„Clash of the Titans“ aus dem Jahr 1981 ist nicht nur der letzte Film, an dem Stop-Motion-Legende Ray Harryhausen mitgewirkt hat, sondern war auch ein prägender Streifen meiner Kindheit, für den ich starke nostalgische Gefühle hege. Ausgelöst von Disneys „Hercules“ war meine späte Grundschulzeit geprägt von einer (bis heute anhaltenden) Liebe zur griechischen Mythologie, die „Clash of the Titans“ noch einmal stark befeuerte. Doch wie viel hat „Clash of the Titans“ tatsächlich mit der Perseus-Sage zu tun, die er adaptiert?
Die Perseus-Sage
Wie bei fast allen Sagen finden sich auch von der Perseus-Sage viele verschiedene Versionen, Abweichungen etc. – DIE einheitliche Geschichte gibt es nicht, und antike Erzähler wie moderne Autoren haben immer wieder kleinere und größere Details geändert. Perseus, Namensgeber und Protagonist, ist ein Sohn des Zeus und der Danaë. Diese ist die Tochter des Akrisios, seines Zeichens Königs von Argos, den ein Orakel davor warnt, dass sein Enkel ihn eines Tages töten wird. Aus diesem Grund sperrt er Danaë ein, damit sich ihr kein Mann nähern kann, was Zeus aber wie üblich nicht aufhält, der Göttervater besucht die Prinzessin in Form eines goldenen Regens. Akrisios ist nicht amüsiert und sperrt Mutter und Sohn in eine Holzkiste, um sie auf dem Meer auszusetzen, aber in Zeus‘ Auftrag sorgt Poseidon dafür, dass die beiden die Fluten überleben und auf der Insel Seriphos landen. Dort werden sie von dem Fischer Diktys entdeckt, der sie bei sich aufnimmt. Polydektes, Bruder von Diktys und Herrscher der Insel, hat es auf Danaë abgesehen, der inzwischen erwachsene Perseus steht diesem Ansinnen aber im Weg. Unter einem fadenscheinigen Vorwand bringt er Perseus dazu, aufzubrechen, um ihm das Haupt der schlangenköpfigen Medusa zu bringen, die alle Lebewesen mit einem Blick in Stein verwandeln kann.
Als Sohn des Zeus hat Perseus allerdings die Götter auf seiner Seite: Athene erscheint ihm und schenkt ihm einen spiegelnden Schild, der ihm dabei helfen kann, das Monster mit dem tödlichen Blick zu bezwingen und verrät ihm, dass die drei Graien, menschenfressende alte Frauen, die zusammen nur einen Zahn und ein Auge haben, ihm verraten können, wo die Nymphen (in manchen Versionen auch die Hesperiden) zu finden sind, die über weitere Artefakte verfügen, mit denen Perseus Medusa besiegen kann. Die Graien sind nicht allzu willig, können aber schließlich überlistet werden. Von den Nymphen erhält Perseus Flugsandalen, einen Sack, in dem er den Kopf der Gorgone unterbringen kann, und eine Tarnkappe, die ihn unsichtbar macht. So gerüstet kann Perseus es mit Medusa aufnehmen und schafft es, sie zu köpfen. Aus dem Leib des Monsters entspringen das geflügelte Ross Pegasus und der Riese Chrysaor.
