Score-Duell: Justice League – Elfman vs. Holkenborg

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Es mag vielleicht aufgefallen sein, dass in meiner ausführlichen Rezension zu „Zack Snyder’s Justice League“ ein Thema auffällig abwesend war: Der neue Score von Tom Holkenborg alias Junkie XL. Wer diesen Blog schon etwas länger verfolgt, weiß, dass ich eine, sagen wir, ausgeprägte Meinung zum Thema „Musik des DCEU“, wie sie vor allem von Hans Zimmer und Holkenborg geprägt wurde, habe. Wir haben hier eine zumindest relativ seltene Situation, in der (mehr oder weniger) derselbe Film von zwei Komponisten sehr unterschiedlich vertont wurde. Schon für die ursprüngliche Kinofassung hätte Holkenborg den Score schreiben sollen, tatsächlich war dieser wohl schon so gut wie fertig, bevor Holkenborg durch Elfman ersetzt wurde. Für den Snyder-Cut griff er allerdings nicht auf diesen ursprünglichen Score zurück, sondern begann noch einmal ganz von vorne, um den Anforderungen des nun deutlich längeren Filmes gerecht zu werden. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um ein neues Format der Soundtrack-Besprechung auszuprobieren, in dem ich zwei (oder auch mehr?) Scores anhand diverser Kategorien (die natürlich variabel sind) miteinander vergleiche, zum Beispiel Remakes, Reboots, Sequels mit völlig unterschiedlichem musikalischem Konzept oder Filme, die sich aus anderen Gründen musikalisch vergleichen lassen.

Stil
Im Verlauf seiner Karriere arbeitete Zack Snyder mit drei „Stammkomponisten“: Tyler Bates, Hans Zimmer und Tom Holkenborg, wobei die letzten beiden praktisch von Anfang an als Team auftraten. Alle Scores, die aus diesen Partnerschaften resultierten, weisen gewisse Gemeinsamkeiten auf, die wohl auf Snyders musikalische Vorlieben zurückgehen – sie alle zeichnen sich nicht unbedingt durch ausgeprägte Orchesterarbeit und detaillierte Leitmotivik, sondern eher durch Rock- und Sounddesignelemente sowie eine eher brachiale Natur aus. Das gilt ebenso für die Scores von früheren Snyder-Filmen wie „300“ oder „Watchmen“ als auch für die Soundtracks des DCEU, die natürlich stark vom Zimmer/Nolan-Sound geprägt sind. Als Joss Whedon das Ruder bei „Justice League“ übernahm, sagte ihm diese Herangehensweise allerdings nicht zu, weshalb er stattdessen Danny Elfman ins Boot holte – mit diesem hatte er zuvor bereits an „Avengers: Age of Ultron“ zusammengearbeitet und vermutlich gute Erfahrungen gemacht. Elfmans „Justice League“ ist deutlich traditioneller als die bisherigen DCEU-Scores, mit größerem Fokus auf das Orchester. Es handelt sich im Grunde um eine nahtlose Fortsetzung von Elfmans modernem Action-Stil, den er in „Men in Black“ und „Spider-Man“ etablierte und in „Wanted“, „Hellboy 2: The Golden Army“, den beiden Alice-Filmen und natürlich „Age of Ultron“ weiterentwickelte. Es finden sich durchaus hier und da Zugeständnisse an den von Zimmer und Holkenborg etablierten Sound, gerade in Hero’s Theme, (der Track findet sich zugegebenermaßen in dieser Form nicht im Film), aber „Justice League“ ist ohne Zweifel ein Elfman-Score durch und durch, die Orchesterarbeit ist weitaus komplexer, opulenter und organischer als bei den beiden Vorgängern – diesen Stil empfinden viele Kinogänger traurigerweise inzwischen als „veraltet“. Elektronische Manipulationen und Snyth-Elemente sind zwar vorhanden, aber in weitaus geringerem Ausmaß.

Wie nicht anders zu erwarten kehrte Holkenborg für den Snyder-Cut zum bereits etablierten DCEU-Stil zurück, was im Klartext bedeutet: mehr Sounddesign, mehr Ambience und durchgehende Manipulation und Prozessierung der Performance des Orchesters, bis man kaum mehr unterscheiden kann, was tatsächlich von Musikern und was aus dem Computer kommt. In letzter Konsequenz stellt sich hier natürlich zum einen die Frage, welchen Stil man persönlich bevorzugt und welcher besser zum Film passt. Meine Antwort auf den ersten Teil dieser Frage dürfte eindeutig sein: Ich war nie ein Fan von den reduzierten, übermäßig prozessierten und bearbeiteten Klängen, die Zimmer und Co. für die Dark-Knight-Trilogie, „Inception“ oder eben die DCEU-Filme ablieferte. Ich kann nicht bestreiten, dass sie oft zumindest funktional sind, aber derartige Scores haben darüber hinaus für mich nur selten Mehrwehrt, auch wenn sie den Geschmack vieler Zuschauer zu treffen scheinen. Dementsprechend gehöre ich zu der Minderheit, die Elfmans Score als Hörerlebnis definitiv vorzieht – tatsächlich kehre ich immer wieder gerne gerade zu den komplexen, motivisch ausgefeilten Action-Tracks zurück. Es lässt sich allerdings auch nicht bestreiten, dass Elfmans Score zumindest in der aktuellen Form für Snyders Vision unpassend gewesen wäre. Ich denke allerdings, dass Elfman auch durchaus in der Lage gewesen wäre, sich an „Zack Snyder’s Justice League“ anzupassen, hat er doch mit „Planet of the Apes“, „Sleepy Hollow“ und „The Wolfman“ bewiesen, dass er auch düstere, grimmige und brutale Stoffe passend vertonen kann, ohne seinen Stil zu verwässern. Warner wollte jedoch, dass die Kinofassung von „Justice League“ einem Avengers-Film so ähnlich wie möglich wird, und das erstreckte sich dann auch auf die Musik. Im Fandom wird spätestens seit „Justice League“ allerdings eine etwas merkwürdige Dichotomie wahrgenommen; ein Score, der weniger elektronisch wummert und dröhnt, wird, vor allem von Snyder-Fans, sofort als „Marvel-artig“ gesehen, was bestenfalls eine grobe Vereinfachung und schlimmstenfalls schlicht falsch ist.

