Die Entwicklung von Star Wars von einem Film- zu einem Serien-zentrierten Franchise ist ein durchaus faszinierendes Phänomen, bei dem es zweifelsohne eine Reihe von ineinandergreifenden Faktoren gab. Die Rezeption von „Solo: A Star Wars Story“ und der Sequel-Trilogie abseits von „The Force Awakens“ spielten sicher eine Rolle, aber auch die Pandemie dürfte ihren Teil dazu beigetragen haben. Erst jüngst verkündeten Kathleen Kennedy und andere Vertreter von Lucasfilm, man wolle sich bezüglich der Kinofilme eher am aktuellen James-Bond-Modell orientieren, sich ordentlich Zeit lassen und die Filme dafür zum Event machen, anstatt alle zwei Jahre ein Projekt rauszuhauen. Es wird sich zeigen, ob es den drei aktuell angekündigten Projekten besser ergeht als den diversen angedachten Filmen zuvor. Gegenwärtig sind das ein Film über die Ursprünge der Jedi von James Mangold (der Legends-Fan denkt da sofort an die Comicserie „Dawn of the Jedi“), ein Film von Dave Filoni, der als Avengers-artige Kulmination des „Filoniverse“ angedacht zu sein scheint, sowie eine Art Fortsetzung zur Sequel-Trilogie, in welcher Rey einen neuen Jedi-Orden aufbaut, inszeniert von Sharmeen Obaid-Chinoy. Aber zurück zu den Realserien: Mit der dritten Staffel von „The Mandalorian“ sind wir bei insgesamt sechs abgeschlossenen Staffeln angekommen und inzwischen zeichnet sich ein recht zwiespältiges Bild. In vielerlei Hinsicht ist die dritte Staffel von „The Mandalorian“ exemplarisch für die Dinge, die in Disney SW-Serienuniversum noch funktionieren und die, die nicht mehr funktionieren.
Handlung und Struktur
Den ersten beiden Staffeln von „The Mandalorian“ gelang eine relativ gute Balance zwischen für sich stehenden, abgeschlossenen Folgen (hin und wieder auch mit einem Zwei- oder Dreiteiler) und einem übergreifenden Handlungsstrang. Letzterer war die Mission, Grogu zu seinen Angehörigen, also den Jedi, zu bringen; im Rahmen dieser übergeordneten Mission mussten sich Din Djarin (Pedro Pascal, Lateef Crowder) und sein Schützling mit diversen Gegebenheiten und Widersachern auseinandersetzen, die eher an einem „Monster of the Week“-Format erinnern. Jeweils gegen Staffelende sorgt dann Moff Gideon (Giancarlo Esposito) dafür, dass sich die Handlung verdichtet. Auf gewisse Weise folgt auch die dritte Staffel diesem groben Muster, aber auf deutlich chaotischerer Art und Weise, weit weniger sauber strukturiert.

Nun, da Din Djarin sowohl im Besitz des Darksabers ist als auch seinen Schützling wieder an seiner Seite hat, trachtet er danach, sich in den Augen seines Kults, der „Children of the Watch“, angeführt von der mysteriösen Schmiedin (Emily Swallow), zu rehabilitieren, nachdem er Grogu sein Gesicht zeigte und damit gegen die Regeln dieses Kults verstieß. Um dies zu erreichen, muss er in den mythischen Wassern von Mandalore baden, unglücklicherweise gilt der Heimatplanet der Mandalorianer allerdings als verflucht und verseucht. Mit der Hilfe Bo Katans (Katee Sackhoff), die von ihren Leuten im Stich gelassen wurde, gelingt es Din Djarin tatsächlich, sein Vorhaben durchzuführen. Mehr oder weniger zufällig hat sich nicht nur Din, sondern auch Bo Katan nun in den Augen der „Children of the Watch“ rehabilitiert, sodass sie und die Schmiedin nun die Gelegenheit sehen, die verschiedenen mandalorianischen Fraktionen wieder miteinander zu vereinen und Mandalore zurückzuerobern.
