Vampire: The Masquerade – Bloodlines

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Da ich mich selbst nicht unbedingt als Gamer bezeichnen würde – viel eher als Gelegenheitsspieler – habe ich schon früh beschlossen, dass es hier keine Rezensionen zu Spielen geben wird. Allerdings, hin und wieder erwacht dann doch das Verlangen, über meine Favoriten der Spielezunft zu schreiben. „Vampire: The Masquerade – Bloodlines“ ist definitiv einer dieser Favoriten, sogar einer der mir besonders am Herzen liegt, und das nicht nur, weil es sich dabei um ein ausgezeichnetes Rollenspiel handelt, das ich wirklich verdammt oft gespielt habe. Dieses Spiel ist letztendlich dafür verantwortlich, dass ich mich endgültig in White Wolfs „World of Darkness“ verliebt habe und nun ein ganzes Regalbrett voller Vampire-Quellenbände besitze.

Vorgänger und Begleitumstände
Die Welt, in der „Vampire: The Masquerade“ spielt, kenne ich allerdings schon ein wenig länger, denn es gibt noch eine weitere Spieleadaption. Im Jahr 2000 erschien „Vampire: The Masquerade – Redemption“, das ich ein, zwei Jahre später erwarb und spielte. Das Konzept der dargestellten Vampirgesellschaft inklusiver diverser Vampirclans begeisterte mich sofort, ebenso wie die Grundstory des Kreuzritters Christof Romauld, der im mittelalterlichen Prag zum Vampir wird und nach einem Besuch in Wien ein mehrere Jahrhunderte dauerndes Nickerchen macht, um im London des Jahres 1999 wieder zu erwachen und schließlich in New York am Vorabend des neuen Jahrtausends seinen Erzfeind zu bezwingen.

Leider ist „Redemption“ nicht unbedingt die gelungenste Umsetzung des Pen&Paper-Rollenspiels. Man merkt, dass den Machern die World of Darkness zweifellos am Herzen lag und dass sie sehr ambitioniert waren. Viele Konzepte, Ideen und Fachtermini der Vorlage sind im Spiel zu finden, es ist den Machern tatsächlich gelungen, alle Clans (mit Ausnahme der Ravnos, dafür gibt es aber Kappadozianer) unterzubringen. Und vor allem der ersten Hälfte merkt man viel Herzblut und Liebe zum Detail an (die zweite Hälfte ist, gerade bezüglich der Schauplätze, leider eher langweilig). Das Problem liegt vor allem darin, dass das Spiel einerseits etwas überladen ist und dass sich andererseits das Spielprinzip nicht ganz so gut mit der Grundprämisse der Vorlage deckt. Beim „Vampire: The Masquerade“ handelt es sich laut dem Grundregelwerk um ein Spiel des persönlichen Horrors, Moralität und die Auseinandersetzung mit dem eigenen inneren Tier stehen im Fokus. „Redemption“ schneidet diese Themen zwar an, arbeitet aber nicht mit ihnen; es gibt kaum Gelegenheiten, in denen man als Spieler wirklich Entscheidungen treffen kann. Als Spiel ist „Redemption“ ein lineares Action-Rollenspiel, das stark an „Diablo 2“ erinnert (allerdings mit einem weit weniger flüssigen Kampf- und Fertigkeitensystem und einer ziemlich miesen KI). Ein solches kann die Prämisse der Vorlage leider nur in sehr begrenztem Maße umsetzen, da man doch die meiste Zeit damit beschäftigt ist, durch Dungeons zu marschieren und Gegner umzubringen.

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Die drei Signaturcharaktere: Jeanette Voerman, der Nosferatu-Spielercharakter und Ming Xiao

Wie dem auch sei, „Bloodlines“ ist nicht im eigentlichen Sinne ein „Nachfolger“ zu Redemption, beide Spiele haben außer der Tatsache, dass sie auf demselben Rollenspiel basieren und in derselben Welt spielen, nicht allzu viel miteinander gemein, was schon durch die verschiedenen Entwicklerstudios deutlich wird. „Redemption“ wurde von Nihilistic Software entwickelt, „Bloodlines“ von Troika Games. Leider hatte das zweite Masquerade-Rollenspiel keinen besonders guten Start, da Troika pleiteging und „Bloodlines“ deshalb unfertig und verbuggt auf den Markt kam. Ein erster Patch beseitigte die gröbsten Fehler, aber es waren schließlich Fan-Patches, die dafür sorgten, dass „Bloodlines“ sein volles Potential ausleben konnte. Trotz der Fehler entwickelte sich schnell eine hingebungsvolle Fangemeinde, die die Qualitäten dieses Spiels erkannte und alles dafür tat, es so perfekt wie möglich zu machen.