Gewinner: Elfman, aufgrund meiner persönlichen Vorlieben; hier sticht die exzellente Orchesterarbeit die stilistische Kontinuität aus.

Themen
Sowohl Holkenborg als auch Elfman griffen auf ein Arsenal an bereits bestehenden Themen zurück, was bei einem Score eines etablierten Franchise nicht sonderlich verwundert. Elfman bediente sich allerdings, mit einer Ausnahme, nicht den von Zimmer und Holkenborg etablierten Leitmotiven, sondern der klassischen Themen. Elfman war wohl, ähnlich wie ich, von der bisherigen Musik des DCEU nicht allzu angetan und verfolgte deshalb einen anderen Ansatz: Er (oder Whedon, oder Warner) wollte, dass die ikonischen Helden der Justice League durch nicht minder ikonische Themen repräsentiert werden, weshalb er gerade für DCs Trinität diejenigen wählte, die die Allgemeinheit am stärksten mit ihnen verknüpft: sein eigenes Batman-Thema, John Williams‘ Superman-Thema und das Wonder-Woman-Motiv aus „Batman v Superman: Dawn of Justice“. Keines dieser drei Themen sollte allerdings den Film dominieren, weshalb Elfman sich ihrer eher fragmentarisch und subtil bedient, ihnen aber einen oder zwei Moment im Scheinwerferlicht gewährt. Das Superman-Thema etwa untermalt in entstellter Version den Kampf der restlichen Ligisten gegen den wiedererwachten Superman (Friends and Foes) und darf einmal klassisch-heroisch (aber nur sehr kurz) in The Final Battle erklingen. Der Rhythmus des Wonder-Woman-Motivs ist im gesamten Score sehr präsent, eine knackige Action-Variation findet sich allerdings nur in Wonder Woman Rescue. Elfmans Batman-Thema ist fraglos das dominanteste und dasjenige, das am häufigsten auftaucht, aber auch hier bedient sich Elfman nur des aus fünf bzw. sechs Noten bestehenden Kernmotivs, den „Marschteil“ zitiert er nur einmal in The Final Battle. Weitere, gut vernehmbare Variationen finden sich in Then There Were Three, The Tunnel Fight und Anti-Hero’s Theme.

Zusätzlich zu diesen drei bereits etablierten Themen komponierte Elfman eine Reihe neuer Themen und Motive, hierzu gehören das Hero’s Theme, das zwar eine Suite zu Beginn des Albums hat, im Score selbst aber nur eine untergeordnete Rolle spielt, und das eigentliche Thema der Justice League (sehr gut vernehmbar in The Justice League Theme – Logos und Justice League United, aber auch in den diversen Action-Tracks). Hier lässt sich eine gewisse Ähnlichkeit zum Avengers-Thema nicht leugnen, beide Themen sind ähnlich instrumentiert und um dasselbe Intervall, die reine Quinte (das klassische Helden-Intervall) aufgebaut. Den weiteren Mitgliedern der Liga verpasste Elfman ebenfalls eigene Motive, diejenigen von Aquaman und Cyborg gehen eher unter, das von Flash hingegen ist äußerst markant und erklingt jedes Mal, wenn er in die Speed Force gleitet, zum Beispiel am Ende von Spark of the Flash, in The Tunnel Fight oder Friends and Foes. Steppenwolf hat sein eigenes Schurkenmotiv und die Beziehung zwischen Lois und Clark erhält ebenfalls ein Thema. Nun denn, Fans der bisherigen Scores waren (nicht ganz zu Unrecht) ziemlich wütend darüber, dass Elfman die bisherigen Themen einfach so verwarf, und ich kann das gut nachvollziehen, denn bei fast jedem anderen Franchise würde ich ähnlich empfinden, aber gerade bei diesem haben die Leitmotive aus „Man of Steel“ und „Batman v Superman: Dawn of Justice“ so wenig emotionale Resonanz bei mir hervorgerufen, dass ich kaum Probleme damit habe. Tatsächlich finde ich es schön, die Klassiker noch einmal in neuem Gewand zu hören.

Holkennborgs leitmotivischer Ansatz ist dem von Elfman gar nicht so unähnlich, vor allem auf zwei bereits existierende Themen greift er in großem Ausmaß zurück, das wären zum einen das Wonder-Woman-Motiv, das hier in seiner harschesten und elektronischsten Ausprägung zu finden ist (zum Vergleich: Elfman wählte eine deutlich organischere Instrumentierung), etwa in Wonder Woman Defending/And What Rough Beast und Wonder Woman, a Call to Stand/A World Awakened und zum anderen das Superman/Clark-Kent-Thema, sowohl in der Klavierversion (Superman Rising, Pt. 1/A Book of Hours) als auch in der heroischen, aufstrebenden Variation, die in „Man of Steel“ nur zwei Mal und in „Batman v Superman: Dawn of Justice“ überhaupt nicht zu hören war (Superman Rising, Pt. 2/Immovable). Weitere bekannte Themen, die zumindest kleine Cameo-Auftritte spendiert bekommen, sind das Motiv für Lex Luthor und der Bat-Rhythmus, beide in „Batman v Superman: Dawn of Justice“ etabliert und beide in Your Own House Turned to Ashes zu hören. Interessanterweise ist dieses primäre Motiv für den Dunklen Ritter ansonsten allerdings abwesend, stattdessen spendiert ihm Holkenborg ein neues Leitmotiv, zu diesem später mehr.

Das zentrale neue Thema von „Zack Snyder’s Justice League“ ist das Foundation-Thema, gewissermaßen Holkenborgs Identität für die Justice League – es darauf zu reduzieren würde ihm allerdings nicht ganz gerecht werden, da sich der holländische Komponist tatsächlich einige Gedanken zu diesem Thema gemacht zu haben scheint. Es handelt sich dabei nämlich nicht nur um ein Team-Thema, sondern repräsentiert den Gedanken der heroischen Vereinigung im Kampf gegen die Horden von Apokolips – in dieser Funktion kommt es bereits bei der LotR-artigen Rückblende, in welcher die Amazonen, Menschen, Atlanter, Götter und Green Lanterns gegen Darkseid kämpfen, vor bzw. wird dort etabliert. Die Justice League führt dieses Bündnis fort und wird aus diesem Grund mit dem Foundation-Thema bedacht. Hier muss ich Holkenborg tatsächlich den Vorzug geben, denn besagtes Thema ist nun zwar auch nicht unbedingt das innovativste und steht in der Tradition der Zimmer-Power-Hymnen der 90er und frühen 2000er, ist aber doch markanter und effektiver als Elfmans Justice-League-Thema. Wie dieses ist es in viele der Action-Tracks eingearbeitet, auf dem Album finden sich aber auch zwei Suiten, The Foundation Theme und The Crew at Warpower, die es gut repräsentieren.