Knapp zusammengefasst klingt der übergeordnete Handlungsstrang relativ zielgerichtet, in ihrer Narrative ist diese Staffel allerdings äußerst holprig und inkohärent. Gerade zu Beginn wird diesem übergeordneten Plot eine größere Wichtigkeit eingeräumt, als es in den bisherigen Staffeln der Fall war, nur um ihn dann plötzlich auf ziemlich unelegante Weise zu unterbrechen und Nebenschauplätze zu eröffnen. Prinzipiell ist das nichts schlechtes, gerade im Kontext dieses erzählerischen Konstrukts wirkt es allerdings oft ungelenk und merkwürdig. Hinzu kommt ein noch größeres Ausmaß an Logiklöchern und Plot Convinience. Mit beidem muss man bei einer Star-Wars-Serie durchaus ein Stück weit rechnen, aber es kommt immer auf das Ausmaß an: Stört es die Suspension of Disbelief? Wirklich ärgerlich ist, dass oftmals nur ein paar erklärende Dialoge nötig gewesen wären, um die Probleme zumindest oberflächlich zu beheben. Warum etwa bleiben die „Children of the Watch“ auf einem Planeten, auf dem sie ständig von Flugsauriern attackiert werden, ohne etwas dagegen zu tun? Irgendwelche obskuren Kultregeln hätten da schon als Erklärung ausgereicht, vielleicht sind der Planet und/oder die Kreaturen heilig – so wirken die „Children“ allerdings nur extrem naiv, blauäugig und lernunfähig. In vielerlei Hinsicht wirkt es, als habe es bei der Produktion der dritten Staffel diverse Schwierigkeiten hinter den Kulissen gegeben, hastige Änderungen, Einmischungen der Produzenten etc., die zu wenig durchdachten Lösungen führen. Das zeigt sich auch und vor allem in der finalen Episode, die nicht nur Logik- sondern Handlungslöcher aufweist.
Between a Rock and a Hard Place
Die narrative Gesamtkonzeption der dritten Mandalorian-Staffel ist ein weiterer Grund, weshalb ich davon ausgehe, dass es hinter den Kulissen Schwierigkeiten gab. Es handelt es sich bislang nur um eine Vermutung, aber ich persönlich danke, dass der ursprüngliche Plan vorsah, in der ersten Hälfte dieser Staffel auf eine Wiedervereinigung von Din und Grogu hinzuarbeiten und in der zweiten die Rückeroberung Mandalores zu thematisieren – Letzteres ist dann ja auch das handlungstreibende Element. Dann aber waren wohl die Produzenten bei Disney der Meinung, dass es Zeit sparen würde, wenn man Din und Grogu bereits in „The Book of Boba Fett“ wiedervereinen würde, schließlich will das Publikum die beiden vereint sehen, nicht wahr? Diese Entscheidung, aus „The Book of Boba Fett“ „The Mandalorian” Staffel 2,5 zu machen, hat in meinen Augen sehr viel zerstört; dazu gehört die Integrität der Boba-Fett-Serie, in der die Titelfigur in der zweiten Hälfte zum Nebencharakter verkommt, aber auch die Minderung der emotionalen Wucht des Finales der zweiten Mandalorian-Staffel und, zu allem Überfluss, auch die dritte Staffel als Ganzes, denn so, wie sie ist, wirkt sie extrem unfokussiert und inkonsequent.

Besonders zwei Episoden stechen heraus, Folge 3, „The Convert“ sowie Folge 6, „Guns for Hire“. Beide wurden im Fandom recht kontrovers aufgenommen, weil sie, im Guten wie im Schlechten, entweder inhaltlich oder tonal (oder beides) als Ausreißer wahrgenommen wurden. Beide sind meinem Empfinden nach keine schlechten Episoden, wirken aber im Gesamtkontext deplatziert. „The Convert“ ist wahrscheinlich die erzählerisch am besten strukturierte Episode der Staffel, der Plot um Din Djarin, Bo Katan und die Mandalorianer fungiert als Rahmen, während die Haupthandlung dieser Folge den Zuschauer nach Coruscant führt und erzählt, was mit Dr. Pershing (Omid Abtahi) und Elia Kane (Katy O’Brian) geschieht. Inszenatorisch fühlt sich diese Episode beinahe an wie eine Hommage an „Andor“ und wirft durchaus einige interessante Fragen auf, auch wenn ich mit der Darstellung der Neuen Republik als praktisch völlig inkompetent nicht wirklich zufrieden bin. Schon in früheren Legends-Werken findet sich oft eine Dichotomie zwischen Totalitarismus oder inkompetenter bzw. korrupter Demokratie ohne Abstufungen bzw. positiver Zeichnung eines demokratischen Systems, im Disney-Kanon ist diese Tendenz nun noch einmal stärker – das aber nur am Rande. Deutlich schwerer fällt ins Gewicht, dass der Aufbau, den „The Convert“ leistet, in dieser Staffel fast völlig ins Leere läuft. Es mag sein, dass er in „Ahsoka“ oder einem anderen späteren Projekt noch eine Rolle spielt, aber dennoch wäre ein wenig Pay-off in DIESER Staffel schön gewesen.