Story und Spielprinzip
Zu Anfang des Spiels wählt man einen der sieben Clans der Camarilla (Brujah, Gangrel, Malkavianer, Nosferatu, Toreador, Tremere, Ventrue) aus und legt die grundsätzllichen Attribute fest. Und schon geht es los. Handlungsort ist Los Angeles: Der Spieler beginnt als frisch geschaffener Vampir, dessen Erzeuger hingerichtet wird. Nur dank der Güte des Prinzen von L.A. überlebt man, fungiert aber fortan als Laufbursche des besagten Prinzen, eines Franzosen namens Sebastian LaCroix, und lernt so die vampirische Gesellschaft, die Konflikte zwischen den Sekten (Anarchen, Camarilla, Sabbat), Clans und Einzelvampiren kennen, findet sich mit seiner untoten Natur zurecht und lernt, was es heißt, ein blutsaugendes Monster zu sein. Das die eigentliche Handlung auslösende MacGuffin ist der Sarkophag von Ankara, der alle Fraktionen der Stadt in helle Aufregeung versetzt, da angenommen wird, in seinem Inneren befinde sich ein uralter und mächtiger Vampir. Der Spieler folgt der Spur des Sarkophags und erlebt mit, welche Auswirkungen er auf die Figuren und den Status Quo der Stadt hat.

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Das Gothic-Punk-L.A. der World of Darkness

Nach und nach lernt man dabei vier Stadtteile von Los Angeles (Santa Monica, Downtown, Hollywood und Chinatown) kennen und kann diese ausgiebig erforschen. Zwar könnte man theoretisch auch nur der Haupthandlung folgen, aber es gibt so viele interessante Nebenquests, dass es wirklich eine Schande wäre, würde man sie ignorieren. Insgesamt ist „Bloodlines“ weitaus mehr Rollenspiel als „Redemption“. Die eigentliche Haupthandlung ist zwar ebenfalls ziemlich linear, als Spieler hat man allerdings weitaus mehr Freiheit bei der Erkundung der Welt und der Erledigung der Quests. Mit Ausnahme einiger weniger Missionen gibt es für die diversen Aufträge darüber hinaus immer drei bis vier Lösungsmöglichkeiten. Natürlich kann der Spieler einfach eindringen und alle umbringen, aber zumeist ist es erfolgversprechender, wenn man sich einschleicht oder versucht, potentielle Gegner zu überreden, zu verführen, zu bedrohen oder zu bestechen. Erfahrungspunkte gibt es auch nicht für getötete Gegner, sondern ausschließlich für erledigte Quests; eine subtile und clevere Vorgehensweise ist diesbezüglich zumeist lukrativer. Ganz kommt man um Kämpfe allerdings dennoch nicht herum. „Bloodlines“ bietet sowohl Nah- als auch Fernkampfwaffen (Letztere werden aus der Ego-Perspektive bedient), zusätzlich zu den vampirischen Disziplinen. Leider ist auch hier das Kampfsystem ein wenig holprig und unausgereift, was aber weitaus weniger ins Gewicht fällt als bei Redemption, da man sich nicht die ganze Zeit prügeln muss.

Figuren, Dialoge und Sprecher
Eine der größten Stärken von „Bloodlines“ sind die wirklich exzellenten geschriebenen Figuren und Dialoge. Besonders mit Letzteren hatte „Redemption“ einige Probleme, da sie oftmals ziemlich plakativ und unnatürlich wirkten. Nicht so in „Bloodlines“.

