The Invitation

Spoiler!
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Story: Als die amerikanische Künstlerin Evie (Nathalie Emmanuel) herausfindet, dass sie zur alteingesessenen und vor allem reichen britischen Alexander-Familie gehört, kann sie es erst nicht so recht glauben. Sie trifft sich mit ihrem entfernten Cousin Oliver (Hugh Skinner), der sie prompt zu einer großen Familienfeier, einer Hochzeit einlädt. Bei ihrer Ankunft in New Carfax Abbey im britischen Küstenort Whitby ist Evie erst einmal überwältigt. Der Herr des Anwesens, Walter De Ville (Thomas Doherty), scheint sofort ein Auge auf Evie geworfen zu haben und auch sie ist dem attraktiven jungen Mann nicht abgeneigt. Allerdings beginnen sich merkwürdige Ereignisse zu häufen. Da sind zum einen die Dienstboten Mr. Field (Sean Pertwee) und Mrs. Swift (Carol Ann Crawford) und die fast schon aggressiven Hochzeitsgäste Lucy (Alana Boden) und Viktoria (Stephanie Corneliussen), die sie alle reichliche verdächtig verhalten, und dann verschwinden auch noch Dienstmädchen. Schon bald muss Evie entdecken, dass sie selbst die unwissende Braut dieser Hochzeit ist und Walter es nicht nur auf ihre Hand, sondern auch auf ihr Blut abgesehen hat…

Kritik: In Zeiten, in denen Vampirfilme recht rar gesät sind, muss man nehmen, was man bekommt. Zugegebenermaßen sah der Trailer von „The Invitation“ bereits nicht allzu vielversprechend aus, aber zumindest in einer Hinsicht hat es sich durchaus gelohnt, und sei es nur, weil ich Komplettist bin. In gewissem Sinne handelt es sich bei diesem zweiten Film der australischen Regisseurin Jessica M. Thompson um eine verkappte Adaption von „Dracula“ – was ich im Vorfeld allerdings nicht wusste. Diesbezüglich passt „The Invitation“ natürlich hervorragend in mein Beuteschema. Einem Kenner des Romans mag bei der Inhaltsangabe bereits aufgefallen sein, dass Whitby Handlungsort ist, das Anwesen des Vampirs „New Carfax Abby“ heißt und auch noch eine Figur mit dem Namen Lucy auftaucht…

Zugegeben, „The Invitation“ als tatsächliche Adaption von Stokers Roman zu bezeichnen, ginge ein wenig zu weit, der Film greift allerdings definitiv Handlungselemente auf, macht seine Intention dabei aber nicht völlig offensichtlich. Walter De Ville, bei dem es sich natürlich um den Obervampir der Geschichte handelt, erwähnt einmal, früher, in seiner Heimat, der Walachei, habe man ihn als „Sohn des Drachen“ bezeichnet, womit eine relativ eindeutige Identifizierung sowohl mit Stokers Vampirgrafen als auch mit Vlad Țepeș stattfindet. Ausgangspunkt der Handlung sind ein weiteres Mal Draculas Bräute, die drei Vampirinnen, mit denen sich Jonathan Harker bei seinem Besuch in Transsylvanien herumärgern muss. Ursprünglich sollte der Film sogar „The Bride“ heißen. Walter de Ville rekrutiert seine „Bräute“ aus drei reichen Familien, Evie ist die Enkelin einer Frau, die ursprünglich als dritte Braut vorgesehen war, sich diesem Schicksal aber entzog.

Leider muss gesagt werden, dass „The Invitation“ primär auf konzeptioneller Ebene interessant ist, während es bei der Umsetzung doch ziemlich hapert. Jessica M. Thompson inszeniert ihren Film als gotische Romanze, gerade für den ersten Teil wirkt alles jedoch zu sauber und glänzend. Zudem wäre die eigentliche Handlung auch dann äußerst vorhersehbar, wenn der Trailer nicht schon alles gespoilert hätte. In Sachen Horror und Suspense ist „The Invitation“ zudem recht zahm und am Ende geht dann doch alles sehr schnell und sehr einfach, bis hin zur ziemlich klischeehaften Auflösung.

Auch Thomas Doherty als quasi-Dracula weiß leider nicht zu überzeugen und bleibt ein relativ uninteressanter, recht stereotyper Vampir. Gerade wenn man ihn als weitere Version Draculas interpretiert, ist die Konkurrenz natürlich enorm und geradezu überwältigend, angefangen bei Max Schreck und Bela Lugosi über Christopher Lee und Frank Langella bis hin zu Gary Oldman. Die aktuellste Version, dargestellt von Claes Bang in der Netflix/BBC-Adaption, konnte immerhin durch schiere Spielfreude und reinen Unterhaltungsfaktor punkten. Selbst wenn man den Dracula-Aspekt ausklammert, ist Walter de Ville schlicht nicht besonders interessant. Die besten schauspielerischen Leistungen liefern ohne Zweifel Nathalie Emmanuel und Sean Pertwee. Erstere beweist, dass sie definitiv das Zeug zur Leading Lady hat und ist ebenso authentisch wie sympathisch, während Letzterer zwar im Grunde eine böse Version seiner Rolle aus „Gotham“ spielt, aber dafür mit wenigen Dialogzeilen relativ viel erreicht. Vielleicht hätte Pertwee den besseren Dracula abgegeben…

Fazit: „The Invitation“ ist eine halbgare Vampir-Romanze mit einigen Verknüpfungen zu Stokers „Dracula“, die aber abseits zweier starker Performances kaum zu überzeugen weiß und qualitativ eher an die Netflix-Serie „First Kill“ anknüpft.

