIII ohnehin niemand ernst nehmen, während Kylo sowohl in Episode VII als auch in Episode VIII jeweils eine verheerende Niederlage hinnehmen musste. Im Vergleich dazu blieb Vader bis Episode VI im Grunde unbesiegt, die beiden Lichtschwertduelle, die er absolvierte, gewann er – und dabei war er nicht mal der Oberschurke.
Also bleiben letztendlich nur ein paar wenige Möglichkeiten: J.J. Abrams und sein Mit-Drehbuchautor Chris Terrio können versuchen, Kylo tatsächlich zum Oberschurken zu machen, sie können Snoke zurückbringen (was in meinen Augen aber ebenso wenig funktionieren würde), sie können einen neuen Big Bad aus dem Hut zaubern oder man nimmt eben einen, der sich bereits bewährt hat, wie Darth Sidious. Der cleverste Weg wäre wohl, Sidious als Präsenz zurückzubringen, ohne ihn tatsächlich wiederzubeleben. Dazu müsste er nicht einmal als Geist auftauchen, stattdessen könnte es sich um einen lange vorbereiteten Plan handeln, während Palpatine in Form von Aufzeichnungen und Flashbacks als treibende Kraft wirkt. Schon lange kursieren im Internet Gerüchte, Matt Smith würde einen jungen Palpatine spielen. Immerhin gehen die Saw-Filme seit John Kramers Tod im dritten Teil seit einiger Zeit auf diese Weise vor. Zugegeben, nicht das beste Beispiel, aber dennoch. Diese Idee gab es in Chuck Wendigs Aftermath-Trilogie und anderen, in diesem Zeitraum spielenden Medien zwar bereits (Stichwort: „Operation Cinder“) , aber darauf könnte man tatsächlich aufbauen.
Ein weiteres Mal zeigt sich hier nun das fundamentale Problem der Sequel-Trilogie: Der Mangel an Planung und Gesamtkonzept und die Unentschlossenheit bei der Konzeption von Episode VII. Entweder hätte man die Sequels tatsächlich als Fortführung der Skywalker-Saga konzipieren müssen, oder aber etwas völlig Neues aufziehen. Darth Sidious war der überspannende Schurke der bisherigen Saga. Natürlich, das war er nicht von Anfang an, bekanntermaßen sollte der Imperator in Episode IV ein schwacher Diktator sein, der von Leuten wie Tarkin kontrolliert wurde. Erst mit Episode V und VI entwickelte wurde er zum Oberschurken und erst mit den Prequels zum alles umfassenden Überschurken, der der für den Fall der Republik und die Vernichtung der Jedi verantwortlich war, quasi dem Star-Was-Äquivalent zu Satan. Es wäre naheliegend gewesen, ihn als auch Bedrohung der Episoden VII bis IX beizubehalten, sei es als tatsächlich aktiver Schurke, als Geist oder Holocronaufzeichnung, um einen Nachfolger heranzuzüchten.
Die Alternative wäre gewesen, Episode VII als Start von etwas völlig Neuem zu inszenieren, ähnlich wie es die „New Jedi Order“ im Legends-Bereich tat. Damit will ich nicht sagen, dass Lucasfilm die Yuuzhan Vong in den Kanon hätte bringen sollen, aber eventuell ein Gegenstück, eine wie auch immer geartete neue Bedrohung, die vielleicht sogar Rebellen/Republik und Rest-Imperium dazu gezwungen hätte, sich zu verbünden. Letztendlich entschied man sich dann aber eben dafür, denselben Konflikt mit neuen Figuren noch einmal auszutragen. Snoke statt Palpatine, Kylo Ren statt Darth Vader, die Erste Ordnung statt dem Imperium und der Widerstand statt der Rebellion. So, wie sie jetzt ist, ist die Sequel-Trilogie weder richtige Fortsetzung noch der wirkliche Start eines neuen Kapitels, sondern bestenfalls ein Nachgedanke, ein Anhängsel, weder Fisch noch Fleisch.
Natürlich könnte Episode IX das rückwirkend noch revidieren, der aktuelle Teaser macht sehr deutlich, dass genau das der Ansatz von Abrams und Terrio ist. Aber selbst dann würde es aufgesetzt wirken, schließlich wurde von offizieller Seite bereits mehrfach zugegeben, dass die Sequels nicht durchgeplant wurden und dass Rian Johnson auch nicht an Abrams‘ Ideen für den Rest der Trilogie gebunden war, sondern im Grunde tun konnte, was er wollte. Ich persönlich bin ja eigentlich immer für kreative Freiheit, aber nicht zum Preis der übergeordneten Handlung.
Wie dem auch sei, ich befürchte, dass „The Rise of Skywalker“ abermals in zu großem Ausmaß die Nostalgiekarte ausspielen wird. Der Titel ist natürlich ein Kuriosum für sich, passt aber zu den Aussagen, man wolle die gesamte Skywalker-Saga aufgreifen und alles zusammenführen. Fraglich ist natürlich, was mit dem Titel gemeint ist. Tatsächlich noch lebende Skywalkers sind Kylo und Leia, aber es erscheint unwahrscheinlich, dass einer von beiden gemeint ist. Ist Rey doch eine Skywalker? Kehrt Luke zurück? Oder ist das ganze in irgendeiner Form metaphorisch zu verstehen?
Um auf einer positiven Note zu enden: Insgesamt erhoffe ich mir von Episode IX erst einmal einen gelungenen letzten John-Williams-Star-Wars-Soundtrack, einige schöne neue Auftritte von Ian McDiamird als Darth Sidious (diese können auch noch den schwächsten Film aufwerten) und endlich mal wieder ein wirklich zünftiges Lichtschwertduell, denn diesbezüglich gab es in der Disney-Ära außerhalb von „Star Wars Rebels“ wirklich sehr wenige, und auch die Rebels-Duelle waren nicht immer das Gelben vom Ei bzw. das Weiße vom Lichtschwert.
Star Wars Episode VIII: Die letzten Jedi – Ausführliche Rezension
Spoiler voller Dröhnung!
„Star Wars Episode VIII: Die letzten Jedi“ hat geschafft, was nicht einmal die Prequels auf diese Weise hinbekommen haben: Er hat das Fandom in der Mitter gespalten. Bereits kurz nach dem Kinostart bildeten sich zwei vorherrschende Extremmeinungen heraus: Entweder ist Rian Johnsons Film das Beste, was Star Wars seit „Das Imperium schlägt zurück“ passiert ist, oder er hat Star Wars für immer ruiniert und ist der schlimmste Film aller Zeiten, ein riesiger Mittelfinger an alle Star-Wars-Fans. Nach dem ersten Anschauen hat mich „Die letzten Jedi“ relativ ratlos zurückgelassen. Normalerweise gibt es immer eine positive oder negative Grundtendenz, selbst wenn ich noch länger Zeit benötigen sollte, um mich in meiner Meinung zu festigen. Passend zu einer der zentralen Thematiken des Films hält sich „Die letzten Jedi“ relativ gut in der Balance: Einerseits sind da die Figuren, die Figurenentwicklung und der thematische Überbau, die mir ziemlich gut gefallen und die tatsächlich auch mal in eine neue und unerwartete Richtung gehen. Und dann sind da noch der eigentliche Plot, der Kontext der Handlung (bzw. der Mangel daran) und noch diverse andere Details, die mir entschieden gegen den Strich gehen.
Handlung
Zwar wurde die Starkiller-Basis vom Widerstand zerstört, doch das scheint sie nicht besonders zurückgeworfen zu haben, denn nur kurz darauf greift Hux (Domnhall Gleeson) mit seiner Flotte die Basis des Widerstands auf D’Qar an und zwingt Leias (Carrie Fisher) Truppe zur Flucht. Doch nicht einmal der Sprung in den Hyperraum hilft mehr, denn die Erste Ordnung verfügt nun über Mittel und Wege, die Schiffe des Widerstands durch den Hyperraum zu orten. Die Supremacy, das riesige neue Flagschiff von Snoke (Andy Serkis) macht die Situation nicht besser, und so ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der dezimierte Widerstand völlig ausgelöscht wird. Zu allem Überfluss wird Leia bei einem Angriff auch noch schwer verletzt, sodass Vizeadmiral Holdo (Laura Dern) die Führung übernehmen muss.