Auf dem Heimweg probiert Perseus das Haupt der Medusa am Titanen Atlas aus, der ihm die Gastfreundschaft verweigert, weshalb der Halbgott ihn in das gleichnamige Gebirge verwandelt (was nicht unbedingt zu Atlas‘ Auftritten in anderen Sagen passt). Äthiopien liegt ebenfalls auf der Route, dort entdeckt Perseus eine junge Frau, die an einen Felsen gekettet ist. Bei ihr handelt es sich um die Prinzessin Andromeda, die dem Seeungeheuer Ketos geopfert werden solle, weil ihre Mutter Cassiopeia damit geprahlt hat, Andromeda sei schöner als die Nereiden, was Poseidon erzürnte. Das Ungeheuer ist dem Blick der Medusa allerdings nicht gewachsen und wird zu Stein, Andromeda ist frei und kann ihren Retter heiraten. Andromedas Onkel Phineus hätte seine Nichte allerdings ebenfalls gerne geheiratet und stört mit seinen Männern die Hochzeit, Perseus bedient sich jedoch abermals des Kopfes der Gorgone, und schon ist die Angelegenheit geregelt. Auch Polydektes darf Medusa bald in die Augen schauen. Und natürlich wäre es keine griechische Sage, wenn sich der Orakelspruch vom Anfang nicht erfüllen würde: Später nimmt Perseus an Wettkämpfen teil, bei denen auch Akrisios zugegen ist. Völlig ohne böse Absicht tötet Perseus den Großvater durch einen fehlgeleiteten Diskuswurf, um anschließend beschämt seine göttlichen Geschenke zurückzugeben, den Kopf der Medusa Athene zu vermachen (die ihn fortan an ihrem Schild trägt) und diverse griechische Dynastien zu begründen.
Anpassung der Handlung
Die grobe Handlung des Films, dessen Drehbuch von Beverley Cross stammt und bei dem Desmond Davis Regie führte, auch wenn Ray Harryhausen der Name ist, mit dem er primär verknüpft wird, stimmt mit der der Sage überein, es wurde allerdings versucht, den Plot stringenter zu gestalten und die einzelnen Episoden stärker miteinander zu verknüpfen. Wie in der Sage versteckt Akrisios (Donald Houston) Danaë (Vida Taylor) vor der Welt und Zeus (Laurence Olivier) besucht sie, um Perseus zu zeugen, allerdings ist der Grund ein anderer, es gibt keinen Orakelspruch, Akrisios hütet seine Tochter nur eifersüchtig. Nachdem er sie erzürnt in der Kiste ins Meer geworfen hat, befiehlt Zeus seinem Bruder Poseidon (Jack Gwillim) den Kraken loszulassen und Argos samt König zu zerstören. Polydektes und Diktys spielen im Film gar keine Rolle und auch Danaë kommt nicht mehr groß vor, stattdessen wird Perseus (Harry Hamlin) von der Göttin Thetis (Maggie Smith) nach Joppe versetzt. Diese ist wütend darüber, dass Zeus ihren Sohn Calibos (Neil McCarthy), der eigentlich Andromeda (Judi Bowker), die Prinzessin von Joppe, heiraten sollte, stattdessen in ein Ungeheuer verwandelt hat, weil er die geflügelten Pferde, bis auf eines, ausrottete. Calibos hat kein direktes Gegenstück in der Sage, am ehesten nimmt er Phineus‘ Platz als Perseus‘ Nebenbuhler ein. Seit er verwandelt wurde, ist Andromeda verflucht: Sie kann nur heiraten, wenn der Interessent ein Rätsel zu lösen vermag, andernfalls wird der Freier verbrannt.
Perseus freundet sich derweil mit dem Theaterschauspieler Ammon (Burgess Meredith, eine weitere Figur ohne Gegenstück in der Sage) an und bekommt diverse Geschenke von den Göttern: Ein Schwert von Aphrodite (Ursula Andress), den Tarnhelm von Athene (Susan Fleetwood) und einen Schild von Hera (Claire Bloom). Mit dem Tarnhelm bestückt sieht sich Perseus in Joppe um und landet schließlich unsichtbar in Andromedas Schlafgemach (ganz der Vater), wo er mit ansieht, wie Andromedas Seele von einem riesigen Geier entführt wird. Um dem Geier zu folgen, fängt Perseus Pegasus, das letzte der geflügelten Pferde, das hier definitiv nicht Medusa entspringt, ein. Seit „Clash of the Titans“ kann man fast von einer Tradition sprechen: Jeder Held, der es gerade braucht, bekommt Pegasus – Disneys „Hercules“ verwendet das geflügelte Ross auf dieselbe Weise. Der Held, der das geflügelte Ross in der Mythologie reitet, ist allerdings Bellerophon, der auf seinem Rücken gegen die Chimäre in die Schlacht zieht.