Trailer

Bildquelle (Sony Pictures Entertainment)

Siehe auch:
Geschichte der Vampire: Dracula – Bram Stokers Roman
Dracula (BBC/Netflix)
Dracula, Motherf**ker!
First Kill Staffel 1

GoT: The Queen’s Justice

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„The Queen’s Justice“ ist mal wieder ein schöner, mehrdeutiger Titel für die erste Episode dieser Staffel, die den Status Quo wirklich nachhaltig verändert. Wie schon in vorangegangenen Folgen werden Cersei und Daenerys abermals einander gegenübergestellt und durch ihr Verhältnis zu Gerechtigkeit weiter charakterisiert. Ich möchte auch noch einmal betonen, dass die Episodenstruktur und -dramaturgie dieser Staffel bislang exzellent ist. Obwohl gerade in dieser dritten Episode wirklich sehr viel Bedeutendes passiert, hat man nie wie manchmal in vorangegangenen Staffeln das Gefühl, man schaue gerade eine extrem hochwertig produzierte Clipshow.

Dragonstone
Auf Dragonstone kommt es zu dem Treffen, auf das die GoT-Fangemeinde bereits seit langem wartet: Jon Snow begegnet Daenerys Targaryen. Zuerst einmal wird er jedoch am Strand von Missandei und Tyrion empfangen. Der König des Nordens und die Hand sinnieren kurz über den Weg, den sie zurückgelegt habe, seit sie sich das letzte Mal gesehen haben. Ähnlich geht es Davos, der Dragonstone kaum wiedererkennt. In einem kurzen Intermezzo kündigt Melisandre an, dass sie Dragonstone verlassen wird, da sie sich im Schlechten von Jon getrennt hat. Ganz auf die für sie typische Art lässt sie dann gegenüber Varys noch eine ominöse Prophezeiung los, derzufolge sowohl sie als auch er in Westeros sterben werden.

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Jon (Kit Harrington) und Tyrion (Peter Dinklage), nach so vielen Staffeln wieder vereint. Im Hintergrund: Missandei (Nathalie Emmanuel) und Ser Davos (Liam Cunningham). Quelle.

Das eigentliche Treffen zwischen der Königin mit den vielen Titeln und dem König des Nordens verläuft in etwa so, wie man das erwarten würde. Beide Monarchen sind geprägt von ihren Erfahrungen und trauen dem anderen nicht. Daenerys verlangt, dass Jon das Knie beugt, Jon findet die Kriege im Süden angesichts der Bedrohung aus dem Norden kindisch. Der Dialog mag vorhersehbar sein, ist aber essentiell und kann im Grunde gar nicht anders verlaufen, da sich sonst beide Figuren völlig out of character verhalten würden. Ein wenig Rekapitulation lässt sich ebenfalls nicht vermeiden: Sowohl Jon als auch Daenerys sind nun einmal die Abkömmlinge zweier alter Adelsfamilien mit einer langen, verknüpften Geschichte. Schon am Anfang ist klar, dass dieses Gespräch zu keinem Ergebnis führen wird und vielleicht sogar höchst unangenehm enden könnte. Die Nachrichten, die Varys von der Eisernen Flotte bringt (wir erinnern uns an das Finale von Episode 2), verhindern das jedoch. Interessanterweise scheint Tyrions Brief, der inhaltlich nicht ganz dem Diktat der Königin entsprach, zumindest vorerst keine weiteren Folgen zu haben. Stattdessen versucht der Gnom, die schier unüberwindlichen Differenzen zumindest ansatzweise zu überbrücken und eine gemeinsame Grundlage zu schaffen. Die Drachenglasvorräte auf Dragonstone drängen sich da natürlich auf; Daenerys lässt sich breitschlagen, sodass Jon sie abbauen kann. Im Vergleiche zur angespannten Atmosphäre im Thronsaal ist die zweite Jon/Daenerys-Szene fast schon jovial. Fast.

King’s Landing
In King’s Landing zeigt Cersei mal wieder, was für eine ausgeglichene, moralisch gefestigte Frau sie doch ist. Euron bringt die Kriegsgefangenen zu seiner Königin, die seinen Antrag annimmt – sobald der Krieg gewonnen ist. Das ist ein typisches Cersei-Manöver: Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie keinerlei Absicht hegt, Euron tatsächlich zu ehelichen. Entweder er macht es ihr leicht und stirbt bereits während des Krieges, oder aber er überlebt, nur um dann von Cersei vergiftet zu werden. Natrülich ist Euron seinerseits nicht der vertrauenswürdigste Zeitgenosse, wer weiß, was er im Schilde führt.  Derweil merkt man Jaime an, dass er mit der Situation zunehmend unzufriedener wird, besonders, wenn Euron auch noch anzüglich stichelt. Bereits im Vorfeld der Staffel wurde fast schon angekündigt, dass Euron gewissermaßen der Ersatz für Ramsay ist. Zwar kann er sich noch nicht so vieler Verdienste rühmen, aber er arbeitet sich konstant nach oben und pflegt sein Image als anzüglicher Barbar. Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass wir von Euron in dieser Staffel noch einige Gemeinheiten erwarten dürfen. Gleichzeitig entfernt er sich so immer weiter vom Euron George R. R. Martins – ich weiß, ich wiederhole mich, ich wollte es aber noch einmal hervorheben.

