The Mandalorian Staffel 3

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Die Entwicklung von Star Wars von einem Film- zu einem Serien-zentrierten Franchise ist ein durchaus faszinierendes Phänomen, bei dem es zweifelsohne eine Reihe von ineinandergreifenden Faktoren gab. Die Rezeption von „Solo: A Star Wars Story“ und der Sequel-Trilogie abseits von „The Force Awakens“ spielten sicher eine Rolle, aber auch die Pandemie dürfte ihren Teil dazu beigetragen haben. Erst jüngst verkündeten Kathleen Kennedy und andere Vertreter von Lucasfilm, man wolle sich bezüglich der Kinofilme eher am aktuellen James-Bond-Modell orientieren, sich ordentlich Zeit lassen und die Filme dafür zum Event machen, anstatt alle zwei Jahre ein Projekt rauszuhauen. Es wird sich zeigen, ob es den drei aktuell angekündigten Projekten besser ergeht als den diversen angedachten Filmen zuvor. Gegenwärtig sind das ein Film über die Ursprünge der Jedi von James Mangold (der Legends-Fan denkt da sofort an die Comicserie „Dawn of the Jedi“), ein Film von Dave Filoni, der als Avengers-artige Kulmination des „Filoniverse“ angedacht zu sein scheint, sowie eine Art Fortsetzung zur Sequel-Trilogie, in welcher Rey einen neuen Jedi-Orden aufbaut, inszeniert von Sharmeen Obaid-Chinoy. Aber zurück zu den Realserien: Mit der dritten Staffel von „The Mandalorian“ sind wir bei insgesamt sechs abgeschlossenen Staffeln angekommen und inzwischen zeichnet sich ein recht zwiespältiges Bild. In vielerlei Hinsicht ist die dritte Staffel von „The Mandalorian“ exemplarisch für die Dinge, die in Disney SW-Serienuniversum noch funktionieren und die, die nicht mehr funktionieren.

Handlung und Struktur
Den ersten beiden Staffeln von „The Mandalorian“ gelang eine relativ gute Balance zwischen für sich stehenden, abgeschlossenen Folgen (hin und wieder auch mit einem Zwei- oder Dreiteiler) und einem übergreifenden Handlungsstrang. Letzterer war die Mission, Grogu zu seinen Angehörigen, also den Jedi, zu bringen; im Rahmen dieser übergeordneten Mission mussten sich Din Djarin (Pedro Pascal, Lateef Crowder) und sein Schützling mit diversen Gegebenheiten und Widersachern auseinandersetzen, die eher an einem „Monster of the Week“-Format erinnern. Jeweils gegen Staffelende sorgt dann Moff Gideon (Giancarlo Esposito) dafür, dass sich die Handlung verdichtet. Auf gewisse Weise folgt auch die dritte Staffel diesem groben Muster, aber auf deutlich chaotischerer Art und Weise, weit weniger sauber strukturiert.

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Din Djarin (Pedro Pascal) und Grogu

Nun, da Din Djarin sowohl im Besitz des Darksabers ist als auch seinen Schützling wieder an seiner Seite hat, trachtet er danach, sich in den Augen seines Kults, der „Children of the Watch“, angeführt von der mysteriösen Schmiedin (Emily Swallow), zu rehabilitieren, nachdem er Grogu sein Gesicht zeigte und damit gegen die Regeln dieses Kults verstieß. Um dies zu erreichen, muss er in den mythischen Wassern von Mandalore baden, unglücklicherweise gilt der Heimatplanet der Mandalorianer allerdings als verflucht und verseucht. Mit der Hilfe Bo Katans (Katee Sackhoff), die von ihren Leuten im Stich gelassen wurde, gelingt es Din Djarin tatsächlich, sein Vorhaben durchzuführen. Mehr oder weniger zufällig hat sich nicht nur Din, sondern auch Bo Katan nun in den Augen der „Children of the Watch“ rehabilitiert, sodass sie und die Schmiedin nun die Gelegenheit sehen, die verschiedenen mandalorianischen Fraktionen wieder miteinander zu vereinen und Mandalore zurückzuerobern.

Knapp zusammengefasst klingt der übergeordnete Handlungsstrang relativ zielgerichtet, in ihrer Narrative ist diese Staffel allerdings äußerst holprig und inkohärent. Gerade zu Beginn wird diesem übergeordneten Plot eine größere Wichtigkeit eingeräumt, als es in den bisherigen Staffeln der Fall war, nur um ihn dann plötzlich auf ziemlich unelegante Weise zu unterbrechen und Nebenschauplätze zu eröffnen. Prinzipiell ist das nichts schlechtes, gerade im Kontext dieses erzählerischen Konstrukts wirkt es allerdings oft ungelenk und merkwürdig. Hinzu kommt ein noch größeres Ausmaß an Logiklöchern und Plot Convinience. Mit beidem muss man bei einer Star-Wars-Serie durchaus ein Stück weit rechnen, aber es kommt immer auf das Ausmaß an: Stört es die Suspension of Disbelief? Wirklich ärgerlich ist, dass oftmals nur ein paar erklärende Dialoge nötig gewesen wären, um die Probleme zumindest oberflächlich zu beheben. Warum etwa bleiben die „Children of the Watch“ auf einem Planeten, auf dem sie ständig von Flugsauriern attackiert werden, ohne etwas dagegen zu tun? Irgendwelche obskuren Kultregeln hätten da schon als Erklärung ausgereicht, vielleicht sind der Planet und/oder die Kreaturen heilig – so wirken die „Children“ allerdings nur extrem naiv, blauäugig und lernunfähig. In vielerlei Hinsicht wirkt es, als habe es bei der Produktion der dritten Staffel diverse Schwierigkeiten hinter den Kulissen gegeben, hastige Änderungen, Einmischungen der Produzenten etc., die zu wenig durchdachten Lösungen führen. Das zeigt sich auch und vor allem in der finalen Episode, die nicht nur Logik- sondern Handlungslöcher aufweist.

Between a Rock and a Hard Place
Die narrative Gesamtkonzeption der dritten Mandalorian-Staffel ist ein weiterer Grund, weshalb ich davon ausgehe, dass es hinter den Kulissen Schwierigkeiten gab. Es handelt es sich bislang nur um eine Vermutung, aber ich persönlich danke, dass der ursprüngliche Plan vorsah, in der ersten Hälfte dieser Staffel auf eine Wiedervereinigung von Din und Grogu hinzuarbeiten und in der zweiten die Rückeroberung Mandalores zu thematisieren – Letzteres ist dann ja auch das handlungstreibende Element. Dann aber waren wohl die Produzenten bei Disney der Meinung, dass es Zeit sparen würde, wenn man Din und Grogu bereits in „The Book of Boba Fett“ wiedervereinen würde, schließlich will das Publikum die beiden vereint sehen, nicht wahr? Diese Entscheidung, aus „The Book of Boba Fett“ „The Mandalorian” Staffel 2,5 zu machen, hat in meinen Augen sehr viel zerstört; dazu gehört die Integrität der Boba-Fett-Serie, in der die Titelfigur in der zweiten Hälfte zum Nebencharakter verkommt, aber auch die Minderung der emotionalen Wucht des Finales der zweiten Mandalorian-Staffel und, zu allem Überfluss, auch die dritte Staffel als Ganzes, denn so, wie sie ist, wirkt sie extrem unfokussiert und inkonsequent.

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Bo Katan (Katee Sackhoff)

Besonders zwei Episoden stechen heraus, Folge 3, „The Convert“ sowie Folge 6, „Guns for Hire“. Beide wurden im Fandom recht kontrovers aufgenommen, weil sie, im Guten wie im Schlechten, entweder inhaltlich oder tonal (oder beides) als Ausreißer wahrgenommen wurden. Beide sind meinem Empfinden nach keine schlechten Episoden, wirken aber im Gesamtkontext deplatziert. „The Convert“ ist wahrscheinlich die erzählerisch am besten strukturierte Episode der Staffel, der Plot um Din Djarin, Bo Katan und die Mandalorianer fungiert als Rahmen, während die Haupthandlung dieser Folge den Zuschauer nach Coruscant führt und erzählt, was mit Dr. Pershing (Omid Abtahi) und Elia Kane (Katy O’Brian) geschieht. Inszenatorisch fühlt sich diese Episode beinahe an wie eine Hommage an „Andor“ und wirft durchaus einige interessante Fragen auf, auch wenn ich mit der Darstellung der Neuen Republik als praktisch völlig inkompetent nicht wirklich zufrieden bin. Schon in früheren Legends-Werken findet sich oft eine Dichotomie zwischen Totalitarismus oder inkompetenter bzw. korrupter Demokratie ohne Abstufungen bzw. positiver Zeichnung eines demokratischen Systems, im Disney-Kanon ist diese Tendenz nun noch einmal stärker – das aber nur am Rande. Deutlich schwerer fällt ins Gewicht, dass der Aufbau, den „The Convert“ leistet, in dieser Staffel fast völlig ins Leere läuft. Es mag sein, dass er in „Ahsoka“ oder einem anderen späteren Projekt noch eine Rolle spielt, aber dennoch wäre ein wenig Pay-off in DIESER Staffel schön gewesen.

„Guns for Hire“ sorgte primär wegen der diversen Gastauftritte für Schlagzeilen: Lizzo, Jack Black und Christopher Lloyd reißen diese Episode fast schon an sich. Hinzu kommt ein sehr lockerer und komödiantischer Ton und eine zentrale Handlung, die vom übergeordneten Plot völlig losgelöst ist und sich eher nach einer Folge aus „The Clone Wars“ anfühlt, nicht zuletzt wegen der Präsenz vieler KUS-Kampfdroiden. Auch hier: Ich habe nichts per se gegen die Episode, so kurz vor dem Finale wirkt sie aber ziemlich deplatziert und nimmt den Fokus vom eigentlich wichtigen Charaktermoment: Bo Katan gewinnt die Gefolgschaft ihrer Leute zurück. Dieser Umstand ist hier aber fast schon ein Nachgedanke und wird in den letzten paar Minuten abgehandelt. Eine Episode wie diese hätte sich zu Anfang der Staffel deutlich besser gemacht, was zudem meinen Verdacht verstärkt. Es wirkt als habe man wegen „The Book of Boba Fett“ einen Teil der eigentlich geplanten Handlung verloren und nun relativ wild die Pläne durcheinandergeworfen. Grogu selbst spielt in „Guns for Hire“ keine Rolle und wird während der Mission bei Lizzo geparkt. In einer theoretischen dritten Staffel, in der Din in der ersten Hälfte von ihm getrennt ist und gemeinsam mit Bo Katan auf Missionen geht, hätte eine Episode wie diese deutlich mehr Sinn ergeben.

Auch das Finale ist in dieser Hinsicht ein interessantes Biest, abseits von den offensichtlichen, technischen Schwächen. „The Return“ verweigert sich gewissermaßen den Erwartungen und nimmt den geraden Weg von Punkt A nach Punkt B, es gibt keine großen Enthüllungen, keine Twists und keine weiteren Hinweise auf „Ahsoka“ oder andere kommende Projekte. Zumindest eine Art Teaser liefert immerhin die Eröffnungsszene der siebten Folge, „The Spies“, mit der Versammlung des imperialen Schattenrats. Hier sehen wir nicht nur Brendol Hux, den Vater von Armitage Hux aus der Sequel-Trilogie, der interessanterweise von Domnhall Gleesons Bruder Brian Gleeson gespielt wird, sondern auch Fanliebling Gilad Palleon (Xander Berkeley); Großadmiral Thrawn wird immerhin erwähnt. Auch diesbezüglich lässt Staffel 3 die Zuschauer allerdings hängen, es gibt keine Post-Credits-Szene, in der Thrawn seine Rückkehr ankündigt oder ähnliches. Auch sonst finden sich keine Cameos; lange wurde vermutet, Temuera Morrison könne als Boba Fett vorbeischauen, dem ist allerdings nicht der Fall. Viele andere Vermutungen und Theorien werden ebenfalls (zumindest temporär) widerlegt. Sehr bliebt war etwa die Vermutung, die Schmiedin arbeite entweder für Gideon oder für Thrawn und werde Din Djarin und Bo Katan im Finale verraten, aber nichts dergleichen geschieht: Die Mandalorianer erobern ihre Heimat zurück, während Din und sein Ziehsohn ein ziemlich eindeutiges Happy End bekommen. Einerseits ist es fast schon erfrischend, dass sich „The Mandalorian“ hier den aktuellen, vom MCU geprägten erzählerischen Konventionen nicht beugt – kein Reveal, kein Teaser am Ende, die Handlung wird gradlinig zuende geführt; ich brauche kein Cameo von Boba Fett, Thrawn, Snoke oder sonst jemandem. Dennoch fühlt sich das Ende wegen der vielen offenen Handlungsfäden unbefriedigend an. Vielleicht betrachten Favreau und Filoni ihre Serien tatsächlich als Teile einer großen Erzählung – vieles deutet inzwischen darauf hin, nicht zuletzt der angekündigte Filoni-Film. Dennoch wäre es auch innerhalb dieses konzeptionellen Konstrukts möglich, die einzelnen Staffeln zu funktionierenden erzählerischen Einheiten zu machen. So bleibt „The Mandalorian“ Staffel 3 kaum mehr als ein Zwischenschritt.

Is This the Way?: Figuren und ihre Entwicklung
Neben der narrativen Struktur hat die dritte Mandalorian-Staffel auch einige massive Probleme mit der Charakterisierung und Entwicklung der Figuren. Dieser Aspekt war in den bisherigen Staffel nie allzu komplex, aber doch funktional und nachvollziehbar. Ich wiederhole mich, aber auch hier erweist sich die Wiedervereinigung von Din und Grogu als Hauptproblem. Über weite Strecken wirken die Autoren der Serie, als wüssten sie nicht, was sie mit den beiden tun sollen. Dins Hauptanliegen zu Beginn der Staffel ist ebenfalls ein Aspekt, der bereits in „The Book of Boba Fett“ angerissen wurde: Um wieder Teil der „Children of the Watch“ zu werden, muss Din in den Lebenden Wassern von Mandalore baden – dieses Ziel erreicht er aber schon in der zweiten Folge, die restliche Zeit über reagiert er eher, als dass er eine wie auch immer geartete Agenda verfolgt. Bo Katan ist die Figur der dritten Staffel, die am ehesten einen funktionierenden Handlungsbogen hat, von der Einzelgängerin zur neuen Anführerin einer geeinten Mandalorianerfraktion. Aufgrund der bereits dargelegten narrativen Probleme funktioniert das alles nur bedingt, nicht zuletzt durch den Fokus; ich erwähnte bereits die Episode „Guns for Hire“, die hierfür exemplarisch ist. Hinzu kommt eine generelle, merkwürdige Tendenz in dieser Staffel, den Stoizismus den Mandalorianer auf ein neues Level zu heben; Figuren reagieren auf scheinbar einschneidende Ereignisse praktisch überhaupt nicht. Generell wird zudem die Chance auf ordentliche Charakterarbeit vertan, gerade in Bezug auf die Mandalorianer. Das Bündnis der beiden Fraktion hätte sehr schön genutzt werden können, um die Unterschiede in ihren Philosophien zu beleuchten, aber abseits von ein, zwei Ansätzen geschieht hier sehr wenig. Das hängt auch mit dem Umstand zusammen, dass wir nach drei Staffeln immer noch erstaunlich wenig über die „Children of the Watch“, ihre Weltsicht, ihr Helm-Dogma etc. wissen.

Dementsprechend wirkt das Finale bzw. das Happy End gewissermaßen unverdient, aufgrund all dieser Umstände war zumindest ich emotional nicht allzu involviert – etwa ganz im Gegensatz zum Finale von Staffel 2. Hier haben die Macher genau verstanden, welche Saiten sie anschlagen müssen, um die maximale Wirkung zu erzielen. In Staffel 3 hingegen: Din hat Grogu nun offiziell adoptiert, aber allzu viel bedeutet das nicht, schließlich ist ihre Vater-Sohn-Beziehung bereits fest etabliert. Mandalores Rückeroberung hinterlässt ebenfalls einen faden Nachgeschmack, da die kulturelle Bedeutung nicht ausreichend thematisiert wird. Wir wissen DASS, aber wir wissen nicht WESHALB.

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Moff Gideon (Giancarlo Esposito)

Und schließlich ist da noch die Gegenseite, die ebenfalls Teil des Problems ist. Moff Gideon war nie ein besonders komplexer oder gut geschriebener Schurke, vor allem seine Pläne wirkten zumeist nicht besonders gut durchdacht. Anstatt wirklich etwas auf die Beine zu stellen, schüttelt er zumeist nur ein weiteres Ass aus dem Ärmel und hofft, damit unsere Protagonisten zu besiegen. In Staffel 2 waren es die Dark Trooper, in Staffel 3 sind es die neuen Imperialen Kommandotruppen mit Jet-Pack und Beskar-Rüstung und natürlich die Praetorianer. Gideon profitiert ungemein von Giancarlo Espositos Charisma und Präsenz, weshalb er bislang als Widersacher eigentlich recht gut funktionierte. Pro Auftritt mutiert er allerdings mehr und mehr zum überdrehten Cartoon-Schurken, weshalb ich hoffe, dass er nun endgültig tot ist und wir mit Thrawn einen besseren Anführer des Restimperiums bekommen.

Fazit
Das alles mag nun etwas negativer klingen, als es gedacht ist. Die dritte Mandalorian-Staffel ist mit Abstand die schwächste der Serie, dennoch hat sie nach wie vor gut zu unterhalten gewusst und mehr als ordentliche Schauwerte geboten. Man ist doch immer wieder beeindruckt, was inzwischen in einer Serie alles möglich ist. Dennoch sind die narrativen Unebenheiten unendlich frustrierend, gerade weil man das Gefühl nicht loswird, dass das alles nicht hätte sein müssen und wir mit „Andor“ wirklich gesehen haben, was narrativ in einer Star-Wars-Serie möglich ist. Damit will ich nicht ausdrücken, dass „The Mandalorian“ sich stilistisch an „Andor“ angleichen sollte, aber es wäre doch schön gewesen, hätte Staffel 3 das Niveau der ersten beiden halten können.

Trailer

Bildquelle (© 2023 Lucasfilm Ltd. & ™. All Rights Reserved.)
Bildquelle Bo Katan
Bildquelle Gideon

Siehe auch:
The Mandalorian Staffel 1 & 2
The Book of Boba Fett
Obi-Wan Kenobi

The Book of Boba Fett

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Boba Fett ist zweifellos eine der beliebtesten Nebenfiguren des Franchise, bereits in „The Empire Strikes Back“ wusste der enigmatische Kopfgeldjäger viele Fans von sich einzunehmen. Über die Jahre hinweg versorgten Romane und Comics das Fandom mit mehr Fett, u.a. wurde in der Comicserie „Dark Empire“, verfasst vom kürzlich verstorbenen Tom Veitch und bebildert von Cam Kennedy, enthüllt, dass Boba seinen eher unrühmlichen Tod in „Return of the Jedi“ überlebt hatte. Mit „Attack of the Clones“ verpasste ihm George Lucas schließlich einen Hintergrund, der sich sehr von dem unterschied, was diverse EU-Autoren zuvor über seine Vergangenheit berichtet hatten. Dass Disney sich Boba Fetts Popularität nicht entgehen lassen würde, war von Anfang an ziemlich klar. Lange wurde spekuliert, bei dem Anthologie-Film, bei dem Josh Trank Regie führen sollte, handle es sich um einen Boba-Fett-Film. Sein Live-Action-Debüt in einem Disney-Projekt feierte Boba schließlich in der zweiten Staffel von „The Mandalorian“, gespielt von Jango-Fett-Darsteller Temuera Morrison. Dieselbe Staffel teaserte am Ende auch die zweite Star-Wars-Realserie „The Book of Boba Fett“ an. Und hier sind wir also: Die komplette erste Staffel (ob es eine zweite geben wird steht aktuell noch nicht fest) ist komplett auf Disney+ anschaubar und umfasst sieben Episoden.