In den Sümpfen stellt Perseus fest, dass Andromeda die Rätsel von Calibos bekommt. Die beiden geraten aneinander und Perseus kann Calibos die Hand abschlagen, verliert dabei aber den Tarnhelm im Sumpf. Da er die Antwort direkt gehört hat, kann Perseus das Rätsel lösen. Unglücklicherweise ist Calibos‘ Mutter Thetis nach wie vor nicht begeistert und nimmt, wie in der Sage, Prahlerei von Andromedas Mutter Cassiopeia (Siân Phillips) zum Anlass zu fordern, dass Andromeda dem Kraken geopfert wurde, andernfalls werde es Joppe ergehen wie Argos. Gemeinsam mit Andromeda, Ammon und einigen Soldaten bricht Perseus nun auf, um von den Graien zu erfahren, wie man den Kraken denn besiegen kann. An der Konzeption des Aufbaus zeigt sich sehr gut, wie man versuchte, die Handlungselemente stärker miteinander zu verknüpfen – Perseus fliegt nicht einfach an der gefesselten Andromeda vorbei, sie ist bereits Motivation, um überhaupt nach Medusa zu suchen.
Die Nymphen wurden ebenfalls gestrichen, die nötigen magischen Utensilien besitzt Perseus ja bereits, wobei Pegasus die Flügelsandalen ersetzt und er von Athene als Ersatz für den verlorenen Helm eine mechanische Eule bekommt. Die Graien, hier als stygische Hexen bezeichnet, verraten Perseus stattdessen, dass nur Medusas Blick das Seeungeheuer vernichten kann. Die Gorgone befindet sich am Rand der Unterwelt, Perseus lässt Ammon und Andromeda zurück und macht sich mit den Soldaten auf, den Styx zu überqueren. Wie in der Sage gelingt es Perseus, das Monster zu köpfen und mit dem Haupt zurückzukehren. Anstatt Atlas in ein Gebirge zu verwandeln, muss sich Perseus ein letztes Mal mit Calibos auseinandersetzen, der die Begegnung dieses Mal nicht überlebt, sodass Perseus rechtzeitig zu Andromedas Rettung eintreffen und den Kraken wie geplant versteinern kann. Ende gut, alles gut.
Götter und Monster
Die Götter spielen, bis auf Zeus und Athene, eigentlich keine größere Rolle. Sie sind natürlich immer als Hintergrund der erzählten Welt vorhanden ¬– Poseidon ist im Grunde für mehrere Ereignisse indirekt verantwortlich – sind in der Geschichte selbst aber kaum präsent. „Clash of the Titans“ hingegen wechselt immer wieder zum Olymp und zeigt, wie die Götter die Geschicke der Sterblichen beeinflussen und sie wortwörtlich als Spielfiguren verwenden. Die Olympier sind, nebenbei bemerkt, äußerst prominent besetzt. Ur-Bond-Girl Ursula Andress mimt Aphrodite (und gibt gerade mal einen Satz von sich), Shakespeare-Darsteller Laurence Olivier gibt den Zeus und Maggie Smith spielt Thetis, die hier als primäre Widersacherin von Perseus fungiert. Thetis gehört in der griechischen Mythologie allerdings nicht zu den zwölf olympischen Kerngottheiten, sondern ist „nur“ eine Nymphe, die den Sterblichen Peleus heiratet und mit ihm Achilles zeugt.