In der folgenden Szene erfahren wir, wie Cersei Gerechtigkeit versteht: Sie tut Ellaria dasselbe an, das Ellaria ihr angetan hat. Tyene wird mit demselben Gift vergiftet, mit dem Myrcella vergiftet wurde. Damit sind die Sandschlangen (und die Dornischen insgesamt?) wohl endgültig Geschichte, besonders, da Indira Varma, Ellarias Schauspielerin, bestätigt hat, dass sie in der Serie wohl nicht mehr zu sehen sein wird. Damit ist der vielleicht unrühmlichste Handlungsstrang der Serie zu Ende – und nach wie vor ist es wirklich schade, dass eine so interessante Region wie Dorne durch schlechte Adaption derart verhunzt wurde.

„The Queen’s Justice“ beantwortet auch eine weitere Frage, die man sich als Zuschauer (vielleicht) seit einiger Zeit stellt: Läuft da eigentlich noch etwas zwischen Cersei und Jaime? Ja, da läuft noch etwas, auch wenn Jaime (in letzter Zeit grundsätzlich) eher unwillig ist. Cersei hat inzwischen keinerlei Hemmungen mehr, das Verhältnis für alle sichtbar weiterzuführen – die Königin tut, was sie will, abermals im Kontrast zu Daenerys, die tun möchte, was für das Volk am besten ist.

Im Anschluss gibt es noch ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten, nämlich dem von Mark Gatiss gespielten Tycho Nestoris, der für die Eiserne Bank von Braavos spricht. Das Gespräch verläuft sehr ähnlich wie vorangegangene Dialoge zwischen ihm und Vertretern der Krone bzw. des Hauses Lannister. Das interessanteste Ergebnis dieses Austauschs dürfte der Umstand sein, dass Tycho in King’s Landing bleibt – je nach dem könnte das unangenehm für ihn enden.

Winterfell

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Im Norden sehen wir, dass Sansa gar nicht so übel im Regieren ist. Eine kleine Andeutung in einem Nebensatz sorgt schon wieder für massive Spekulationen: Wolkan (Richard Rycroft), der neue Maester von Winterfell erklärt, er werde die Korrespondenzabschriften von Maester Luwin zurate ziehen. Schon ist das Fandom am Spekulieren, was er dort wohl finden wird. Das zentrale Element dieser Szene ist freilich die erste (und wohl nicht letzte) Stark Wiedervereinigung dieser Staffel: Bran kommt in Winterfell. Erst jetzt, im Kontakt mit „normalen Menschen“ fällt auf, wie sehr ihn seine Erlebnisse gezeichnet haben und wie stoisch er geworden ist. Besonders seine Worte im Götterhain sind da etwas grenzwertig in ihrem Mangel an Fingerspitzengefühl, man versteht gut, weshalb sie Sansa verstören.

Oldtown
In der Citadel erfährt Sam, dass die Operation an Ser Jorah erfolgreich war. Vielleicht liegt es nur an mir, aber mir kommt das ganze etwas zu einfach vor, aller Beteuerungen von Erzmaester Ebrose zum Trotz. Gerade an dieser Stelle zeigt sich wieder sehr gut, warum sich die späteren GoT-Staffeln nicht mehr unbedingt wie George R. R. Martins Geschichte anfühlen. Derartige Errungenschaften und, in Ermangelung eines besseren Wortes, Siege erschienen mir in den Romanen immer weitaus verdienter. Natürlich, die Serie hat weniger Zeit, so etwas zu vermitteln und gerade jetzt versuchen Benioff und Weiss, mit großen Schritten voranzuschreiten, aber dennoch. Davon abgesehen hat auch weiterhin jede Szene mit Sam und Ebrose eine ziemlich potterartige Atmosphäre.

Krieg im Süden
Wie schon in der letzten Episode geht’s auch im Finale von „The Queen’s Justice“ ordentlich zur Sache. Zwar beginnt es auf Dragonstone mit einem Monolog Tyrions, aber letztendlich ist das Ende der Episode so ineinandergeschnitten, dass ich es separat behandle. Mit den Worten des Gnoms unterlegt sehen wir, wie sich sein Plan entfaltet und die Unbefleckten Casterly Rock erobern. Den Stammsitz der Lannisters sehen wir hier zum ersten Mal in der Serie. Leider muss ich sagen, ich bin etwas enttäuscht, der Rock sieht verhältnismäßig gewöhnlich aus. In Martins „The World of Ice and Fire“ sind die Beschreibungen weitaus grandioser, dort ist Casterly Rock nicht einfach nur eine Burg auf einem Felsen, sondern eine Burg, die praktisch aus dem Felsen herausgehauen wurde und darüber hinaus die einzige von Westeros ist, die mit Harrenhall konkurrieren kann.

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Die Unbefleckten greifen Casterly Rock an (Quelle).

Tyrions Plan gelingt zwar, aber schnell erweist sich, dass er und Daenerys in eine Falle getappt sind: Eurons Flotte verbrennt die restlichen Schiffe der Targaryen, während die Lannister-Armee in aller Ruhe Highgarden erobert, das in der Serie ebenfalls ein wenig langweiliger wirkt als in der Vorlage (wo sind die Heckenlabyrinthe?). Die Szene an sich sagt mir aber sehr zu, schon allein wegen des massiven Einsatzes von The Rains of Castamere. Damit sind nach den Martells nun auch die Tyrells Geschichte, auch wenn Lady Olenna noch einen allerletzen Trumpf im Ärmel hat. Bereits nachdem sie das für ihre Hinrichtung vorgesehene Gift getrunken hat, gesteht sie Jaime süffisant, dass sie Joffrey ermordet hat und höhlt seinen Sieg auf diese Weise aus. Wir werden dich vermissen, Lady Olenna.