Handlung
Nachdem Boba Fett (Temuera Morrison) seine Rüstung zurückbekommen hat, kehrt er zusammen mit Fennec Shand (Ming-Na Wen) nach Tatooine zurück und übernimmt Jabbas altes Territorium. Damit ist es aber nicht getan, als neuer Daimyo muss er sich erst einmal einen Namen machen und Verbündete finden, denn nur mit Fennec und Jabbas altem Folterdroiden 8D8 (Matt Berry) wird er nicht allzu weit kommen. Während einige einflussreiche Einwohner der nahe gelegenen Stadt Mos Espa, etwa die Cantinabesitzerin Garsa Fwip (Jennifer Beals) Bobas Anspruch akzeptieren, sind andere wie beispielsweise der Bürgermeister Mok Shaiz (Robert Rodriguez) und sein Twi’lek-Handlanger (David Pasquesi) weit weniger einsichtig. Zudem haben diverse Parteien ein gesteigertes Interesse an Tatooine, darunter die Spice schmuggelnden Pykes und die Zwillinge, zwei Hutts aus Jabbas Verwandtschaft. Verbündete findet Boba in zwei Gamorreanern, die zuvor für Jabba und Bib Fortuna arbeiteten, dem Wookiee Black Krrsantan (Carey Jones) und den Mitgliedern einer Cyborg-Gang.

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Boba Fett (Temuera Morrison)

Während sich Boba Fetts Syndikat und die Pykes für den Krieg gegeneinander rüsten, erfahren wir in Rückblicken, was sich in der Zeit zwischen „Return of the Jedi“ und Bobas Auftauchen in der zweiten Mandalorian-Staffel ereignet hat: Nachdem er sich aus dem Sarlacc retten kann, wird Boba von einer Gruppe Tusken gefangen genommen, deren Respekt er nach und nach erringt und der er hilft, gegen die Agenten der Pykes zu kämpfen. So wird Boba Teil des Stammes, doch die Zugehörigkeit hält nicht lange an, denn die Tusken werden augelöscht. So muss Boba nun eine neue Bestimmung finden. Nachdem er Fennec Shand davor rettet, in der Wüste zu sterben, beginnt sich ein Plan zu formen: Warum nicht Jabbas altes Imperium übernehmen?

Konzeption und Struktur
Mehr noch als „The Mandalorian“ arbeitet „The Book of Boba Fett” die Western-Elemente von Star Wars heraus, zusätzlich hat die zweite Star-Wars-Serie allerdings auch einen deutlich erhöhten Pulp-Faktor, der sich auf diese Weise im etwas geerdeteren „The Mandalorian“ nicht findet. Rückblickend betrachtet scheint es mir aber besonders eine Inspirationsquelle zu geben, die in der Rezeption allerdings eher selten erwähnt wird (Ming-Na Wen selbst verwies in einem Interview allerdings auf die Parallelen): Francis Ford Coppolas „The Godfather“ und „The Godfather Part II“ scheinen in mehr als einer Hinsicht (Achtung, schlechtes Wortspiel) Pate gestanden zu haben – und das nicht nur, weil Boba sich hier als Gangster statt als Kopfgeldjäger versucht. Gerade die Flashback-Struktur, derer sich die ersten vier Episoden bedienen, erinnert stark an „The Godfather Part II“, die Beziehung zwischen Boba und Fennec Shand hat Parallelen zu der zwischen Vito Corleone und Luca Brasi und letztendlich ist Vito Corleone das, was Boba Fett am Ende werden will bzw. werden soll: Der Gangsterboss, der mit Respekt herrscht. Wenn Boba in der finalen Szene durch die Straßen Mos Espas schlendert und von alle begrüßt wird, erinnert das unweigerlich sowohl an Don Fanucci als auch an Vito Corleone in den Rückblicken in „The Godfather Part II“.

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Fennec Shand (Ming-Na Wen)

Leider funktioniert diese Herangehensweise hier nicht wirklich. Man verstehe mich nicht falsch: Ich habe es durchaus genossen, „The Book of Boba Fett“ anzusehen, ich habe mich nicht gelangweilt und hatte meinen Spaß mit der Serie, da sie viele coole Elemente und sehenswerte Bestandteile hat. Letztendlich ist „The Book of Boba Fett“ aber ein Werk, das nie über die Summe seiner Einzelteile hinauswächst und, anders als „The Mandalorian“, nie wirklich zusammenfindet. Mir erscheint es fast ein wenig, als wäre das Konzept dieser Serie als fixe Idee im Writers‘ Room entstanden: „Wäre es nicht cool, aus Boba Fett Vito Corleone zu machen?“, hätte dann aber nicht die entsprechenden Anpassungen erhalten. Das beginnt bereits bei der Ausführung dieser Idee, da nie völlig klar wird, wie Boba sein Vorhaben eigentlich wirklich durchzuführen gedenkt bzw. wie die kriminelle Unterwelt von Tatooine diesbezüglich funktioniert. Zu Beginn besteht Bobas „Organisation“ nur aus Fennec Shand und Jabbas altem Folterdroiden (was für eine Verschwendung des komödiantischen Talents von Matt Berry) – hat er Anspruch auf Jabbes altes Imperium, nur weil er Bib Fortuna getötet und sich im Palast breitgemacht hat? Immerhin erkennen ja einige der Bewohner von Mos Espa Bobas Autorität an, nur, weshalb?

Hinzu kommen einige massive erzählerische Probleme. Ich kann verstehen, weshalb man die Flashback-Struktur für die ersten vier Folgen wählte: Einerseits wollte man direkt an die Mid-Credits-Szene aus der zweiten Mandalorian-Staffel anknüpfen, andererseits aber auch erzählen, was zwischen „Return of the Jedi“ und „The Mandalorian“ geschehen ist. Aber auch hier will alles nicht so recht zusammenfinden, nicht zuletzt, weil es den Flashbacks nicht wirklich gelingt, zu vermitteln, dass sie eine Zeit von fünf Jahren abdecken – die Einteilung bleibt relativ schwammig, es gibt keinen Indikator dafür, wie lange Boba beispielsweise bei den Tusken war. Zudem haftet der Strukturierung der Flashbacks eine gewisse Willkür an. Das Idealbeispiel für eine derartige Struktur ist neben „The Godfather Part II“ für mich immer „Batman Begins“ wo die Rückblicke stets Fragen beantworten, die in der Gegenwartshandlung zuvor aufgeworfen werden.

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Garsa Fwip (Jennifer Beals)

Und dann ist da natürlich noch der Umstand, dass „The Book of Boba Fett“ nach vier Folgen und dem Abschluss der Flashback-Handlung temporär jegliches Interesse am Protagonisten und seinem Wirken verliert und uns stattdessen gefühlt zwei Folgen aus der dritten Staffel von „The Mandalorian“ zeigt; in der fünften Folge kommt Boba überhaupt nicht vor, in der sechsten hat er das, was man gerne als „non speaking cameo“ bezeichnet – und das in seiner eigenen Serie. Die finale siebte Folge schließlich, in der die Schlacht um Mos Espa gezeigt wird, zeigt die Probleme der Serie noch einmal kondensiert: Wie die gesamte Staffel hat auch diese Abschlussfolge viele coole Ideen, seien es die Scorpenek-Droiden oder der Rancor in Aktion, in letzter Konsequenz will aber alles nicht so recht zusammenfinden, was zum Teil auch an der Regieführung liegt – hier schwankt die Serie mitunter stark. Gerade die inszenatorischen Schwächen der siebten Folge, die den Titel „In the Name of Honor“ trägt, hat mal wieder zu Übersprungshandlungen bei Star-Wars-Fans geführt, die per Petition erreichen wollten, dass Robert Rodriguez nie wieder im Franchise aktiv wird. So idiotisch ich derartige Reaktionen auch finde, Rodriguez‘ Folgen (eins, drei und sieben) waren definitiv die schwächeren dieser Staffel, und auch der sehr unfokussierten sechsten Folge, „From the Desert Comes a Stranger“, merkt man an, dass Dave Filoni im Regie-Bereich noch das eine oder andere lernen muss. Die diesbezüglich stärksten Folgen waren zweifelsohne Kapitel 2, „The Tribes of Tatooine“ von Steph Green und Kapitel 5, „Return of the Mandalorian“ von Bryce Dallas Howard. Letztere hat auch in den beiden Mandalorian-Staffeln sehr gute Arbeit geleistet und ein gewisses Händchen für die weit, weit entfernte Galaxis bewiesen; vielleicht wäre sie eine gute Kandidatin für einen wie auch immer gearteten Star-Wars-Film.

Boba und das Ensemble
Boba Fetts Charakterisierung war über die verschiedenen Medien hinweg nie besonders kohärent. Die Figur, wie sie in Episode V und VI auftaucht, gibt einem als Autor, der den Kopfgeldjäger weiterentwickeln soll, auch nicht allzu viel an die Hand. Selbst vor Episode II war seine Persönlichkeit über das Badasstum hinaus nicht unbedingt konsistent, mitunter wurden ihm sogar zolibatäre Tendenzen angedichtet. Nach „Attack of the Clones“ konzentrierte man sich in den Legends-Romanen und -Comics stärker auf Boba als Träger des mandalorianischen Vermächtnisses von Jango, er erhielt nicht nur eine Jugendbuchserie, die schildert, wie er mit dem Tod seines Vater umgeht und die Klonkriege erlebt, in der Buchreihe „Legacy of the Force“ macht ihn Autorin Karen Traviss gar auf seine alten Tage zum neuen Mandalore. „The Book of Boba Fett“ möchte uns nun einen Boba zeigen, der nach dem Ausflug in den Sarlacc endgültig genug davon hat, sich als Kopfgeldjäger seine Brötchen zu verdienen. Von seinem Tusken-Stamm lernt er den Wert der Gemeinschaft, um anschließend als ehrbarer Gangsterboss Mos Espa bzw. Tatooine (wie groß genau sein Einflussgebiet nun ist, wird nicht definiert) zu kontrollieren. Ob diese Entwicklung konzeptionell zu dem rücksichtslosen Kopfgeldjäger, den wir in Episode V kennen lernen, oder den vorherigen Darstellungen passt, ist sicher diskutabel, aber selbst wenn wir davon ausgehen, scheitert „The Book of Boba Fett“ letztendlich an der Umsetzung. Für mich persönlich ist Bobas Entwicklung einerseits zu plakativ und andererseits nicht unbedingt nachvollziehbar, was primär an der unsauberen Erzählweise liegt. In welche Richtung das gehen soll, zeigt sich bereits in Kapitel 2, und allein von dieser Folge ausgehend hätte das auch funktionieren können, hätte man nicht beschlossen, in den Schnellvorlauf zu gehen und die Tusken gleich in der nächsten Episode offscreen niederzumetzeln. Vielleicht wäre es besser gewesen, den Stamm stattdessen zur Grundlage von Bobas kriminellem Imperium zu machen. Erschwerend hinzu kommt Bobas schiere Naivität und Blauäugigkeit in der Gegenwartshandlung: Wie genau hat er sich seinen Weg zur Macht eigentlich vorgestellt? Selbst nachdem er zwei Gamorreaner auf seine Seite gebracht hat, ist er allen anderen Fraktionen nach wie vor gnadenlos unterlegen, ein erstes Attentat überlebt er durch schieres Glück. Boba scheint einfach nicht das zu haben, was man als Gangsterboss braucht, sowohl im Bezug auf Verstand als auch auf Rücksichtslosigkeit. Ich denke, hier liegt ein Problem vor, dass viele Geschichten haben, die vorgeben, einen Antihelden oder Schurken als Protagonisten zu haben: Die kreativen Köpfe haben Angst davor, zu weit zu gehen und ihr Publikum zu entfremden. Egal ob Maleficent im nach ihr benannten Film oder Dracula in „Dracula Untold“, beide Filme haben dasselbe Problem wie „The Book of Boba Fett“. Selbst die rücksichtslose Brutalität, mit der Boba in der zweiten Mandalorian-Staffel gegen die Sturmtruppen vorging, findet sich hier nicht. So ungern ich das sage, Boba Fett ist in seiner eigenen Serie einfach zu nett. Erschwerend hinzu kommt der Umstand, dass wir keinen wirklich Einblick in Bobas Charakter vor dem Sturz in den Sarlacc erhalten und so nicht einmal ein wirkungsvoller Kontrast etabliert wird – die Serie verlässt sich fast ausschließlich auf seinen im Fandom vorherrschenden Ruf.

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Black Krrsantan (Carey Jones)

Die Charakterisierung der anderen Figuren lässt leider ebenfalls zu wünschen übrig. Wie bereits erwähnt stellt „The Book of Boba Fett“, gerade im Figurenbereich, eine Reihe wirklich cooler Konzepte vor, arbeitet sie dann aber kaum aus. Dafür, dass Fennec Shand beispielsweise neben Boba eigentlich die zentrale Figur der Serie ist, erfahren wir kaum mehr über sie, als wir aus ihren Auftritten in „The Mandalorian“ ohnehin schon wissen. Zudem bleibt ihre Beziehung zu Boba merkwürdig undefiniert. Mina-Na Wen tut mit dem Material, das sie bekommt, was sie kann, aber es ist einfach nicht besonders viel. Mit dem Wookiee Black Krrsantan, den Cyborg-Bikern oder dem von Danny Trejo gespielten Rancor-Trainer verhält es sich sehr ähnlich. Überall wäre sehr viel Potential vorhanden, aber Dave Filoni, Jon Favreau und Robert Rodriguez belassen es bei einer sehr oberflächlichen Ausarbeitung.

Noch schwerer wiegt der Mangel an wirklich eindringlichen Antagonisten – Bobas Feinde bleiben über weite Strecken undefiniert und gesichtslos. Zu Beginn scheinen die beiden Hutt-Zwillinge die primären Antagonisten zu sein, das hat sich aber nach ihrem zweiten Auftritt bereits wieder erledigt. Die Pykes, die wir bereits aus „The Clone Wars“ und „Solo“ kennen, rücken schließlich als die Unterweltfraktion an, die das größte Interesse an Tatooine hat, liefern aber kein wirkliches Gesicht mit: Weder der Bürgermeister von Mos Espa, noch der Sprecher des Syndikats eignen sich wirklich als funktionierender Antagonist. Natürlich ist da noch Cad Bane (Corey Burton), doch dieser taucht viel zu spät und zu wenig auf, um in dieser Rolle funktionieren zu können. Durch diese Gesichtslosigkeit verliert Bobas Sieg am Ende an Bedeutung. Es hätten ja nicht gleich Qi’ra und Crimson Dawn sein müssen, die sich viele Fans in dieser Rolle gewünscht haben, aber irgendjemand, der frühzeitig als funktionierender Antagonist aufgebaut worden wäre, hätte der Serie gut getan.

Mandalorian Staffel 2,5? Verordnung im Franchise
Manchmal könnte man fast den Eindruck bekommen, Filoni, Favreau und Rodriguez ging es weniger darum, tatsächlich eine Geschichte mit Boba Fett zu erzählen, sondern stattdessen eine ganze Menge an Vorarbeit für künftige Serien zu leisten. Die visuell extrem beeindruckende Ringwelt Glavis etwa wirkt für ihr kurzes Vorkommen in der fünften Folge beispielsweise zu aufwendig, weshalb wohl davon auszugehen ist, dass sie auch in zukünftigen Projekten wieder auftauchen wird. Neben derartiger Vorarbeit finden sich auch viele Rückbezüge. Im Guten wie im Schlechten ist „The Book of Boba Fett“ stark im Franchise verwurzelt. Prinzipiell ist das erst einmal positiv, gerade im Vergleich zur Sequel-Trilogie, wo man konstant versuchte, das Rad neu zu erfinden, anstatt sich existierender Ressourcen zu bedienen. Dass die Macher der Disney-Serien sehr wohl sowohl mit dem alten als auch dem neuen Kanon vertraut sind und keine Hemmungen haben, sich daraus zu bedienen, zeigt sich immer wieder, von subtilen Verweisen auf Comics aus den frühen 2000ern, etwa „Jango Fett: Open Season“ in „The Mandalorian“ Staffel 2 oder hier nun „Outlander“, bis hin zur Umsetzung von Figuren, die bislang nur in Romanen, Comics oder Animation auftauchten. Cobb Vanth (aus Chuck Wendigs Aftermath-Trilogie, gespielt von Timothy Olyphant) und Ahsoka (aus „The Clone Wars“ und „Rebels“, gespielt von Rosario Dawson) tauchten beide bereits in „The Mandalorian“ auf und dürfen auch in „The Book of Boba Fett“ vorbeischauen, zusätzlich gesellen sich nun Black Krrsantan (aus diversen Comics) und Cad Bane („The Clone Wars“) dazu – und ich bin sicher, dass wir beide nicht zum letzten Mal gesehen haben. Auch darüber hinaus ist die Liebe zum Detail wirklich beeindruckend. So taucht in der zweiten Episode beispielsweise die in Episode IV erwähnte Tosche Station auf, bei der es sich tatsächlich um eine exakte Nachbildung des Sets handelt, das in einer geschnittenen Szene aus „A New Hope“ zu sehen ist. Das nenne ich Hingabe.

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Cad Bane (Corey Burton)

Leider kompensiert das nicht den Bruch nach den ersten vier Folgen. Man verstehe mich nicht falsch, die fünfte Folge, „Return of the Mandalorian“, ist zusammen mit der zweiten die beste der Staffel und besticht durch wirklich gelungene Regiearbeit von Bryce Dallas Howard und vielleicht eine Spur zu viel Fanservice (andererseits: viel Prequel-Liebe), aber in einer Serie mit dem Titel „The Book of Boba Fett“ ist eine Folge, die wunderbar als Auftakt für die dritte Mandalorian-Staffel hätte fungieren können, irgendwie fehl am Platz. Und wenn dann die darauffolgende Episode nochmal ihren Fokus auf Din Djarin (Pedro Pascal) legt und es zudem Auftritte von Grogu, Luke Skywalker (mit verbessertem, aber noch nicht optimalem CGI-Gesicht) und Ahsoka gibt, während der eigentliche Protagonist auf ein stummes Cameo reduziert wird, dann stimmt etwas ganz und gar nicht. Spätestens hier wird man den Eindruck nicht los, dass „The Book of Boba Fett“ letztendlich „The Mandalorian“ Staffel 2,5 ist und in erster Linie dazu dient, Dinge für Kommendes vorzubereiten. Offenbar wollte man zum Auftakt der tatsächlichen dritten Staffel Din und Grogu bereits wieder als Duo zeigen, weshalb ihre Wiedervereinigung als B-Plot ins Finale gepackt wird. All das lenkt nicht nur die Aufmerksamkeit von Boba Fett ab, sondern sorgt gleichzeitig dafür, dass auch die Mandalorian-Aspekte nicht ausreichend gewürdigt und eher „nebenbei“ abgearbeitet werden. Gerade das Auftauchen von Luke, Ahsoka und Grogu halte ich hier für höchst kontraproduktiv, da ihre Auftritte automatisch alles überschatten.