Die diversen Monster, die Ray Harryhausen geschaffen hat, sind natürlich das Herzstück des Films, allerdings muss man sagen, dass die HD-Auflösung der BluRay den Effekten nicht unbedingt guttut – wobei es nicht einmal so sehr die Stop-Motion-Kreaturen sind, die unangenehm auffallen, sondern die Bluescreen-Effekte und Zusammenschnitte. Einige Monster wurden spezifisch für den Film geschaffen, dazu gehören primär die Riesenskorpione, der Geier und natürlich Calibos, der visuell am ehesten an einen Faun oder Satyr erinnert, in dieser Gestalt aber sicher auch Satan-Assoziationen wecken soll. Der Krake hat mit seinem mythologischen Gegenstück nur die Identität als Seeungeheuer gemein, da er eigentlich der nordischen Mythologie entstammt. Ketos ist ein riesiger Fisch oder Wal, kein humanoider Tintenfisch.
Unter all den Kreaturen des Films ist Medusa ohne Zweifel die beeindruckendste, was auch an der hervorragend inszenierten Szene liegt, in der sie auftaucht. Hier beschlossen Davis und Harryhausen, die Horrorelemente zu betonen, die Szene arbeitet exzellent mit Schatten, um die Spannung zu erhöhen, und wenn Medusa dann tatsächlich zu sehen ist, enttäuscht sie nicht – die Gorgone sieht tatsächlich grausig aus. Medusas Schwestern, die anderen beiden Gorgonen Stheno und Euryale, die im Gegensatz zu Medusa unsterblich sind, tauchen nicht auf und werden auch nicht erwähnt. Bei den Gorgonen zeigt sich sehr schön, wie mehrere Geschichten, die eigentlich nicht zusammenpassen, miteinander verschmolzen werden: Die Gorgonen sind einerseits Kinder des Gottes Phorkys und des bereits erwähnten Ungeheuers Ketos, andererseits wird Medusa aber als Sterbliche identifiziert, die mit Poseidon ein Verhältnis beginnt (oder von ihm vergewaltigt wird) und zwar in Aphrodites Tempel. Die Göttin ist erzürnt, kann aber nichts gegen Poseidon tun, weshalb sie Medusa in ein Monster verwandelt – diese Version übernimmt „Clash of the Titans“. Optisch wurde Medusa allerdings angepasst, in der Sage hat sie nicht nur Schlangenhaare, sondern auch die Hauer eines Ebers und ist zudem geflügelt.
Bei all den vielen Göttern und Monstern ist eine Gruppe allerdings erstaunlich abwesend: Die titelgebenden Titanen. Entgegen der Behauptung der stygischen Hexen handelt es sich weder bei Medusa, noch beim Kraken tatsächlich um Titanen, diese sind nämlich die Götter, die vor den Olympiern über den Kosmos herrschten. Die Geschichte dürfte ja relativ bekannt sein: Kronos, König der Welt und Herrscher der Titanen, fürchtet, seine Kinder könnten ihn usurpieren, wie er einst seinen Vater Uranus (den Himmel) entthronte. Also verschlingt er alle Kinder, die ihm seine Frau (und Schwester) Reha gebiert: Hades, Poseidon, Hera, Hestia und Demeter. Nur Zeus entgeht dem Schicksal, statt seiner bekommt Kronos einen Stein vorgesetzt. Einem erwachsenen Zeus gelingt es schließlich, seine Geschwister aus Kronos‘ Magen zu befreien und mit ihnen die Herrschaft der Titanen zu beenden und die meisten von ihnen in den Tartaros zu verbannen. Nichts von alldem spielt in „Clash of the Titans“ irgendeine Rolle, wahrscheinlich war man einfach nur der Meinung, dass die Titanen im Titel nicht nur cool, sondern auch nicht so austauschbar wie „Monster“ klingt.