Fazit: „The Queen’s Justice“ ist die bisher beste und ereignisreichste Folge der siebten Staffel. Ich habe jedoch den leisen Verdacht, dass das nicht so bleiben wird.

Titelbildquelle

Siehe auch:
Dragonstone
Stormborn

GoT: Dragonstone

Spoiler!
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Letztes Jahr habe ich bei den GoT-Episodenrezensionen eine Pause eingelegt, u.a., da diese sehr aufwändig sind und mich Staffel 5 ziemlich enttäuscht hat. Nach der gelungeneren sechsten Staffel und auch aufgrund der Tatsache, dass Staffel 7 verkürzt ist und nur aus sieben Episoden besteht, habe ich beschlossen, zum alten Muster zurückzukehren und jede Folge ausführlich zu besprechen. Spätestens jetzt ist „Game of Thrones“ auch keine Adaption mehr. Staffel 6 hatte immerhin noch einige lose Handlungsstränge der Bücher zu verarbeiten, Staffel 7 dagegen betritt endgültig Neuland, damit fallen Vergleiche zur Vorlage größtenteils aus – was natürlich nicht heißt, dass es keine Rückbezüge zu den Romanen oder bisherigen Staffeln gibt.

„Dragonstone“ ist in mancher Hinsicht ein relativ typischer Staffelstart. An allen Ecken und Enden wird der Status Quo noch einmal untermauert, die Handlung schreitet noch nicht so recht voran, stattdessen stehen Charaktermomente im Vordergrund. Insgesamt ist diese Auftaktfolge sehr gut und angenehm strukturiert – nicht zu viele verschiedene Schauplätze, nicht zu viele kurze Einzelszenen, angenehmes Tempo. Inszenatorisch merkt man, dass der Winter angekommen ist und den Figuren (und Zuschauern) dunkle Zeiten bevorstehen. Sowohl bei Cersei als auch bei Daenerys ist Schwarz die Farbe der Wahl. Die Rüstungen der Königsgarde wurden dementsprechend angepasst und beide Königinnen tragen schwarze, hochgeschlossene Kleider, die recht martialisch wirken und im krassen Kontrast zur bisherigen Garderobe der beiden Herrscherinnen stehen.

Die Flusslande
Wir beginnen in den Flusslanden: Arya Stark nimmt ihre Rache an den Freys, nachdem sie Lord Walder bereits im Finale der letzten Staffel getötet hat. Da sie Lord Walders Gesicht hierfür verwendet, bekommt David Bradley noch einmal einen letzten, kleinen Auftritt. Die Szene ist natürlich eine subtile Spiegelung der Roten Hochzeit, aber auch ein Verweis auf Lady Stoneheart, die wiederbelebte Catelyn Stark, in den Romanen die Freys einen nach dem anderen aufknüpft. Diese Aufgabe hat Arya nun auf einen Streich erledigt. Wie es scheint ist ihr primäres Ziel nach wie vor, ihre Liste abzuarbeiten, denn sie bricht nach King’s Landing auf und begegnet auf dem Weg ausgerechnet… Ed Sheeran. Dieser doch etwas größere Cameo-Auftritt hat zu so etwas wie einer Minikontroverse geführt. Ich meinerseits frage mich nur, wieso das irgendjemanden überhaupt auf die Palme bringt, und das, obwohl ich Ed Sheeran nicht einmal besonders mag. Vielleicht stirbt er ja in der nächsten Folge eines unschönen Todes, wer weiß? Solchen Dingen bringt man am besten keine Aufmerksamkeit entgegen. Jedenfalls ist die Szene selbst gar nicht so übel: Nachdem Arya eiskalt einen Massenmord begangen hat, wird sie nun in einem menschlicheren Licht gezeigt.

Anders als Arya Stark zieht die Bruderschaft ohne Banner gen Norden. Ich möchte noch einmal betonen, dass die Bruderschaft sich am Ende von „A Dance with Dragons“ unter der Führung von Lady Stoneheart befindet, während Beric Dondarrion bereist seit einiger Zeit tot ist. Sandor Clegane könnte bei Martin ebenfalls überlebt haben, aber das wurde bislang nicht bestätigt. Wir befinden uns hier also in noch stärkerem Ausmaß auf reinem Serienterrain. Auch wird noch einmal rekapituliert, wir sehen, wie sich Clegane als Mensch geändert hat. Das geschieht relativ geschickt durch einen Rückgriff auf Staffel 4, dort hat er mit Arya das Haus, in dem die Bruderschaft nun Unterschlupf findet, bereits besucht. Der Kontrast könnte kaum größer sein. Darüber hinaus sieht Clegane, ähnlich wie seiner Zeit Stannis, Bilder in den Flammen. Wird aus ihm am Ende vielleicht doch noch ein religiöser Mensch?

Der Norden
Um die Zuschauer in dieser verhältnismäßig ruhigen, charakterfokussierten Episode an die Bedrohung aus dem Norden zu erinnern, zeigt uns Jeremy Podeswa, der Regisseur der Folge, einmal kurz die näherrückende untote Armee der Weißen Wanderer, inklusive mehrerer halbverrotteter Riesen. Diese Vision geht natürlich auf Bran zurück, der zusammen mit Meera nach langer Odyssee die Mauer erreicht und von der Nachtwache empfangen wird – es sieht so aus, als stehe uns bald eine weitere Stark-Wiedervereinigung bevor.