Auf Ahch-To hat es Rey (Daisy Ridley) derweil mit Luke Skywalker (Mark Hamill) nicht allzu leicht, da dieser sich strikt weigert, sie zu trainieren – der gealterte Jedi-Meister ist immer noch von Kylo Rens (Adam Driver) Fall zur Dunklen Seite traumatisiert und befürchtet, mit Rey könne dasselbe geschehen. Erst nach und nach beginnt er damit, ihr ein wenig Wissen zu vermitteln. Zugleich stellt Rey fest, dass es eine Verbindung zwischen ihr und Kylo Ren gibt, die beiden können sich über weite Distanz wahrnehmen und sogar miteinander sprechen. Das überzeugt sie schließlich, dass es noch Gutes in Kylo gibt, weshalb sie sich aufmacht, um sich ihm allein entgegenzustellen.
Poe Dameron (Oscar Isaac) ist inzwischen mit der Führung Holdos nicht allzu glücklich. Gemeinsam mit Finn (John Boyega) und der Technikerin Rose (Kelly Marie Tran) schmiedet er einen Plan, um die Hyperraumortung der Ersten Ordnung auszuschalten. Zu diesem Zweck begeben sich Finn und Rose auf den Planeten Cantonica, wo sie in der Casion-Stadt Canto Bight hoffen, einen bestimmten Codebrecher ausfindig zu machen, der ihnen bei ihrem Vorhaben hilft. Als die Mission jedoch schiefgeht, müssen sie sich mit dem zwielichtigen DJ (Benicio del Toro) zufriedengeben.
Derweil bekommt es Rey mit Kylo Ren und Snoke persönlich zu tun, doch diese Begegnung führt zu einer unerwarteten, wenn auch kurzlebigen Allianz zwischen den Schülern der Hellen und Dunklen Seite, der nicht nur Snokes Wachen, sondern auch der Oberste Anführer selbst zum Opfer fallen. Doch schon bald stellt sich heraus, dass Kylo Ren keinerlei Anstalten macht, seinen dunklen Pfad aufzugeben. Auch Rose und Finn scheitern, weshalb sich die letzten Reste des Widerstands auf den Planeten Crait zurückziehen müssen, um dort den Angriff der Ersten Ordnung zu erwarten…
Das Ende des Alten
Die erste Frage, die man sich in Bezug auf Episode VIII stellen mag, lautet wohl: Ist dieser Film inhaltlich ein ähnlicher Abklatsch von Episode V, wie es „Das Erwachen der Macht“ von Episode IV war? Zumindest meine Antwort darauf lautet: Nein, aber mit Einschränkungen. Vor allem strukturell orientiert sich „Die letzten Jedi“ durchaus an „Das Imperium schlägt zurück“: Wir haben zwei klar getrennte Handlungsstränge, beim einen handelt es sich um eine Ausbildung auf einem abgelegenen Planeten, beim anderen um eine Flucht vor einem übermächtigen Feind. Darüber hinaus gibt es eine Bodenschlacht (wenn auch am Ende des Films, nicht zu Beginn – hier hätten wir eher eine Parallele zu Episode II).
Auch sonst existieren inhaltlich und inszenatorisch durchaus Parallelen, nicht nur zu Episode V, sondern auch zu Episode VI. Wo „Das Erwachen der Macht“ sich jedoch oft darauf beschränkt, Elemente ohne größere Variation zu wiederholen und höchstens noch einen ironischen Kommentar mitzuliefern, bemüht sich Rian Johnson, bekannten Ausgangslagen eine neue Facette abzugewinnen oder diese sogar komplett zu dekonstruieren. Das große Thema des Films, das ihn durchdringt und zusammenhält, ist in meinen Augen Emanzipation. Das ist in vielerlei Hinsicht das, was die Figuren entweder antreibt oder am Ende ihrer Entwicklung in diesem Film steht. Zugleich setzt Rian Johnson so die Metanarrative fort, die J.J. Abrams in Episode VII begann. Dieses Metaelement ist etwas, das zumindest in den Star-Wars-Filmen relativ neu ist (das alte EU ist freilich wieder eine andere Geschichte). Die Konzeption der Protagonisten Kylo Ren und Rey war bereits in Episode VII ein Kommentar auf das Franchise, da beide im Grunde auf gewisse Weise Star-Wars-Fans bzw. Teile des Fandoms repräsentieren. Beide eifern darüber hinaus einer bestimmten Figur nach, Rey Luke und Kylo Ren Darth Vader. Im Verlauf von Episode VIII lernen beide auf ihre Weise, sich vom jeweiligen Vorbild zu lösen.
Betrachten wir erst einmal Rey: Wie Luke trainiert sie (nun ja, mehr oder weniger) unter einem exzentrischen Jedi-Meister und zieht schlussendlich aus, um den Handlanger des Bösen in dessen Beisein zu bekehren. Nur: Letztendlich gelingt das nicht so recht. Zwar tötet Kylo Ren tatsächlich Snoke, besinnt sich dann aber auf gute alte Sith-Traditionen und übernimmt lieber selbst die Macht. Hier muss Rey endgültig lernen, dass sie nicht Luke ist und Kylo Ren nicht Darth Vader. Rey emanzipiert sich in vielerlei Hinsicht, vor allem von den Elementen der Heldenreise, die sie implizit erwartet – und warum auch nicht, schließlich schien es in Episode VII so, als breche sie zu eben jener auf. Nun findet sie zwar ihren Mentor, doch dieser ist gebrochen und will sie nicht unterrichten. Mehr noch, sie muss einsehen, dass sie kein „besonderes Kind“ ist und ihre Eltern lediglich Schrotthändler waren. Rey lernt in diesem Film angesichts dieser Wahrheiten und ihres Versagens, Kylo Ren auf ihre Seite zu ziehen, trotzdem für das einzustehen, an das sie glaubt und dennoch weiterzumachen.
Kylo Ren selbst emanzipiert sich seinerseits von Darth Vader als seinem großen Vorbild und von Snoke als seinem Meister. Tatsächlich möchte er sich von allem vollständig emanzipieren und trachtet am Ende danach, mit Rey einen völligen Neuanfang zu starten. Wie auch immer dieser aussieht, der Widerstand und das Erbe der Jedi müssen dafür verschwinden. Was Kylo dabei aber nicht gelingt, ist die tatsächliche Emanzipation von der Ersten Ordnung und deren Idealen. Snoke selbst mag tot sein, aber seine Lehren beeinflussen Ben Solo weiter.
Auch Luke Skywalker selbst emanzipiert sich im Verlauf des Films – sowohl von den Altlasten der Jedi (mit ein wenig Hilfe von Meister Yoda) als auch von seiner Schuld und seinem Versagen. Mit Poe Dameron wird die Thematik dagegen anders aufgezogen, was abermals zu einer Hinterfragung und Dekonstruktion vertrauter Handlungsmuster führt und zugleich eine der Kernaussagen von „Das Imperium schlägt zurück“ aufgreift. Nur allzu oft, besonders in Star Wars, rettet der junge Hitzkopf den Tag, indem er seinen Sturkopf durchsetzt und gegen die Konventionen und Entscheidungsträger rebelliert. Genau das versucht Poe, nachdem Leia außer Gefecht gesetzt wurde und Holdo die Führung übernimmt. Anders als sonst geht so ziemlich alles, was Poe austüftelt, schief und letztendlich ist es Holdos Plan, der dafür sorgt, dass zumindest der letzte Überrest des Widerstands überlebt. Hier sehen wir, wie eine versuchte Emanzipation auch scheitern kann, ebenso wie Luke in „Das Imperium schlägt zurück“ scheiterte, als er sich Vader zu früh stellte.