Holkenborgs neues Batman-Thema soll die nun heroischere Version des Dunklen Ritters, die uns im Kontrast zu „Batman v Superman: Dawn of Justice“ präsentiert wird, darstellen – ironischerweise ist es dabei von Elfmans deutlich ikonischerem Thema gar nicht einmal so weit entfernt. In Essenz handelt es sich bei diesem Motiv um eine Erweiterung bzw. Auskopplung des Foundation-Themas, was angesichts von Batmans Rolle als Rekrutierer der Liga in diesem Film durchaus clever ist. Cyborg und Aquaman bekommen ebenfalls Motive, die wie schon bei Elfman nicht allzu markant sind, Flash hingegen wird ausgespart. Der bemerkenswerteste Neuzugang unter den Heldenmotiven ist allerdings der „klagende Frauengesang“, der um die Jahrtausendwende en vogue war und durch Filme wie „Gladiator“ und „Troy“ regelrecht zum Klischee wurde. Hier repräsentiert er die Amazonen und Wonder Woman und wird tatsächlich jedes Mal gespielt, wenn Diana oder ihre Angehörigen in die Schlacht ziehen – spätestens ab dem dritten Mal geht einem das ungeheuerlich auf die Nerven. Ein weiteres Thema existiert für Steppenwolf, Darkseid und die Horden von Apokolips; hier dreht Holkenborg den Bass noch mehr auf und auch die synthetischen Elemente werden gesteigert. Gerade diese Charakteristika machen es schwierig, besagtes Motiv aus dem restlichen Unterscore herauszuhören. Am deutlichsten tritt es in That Terrible Strength heraus.

Trotz einer Vielzahl an Themen und größtenteils erfolgreicher Fortführung der Leitmotivik der bisherigen Filme bleibt hier aber sehr viel verschenktes Potential. Das hängt zum einen mit den Themen an sich zusammen, die bei mir, wie bereits erwähnt, kaum emotionale Resonanz hervorrufen, und zum anderen mit der Verarbeitung und dem Mangel an Variation. „Zack Snyder’s Justice League“ soll ohne Zweifel ein Epos darstellen, inszenatorisch scheint Snyder die Superhelden-Version des „Lord of the Rings“ anzustreben. Gerade diesbezüglich lässt Holkenborgs Score im Allgemeinen und die Leitmotivik im Besonderen aber sehr zu Wünschen übrig.

Gewinner: Holkenborg, aber auch nur sehr knapp – hier lasse ich das stärkere Hauptthema und leitmotivische Kontinuität über Emotion siegen.

Der Score im Film
Ich erwähnte bereits weiter oben, dass Elfmans Score definitiv nicht zu Snyders Vision gepasst hätte, aber darum soll es in diesem Abschnitt gar nicht gehen, sondern um die tatsächliche Verarbeitung der jeweiligen Musik im Film. Und es lässt sich nicht leugnen: Der Score in der Kinofassung leidet. Aufgrund der Nachdrehs, Probleme hinter den Kulissen etc. war die Feinabstimmung wohl ein äußerst gehetzter Prozess. Ich meine, mich an ein Interview mit Elfman erinnern zu können, in dem er erklärte, teilweise das Drehbuch als Kompositionsgrundlage nehmen zu müssen, da eine Schnittfassung noch nicht fertiggestellt werden konnte, die Musik aber dennoch geschrieben und aufgenommen werden musste. Ähnliche Probleme gab es auch schon in „Avengers: Age of Ultron“. Zudem ist der Musikschnitt nicht besonders gut, ebenso wie die Abstimmung mit den Soundeffekten. DER große Einsatz des Batman-Themas in The Final Battle ist im Film beispielsweise kaum zu hören, weil er vom Dröhnen des Batmobils überlagert wird. All diese Probleme hat „Zack Snyder’s Justice League“ nicht, der Score funktioniert so, wie er funktionieren soll und ist gut auf den Schnitt und die Bilder abgestimmt, auch bezüglich Lautstärke und Soundabmischung konnte ich keine Probleme feststellen.

Sieger: Holkenborg ohne jeden Zweifel.

Der Score auf dem Album
Dieser Aspekt spielt natürlich primär für Filmmusikfans eine Rolle; viele Cineasten wissen Scores und Scoreanalysen zwar durchaus zu schätzen, betrachten Soundtracks aber nicht als „Alltagsmusik“, die man losgelöst vom Film genießt. Die Albenpräsentation ist genau hierfür freilich essentiell. Bei Elfmans „Justice League“ gibt es da wirklich wenig zu meckern: Wer das kommerzielle Album erwirbt, erhält knapp über 100 Minuten Score plus drei Songs, die ich sofort aus der Playlist getilgt habe. Einige Tracks, primär Hero’s Theme, tauchen in dieser Form nicht einmal im Film auf und von den beiden großen Action-Set-Pieces The Tunnel Fight und The Final Battle werden zwei Versionen geboten, jeweils eine handliche, die zwischen sechs und sieben Minuten dauert, und eine erweiterte zwischen zehn und zwölf – aber Achtung, der heroische Einsatz des Williams-Superman-Themas findet sich nur in der sechsminütigen Version von The Final Battle. Alles in allem eine runde Sache, ein schönes Album, das als solches besser funktioniert als der Score im Film. Tatsächlich bietet es sich an, gerade für Filmmusik-Fans, die ähnlich ticken wie ich, den Film einfach zu ignorieren und den Score als Konzept-Album zu genießen, das einige der markantesten Themen des DC-Universums auf elegante Weise zusammenbringt, toll orchestrierte Musik bietet und sich exzellent als Untermalung zur Lektüre von Justice-League-Comics eignet.