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Smiling Jack (John DiMaggio)

In diesem Spiel wimmelt es geradezu vor enorm spannenden Figuren, die authentisch und oftmals gleichzeitig bedrohlich und amüsant sind, in jedem Fall aber absolut zu überzeugen wissen und mit viel Liebe zum Detail gestaltet wurden. Da ist es völlig egal, ob es sich um wichtige WoD-Signaturcharaktere wie Beckett oder Smiling Jack handelt, die man bereits aus den Quellenbänden von White Wolf kennt, oder kleine, unwichtige Nebencharaktere wie zum Beispiel Dr. Gimble in Santa Monica – sie alle sind individuell gestaltet und sorgen dafür, dass das Los Angeles des Spiels zu einem lebendigen Ort wird, den man gerne erforscht. Natürlich müssen auch gut geschriebene Dialoge passend vertont werden – zum Glück leistet „Bloodlines“ auch an dieser Front exzellente Arbeit. Es existiert keine deutsche Synchronisation, was angesichts der ausgezeichneten englischen Sprecher aber nicht weiter ins Gewicht fällt. Ein Spiel wie dieses braucht natürlich Spreche en masse, darum hier nur kurz einige meiner Favoriten: John DiMaggio (Smiling Jack), Michael Gough (Beckett), Grey DeLisle (Jeanette und Theres Voreman), Nika Futterman (Velvet Velour), Jim Ward (Maximilan Strauss), Neil Ross (Gary) und Mary Elizabeth McGlynn (Pisha).

Verhältnis zur Vorlage
Einer der dicksten Pluspunkte von „Bloodlines“ ist die grandiose Atmosphäre, die die Gothic-Punk-Stimmung der Vorlage vorzüglich einfängt. Zwar ist die auf Valves Source-Engine basierende Graphik inzwischen völlig veraltet und war schon zum Zeitpunkt des Erscheinens nicht ganz auf der Höhe der Zeit, aber atmosphärisch weiß „Bloodlines“ nach wie vor zu überzeugen.

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Los Angeles by Night (1994)

Auch sonst ist das zweite Masquerade-Spiel eine bessere Umsetzung der Vorlage als das erste. Während es bei „Redemption“ wirkt, als hätten die Macher so viel vom Hintergrundmaterial wie nur möglich unterbringen wollen, zeigt sich, dass bei „Bloodlines“ weniger tatsächlich mehr ist. Die Mythologie der World of Darkness wird weit subtiler vorgestellt, der Spieler ertrinkt nicht in Exposition und die Autoren fühlten sich auch nicht verpflichtet, alle Clans ausführlich vorzustellen – die Jünger des Set oder die Assamiten fehlen beispielsweise völlig.

Obwohl 1994 ein Masquerade-Quellenband erschien, der Los Angeles ausführlich beschrieb, bedient sich „Bloodlines“ kaum der Informationen besagten Quellenbandes – es gibt nur eine einzige Figur, die sowohl im Spiel als auch in der ursprünglichen Beschreibung der Stadt auftaucht: Der legendäre Brujah-Anarch Smiling Jack. Alle anderen Figuren (bis auf Beckett, versteht sich, der, wie erwähnt, einer der beliebtesten NPCs des Pen&Paper-RPGs ist) wurden für das Spiel neu geschaffen. Indirekt haben aber doch einige Elemente von „Los Angeles by Night“ ins Spiel gefunden, bzw. sie dienen als Basis. Dazu gehört vor allem die Tatsache, dass L.A. viele Jahrzehnte lang weder zur Camarilla, noch zum Sabbat gehörte, sondern ein Anarchen-Freistaat war. Die Ereignisse des White-Wolf-Metaplots, etwa die Invasion der Kuej-jin, der ostasiatischen Vampire und das nahen Gehennas, der Vampirapokalypse, werden ebenfalls aufgegriffen und spielen eine wichtige Rolle.

Schwächen

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Beckett (Michael Gough)

Trotz aller Qualitäten ist „Bloodlines“ nicht frei von Schwächen. Obwohl die Fan-Patches viele Bugs entfernen und sogar einiges an Content restaurieren, finden sich doch nach wie vor einige Spiel- und Grafikfehler.
Während die Gesichtsanimationen beispielsweise wirklich gelungen sind und auch heute noch durchaus überzeugen, lässt sich das über einige der Bewegungsanimationen absolut nicht sagen. Auch das Kampfsystem ist leider nicht das gelungenste und kann hin und wieder zu leichter bis mittlerer Frustration führen. Und dann wäre da noch das Ende: Zwar gibt es diverse unterschiedliche Enden, je nachdem, welcher Fraktion man die Treue schwört, so gewaltig ist der Unterschied dann aber auch wieder nicht. Und dann wäre da der Schlusstwist, der ebenfalls nicht unbedingt befriedigend ist. Weitaus mehr fällt allerdings ins Gewicht, dass die beiden letzten Missionen reine Schlachtfeste sind. Hat man seinen Charakter zu sehr auf Heimlichkeit oder Überredungskünste spezialisiert, wird man es am Ende relativ schwer haben, was wirklich schade ist, da „Bloodlines“ dem Spieler sonst fast immer die Wahl lässt, wie er eine Mission lösen möchte.