In Winterfell etabliert sich Jon derweil als neuer König des Nordens und versucht, Pragmatismus in die feudalen Strukturen seiner Heimat zu bringen: Frauen sollen ebenfalls gegen die anrückende Bedrohung kämpfen und von Sippenhaft hält er nichts. Lyanna Mormont, die in Staffel 6 schnell zum Fanliebling wurde, bekommt mal wieder Gelegenheit zu zeigen, dass sie mehr Eier hat als die restlichen Lordschaften des Nordens. Die Winterfell-Szenen unterstreichen auch gleich noch einmal, dass Sansa nun absolut keine Lust mehr hat, ein Spielball von irgendjemandem zu sein – nicht von Jon und schon gar nicht von Littlefinger. Dessen grandioser Masterplan bleibt weiterhin sehr undurchsichtig bzw. erratisch. Seit Staffel 5 fungiert Lord Baelish vor allem als Plotkatalysator, Weiss und Benioff benutzen ihn, um Figuren oder Fraktionen in bestimmte Situationen zu bringen (Sansa nach Winterfell als Ramsays Braut, die Streitkräfte der Arryns nach Norden etc.). Leider nehmen sie da mitunter keine Rücksicht auf Logik oder Entwicklung der Figur, was verdammt schade ist – in den Romanen sind Littlefingers Pläne weitaus kohärenter und nachvollziehbarer. Nun, wir werden sehen, was er in dieser Staffel ausheckt und ob auf seine Figurenmotivaton mehr Rücksicht genommen wird.

King’s Landing

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Cersei aus dem Hause Lannister, die erste ihres Namens, Königin der Andalen usw. (Lena Headey). Auch dabei: Jaime (Nikolaj Coster-Waldau). (Quelle)

Wie im Norden wird auch in King’s Landing der neue Status Quo zementiert. Cersei und Jaime herrschen theoretisch über die Sieben Königslande, praktisch herrschen sie gerade Mal über drei bis vier und haben einem ganze Menge Feinde: Die Starks im Norden, die Tyrells und Martells im Süden und natürlich Daenerys, die sich Westeros nähert. Derweil sind die Freys Geschichte, bleibt also nur noch ein potentieller Verbündeter: Euron Greyjoy, der gleich mit seiner ganzen Flotte kommt, Cersei heiraten möchte und ihr im Gegenzug seine Armada verspricht. Verständlicherweise ist Cersei diesbezüglich etwas zurückhaltend, weshalb Euron verspricht, mit einem Beweis seiner noblen Absichten zurückzukehren – ich vermute, dass das etwas mit Tyrion zu tun hat. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass Pilou Asbæk als Euron einfach nicht funktioniert. Nicht nur gelingt es ihm einfach nicht, die Ausstrahlung seines Buchgegenstücks zu vermitteln, auch im reinen Serienkontext wirkt er zu bieder und uncharismatisch. Wie ich bereits an anderer Stelle sagte, für den in der Serie herausgeschnittenen Victatrion Greyjoy wäre Asbæk perfekt gewesen, aber den mysteriösen, weitgereisten und einschüchternden Euro bekommt er einfach nicht hin.

Oldtown
Sam beginnt, sich in der Citadel einzuleben. Seine Arbeitsmontage hat mir ausnehmend gut gefallen und war das (etwas eklige) komödiantische Highlight in dieser ansonsten sehr ernsten Folge. Bei seinem potteresquen Ausflug (passend dazu das Casting von Jim Broadbent als Erzmaester Ebrose) in die verbotene Abteilung der Bibliothek von Oldtown entdeckt Sam nebenbei gleich, dass es auf Dragonstone ein massives Obsidian-Vorkommen gibt, das beim Kampf gegen die Weißen Wanderer von großem Vorteil sein könnte. Nebenbei findet er in einer der Zellen für Aussätzige auch gleich Ser Jorah Mormont, den er natürlich nicht kennt. Mormonts Zustand (die Grauschuppen haben ihn inzwischen ziemlich gezeichnet) und die Tatsache, dass er in Oldtown ist, werfen noch einmal die Frage auf, wie viel Zeit seit dem Finale von Staffel 6 vergangen ist. Besagtes Finale muss bereits mehrere Wochen oder Monate abgedeckt haben, da Varys innerhalb dieser Folge von Meereen nach Dorne reist und am Ende dann wieder bei Daenerys‘ Flotte ist, die gen Westeros segelt.

Dragonstone

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Daenerys (Emilia Clarke) auf Dragonstone. Als Hofstaat dabei: Missandei (Nathalie Emmanuel), Tyrion (Peter Dinklage), Varys (Conleth Hill), Grey Worm (Jacob Anderson). (Quelle)

Der Titel der Episode kommt erst am Ende so richtig zum tragen. Endlich, endlich, nach sechs Staffeln, ist Daenerys samt Drachen und Armee in Westeros angekommen und beansprucht den traditionsreichen Sitz ihrer Familie. Die Parallelen zu Aegon dem Eroberer, der ebenfalls von Dragonstone aus ansetzte, Westeros zu erobern, sind sicher kein Zufall. Auch diverse andere Parallelen fallen auf. Der Thron auf Dragonstone ruft Erinnerungen an den Eisernen Thron wach, zugleich gibt es einen Rückbezug auf Daenerys‘ bisherige Erfahrungen als Herrscherin. Wir erinnern uns, Daenerys hat nicht besonders viel für Throne übrig, in Meereen regierte auf einer schlichten Bank. Sie bestätigt ihre Einnahme von Dragonstone nun nicht, indem sie auf Aegons Stuhl Platz nimmt, stattdessen begibt sie sich zur Ratskammer. Hier gibt es ebenfalls einen Verweis, dieses Mal auf eine frühere Szene in dieser Folge. Die beiden Königinnen, die noch übrig sind, werden effektiv gespiegelt. In King’s Landing ließ Cersei eine große Karte von Westeros zeichnen; beide überblicken in dieser Folge den Kontinent, den sie zu erobern gedenken. Cersei sieht sich als völlig neue Königin und lässt deshalb eine neue Karte anfertigen, während Daenerys an das Vermächtnis ihrer Familie anknüpft. Insgesamt eine sehr starke Szene, die fast ohne Dialog auskommt und primär von der Musik getragen wird.