Oft klagen Filmmusik-Fans darüber, dass ein Album zu knapp bemessen ist und essentielle musikalische Momente aus dem Film fehlen – man erinnere sich nur an das ursprüngliche Album von „The Return of the King“, auf dem unter anderem The Battle of the Pelennor Fields und For Frodo fehlten, nicht nur zwei der besten Tracks dieses Scores, sondern der letzten zwanzig, dreißig Jahre (mindestens). Bei „Zack Snyder’s Justice League“ hingegen gibt es das umgekehrte Problem: Das Album umfasst deutlich zu viel Musik. Fast vier Stunden für etwa 15 Euro ist zwar ein gutes Angebot, aber trotzdem… Es gibt Scores, die eine derartig umfangreiche bzw. komplette Präsentation rechtfertigen, seien es Golden-Age-Klassiker wie Miklós Rózsas „Ben Hur“, Williams Star-Wars-Scores oder natürlich Howard Shores LotR-Soundtracks – in diesen vergeht allerdings auch kaum eine Minute, ohne dass nicht irgend ein Thema weiterentwickelt oder eine neue, faszinierende musikalische Idee vorgestellt wird. „Zack Snyder’s Justice League“ ist weit, weit vom Qualitätslevel dieser Werke entfernt und beinhaltet viel Leerlauf, uninteressantes Dröhnen, simple Suspense-Musik, Wiederholungen und unhörbares Sounddesign. Hier hätte ein anderthalb bis zweistündiges Highlight-Album Wunder gewirkt. Der Enthusiast kann sich nun natürlich durch dieses Mammutwerk durcharbeiten, um sich selbst eine adäquate Playlist zu erstellen (oder das Internet konsultieren), aber trotzdem wäre eine gewisse Vorauswahl nett gewesen. Strukturell bietet das Album den Score in Filmreihenfolge (zumindest soweit ich das sagen kann) und hängt noch einigen Themensuiten zu den einzelnen Helden hinten dran – einzelne Bestandteile dieser Suiten tauchen auch im Film selbst auf, die beiden Tracks Wonder Woman Defending/And What Rough Beast und Wonder Woman, a Call to Stand/A World Awakened sind beispielsweise fast identisch – aber trotzdem helfen die Suiten durchaus bei der leitmotivischen Analyse.

Gewinner: Elfman, ganz ohne Frage das besser strukturierte und genießbarere Album.

Fazit: Unglaublich aber wahr, anhand der Kategorien haben wir einen Gleichstand zwischen Elfman und Holkenborg, ein solides 2 zu 2. Das endgültige Urteil lautet somit: Holkenborgs Score funktioniert im Film zweifelsohne besser, kommt dort auch besser zur Geltung und knüpft nahtlos an die Vorgänger an. Gerade stilistisch, kompositorisch und leitmotivisch wäre allerdings definitiv Luft nach oben gewesen. Elfmans Score kommt in Film nicht besonders gut weg, sagt mir aber stilistisch in weitaus größerem Maße zu und ist musikalisch um so Vieles interessanter, tatsächlich gehören besonders The Tunnel Fight und The Final Battle zu meinen meistgehörten Tracks der letzten Jahre, während ich momentan keinerlei Verlangen danach hege, „Zack Snyder’s Justice League“ wieder laufen zu lassen.

Siehe auch:
Zack Snyder’s Justice League – Ausführliche Rezension
Justice League – Soundtrack

Zack Snyder’s Justice League – Ausführliche Rezension

Spoiler!
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Da ist sie also, Zack Snyders unverfälschte Version der Justice League. Ein Triumpf der Kreativität über engstirnige Studiobosse? Oder doch der Triumpf eines lautstarken, toxischen Fandoms? Vielleicht ein wenig von beidem? Wie dem auch sei, für mich als Fan von DC und der Justice League schreit dieses vierstündige Epos geradezu nach einer ausgiebigen Besprechung. Nur eines vorneweg: Ja, insgesamt ist „Zack Snyder’s Justice League“ deutlich besser als die Schnittfassung, die 2017 ins Kino kam und zu der ich in meiner ursprünglichen Rezension wahrscheinlich deutlich zu gnädig war. Das ist nun allerdings wirklich keine besonders hohe Messlatte – wie Snyders Epos in letzter Konsequenz sowohl auf sich selbst gestellt als auch im Kontext der Comics und des, nennen wir ihn „Whedon-Cut“ abschneidet, werde ich im Folgenden en detail und ohne Rücksicht auf Spoiler erläutern.

Secret Origins
„Zack Snyder’s Justice League“ ist ein bislang relativ einzigartiges Projekt. Natürlich kommt es durchaus häufiger vor, dass Studios einen Film für den Kinostart verstümmeln, nur um dann später den Director’s Cut zu veröffentlichen – Ridley Scott kann davon ein Liedchen singen. In manchen Fällen sind längere Fassungen auch Geschenke an die Fans, wie es bei den LotR-Filmen der Fall war, weshalb diese als „Special Extended Editions“ bezeichnet werden; die Kinofassungen sind kaum weniger ein Director’s Cut. Und dann gibt es auch diverse Beispiele, in denen sich Regisseure von ihren Filmen distanziert haben, man aber später trotzdem versuchte, der ursprünglichen Vision so nahe wie möglich zu kommen – ein gutes Beispiel hierfür ist der „Assembly Cut“ von „Alien 3“. Aber ein Regisseur, der ersetzt wurde, nur um später seine Vision doch noch fertigzustellen, sodass zwei Filme entstehen, die zwar dieselbe Story erzählen, das aber auf sehr unterschiedliche Art und Weise, ist eine ziemlich Seltenheit. Das einzige wirklich vergleichbare Beispiel, das mir einfällt, ist „Dominion: Prequel to the Exorcist“, bzw. „Exorcist: The Beginning“, wo ein zumindest in Ansätzen ähnlicher Fall vorliegt, der aber freilich weit weniger Aufmerksamkeit erregte.