Soundtrack

Beim Soundtrack haben wir eine ähnliche Situation wie bei „Solo: A Star Wars Story“: Ludwig Göransson, der die Scores der beiden Mandalorian-Staffeln komponierte, steuerte ein Thema für die Titelfigur bei, während ein anderer Komponist, in diesem Fall der mir bislang unbekannte Joseph Shirley, der wohl vor allem als „Score Programmer“ (was auch immer das sein mag) an diversen Göransson-Scores mitarbeitete und dort auch zusätzliche Musik lieferte, die Ausgestaltung übernahm. Das Ergebnis ist leider bei weitem nicht so überzeugend wie John Powells Solo-Score: Wie nicht anders zu erwarten orientiert sich Shirley sehr stark am von Göransson kreierten Mandalorian-Sound, lieferte aber eine, man möchte fast sagen, verwässerte Version davon – im Guten wie im Schlechten weniger experimentell, aber auch weniger markant, zumindest abseits des Hauptthemas, das ein ziemlich eingängiger Ohrwurm ist, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob es wirklich zu Boba Fett passt. Göranssons Mandalorian-Thema taucht zusammen mit Din Djarin natürlich ebenfalls auf und zudem dürfen zwei Williams-Themen in der sechsten Episode Gastauftritte absolvieren, während Grogus Training erklingen sowohl Yodas Thema als auch das Machtthema. Ohnehin rückt die Musik, die wir während des Aufenthalts auf Lukes bislang namenlosem Akademie-Planeten hören, stilistisch deutlich näher an Williams heran. Es ist allerdings schade, dass Williams‘ ursprüngliches Boba-Fett-Motiv aus „The Empire Strikes Back“ nicht ein einziges Mal erklingt, das wäre wirklich ein nettes musikalisches Easter Egg gewesen.

Fazit: Während „The Book of Boba Fett” viele coole Elemente, Figuren und Ideen hat, kommt das alles doch nie zu einem großen Ganzen zusammen. Strukturelle und erzählerische Probleme sowie die unausgegorene Entwicklung der Titelfigur und zwei Episoden, die eher aus „The Mandalorian“ Staffel 3 zu stammen scheinen, sorgen schließlich dafür, dass die Soloserie des allseits beliebten Kopfgeldjägers zu einer äußerst unrunden Angelegenheit mit sehr viel verpasstem Potential wird und deutlich hinter den beiden Mandalorian-Staffeln zurückbleibt.

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Bildquelle Black Krrsantan
Bildquelle Cad Bane

Siehe auch:
The Mandalorian – Staffel 1 & 2
Jango Fett: Open Season
Outlander

Wonder Woman 1984

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Story: Viele Jahrzehnte sind vergangen, seitdem Diana (Gal Gadot) während des Ersten Weltkriegs zusammen mit dem Piloten Steve Trevor (Chirs Pine) in die Welt der Menschen kam – dieser überlebte den Krieg allerdings nicht. Selbst im Jahr 1984 trauert Diana Steve noch hinterher. Relativ unvorhergesehen taucht im Smithsonian in Washington, in dem Diana arbeitet, ein mysteriöser Stein auf, der Wünsche erfüllen kann, der sog. „Traumstein“. Dianas unscheinbare Kollegin Barbara Minerva (Kristen Wiig) beispielsweise wünscht sich, mehr wie Diana zu sein und wird dadurch nicht nur selbstbewusster und für Männer attraktiver, sondern gewinnt auch übermenschliche Stärke, verliert dabei aber langsam ihre positiven Eigenschaften. Diana selbst wünscht sich Steve zurück; dessen Seele nimmt dafür allerdings den Körper eines anderen Mannes in Besitz. Der zwielichtige Geschäftsmann Maxwell Lord (Pedro Pascal) wittert seine Chance auf Ruhm und Macht und wünscht sich, selbst zum Traumstein zu werden. Während Diana ihre Zeit mit Steve genießt, beginnt Lord, überall in der Welt für Chaos und Anarchie zu sorgen…

Kritik: Mit „Wonder Woman 1984“, einem weiteren Opfer der Pandemie, das nur teilweise in die Kinos kam und zeitgleich auf den diversen Streamingdiensten zu sehen war, distanziert sich Regisseurin Patty Jenkins noch einmal deutlich von Zack Snyders Version des DC-Universums – nach dem Erfolg des Erstlings hatte Jenkins wohl in größerem Ausmaß freie Hand und war u.a. auch am Skript beteiligt. Verfügte ihr erster Film mit der Amazone noch über einige „Snyderismen“, gerade im Action-Bereich, ist das Sequel ein deutlicher Rückgriff auf die Superheldenfilme früherer Tage und orientiert sich stilistisch und inhaltlich vor allem an Sam Raimis Spider-Man-Trilogie und Richard Donners „Superman“ – man könnte mitunter fast meinen, der Film spiele nicht nur im Jahr 1984, sondern versuche auch, die Geisteshaltung eines Blockbusters diese Ära zu vermitteln. Das wird besonders an Dianas erstem Auftritt als Wonder Woman deutlich, gerade im Vergleich zu einer ähnlich gearteten Szene in „Zack Snyder’s Justice League“. Wo Diana bei Snyder ultrabrutal vorgeht und die Terroristen beispielswiese so gegen die Wand wirft, dass dabei größere Blutlachen entstehen, bemüht sie sich bei Jenkins darum, niemanden zu verletzen – lediglich ein Polizeiauto wird (unnötigerweise, möchte man hinzufügen) etwa ernstafter beschädigt. Per se ist das nichts Schlechtes, sofern das Konzept gut umgesetzt wird. Leider enttäuscht „Wonder Woman 1984“ in dieser Hinsicht aber auf ganzer Linie.

Müsste ich „Wonder Woman 1984“ mit einem Wort beschreiben, wäre es „inkonsequent“: Man merkt, was Jenkins und Co. mit diesem Film aussagen wollen, sie scheitern aber daran, weil sie stets den einfachsten und unelegantesten Weg nehmen, um ihre erzählerischen Ziele zu erreichen. Zudem wirkt das Drehbuch unausgegoren, gerade in Bezug auf die Funktionsweise des Traumsteins. Die Idee dahinter ist relativ eindeutig und gleicht der berühmten Affenpfote, die, wenn ich mich recht erinnere, im Film sogar einmal erwähnt wird und Wünsche erfüllt, aber stets mit einem unangenehmen Nebeneffekt. Dieser inzwischen weithin verbreitete Begriff stammt aus der Kurzgeschichte „The Monkey’s Paw“ des englischen Autors W. W. Jacobs (veröffentlicht 1902), in welcher ein Ehepaar in den Besitz des magischen Objekts kommt und sich 200 Pfund wünscht. Dieses Geld erhalten die Eheleute auch – als Kompensation für den Tod des Sohnes. Die trauernde Mutter wünscht sich daraufhin den Sohn zurück, doch als schlurfende Geräusche zu hören sind und es klopft, befürchtet der Ehemann, dass von seinem Sohn nicht mehr viel übrig ist und schickt ihn mit dem dritten Wunsch zurück ins Grab. Soweit, so gut, in „Wonder Woman 1984“ bleiben die Effekte des Traumsteins allerdings oft schwammig. Zum Beispiel verliert Diana, in bester Superhelden-Sequel-Tradition, temporär ihre Kräfte (zumindest partiell), wobei aber nie ganz klar wird, ob das nun der Nebeneffekt ihres eigenen Wunsches ist oder des Wunsches von Barbara Minerva. Oder ist Steve Trevors merkwürdig konstruierte Inbesitznahme eines fremden Körpers der Nebeneffekt? Besagte Inbesitznahme birgt einige unangenehme Implikationen, aber auch eine Menge Story-Potential, das nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft wird. Diana und Steve halten nie einen Moment inne und fragen sich, was sie da eigentlich mit dem Körper eines völlig Fremden tun und ob es moralisch vertretbar ist – damit hätte man einen interessanten Konflikt geschaffen. Stattdessen wird der tatsächlich im Film vorhandene moralische Konflikt deutlich abstrakter und allgemeiner gestaltet.

Ähnlich schwammig ist die Absicht der Schurken, vor allem, was Maxwell Lord angeht. Lord in den Comics ist nicht per se mit Wonder Woman verknüpft, sondern tritt dort als Förderer und später als Feind der Justice League auf – im Rahmen des Großevents „Infinite Crisis“ wurde er allerdings von Diana (zumindest temporär) getötet. Die Film-Version der Figur trägt eindeutige Trump’sche Züge (Lord ist in den Comics bspw. dunkelhaarig), gleichzeitig versuchte man auch, ihm durch seinen kleinen Sohn einige nachvollziehbare Eigenschaften zu verleihen, was aber nicht so recht funktionieren will, da Pedro Pascal es mit seinem Overacting doch ein wenig zu weit treibt. Schwerwiegender ist jedoch, dass niemals wirklich klar wird, was Lord, ähnlich wie Lex Luthor in „Batman v Superman: Dawn of Justice“, eigentlich genau bezweckt. Er erfüllt munter Wünsche und stiftet Chaos, aber sein Ziel bleibt den ganzen Film über genauso schwammig wie die Funktionsweise des Traumsteins.

Immerhin Barbara Minerva ist diesbezüglich eindeutiger: Sie entspricht dem Archetypen des enttäuschten Bewunderers, den ich nicht allzu sehr schätze – man kennt ihn vom Riddler aus „Batman Forever“, Electro aus „The Amazing Spider-Man 2“ oder Snydrome aus „The Incredibels“. Leider können weder Patty Jenkins noch Kristen Wiig diesem Archetypen neue oder interessante Facetten abgewinnen, sodass auch Barbara Minerva, die am Ende ihre Schurkenidentität als raubkatzenartige Cheetah annimmt (und dabei ziemlich fürchterlich aussieht), nicht zum Gelingen des Films beiträgt.

Und dann hätten wir noch die dramaturgischen Probleme: „Wonder Woman 1984“ zieht sich und wirkt strukturell unausgegoren. Nach der opulenten Eröffnungsszene auf Themyscira und einem Wonder-Woman-Einsatz der, wie bereits erwähnt, stark an Richard Donners „Superman“ erinnert, wird den Zuschauern erst einmal eine Ladung Exposition um die Ohren gehauen. Mehr noch, für einen Film über Wonder Woman wird die Titelfigur äußerst selten als Heldin aktiv. Das kann funktionieren, wenn der Film abseits der Heldenidentität interessante Dinge mit dem Plot oder den Figuren anstellt, aber „Wonder Woman 1984“ mäandert ziemlich und schafft es auch nicht, die emotionalen Inhalte anständig zu vermitteln.

Immerhin ein Aspekt von „Wonder Woman 1984“ weiß zu überzeugen und den Vorgänger zu übertreffen: Nachdem Hans Zimmer als Komponist angekündigt wurde, war ich recht pessimistisch eingestellt, wurde aber eines Besseren belehrt. Zimmers Score ist einer der besten des DCEU und vielleicht sogar Zimmers bester Superhelden-Score überhaupt. Das düste-brütende Wummern und Dröhnen des Snyderverse ist hier endgültig Vergangenheit, Zimmers Musik ist optimistisch, melodisch und mitreißend, ohne dabei die musikalischen Wurzeln der Figur zu vergessen, denn das Action-Motiv aus „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ist nach wie vor präsent und bildet zugleich die Grundlage für ein neues, deutlich heroischeres Wonder-Woman-Thema.

Fazit: „Wonder Woman 1984“ ist leider deutlich schwächer als der Vorgänger und leidet unter einem fürchterlich unausgegorenen Skript, strukturellen und inhaltlichen Problemen sowie zwei ziemlich schwachen Schurken. Für einen potentiellen dritten Wonder-Woman-Film würde ich mir eine stärkere Rückbesinnung auf die griechische Mythologie wünschen.

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Siehe auch:
Wonder Woman – Ausführliche Rezension
Stück der Woche: Wonder Womans Thema
Zack Snyder’s Justice League

The Mandalorian: Staffel 1 & 2

Spoiler für beide Staffeln!
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Während die Sequels die Star-Wars-Fangemeinde zutiefst gespalten zurückgelassen haben, scheinen die beiden Staffeln von „The Mandalorian“ exakt das Gegenteil bewirkt zu haben – im Großen und Ganzen hat diese erste Live-Action-Serie von Jon Favreau und Dave Filoni verschiedene Fraktionen des Fandoms wieder zusammengebracht. Eine Betrachtung dieser Serie meinerseits ist im Grunde lang überfällig, deshalb halten wir uns gar nicht erst lange mit Vorgeplänkel auf, sondern starten direkt durch.

„This is the Way“: Handlung und Struktur von Staffel 1
Ende der 90er erschien bei Dark Horse die Miniserie „Crimson Empire“ – nachdem ich die erste Staffel von „The Mandalorian“ gesehen hatte, empfand ich sie gewissermaßen als Disney-Gegenstück, wenn auch eher auf konzeptioneller denn inhaltlicher Ebene. In beiden Fällen nahm man sich einen Aspekt, der in der OT nicht allzu ausgiebig erforscht wurde – in „Crimson Empire“ die Rotgardisten des Imperators, in „The Mandalorian“ die Mandalorianer, und schuf eine größtenteils eigenständige und in sich geschlossene Geschichte mit einem neuen Protagonisten und nur marginalen Verbindungen zu den Filmen. Im Falle von „The Mandalorian“ ist das Din Djarin (Pedro Pascal), ein enigmatischer mandalorianischer Kopfgeldjäger, der fünf Jahre nach der Schlacht um Endor im Auftrag eines mit dem Restimperium verbündeten Klienten (Werner Herzog) auf Arvala-7 ein besonders „Gut“ sicherstellen soll. Bei diesem Gut handelt es sich um das 50 Jahre alte Kleinkind einer sehr langlebigen Spezies, die Din Djarin zwar unbekannt ist, den Zuschauern jedoch sehr vertraut sein dürfte – und das nicht nur, weil „The Child“ alias Baby Yoda alias Grogu seit dem Start der ersten Staffel praktisch allgegenwärtig war. Din Djarin liefert den liebenswerten kleinen Kerl wie vereinbart ab, bekommt dann allerdings Zweifel, da ziemlich klar ist, dass das Imperium nicht unbedingt an seinem Wohlergehen interessiert ist. Nachdem es ihm gelungen ist, mit Hilfe einiger mandalorianischer Kameraden mit dem Kind zu entkommen, beginnt eine Odyssee, die ihn zu mehreren Outer-Rim-Planeten führt. Während er eine Antwort auf die Frage sucht, was denn nun mit seinem Schützling zu tun ist, trifft der Mandalorianer neue Verbündete wie die ehemalige Rebellenoffizieren Cara Dune (Gina Carano), aber auch Gegner wie die Attentäterin Fennec Shand (Ming-Na Wen). Sein Weg führt ihn schließlich zurück zum Ursprung des Auftrags, denn der imperiale Moff Gideon (Giancarlo Esposito), der letztendlich hinter der Suche nach dem Kind steckt, ist immer noch erpicht darauf, seinen Preis zu erhalten.

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Din Djarin (Pedro Pascal) und Grogu

Serien haben meistens entweder einen durchgehenden Handlungsstrang mit „offenen“ Episoden wie etwa „Game of Thrones“ oder sie gehen nach einem bestimmten Schema vor – am deutlichsten bei Krimiserien zu beobachten: Neue Folge, neuer Fall, der innerhalb einer Episode (manchmal auch zwei) abgeschlossen ist. Aber selbstverständlich finden sich auch alle möglichen Mischformen – in diese Kategorie kann man auch „The Mandalorian“ einordnen. Es gibt einen übergeordneten Handlungsstrang, aber vor allem in der Mitte der ersten Staffel sind die einzelnen Folgen relativ in sich geschlossen. Vor allem die Episoden 4 bis 6 könnte man relativ mühelos untereinander austauschen. Strukturell erinnern diese mitunter an die Quests eines Spiels: Um auf seinem Weg weiterzukommen, muss Din Djarin das Problem einer anderen Person lösen – dieses Element wird vor allem in Staffel 2 noch deutlich stärker, da hier das Ziel des Mandalorianers eindeutiger ist.

Was die erste Staffel darüber hinaus auszeichnet, ist ihr sehr gemäßigtes und ausgeglichenes Erzähltempo. Das fällt besonders im Vergleich mit der fast zeitgleich erschienenen neunten Episode der Skywalker-Saga auf, bei der genau das Gegenteil der Fall war. Hier hatte man stets das Gefühl, J. J. Abrams wolle einen partout nicht zur Ruhe kommen lassen – man könnte ja über das gerade gesehene nachdenken. „The Mandalorian“ dagegen wählt genau den entgegengesetzten Ansatz, nimmt sich Zeit, lässt Figuren und Setting atmen. Das führt in letzter Konsequenz dazu, dass die erste Staffel strukturell sehr gut ausbalanciert ist, gerade weil sie sich die nötige Zeit nimmt: In den ersten drei Folgen wird der Status Quo (Mando und Kind als ungleiches Duo) etabliert, in den zweiten drei beibehalten, aber immer wieder auf die Probe gestellt und in den letzten beiden schließlich ernsthaft gefährdet.

„You are a clan of two“: Figuren und Setting
Wie bereits erwähnt arbeitet zumindest die erste Staffel ausschließlich mit neuen Figuren, die jedoch an die bekannte Ikonographie geknüpft sind. Die Sturmtruppen als Repräsentanten eines (stark geschwächten) Imperiums sind selbst dem „Casual Fan“ des Franchise ebenso vertraut wie der ikonische mandalorianische Helm. Wie üblich bei Star Wars spielen Archetypen eine wichtige Rolle. Aus dem wilden SW-Genre-Gemisch legen Favreau und Filoni ihren Fokus auf den Western – passend dazu entspricht Din Djarin dem Archetypen des wortkargen und mysteriösen Revolverhelden, der oft genug von Clint Eastwood dargestellt wurde. „The Mandalorian“ geht allerdings noch mehr ins Extrem, indem das Gesicht des Protagonisten nie gezeigt wird – bzw. erst in der letzten Episode der ersten Staffel. Es ist durchaus ein Risiko, wenn die Hauptfigur nicht nur relativ unnahbar, sondern auch konstant maskiert ist.

Grogu/Baby Yoda ist vor allem aus Marketing-Sicht ein Geniestreich, wie sich immer wieder zeigt, die Dynamik zwischen ihm und Din Djarin funktioniert allerdings auch in der Serie ziemlich gut. Die Charakterisierung unseres Protagonisten ist zwar zurückhaltend, aber wirkungsvoll. Bei einer Figur wie dem Mando besteht die Gefahr, dass er auf sein „Badasstum“ reduziert wird, was hier aber erfreulicherweise nicht der Fall ist. Din Djarin ist zwar kompetent, aber keinesfalls hyperkompetent und gerät immer wieder in knifflige Situationen, in denen er Hilfe braucht oder an denen er schlicht scheitert. Obwohl er zumindest zu Beginn keine eigene Agenda verfolgt, sondern nur Aufträge erfüllt und insgesamt ein relativ passiver Protagonist ist, ist sein Wachstum und die Entwicklung seines Charakters doch deutlich spürbar. Pedro Pascal holt mit Stimme und Körpersprache sehr viel aus einem sehr minimalistischen Charakter heraus, dessen Gesicht zudem fast nie zu sehen ist. Trotzdem, oder gerade deshalb, fungiert der Mando als Fenster in diesen Teil der Star-Wars-Galaxis; da er ein Einzelgänger ist, lernen wir zusammen mit ihm all die neuen, von einem exzellenten Cast dargestellten Figuren kennen, ohne dass es überfordernd wäre oder allzu künstlich daherkommt. Auch was diesen betrifft, erinnerten sich Favreau und Filoni an eine alte SW-Tugend: Die Nebenfiguren sollten markant sein. Die tiefgründigsten sind sie nun nicht unbedingt, vor allem, weil der Fokus eben auf Mando und Grogu liegt und kaum eine in mehr als zwei oder drei Episoden auftaucht, aber sie sind einprägsam und bleiben im Gedächtnis, egal ob Carl Weathers als Greef Karga, Gina Carano als Cara Dune, Bill Burr als Migs Mayfeld oder Taika Waitit als IG-11.