Fazit: Trotz einiger Schwächen ist „Vampire: The Masquerde – Bloodlines“ nach wie vor ein exzellentes Rollenspiel, eines meiner absoluten Lieblingsspiele und die bislang beste Umsetzung von „Vampire: The Masquerade“.

Siehe auch:
Vampire: The Masquerade
Gehenna: Die letzte Nacht

Star Wars: The Clone Wars

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Ganz zu Beginn meiner Laufbahn als Blogger habe ich schon einmal einen ausführlichen Artikel zu „Star Wars: The Clone Wars“ geschrieben; zu diesem Zeitpunkt umfasste die Serie gerade einmal anderthalb Staffeln. Seither hat sich die Lage in der weit, weit entfernten Galaxis stark geändert. Disney hat Lucasfilm gekauft, das alte Erweiterte Universum zur Legende erklärt und „The Clone Wars“ nach fünfeinhalb Staffeln beendet. Dennoch ist die Animationsserie, neben den sechs Filmen, versteht sich, das einzige Stück Star Wars, das vor dem Disney-Deal entstand und es in den neuen Einheitskanon geschafft hat, was zu einer recht ironischen Umkehrung führte: Vorher überschrieb TCW großzügig das Erweiterte Universum, jetzt ist die Serie dagegen dafür verantwortlich, dass es einige Elemente aus dem alten EU in den Einheitskanon schaffen, darunter Dathomir und die Schwestern der Nacht, Planeten wie Onderon oder auch nur kleine Details wie Quinlan Vos‘ telemetrische Fähigkeiten. Tja, so ändern sich die Dinge.

Da „The Clone Wars“ nun beendet ist, drängt es sich geradezu auf, die gesamte Serie einmal kompakt zu bewerten. Mein erster Eindruck war ja nicht gerade positiv, und nach dem Abfassen meines erste Artikels habe ich die Serie auch nicht mehr regelmäßig verfolgt, sondern nur sporadisch immer mal wieder einen Blick hineingeworfen. Für diesen Artikel habe ich dann in den letzten Wochen allerdings massives Binge-Watching betrieben und die gesamte Serie, inklusive Pilotfilm, in der richtigen, chronologischen Reihenfolge konsumiert, um mir ein umfassendes Urteil bilden zu können.