All diese Elemente arbeiten für das übergeordnete Thema des Films, denn auch Rian Johnson versucht mit „Die letzten Jedi“, die Sequel-Trilogie zu emanzipieren. Wo „Das Erwachen der Macht“ versuchte, Star Wars für eine neue Generation zu rekonstruieren, dabei aber in vielen Fällen nur bereits dagewesenes wiederholte, knüpft Johnson daran an und unterläuft in mancher Hinsicht die Erwartungen der Fans. Snoke ist der große Böse, der neue Imperator, die mysteriöse Verkörperung der Dunklen Seite der Macht, über dessen Identität seit zwei Jahren spekuliert wird? Er stirbt unrühmlich im zweiten Akt des zweiten Films. Anakin Skywalkers Lichtschwert wird von J.J. Abrams zu einem Star-Wars-Gegenstück von Excalibur stilisiert? Die Waffe wird ähnlich unrühmlich verabschiedet wie Snoke. Luke ist ein weiser Bad-Ass-Jedi-Meister? Luke ist kauzig und gebrochen, selbst die Konfrontation mit seinem Neffen am Ende ist lediglich ein Trick, um besagten Neffen hinzuhalten (nebenbei bemerkt ist Episode VIII tatsächlich der erste Star-Wars-Film, der ohne ein richtiges Lichtschwertduell auskommt). Rey ist die neue Auserwählte, vielleicht die Enkelin von Obi-Wan oder die Tochter von Luke? Rey ist ein Niemand und tatsächlich zufällig in diese ganze Angelegenheit hineingestolpert. Diese unterlaufenden Elemente sind natürlich alle mit Vorsicht hinzunehmen, da immer noch Episode IX aussteht – J.J. Abrams‘ zweiter Film in dieser Trilogie könnte vieles noch einmal revidieren oder auf den Kopf stellen.
Insgesamt finde ich diesen Ansatz durchaus gelungen – in meinen Augen ist „Die letzten Jedi“ weitaus mehr als die bisherigen beiden SW-Filme unter Disneys Schirmherrschaft gezeichnet von der Handschrift des Regisseurs und der thematisch dichteste des Franchise überhaupt. Hinzu kommt, dass fast ausnahmslos alle Darsteller voll dabei sind und spielen, was sie können. Besonders hervorzuheben ist freilich Mark Hamill, der einerseits noch einmal in seine Paraderolle zurückkehrt, uns dabei aber eine völlige andere Version bzw. Facette dieser Figur präsentiert.
Dennoch denke ich, dass es vielleicht gut gewesen wäre, Rian Johnson noch einen weiteren Drehbuchautor zur Seite zu stellen, der ihm hilft, gewisse dramaturgische Stolpersteine aus dem Weg zu räumen und den zum Teil überdrehten Humor etwas abzudämpfen. Gerade dramaturgisch funktioniert „Das Erwachen der Macht“ in meinen Augen nach wie vor ziemlich gut – konventionell, aber effektiv. „Die letzten Jedi“ versucht, sich an „Das Imperium schlägt zurück“ zu orientieren, schafft es aber nicht, dieselbe Balance aufzubauen. Der Handlungsstrang um Finn und Rose in Canto Bight erinnert mich ein wenig an das Podrennen in Episode I: Für sich genommen durchaus interessant, aber ein dramaturgischer Stopper, der nur wenig zur eigentlichen Geschichte beiträgt und sich im Film wie ein Fremdkörper anfühlt. Allgemein sehe ich außerdem beim eigentlichen Plot des Films ein Problem: Er ist sehr gut darin, die Themen und Charaktere in den Vordergrund zu stellen, aber hätte man nicht ein wenig mehr machen können, als zwei große Schiffe, die sich eine extrem langsame Verfolgungsjagd liefern? Das und viele andere Plot-Elemente in Episode VIII riechen fürchterlich nach Plot Convenience, damit Rian Johnson die Figuren in die Situation bringen kann, in der er sie haben will, ohne sich dabei allzu sehr anzustrengen.
Es gibt noch viele kleine Details und Logiklöcher, die zwar nicht elementar sind, aber mich doch stören (ja, Leia Poppins bzw. Super-Leia gehört auch dazu, ebenso wie die übliche Unfähigkeit von Filmfiguren, ein wenig mehr miteinander zu kommunizieren, um blöde Missgeschicke oder Meutereien zu verhindern, und die Konzeption des Konfliktursprungs zwischen Kylo und Luke, der für Letzteren ziemlich untypisch wirkt). Diese Details sind letztendlich vernachlässigbar. Mein größtes Problem ist es dagegen nicht.
Context Is King
Vielleicht habe ich mir von „Die letzten Jedi“ einfach zu viel erhofft. Einer meiner Hauptkritikpunkte an „Das Erwachen der Macht“ war, dass sich J.J. Abrams und Lawrence Kasdan um den Status Quo und den größeren galaktischen Kontext relativ wenig Gedanken gemacht haben. Wir brauchen eine Imperiums-ähnliche böse Fraktion und eine Rebellen-ähnliche gute – Erste Ordnung und Widerstand. Wie und warum sie nach dem Sieg der Allianz über das Imperium zustande gekommen sind, wird kaum thematisiert. Neue Republik und politischer Zustand der Galaxis? Ein paar Mal in Nebensätzen erwähnt, dann per Starkiller-Basis sehr radikal ausgelöscht – bloß kein politisches Element im Film, wir drehen hier ja schließlich kein Prequel. Ich hatte ehrlich gehofft, dass „Die letzten Jedi“ diesbezüglich ergiebiger wäre, besonders als bekannt wurde, dass Rian Johnson zu Claudia Grays Roman „Bloodline“, der sich spezifisch darum bemüht, die politische Situation vor Episode VII zu kontextualisieren, einige Ideen beisteuerte. Leider war diese Hoffnung völlig vergebens, denn Episode VIII macht sich um den größeren Kontext noch weniger Gedanken als der Vorgänger. Im Lauftext werden wir informiert, dass die Neue Republik zusammen mit ihrer Zentralwelt praktisch sang- und klanglos einfach untergegangen ist. Ein Gefühl für die politische Situation in der Galaxis wird dagegen nie vermittelt, es läuft alles auf Erste Ordnung gegen Widerstand hinaus – die gesamte Handlung des Films könnte auch in einem isolierten Abschnitt der Galaxis spielen, ohne jegliche Auswirkungen auf irgendetwas. Warum sollten wir als Zuschauer traurig über den Untergang der Republik sein, wir wissen ja nichts über sie? Warum sollten wir mit dem Widerstand mitfiebern, wofür kämpft er eigentlich? Und wie stark ist die Erste Ordnung – in den Filmen wirkt sie immer nur wie eine (verdammt gut bewaffnete) Miliz, nicht wie eine Regierung, die tatsächlich Verwaltungsaufgaben ausführt, Planeten beherrscht oder Bevölkerungen unterdrückt.
Zugegebenermaßen blieb schon die totalitäre Natur des Imperiums in der OT verhältnismäßig vage, aber immerhin konnte man es aktiv bei der Unterdrückung beobachten; die OT schaffte es, mit begrenzten Mitteln ein Gefühl für die Diktatur zu geben, auch weil man klipp und klar weiß: Das Imperium beherrscht die Galaxis. Die PT hat es ebenfalls ziemlich gut geschafft, ein passendes Gesamtbild des jeweils aktuellen Status Quo zu vermitteln. Nicht, dass es besonders detailliert gewesen wäre (Star Wars war noch nie gut darin, die Perspektive der „gemeinen Bevölkerung“ zu vermitteln), aber es war ausreichend und definitiv ausgearbeiteter als bei der OT, weil wir zumindest immer wieder Einblick in die Regierungsgeschäfte erhielten. In der Sequel-Trilogie bleibt derartiger Kontext bislang völlig außen vor, Politik und galaktischer Status Quo sind völlig schwammige Angelegenheiten. Das einzige diesbezüglich Erwähnenswerte ist die Information, dass die Superreichen der Galaxis, die sich auf Canto Bight herumtreiben, sowohl die Erste Ordnung als auch den Widerstand mit Waffen versorgen und somit Kriegsgewinnler sind. Was das genau bedeutet lässt sich nicht sagen, weil nun mal der Kontext fehlt!