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Cara Dune (Gina Carano) und Greef Karga (Carl Weathers)

Auf dieselbe Art gelingt es Favreau und Filoni auch sehr gut, den aktuellen Status Quo zu vermitteln: Das Imperium ist auf dem Rückzug, die Neue Republik aber noch nicht stark genug, um im Outer Rim wirklich für Ordnung zu sorgen – aus diesem Grund geht es recht gesetzlos zu. Zusätzlich erforschen wir die mandalorianische Kultur. In meiner Rezension zur Legends-Miniserie „Jango Fett: Open Seasons“ habe ich bereits einen kurzen Abriss über die Geschichte der Mandalorianer im Franchise gegeben, weshalb ich das hier nicht noch einmal tun werde. Ohnehin würde ich besagte Miniserie durchaus als ansprechende Lektüre für Fans von „The Mandalorian“ empfehlen, allerdings kommt man an die gedruckte Ausgabe in der Zwischenzeit ziemlich schwer heran. Wie dem auch sei, in Staffel 1 erfahren wir, dass die Mandalorianer ihre Helme nie abnehmen und ein praktisch religiöses Verhältnis zu ihrer Ausrüstung haben – zumindest Ersteres widerspricht dem bisher im Disney-Kanon (und auch in Legends) Etablierten, diese Diskrepanz wird aber in Staffel 2 aufgeklärt, da Din Djarin zu einer besonderen, extremistischen Gruppierung gehört. Alles in Allem war ich mit der bisherigen Darstellung der Mandalorianer in „The Clone Wars“ und „Rebels“ nicht allzu zufrieden, „The Mandalorian“ rückt sie allerdings, zumindest empfindungsmäßig, wieder näher an die Legends-Interpretation.

Auch sonst ist „The Mandalorian“ erfreulicherweise sehr geerdet. Zwar verfügte man über ein verhältnismäßig hohes Budget, aber eben doch nicht ganz auf der Höhe eines Star-Wars-Kinofilms. Zudem muss natürlich für weniger Geld mehr Material entstehen. Wie schon George Lucas bei der OT mussten Filoni und Favreau deshalb öfter kreativ werden und das Maximum aus dem ihnen zur Verfügung stehenden Material herausholen und nebenbei auch gleich noch in bester SW-Tradition die Effekttechnik vorantreiben. Die Planeten etwa sind nicht unbedingt die kreativsten (und zudem wieder sehr wüstenlastig, nicht zuletzt bedingt durch die Genre-Ausrichtung), aber „The Mandalorian“ holt deutlich mehr aus seinen Welten heraus als beispielsweise die Sequels – man bekommt ein Gespür für die Planeten, kann sie tatsächlich erforschen und erfährt, wie es sich dort lebt. Auf handwerklicher Ebene funktioniert ebenfalls alles ziemlich gut, in beiden Staffeln haben Filoni und Favreau ein sehr gutes Gespür dafür, wann sie in die Vollen gehen können und wann sie sich besser zurückhalten sollten. Besonders die Action wirkt handgemacht und bodenständig und trägt viel zur Atmosphäre bei. Der Humor ist angemessen und funktioniert ebenso gut – meistens ist ohnehin Grogu derjenige, der für die humoristischen Momente zuständig ist.

„A friendly piece of advice, assume that I know everything”: Staffel 2 – Gemeinsamkeiten und Unterschiede
In Staffel 2 gibt es einige massive Änderungen bezüglich des erzählerischen Konzepts der Serie, die sich aber sehr langsam und schleichend etablieren. Genau genommen beginnt er bereits mit dem kurzen Gastauftritt des aus „The Clone Wars“ und „Rebels“ bekannten Darksabers am Ende des Finales von Staffel 1. Ab diesem Zeitpunkt finden immer mehr Inhalte und Figuren aus anderen Ecken des SW-Universums ihren Weg in die Serie. Din Djarin sucht praktisch die gesamte Staffel nach einem sicheren Ort für Grogu bzw. nach seinen Angehörigen, findet sich in noch mehr Quid-pro-Quo-Situationen wieder und muss sich natürlich abermals mit alten Feinden auseinandersetzen – findet aber auch neue Verbündete, die manch einem Zuschauer durchaus vertraut sein dürften. Los geht es direkt in Folge 1 der zweiten Staffel mit Cobb Vanth (Timothy Olyphant), der nicht nur eine allzu bekannte Rüstung trägt, sondern seinerseits der Aftermath-Reihe, einer Romantrilogie von Chuck Wendig, entstammt. Gerade diese Verwendung eines bislang äußerst obskuren Charakters zeigt den Kontrast in der Herangehensweise von Favreau und Filoni auf der einen und den Regisseuren und Autoren der Sequels auf der anderen: Hier geschah eine intensive Beschäftigung mit der Materie, die sich bereits in Staffel 1 andeutete und in Staffel 2 praktisch überdeutlich ist. „The Mandalorian“ versucht nicht, zu rekreieren oder zu unterlaufen, sondern greift auf alles verfügbare Material, sei es OT, PT, aktuelles EU oder Legends, zurück, um seine eigene Geschichte zu erzählen. Fans freuen sich über die Anspielungen und Querverweise, gleichzeitig gelingt es Favreau und Filoni aber auch, das Ganze so zu gestalten, dass man als Neuling nicht das Gefühl hat, zum Verständnis müsse man erst eine SW-Enzyklopädie wälzen. Stattdessen fühlen sich die „neuen alten Figuren“ eher an wie eine natürliche Fortführung der Charaktere, die bereits in Staffel 1 vorgestellt wurden und größtenteils auch wieder mit von der Partie sind.

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Din Djarin (Pedro Pascal) und Boba Fett (Temura Morrison)

Zugegebenermaßen ist das Argument, dass es in Staffel 2 mit der Rückkehr bzw. Realwerdung diverser Figuren aus Filmen, Animationsserien und der Literatur vielleicht etwas übertrieben wurde, nicht völlig von der Hand zu weisen. Zu Cobb Vanth gesellen sich die Clone-Wars- und Rebels-Veteraninnen Bo-Katan Kryze (Katee Sackhoff, die der animierten Version der Figur auch ihre Stimme lieh) und Ahsoka Tano (Rosario Dawson), Legends-Inhalte wie die Dark Trooper und der Planet Tython und natürlich die Filmschwergewichte Boba Fett (Temura Morrison), Luke Skywalker (Mark Hamill?) und R2D2 (as himself). Im Großen und Ganzen denke ich jedoch, dass Favreau und Filoni die Balance gerade noch halten können, eben weil sie sich in Staffel 1 auf die neuen Figuren konzentrierten, diese anständig etablierten und nie den Kern aus den Augen verlieren. Bei einem Luke Skywalker besteht natürlich immer die Gefahr, dass er alles überschattet, das emotionale Highlight der Folge ist aber dennoch unzweifelhaft der Abschied von Din und Grogu. Die bereits in anderen Medien etablierten Figuren übernehmen nie das Ruder oder usurpieren die Geschichte.

Deutlich schwerer wiegen in meinen Augen einige strukturelle Mängel in Staffel 2, die alles in allem deutlich weniger ausgewogen und balanciert wirkt als Staffel 1. Besonders die ersten beiden Folgen nehmen sich noch reichlich Zeit für, in Ermangelung eines besseren Wortes, „Nebensächlichkeiten“ (wobei diese durchaus zur Charakterentwicklung beitragen), während spätere Folgen geradezu gehetzt wirken – zumindest im Vergleich zur Erzählweise von Staffel 1. Am schwächsten fällt für mich hier „The Tragedy“, die sechste Folge der zweiten Staffel aus, bei der immerhin Robert Rodriguez Regie führte. Diese markiert Boba Fetts großen Auftritt und weiß ihn auch durchaus cool zu inszenieren, aber das ganze Drumherum will einfach nicht so recht passen, von der Ineffektivität der Sturmtruppen (dazu später mehr) über die Inszenierung der Action bis hin zum Planeten Tython selbst. Gerade in Bezug auf die effektive Gestaltung der Planeten ist ausgerechnet Tython, die legendäre Heimatwelt der Jedi, die Ausnahme, die gezeigte Welt ist sehr ernüchternd und schlicht langweilig ausgefallen.

„I’m a simple man making his way through the galaxy, like my father before me”: Alte Freunde
Werfen wir doch noch einen ausführlicheren Blick auf die Figuren, die entweder zurückkehren oder sogar ihr Live-Action-Debüt feiern. Cobb Vanth stammt, wie bereits erwähnt, aus Chuck Wendigs Aftermath-Trilogie. Interessanterweise erlangt er dort Boba Fetts Rüstung ein wenig anders, als er es in der Folge „The Marshal“ selbst erzählt, wobei es sich dabei sowohl um einen Retcon als auch um eine Lüge der Figur handeln könnte. Ansonsten gibt es nicht allzu viel über ihn zu sagen, bereits in der Aftermath-Trilogie war er eine eher unwichtige Nebenfigur, die wohl platziert wurde, um Boba Fetts Rückkehr in die Wege zu leiten (wenn auch nicht unbedingt spezifisch in dieser Serie), was dann ja auch umgesetzt wurde. Es bleibt noch zu erwähnen, dass die Besetzung der Figur mit Timothy Olyphant ein netter Casting-Gag für Fans der HBO-Serie „Deadwood“ ist.

Bo-Katan Kryze hat da schon eine deutlich längere Geschichte hinter sich, sie trat erstmals in der vierten Staffel der Animationsserie „The Clone Wars“ auf, zuerst als Teil der Death Watch, einer Gruppe radikaler Mandalorianer, die sich der pazifistischen Ideologie von Bo-Katans Schwester Satine, der Herzogin von Mandalore, nicht unterwerfen will. Als jedoch der wiederauferstandene Darth Maul die Macht auf Mandalore übernimmt, verbündet sie sich widerwillig mit den Jedi, um Maul aufzuhalten. In „Rebels“ kämpft sie schließlich gegen den Einfluss des Imperiums und möchte ihrem Volk die Freiheit von imperialer Knechtschaft bringen. Dort erringt sie auch das Darksaber, das als mandalorianisches Herrschaftssymbol fungiert. Dieses wird ihr jedoch zwischen dem Ende von „Rebels“ und dem Beginn von „The Mandalorian“ von Moff Gideon abgenommen. Bo-Katan wird hier als Vertreterin der „gemäßigten“ Mandalorianer verwendet, im Gegensatz zu Din Djarin und seinen Kameraden aus der ersten Staffel, den sog. „Children of the Watch“. Nach wie vor möchte sie das Beste für ihr Volk und hat deshalb auch eine offene Rechnung mit Moff Gideon. Sie zeigt unserem Protagonisten, dass der häufig erwähnte „Weg“, den die „Children of the Watch“ immer wieder verbal beschwören, eben nicht alternativlos ist.

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Grogu und Ahsoka Tano (Rosario Dawson)

Ahsoka Tano dürfte noch einmal deutlich bekannter und populärer sein als Bo-Katan, auch sie stammt aus „The Clone Wars“, beginnt dort als Anakin Skywalkers Padawan, tritt dann jedoch noch vor Ende des Krieges aus dem Jedi-Orden aus, bekämpft zusammen mit Bo-Katan auf Mandalore Maul und überlebt Order 66, um sich später den Rebellen anzuschließen. Hier treffen gewissermaßen zwei Handlungsstränge aufeinander, denn Ahsoka sucht offensichtlich Großadmiral Thrawn, der sich bereits in „Rebels“ als Problem erwies. Ahsoka ist die erste (mehr oder weniger) ausgebildete Jedi, die in der Serie auftaucht. Angesichts der Tatsache, dass sie weiße Lichtschwerter führt, die einen schönen Kontrast zur dunklen Klinge des Darksabers abgegeben hätten, wurde eifrig spekuliert, ob sie wohl am Finale beteiligt sein würde, letztendlich entschied man sich aber, den mandalorianischen Aspekt zu betonen und Boba Fett und Bo-Katan bei der Rettung Grogus assistieren zu lassen. Ahsoka weist nur den Weg nach Tython, schafft aber auch eine tiefere Verbindung zwischen Grogu und Din, unter anderem, indem sie seinen Namen und etwas von seiner Vergangenheit enthüllt und die Kommunikation erleichtert. Ich persönlich war nie der größte Ahsoka-Fan, zu Beginn von TCW fand ich sie ziemlich unausstehlich. Sie hat sich zweifelsohne entwickelt, ist aber nach wie vor keine Figur, an der ich besonders hänge. Allerdings kann ich gut verstehen, dass ein Live-Action-Auftritt Ahsokas etwas Besonderes darstellt, wenn man mit ihr aufgewachsen ist. Anders als bei Bo-Katan bediente man sich hier nicht der Sprecherin der Serien (das wäre Ashley Eckstein gewesen), sondern wählte mit Rosario Dawson eine Darstellerin, die deutlich bekannter ist, ihre Sache aber sehr gut macht.

Temura Morrison ist ein Sonderfall: Er ist der erste Darsteller der Filme, der in dieser Serie auftaucht, das allerdings in einer Rolle, die er bisher noch nicht gespielt hat (sofern wir das Nachsychronisieren einiger Sätze in der Special Edition der OT ignorieren). Natürlich gilt aber: Wenn Boba Fetts Gesicht zu sehen sein soll, muss Temura Morrison unter der Maske stecken. Boba Fett ist eine der beliebtesten SW-Nebenfiguren, der ganze Hype um ihn war mir allerdings stets ein wenig suspekt, selbst unter Einbeziehung des Legends-Materials – ich empfand tatsächlich Jango immer als den Interessanteren der beiden. Aber „The Mandalorian“ hat es in nur wenigen Episoden geschafft, mir die Figur näher zu bringen. Obwohl ich „seine“ Episode als die schwächste der Staffel empfinde, hat Rodriguez es zumindest geschafft, ihn wirklich ansprechend zu inszenieren, was in den folgenden Episoden fortgesetzt wird. Nebenbei wurde Jango nun auch im Disney-Kanon wieder offiziell zu einem „echten“ Mandalorianer erklärt, nachdem „The Clone Wars“ das in Zweifel gezogen hatte. Alles in allem wirklich ein exzellenter Auftritt mit einer Seismischen Bombe als Sahnehäubchen, der zeigt, wie gut und wirkungsvoll sich Prequel-Material in die Post-Endor-Ära integrieren lässt, wenn man es nur ordentlich anstellt. „The Mandalorian“ hat es tatsächlich geschafft, mich für die angekündigte Serie „The Book of Boba Fett“ zu begeistern.

Und schließlich: Luke Skywalker. Ist sein Auftauchen eine logische Entwicklung aus der Handlung? Oder ein Versuch, von „The Last Jedi“ enttäuschte Fans der Figur zurückzugewinnen? Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem. Ich möchte hier das Fass „Luke in den Sequels“ gar nicht erst groß aufmachen, da ich mit Lukes Zustand in Episode VIII verhältnismäßig wenig Probleme hatte, zumindest im Vergleich zu vielen anderen, ich fand nur seinen Weg zu diesem Zustand absolut nicht überzeugend. Lukes Auftauchen ist tatsächlich eine logische Handlungsentwicklung aus dem Ruf, den Grogu auf Tython ausgesandt hat, denn wer hätte auch sonst kommen sollen? Ezra Bridger? Cal Kestis? Fanservice ist sein Auftauchen zweifelsohne, aber funktionierender Fanservice, der sich logisch aus der Geschichte ergibt. Nicht ganz so gut funktioniert die auf Lukes Gesicht angewandte Technik, was in der Rezeption der entsprechenden Szene aber interessanterweise nur eine untergeordnete Rolle spielte. Und auch ich kann nicht behaupten, dass ich die Rückkehr des auf der Höhe seiner Kräfte stehenden Luke nicht genossen hätte.

„They all hate you, Mando. Because you’re a legend!”: Die größte Schwäche
Neben der einen oder anderen Struktur- bzw. Balanceschwäche in Staffel 2 ist es vor allem die Darstellung der Imperialen, die Anlass zur Kritik gibt. Die Zielgenauigkeit der Sturmtruppen (oder besser: ihr Mangel an derselben) ist ja bereits seit Jahrzehnten Sujet diverser Witze, sodass man sich inzwischen fragt, ob Obi-Wans Ausspruch in „A New Hope“ als zynischer Scherz gemeint war und er sich wundert, dass sie überhaupt etwas getroffen haben: „Only imperial stormtroopers are so precise.“ Unter Disney erreichte die Unfähigkeit imperialer Soldaten allerdings noch mal ein ganz anderes Level, besonders in „Rebels“ kennt ihre Inkompetenz keine Grenze, und leider knüpft „The Mandalorian“ daran an, vor allem in Staffel 2. Das finde ich besonders schade, weil es der Serie ansonsten gelingt, mit begrenzten Mitteln sehr viel zu erreichen – in Staffel 1 gab es da durchaus entgegengesetzte Tendenzen. In Episode 4, „Sanctuary“, gelang es Regisseurin Bryce Dallas Howard etwa sehr gut, einen einzelnen AT-ST als große Bedrohung zu inszenieren. „The Mandalorian“ hätte die Chance gehabt, die Sturmtruppen auf dieselbe Art wieder zu ernstzunehmenden Gegnern zu machen. Vor allem die dritte Episode der zweiten Staffel, „The Heiress“, (ironischerweise ebenfalls von Bryce Dallas Howard inszeniert) zeigt die Soldaten des Restimperiums als extrem inkompetent.

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Moff Gideon (Giancarlo Esposito)

Leider erstreckt sich das auch auf die Kommandoriege. Giancarlo Esposito ist ein hervorragender Schauspieler, Moff Gideon profitiert ungemein von seiner Besetzung und wirkt primär deshalb als ernstzunehmender Gegner, betrachtet man allerdings seinen „Masterplan“ in Staffel 2, steckt da leider nicht allzu viel dahinter. Die Serie versucht zu vermitteln, dass er im Finale zuerst die Trümpfe in der Hand hat, aber leider agiert er im Grunde relativ sinn- und kopflos, ohne Alternativplan, sollten die Dark Trooper versagen. Diese sind die wirkliche Gefahr, die vom Imperium ausgeht, werden dann aber ihrerseits von Luke ziemlich schnell niedergemacht – auch hier fragt man sich, ob es nicht erzählerisch besser gewesen wäre, hätten sie dem Jedi-Meister zumindest etwas mehr entgegenzusetzen gehabt. In diesem Kontext ist der Umstand, dass Gideons tatsächliche Pläne bezüglich Grogu völlig nebulös sind, auch nicht unbedingt hilfreich. An dieser Stelle wollte man sich wahrscheinlich noch alle Möglichkeiten offen halten: Arbeitet Gideon autonom oder dient er einem Meister wie Thrawn, Snoke oder gar Palpatine ? Und was ist sein langfristiges Ziel? Das Mysterium in allen Ehren, aber hier wären etwas handfestere Absichten zur wirkungsvollen Definition des Charakters bessere gewesen.

Die interessanteste (zumindest im weitesten Sinne) imperiale Figur ist der von Bill Burr gespielte Migs Mayfeld, der als Ex-Imperialer zumindest einiges von dem Potential ausschöpft, das bei Finn in den Sequels vorhanden gewesen wäre. Leider vermisst man im Disney-Kanon außerhalb der Literatur bislang Figuren wie beispielsweise Gilad Pellaeon, die als aufrechte, prinzipientreue „ehrbare“ Imperiale einen Gegenstück zu den sadistischen und/oder inkompetenten Fanatikern bilden. Von dieser Sorte bietet „The Mandalorian“ mehr als genug, beispielsweise Rick Famuyiwa als Valian Hess (sehr sprechender Name) in der siebten Folge der zweiten Staffel. Was ich mir wünsche, wäre ein imperiales Gegenstück zu „Rogue One“; dieses erste Spin-off zeigte die dunkleren Seiten der Rebellen und half dabei, der Fraktion zusätzliche Facetten zu verleihen. Für das Imperium wäre eine differenziertere Darstellung in den bewegten Medien überfällig.