Das Remake
Wir schreiben das Jahr 2010, Hollywood im Allgemeinen und Warner Bros. im Besonderen suchen immer noch einem würdigen Nachfolger der LotR-Trilogie bzw. einem Franchise, das die bald endende Harry-Potter-Reihe beerben könnte – warum es dann nicht einmal mit griechischer Mythologie probieren, nachdem man in den 90ern die Rechte an „Clash of the Titans“ erworben hat? Das Remake des Harryhausen-Klassikers ist ein typischer, seelenloser Blockbuster dieser Ära, inklusive massivem CGI-Einsatz und einem nach „Pirates of the Caribbean“ klingenden Score von Ramin Djawadi aus der Prä-GoT-Ära. Dennoch muss ich zugeben, dass dieser Film, obwohl er ein weiteres Beispiel für nachhaltige Studioeinmischung ist und Regisseur Louis Leterrier dazu brachte, sich von ihm zu distanzieren, für mich ein Guilty Pleasure darstellt. Sicher, der Film ist strukturell unausgegoren und trashig, aber gerade das macht ihn amüsant, zusammen mit dem beeindruckenden Cast. Neben Liam Neeson als Zeus, Ralph Fiennes als Hades, Gemma Arterton als Io und Sam Worthington, der aufgrund von „Avatar“ gerade als der nächste große Name gehandelt wurde, aber quasi dieselbe Rolle spielt wie in besagtem Cameron-Film, als Perseus sind es primär die Nebenrollen, die zum Teil nur ein, zwei Dialogzeilen haben: Mads Mikkelsen, Liam Cunningham, Rory McKann und Nicholas Hoult gehören zu Perseus‘ Garde, die ihn auf seiner Reise begleitet, Danny Houston und Luke Evans glitzern auf dem Olymp als Poseidon und Ares, Kaya Scodelario rennt einmal als Andromedas Zofe durchs Bild und Pete Postlethwaite mimt in den ersten fünf Minuten Perseus‘ Ziehvater – diese Liste war 2010 schon beeindruckend und ist es heute in noch weit größerem Ausmaß.
Storytechnisch geht das Remake mit seiner Vorlage etwa so sorgsam um wie diese Vorlage mit der Perseus-Sage. Der Grundplot ist derselbe: Der Kraken droht eine Stadt (hier, anders als im Harryhausen-Film, Argos, nicht Joppe) zu zerstören, weil die Götter beleidigt wurden. Um das zu verhindern, soll ihm Andromeda (Alexa Davalos) geopfert werden. Also zieht der Halbgott Perseus aus, um von den stygischen Hexen zu erfahren, wie der Kraken getötet werden kann. Nebenbei bemerkt: Die tatsächlichen Titanen und die Kronos-Geschichte wird Vorspann kurz erzählt, hier wurde der Kraken von Hades als Waffe gegen die Titanen erschaffen, was ebenso merkwürdig wie unschlüssig ist – man wollte wohl den Titel irgendwie rechtfertigen. Wie dem auch sei, Medusas Kopf ist wie schon im Original das einzige Mittel, mit dem man den Kraken bezwingen kann.
Louis Letterier und die Drehbuchautoren Travis Beacham, Phil Hay und Matt Manfredi ändern sowohl die äußere als auch die Figuren-interne Konfliktsituation. Im Original war der Streit unter den Göttern eher spielerisch, man benutzt eben die Menschen als Spielfiguren, die Autorität der Olympier wird in letzter Konsequenz aber nie in Frage gestellt. Im Remake dagegen lehnen sich die Menschen gegen die Götter auf und Akrisios (Jason Flemyng) belagert den Olymp, weshalb Zeus seine Frau (und nicht Tochter) Danaë (Tine Stapelfeldt) schwängert. Die Kiste im Meer überlebt dieses Mal nur Perseus, dafür wird Akrisios aber von Zeus entstellt – er ist quasi das Gegenstück zu Calibos, der dem Helden folgt und auf der Reise Probleme macht. Perseus‘ Gegenspieler unter den Göttern ist Hades, den Ralph Fiennes als bärtige Version von Voldemort spielt. Ohnehin erinnern Zeus und Hades hier mehr an Gott und Satan, während die anderen Olympier lediglich Staffage sind. Hades als Schurke hat in der griechischen Mythologie keine Tradition, sehr wohl aber in der modernen Popkultur, die ihn ständig zum altgriechischen Äquivalent Satans macht – sei es in Disneys „Hercules“ oder in der Animationsserie „Justice League“. Der Gott der Unterwelt hat vor, Zeus zu entthronen und die Herrschaft zu übernehmen – es steht für die Götter bzw. für Zeus also einiges mehr auf dem Spiel, als es im Original oder der Sage der Fall ist.