Konzeption und Struktur
Letztendlich konzentriert sich „The Clone Wars“ eher auf Einzelgeschichten als auf die durchgehende Handlung und ist eine Anthologieserie. Natürlich gibt es eine übergreifende Handlung, der Krieg zwischen Republik und Separatisten, der letztendlich in der Auslöschung des Jedi-Ordens und der Gründung des Imperiums mündet. Da es sich bei TCW aber trotz allem letztendlich um eine Kinder- bzw. Jugendserie handelt, stehen die einzelnen Abenteuer eindeutig im Vordergrund, während der Kriegsverlauf sehr viel weniger Aufmerksamkeit bekommt. Darüber hinaus erlaubt das Anthologieformat, immer wieder unterschiedliche Figuren ins Zentrum zu rücken. Zwar sind Anakin, Ahsoka und Obi-Wan die mit Abstand präsentesten Figuren, aber diverse Prequel-Nebefiguren und für die Serie geschaffenen Charaktere bekommen doch hin und wieder ihren Tag im Rampenlicht, darunter Mace Winud, Padmé Amidala, Aayla Secura, Kit Fisto, R2D2 und C-3PO, und selbst Schurken wie Count Dooku, Asajj Ventress oder General Grievous stehen mitunter im Fokus.
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Das Anthologieformat besitzt sowohl Vorzüge als auch Nachteile. Ein eindeutiger Vorteil ist die Vielseitigkeit, denn im Grunde ist für jeden etwas dabei, ein Stück weit deckt TCW das gesamte Star-Wars-Spektrum ab, von eher düsteren, grimmigen und kriegerischen Inhalten über das typische Abenteuer, das mysteriös-fantastische bis hin zu Albernheiten und sehr humoristisch angehauchten Episoden. Diese Stärke ist aber auch gleichzeitig eine Schwäche, denn so wirkt TCW mitunter ziemlich unausgewogen, vor allem dann, wenn eine sehr leichtherzige Episode auf eine sehr düstere folgt. Tatsächlich hätte ich mir mehr Fokus auf die Hintergründe des Krieges bzw. das Große Ganze gewünscht. Unabhängig von der Qualität der einzelnen Schlachten und Missionen ist es schwierig, diese in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen. Man merkt, dass Dave Filoni, George Lucas und die anderen Verantwortlichen ihren Fokus stärker auf die Einzelgeschichte und weniger auf den großen Plan legen, dem die Klonkriege folgen. Manche Angriffe der Separatisten wirken geradezu kontraproduktiv, weshalb etwa greifen die Streitkräfte der Konföderation Kamino an, obwohl Darth Sidious die Klonanlagen definitiv noch braucht? Im alten EU gab es zwar ebenfalls einen Angriff auf Kamino, dieser wurde allerdings von einer Fraktion innerhalb der Separatisten durchgeführt, die mit Dookus Führung nicht unbedingt einverstanden war, und darüber hinaus wurde besagter Angriff von Sidious und Dooku manipuliert, sodass er fehlschlagen musste. Und dann gibt es noch ein paar Folgen, die mit den Klonkriegen im Grunde gar nichts zu tun haben. Dazu gehören zum Beispiel diverse Folgen mit R2D2 und C-3PO im Fokus, aber auch der Mortis-Dreiteiler, die Mission von Mace Windu und Jar Jar Binks und im Grunde der gesamte Maul/Mandalore-Handlungsstrang. Das sagt nichts per se über diese Folgen aus, aber es ist doch auffällige, wie viele es von ihnen gibt – letztendlich heißt die Serie immer noch „Star Wars: The Clone Wars“ und nicht „Star Wars: Jedi Adventures“. Wahrscheinlich bin ich durch die Werke von James Luceno zu sehr verwöhnt und stelle an eine Jugendserie zu hohe Anforderungen, aber ich hätte mir mehr Fokus und Zusammenhang gewünscht.

In diesem Zusammenhang ist die nicht-chronologische Ordnung ebenfalls eine Schwäche, denn sie ist mitunter ziemlich verwirrend: In den Staffeln 1 bis 3 werden die Folgen zum Teil munter durcheinandergeworfen, und wer sich dessen nicht bewusst ist, ist etwas verwirrt, dass Ziro in Staffel 3 noch im Gefängnis sitzt, wo er doch schon am Ende von Staffel 1 befreit wurde.

The Clone Wars vs. Expanded Universe
Vor allem zu Beginn fand ich „The Clone Wars“ äußerst frustrierend. Bis 2008, als der Pilotfilm ins Kino kam, waren die Klonkriege die Zeit im SW-Universum, die am besten „dokumentiert“ war: Es gab eine genaue Timeline über 36 Monate, die besagte, was wann geschah, und das Ganze war im Großen und Ganzen in sich stimmig. Als „The Clone Wars“ begann, setzte es sich konstant über das alte EU hinweg. Zugegebenermaßen waren manche Änderung nötig; nachvollziehbarer Weise wollte man die Serie zu Beginn des Konflikts starten, und wenn Ahsoka als Anakins Padawan fungieren sollte, musste sein Ritterschlag natürlich vorverlegt werden. Mein Hauptproblem war jedoch, dass durch TCW Werke ersetzt wurden, die meiner Meinung nach schlicht die besseren Geschichten erzählten. Darüber hinaus fand (und finde) ich viele der Änderungen eher kontraproduktiv. Nehmen wir beispielsweise einmal Ryloth; sowohl im EU als auch in TCW ist Ryloth der Heimatplanet der Twi’leks, aber im EU ist er durch die komplexe und widersprüchliche Gesellschaft der Twi’lek sowie der einzigartigen klimatischen Verhältnisse sehr interessant, man hätte wunderbare Geschichten damit erzählen können. In TCW dagegen ist Ryloth ein ziemlich langweiliger und austauchbarer Wüstenplanet. Für die meisten Änderungen und Abweichungen vom EU ist wohl George Lucas selbst verantwortlich; hätte Dave Filoni als alleiniger Verantwortlicher fungiert, wäre wohl weitaus näher am EU geblieben.