„Guns for Hire“ sorgte primär wegen der diversen Gastauftritte für Schlagzeilen: Lizzo, Jack Black und Christopher Lloyd reißen diese Episode fast schon an sich. Hinzu kommt ein sehr lockerer und komödiantischer Ton und eine zentrale Handlung, die vom übergeordneten Plot völlig losgelöst ist und sich eher nach einer Folge aus „The Clone Wars“ anfühlt, nicht zuletzt wegen der Präsenz vieler KUS-Kampfdroiden. Auch hier: Ich habe nichts per se gegen die Episode, so kurz vor dem Finale wirkt sie aber ziemlich deplatziert und nimmt den Fokus vom eigentlich wichtigen Charaktermoment: Bo Katan gewinnt die Gefolgschaft ihrer Leute zurück. Dieser Umstand ist hier aber fast schon ein Nachgedanke und wird in den letzten paar Minuten abgehandelt. Eine Episode wie diese hätte sich zu Anfang der Staffel deutlich besser gemacht, was zudem meinen Verdacht verstärkt. Es wirkt als habe man wegen „The Book of Boba Fett“ einen Teil der eigentlich geplanten Handlung verloren und nun relativ wild die Pläne durcheinandergeworfen. Grogu selbst spielt in „Guns for Hire“ keine Rolle und wird während der Mission bei Lizzo geparkt. In einer theoretischen dritten Staffel, in der Din in der ersten Hälfte von ihm getrennt ist und gemeinsam mit Bo Katan auf Missionen geht, hätte eine Episode wie diese deutlich mehr Sinn ergeben.
Auch das Finale ist in dieser Hinsicht ein interessantes Biest, abseits von den offensichtlichen, technischen Schwächen. „The Return“ verweigert sich gewissermaßen den Erwartungen und nimmt den geraden Weg von Punkt A nach Punkt B, es gibt keine großen Enthüllungen, keine Twists und keine weiteren Hinweise auf „Ahsoka“ oder andere kommende Projekte. Zumindest eine Art Teaser liefert immerhin die Eröffnungsszene der siebten Folge, „The Spies“, mit der Versammlung des imperialen Schattenrats. Hier sehen wir nicht nur Brendol Hux, den Vater von Armitage Hux aus der Sequel-Trilogie, der interessanterweise von Domnhall Gleesons Bruder Brian Gleeson gespielt wird, sondern auch Fanliebling Gilad Palleon (Xander Berkeley); Großadmiral Thrawn wird immerhin erwähnt. Auch diesbezüglich lässt Staffel 3 die Zuschauer allerdings hängen, es gibt keine Post-Credits-Szene, in der Thrawn seine Rückkehr ankündigt oder ähnliches. Auch sonst finden sich keine Cameos; lange wurde vermutet, Temuera Morrison könne als Boba Fett vorbeischauen, dem ist allerdings nicht der Fall. Viele andere Vermutungen und Theorien werden ebenfalls (zumindest temporär) widerlegt. Sehr bliebt war etwa die Vermutung, die Schmiedin arbeite entweder für Gideon oder für Thrawn und werde Din Djarin und Bo Katan im Finale verraten, aber nichts dergleichen geschieht: Die Mandalorianer erobern ihre Heimat zurück, während Din und sein Ziehsohn ein ziemlich eindeutiges Happy End bekommen. Einerseits ist es fast schon erfrischend, dass sich „The Mandalorian“ hier den aktuellen, vom MCU geprägten erzählerischen Konventionen nicht beugt – kein Reveal, kein Teaser am Ende, die Handlung wird gradlinig zuende geführt; ich brauche kein Cameo von Boba Fett, Thrawn, Snoke oder sonst jemandem. Dennoch fühlt sich das Ende wegen der vielen offenen Handlungsfäden unbefriedigend an. Vielleicht betrachten Favreau und Filoni ihre Serien tatsächlich als Teile einer großen Erzählung – vieles deutet inzwischen darauf hin, nicht zuletzt der angekündigte Filoni-Film. Dennoch wäre es auch innerhalb dieses konzeptionellen Konstrukts möglich, die einzelnen Staffeln zu funktionierenden erzählerischen Einheiten zu machen. So bleibt „The Mandalorian“ Staffel 3 kaum mehr als ein Zwischenschritt.