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Die Liga vereint: Cyborg (Ray Fisher), Flash (Ezra Miller), Batman (Ben Affleck), Superman (Henry Cavill), Wonder Woman (Gal Gadot), Aquaman (Jason Momoa)

Die weiteren Hintergründe des Snyder-Cut sollten soweit bekannt sein: Schon nachdem „Batman v Superman: Dawn of Justice“ zwar erfolgreich war, aber dennoch hinter den Erwartungen zurückblieb und darüber hinaus Kritiker enttäuschte und Fans spaltete, wollte Warner die ursprünglichen Pläne für „Justice League“ (angedacht waren zwei Filme) eindampfen und das Ganze leichtherziger und humoriger gestalten, angelehnt an das MCU – mit Snyders ursprünglichen Vorstellungen war man nicht allzu zufrieden. Der tragische Selbstmord seiner Tochter veranlasste Snyder verständlicherweise, sich schließlich von dem Projekt zurückzuziehen, weshalb Joss Whedon letztendlich die Fertigstellung beaufsichtigte, noch mal am Drehbuch „nachbesserte“, die nötigen Nachdrehs durchführte und für den finalen Schnitt verantwortlich war – wobei er sich an die engen Vorgaben von Warner halten musste. So durfte „Justice League“ die Zweistundenmarke beispielsweise nicht überschreiten. Das fertige Produkt, ein Lehrbuchbeispiel für den „film by committee“, überzeugte letztendlich niemanden, nicht die Kritiker von „Batman v Superman: Dawn of Justice“ und schon gar nicht die Fans. Schon bald verbreiteten sich die Gerüchte, es gäbe einen Snyder-Cut, der der wahren Vision des Regisseurs entspreche und der Hashtag „#ReleaseTheSnyderCut“ machte seine Runden. Dieses Gerücht erwies sich letztendlich als Halbwahrheit: Es existierte ein von Snyder angefertigter Rohschnitt, der jedoch alles andere als vorzeigbar war.

Kaum jemand wird leugnen, dass „Zack Snyder’s Justice League“ ohne Corona wahrscheinlich nicht existieren würde. Pläne bzw. Diskussionen, den Snyder-Cut in der einen oder anderen Form zu veröffentlichen, gab es zwar bereits 2019, doch erst die Pandemie brachte Warner dazu, ihn als Zugpferd für den essentiell werdenden Streamingdienst „HBO Max“ zu verwenden. Fakt ist: Dieser Mammutfilm ist nicht das, was 2017 in die Kinos gekommen wäre, selbst wenn Whedon Snyder nicht ersetzt hätte. Snyder hätte sich ebenfalls an das gesetzte Zweistundenlimit halten und mit diversen Auflagen kämpfen müssen. Hier hingegen hatte er praktisch fast völlig Narrenfreiheit und bekam zusätzlich zu weiteren 70 Millionen Dollar zur Fertigstellung sogar noch einige zusätzliche Nachdrehs genehmigt. Diese Freiheit merkt man, im Guten wie im Schlechten.

Handlung
Was den Plot der beiden Fassungen angeht, gibt es tatsächlich nicht allzu viele Unterschiede: In beiden greift der außerirdische Kriegsherr Steppenwolf (Ciarán Hinds) mit seinem Heer aus Paradämonen die Erde an. Jahrtausende zuvor konnten die Verteidiger der Erde einen ersten Angriff abwehren, aber die feindlichen Horden hinterließen drei Mutterboxen – wenn diese zusammengebracht werden, lösen sie die „Singularität“ aus und sorgen für die Hölle (bzw. Apokolips) auf Erden. Der Tod von Superman (Henry Cavill) hat dafür gesorgt, dass eine Mutterbox nach Steppenwolf „ruft“. Während er und seine Horden alles daransetzen, die Mutterboxen, die von den Amazonen und Atlantern behütet werden, an sich zu bringen, versuchen Batman (Ben Affleck) und Wonder Woman (Gal Gadot), neue Verteidiger der Erde um sich zu scharen, doch sowohl der Halbatlanter Aquaman (Jason Momoa) als auch der durch die dritte Mutterbox erschaffene Cyborg Victor Stone (Ray Fisher) haben auf Teamwork keine rechte Lust. Nur Barry Allen alias Flash (Ezra Miller) ist sofort Feuer und Flamme. Nachdem Steppenwolf zwei von drei Boxen bereits an sich gebracht hat, sind die Helden nun doch gezwungen, zusammenzuarbeiten – dabei müssen sie allerdings feststellen, dass sie dem außerirdischen Kriegsherrn gnadenlos unterlegen sind. Mithilfe der einen Mutterbox, die Steppenwolf noch nicht an sich bringen konnte, und der Geburtskammer des kryptonischen Schiffs in Metropolis beschließen die Helden, Superman von den Toten wiederzuerwecken. Das gelingt zwar, Superman ist allerdings noch nicht wieder recht bei Verstand und greift die Liga an – erst Lois Lanes (Amy Adams) Auftauchen hält ihn davon ab, alle fünf umzubringen. Derweil kann Steppenwolf die letzte fehlende Box an sich bringen und in Osteuropa damit beginnen, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Gemeinsam muss die Justice League nun versuchen, ihn zu stoppen und das Ende der Welt zu verhindern.

Snyder-Cut vs. Whedon-Cut
Die Inhaltsangabe funktioniert für beide Filme, hier ist das „Wie“ letzten Endes deutlich wichtiger als das „Was“. Ähnlich wie schon beim ersten Avengers-Film ist die eigentliche Handlung äußerst simpel – ja im Grunde fast identisch: eine außerirdische Invasion, die von einem oder mehreren MacGuffins abhängt. Das primäre Problem des Whedon-Cuts war der Zeitmangel und die stilistische Diskrepanz zum Vorgänger – Warner wollte die „Standardversionen“ der Figuren und in zwei Stunden lässt sich kaum eine derartige Entwicklung bewerkstelligen, also griff man auf Charakterisierung mit der Brechstange zurück – und viele Oneliner im typischen Whedon-Stil. Die Ereignisse haben bei Whedon keinerlei Zeit, sich in irgendeiner Form zu entfalten, weil eben alles auf Teufel komm raus in die besagten zwei Stunden gepresst werden muss. Wenn Steppenwolf die dritte Mutterbox einfach offscreen an sich bringt, wirkt das fürchterlich konstruiert. Hier hat der Snyder-Cut die eindeutigsten Vorteile, da er den Ereignissen tatsächlich Gewicht und Tragweite verleihen. Um beim Mutterbox-Beispiel zu bleiben: Bei Snyder bekommt dieses Ereignisse, das in der Kinofassung nicht einmal zu sehen ist, durch Silas Stones (Joe Morton) Tod sogar Tragik und ist ein wirklicher Wendepunkt. Auch das Finale ist im Snyder-Cut um Welten besser als bei Whedon geraten, wo Superman einfach kurz auftaucht und alles erledigt. Bei Snyder dagegen ist es Flash, der letzten Endes für den glücklichen Ausgang zuständig ist – in einer Szene, die an das Finale der Folge „Divided We Fall“ der Serie „Justice League Unlimited“ erinnert. Aber egal, ob es sich dabei um Zufall, liebevolle Hommage oder etwas zu viel Inspiration handelt, es ist definitiv ein befriedigenderer Ausgang als das Ende, das Steppenwolf in der Schnittfassung von 2017 findet.