In diesem Zusammenhang hat der Disney-Deal sogar geholfen, denn nun gibt es für mich zwei Star-Wars-Universen, die ich separat voneinander betrachten kann, nur die sechs Filme gelten für beide. Das eine ist das „alte“ SW-Universum, in dem alle Legends-Werke stattgefunden haben, die mir zusagen (ohne TCW), das andere ist die jetzt geltende Einheitskontinuität. In gewisser Weise habe ich so meinen Frieden mit TCW und den Kanonproblemen gemacht. Als Fan hat man’s halt nicht leicht.

Entwicklung
Wie bereits erwähnt war TCW vor allem zu Anfang eine ziemliche Enttäuschung. Das beginnt schon beim Pilotfilm. Dieser besteht aus den ursprünglichen ersten vier Folgen der Serie – und das merkt man leider auch ziemlich gut, denn genau so wirkt er auch: Wie vier zusammengeschnittene Folgen einer Serie. Die Kinoauswertung tut dem Material definitiv keinen Gefallen, sie schadet der Dramaturgie und wirft ein schlechtes Licht auf die Serie – die vielen enttäuschten Rezensionen sind in meinen Augen absolut keine Überraschung. Leider ging es in der ersten Staffel nicht sehr viel besser weiter, die Geschichten sind ziemlich uninteressant, die bereits etablierten Figuren gewinnen kaum an Tiefe und die neu eingeführten sind zum Teil wirklich extrem flach und klischeehaft, am schlimmsten ist in meinen Augen Dr. Bindi, der stereotype Dr.-Mengele-Verschnitt. Das soll nicht bedeuten, dass es in der ersten Staffel nicht auch gelungene Episoden gibt, etwa „Ambush“ oder „Rookie“, aber selbst diese werden zum Teil durch den wirklich unerträglichen Kampfdroidenhumor beeinträchtigt. Glücklicherweise geht es ab Ende von Staffel 1 langsam aufwärts, nicht zuletzt dank wirklich interessanter neuer Figuren wie Cad Bane und besser durchdachter, spannenderer Handlungsbögen. Ziemlich gelungen finde ich etwa den Geonosis-Vierteiler in Staffel 2, in dessen ersten beiden Folgen ordentliches Kriegsfeeling aufkam, während die zweiten zwei Episoden gelungen mit einem Horror-Element arbeiten. Erfreulicherweise sammeln sich bis zum Ende der Serie doch einige ziemlich gute Einzelepisoden und Mehrteiler an. Selbst Material, das nur bedingt (oder gar nicht) mit den Klonkriegen zu tun hat, weiß doch den Zuschauer für sich einzunehmen. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle zwei Vierteiler: Die Umbara-Episoden und Ahsokas Austritt aus dem Jedi-Orden – beide gehören definitiv mit zum Besten, was TCW zustande gebracht hat.

Ähnliches lässt sich auch über die Animation berichten, die konstant von Staffel zu Staffel besser wird. Auch hier sorgt der Pilotfilm erst einmal für einen negativen ersten Eindruck: Zwar ist er für Fernsehverhältnisse nicht schlecht animiert, aber wenn man einen Film im Kino sieht, erwartet man doch einen gewissen Standard – und an diesen Standard kommt der Pilotfilm einfach nicht heran; ein weiterer Grund, weshalb er im Kino nichts zu suchen hatte. Während Hintergründe und Raumschlachten ziemlich gut rüberkommen, sind zu Anfang vor allem die Figuren problematisch. Die Mimik ist ziemlich eingeschränkt, die Bewegungen wirken marionettenhaft, und darüber hinaus ist auch die Physik nicht immer stimmig. Glücklicherweise bessert sich das kontinuierlich. Ich muss auch zugeben, ich bin nicht unbedingt der größte Fan des kantigen Animationsstils, der stark auf dem der Clone-Wars-Zeichentrickserie von Genndy Tartakovsky beruht. Vor allem in diesem Zusammenhang ist Binge-Watching von großem Nutzen, denn nach einigen Folgen ist man unweigerlich im Stil drin, sodass er kein allzu größer Störfaktor mehr ist, man aber dennoch die Verbesserungen bemerkt. Um das Mal an einem spezifischen Element festzumachen: Darth Maul, der ab Staffel 4 mitmischt, hat eine ziemlich ausgeprägte Mimik, die in dieser Form in Staffel 1 sicher noch nicht möglich gewesen wäre.