„Do the magic hand thing“: Ludwig Görannsons Score

Das musikalische Vermächtnis des Franchise ist immer ein Thema für sich, John Williams‘ Klänge sind essentiell für Star Wars. Bislang traute man sich bei Disney noch nicht, sich allzu weit davon zu entfernen. Dass Williams selbst die Sequels vertonen würde, stand nie in Frage, und auch die Komponisten anderer Projekte, sei es Kevin Kiner („Rebels“), Michael Giacchino („Rogue One“), John Powell („Solo“) oder Gordy Haab (die meisten Spiele, darunter auch „Jedi: Fallen Order“) blieben sowohl stilistisch als auch leitmotivisch sehr nah an Williams. Für „The Mandalorian“ wandten sich Favreau und Filoni an den schwedischen Komponisten Ludwig Göransson, der in vielen seiner Scores eine modernere Sensibilität an den Tag legt und darüber hinaus auch in der Popmusik aktiv ist, unter anderem als Produzent von Jung-Lando-Darsteller Donald Glover alias Childish Gambino. Göranssons Scores zeichnen sich zumeist durch interessante Stil-Mischungen aus – gute Beispiele sind etwa seine Musik für die beiden Creed-Filme sowie „Black Panther“, für den er den Oscar gewann. Oft mischt Göransson traditionelles Orchester mit Hip-Hop-, R&B- oder Electronica-Elementen und, im Fall von „Black Panther“, auch mit afrikanischen Percussions.

Die Musik von „The Mandalorian“ spiegelt die Handlungsentwicklung sehr gut wider. Die Scores der ersten Staffel sind stilistisch recht weit von traditioneller Star-Wars-Musik entfernt. Das Orchester spielt zwar durchaus eine zentrale Rolle und hin und wieder findet sich auch eine stilistische Williams-Anleihe, aber mindestens ebenso stark ist der Einfluss der Western-Soundtracks von Ennio Morricone. Alles in allem funktioniert das ziemlich gut, Göransson etabliert sofort ein eigenes Klangspektrum für die Serie und liefert dazu noch ein ziemlich eingängiges Titelthema sowie eine ganz Reihe anderer Leitmotive, die allerdings zu Beginn eher schwer herauszuhören sind. In manchen Fällen übertreibt er es allerdings mit dem elektronischen Ambiente und den Effekten und Verzerrungen, zumindest für meinen Geschmack. Gerade die Repräsentation der Dark Trooper durch Dubstep fand ich etwas zu viel.

Mit Ausnahme von ein, zwei extrem subtilen Andeutungen des Machtthemas (wenn überhaupt nur die ersten zwei, drei Noten) taucht in der ersten Staffel kein bereits existierendes leitmotivisches Material auf. Das ändert sich erst mit der zweiten Folge der zweiten Staffel, „The Passenger“: Das erste Williams-Thema, das zu hören ist, ist ausgerechnet der Marsch des Widerstands aus den Sequels. Dieses Thema ist in einer recht modernisierten Version am Ende der Episode zu hören, als sich Din Djarin mit den beiden Piloten der Neuen Republik unterhält. Außerdem taucht der Marsch auch in der Folge „The Siege“ während Cara Dunes Konsversation mit dem Republik-Piloten auf. In der zweiten Hälfte der Staffel nimmt die Anzahl an leitmotivischen Verweisen dann deutlich zu. Nicht nur findet sich im Score der Episode „The Jedi“ ein Hinweis auf Yodas Thema, Keviner Kiners Leitmotiv für Ahsoka aus „The Clone Wars“ wird sogar ziemlich ausgiebig verwendet und im Finale erklingt schließlich ein volles Statement des Machtthemas. Ich persönlich finde es sehr schön, dass die musikalische Welt der Serie mit der von Williams etablierten langsam zusammenwächst, ohne dabei jedoch ihre Individualität zu opfern.

Fazit
Nach den spaltenden Episoden VIII und IX dürfte „The Mandalorian“ genau das sein, was das Franchise nötig hatte: Eine Serie, die das Fandom wieder vereinigen kann und die fast jedem etwas zu bieten hat. Natürlich ist auch „The Mandalorian“ nicht perfekt, kleine Schwächen und Schönheitsfehler finden sich schließlich überall, aber im Großen und Ganzen weiß die Serie nicht nur zu überzeugen, sie dürfte, vielleicht zusammen mit „Rogue One“, das bislang beste Produkt der Disney-SW-Ära sein. Und wie es aussieht hat man sich bei Disney bereits ausgiebig Notizen gemacht, denn die zweite Staffel dient als Sprungbrett für diverse neue Serien, darunter „Rangers of the New Republic“, „Ahsoka“ und „The Book of Boba Fett“. Ob diese Serien das halten können, was „The Mandalorian“ verspricht, wird sich erst noch zeigen, aber wenn sie qualitativ überzeugen können, wäre es möglich, dass sie und nicht die Sequels zum dominierenden Faktor dieser Ära des Franchise werden.

Trailer Staffel 1
Trailer Staffel 2

Bildquelle
Bildquelle Ahsoka

Siehe auch:
Jango Fett: Open Seasons
Star Wars: Das ultimative Ranking

GoT: The Mountain and the Viper

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Während die „Mockingbird“ von merkwürdigen Inszenierungen geprägt war, gibt es bei „The Mountain and the Viper“ Fokusprobleme. Einiges zieht sich ziemlich und wirkt sekundär oder gar schlicht unnötig, während der eigentliche, titelgebende Höhepunkt der Episode fast schon zu kurz kommt.

Castle Black
Genaugenommen beginnt die Episode nicht in Castle Black, sondern in Molestown, aber das liegt praktisch nebenan und lohnt keinen eigenen Abschnitt. Wie dem auch sei, die Wildlinge kommen endlich an. Vorher dürfen wir noch einmal sehen, dass das Bordell in Molestown qualitativ nicht ganz mit Littlefingers Etablissement mithalten kann; Gilly fühlt sich dort, wen wundert es, nicht besonders wohl. Beim Angriff der Wildlinge werden alle Anwesenden niedergemetzelt, nur Gilly und ihr Sohn werden von Ygritte verschont – nach dem kaltblütigen Mord bei ihrem letzten Auftritt und dem Erstechen der Puffmutter sammelt sie wohl wieder ein paar Sympathiepunkte bei den Zuschauern, damit auch ihr zukünftiges Schicksal ein wenig tragischer wird.
Auf Castle Black macht man sich derweil Sorgen und auch Sam sieht endlich ein, dass es eine blöde Idee war, Gilly in Molestown zu verstecken. Der Aufbau zur Schlacht um die Mauer findet mit dieser Episode nun auch endlich sein Ende, denn in der nächsten Folge geht’s hier endlich zur Sache. Gerade wenn man den Aufbau hier mit den Schlacht-Vorbereitungen in der zweiten Staffen vergleicht, fällt auf, um wie viel atmosphärischer und bedrückender diese waren. Vielleicht hängt das aber auch damit zusammen, dass King’s Landing einfach der interessantere Schauplatz mit den besseren Figuren ist.

Meereen
Grauer Wurm ist ein Spanner. Interessant. Beim Baden beobachtet er Missandei ein wenig zu intensiv, was der Übersetzerin ebenfalls auffällt – im Folgenden wundert sie sich zusammen mit Daenerys, ob da noch was übrig ist. Diese angedeutete „Romanze“ hat in den Romanen natürlich keine Grundlage, da Missandei dort erst elf ist. Immerhin gibt es eine Bemerkung über Bedürfnisse der Unbefleckten, die sich trotz Kastration zu Prostituierten begeben, einfach um körperliche Nähe zu Frauen zu spüren. Es mag mir nur so vorkommen, aber irgendwie scheint es mir, als würden Benioff und Weiss dem Pärchen Missandei/Grauer Wurm mehr Aufmerksamkeit schenken als Daario/Daenerys. Der kleine Dialog zwischen Unberührtem und Übersetzerin im Thronsaal ist zweifelsohne knuffig, aber man fragt sich, wo das hinführt.
Derweil folgt nun endlich Ser Jorahs Verbannung, quasi initiiert von Tywin Lannister in Form einer königlichen Begnadigung. Da diese Ser Barristan zugestellt wird ist er es, der Daenerys, wie in den Romanen (dort aber mit anderem Hintergrund) von Jorahs Verrat berichtet. Die Szene seiner Verbannung ist ähnlich wie im Roman, aber weit weniger wirksam. Gerade hier ist es sehr wichtig zu wissen, was Daenerys denkt. Möglicherweise wäre es nützlich gewesen, hätte Daenerys im Anschluss noch mit Ser Barristan oder Missandei über ihre Entscheidung gesprochen.

Moat Cailin
Die „Eroberung“ Moat Cailins stammt direkt aus „A Dance with Dragons“ und ist auch ziemlich buchgetreu umgesetzt. Reek darf kurz als sein altes Selbst posieren, um die von Krankheit geplagten Eisenmänner davon zu überzeugen, das Feld zu räumen. Er verspricht ihnen freien Abzug, aber natürlich zieht Ramsay ihnen hinterher nur die Haut ab.
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Ramsay (Iwan Rheon) und Roose (Michael Mcelhatton) tragen nun denselben Nachnamen

Gerade hier fällt noch einmal auf, wie gut Alfie Allen spielt. Im Roman ist Theon zu diesem Zeitpunkt körperlich ein völliges Wrack, er hat weiße Haare, ist vollkommen abgemagert und sieht aus wie ein alter Mann. Serien-Theon dagegen sieht rein körperlich dagegen noch halbwegs fit, unter anderem auch, weil man von Alfie Allen kaum erwarten kann, dass er sich gnadenlos herunterhungert, er ist ja schließlich nicht Christian Bale, der das hin und wieder mal gerne tut. Aber die Art und Weise, wie er schaut, wie er sich bewegte und wie er mit anderen agiert zeigt ganz genau, wie gebrochen er ist.
Die Szenerie von Moat Cailin unterstreicht das Ganze und ist hübsch unangenehm. Die Eisenmänner sind gezeichnet von Krankheit und Entbehrung. Natürlich wird es für sie nicht besser, und wir sehen zum ersten Mal die praktisch Umsetzung des Bolton-Wappens.
Anschließend übergibt Ramsay seinem Vater feierlich die eroberte Burg und erhält dafür einen neuen Nachnamen. Die Szene erinnert an eine pervertierte Version des Dialogs zwischen Simba und Mufasa am Anfang von „Der König der Löwen“ („alles, was das Licht berührt“) und irgendwie freut man sich für Ramsay. Irgendwie…

Eyrie
Nach Lysa Arryns plötzlichem, unerwartetem Mondtorsturz wird Littlefinger erst einmal von Yohn Royce (Rupert Vansittart), Anya Waynwood (Paoloa Dionisotti) und Vance Corbray (Richard Doubleday), drei Adeligen des Grünen Tals, verhört. Die Folgen von Lysa Arryns Tod unterscheiden sich in der Serie stark von denen im Roman, und ein weiteres Mal wird hier bereits Material aus „A Feast for Crows“ adaptiert. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt ist der Sänger Marillion bei Lysas Sturz im Roman anwesend und ihm wird dann auch die Schuld gegeben. Auf der Eyrie finden sich anschließend die sogenannten „Lords der Erklärung“, ein Bündnis wichtiger Adeliger des Grünen Tals (unter ihnen auch Yohn Royce und Anya Waynwood, Vance Corbray ist eine Schöpfung der Serienautoren), ein, die Robin/Robert in ihre Gewalt bringen und Littlefingers Kontrolle über das Tal beenden wollen. Der Lord Protector kommt allerdings durch Manipulation einiger und Bestechung anderer Lords der Erklärung mit ihnen zu einer Übereinkunft. Das Ganze wird aus Sansas Sicht geschildert und somit ist deutlich, dass Littlefinger alles sehr genau durchgeplant hat.
In der Serie verhält sich dies anders, da Littlefinger offenbar nicht allzu weit vorausgeplant hat; er stellt Lysas Tod als Selbstmord hin, die Lords und die Lady des Tals glauben ihm allerdings nicht, bis Sansa befragt wird. Diese erzählt, ohne dass sie von Littlefinger instruiert wurde, wohlgemerkt, beinahe die Wahrheit. Sie enthüllt, dass sie Sansa Stark ist und berichtet von ihrer Leidensgeschichte, lediglich Lysas Tod stellt sie ebenfalls als Selbstmord da, sodass Royce, Corbray und Waynwood von Littlefingers „Unschuld“ überzeugt sind. Somit ist Sansa in ihrer Charakterentwicklung schon weiter als in den Romanen, dort zeichnete sich zwar bereits ab, dass Sansa Littlefingers Schülerin wird und mitintrigiert, aber in „A Feast for Crows“ agiert sie ausschließlich nach Petyr Baelishs Anweisungen. In der Serie dagegen handelt sie hier erstmals aus eigenem Antrieb heraus und zeigt Littlefinger so, dass sie nicht nur nützlich, sondern auch gefährlich sein kann. Diese Entwicklung wird am Ende etwas zu sehr durch Sansas neue Kleiderwahl unterstrichen. Nicht, dass es ihr nicht stehen würde, aber sie sieht aus, als wäre sie zur Dunklen Seite der Macht übergetreten. Nun gut, ist sie ja irgendwie auch. Immerhin sind jetzt die Haare gefärbt.
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Sansa (Sophie Turner) ist zur Dunklen Seite der Macht übergetreten

Am Bluttor
Faszinierend: Arya und Sandor erreichen tatsächlich das Bluttor, nur um zu erfahren, das mit Lysa eine weitere Verwandte von Arya gestorben ist, was diese mit wildem Gelächter quittiert. Geht’s jetzt dann endlich gen Braavos? Oder hat Arya doch ein ganz anderes Schicksal vor sich als bei Martin? Es fällt ein wenig schwer zu glauben, dass Arya und Sandor einfach wieder gehen. Oder dass sie einfach weggelassen werden.

King’s Landing
So gelungen die bisherigen Zellengespräche mit Tyrion auch waren, ich fürchte, dieses hier ist zu viel. Man kann schon verstehen, worauf Tyrion mit seiner Geschichte über Orson Lannister hinaus will (Willkür der Götter, Charakterisierung von Gregor Clegane etc.), aber das Ganze zieht sich ungemein, und es findet sich nichts, was nicht schon an anderer Stelle deutlich gemacht wurde. Stattdessen wäre es in meinen Augen besser gewesen, man hätte die Konversation mit Oberyn aus „A Storm of Swords“ adaptiert, in welcher er Tyrion den Plan verrät, Myrcella zu krönen (nach dornischem Recht geht das Erbe an das älteste Kind, egal ob männlich oder weiblich) und sie so als Waffe gegen Tywin zu benutzen. Somit hätte man Tyrion nicht nur eine Chance aufs Überleben gegeben, sondern auch eine auf eine mögliche, positive Zukunft, wodurch der Ausgang des Kampfes noch härter gewesen wäre. Und man hätte in einem Zug auch gleich mögliche Machenschaften der Dornischen, die in der nächsten Staffel wahrscheinlich vorkommen werden, andeuten können.
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Oberyn Martell (Pedro Pascal) kämpft gegen Gregor Clegane (Hafþór Júlíus Björnsson)

Der eigentliche Kampf Berg gegen Viper (in dieser Folge fällt erstmals sein Spitzname) ist ordentlich und sehr buchgetreu umgesetzt. Das Probleme daran ist, dass er als beste bisherige Kampfszene angekündigt und ziemlich gehypt wurde, ordentlich ist da nicht ganz ausreichend. Es mangelt in meinen Augen an der Intensität, die zum Beispiel der Kampf Beric Dondarrions gegen den Bluthund hatte. Auch das Platzen von Oberyns Kopf wirkt ein wenig übertrieben. Trotzdem möchte ich noch einmal betonen, was für einen grandiosen Oberyn Martell Pedro Pascal dargestellt hat; die Figur wurde durch sein Spiel noch einmal aufgewertet.

Fazit: Leider ist das Großereignis dieser Folge nur in Ordnung und nicht grandios, was hätte sein sollen. Mehr Intensität und vor allem mehr Fokus wären wünschenswert gewesen.

Game of Thrones Staffel 4:
Two Swords
The Lion and the Rose
Breaker of Chains
Oathkeeper
First of His Name
The Laws of Gods and Men
Mockingbird

Siehe auch:
Game of Thrones Staffel 1
Game of Thrones Staffel 2
Game of Thrones Staffel 3

GoT: Mockingbird

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„Mockingbird“ (der Titel bezieht sich auf Littlefingers selbstgewähltes Wappen) ist mal wieder eine relativ typische Übergangsepisode, die meisten Szenen bereiten die Großereignisse der nächsten Episoden vor. Allerdings finden sich hier einige etwas seltsame kreative Entscheidungen, die sich in Form von merkwürdigen, ungelenk inszenierten Szenen offenbaren.

King‘s Landing
Während Tyrions Rede aus der letzten Episode nicht nur für mich einer der Staffelhöhepunkte war, ist Jaime nicht unbedingt begeistert, was man ihm auch nicht wirklich verübeln kann. Obwohl die beiden immer noch miteinander scherzen, ist das Verhältnis doch merklich kühler geworden, womit wohl schon etwas vorgearbeitet wird. In „A Storm of Swords“ reden Tyrion und Jaime nur ein mal miteinander, während sie in der Serie wegen Jaimes verfrühter Rückkehr einige Gespräche haben – möglicherweise ändert sich dadurch die Dynamik des noch ausstehenden Gesprächs, das wahrscheinlich in Episode 9 oder 10 folgt. Jedenfalls dürfte es niemand überraschen, dass Jaime nicht nur nicht gegen Ser Gregor Clegane kämpfen will, sondern es nicht kann.
Apropos Gregor Clegane: Dieser wurde für Staffel 4 neu gecastet, und zwar schon zum zweiten Mal. In der ersten Staffel hatte Conan Stevens einen kurzen, wenn auch eindrucksvollen Auftritt als Reitender Berg. Da er allerdings in Peter Jacksons Hobbit-Trilogie den Ork-Häuptling Bolg spielen sollte, kehrte er in der zweiten Staffel nicht zurück (traurige Ironie: nachdem bekannt wurde, dass es statt zwei Hobbit-Filmen drei werden würden, wurde Bolg erst in den zweiten Film verschoben und schließlich wurde Stevens‘ Performance im Kostüm auch noch durch einen anderen Schauspieler und CGI ersetzt). An seiner Stelle spielte Ian Whyte Clegane in Staffel 2, mit diesem war ich allerdings absolut nicht zufrieden. Whyte ist zwar groß, aber auch spindeldürr, eher die Reitende Bohnenstange als der Reitende Berg. Und darüber hinaus stand oder saß er meistens herum und wirkte absolut nicht brutal oder einschüchternd. In Staffel 3 tauchte er überhaupt nicht auf, und nun wurde er abermals neu gecastet. Hafþór Júlíus Björnsson hat in jedem Fall die richtige Statur und Ausstrahlung für Gregor Clegane (das soll nicht als Beleidigung gemeint sein, ich bin sicher, der Darsteller ist ein netter, freundlicher Mensch). Da man wohl nicht erwarten kann, dass ein Nicht-Buchleser sich an die erste beiden Gregors erinnert, wird er hier praktisch noch einmal neu eingeführt, in einer zweifelsohne passenden, wenn auch nicht ganz logischen Szene. Wenn er trainieren will, ist es irgendwie kontraproduktiv, wenn er jeden Gegner gleich umbringt. Oder springt er für Illyn Payne ein?
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Ser Gregor Clegane (Hafþór Júlíus Björnsson)

Wie dem auch sei, genauso wie Jaime will auch Bronn nicht als Champion für Tyrion fungieren. Die Szene entspricht ziemlich genau der Szene im Roman, auch wenn sie hier ein wenig angenehmer inszeniert ist. Es stellt sich nach wie vor die Frage, ob Bronn dafür verantwortlich ist, dass Shae Cersei in die Hände gefallen ist. Bronns Verlobung könnte darauf hindeuten, oder auch nicht. Seine zukünftige Gemahlin, Lollys Stokeworth, kam in der Serie bisher noch nicht vor, während sie in den Romanen immer mal wieder erwähnt wird. Während der Revolte wird sie mehrfach vergewaltigt und dadurch schwanger und extrem ängstlich und traumatisiert. Da Lollys auf einer Castingliste für Staffel 5 aufgetaucht ist, werden wir sie nächstes Jahr wohl auch zu Gesicht bekommen. Wie ich bereits sagte, glaube ich auch nicht, dass Bronn einfach so aus der Geschichte verschwindet, dazu ist er bei den Fans der Serie viel zu beliebt.
Tyrion empfängt noch einen dritten Besucher: Oberyn Martell, der sich ihm natürlich noch als Champion anbieten muss, damit der lang erwartete Zweikampf zwischen der Roten Viper und dem Reitenden Berg in der nächsten Episode auch stattfinden kann. Was zunächst wie eine obligatorische Konversation anmutet, entpuppt sich als beste und emotionalste Szene der Episode. Ich hatte es ursprünglich bedauert, dass Oberyns Geschichte über seine erste Begegnung mit Tyrion nicht in „Two Swords“ vorkam, aber die Idee, sie hier zu verwenden, ist wirklich gut und verstärkt die Wirkung der Szene noch. Sowohl Pedro Pascal als auch Peter Dinklage (wehe, es gibt keinen Emmy) spielen abermals superb.