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Wonder Woman (Gal Gadot), Batman (Ben Affleck) und Flash (Ezra Miller)

Eines der größten Problem des Snyder-Cuts ist dem der Kinofassung diametral entgegengesetzt: Zu viel Zeit. Einerseits kommen die Figuren in „Zack Snyder’s Justice League“ deutlich besser weg, und auch die Entwicklung der Handlung fühlt sich entspannter und organischer an, aber andererseits wird man das Gefühl nicht los, Snyder hätte alles an Material, das ihm zur Verfügung stand, ohne Rücksicht auf Verluste einfach in die Schnittfassung gepackt. Viele Szenen sind unnötig in die Länge gezogen; das beliebteste Beispiel ist Aquamans Abgang nach seinem ersten Treffen mit Batman. Einige der weiblichen Bewohner des Dorfes begleiten sein Verschwinden mit Gesang und hören einfach nicht damit auf. Mitunter finden sich auch Dopplungen: So erstattet Steppenwolf DeSaad (Peter Guiness) zwei Mal Bericht – die Szenen wirken wie zwei verschiedene Versionen derselben und sind praktisch inhaltlich identisch. Man hätte den Snyder-Cut wahrscheinlich problemlos um mindestens eine halbe Stunde kürzen können, einfach indem man unnötige bzw. unnötig lange Szenen entfernt oder trimmt. Bei der Betrachtung von Snyders Filmografie fällt zudem immer wieder auf, dass er wohl ein Fan der LotR-Filme ist – was unter anderem auch die Anwesenheit von Orks in „300“ und „Sucker Punch“ erklären würde. Mit „Justice League“ scheint er sein Epos inszenieren zu wollen, inklusive ausgedehnter Landschaftsszenen, die gerade hier aber recht fehl am Platz wirken und die Laufzeit noch weiter ausdehnen.

Strukturell hält sich der der Whedon-Cut sehr eng an das typische Drei-Akt-Modell, während der Snyder-Cut bewusst die erzählerischen Standardregeln verletzt. Das muss theoretisch nichts Schlechtes sein – allerdings hatte Snyder schon immer gewisse Probleme mit Dramaturgie. Ähnlich wie Tarantino teilte Snyder seine Fassung in mehrere Kapitel ein, sechs davon, plus Prolog und Epilog. Wirklich Spannung kommt vor allem in den ersten ein, zwei Stunden des Films selten auf, besonders, weil die Bedrohung durch Steppenwolf immer wieder in den Hintergrund rückt, um die Hintergrundgeschichten von Flash und Cyborg zu erzählen. An dieser Stelle würde mich sehr interessieren, wie der Snyder-Cut von jemandem wahrgenommen wird, der oder die weder mit den Figuren noch mit dem Whedon-Cut vertraut ist. Tatsächlich empfand ich das Schauen des Snyder-Cuts keinesfalls als dröge oder langweilig, da hatten beispielsweise „Man of Steel“ oder „Batman v Superman: Dawn of Justice“ mehr Längen – allerdings habe ich den Film auch nicht am Stück angeschaut, sondern ihn anhand der Kapitel eingeteilt und bei mir herrschte auch primär die fachliche Neugier vor, welche Szenen neu oder anders sind und wie Snyder die Story und Charaktere im Vergleich zu Whedon angeht.

Stilistisch wird hier natürlich Snyder in Reinkultur geboten, was sich vor allem auf die Farbpalette auswirkt, die ähnlich ausfällt wie in „Batman v Superman: Dawn of Justice“. Ich bin nun wirklich kein Fan der Optik dieses Films, aber das zwanghafte, knallige Aufhellen des Whedon-Cuts war grausam – die Helden in ihren Kostümen sahen mitunter aus wie schlechte Cosplayer und auch dem CGI hat diese Optik absolut nicht gutgetan. Der Snyder-Cut ist immer noch ein Fest der digitalen Effekte, und nicht alle sind durchweg gelungen (Stichwort: Pferde der Amazonen), aber im Großen und Ganzen ist der Snyder-Cut deutlich angenehmer anzusehen als die Kinofassung. Snyders Tendenz, epische Bilder heraufzubeschwören, ist natürlich ebenfalls im Übermaß vorhanden – das war schon immer eines seiner größten Talente. Leider gelingt es ihm dabei nur selten, diese Bilder auch tatsächlich erzählerisch sinnvoll einzusetzen. Snyder in Reinkultur bedeutet selbstverständlich auch mehr Zeitlupe; gerade bei diesem Aspekt hat er sich zu sehr ausgetobt. Das alles wirkt sich in letzter Konsequenz negativ auf die Narrative des Films aus: Wenn jeder Shot episch komponiert ist und auch alle möglichen nebensächlichen Szenen Zeitlupeneffekte beinhaltet, funktionieren diese Stilmittel nicht mehr zur Hervorhebung erzählerisch zentraler Momente, sodass eine gewisse Gleichförmigkeit entsteht.