Figuren und Sprecher
Gerade in der Figurenzeichnung hat „The Clone Wars“ doch einige Probleme. Auch hier ist vor allem (aber nicht ausschließlich) die erste Staffel betroffen. Von einer Serie, die auf einer Filmreihe basiert, könnte man theoretisch durchaus erwarten, dass sie den bereits etablierten Figuren neue Facetten abgewinnt, das passiert allerdings eher selten. Vor allem bei zwei Figuren ist das über den Verlauf der gesamten Serie hinweg recht problematisch: Count Dooku und General Grievous. Vor allem Ersterer hatte in den Prequels und im EU einige sehr interessante Eigenschaften: Edelmann, enttäuschter Idealist, Charismatiker. Kaum etwas davon hat es in die Serie geschafft, Dooku wird auf die reine Funktionalität reduziert. Noch schlimmer ist es bei Grievous, der nie über den Schurkenstereotyp hinauskommt. Seiner Charakterisierung aus „Die Rache der Sith“ wird absolut nichts hinzugefügt, Grievous ist und bleibt ein Gimmick-Schurke. Um wie viel interessanter war er da in James Lucenos „Labyrinth des Bösen“.
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Erfreulicherweise gibt es aber auch Gegenbeispiele. Anakin Skywalker ist so eines: Die Serie ist weitaus besser darin, Anakin nachvollziehbar und interessant darzustellen als die Prequels. Der Konflikt und die Zwiespältigkeit der Figur wird hier gelungener ausgearbeitet, Anakin ist glaubhafter heroisch, während seine dunkle Seite trotzdem hervortritt, das aber in besserem Ausmaß und subtiler als in „Angriff der Klonkrieger“. Auch Asajj Ventress macht im Verlauf der Serie eine durchaus passable Entwicklung durch. Und dann wäre da noch Darth Maul… Ich war und bin kein Fan dieses Zurückholens einer beliebten Figur, vor allem weil man merkt, dass die Clone-Wars-Macher unbedingt von Mauls Popularität profitieren wollten, zuerst, indem sie den eher plumpen Maul-Captain-Ersatz Savage Opress einführten und dann auch noch Maul selbst zurückbrachten. Sofern man über die ungeschickte Integrierung hinwegsieht lässt sich nicht leugnen, dass Maul in „The Clone Wars“ trotz allem die interessantere Figur ist – was zugegebenermaßen auch nicht so schwer zu bewerkstelligen war, denn in „Die dunkle Bedrohung“ war Maul letztendlich nur ein Gimmick, ein ziemlich cooles zwar, aber ein Gimmick nichtsdestotrotz. Die TCW-Version dagegen hat Ambitionen und muss damit klarkommen, dass sie von ihrem Meister im Stich gelassen wurde. Sehr gute Arbeit leistet die Serie auch in Bezug auf die Klone, die im Großen und Ganzen sehr gelungen und differenziert dargestellt werden, viele der Episoden mit Klonfokus gehören zu den besten der Serie.

Ein Bereich, in dem TCW definitiv brilliert sind die Sprecher. In der deutschen Version hat man, wo möglich, jeweils die Originalsprecher der Filme verpflichtet, die Qualität der Synchro ist allerdings nicht unbedingt berauschend, im Gegensatz zum Original. Zwar kehrten hier nur ein paar der Schauspieler der Filme zurück, u.a. Samuel L. Jackson und Christopher Lee (nur im Pilotfilm) und Anthony Daniels, Daniel Logan, Liam Neeson und Pernilla August (die beiden Letzteren nur in kleinen Gastauftritten), aber davon unabhängig ist der Cast wirklich extrem talentiert. In fünfeinhalb Staffeln kommen natürlich ziemlich viele Sprecher zusammen, weshalb ich hier nur ein paar hervorheben möchte. James Arnold Taylor zum Beispiel klingt wirklich fast genauso wie Ewan McGregor, auch Tom Kane (Yoda) und Matt Latner kommen den Filmversionen verdammt nahe. Ebenfalls sehr bemerkenswert sind Nika Futterman (Asajj Ventress) und Sam Witwer – Letzterer sprach bereits in „The Force Unleashed“ Starkiller und den Imperator, hier ist er die Stimme von Darth Maul und dem Sohn aus der Mortis-Trilogie. Eine besonders große Bandbreite zeigen Dee Bradley Baker, der es schafft, Dutzenden von Klonen eine distinktive Stimme zu geben, und Corey Burton, der so unterschiedliche Charaktere wie Count Dooku, Ziro the Hutt und Cad Bane spricht. Mein Favorit unter den Sprechern ist der leider 2012 verstorbene Ian Abercrombie, der ein grandioser Ersatz für Ian McDiamird als Palpatine bzw. Darth Sidious war und die Doppelidentität perfekt vermittelte. Während die Sidious/Imperator-Stimme noch verhältnismäßig einfach nachzuahmen ist, ist Palpatine als Oberster Kanzler weitaus schwieriger.