Auf dem Weg zur Eyrie
Bei Arya und dem Bluthund wird weiter gedehnt: Sie begegnen einem Sterbenden, von dem Arya eine Lektion lernt, die wieder einmal ziemlich unnötig ist. Im Anschluss daran begegnen sie zwei alten bekannten aus Staffel 2: Rorge und Beißer – beide waren zusammen mit Jaqen H’Gar im Käfig und sollten zur Mauer gebracht werden, endeten aber stattdessen in Harrenhal. In den Büchern schließen sie sich nach der Flucht von Arya, Hot Pie und Gendry dem Blutigen Mummenschanz, einer äußerst brutalen Söldnertruppe, an, der in der Serie nicht vorkommt, und tauchen in „A Feast for Crows“ in Briennes Handlungsstrang wieder auf. Dort hat Rorge sich Sandor Cleganes Helm unter den Nagel gerissen und richtet zusammen mit Beißer und anderen Ausgestoßenen Chaos und Verwüstung an, bis er mit Brienne zusammentrifft, was er nicht überlebt. Die Begegnung mit Sandor und Arya überlebt er allerdings auch nicht, was kein Wunder ist. Anstatt den Bluthund anzugreifen oder seine Verwirrung zu nutzen, nachdem Beißer ihn angefallen hat, steht er rum und hält Reden – so blöd muss man erst einmal sein.
Immerhin zeichnet sich nun das bevorstehende Ende des Bluthundes ab: Ich wette auf Beißers Biss. Menschenbisse sind bekanntermaßen sehr gefährlich, wie auch Vargo Hoat in den Romanen am eigenen Leib erfahren musste, und Sandor weigert sich darüber hinaus, die Wunde auszubrennen.
Zwischen Arya und Sandor herrscht hier eindeutig sehr viel mehr Sympathie als in der Vorlage. Wird Arya vielleich sogar traurig sein, wenn Sandor letztendlich das Zeitliche segnet, statt ihn sterbend zurückzulassen? Wobei selbst in den Romanen Sandors Tod nicht ganz eindeutig ist…

Castle Black
Im Norden nichts Neues: Jon und Co. kehren zurück, Ser Alisser ist immer noch ein Arsch und die Wildlinge sind immer noch auf dem Vormarsch – Styr, Ygritte und Tormund müssten Castle Black doch inzwischen erreicht haben. Nun, wahrscheinlich werden aus dramaturgischen Gründen beide Wildlingsattacken zu einer zusammengelegt, die dann Episode 9 füllt. Bis dahin haben die Schwarzen Brüder weiterhin Zeit zum Diskutieren. Interessanterweise macht Jon hier den Vorschlag, die Tore in der Mauer zu verschließen, was Alisser Thorne ablehnt. Derselbe Vorschlag wird in „A Dance with Dragons“ von Bowen Marsh, dem Lord Verwalter von Castle Black gemacht und von Jon mit derselben Begründung, die auch Alisser vorbringt, abgelehnt.

Meereen
Auch in Meereen gibt es eine der oben erwähnten merkwürdigen und ungelenken Szenen. Daario und Daenerys landen, von einer Aufnahme seines nackten Hinterteils abgesehen off-screen, im Bett, was irgendwie relativ plötzlich und unerwartet geschieht; es fehlt der Rahmen. In „A Dance with Dragons“ geschieht dies im Vorfeld von Daenerys‘ geplanter Hochzeit mit Hizdahr zo Loraq, die bisher noch nicht einmal angedeutet wurde, während es in der Serie „einfach so“ passiert. Auch wurde für meinen Geschmack noch nicht klar gemacht, wie gefährlich und launisch Daario sein kann – Daenerys weiß um diese Eigenschaften und lässt sich trotzdem mit ihm ein. Dass sie ihn nach Yunkai schickt impliziert etwas in diese Richtung, aber irgendwie ist mir das zu halbherzig umgesetzt. Nur für’s Protokoll: In „A Dance with Dragons“ schickt Daenerys Daario ebenfalls von ihrer Seite, allerdings nicht, um Yunkai zurückzuerobern, sondern um einen Vertrag mit den Lhazareen auszuhandeln. Dort ist die politische Lage auch um einiges schwieriger, da in den Mauern von Meereen Danys Leute beständig ermordet werden und alles, was vom Sklavenhandel abhängig ist (also Qarth, diverse freie und Ghiscari-Städte) damit beginnt, Meereen zu belagern und von der Außenwelt abzuschneiden. Daenerys kann es sich hier zu keinem Zeitpunkt leisten, Yunkai zurückzuerobern.
Die folgende Szene mit Jorah ist ebenfalls ein wenig seltsam: „Tell him you changed my mind.“ Vermutlich will Daenerys Daario so mitteilen, dass er sich nicht zu viel herausnehmen soll, nur weil sie jetzt mit ihm schläft.

Dragonstone
Ich wiederhole mich ja nur ungern, aber auch bei dieser Szene ist mir der Zweck nicht klar und sie erscheint mir darüber hinaus unpassend, merkwürdig und unnötig. Melisandre ist merkwürdig gesprächig und offenherzig, betreibt Smalltalk und macht sogar einen Witz – das wirkt irgendwie out of character. Was nehmen wir aus dieser seltsamen Unterhaltung zwischen Melisandre und Selyse mit? Dass Stannis‘ Gemahlin Minderwertigkeitskomplexe hat wissen wir schon seit Staffel 3. Shireen kommt mit nach Norden, gut und schön. Hat Melisandre vor sie zu opfern? Man kann ihre Worte als Andeutung verstehen. Oder auch nicht.

In den Flusslanden
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Pod (Daniel Portman), Hot Pie (Ben Hawkey) und Brienne (Gwendoline Christie)

Was bei Arya und dem Bluthund geschieht, wirkt sich auch stark auf Briennes Handlungsstrang auf. Wie ich an anderer Stelle bereits erwähnte, befinden wir uns hier bereits in Feast-for-Crows-Territorium, und ich denke, dass die Brienne-Handlung allgemein stark abgeändert und verkürzt wird. In besagtem Roman kommen Brienne und Pod ziemlich weit in den Flusslanden herum, ohne wirklich etwas zu erreichen. Sie begegnen Ser Hyle Hunt (ein Ritter, mit dem Brienne einen Disput hat), Gendry und Lord Randyll Tarly (Sams Vater), zusätzlich zu mehreren Mitgliedern des Blutigen Mummenschanzes. Die meisten dieser Personen tauchten in der Serie bisher nicht auf und werden das wohl in Zukunft auch nicht tun, oder sie sind, im Falle von Rorge und Beißer, bereits tot. Am Ende von Briennes Reise wartet im Roman schließlich Lady Stoneheart und ich könnte mir gut vorstellen, dass Brienne ihr bereits am Ende dieser Staffel begegnet. Dies könnte gleichzeitig als Enthüllung fungieren: Warum nicht Brienne entdecken lassen, wer die neue Anführerin der Bruderschaft ohne Banner ist statt eines ziemlich x-beliebigen Frey?
Ihre Begegnung mit Hot Pie (Westeros ist halt doch ein Dorf) gehört leider wieder zu den etwas merkwürdig konzipierten Szenen – es sieht Brienne gar nicht ähnlich, einfach so ihr Vorhaben auszuposaunen, gerade weil sie bei Martin sehr bedacht darauf ist, keine Aufmerksamkeit darauf zu lenken; sie fragt nur nach Sansa, wenn es sich nicht mehr vermeiden lässt und behauptet sonst, sie suche ihre Schwester, eine Jungfer von dreizehn Jahren mit kastanienbraunem Haar. Immerhin Pod denkt ein wenig mit.
Von Hot Pie erfahre Pod und Brienne schließlich etwas über Arya, was sie dazu bringen könnte, nach der Bruderschaft zu suchen und somit meine Vermutung untermauert.

Eyrie
Zum Schluss noch etwas mit mehr Gehalt und Auswirkungen: Der Tod von Lysa Arryn. Das Ganze spielt sich ähnlich ab wie in „A Storm of Swords“, allerdings ohne die Beteiligung des Sängers Marillion. Auch scheint Robin Arryn, im Gegensatz zu Robert Arryn, kein Epileptiker zu sein – statt eines Anfalls bekommt er eine Ohrfeige.
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Sansa (Sophie Turner) im Schnee

Bei Lysas Sturz gibt es ebenfalls eine kleine Änderung, eigentlich nur ein minimales Detail, das allerdings Buchleser ziemlich aufregt. Im Roman sagt Littlefinger er habe nur eine Frau geliebt: „Only Cat“ – aus diesem Grund wird Lysas Sturz im Fandom auch als „Onlycat“ bezeichnet. In der Serie sagt Littlefinger allerdings: „I have loved only one woman, my entire life. Your sister.“ Zugegebenermaßen weniger pregnant, aber es gibt schlimmeres. Wie dem auch sei, goodbye Lysa.

Fazit: Übergangsepisoden wie „Mockingbird“ gehören selten zu den besten, aber gerade in dieser gibt es einige Szenen, die komisch und ungelenk wirken. Der vollauf gelungene Dialog zwischen Tyrion und Oberyn gleicht das allerdings wieder ein wenig aus.

Game of Thrones Staffel 4:
Two Swords
The Lion and the Rose
Breaker of Chains
Oathkeeper
First of His Name
The Laws of Gods and Men

Siehe auch:
Game of Thrones Staffel 1
Game of Thrones Staffel 2
Game of Thrones Staffel 3

GoT: First of His Name

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Diese Woche bin ich aufgrund universitärer Umstände leider ein wenig später dran. Wir haben schon wieder die Staffelhalbzeit erreicht, weshalb es an der Zeit ist, ein Zwischenfazit zu ziehen. Die vierte Staffel begann extrem stark, hat mit den Folgen drei, vier und fünf dann allerdings ziemlich auch stark nachgelassen. Bislang gab es in jeder Staffel einige eher unspektakuläre Zwischenepisoden, auch wenn man sich bisher keinen so großen Fehltritt wie den in Episode 3 geleistet hat. Hoffentlich erreicht die Staffel gegen Ende wieder dieselbe Qualität, die die ersten beiden Folgen aufwiesen, das Potential ist zweifelsohne vorhanden.

King’s Landing
Die Episode beginnt mit der Krönung Tommens und veranlasst mich, gleich einem kleinen Detail unnötige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Wer die Romane gelesen und gut aufgepasst hat, wird bemerken, dass in der Königstitulatur der Serie etwas fehlt. Bei Martin lautet diese (in diesem Fall): Tommen aus dem Haus Baratheon, der erste seines Namens, König der Andalen, der Rhoynar und der Ersten Menschen, Lord der Sieben Königslande und Protektor des Reiches. In der Titulatur der Serie fehlen die Rhoynar, bei denen es sich um den dritten in Westeros lebenden Menschenstamm handelt. Die Ersten Menschen waren, wie der Name schon sagt, die ersten Menschen, die von Essos nach Westeros kamen. Ihnen folgten später die Andalen, die große Teile des Kontinents eroberten; die Ersten Menschen findet man fast ausschließlich im Norden, während die Andalen fast alle anderen der Sieben Königreiche bevölkern, bis auf Dorne, das von den Rhoynar bevölkert wird, die noch später einwanderten.
Diese Entscheidung wurde bereits in der ersten Staffel getroffen, wohl vor allem aus zwei Gründen: Erstens wusste man noch nicht, ob Dorne überhaupt vorkommt (in Staffel 1 gibt es nur eine winzige Referenz) und zweitens wollte man den unbelesenen Zuschauer wohl nicht verwirren (was der Königstitel aber wahrscheinlich ohnehin tut). Trotzdem finde ich es schade, dass die Rhoynar ausgeklammert wurden, gerade wenn man bedenkt, welche Bedeutung ihnen in dieser Staffel (und vielleicht auch den kommenden, dazu später mehr) zuteil wird. Wie dem auch sei: „Long may he reign.“
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Tommen (Dean-Charles Chapman) wird vom Hohen Septon (Paul Bentley) gekrönt

Nachdem der King’s-Landing-Teil der letzten Episode vor allem Jaime im Fokus hatte, ist es dieses Mal Cersei, die im Mittelpunkt steht und mit mehreren anderen Figuren spricht. Den Anfang macht Margaery Tyrell, der gegenüber sich Cersei für ihre Verhältnisse geradezu jovial und ehrlich verhält. In den Romanen ist sie gegenüber Joffrey beispielsweise äußerst blauäugig, während sie hier zu erkennen scheint, wie ihr Sohn wirklich war.
Allgemein ist auffällig, dass Cersei in dieser Episode äußerst positiv gezeichnet wird, was in der Serie eine gewisse Tradition hat. Man fragt sich, welche Absicht Benioff und Weiss hier verfolgen. In „A Feast for Crows“ wird Cersei POV-Charakter, wodurch ihre Handlungen zwar teilweise nachvollziehbarer, sie selbst aber nicht sympathischer wird. Soll Serien-Cersei positiver wahrgenommen werden oder wollen Benioff und Weiss einen stärkeren Kontrast schaffen, indem sie bei Cerseis Charakterisierung eine ähnliche Änderung vornehmen wie bei der Roten Hochzeit: Schockwirkung statt Entwicklung?
Ansonsten wird hier „offiziell“ beschlossen, was ohnehin schon jedem klar war: Margaery wird Tommen heiraten.
Über die bevorstehende Hochzeit diskutieren im Anschluss Cersei und Tywin. Und wieder einmal wird auf die Eiseren Bank von Braavos verwiesen, was darauf schließen lässt, dass ihre Rolle in der Serie größer ausfällt als in den Romanen. Dort ist es Cersei, die sich letztendlich weigert, die Schulden der Krone zurückzuzahlen. In der Serie wird die Situation vereinfacht und verschlimmert: Die Goldminen der Lannister sind abgebaut und die Familie – nicht nur die Krone – hat massive Schulden bei der Eisernen Bank.
Da Tywin nicht den Prozess seines Sohnes mit ihr diskutieren möchte, wendet sich Cersei stattdessen an Oberyn Martell, der ebenfalls Richter beim Prozess ist. Dies wiederrum ist eine Hinzufügung, die ich außerordentlich genossen habe, da sie Oberyns andere Seite zeigt: Er ist auch liebender Vater, der seiner Tochter ein Gedicht schreibt. Nebenbei werden auch Oberyns Bastardtöchter, die Sandschlangen erwähnt (und zwar alle acht, wenn auch nur eine, Elia, beim Namen), was die Hoffnung weckt, dass sie in der Serie irgendwann vorkommen und wir Dorne zu Gesicht bekommen werden.
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Oberyn (Pedro Pascal) und Cersei (Lena Headey) unterhalten sich über ihre Kinder

Meereen
Jenseits der Meerenge steht Daenerys vor eine schwierigen Entscheidung: Da die Flotte von Meereen nun unter ihrer Kontrolle steht, wäre sie mit den Unberührten und ihrem Söldnerheer nun endlich in der Lage, in Richtung King’s Landing aufzubrechen, vor allem, da nach Joffreys Tod die Zustände in den Sieben Königslanden immer chaotischer werden. Aber Daenerys entscheidt sich stattdessen, erst einmal in Meereen Erfahrungen als Königin zu sammeln, besonders, da in Yunkai und Astapor wieder alte Gewohnheiten ausgebrochen sind (Bonuspunkte für die Erwähnung des Metzgerkönigs Cleon) – man hört fast schon das kollektive Aufstöhnen der Nichtbuchleser, die Dany und ihre Drachen endlich in Westeros sehen wollen.
Der Daenerys-Handlungsstrang von „A Storm of Swords“ endet etwa an dieser Stelle mit einer ähnlichen Szene in etwas anderem Umfeld (Jorah ist zu diesem Zeitpunkt bereits im Exil), da aber noch fünf Episoden dieser Staffel ausstehen, fragt man sich, wie viel Material aus „A Dance with Dragons“ noch übernommen wird, oder ob es stattdessen weitere Dehnungen gibt.

Eyrie
Littlefinger und Sansa treffen auf der Eyrie ein. Wie erwartet wurde der Abstecher zu den Fingers gestrichen, und es gibt noch einige andere Änderungen: Sansa wird nicht als Littlefingers uneheliche Tochter, sondern als seine Nicht ausgeben. Immerhin der Name Alayne bleibt, man fragt sich allerdings, weshalb die Änderung vorgenommen wurde. Hat Littlefinger überhaupt Geschwister? Die Bastardtochter wäre eindeutig die bessere Alibiidentität. Und die Haare hätte man Sansa auch färben können.
Mit der Darstellung der Eyrie, bzw. der Umgebung der Eyrie (die Festung selbst gefällt mir eigentlich recht gut) in der Serie war ich nie ganz zufrieden, sie sieht irgendwie zu zugänglich aus. Nebenbei, in Staffel 1 sah die Umgebung auch irgendwie anders aus, die Eyrie war höher und die Berge auf der linken Seite waren auch nicht da – oder liegt es am Blickwinkel?
Lysa Arryn dagegen hat sich kaum verändert, Robin ist ein wenig älter geworden, aber, anders als Bran, immerhin noch nicht im Stimmbruch. Hier gibt es auch weiterhin einige subtile und weniger subtile Änderungen gegenüber der Vorlage, und nicht alle sind ganz glücklich. Littlefinger war im Roman zwischen seinem Fortgehen aus King’s Landing und der Violetten Hochzeit nicht auf der Eyrie, während er in der Serie bereits Vorbereitungen getroffen und sich mit Robin Arryn angefreundet hat (bei Martin ist das Verhältnis zwischen beiden eher unterkühlt). Das ist nicht weiter tragisch. Allerdings erscheint es unpassend, dass Robin über Alaynes wahre Identität bescheid weiß – einem Kind so etwas zu sagen ist schon riskant, und bei diesem Kind gilt das doppelt.
Obwohl Kate Dickie, wie so viele andere Serienfiguren auch, um einiges attraktiver ist als ihr Buchgegenstück muss trotzdem noch einmal betont werden, dass sie in meinen Augen die ideale Lysa Arryn spielt: Hochnäsig, arrogant, aber gleichzeitig unsicher und massiven Stimmungsschwankungen unterworfen.
Im Anschluss wird nebenbei gleich das größte Mysterium der ersten Staffel aufgelöst: Wer hat Jon Arryn ermordet? Das Ganze geschieht ziemlich nebensächlich, während die Szene bei Martin um einiges dramatischer war. Auch hier stellt sich die Frage, wie es wohl weitergeht, da Marillion in der Serie in Staffel 1 seine Zunge verliert und scheinbar nicht anwesend ist.
eyrie
Lysa Arryn (Kate Dickie), ihr Sohn Robin (Lino Facioli), Littlefinger (Aidan Gillen) und Sansa (Sophie Turner) auf der Eyrie

Immerhin hat Sansa wie im Buch das Vergnügen, den Lustschreien ihrer Tante zu lauschen. Ein wenig später führen beide ein nettes Gespräch unter vier Augen, dass noch einmal Lysas labilen Geisteszustand illustriert. Die Aussicht, mit dem nächsten, geistig nicht ganz stabilen Kind verheiratet zu werden, gefällt Sansa ebenso wenig wie die Tatsache, dass Lysa zwar wankelmütiger, insgesamt aber auch nicht viel angenehmer ist als Cersei. Irgendwie wird es einfach nicht besser für das arme Mädchen.