Trotz seiner Länge hat der Snyder-Cut interessanterweise einige erzählerische Probleme und Plotlöcher, die es bei Whedon in dieser Form nicht gab. Oft sind es eher Kleinigkeiten bzgl. Aufbau und Payoff: Sowohl bei Whedon als auch bei Snyder wird die Eigenschaft von Wonder Womans Lasso der Wahrheit beispielsweise sehr früh etabliert. Bei Whedon kommt sie am Ende auch zum Einsatz – zwar für komödiantische Zwecke, aber immerhin. Bei Snyder dagegen spielt das Lasso keine Rolle mehr. Im Gegensatz dazu besitzt Flash bei Snyder im Finale plötzlich Selbstheilungskräfte, die vorher nicht einmal angedeutet wurden. Gerade in diesem Kontext sind Whedons Nachdrehs mitunter sehr interessant. Manche Szenen sind schlicht unnötig, sie existieren mit kleinen Unterschieden fast genauso bei Snyder, meistens wird lediglich ein unnötiger Gag eingebaut – das riecht nach Arroganz. Andere dagegen versuchen tatsächlich, Probleme von Snyders Version zu lösen. Meistens tun sie das nicht besonders gut, aber zumindest die Absicht ist verständlich. Das betrifft beispielsweise Batmans Motivation, das Team überhaupt zusammenzustellen: Vage Andeutungen von Lex Luthor (Jesse Eisenberg) und Alpträume wirken kaum greifbar. Bei Whedon hingegen wird Batman mit einem Paradämonen, also einer handfesten Bedrohung konfrontiert. Dass dieser Paradämon explodiert und einen Hinweis auf die Mutterboxen hinterlässt, ist fraglos dämlich, aber die Motivation des Dunklen Ritters ist nachvollziehbarer. Auch der Umstand, dass den Ligisten nicht einfällt, dass bei der Wiedererweckung Supermans etwas schiefgehen und der Mann aus Stahl sie angreifen könnte, ist etwas, das bei Snyder niemandem in den Sinn kommt – von moralischen Bedenken gar nicht erst zu sprechen. Für Batman ist es geradezu out of character, dass er einerseits nicht an die Möglichkeit denkt und andererseits nicht auch gleich ein, zwei Pläne für diesen Fall in petto hat. All das wird bei Whedon zumindest angerissen – nicht gut und nicht ausreichend, aber immerhin.

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Steppenwolf (Ciarán Hinds)

Schließlich und endlich gibt es noch einen weiteren Unterschied zwischen den beiden Schnittfassungen, der angesprochen werden sollte: Thema und Philosophie. Der Whedon-Cut hatte im Grunde weder das eine, noch das andere, die Philosophie des Studios war lediglich: „Mach es so wie ‚The Avengers‘.“ Wenn man großzügig ist, könnte man dem Film attestieren, sich zumindest in Ansätzen mit Angst und ihrer Überwindung auseinanderzusetzen – Whedons Paradämonen werden von Angst angezogen, im Verlauf des Films muss Flash seine Angst überwinden und am Ende wird Steppenwolf durch seine eigene Angst besiegt. In Snyders Version des Films sind die Einflüsse der Werke Ayn Rands nach wie vor sehr spürbar, wenn auch bei weitem nicht so prominent ist wie in den beiden Vorgängerfilmen. Dennoch blitzen Snyders philosophische Ansichten immer wieder durch, wenn im epischen Flashback beispielsweise die Autonomie der einzelnen irdischen Fraktionen, die gegen Darkseid kämpfen, betont wird oder im Monolog von Silas Stone über Cyborgs Kräfte, in dem plötzlich und sehr plakativ das Thema Finanzen und Märkte angesprochen wird, das im Film sonst überhaupt keine Rolle spielt – das wirkt wie ein libertärer Einschub. Das Problem dabei ist, dass die meisten Figuren in Snyders Filmen entweder Facetten dieser Philosophie sind oder den Kollektivismus bringen wollen – aus diesem Grund funktionierte „Batman v Superman: Dawn of Justice“ nicht, weil Snyder keinen philosophischen Konflikt zwischen den Figuren etablieren konnte. Faszinierenderweise ist diese Tendenz in diesem Film, bei dem Snyder Narrenfreiheit hatte, am schwächsten ausgeprägt, die DC-Figuren entsprechen, mit der Ausnahme von Batman und Superman, in weitaus größerem Ausmaß ihren Comicgegenstücken.

Wonder Woman und Aquaman
Wonder Woman dürfte im Snyder-Cut die Figur sein, die sich am wenigsten verändert hat. Whedon versuchte, mehr Konflikt mit Batman einzubauen und Steve Trevors Vermächtnis stärker zu betonen, beides findet sich bei Snyder nicht – stattdessen geht Diana deutlich brutaler gegen die Terroristen zu Beginn des Films vor. Diese Brutalität in Snyders Filmen ist primär Stilmittel, um sie „edgier“ zu machen, hat aber nur selten erzählerischen Wert. Dianas rücksichtloses Vorgehen in dieser Szenen kommt sogar in Konflikt mit ihrem sehr mitfühlenden Gespräch mit dem geretteten Mädchen kurze Zeit später. Ansonsten darf Wonder Woman primär für Exposition sorgen, die Hintergründe erläutern und natürlich in den Actionszenen ordentlich zulangen. Einen wirklich eigenen Handlungsbogen hat sie hier allerdings nicht, was aber tatsächlich verhältnismäßig nachvollziehbar ist: Diana ist die mit Abstand am längsten etablierte Heldin und hat zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Solofilme.

Im Gegensatz zu Wonder Woman hat Aquaman hier tatsächlich einen eigenen, wenn auch eher knappen Handlungsbogen – dieser war rudimentär bereits im Whedon-Cut vorhanden und wird nun noch ein wenig ausführlicher herausgearbeitet. Das Problem dabei ist, dass es im Grunde derselbe ist wie in James Wans „Aquaman“; Arthur muss sein atlantisches Erbe und seine Verantwortung akzeptieren. Nachdem bei der Kinofassung alle Szenen mit Vulko (Willem Dafoe) der Schere zum Opfer fielen und Mera (Amber Heard mit einem merkwürdigen britischen Akzent) auf das absolut notwendige Minimum reduziert wurden, liegt die Vermutung nahe, dass in Arthurs Solofilm einige Ideen aus Snyders Version übernommen wurden. Ansonsten wurden vor allem Arthurs „Surferpersönlichkeit“ und die Anzahl der Oneliner zurückgefahren. Hinzugekommen ist zudem eine wirklich gelungene Szene, in der sich Aquaman gegenüber Flash und Cyborg von seiner verständlichen Seite zeigt.

Superman und Lois
Auch zu Superman gibt es relativ wenig zu sagen, was primär damit zusammenhängt, dass bis zu seiner Wiedererweckung zweieinhalb Stunden vergehen und er schlicht nicht besonders viel Zeit gewidmet bekommt. Whedon versuchte hier auf Biegen und Brechen, Supermans Standard-Charakterisierung irgendwie im Film unterzubringen, was zu all den grandiosen Szenen führte, in denen Henry Cavills Oberlippe wie ein außerirdischer Parasit aussieht. Diese Szenen sind natürlich verschwunden, was aber auch bedeutet, dass Superman kaum Präsenz hat: Er wird wiedererweckt, bekämpft die Justice League, tauscht sich mit Lois und Martha (Diane Lane) aus und taucht schließlich im Finale auf, wo er dieses Mal aber nicht den Tag im Alleingang rettet, was definitiv eine Verbesserung ist. Das alles hat leider auch zur Folge, dass sich Superman nie wirklich wie ein Teil des Teams anfühlt, da man ihn praktisch nie mit den anderen Ligisten interagieren sieht.