Fazit: „Dragonstone“ ist ein recht konventioneller, aber gut strukturierter Staffelauftakt mit angenehmem Tempo, der zwar mit einem größeren Massenmord beginnt, sich ansonsten aber vor allem darauf konzentriert, den Status Quo zu zementieren: Cersei sitzt auf dem Eisernen Thron, ist aber von Feinden umringt, Jon Snow kontrolliert den Norden und Daenerys macht sich daran, Westeros zu erobern.

Titelbildquelle

Siehe auch:
Game of Thrones Staffel 6

GoT: Valar Dohaeris

season 3
Nachdem ich für meinen Artikel über GoT-Staffel 2 doch ziemlich lange gebraucht habe, werde ich für Staffel 3 mal etwas neues ausprobieren: Brandaktuelle Episodenreviews, die, wenn alles wie geplant läuft und mir nicht etwas einen Strich durch die Rechnung macht, immer in der Woche nach Ausstrahlung folgen. Ich muss wohl nicht zusätzlich erwähnen, dass es hier massive Spoiler sowohl zur Serie als auch zu den Romanen geben wird. Wer die Serie noch nicht kennt, sollte also lieber meine spoilerfreie Rezension zu Staffel 1 lesen, die Episoden-Reviews sind nur für diejenigen, die die Folge schon gesehen (und möglichst die Bücher gelesen) haben oder sich nicht um Spoiler scheren.

Der Titel der ersten Folge der dritten Staffel ist quasi eine direkte Antwort auf den Titel der letzten Episode von Staffel 2. Nach Valar Morghulis (Valyrisch für: „Alle Menschen müssen sterben“) folgt die klassische Antwort auf diesen Ausspruch: Valar Dohaeris (ebenfalls Valyrisch: „Alle Menschen müssen dienen“). Anders als in der Folge „Valar Morghulis“ kommt die titelgebende Phrase in dieser Episode nicht vor (sie dürfte wohl erst in Staffel 4 auftauchen), und auch die Arya-Handlung nimmt erst einmal eine Auszeit, der Titel ist also auf anderer Ebene angesiedelt und bezieht sich wohl in erster Linie auf die Unberührten , aber auch auf alle anderen die dienen müssen (die Mitglieder der Nachtwache, Könige und Königinnen, die eigentlich dem Volk dienen sollten etc.).
Auffällig ist, dass einige Handlungsstränge erst einmal zurückgefahren wurden: Neben Arya fehlen auch Bran, Theon Greyjoy (den man in der Serie wohl, im Gegensatz zum Roman, zu sehen bekommen wird), Jaime und Brienne (ironisch, wenn man bedenkt, dass nach dem Prolog das erste Kapitel ein Jaime-Kapitel ist). Dennoch begrüße ich die Struktur dieser Episode. Gerade in der zweiten Staffel gab es für meinen Geschmack mitunter zu viele Sprünge zwischen den Charakteren, die jeweils nur in sehr kurzen Szenen auftraten. „Valar Doehris“ dagegen nimmt sich länger Zeit. Die Szenen sind mitunter fast schon kammerspielartig geworden (im positiven Sinn) und konzentrieren sich stark auf die Charaktere. Der Exploitationfaktor ist dagegen ziemlich gering, es gibt lediglich eine kurze Szene mit Bronn im Bordell und eine abgetrennte Brustwarze.
Eigentlich weiß diese erste Episode der dritten Staffel rundum zu überzeugen, wäre da nicht der Anfang…
Im Intro sind dieses Mal bis auf eine Ausnahme – Astapor – nur bereits bekannte Orte auf der Karte zu sehen. Anzumerken ist allerdings, dass Winterfell qualmt.

Nördlich der Mauer
Nachdem eine abgeänderte Version des Prologs von „A Storm of Swords“ bereits als episches, wenn auch nicht ganz logisches Finale der zweiten Staffel diente (warum bringen die Weißen Wanderer Sam nicht einfach um?), geht es in Staffel 3, noch vor dem Intro, direkt mit Sam weiter. Der Cliffhanger wird leider ziemlich unbefriedigend aufgelöst, von einer möglichen Schlacht ist nichts mehr zu sehen (lediglich Kampfeslärm ohne Bilder deutet darauf hin). Stattdessen trifft Sam wieder auf Mormont und seine Brüder, während sich Ghost (sollte der nicht bei Jon sein?) mit einem Wiedergänger anlegt.
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Mance Rayder (Ciarán Hinds)

Nach dem Intro springen wir dann auch sofort zu Jon, der mit Ygritte im Lager der Wildlinge angekommen ist, und treffen zusammen mit ihm, neben dem ersten Riesen der Serie (sofort sympathisch) zum ersten Mal auf Tormund Giantsbane (Kristofer Hivju) und Mance Rayder (Ciarán Hinds). Beide sind sehr gut getroffen, wobei ich vor allem Ciarán Hinds wirklich äußerst gut in seiner Rolle finde. Schon als Gaius Iulius Caesar in HBOs „Rome“ hat er gezeigt, dass er ein enormes Charisma besitzt und glaubhaft einen Anführer darstellen kann. Als Mance Rayder tut er dies abermals. Man versteht, weshalb er die Wildlinge anführt und man kann ihn sich ebenso gut als Mitglied der Nachtwache vorstellen. Auch das Gespräch zwischen ihm und Jon ist sehr schön umgesetzt.