Auf dem Weg zur Eyrie
War die letzte Arya/Sandor-Szene ziemlich überflüssig, geht es nun wieder aufwärts. In dieser Episode wird vor allem an Syrio erinnert: Das könnte bedeuten, dass Aryas Reise nach Braavos – immerhin Syrios Heimat – näher rückt. Möglicherweise bereitet die Serie allerdings auch etwas anderes vor, immerhin haben wir Syrio weder im Roman noch in der Serie sterben sehen. Es existiert sogar die Theorie, Syrio sei in Wahrheit Jaqen H’gar, der nach Aryas Flucht in die Schwarzen Zellen gebracht wurde, wo er das Gesicht wechselte. Während das theoretisch möglich ist, scheint das doch recht weit hergeholt, allerdings kann man nicht leugnen, dass noch etwas kommen könnte. In einer Welt, in der Blitzlords wieder auferstehen, kann man sich des Todes von jemandem, dem man nicht beim Sterben zugesehen hat, nicht sicher sein.

Auf dem Weg in die Flusslande
Pod und Brienne sind eindeutig das neue, grandiose Duo der Serie. Hier bewegen wir uns bereits auf Feast-for-Crows-Terrain (dort ist Pod nicht von Anfang an dabei, sondern folgt Brienne und schließt sich ihr „offiziell“ erst ein wenig später an). Die Probleme, die er mit seinem Pferd hat und der Blick, mit dem Brienne das Ganze quittiert, sind unbezahlbar. Immerhin wächst Briennes Respekt vor Pod ein wenig, nachdem sie etwas mehr über ihn erfährt, er darf ihr sogar bei ihrer Rüstung helfen.

Nördlich der Mauer
Erstaunlich, aber wahr: Diese kleine Angelegenheit mit Bran, Locke und Jon erledigt sich bereits in dieser Folge. Wie ich erwartet hatte, ist es reines Dehnmaterial, das weder den Plot, noch die Charaktere irgendwie weiterbringt, es entfernt lediglich Figuren, die ihren Zweck ohnehin erfüllt haben, nämlich Locke, Karl und Rast (obwohl ich zugegebenermaßen kein Problem damit gehabt hätte, wäre uns Noah Taylor noch ein wenig erhalten geblieben). Aber immerhin zieht sich das Ganze nicht über noch mehr Folgen. Es gibt noch eine kleinere, wenn auch recht brutale Actionszene, die wohl die bislang ziemlich dialoglastige vierte Staffel ein wenig auflockern soll, aber insgesamt wirkt das Ganze ziemlich unnötig. Immerhin, Crasters Frauen bekommen ein wenig Rache, Karl ein Schwert durch den Mund und der von Bran besessene Hodor darf Locke den Hals umdrehen. Am Ende kehrt alles wieder zum Anfang zurück: Bran, Hodor und die Reeds marschieren weiter nach Norden und Jon und Co. kehren zur Mauer zurück. Wenigstens ist Craster’s Keep als zukünftiger Handlungsort nun ausgeschlossen.

Fazit: Eine weitere, eher unspektakuläre Füller- bzw. Aufbau-Episode, die immerhin den ziemlich unnötigen Handlungsstrang um die Meuterer der Nachtwache beendet. Da in der nächsten Folge Tyrions Prozess beginnt, kommt hoffentlich wieder mehr Schwung und Substanz in die Staffel.

Game of Thrones Staffel 4:
Two Swords
The Lion and the Rose
Breaker of Chains
Oathkeeper

Siehe auch:
Game of Thrones Staffel 1
Game of Thrones Staffel 2
Game of Thrones Staffel 3

GoT: Breaker of Chains

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Nach den intensiven Ereignissen der letzten Episode dient „Breaker of Chains“ vor allem der Nachbearbeitung der Violetten Hochzeit und der Vorbereitung zukünftiger Ereignisse. Die dritte Folge der vierten Staffel fällt damit um einiges schwächer aus als die ersten beiden, gerade weil man merkt, dass es sich um eine „Übergangsfolge“ handelt. Hauptschauplatz ist nach wie vor King’s Landing, die anderen Handlungsstränge werden eigentlich nur kurz angerissen (gottseidank aber nicht alle). Bis auf eine Ausnahme ist das Hauptstadtmaterial auch der gelungenste Teil dieser Episode, die restlichen Figuren treten irgendwie auf der Stelle.

King’s Landing
„Breaker of Chains“ beginnt genau dort, wo „The Lion and the Rose” aufgehört hat: Joffrey ist soeben in den Armen seiner Mutter gestorben, Tyrion wurde festgenommen und Ser Dontos flüchtet mit Sansa, während die Glocken vom Tod des Königs künden. Der ehemalige Ritter bringt Sansa zu einem Schiff, das im Nebel stark an die Black Pearl erinnert. Littlefinger, der hier sein Staffel-4-Debüt gibt, wartet dort bereits auf sie und belohnt nebenbei gleich Ser Dontos; statt Gold gibt es allerdings Armbrustbolzen.
Diese Szene hat leider nicht auch nur Ansatzweise dieselbe Wirkung wie die ähnlich gearteten Ereignisse im Roman, weil die ganze Vorarbeit fehlt. Bei Martin verspricht Ser Dontos Sansa, in Littlefingers Auftrag, wie sie allerdings nicht weiß, ihr bei der Flucht zu helfen. Er „inszeniert“ das Ganze nach dem Vorbild eines romantischen Liedes, das Sansa sehr gefällt, in dem der Narr Florian zum Ritter wird und seine geliebte Jonquil rettet. Nach der gelungenen Rettung erfährt sie allerdings, dass Ser Dontos nicht aus Ritterlichkeit, sondern des Goldes wegen gehandelt hat, was ihr Weltbild abermals erschüttert. Da Ser Dontos allerdings erst zwei Folgen zuvor wieder eingeführt wurde, und das Lied von Florian und Jonquil nicht einmal erwähnt wird, fehlt dieser Aspekt leider vollkommen.
Littlefinger selbst hält vom Wohlfühlabstand weniger denn je – leider fehlt mir im deutschen das Äquivalent, denn das Wort „creepy“ beschreibt ihn hier sehr gut. Da Lord Baelish bereits sehr genau über die Details der Violetten Hochzeit bescheid weiß, kann man wohl davon ausgehen, dass er auch in der Serie seine Finger im Spiel hatte – mehr noch, er muss seine Finger im Spiel gehabt haben, damit die Rettung Sansas und die Hochzeit so funktionieren konnten, wie sie es taten.
Margaery dagegen scheint keine Beteiligung am Tod ihres Ehemannes zu haben, ihre Reaktion in der vorangegangenen Episode wirkte authentisch, und das Gespräch mit ihrer Großmutter bestätigt das. Während Margaery die aktuelle Situation eher kritisch sieht, legt Olenna ihrer Enkelin dar, weshalb der Tod Joffreys gut für sie und das Haus Tyrell ist – das Ganze kommt fast schon einem Geständnis gleich: „The next one should be easier.“
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Cersei (Lena Headey) trauert um Joffrey (Jack Gleeson)

Diese Ansicht teilt Lord Tywin, der keine Zeit verliert. Joffrey ist noch nicht einmal begraben, als Tywin bereits damit beginnt, Tommen zu bearbeiten – im Beisein seines toten Bruders und seiner trauernden Mutter. Diese Szene gehört eindeutig mit zu den besten dieser doch eher durchwachsenen Folge, sowohl Dean-Charles Chapman als auch Charles Dance und Lena Heady spielen hier exzellent. Lord Tywin gibt den gelassenen Lehrer und entreißt somit seinen Enkel Cerseis Klauen. Die Intention ist eindeutig: Joffrey war ein verdorbener und schwer zu kontrollierender König, Tommen dagegen wird „weise“ sein und auf seine Ratgeber (sprich: Tywin) hören. Cersei muss das alles (inklusive der unbeschönigten Aussage, dass Joffrey kein guter König war) mitanhören und zusehen, wie ihr Vater ihren Sohn unter seine Fittiche nimmt. Diese wie die folgende Szene sind spezifisch darauf ausgelegt, Cerseis Leid zu zeigen bzw. es zu vergrößern – genau das ist allerdings bei Jaimes und Cerseis kleinem Intermezzo in Baelors Septe der Fehler. Im Grunde genommen ist das Problem ein ähnliches wie bei Ser Dontos: Umfeld und Aufbau der Vorlage fehlen. Zwei kleine Details sind hier signifikant: Im Roman kommt Jaime erst zu diesem Zeitpunkt in King’s Landing an, findet Cersei in der Septe vor und die beiden schlafen miteinander. In der Serie dagegen ist Jaime bereits seit mehren Wochen wieder in der Stadt (wodurch die Situation eine völlig andere ist, es wurde explizit gesagt, dass Cersei Jaime praktisch seit seiner Rückkehr ausgewichen ist) und mehr noch, die Szene wurde eindeutig als Vergewaltigung inszeniert – was bereits einige sehr negative Reaktionen im Fandom nach sich gezogen hat. Während das natürlich Cerseis Leiden in der Tat noch verstärkt (und wohl vor allem in Hinblick auf ihre Charakterisierung geschehen ist), ist es für Jaimes Entwicklung ziemlich kontraproduktiv. Möglicherweise wollten Benioff und Weiss damit zeigen, dass Jaime trotz seiner Wandlung noch immer kein „Guter“ ist, aber dennoch wirkt es irgendwie erzwungen und unpassend. Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob dieses Ereignis in Zukunft noch Bedeutung haben wird oder ob man sich entschließt, es einfach zu ignorieren, denn etwas derartiges ist natürlich, sowohl für Jaime und Cersei als auch für deren Verhältnis, enorm einschneidend.
Bald darauf besucht Lord Tywin persönlich Littelfingers Bordell (wie ich sagte, das inoffizielle Zentrum von King’s Landing) und unterbricht Prinz Oberyns kleine Orgie. Charles Dance läuft in dieser Folge wieder zu absoluter Hochform auf, nach der Belehrung Tommens folgt nun dieses Gespräch mit Oberyn, in dem auch Pedro Pascal zeigen darf, dass er der Hand des Königs durchaus das Wasser reichen kann. Wir erfahren nebenbei gleich etwas über Oberyns Vergangenheit und seine Affinität zu Giften, auch wenn sein Spitzname immer noch nicht fällt, und schließlich wird er in den Kleinen Rat und als Richter zu Tyrions Verhandlung berufen. Außerdem zeigt sich, dass Tywin Daenerys und ihre Drachen inzwischen miteinkalkuliert und deshalb die Einigkeit aller Sieben Königslande sucht.
Für Tyrion hat sich die Situation leider nicht verbessert. Nach Shae schickt er nun auch Podrick davon, und das in einer fast schon berührenden Szene. Man kann sich schon ausrechnen, dass dies Podrick dazu veranlassen, sich mit Brienne in der nächsten Folge auf den Weg zu machen.
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Tywin (Charles Dance) und Oberyn (Pedro Pascal) schließen ein wackeliges Bündnis

Auf dem Weg zur Eyrie
Gehörte die letzte Arya/Sandor-Szene zu den Highlights der entsprechenden Folge, ist diese hier eher redundant (vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass dieses Mal die Hähnchen fehlen). Jedenfalls bringt die Szene mit dem Bauern und seiner Tochter das ungleiche Duo nicht wirklich weiter, die inhaltliche Aussage gab es in ähnlicher Weise schon öfter, obwohl es ganz amüsant ist, wie Arya sich immer für ihren „Vater“ entschuldigt. In „A Storm of Swords“ liegt Sandor zu diesem Zeitpunkt bereits im Sterben. Man fragt sich unweigerlich, wie es hier weitergeht – ich meine, in einem der Trailer den Titanen von Braavos gesehen zu haben. Möglicherweise gelangt Arya allerdings erst gegen Ende der Staffel (vielleicht in der letzten Folge) nach Essos, weshalb es nun nötig ist, diesen Handlungsstrang auszudehnen. Leider fühlt er sich in dieser Folge auch genau so an.

Castle Black
Auch auf Castle Black verhält es sich ähnlich: Sowohl bei Sam und Gilly als auch bei Jon Snow und dem Rest der Wache bereiten sich Benioff und Weiss auf Dehnungen vor. Die Schlacht um Castle Black kommt den offiziellen Ankündigungen zufolge erst in den letzten beiden Folgen der Staffel, was bedeutet, dass man die betroffenen Figuren irgendwie beschäftigen muss. Aus diesem Grund fürchtet Sam um Gillys Sicherheit (zu viele Vergewaltiger in der Gegend) und bringt Gilly… ausgerechnet ins Bordell nach Molestown. Obwohl Sam darauf besteht, dass es keine zusätzlichen Aufgaben für Gilly neben putzen und kochen gibt, wirkt das Ganze doch ziemlich widersinnig. Ich an Gillys Stelle wäre da auch eher eingeschnappt.
Interessanterweise zeigt sich Alisser Thorne in der folgenden Versammlung dieses Mal beinahe als Stimme der Vernunft. Auch hier bahnen sich Dehnungen an: Edd und Grenn, die Überlebenden vom Gemetzel bei Crasters Keep, kehren zurück (im Buch treffen sie bereits vor Jon Snow, Sam und Gilly ein) und erzählen, dass die Meuterer sich dort eingenistet haben. Da sie Mance Rayder verraten könnten, dass Castle Black völlig unterbesetzt ist, was diesen zum sofortigen Angriff veranlassen könnte, muss man sie möglichst schnell zum Schweigen bringen. Hier bahnt sich eine Beschäftigungstherapie für Jon Snow an – er wird vermutlich nicht längere Zeit in einer Eiszelle verbringen. Es stellt sich die Frage, ob das wirklich nötig ist.

Dragonstone
Auf Dragonstone geht es immerhin ein wenig voran, auch wenn es Stannis viel zu lange dauert, weshalb er ziemlich biestig wird. Die folgende Konversation zwischen Shireen und Davos ist dagegen allerliebst, hier haben wir wieder einmal zwei Figuren, zwischen denen die Chemie einfach stimmt. Wie schon in ihrer Unterhaltung mit Melisandre beweist Stannis‘ Tochter erneut, dass sie eine sehr scharfe Zunge hat. Abermals wird die Eiserne Bank von Braavos erwähnt, und dieses Mal sogar plotrelevant. Die Bank ist dafür bekannt, die Feinde mächtiger Schuldner, die ihr Geld nicht zurückzahlen können, zu finanzieren. Tycho Nestoris taucht eigentlich erst in „A Dance with Dragons“ auf – es ist Cersei und nicht Tywin, die sich weigert, die Schulden des Reiches bei der Eisernen Bank zu bezahlen – und interagiert mit Jon Snow. Aus einem der veröffentlichten Kapitel aus „The Winds of Winter“ ist allerdings bekannt, dass er auch mit Stannis eine Abmachung trifft; vielleicht wird dies vorgezogen.

Auf dem Weg nach Castle Black
Auch bei den Wildlingen gibt es nicht Neues: Die Thenns sind garstig, und selbst Ygritte gibt sich heute ziemlich grimmig und erschießt einfach wehrlose Väter. Es scheint gerade so, als versuche diese Folge, die Zuschauerympathie für Jaime und Ygritte zu zerstören. Nebenbei: Bin ich der einzige, den Styr an Eric Banas Nero aus „Star Trek“ erinnert?

Meereen
Bei Daenerys wird es langsam Zeit für einen Wandel, zum Glück ist Meereen die letzte Stadt, die ihr im Weg steht. Wie Robert Baratheon wird auch Daenerys bald lernen, dass erobern und regieren nicht dasselbe sind.
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Oznak zo Pahl (Daniel Naprous)

Die Armee der Unberührten nimmt Aufstellung, die Meereener sind aber nicht bereit, einfach aufzugeben und wollen, dass die Champions der verfeindeten Fraktionen miteinander kämpfen – sie schicken Oznak zo Pahl (Daniel Naprous), der gleich mal einen guten ersten Eindruck macht, in dem er Daenerys beleidigt und vor ihr pinkelt. Im Buch ist der starke Belwas Daenerys‘ Champion, da dieser in der Serie allerdings nicht vorkommt, übernimmt Daario dieses Aufgabe.
Danys Ansprache stammt ebenfalls nicht von Martin, in „A Storm of Swords“ wird Meereen auf ähnliche Weise erobert wie Yunkai in der Serie, die Stadt wird durch einen Schleichweg infiltriert. Zu diesem Zeitpunkt ist Ser Jorah bereits in Ungnade gefallen und wird nach erfolgreicher Eroberung der Stadt verbannt. In der Serie dagegen gibt es noch kein Anzeichen dafür.
Der Cliffhanger, mit dem diese Episode endet, funktioniert alles in allem ziemlich gut; ich halte es für unwahrscheinlich, dass die eigentliche Eroberung wie im Buch verläuft. Die Sklaven Meereens werden Daenerys wahrscheinlich die Tore öffnen, sodass nicht zwei Städte auf dieselbe Art erobert werden.

Fazit: „Breaker of Chains“ ist eine eher durchwachsene Episode, vor allem wegen der Misscharakterisierung Jaimes und weil die Handlungsstränge, die nicht in King’s Landing spielen, einfach nicht so recht vorankommen. Die bisher schwächste Folge der vierten Staffel.