Ein weiteres großes Problem dieses Films ist der Anschluss an den Vorgänger. Manches davon mag der oben geschilderten übergeordneten Thematik geschuldet sein, das lässt sich schwer sagen, aber oft wirkt es einfach wie schlampige Arbeit beim Drehbuchschreiben. Natürlich baut Rian Johnson auf „Das Erwachen der Macht“ auf (es geht ja gar nicht anders), aber gleichzeitig fühlt sich doch vieles von dem, was im Vorgänger passiert ist, konsequenzlos an. Das beste Beispiel ist die Starkiller-Basis, deren Zerstörung praktisch keine Auswirkungen hatte – die Erste Ordnung hat ja scheinbar trotzdem völlig problemlos die Galaxis übernommen. Dieses Problem zeigt sich in vielen kleinen oder großen Details. Ein besonders gutes Beispiel: Warum ist Phasma eigentlich in diesem Film? Nach „Das Erwachen der Macht“ erweckte Lucasfilm den Eindruck, man wolle die Fehler, die bei dieser Figur gemacht wurden, ausbügeln. Im Vorfeld erschien eine Miniserie und ein Roman, der sich detailliert mit ihr auseinandersetzt (leider habe ich beide noch nicht gelesen) und dann… ist Phasma in genau einer Szene und wird fast ebenso unrühmlich abserviert wie Snoke. Sollte sie entgegen jeder Erwartung auch noch in Episode IX auftauchen, wird sie wirklich zum Running Gag.
In diesem Zusammenhang wird es Zeit, die Gesamtkonzeption der Sequel-Trilogie zu kritisieren. Wie die meisten nahm ich ursprünglich an, es würde ein grober Fahrplan existieren, wo die Reise hingeht. Dass das nicht der Fall ist, wurde in den Interviews der zuständigen kreativen Köpfe und natürlich mit der Sichtung von Episode VIII ziemlich deutlich. Ich bin absolut für kreative Freiheit der Regisseure, aber bei einer Filmreihe wie Star Wars wäre zumindest ein Grundgerüst, ein grober Plan nützlich, um einige der markanteren Anschlussschnitzer und ähnlich gearteten Probleme zu vermeiden. Tatsächlich habe ich ziemlich Schwierigkeiten, mir vorzustellen, wie es in Episode IX nun weitergeht – der Widerstand wurde auf ein absolutes Minimum reduziert und die Flotte der Ersten Ordnung scheint auch recht dezimiert zu sein. Wir wissen allerdings nach wie vor nicht, wie groß die Macht und die Ressourcen der Ersten Ordnung wirklich sind, weshalb eine Einschätzung verdammt schwerfällt. Nachdem „Die letzten Jedi“ direkt an „Das Erwachen der Macht“ anschließt, wäre zwischen den Episoden VIII und IX ein größerer Zeitsprung eine gute Idee.
Snoke
Bezüglich Snokes Identität gibt uns Episode VIII so gut wie überhaupt keine Informationen. Zwei Jahre lang wurde eifrig theoretisiert, wer sich hinter Snoke verbergen könnte, und die Liste der Kandidaten ist lang. Der beliebteste ist zweifellos Darth Plagueis, aber auch Mace Windu, Palpatine, Darth Bane, Jar Jar Binks und diverse Sith-Lords aus dem alten EU, etwa Vitiate oder Darth Revan, wurden in Betracht gezogen. Selbst die Romane, die in dieser Zeit verfasst wurden, beteiligten sich: In Chuck Wendigs Aftermath-Trilogie wurde mit Gallius Rax eine Figur eingeführt, die ganz offensichtlich dazu gedacht war, die Snoke-Spekulation anzuheizen. Bei Rax handelte es sich letztendlich dann nicht um Snoke, aber auch darüber hinaus wurden weitere nebulöse Andeutungen gemacht, etwa bezüglich eines Geheimnisses auf Jakku (Reys Herkunft?) und einer Dunklen Macht (Snoke?) in den Unbekannten Regionen, die versucht, mit Palpatine zu kommunizieren und letztendlich dafür verantwortlich ist, dass sich imperiale Überreste dort sammeln und die Erste Ordnung formen.
Rian Johnson ignorierte letztendlich jegliche Spekulation und den Informationshunger der Fans und tötete Snoke stattdessen ziemlich unrühmlich gegen Ende des zweiten Akts, ohne irgendetwas über ihn preiszugeben. Während die Spekulationen um die Identität des Obersten Anführers nicht aufgehört haben, ist eine neue Frage zentral geworden, die Game-of-Thrones-Fans nur allzu vertraut sein dürfte: Ist Snoke wirklich tot? Die beliebteste Theorie, die bereits kurz nach dem Kinostart das Licht der Welt erblickte, besagt, dass Snoke in „Die letzten Jedi“ überhaupt nicht in Person vorkommt, sondern lediglich eine Machtprojektion ist, nicht anders als Luke Skywalker bei der Schlacht um Crait. Ein häufig angeführtes Indiz ist der Umstand, dass Snoke in Episode VIII weitaus jünger und gesünder aussieht als in Episode VII, so ähnlich wie die Luke-Projektion auf Crait an Luke aus Episode VI erinnert. Hinzu kommen zweideutige Anmerkungen zum Obersten Anführer aus Pablo Hidalgos illustrierter Enzyklopädie zum Film bezüglich Projektion (was sich natürlich auch nur auf das Hologramm aus Episode VII beziehen könnte) und dem Ende der Sith, das nicht gleichbedeutend mit dem Ende der Dunkelheit sein muss. Fans des EU ziehen auch den Essenztransfer in Betracht, mit dessen Hilfe Palpatine in der Comicserie „Dark Empire“ seinen Geist, der die Zerstörung des Zweiten Todessterns überstand, in einen Klon seiner selbst transferiert.
Ein weiterer möglicher Hinweis zu Snokes Identität findet sich im ersten Jedi-Tempel auf Ahch-To, dort gibt es ein Mosaik des ersten Jedi, das zugleich Balance zwischen Heller und Dunkler Seite der Macht symbolisiert. Dieser erste Jedi sieht Snoke durchaus ähnlich – man mag davon halten, was man will. Und schließlich besteht noch die Möglichkeit, dass doch der Imperator in irgendeiner Form seine Finger im Spiel hat. Wo er in Episode VII praktisch völlig abwesend war, zeigt er in „Die letzten Jedi“ zumindest minimale Präsenz. Er wird einmal von Luke Skywalker erwähnt – nicht als „der Imperator“ oder „Palpatine“, sondern explizit als „Darth Sidious“ – und in einer Schlüsselszene (Snoke versucht, Luke Skywalkers Aufenthaltsort aus Reys Kopf zu bekommen) erklingt eine sehr potente Variation von Sidious‘ Thema. Zudem verhält sich Snoke in diesem Film doch deutlich anders als in „Das Erwachen der Macht“, wo er die meiste Zeit über sehr stoisch blieb. Hier erinnert sein Verhalten dagegen weit stärker an Palpatine, der immer mit vollem Einsatz dabei war und sich hämisch amüsierte, wenn die Dinge wie geplant liefen.