Dragonstone
Davos‘ Handlungsstrang wurde recht stark vereinfacht. Wie im Buch wird er von Salladhor Saans Leuten gerettet und nach Dragonstone gebracht. Die Begegnung mit Stannis‘ Tochter Shireen und Robert Baratheons Bastard Edric Storm fällt ebenso weg wie die ausführliche Planung des Mordes an Melisandre, Davos macht lediglich Andeutungen. Er wird auch nicht von Ser Axell Florent in Gewahrsam genommen. Stattdessen entschieden sich die Macher, das Ganze direkter zu gestalten. Davos wird zu Stannis gebracht und greift Melisandre (scheinbar) im Affekt an. Liam Cunningham spielt Davos gewohnt überzeugend und das Wiedersehen mit Salladhor Saan ist ebenfalls erfreulich. Stannis ist seit der letzten Staffel noch stoischer geworden und gibt kaum mehr ein Wort von sich – die Atmosphäre der Szene erinnert ein wenig an die letzten Tage im Führerbunker.
Man darf wohl gespannt sein, wie sich dieser Handlungsstrang entwickelt, da nach dem Buch mit Davos, Stannis und Melisandre nicht allzu viel passiert, bis sie zur Mauer aufbrechen (was wohl erst in der vierten Staffel passieren dürfte) – in erster Linie lernt Davos lesen und denkt viel nach. Möglicherweise verbringt er ja ein, zwei Folgen im Kerker von Dragonstone oder der Handlungsstrang wird noch um zusätzliche Elemente erweitert. Wir werden wohl auf jeden Fall bald Stannis‘ Frau Selyse (Tara Fitzgerald) und seine Tochter Shireen (Kerry Ingram) zu sehen bekommen.

Harrenhal
Ich muss sagen, Robb Starks Besuch in Harrenhal hat mich ein wenig überrascht. Das Ganze dürfte wohl vor allem mit den Änderungen in Staffel 2 zusammenhängen; während im Roman Roose Bolton (durch Aryas Mithilfe) Harrenhal übernimmt, ist dies in der Serie (noch?) nicht der Fall. Ebenso erfährt Catelyn von Robbs Hochzeit erst in Band 3, während sie in Staffel 2 selbst dabei war. Wie genau diese Änderung zu diesem Zeitpunkt zu bewerten ist, lässt sich schwer sagen. Momentan kann man wohl davon ausgehen, dass hier ein etwas umständlicher Weg zu dem Zustand gewählt wurde, in dem Harrenhal sich befinden muss, wenn Jaime und Brienne eintreffen.
Sehr schön wird allerdings das sich verschlechternde Verhältnis zwischen Robb und Catelyn dargestellt – erstaunlich, was Michelle Fairley mit ein paar Blicken alles vermitteln kann. In dieser Szene feiert auch Qyburn (Anton Lesser), der Maester ohne Kette, eine ebenso interessante wie mysteriöse Nebenfigur, sein Debüt. In „A Clash of Kings“ als Teil der „Tapferen Kameraden“ eingeführt, tritt er später in Cersei Lannisters Dienste und ist verantwortlich für einige interessante Experimente.

King’s Landing
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Tyrion (Peter Dinklage), Bronn (Jerome Flynn) und Podrick Payne (Daniel Portman)

In der Hauptstadt der Sieben Königslande beschäftigt sich alles nach wie vor mit den Auswirkungen der beiden letzten Episoden von Staffel 2. Tyrion ist seither um einiges paranoider geworden und führt ein nicht im Roman vorkommendes, aber nichts destotrotz interessantes Gespräch mit Cersei (inklusive Anspielung auf Tyrions fehlende Nase im Roman), die vor allem über das besorgt ist, was Tyrion ihrem Vater erzählen könnte. Bronn gefällt sich währenddessen in seiner neuen Stellung als Ritter äußerst gut. Eines meiner persönlichen Highlights der Folge war auf jeden Fall das Gespräch zwischen Tyrion und Tywin. Charles Dance und Peter Dinklage sind in meinen Augen die beiden besten Schauspieler der Serie, und eigentlich war es verdammt schade, dass sie in Staffel 2 keine einzige Szene zusammen hatten. In ihrer gemeinsamen Szene in „Valar Dohaeris“ spielen beide meisterhaft und gehen vollkommen in ihrer Figur auf, vor allem, da beide in dieser Szene die Gelegenheit bekommen, die Masken ihrer Figuren fallen zu lassen: Tyrion strebt nach Anerkennung und seinem Recht, während Tywins Hass auf seinen Sohn sein Urteilsvermögen trübt, was sich ja letztendlich als fatale Schwäche erweist. Großartig ist in dieser Hinsicht auch der Einsatz des Rains-of-Castamere-Themas, welcher das Ende der Szene perfekt untermalt.
Andernorts zeigt sich derweil ein weiteres Mal, dass Shae für Ratespiele und dergleichen nichts übrig hat, auch wenn sie sich Sansa gegenüber nicht ganz so barsch verhält wie es bei Tyrion in einer ähnlichen Situation in Staffel 1 der Fall war. Hier wird auch eine weitere Änderung aus Staffel 2 behandelt: In „A Clash of Kings“ bietet Ser Dontos, der Sansa sein Leben verdankt, ihr an, sie aus King’s Landing zu bringen (im Auftrag Littelfingers, aber das weiß Sansa zu diesem Zeitpunkt nicht). In „Valar Motghulis“ wurde bereits eine Andeutung gemacht, dass Littlefinger in der Serie persönlich für alles sorgen wird, was sich nun in „Valar Dohaeris“ bestätigt. Das nimmt Littlefingers Machenschaften natürlich einiges an Komplexität, ist aber durchaus zu verkraften. Diese Szene ist voller kleiner Andeutungen, unter anderem wird klar, dass Littlefinger Arya auf Harrenhal sehr wohl erkannt haben dürfte, während Ros‘ Warnung an Shae wohl auf Varys zurückzuführen ist. Es stellt sich die Frage, ob Shae dasselbe Schicksal erleidet wie in der Vorlage und wie Ros‘ zukünftiges Schicksal aussieht.
Die weiteren Szenen in King’s Landing schlagen eine interessante Richtung ein, weil sie den Umstand nutzen, nicht an die POV-Charaktere gebunden zu sein. Joffrey beobachtet, wie seine zukünftige Braut Margaery in einem Waisenhaus wohltätige Arbeit leistet; sie spricht mit Kriegswaisen und spendet ihnen Trost. Diese Szene, sowie das darauffolgende Dinner der Lannisters und Tyrells (ohne Tyrion und Tywin, wohlgemerkt), zeigen Joffrey in einer ungewohnten Geisteshaltung, da er das, was Margaery da tut, vor allem von seiner Mutter überhaupt nicht kennt und so zum ersten Mal sieht, dass eine Königin sich auch anders verhalten kann. Gleichzeitig erhält Margaery mehr Profil als in den Romanen (erste Andeutungen gab es bereits in Staffel 2), was in jedem Fall zu begrüßen ist. Sehr geschickt wird hier die sich steigernde Beliebtheit der Tyrells in King’s Landing gezeigt, über die man in der Vorlage lediglich informiert wird. Gleichzeitig wird auch die Bedrohung für Cersei deutlich, die die Prophezeiung, von der man in „A Feast for Crows“ erfährt (eine jüngere und schönere Königin wird sie ablösen), wahrwerden sieht.