Game of Thrones Staffel 4:
Two Swords
The Lion and the Rose
Oathkeeper

Siehe auch:
Game of Thrones Staffel 1
Game of Thrones Staffel 2
Game of Thrones Staffel 3

GoT: Two Swords

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Die dritte Staffel von „Game of Thrones“ lief im Free-TV, ist auf DVD und Blu-Ray erschienen und jeder Fan kann sie inzwischen wohl auswendig. Und nun, nach einer gefühlten Unendlichkeit, geht es weiter, und ich werde natürlich auch wieder pro Episode einen Artikel verfassen. Noch einmal: Wer die Folge noch nicht gesehen und die Bücher nicht gelesen hat, sollte hier aufhören, wenn er nicht mächtig gespoilert werden will.
Staffel 4 deckt grob die zweite Hälfte des dritten Romans „A Storm of Swords“ ab, wird aber wohl auch schon Elemente aus „A Feast for Crows“ und „A Dance with Dragons“ enthalten – es wird also Zeit, dass endlich „The Winds of Winter“ erscheint.
Der Titel des Staffelbeginns, „Two Swords“, ist mal wieder nett zweideutig. Wer sich ein wenig mit Geschichte auskennt, weiß, dass man aus zwei Schwertern eine Menge machen kann; im Mittelalter wurde eine spezifische Bibelstelle, in welcher die Jünger zwei Schwerter zu Jesus in den Garten Gethsemane bringen, damit sie sich gegen die Römer verteidigen können, sehr speziell ausgelegt. Man interpretierte die besagten Waffen als die beiden Schwerter, die das Christentum verteidigen: Den Kaiser des römisch-deutschen Reiches und den Papst. Für den Titel dieser Episode muss man sich zwar interpretatorisch nicht ganz so weit aus dem Fenster lehnen, aber dennoch gibt es nicht nur ein Schwerterpaar, das gemeint ist, sondern gleich mehrere. Am offensichtlichsten sind natürlich die beiden Waffen, die zu Beginn aus Eddard Starks Schwert Ice geschmiedet werden. „Two Swords“ kann sich allerdings auch auf die beiden Schwerter beziehen, die sich am Ende der Episode (wieder) in den Händen eines Stark befinden: Jon Snows Longclaw ist immer noch dort, wo es hingehört, und Arya erlangt in der finalen Szene Needle wieder. Und schließlich gibt es da noch ein nettes Spielchen, das Daario Naharis und Grauer Wurm spielen, bei dem ebenfalls zwei Schwerter involviert sind.
„Two Swords“ ist eine relativ ruhige Episode, die erfreulicherweise einige Handlungsstränge ausklammert und sich dafür auf die übrigen stärker konzentriert, ganz so, wie es mir am besten gefällt. Die beiden Serienschöpfer Dan Benioff und D. B. Weiss führen hier Regie, und wie schon in ihrem Regiedebüt in der dritten Staffel („The Bear and the Maiden Fair“) fällt auf, dass es einiges an (mitunter ziemlich schwarzem) Humor gibt.
Auf der Introkarte tauchen zwei neue Örtlichkeiten auf: Die Dreadford, die Festung der Boltons, und Meereen, die dritte Stadt der Slaver’s Bay.

King’s Landing
Gleich zu Beginn eine freudige Nachricht: Die erste Folge der vierten Staffel hat es schon vor dem Intro geschafft, mich wieder vollständig nach Westeros zu ziehen und mich maßlos zu begeistern. Mit einer Ausnahme hat jede Staffeleröffnungsfolge eine Prä-Intro-Szene, aber diese hier ist eindeutig meine liebste: Die Kamera wandert über Eddard Starks Schwert Ice, während in der Musik das Stark- und das Lannister-Thema miteinander ringen. Ice wird aufgehoben und einem Schmied gereicht, bevor die Kamera den verantwortlichen zu einer nun kräftigen und siegreichen Version von The Rains of Castamere zeigt (bei den Alten und den Neuen Göttern, ich hoffe dieses Stück ist auf dem Soundtrackalbum). Lord Tywin beaufsichtig das Umschmieden des Stark-Schwertes in zwei kleinere Waffen, die später die Namen Oathkeeper und Widow’s Wail erhalten werden und verbrennt anschließend den Wolfspelz. Was für eine grandios inszenierte, symbolisch aufgeladene Szene: Die Starks sind am Boden und die Lannisters auf der Höhe ihrer Macht.
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Jaime (Nikolaj Coster-Waldau) mit Oathkeeper und neuer Firsur

Die Hintergründe des Umschmiedens folgen auf dem Fuß in einem Gespräch zwischen Jaime und Lord Tywin. Der Königsmörder ist nun wieder sauber, im Gegensatz zum Buch rasiert und trägt jetzt eine Kurzhaarfrisur. Die Szene spiegelt sehr schön ein ähnliches Gespräch zwischen beiden Figuren aus der ersten Staffel wieder, ebenso wie den Dialog zwischen Tywin und Tyrion aus der ersten Folge der dritten Staffel. Abermals geht es sowohl um Jaimes Stellung als Mitglied der Königsgarde (wodurch er seinen Vater nicht beerben darf), als auch um den zukünftigen Lord von Casterly Rock. Tywin steckt da in einem schönen Dilemma: Tyrion würde das Erbe annehmen, was Tywin aber nicht möchte, während Jaime lieber als „glorified bodyguard“ dient. Gerade wegen der Ähnlichkeit zur der Szene aus Staffel 1 wird hier sehr schön Jaimes Entwicklung gezeigt, obwohl sogar der Wortlaut ähnlich ist, ist Jaime doch unweigerlich ein anderer geworden.
Tyrion wartet derweil mit Bronn und Podrick auf die Gesandschaft der Dornischen; deren Lord, Prinz Doran Martell (ich bin der Meinung, dass „Fürst“ hier die korrekte Übersetzung von „prince“ wäre) wurde zu Joffreys Hochzeit eingeladen; Tyrion fühlt sich allerdings nicht ganz wohl, weil die Lannisters und die Dornischen sich nicht besonders gut verstehen; weshalb erfahren wir später.
Als die Delegation schließlich eintrifft, wird Tyrion mitgeteilt, dass Doran Martell zu krank für eine lange Reise ist und dass an seiner Statt sein Bruder Oberyn (Pedro Pascal), genannt die Rote Viper der Hochzeit beiwohnen wird. Oberyn befindet sich allerdings ebenfalls nicht bei der Abordnung, sondern befindet sich bereits seit einigen Stunden in King’s Landing.
Die Ankunft der Dornischen in der Serie unterscheidet sich stark von der im Roman, da Oberyn dort die Delegation anführt und dem Gnom erzählt, wie er mit seiner Schwester Elia als Kind Casterly Rock besucht und dort Tyrion als Baby gesehen hat.
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Oberyn Martell (Pedro Pascal) und seine Geliebte Ellaria Sand (Indira Varma)

In der folgenden Szene lernt der Zuschauer nun auch Oberyn kennen, der sich am bedeutendsten Ort von King‘s Landing aufhält – nein, nicht dem Red Keep, die Rede ist natürlich von Littlefingers Bordell, auch wenn der Hausherr gerade abwesend ist und sich wohl auf dem Weg zur Eyrie befindet; das glauben zumindest die Lannisters. Nun wird Oberyns Persönlichkeit etabliert, inklusive seines Interesses an beiden Geschlechtern, seines Hasses auf die Lannisters und gewisser, leicht psychopathischer Züge. Nebenbei lernen wir auch gleich Oberyns Begleiterin Ellaria Sand (Indira Varma, eine weitere Schauspielerin, die bereits in HBOs „Rome“ mitgewirkt hat) kennen und erfahren ganz allgemein einiges über die Dornischen, etwa bezüglich ihres Mangels an Prüderie oder des fehlenden Bedürfnisses, Dinge zu beschönigen (ja, Ellaria Sand ist ein Bastard). Und der obligatorische Fanservice wird auch gleich untergebracht.
Insgesamt gefällt mir Pedro Pascal als Oberyn Martell ziemlich gut, er hat sowohl eine gewisse Eleganz als auch eine ziemlich gefährliche Aura. Wie von den Fans erwartet (im positiven Sinne) sind die Dornischen an Spanier und Südamerikaner angelegt, Oberyn spricht sogar mit Akzent. Ich bin schon gespannt darauf, ihn mit anderen Figuren am Hof interagieren zu sehen (vor allem mit Lady Olenna).
Tyrion ist allerdings weniger begeistert, vor allem auch, weil er um Oberyns Ruf als schwarzes Schaf der Martells weiß. Dennoch gibt es eine gewisse Sympathie zwischen beiden, sind sie doch beide Zweitgeborene und schwarze Schafe. Im folgenden Dialog wird auch endlich das Schicksal Elia Martells und ihrer Kinder deutlich gesagt, bisher wurde es nur angedeutet, und der eigentliche Grund für Oberyns Anwesenheit wird enthüllt: Er will Rache dafür, dass seine Schwester von Gregor Clegane, auf Tywins Befehl, vergewaltigt und zusammen mit ihren Kindern ermordet wurde.
Sansa Stark dagegen ist noch nicht soweit, auf Rache zu sinnen und versinkt stattdessen in Depressionen, was man ihr auch nicht wirklich verübeln kann. Ein weiteres Mal fällt hier auf, um wie viel stärker und eigenwilliger Shaes Persönlichkeit in der Serie ist. Haben Benioff und Weiss ein anderes Schicksal für sie im Sinn? Andererseits wachsen seit Staffel 3 die Differenzen zwischen ihr Tyrion, was möglicherweise dann wieder zum Buch zurückführen könnte. Einiges deutet darauf hin, gerade in dieser Folge; unter anderem wird Shae von einer Spionin von Cersei dabei beobachtet, wie sie Tyrions Zimmer verlässt.
Momentan hat Cersei allerdings noch anderes Kopf, sie beaufsichtig die Anbringung einer goldenen Hand an Jaimes Armstumpf. Hier findet sich eine weitere clevere Vorausdeutung, Cersei erklärt Jaime, dass sie Qyburn sympathisch findet – in Zukunft werden beide noch an interessanten Projekten arbeiten. Mit Jaime ist Cersei allerdings absolut nicht zufrieden und macht ihm Vorwürfe, weil er sie so lange allein gelassen hat. Das mag dem Zuschauer unfair vorkommen, passt dafür aber sehr gut zu ihren POV-Kapiteln in „A Feast for Crows“. Damit hat es sich Jaime nun innerhalb einer Episode mit fast allen Mitgliedern seiner Familie verscherzt. Mit Sicherheit kommt bald eine Konversation mit Tyrion, die sehr interessant sein dürfte. Aufgrund der Tatsache, dass Jaime und Brienne in der Serie um einiges früher in King’s Landing eintreffen als im Roman (dort kommen sie erst nach Joffreys Tod an), ergeben sich einige interessante neue Möglichkeiten der Interaktion.
Die erste wird auch umgehend genutzt, denn Brienne von Tarth gesellt sich zu Margaery und ihrer Großmutter (deren kurzer Auftritt ein weiteres Highlight der Folge ist, mehr Diana Rigg!) und die sich von der maskulinen Maid sehr beeindruckt und amüsiert zeigt. Brienne erzählt Margaery die Wahrheit über Renlys Tod, was diese ziemlich gelassen hinnimmt, auch wenn nicht klar wird, ob sie Brienne glaubt oder nicht. Im Roman gibt es eine ähnliche Szene mit Loras, der Brienne allerdings nicht glaubt und sie am liebsten sofort umgebracht hätte. Möglicherweise kommt das noch, in „Two Swords“ ist der Ritter der Blumen allerdings abwesend.
Durch die Änderungen bekommt Joffrey nun auch die Möglichkeit, noch einmal seinen Vater so richtig anzupissen. Nebenbei wird auch gleich noch eine spätere Szene eingebaut, in der Jaime im Weißen Buch der Königsgarde liest und über sich selbst und seine Vorgänger sinniert – hier ist es Joffrey, der im Buch blättert und ein paar von Jaimes berühmten Vorgängern in der Königsgarde erwähnt, unter anderem Ser Duncan den Großen, den Protagonisten der Heckenritter-Novellen und Ser Arthur Dayne, das Schwert des Morgens (der Pedant in mir findet es etwas merkwürdig, dass Ser Duncan, der viele Jahrzehnte vor Arthur Dayne aktiv war, direkt nach diesem aufgeführt wird, aber das ist wohl Erbsenzählerei). Später unterhält sich Jaime noch einmal mit Brienne, während sie von Fern Sansa beobachten (was im Buch ebenfalls nicht möglich gewesen wäre, da Sansa kurz nach Joffreys Tod aus der Hauptstadt verschwindet) und überlegen, wie man den Schwur, den Jaime und Brienne der inzwischen toten Catelyn geleistet haben, am besten einhalten könnte.
Sansa hat derweil eine lange überfällige Begegnung mit Dontos Hollard (der in der Tat von Tony Way, demselben Schauspieler, der ihn wie bei seinem Miniauftritt in der ersten Folge der zweiten Staffel gespielt hat). Bei Martin planen Dontos und Sansa bereits seit „A Clash of Kings“ ihre Flucht, später erfährt Sansa dann, dass Littlefinger Dontos‘ Hintermann war. Von Flucht ist hier (noch) nicht die Rede, allerdings bekommt Sansa ein Schmuckstück, das in der nächsten Folge, bei Joffreys Hochzeit, noch sehr wichtig werden wird.

Auf dem Weg nach Castle Black
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Styr, der Magnar von Thenn (Yuri Kolokolnikov)

In der Nähe von Castle Black sammeln sich die Wildlinge. Ygritte ist freilich nicht gerade bester Laune, und Tormund beweist, dass er ein besserer Menschenkenner ist, als man von ihm erwarten würde. Wirklich interessant ist allerdings die Ankunft der Thenns. Bei diesen handelt es sich um eine besondere Gruppe von Wildlingen, deren Gebräuche zum Teil eher denen der Menschen südlich der Mauer als denen der Mitglieder des Freien Volkes ähneln, vor allem bezüglich der Autorität ihrer Anführer. Styr, der Magnar (Lord) von Thenn, nimmt in den Büchern eine größere Rolle ein, unter anderem führt er die Gruppe an, mit der Jon Snow die Mauer übersteigt, was in der Serie Tormund tut. Gespielt wird Styr von Yuri Kolokolnikov, der eine äußerst imposante Erscheinung ist, auch wenn er nicht ganz seinem Gegenstück aus den Romanen entspricht. Laut Buch ist groß und kahl (was übernommen wurde), hat keine Ohren und spricht nur die Alte Sprache. In der Serie besitzt Styr eindeutig Ohren und ist auch der Gemeinen Zunge mächtig, dafür hat er allerdings interessante Markierungen im Gesicht. Ich kann mich darüber hinaus leider nicht erinnern, ob die Thenns bei Martin auch Kannibalen sind, das werde ich bei Zeit noch nachprüfen.

Castle Black
Ähnlich wie Sansa ringt auch Jon immer noch mit der Roten Hochzeit, im Gegensatz zu seiner Halbschwester hat er allerdings noch einige andere Sorgen. Nach einem kurzen Gespräch mit Sam, in welchem auf das brüderliche Verhältnis zwischen den beiden hingewiesen wird, muss sich Jon vor dem Tribunal der Nachtwache verantworten, zu dem, neben Maester Aemon, auch zwei alte Bekannte aus Staffel 1 bzw. 2 gehören: Ser Alliser Thorne (Owen Teale), der Ausbilder der Nachtwache, der nun als „acting Commander“ fungiert (was er nur in der Serie tut), und Lord Janos Slynt (Dominic Carter), der ehemalige Kommandant der Stadtwache von King’s Landing, der von Tyrion zur Mauer verbannt wurde. Slynt scheint gefallen an Thorne zu finden, lehnt sich immer subtil in seine Richtung und wirkt alles in allem sehr selbstgerecht. Interessanterweise war dies in den Romanen andersherum, dort ist Throne eher derjenige, der vor Slynt buckelt, welcher sich wiederum zur Wahl als neuer Lord Commander aufstellen lässt. Jon Snows Taktik zur Verteidigung ist allerdings auch nicht die geschickteste, dennoch darf er seinen Kopf vorerst behalten.

Meereen
Am Ende der dritten Staffel war nicht klar, ob Daenerys wirklich alle drei Städte der Slaver’s Bay besuchen würde, aber bereits die Introkarte verrät, dass Yunkai und Meereen nicht zusammengelegt werden.
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Daenerys (Emilia Clarke) und ein leicht veränderter Daario Naharis (Michiel Huisman)

Daenerys‘ Handlungsstrang in dieser Staffel wird von den Drachen eröffnet und meine Güte, sind die Viecher groß geworden und gut animiert, besonders Drogon sieht enorm beeindruckend aus. Sehr schön wird hier schon gezeigt, dass das feurige Trio langsam sehr schwer zu kontrollieren ist.
Nach einem kurzen Marsch durch die Reihen der Unbefleckten und das Lager der befreiten Sklaven muss die Königin der Drachen feststellen, dass zwei ihrer wichtigsten Kommandanten ein wenig unzuverlässig sind, denn anstatt pünktlich zu sein spielen Daario Naharis und Grauer Wurm „Wer kann sein Schwert am längsten in der Luft halten“. Dabei fällt auf, dass Daario Naharis sich ziemlich verändert hat, er ist kleiner, bärtiger (Bart und Haare sind allerdings immer noch nicht blau) und sieht nicht mehr aus wie eine etwas beeindruckendere Version Jamie Campbell Bower. Das ist allerdings auch nicht wirklich verwunderlich, da er nicht mehr von Ed Skrein, sondern von Michiel Huisman gespielt wird, da Skrein stattdessen bei „Transporter 4“ mitwirkt. Ich war von ihm als Daario nicht unbedingt begeistert, weiß aber noch nicht, ob mir Huisman besser gefällt. In jedem Fall kennt sich der neue Daario gut mit Blumen aus, und Daenerys ist trotz Bart nach wie vor ziemlich von ihm angetan.
Dennoch ist der Weg nach Meereen nicht nur amüsant, denn auf der Straße steht an jedem Meilenstein ein gekreuzigter Sklave – dieser Taktik bediente sich schon Pompeius Magnus nach dem Spartacus-Aufstand, ebenso wie die Sklavenhalter in Astapor (wir erinnern uns an „Walk of Punishment“), Danys Entschlossenheit wird dadurch nicht vermindert, im Gegenteil.

Auf dem Weg zur Eyrie
„Two Swords“ endet mit Arya (wie die Drachen ist auch Maisie Williams verdammt groß geworden) und Sandor Clegane, der plant, Arya zu ihrer Tante Lysa zu bringen. Gerade diese Szene ist exemplarisch für das oben erwähnte Nebeneinander von Humor und Tragik.
Die beiden gelangen zu einem Gasthaus, in dem sich die Männer Gregor Cleganes befinden, die Situation entfaltet sich allerdings geringfügig anders als in der Vorlage: Wie im Roman entbrennt ein Kampf zwischen Sandor und den Männern seines Bruders, aber anders als im Roman wird Sandor (noch?) nicht schwer verletzt. Auch ist im Roman der Kitzler, Gregor Cleganes Foltermeister, der in der Serie bereits in Staffel 2 stirbt, zugegen, und er ist es, der von Arya umgebracht wird, während sie ihm seine eigenen Worte zu schlucken gibt. Hier ist es stattdessen Polliver, ein anderer Häscher des Reitenden Berges. Während sich die jüngere Stark-Tochter im Buch noch psychopathischer verhält, ist ihr ruhiger, fast schon emotionsloser Mord hier nicht minder wirkungsvoll. Ähnlich wie bei Jaime wird dadurch klar, wie sehr sich Arya seit der ersten Staffel verändert hat. Wie schon in „Mhysa“ ist auch hier wieder das Thema Jaqen H’ghars zu hören, das Aryas weiteren Weg andeutet – vielleicht ist es nicht nur Jaqens Thema, sondern das Thema aller Gesichtslosen. Jedenfalls endet die Folge damit, dass Arya Needle zurückerhält und zusammen mit dem Bluthund zu den Klängen des Hauptthemas davonreitet.

Fazit: Sehr ruhiger, aber extrem gelungener Staffelauftakt, der mir auf die restlichen neun Folgen den Mund enorm wässrig gemacht hat. Nächste Woche folgt eine weitere Hochzeit, und Hochzeiten in Westeros sind immer enorm spaßig…

Game of Thrones Staffel 4:
The Lion and the Rose
Breaker of Chains
Oathkeeper

Siehe auch:
Game of Thrones Staffel 1
Game of Thrones Staffel 2
Game of Thrones Staffel 3