Das alles passt nun nicht wirklich zur von Rian Johnson vorgegebenen Thematik und es würde mich überraschen, wenn eine dieser Theorien zutreffen würde, nachdem sämtliche Fanspekulationen, die nach „Das Erwachen der Macht“ entstanden, so direkt abgeschmettert wurden. Allerdings hoffe ich trotzdem, dass Ian McDiamird in irgendeiner Form, sei es in einem Saga-Film oder einem der Spin-offs, sei es in Person, als Hologramm oder Machtgeist, nochmal die Gelegenheit bekommt, die ikonische schwarze Kutte anzulegen.
Grau ist alle Theorie
„I only know one truth: It’s time for the Jedi to end.“ Ein Satz im ersten Teaser zu Episode VIII löste in Fankreisen weitläufige Diskussionen aus. Werden in Episode VIII die Jedi endgültig ad acta gelegt? Schnell machten diverse Gerüchte und Theorien die Runde, von „Luke gehört zur Dunklen Seite“ bis zu „Luke ist ein grauer Jedi“, wobei darunter nicht das verstanden wurde, was der Begriff ursprünglich aussagt (ein Jedi, der zwar der moralisch dieselben Ansichten hat wie der Orden, dem die Strukturen und Dogmen allerdings zu restriktiv sind), stattdessen verstand man darunter eher einen Machtnutzer, der Helle und Dunkle Seite der Macht gleichermaßen verwendet – zur weiteren Lektüre empfehle ich meinen Artikel Die Natur der Macht. Wie dem auch sei, Rian Johnson greift dieses Thema durchaus in Ansätzen auf, geht damit aber nicht allzu weit. Die Idee, dass die Jedi nicht unbedingt immer ein Vorzeigeorden waren, ist natürlich nicht neu, wobei Lukes Aussagen im Film diesbezüglich kaum in die Tiefe gehen. „Graues Jeditum“ oder etwas ähnlich geartetes entspringt dadurch ebenfalls nicht, da Luke sich einfach nur von der Macht abgeschottet hat und letztendlich Rey kaum ausbildet.
Das Machtverständnis, das in „Die letzten Jedi“ vermittelt wird, ist eher ein dualistisches, gerade im Vergleich zur augustinischen Perspektive des alten Jedi-Ordens. Das beginnt beim bereits erwähnten Mosaik im Jedi-Tempel auf Ahch-To, das den ersten Jedi zeigt, der Licht und Dunkelheit in der Balance hält. Das erinnert an die Je’daii, den direkten Vorläufern des Jedi-Ordens im alten EU, die eine streng dualistische Perspektive auf die Macht hatten und Hell und Dunkel stets im Gleichgewicht hielten. Ungleichgewicht zu beiden Seiten empfanden sie als etwas Schlechtes (im Gegensatz zu den späteren Jedi, die die Dunkle Seite als einzigen Ungleichgewichtsfaktor betrachten). Das deutet an, dass es in der Einheitskontinuität eine ähnliche Entwicklung gab; ursprünglich waren die Jedi Anhänger eines Dualismus, um später zu einem augustinischen Verständnis der Macht zu gelangen.
Ein weiteres Konzept, das immer wieder auftaucht, ist die Angleichung der Seiten. Diese Idee basiert ebenfalls auf der dualistischen Sichtweise: Seit die alten Sith vernichtet wurden und Darth Bane die Regel der Zwei ausrief, besteht ein Ungleichgewicht; es gibt zwar tausende von Jedi, aber nur zwei Sith in jeder Generation, weshalb diese Sith so ausnehmend mächtig sind und ihre Vorhaben gelingen – da das Licht generell im Vorteil ist, verschiebt sich die Balance immer weiter zur Dunklen Seite, jedenfalls bis mit Order 66 der Jedi-Orden vernichtet ist. Auf gewisse Weise wird dadurch schon eine Form von Balance wiederhergestellt, denn von nun an gibt es nur noch zwei Jedi, Yoda und Obi-Wan, und zwei Sith, Sidious und Vader (diverse Inquisitoren oder Order-66-Überlebende ignorieren wir einfach mal). Vader, der Auserwählte, sorgt dann schließlich dafür, dass eine Nullsumme entsteht, indem er Obi-Wan und Sidious tötet, während Yoda an Altersschwäche stirbt. Mit Vader/Anakin selbst enden dann beide alten Orden, da er sowohl der letzte alte Jedi als auch der letzte Sith ist. Dreißig Jahre später in Episode VIII sieht die Situation dann aber wieder etwas anders aus, denn abermals haben wir auf jeder Seite jeweils einen Meister, Snoke und Luke, und einen Schüler, Kylo Ren und Rey. Im Film selbst bestätigt Snoke diese Theorie indirekt, indem er erklärt, er habe bereits erwartet, dass sich auf der Hellen Seite jemand erheben wird, da Kylo Ren auf der Dunklen Seite so stark ist; allerdings hatte er Luke im Verdacht. Das schließt den Bogen zurück zu Anakin Skywalker. Zumindest im Kanon ist Anakins Ursprung nach wie vor nebulös, doch im alten EU spekulieren Plagueis und Sidious, dass Anakin eine Reaktion auf eines ihrer Experimente sein könnte, mit dem sie die Balance der Macht weiter Richtung Dunkle Seite drängten – Anakin wäre demnach der helle Ausgleich. Das scheint im Film auch die Erklärung für Reys Talente und ihre außergewöhnliche Machtbeherrschung zu sein, die in Episode VIII noch weiter zunimmt – wie gesagt, Luke trainiert sie nicht wirklich, dennoch ist sie in der Lage, sich mit dem Lichtschwert gegen Snokes Eliteleibwächter zu behaupten. Hier wird der mystische Aspekt der Macht weiter betont; mit der Art und Weise bin ich aber nicht so wirklich glücklich. Es mag eine Erklärung sein, widerspricht aber dennoch den bisherigen Erfahrungen. Da bin ich wohl einfach zu sehr von den Prequels und dem EU geprägt, aber die Jedi-Ausbildung ist für mich da schon wichtig, „Jeditum als reine Geisteshaltung“ sagt mir nicht wirklich zu.
Fazit
„Die letzten Jedi“ ist ein Film, der nicht nur das Fandom, sondern auch mich selbst spaltet. Selten gab es bei einem Star-Wars-Film so viel Licht und Schatten direkt beieinander. Auf der einen Seite stehen gute Charaktere samt interessanter Entwicklung und tollen Darstellern, ein sehr einnehmendes thematisches Konzept und ein Regisseur bzw. Drehbuchautor, der durchaus den Mut hat, ausgetretene Pfade zu verlassen und Erwartungen umzudrehen, von grandiosen Szenen und tollen Schauwerten gar nicht erst zu sprechen. Auf der anderen Seite haben wir einen Plot, der zwar Episode V nicht direkt abkupfert, aber an Banalität kaum zu überbieten ist, keinerlei Kontext, in den die Ereignisse dieses Films einzubetten sind und viele kleine Ungereimtheiten, Logiklöcher und Ärgernisse, die einzeln nicht weiter ins Gewicht fallen, aber zusammengenommen das Gesamtbild deutlich trüben und mit ein wenig Anstrengung vermeidbar gewesen wären.
Siehe auch:
Star Wars Episode VIII: Die letzten Jedi – Soundtrack
Star Wars Episode VII: Das Erwachen der Macht – Ausführliche Rezension
Star Wars Episode VIII: Die letzten Jedi – Soundtrack
Spoiler!
Track Listing:
01. Main Title and Escape
02. Ahch-To Island
03. Revisiting Snoke
04. The Supremacy
05. Fun with Finn and Rose
06. Old Friends
07. The Rebellion is Reborn
08. Lesson One
09. Canto Bight
10. Who Are You?
11. The Fathiers
12. The Cave
13. The Sacred Jedi Texts
14. A New Alliance
15. Chrome Dome
16. The Battle of Crait
17. The Spark
18. The Last Jedi
19. Peace and Purpose
20. Finale
„Die letzten Jedi“ ist ein Film, der mich mitunter fast schon ratlos zurücklässt, weil es mir einfach nicht gelingen will, ihn für mich persönlich einzuordnen. Immerhin scheine ich damit nicht ganz alleine dazustehen, da die achte Star-Wars-Episode das Fandom ziemlich spaltet. Jedenfalls habe ich mich dazu entschieden, meine Rezension (die sehr, seeehr lange werden wird) noch ein wenig aufzuschieben und eine Zweitsichtung einzulegen. Stattdessen wird die Rezension des Score, abermals komponiert vom unvergleichlichen John Williams, vorgezogen.