Der Konflikt zwischen Menschen und Göttern erstreckt sich auch auf unseren Helden. Während Harry Hamlins Perseus eigentlich weder mit sich haderte, noch ein Innenleben irgendwelcher Art besaß und seine göttliche Herkunft schon gar nicht in Frage stellte, ringt Sam Worthingtons Perseus ständig mit besagter Herkunft, weigert sich, die göttlichen Geschenke zu verwenden, brüskiert Zeus, als dieser in Kontakt mit ihm tritt etc. Interessanterweise ist Worthingtons Halbgott kaum weniger hölzern und spröde als Hamlins, er ist nur wütender. In beiden Fällen ist der Protagonist die mit Abstand uninteressanteste (und am schlechtesten gespielte) Figur. Bonuspunkte gibt es für den Versuch, dem Helden einen inneren Konflikt zu verpassen, durchaus, aber gut gemeint ist eben leider das Gegenteil von gut gemacht. Davon ausgehend ist das Thema des Remakes Selbstbestimmung, die Götter werden noch deutlich ambivalenter dargestellt, als das sonst der Fall ist, wobei viele Nuancen, die interessant hätten sein können, in den CGI-Materialschlachten, dem schwachen Drehbuch und den Studioeinmischungen untergehen. Immerhin gibt man Liam Neeson und Ralph Fiennes Gelegenheit, ein schönes Overacting-Duell hinzulegen – durchaus etwas, das für das Remake spricht.
Die meisten Handlungselemente des Originals tauchen in der einen oder anderen Form auf, meistens aber exzessiv überzeichnet. Statt ein paar übergroßer Skorpione tauchen nun eine ganze Menge auf, die Elefantengröße erreichen, die stygischen Hexen, im Film von 1981 optisch einfach drei blinde, schmutzige alte Frauen, sehen nun aus, als stammten sie aus einem Film von Guillermo del Toro und aus dem Kraken ist eine wirklich gewaltige, cthuloide Monstrosität geworden – alles sehr überdreht und trashig, aber wie gesagt, dieser Hang zum Exzess sagt mir hier irgendwie zu. Am enttäuschendsten ist tatsächlich Medusa selbst – weder das Design der Figur, noch die entsprechende Szene können dem Original auch nur ansatzweise das Wasser reichen. Es wird kaum verwundern, dass auch Medusa mit CGI umgesetzt wurde, als Basis fungierte das russische Model Natalia Vodianova – dementsprechend ist die Gorgone einerseits deutlich zu attraktiv und andererseits schlicht zu schlecht animiert, sodass sie sich mitten durch das „uncanny valley“ schlängelt.
Fazit: Weder „Clash of the Titans“ von 1981 noch das Remake aus dem Jahr 2010 sind eine adäquate Umsetzung der Perseus-Sage, noch sind sie hohe Filmkunst, dafür haben beide zu viele inhaltliche und strukturelle Probleme. Beide fallen für mich allerdings in den Guilty-Pleasure-Bereich: Für das Original habe ich starke nostalgische Gefühle, es lebt vom Charme der Harryhausen-Kreaturen, während der schiere Exzess, quasi „griechische Mythologie auf Steroide“ und der grandiose Cast des Remakes zumindest für gute Unterhaltung sorgen.