Astapor
Nachdem Daenerys vor allem zu Beginn der zweiten Staffel ein wenig stiefmütterlich behandelt wurde, erfolgt hier der Ausgleich. Schon ihre erste Szene wird von einem beeindruckenden Drogon eröffnet, der äußerst gut animiert ist – kein Wunder, stammt er doch abermals aus dem SFX-Studio Pixomondo, dessen Hauptsitz sich in Stuttgart befindet.
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Missandei (Nathalie Emmanuel)

Die Szenen in Astapor sorgen schließlich für einen äußerst gelungenen Abschluss der Episode.
Wie schon bei Davos wurde auch hier letztendlich viel vom „Zusatz“ gestrichen, stattdessen fokussierten man sich auf die, nennen wir es einmal Haupthandlung. Die Szene auf Daenerys‘ Schiff ist recht kurz und es fehlen viele Konversationen, was auch mit dem Fehlen Ser Barristan Selmys zusammenhängt, der, verkleidet als Arstan Weißbart, in „A Clash of Kings“ bereits zu Danys Khalasar stößt. In der Serie taucht er dagegen erst am Ende dieser Episode auf.
Sehr schön umgesetzt ist das Gespräch mit Kraznys mo Nakloz (Dan Hildebrand), das eindeutig das lustigste Element der Episode ist. Auch wenn Dan Hildebrand nicht so voluminös ist, wie Kraznys im Buch beschrieben wird, passt er doch wunderbar, da er punktgenau die Arroganz und die schlechten Manieren der Figur vermittelt. Auch Missandei (Nathalie Emmanuel) unterscheidet sich von ihrem Gegenstück aus „A Storm of Swords“; in der Serie ist sie gut zehn Jahre älter und recht…üppig. Da Dany in der Serie inzwischen keine Zofen mehr hat (Jhiqui taucht nur einmal kurz in Staffel 1 auf und Irri und Doreah sterben in Staffel 2) ist wohl anzunehmen, dass Missandei nicht nur ihre Funktion aus den Romanen haben wird, sondern auch als Zofenersatz dient.
Die Rückkehr Ser Barristan Selmys, unterlegt vom GoT- und von Daenerys‘ Thema, ist noch einmal ein weiteres Highlight der Episode, vor allem, weil ich die Figur äußerst gerne mag (was für ein Abgang in Staffel 1). Die Szene aus dem entsprechenden Kapitel in „A Clash of Kings“ wurde von Qarth nach Astapor verlegt und um ein richtig schön fieses Hexenmeister-Mädchen erweitert (als ob wir nach „Der Exorzist“ und „The Ring“ nicht schon wüssten, dass kleine Mädchen das absolute Böse sind). Bemerkenswert ist, dass Selmys Identität hier sofort enthüllt wird, was wohl vor allem aus dramaturgischen Gründen geschieht: Im Roman lässt sich seine Identität gut verhüllen, in der Serie dagegen ist dies weitaus schwieriger. Man wird sehen, wie Dany in der kommenden Episode mit der Enthüllung umgeht.
Fazit: Eine äußerst gelungene Einstiegsepisode, die ein wenig enttäuschend anfängt, dann aber enorm zulegt und gewaltigen Appetit auf den Rest der Staffel macht.

Game of Thrones Staffel 3:
Dark Wings, Dark Words
Walk of Punishment
And Now His Watch Is Ended
Kissed by Fire
The Climb
The Bear and the Maiden Fair
Second Sons
The Rains of Castamere
Mhysa

Siehe auch:
Game of Thrones Staffel 1
Game of Thrones Staffel 2
Game of Thrones Staffel 3