„Das Erwachen der Macht“ war ein Score, der in vielerlei Hinsicht den Beginn einer neuen Ära markierte. Natürlich ist es immer noch in erster Linie ein Star-Wars-Score, aber doch einer, der eine ganze Reihe neuer Identitäten definiert, ganz ähnliche wie die Musik, die Williams für „Die dunkle Bedrohung“ komponierte. Da ist es vielleicht ganz passend, dass es auch zwischen „Die letzten Jedi“ und „Angriff der Klonkrieger“ einige Parallelen gibt. Anders als „Das Imperium schlägt zurück“ (welcher vielen, mich eingeschlossen, als bester Star-Wars-Score gilt) bedienen sich Episode II und VIII primär der bereits etablierten Leitmotive und fügen dem Bestand jeweils nur ein größeres Thema und vielleicht noch das eine oder andere kleine Motiv hinzu. Auch in anderen Franchises gibt es ähnliche Fälle. Ein passender Vergleich lässt sich vielleicht mit Howard Shores Score für „Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere“ anstellen: Bei beiden steht die Weiterentwicklung der bereits etablierten Themen im Vordergrund.
Es gibt zwei Gründe dafür, dass der Score letztendlich auf diese Weise ausgefallen ist. Der erste ist ganz simpel der Film, den er untermalt: „Die letzten Jedi“ stellt kaum neue, interessante Figuren vor, denen man ein neues Thema spendieren könnte, sondern verlässt sich primär auf die Riege, die bereits in der OT oder in Episode VII etabliert wurde. Beim zweiten Grund handelt es sich zumindest teilweise m Spekulation, allerdings um begründete: Rian Johnson mochte den Temp Track, den er für seinen Film erstellte, vielleicht ein wenig zu gerne und konnte sich nicht von ihm lösen. Da kann man nicht ganz sicher sein, aber DASS es einen Temp Track, bestehend aus bisheriger Williams-Star-Wars-Musik gab, erwähnte Johnson in einem Interview. Nun denn, betrachten wir erst einmal, welche neuen Themen es gibt und schauen uns dann an, wie Williams und Johnson mit den bereits etablierten Leitmotiven verfahren.
Das primäre neue Thema der achten Episode gilt dem Charakter Rose, gespielt von Kelly-Marie Tran, erklingt zum ersten Mal am Anfang von Fun with Finn and Rose und erinnert ein wenig an Anakins Thema aus Episode I. Es handelt sich um eine durchaus angenehme Melodie, die gut zur Figur passt, dabei aber immer eine Spur zu vertraut klingt, vielleicht wegen der Parallele zu Anakins Thema, vielleicht auch, weil sie etwas an James Newton Howards Melodieführung erinnert. Das Thema erweist sich als durchaus wandlungsfähig, so ist es in The Fathiers, welches die Action-Sequenz in der Casino-Stadt Canto Bight untermalt, in heroischem Gewand zu hören. Auch in The Battle of Crait, dem monumentalen Action-Track des Albums, taucht das Rose-Thema auf. Eine ganze eigenständige Suite, wie es sie im Vorgänger für Reys Thema und den Marsch des Widerstands gab, spendiert uns Williams dieses Mal allerdings nicht; es gibt ohnehin nur ein Konzertarrangement auf dem Album: The Rebellion Is Reborn. Roses Thema ist darin zu hören, das zweite neue Thema des Films aber ebenfalls. Dieses Thema gilt Luke im Exil (oder Luke und Rey als Lehrer und Schülerin) und wurde mitunter bereits als Last-Jedi-Thema bezeichnet. Der erste Einsatz auf dem Album findet sich in der zweiten Hälfte des Tracks Ahch-To Island. Im weiteren Verlauf des Albums macht dieses Thema eine durchaus interessante Wandlung durch; bis zum finalen Auftritt Lukes auf dem Schlachtfeld von Crait in The Sparks borgt sich dieses Thema Elemente des Imperialen Marschs und des Machtthemas aus, um das, was Luke hier vollbringt, musikalisch angemessen darzustellen.
Ein kleineres neues Charaktermotiv komponierte Williams für die von Laura Dern gespielte Vizeadmiralin Holdo; dieses ist auf dem Album jedoch nur einmal komplett während des finalen Tracks zu hören (bei 5:48), zusätzlich zu einer Andeutung am Anfang von Chrome Dome, taucht im Film jedoch häufiger auf – auf weitere Unzulänglichkeiten des Albums werde ich später noch zu sprechen kommen.
Insgesamt wird die Musik von „Die letzten Jedi“ vor allem von den Themen des direkten Vorgängers dominiert, wobei auch einige OT-Themen sehr prominent vertreten sind. Ein Leitmotiv, das von Episode VIII besonders profitiert, ist der Marsch des Widerstands, der in „Das Erwachen der Macht“ vielleicht eine Spur stiefmütterlich behandelt wurde, nun aber ausreichend Zeit im Rampenlicht bekommt. Bereits im ersten Track, Main Title and Escape, ist er ab der Dreiminutenmarke zu hören, und taucht darüber hinaus auch im ersten Drittel von The Supremacy und der zweiten Hälfte von Fun with Finn and Rose in einer subtileren Holzbläser-Variation auf, während am Anfang von The Battle of Crait nach einem kurzen Statement des Machtthemas eine Version erklingt, die dank des Einsatzes von Snare-Drums besonders den Marschcharakter betont.
Die beiden Kylo-Ren-Themen sind ebenfalls äußerst dominant und treten oft im Doppelpack auf, etwa in Revisiting Snoke oder in der Mitte von Peace and Purpose. In The Supremacy ringt das primäre Ren-Thema mit dem Widerstandsmarsch und in The Battle of Crait und The Last Jedi gehört es zu einer ganzen Reihe von Themen, die auf höchst komplexe Art und Weise miteinander interagieren. Der interessanteste Einsatz dürfte sich jedoch in A New Alliance finden, wo Fragmente der Ren-Motive mit dem Machtthema und Reys Thema interagieren, um das neu geschmiedete (wenn auch kurzlebige) Bündnis zu verdeutlichen. Apropos Reys Thema – dieses ist natürlich auch ausreichend vorhanden und ist primär in den Tracks zu hören, die die Ausbildungsszenen untermalen – Ahch-To Island, Old Friends, Lesson One und The Cave. Oftmals interagiert es dabei, wie schon im Abspann von „Das Erwachen der Macht“ angekündigt, mit dem ähnlich strukturierten Machtthema. Auch in The Battle of Crait, ohnehin ein leitmotivisches Sammelbecken, ist Reys Thema zu hören.
Ein wenig enttäuschend ist der Umstand, dass Poes Thema, bereits im Vorgänger einer meiner heimlichen Favoriten, dieses Mal nur sehr spärlich erklingt, auf dem Album tatsächlich nur ein Mal, in Peace and Purpose (1:53), im Film kommt es immerhin noch etwas öfter vor. Ebenfalls etwas enttäuschend ist die weitere Verwendung des Jedi-Steps-Themas, benannt nach dem Track in „Das Erwachen der Macht“ in dem es sein Debüt feiert. Lange wurde spekuliert, ob es sich dabei wohl um Luke Skywalkers neues Thema handelt – dem ist aber nicht so. Das Jedi-Steps-Thema eröffnet das Stück Ahch To Island, das war es dann aber auch schon; somit ist es bestenfalls ein Thema für besagte Insel, auch wenn es eine gewisse Verwandtschaft zwischen diesem Thema und dem neuen Leitmotiv für Luke im Exil gibt. Und wo wir gerade von Lukes Thema sprechen: Das Hauptthema des Franchise, das jede Episode eröffnet, ist nun endgültig nicht mehr Lukes Thema, zumindest im Kontext der Sequel-Trilogie. Außerhalb der Main-Title-Sequenz wird es nur sehr spärlich eingesetzt und untermalt in keinem seiner Einsätze tatsächlich Luke, sondern, wie schon im Vorgänger, eher allgemeine „Star-Wars-Momente“, etwa im ersten Drittel von Old Friends oder am Anfang von Finale. Stattdessen ist nun in noch größerem Ausmaß das Machtthema das eigentliche, zentrale Leitmotiv des Franchise und taucht auch gefühlt in jedem zweiten Track auf. Nicht, dass mich das sonderlich stören würde, schließlich ist das Machtthema eines der besten und wandlungsfähigsten Themen, die Williams je komponiert hat.