Musik
Ähnlich wie viele andere Aspekte der Serie fand ich die Musik, komponiert von Kevin Kiner, zu Anfang, speziell was den Score des Pilotfilms angeht, nicht besonders überzeugend. Auch hier gibt es glücklicherweise eine positive Entwicklung. Der Score des Films ist ein eher unausgereiftes Konglomerat an verschiedenen Stilen, die nicht so recht zusammenpassen; hier ein wenig Williams, dort etwas, das eher nach Hans Zimmer klingt, und dann auch noch E-Gitarren-Riffs, die auf ein Metal-Album passen, aber in einem SW-Score nichts verloren haben. Mein Hauptkritikpunkt war allerdings das Fehlen der Williams-Themen, bis auf den Main Title, das Machtthema, eine Andeutung des Imperialen Marsches und eine ziemlich merkwürdige Platzierung des Cloud-City-Themas hat es kaum leitmotivisches Material in Kevin Kiners Score geschafft. Ab Staffel 2 ändert sich das erfreulicherweise. Das Machttehma bleibt weiterhin fester Bestandteil der Musik und der Imperiale Marsch wird recht häufig, oft auch nur fragmentarisch, zitiert, um auf Anakins Schicksal zu verweisen, Prinzessin Leias Thema hat einen Gastauftritt auf Alderaan, Yodas Thema ist öfter zu hören und auch das Sidious/Sith-Thema bekommt einige markante Einsätze. Ein wenig seltsam finde ich allerdings, dass die PT-Themen sehr unterpräsentiert sind – gerade deren Einsatz hätte sich angeboten. Lediglich zwei Leitmotive, die nur in den Prequels zu hören sind haben es in die Serie geschafft: Das Battle-of-the-Heroes-Thema ist in Staffel 3 (Mortis-Trilogie, als der Sohn Anakin die Zukunft zeigt) und noch einmal in Staffel 5 (Yodas Vision vom zerstörten Jedi-Tempel) zu hören, und Qui-Gons Thema taucht auf, wenn der verstorbene Jedi-Meister in einer Machtvision zu sehen ist. Andere, etwa die Motive von Grievous, der Handelsföderation oder Anakin, von Across the Stars ganz zu schweigen, fehlen, hätten perfekt integriert werden können; auf diese Weise hätte man viele Szenen prägnanter gestalten können.

Immerhin hat Kiner durchaus einige neue Themen geschaffen, die er über den Verlauf der Serie entwickelt, etwa für Ahsoka, die Republik und Asajj Ventress. Diese sind funktional bis gut, bleiben aber letztendlich hinter den Themen des Maestro zurück. Insgesamt ist die Musik von TCW gut, hätte aber, durch die Verwendung von einigen der unbekannteren Williams-Themen wirklich grandios werden können.

Fazit
Nachdem ich die Serie nun einmal in kurzer Zeit komplett gesehen habe, bin ich immer noch nicht ihr größter Fan, muss aber zähneknirschend zugeben, dass sie sich definitiv zum Besseren entwickelt hat. Sie ist immer noch nicht die Repräsentation „meiner“ Klonkriege, das bleibt den diversen Comics und Romanen, die zwischen 2002 und 2005 erschienen sind, vorbehalten, aber es gibt definitiv diverse Einzelfolgen und Mehrteiler, die in die Nähe besagter Werke kommen oder anderweitig schlicht verdammt unterhaltsam sind. Somit hinterlässt „Star Wars: The Clone Wars“ bei mir insgesamt einen recht zwiespältigen Eindruck, denn nach wie vor gibt es viele, das mich massiv stört. Aber TCW hat auch bewiesen, dass es richtig gut, düster und erwachsen sein kann, einem Konflikt wie den Klonkriegen angemessen. Wenn nur der Droidenhumor nicht wäre…