Is This the Way?: Figuren und ihre Entwicklung
Neben der narrativen Struktur hat die dritte Mandalorian-Staffel auch einige massive Probleme mit der Charakterisierung und Entwicklung der Figuren. Dieser Aspekt war in den bisherigen Staffel nie allzu komplex, aber doch funktional und nachvollziehbar. Ich wiederhole mich, aber auch hier erweist sich die Wiedervereinigung von Din und Grogu als Hauptproblem. Über weite Strecken wirken die Autoren der Serie, als wüssten sie nicht, was sie mit den beiden tun sollen. Dins Hauptanliegen zu Beginn der Staffel ist ebenfalls ein Aspekt, der bereits in „The Book of Boba Fett“ angerissen wurde: Um wieder Teil der „Children of the Watch“ zu werden, muss Din in den Lebenden Wassern von Mandalore baden – dieses Ziel erreicht er aber schon in der zweiten Folge, die restliche Zeit über reagiert er eher, als dass er eine wie auch immer geartete Agenda verfolgt. Bo Katan ist die Figur der dritten Staffel, die am ehesten einen funktionierenden Handlungsbogen hat, von der Einzelgängerin zur neuen Anführerin einer geeinten Mandalorianerfraktion. Aufgrund der bereits dargelegten narrativen Probleme funktioniert das alles nur bedingt, nicht zuletzt durch den Fokus; ich erwähnte bereits die Episode „Guns for Hire“, die hierfür exemplarisch ist. Hinzu kommt eine generelle, merkwürdige Tendenz in dieser Staffel, den Stoizismus den Mandalorianer auf ein neues Level zu heben; Figuren reagieren auf scheinbar einschneidende Ereignisse praktisch überhaupt nicht. Generell wird zudem die Chance auf ordentliche Charakterarbeit vertan, gerade in Bezug auf die Mandalorianer. Das Bündnis der beiden Fraktion hätte sehr schön genutzt werden können, um die Unterschiede in ihren Philosophien zu beleuchten, aber abseits von ein, zwei Ansätzen geschieht hier sehr wenig. Das hängt auch mit dem Umstand zusammen, dass wir nach drei Staffeln immer noch erstaunlich wenig über die „Children of the Watch“, ihre Weltsicht, ihr Helm-Dogma etc. wissen.
Dementsprechend wirkt das Finale bzw. das Happy End gewissermaßen unverdient, aufgrund all dieser Umstände war zumindest ich emotional nicht allzu involviert – etwa ganz im Gegensatz zum Finale von Staffel 2. Hier haben die Macher genau verstanden, welche Saiten sie anschlagen müssen, um die maximale Wirkung zu erzielen. In Staffel 3 hingegen: Din hat Grogu nun offiziell adoptiert, aber allzu viel bedeutet das nicht, schließlich ist ihre Vater-Sohn-Beziehung bereits fest etabliert. Mandalores Rückeroberung hinterlässt ebenfalls einen faden Nachgeschmack, da die kulturelle Bedeutung nicht ausreichend thematisiert wird. Wir wissen DASS, aber wir wissen nicht WESHALB.

Und schließlich ist da noch die Gegenseite, die ebenfalls Teil des Problems ist. Moff Gideon war nie ein besonders komplexer oder gut geschriebener Schurke, vor allem seine Pläne wirkten zumeist nicht besonders gut durchdacht. Anstatt wirklich etwas auf die Beine zu stellen, schüttelt er zumeist nur ein weiteres Ass aus dem Ärmel und hofft, damit unsere Protagonisten zu besiegen. In Staffel 2 waren es die Dark Trooper, in Staffel 3 sind es die neuen Imperialen Kommandotruppen mit Jet-Pack und Beskar-Rüstung und natürlich die Praetorianer. Gideon profitiert ungemein von Giancarlo Espositos Charisma und Präsenz, weshalb er bislang als Widersacher eigentlich recht gut funktionierte. Pro Auftritt mutiert er allerdings mehr und mehr zum überdrehten Cartoon-Schurken, weshalb ich hoffe, dass er nun endgültig tot ist und wir mit Thrawn einen besseren Anführer des Restimperiums bekommen.
Fazit
Das alles mag nun etwas negativer klingen, als es gedacht ist. Die dritte Mandalorian-Staffel ist mit Abstand die schwächste der Serie, dennoch hat sie nach wie vor gut zu unterhalten gewusst und mehr als ordentliche Schauwerte geboten. Man ist doch immer wieder beeindruckt, was inzwischen in einer Serie alles möglich ist. Dennoch sind die narrativen Unebenheiten unendlich frustrierend, gerade weil man das Gefühl nicht loswird, dass das alles nicht hätte sein müssen und wir mit „Andor“ wirklich gesehen haben, was narrativ in einer Star-Wars-Serie möglich ist. Damit will ich nicht ausdrücken, dass „The Mandalorian“ sich stilistisch an „Andor“ angleichen sollte, aber es wäre doch schön gewesen, hätte Staffel 3 das Niveau der ersten beiden halten können.
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Bildquelle Bo Katan
Bildquelle Gideon
Siehe auch:
The Mandalorian Staffel 1 & 2
The Book of Boba Fett
Obi-Wan Kenobi