Darüber hinaus finden sich einige weitere Rückkehrer aus der OT: Angesichts der größeren Rolle, die Prinzessin Leia in diesem Film spielt, hat auch ihr Thema eine größere Präsenz und ist unter anderem in der zweiten Hälfte von The Supremacy, Fun with Finn and Rose sowie Old Friends zu hören. Auch im Abspann taucht eine kurzes Klavierstatement auf, wenn auf der Leinwand „In Loving Memory of Carrie Fisher“ zu lesen ist (Finale, 2:41). Die Rebellenfanfare ist nicht ganz so prominent wie in „Das Erwachen der Macht“, erhält aber auch den einen oder anderen heroischen Einsatz, etwa bei 1:41 in Main Title and Escape oder bei 2:56 in The Battle of Crait. Yodas Auftauchen als ziemlich potenter und pyromanischer Machtgeist wird natürlich von seinem Thema untermalt (The Sacred Jedi Texts), und auch ein obligatorischer Gastauftritt des Imperialen Marsches findet sich in Revisiting Snoke. Besonders willkommen ist außerdem die Einspielung des Luke-und Leia-Themas aus „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“, das bei 0:56 in The Spark erklingt und dann in ein Statement des Han/Leia-Themas übergeht.
Ein Thema aus den Prequels erhält darüber hinaus einen recht merkwürdigen Beinahe-Gastauftritt, bei dem es sich entweder um Zufall oder um starkes Durchschimmern des Temp Track handelt. Bei 6:16 in Main Title and Esacpe erklingt etwas, das sich verdammt nach Battle of the Heroes anhört. Außerdem sollte erwähnt werden, dass im Film, aber nicht auf dem Album, auch das Thema des Imperators einmal auftaucht, nämlich als Snoke versucht, Luke Skywalkers Aufenthalt aus Rey herauszubekommen. Ist das episches Foreshadowing (immerhin wurde der Imperator als Darth Sidious in diesem Film sogar namentlich erwähnt) oder nur ein weiterer Fall vom dominanten Temp Track? Episode IX wird hoffentlich die Antwort bringen.
Gerade im Bezug auf die altbekannten Themen ist der Temp Track für meinen Geschmack ohnehin ein wenig zu dominant. Zwar gibt es keine Direkteinspielungen aus den bisherigen Filmen (den Main Title ausgenommen, der ist derselbe wie bei „Das Erwachen der Macht“, inklusive der schwächelnden ersten Note), aber oft sind die Einsätze der Themen dennoch fast identisch mit bisherigen Statements und wurden lediglich neu eingespielt – besonders auffällig ist das beim Jedi-Steps-Thema und bei Yodas Thema. Eine weitere, allzu vertraute Neueinspielung findet sich außerdem in The Battle of Crait bei 3:45. Ein wenig mehr Entwicklung wäre ebenfalls willkommen gewesen – Kylo Rens Thema bleibt nach wie vor unvollendet, obwohl der Film durchaus Anlass bietet, es zu erweitern, da er ja hier schließlich die Kontrolle über die Erste Ordnung übernimmt. Die Erste Ordnung selbst hätte ebenfalls ein eigenes Thema vertragen können. Es gibt ein, zwei Momente im Film, die spezifisch der Fraktion zuzuordnen sind, aber dennoch mit Kylo Rens Thema untermalt werden, etwa das erste Auftauchen ihrer Sternenzerstörer im Film (Main Title and Escape bei 1:57).
Insgesamt ist „Die letzten Jedi“ dennoch ein überaus gelungener Star-Wars-Score, der seinem Vorgänger allerdings nicht ganz das Wasser reichen kann. Williams versteht es nach wie vor meisterhaft, mit einer Vielzahl an verschiedenen Themen mühelos zu jonglieren und sie gelungen miteinander interagieren zu lassen. Außerdem ist seine Beherrschung des Orchesters nach wie vor unvergleichlich. Besonders die komplexe und mitreißende Action-Musik weiß zu erstaunen und zu verzücken. Zwar fehlt ein Set-Piece, das sich, wie etwa Duel of the Fates, Battle of the Heroes oder Scherzo for X-Wings, auf ein Thema konzentriert, aber Stücke wie Main Title and Escape oder The Battle of Crait stehen im Geist solch epischer und multithematischer Tracks wie The Battle of Hoth, die ihrerseits in „Das Erwachen der Macht“ rar waren. Zusätzlich gibt es mit Canto Bight noch einmal ein Stück, in dem Williams zum Space-Jazz von Cantina Band zurückkehrt.
Fazit: Zwar gibt es einige Abzüge in der B-Note, da Rian Johnson und John Williams sich ein wenig zu sehr auf den alten Themen ausruhen, ohne sie stärker zu variieren, aber dennoch ist „Die letzten Jedi“ ein äußerst gelungener Star-Wars-Soundtrack, der mit einem ansprechenden neuen Charakterthema und über jeden Zweifel erhabener Actionmusik zu gefallen weiß.
Siehe auch:
Star Wars Episode VII: Das Erwachen der Macht – Soundtrack
Bloodline
Eventuell mit minimalen Spoilern!
Ich denke, nach ihrem zweiten Roman kann man getrost sagen, dass Claudia Gray das Beste ist, was der literarischen Welt von Star Wars passiert ist, seit Disney das alte EU ad acta gelegt hat. Bereits mit „Verlorene Welten“ hat sie gezeigt, dass sie sich vorzüglich in der weit, weit entfernten Galaxis bewegen und stimmige neue Figuren kreieren kann, deren Lebensweg man als Leser gerne folgt. Mit „Bloodline“ zeigt sie nun, dass man ihr auch einen zentralen Charakter des Franchise völlig bedenkenlos anvertrauen kann – in diesem Fall Prinzessin Leia. Ich würde vielleicht sogar sagen, dass es sich hierbei um das beste Werk mit Leia-Fokus überhaupt handelt, allerdings gibt es davon nun nicht so viele und ich habe „Tatooine Ghost“, der vorher bei vielen diese Stellung einnahm, bisher nicht gelesen.
Darüber hinaus liefert „Bloodline“ einige Hintergründe zu „Das Erwachen der Macht“ und sollte vor allem von denjenigen unbedingt gelesen werden, die, wie ich, in Episode VII politischen Kontext vermissten. Wer dagegen ein klassisches Star-Wars-Abenteuer mit Raumschlachten, Action und Lichtschwertkämpfen sucht, wird hier sicher nicht fündig. Claudia Grays zweiter SW-Roman ist ein reinrassiger Politthriller, der ganz in der Tradition von James Lucenos „Schleier der Täuschung“ steht.
Die Handlung beginnt sechs Jahre vor den Ereignissen von „Das Erwachen der Macht“, noch herrscht Frieden – zumindest scheint es so. Während ihr Ehemann Han Solo seine Karriere als Rennfahrer und -organisator verfolgt und ihr Bruder Luke zusammen mit ihrem Sohn Ben in Jedi-Angelegenheiten in der Galaxis unterwegs ist, tut Leia Organa das, was sie schon immer getan hat: Sie erfüllt ihre Pflicht. Nun allerdings nicht mehr als Rebellenanführerin, sondern als Senatorin der Neuen Republik, die inzwischen tief gespalten ist. Der Senat der Republik teilt sich in zwei inoffizielle Fraktionen: Die Populisten, zu denen auch Leia gehört, setzen sich, immer noch abgeschreckt durch Palpatines Machtmissbrauch, für eine schwächere Regierung und eine stärkere Eigenverwaltung der Mitgliedswelten ein, während die Zentristen eine stärkere Zentralverwaltung anstreben. Zu diesem Zweck wollen sie einen „Ersten Senatoren“ mit größeren Macht- und Handlungsbefugnissen installieren. Obwohl die Kluft zwischen beiden Parteien immer weiter wächst, sieht Leia sich gezwungen, mit dem Zentristen-Senator Ransolm Casterfo zusammenzuarbeiten, da sich Hinweise auf eine Verschwörung anhäufen und der sich als Senat handlungsunfähig erweist. Diese Verschwörung konfrontiert Leia auf höchst unangenehme Weise mit dem dunklen Geheimnis ihrer Herkunft, das sie seit fast dreißig Jahren hütet – wer würde schon einer Senatorin trauen, deren Vater Darth Vader war?
Zwar war es nicht wirklich zu erwarten, aber dennoch sollte es noch einmal erwähnt werden: Wirkliche Enthüllungen gibt es hier nicht, Kylo Ren/Ben Solo und sein Fall zur Dunklen Seite spielen ebenso wenig eine Rolle wie Snokes wahre Identität (sofern er denn eine hat). Höchstens die eine oder andere Theorie könnte beeinflusst werden: So scheint es nun beispielsweise eher unwahrscheinlich, dass Kylo Ren selbst Rey auf Jakku versteckt hat, da er sechs Jahre vor Episode VII ja noch mit Luke als Jedi unterwegs war. Im Gegenzug erfährt man auch, dass er zu diesem Zeitpunkt noch nichts von seinem Großvater weiß und von dessen Identität wohl auf eher unangenehme Art und Weise erfährt, was seinen Fall zur Dunklen Seite begünstigt haben dürfte. Hin und wieder merkt man, dass die Story Group wohl noch Informationen zurückgehalten hat, das Gesamtbild ist jedoch, anders als bei so manchem anderen Roman der Einheitskontinuität, aufgrund der gewählten Perspektiven insgesamt stimmig.
Statt großer Enthüllungen gibt „Bloodline“ Kontext und zeigt die politischen Anfänge der Ersten Ordnung. Die Ausgangslage besitzt dabei sowohl ein historische wie auch aktuelle Bezüge. Zumindest mich haben die Parteien der Neuen Republik zuerst ein wenig an den römischen Senat erinnert, der sich ebenfalls in zwei inoffizielle Lager teilte: Optimaten und Popularen. Diese unterschieden sich allerdings nicht so sehr in inhaltlichen Fragen, sondern eher in der Art und Weise, wie sie Politik machten und ihre Ziele erreichten. Noch stärker sind die Parallelen zur aktuellen politischen Situation in den USA, die ebenfalls droht, das Land auseinander zu reißen. Es hätte mich tatsächlich nicht überrascht, wenn ein Zentristen-Senator etwas gesagt hätte wie: „We’ll make the Republic great again.“ Und es dürfte wohl auch kaum überraschen, dass die Erste Ordnung letztendlich aus den Zentristen „herauswächst“. Rian Johnson, Drehbuchautor und Regisseur von Episode VIII, hat einige Ideen zum Roman beigesteuert, was in mir die Hoffnung weckt, dass die politische Dimension in kommenden SW-Filmen wieder an Wichtigkeit gewinnt und dass die Erste Ordnung in Zukunft nicht nur wie das Imperium 2.0 wirkt, sondern die stärkere Eigendynamik entwickelt, die durch die Zentristen hier angedeutet wird.
Die wirkliche Stärke des Romans liegt jedoch vor allem in der Figurenzeichnung. Gray arbeitet mit einem verhältnismäßig kleinen Personal, dessen Potential sie deshalb sehr gut ausschöpfen kann. Vor allem Leias Charakterisierung ist vollauf gelungen, man erkennt sowohl die junge Rebellenführerin der OT, als auch die abgeklärte Generalin aus „Das Erwachen der Macht“ und sogar die Politikerin, als die Leia im alten EU dargestellt wurde. Ihre Frustration mit der Unfähigkeit des Senats, ihr Hadern mit der Vergangenheit und ihrem Vater – all das wird sehr authentisch und nachvollziehbar dargestellt. Die interessanteste Figur des Romans ist allerdings Ransolm Casterfo, der als Zentrist höchst differenziert und komplex gezeichnet wird. Einerseits sammelt er imperiale Memorabilia und bewundert die Einigkeit und Stärke des alten Imperiums, bzw. das Potential, das es in seinen Augen hatte, andererseits hasst er Darth Vader aus sehr persönlichen Gründen. Casterfo glaubt tatsächlich und aufrichtig daran, dass die zentrale Machtausübung, die seine Partei anstrebt, für die Galaxis das Beste wäre. Auch er ist authentisch und besitzt einen sehr nachvollziehbaren Standpunkt – ich hoffe, dass er in absehbarer Zeit wieder auftaucht. Auch die weniger wichtigen Nebenfiguren, etwa Greer Sonnel und Joph Seastriker (beide gehören zu Leias Stab) oder die Zentristen-Senatorin Carise Sindian, die man zu Beginn vielleicht nicht allzu ernst nimmt, was sich im Verlauf des Romans allerdings ändert, sind sehr gelungen.
Ebenso weiß „Bloodline“ stilistisch zu überzeugen; der Roman ist sehr angenehm und flüssig lesbar, ohne dass die Sprache allzu simpel oder banal wäre. Wie schon in „Verlorene Welten“ versteht es Gray, den Leser zu packen, selbst Nebenfiguren plastisch darzustellen und das Innenleben in ausreichendem Maße zu erforschen. Anders als in Alan Dean Fosters Episode-VII-Roman gibt es auch keine nervigen Perspektivwechsel mitten im Absatz.
Die eine oder andere Schwäche hat der Roman leider dennoch. Die Entwicklung der Handlung ist ziemlich vorhersehbar; sobald man sich als Leser in den aktuellen Status Quo eingefunden hat, ist es nicht schwer zu erraten, wie der Plot weitergeht, was noch geschieht und welcher Natur die Verschwörung ist. Das hängt aber natürlich auch damit zusammen, dass wir wissen, worauf das Ganze hinausläuft. Und da die Handlung ansprechend gestaltet ist, ist das auch nur eine kleine Schwäche, die einem unglaubwürdigen Twist allemal vorzuziehen ist. Eine weitere kleine Schwäche findet sich bei den Lokalitäten. Gray schafft es nicht, bei mir ein wirkliches Gefühl für die besuchten Planeten zu wecken. Das betrifft vor allem Hosnian Prime; auf der aktuellen Zentralwelt der Republik spielt ein Großteil der Handlung. Leider wird zu keinem Zeitpunkt klar, was diesen Planeten wirklich ausmacht und was ihn beispielsweise von Coruscant abhebt. Ebenso bleiben manche Aspekte des politischen Funktionsweise der Neuen Republik ein wenig schwammig. Aber insgesamt ist das nur Meckern auf hohem Niveau.
Fazit: „Bloodline“ ist ein überzeugender Politthriller mit gelungenen Charakteren, der die Hintergründe von Episode VII erforscht und sowohl die Erste Ordnung als auch die Neue Republik ein wenig greifbarer macht. Eine Fortsetzung würde sich hier definitiv anbieten, bis zu „Das Erwachen der Macht“ sind es ja noch sechs Jahre, die man füllen kann.
Siehe auch:
Verlorene Welten