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Superman (Henry Cavill) in schwarz

Ansonsten ist sein schwarzes Kostüm wahrscheinlich der prägnanteste Unterschied zum Whedon-Cut. Hierbei handelt es sich um einen Verweis auf die Comics, in denen Superman nach seiner Wiederweckung ebenfalls schwarz trug. Dieser Anzug hatte allerdings eine spezielle Funktion in der Vorlage, während Clark hier schwarz trägt, weil Snyder es cool fand. Es gibt nicht einmal eine storytechnisch sinnvolle Erklärung, weshalb: Im kryptonischen Schiff hat er die Wahl zwischen dem traditionellen und dem schwarzen Suit und wählt den schwarzen… weil halt.

In Snyders Filmen ist Lois Lane (Amy Adams) Supermans mit Abstand wichtigste Bezugsperson – ich wäre geneigt zu sagen, dass sie von den ganzen unterstützenden Figuren der Helden die wichtigste ist. Ich finde es in diesem Kontext allerdings etwas besorgniserregend, dass diese Version von Lois praktisch völlig von Superman abhängig zu sein scheint, nach seinem Tod regelrecht katatonisch wird und primär als Instrument dazu dient, dem Zuschauer den Verlust des Mannes aus Stahl zu vermitteln. Das ist definitiv nicht die Lois Lane, die man aus den Comics kennt und liebt. Bereits in den Vorgängern, vor allem „Batman v Superman: Dawn of Justice“, wusste Snyder nicht so recht, was er mit ihr eigentlich anfangen soll, und das setzt sich hier leider fort.

Batman
Zack Snyders Darstellung von Batman könnte einer der größten Schwachpunkte dieses Films sein. Die völlig rücksichtslose Brutalität der Figure aus „Batman v Superman: Dawn of Justice“ fehlt hier zwar ebenso wie die Oneliner des Whedon-Cuts (beide werden nicht vermisst), aber unglücklicherweise bleibt nicht mehr viel übrig, was meinen Verdacht bestätigt, dass Snyder der Dunklen Ritter nie richtig verstanden hat und lediglich seine Ästhetik cool fand. Zugegebenermaßen ist es nicht immer leicht, Batman im Kontext der Justice League bzw. zusammen mit anderen, übermächtigen Helden zu inszenieren und ihn dabei nicht die zweite Geige spielen zu lassen. Was trägt Batman zur Justice League bei? Seinen Verstand, seine Fähigkeiten als Taktiker und seine absolute Entschlossenheit und Integrität. Batman ist es für gewöhnlich, der Pläne erstellt, der die Teammitglieder gemäß ihren Fähigkeiten einsetzt und sogar schon Darkseid in seine Schranken weisen konnte. All das fehlt hier, Snyders Batman ist im Grunde Nick Fury, der die Avengers, bzw. die Justice League zusammenbringt, danach aber nur noch bedingt etwas zum Gelingen der Mission beiträgt. Snyder versucht in Ansätzen, den Weg seines Batmans vom zynischen Vigilanten zum Teammitglied der Liga zu zeichnen (was an sich eher suboptimal gelingt), allerdings vergisst er dabei, Batman auch einen tatsächlichen Platz in der Liga zu geben. Schlimmer noch, mehr als einmal agiert Batman hier schlicht idiotisch, gerade im Kontext von Supermans Wiedererweckung. Whedons Batman hatte mit Lois in der Hinterhand wenigstens in Ansätzen einen Plan B, Snyders Batman hat gar nichts, keine Strategie, keine Taktik, es kommt ihm nicht einmal in den Sinn, dass es vielleicht nicht die beste Idee sein könnte, sich Superman zu zeigen. Im Snyder-Cut taucht Lois mehr oder weniger zufällig auf, um Clark wieder zur Besinnung zu bringen. Nachdem er das Team versammelt hat, ist Batman für Snyder fast schon erzählerischer Ballast, seine Beiträge zum glücklichen Ausgang sind kaum der Rede wert. Hier wäre eine Konsultation von Grant Morrisons JLA-Serie oder der Justice-League-Animationsserie eine gute Idee gewesen, in beiden wird gezeigt, wie Batman sinnvoll in die Justice League integriert werden kann.

Flash und Cyborg
Die Qualitäten des Snyder-Cuts zeigen sich bei keiner anderen Figur so sehr wie bei Flash und Cyborg, die in Whedons Version wirklich massiv gelitten haben. Flash wurde fast zum reinen Comic Relief degradiert und Cyborg war so gut wie nicht vorhanden. Snyder hingegen kümmert sich ausgiebig um diese beiden Figuren. Flash ist immer noch für einen Großteil des Humors verantwortlich, seine Kommentare sind allerdings deutlich gemäßigter und weniger „awkward“ als bei Whedon – kein mehrere Minuten dauernder Vortrag über Brunch. Stattdessen wirkt Barry Allen hier nachvollziehbarer und authentischer und muss sich nicht mit einer russischen Familie als Beschäftigungstherapie während des Endkampfs herumschlagen, sondern darf stattdessen der entscheidende Faktor sein.

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Aquaman (Jason Momoa), Cyborg (Ray Fisher) und Flash (Ezra Miller)

Noch gravierender sind die Änderungen und Erweiterungen bei Cyborg, der nicht nur mehrere Szenen und Flashbacks bekommt, die seinen Hintergrund sowie die Natur seiner Kräfte und seines Zustandes erläutern, sondern auch eine komplizierte Beziehung zu seinem Vater Silas Stone, die erfreulicherweise nicht plakativ oder simpel ausfällt: Silas war seine Arbeit immer wichtiger als bspw. die Spiele seines Sohnes, als dieser jedoch in einem Unfall verunglückt, tut er alles, um Victor zu retten – er verwandelt ihn in etwas, das Victor selbst als monströs wahrnimmt. Victor gibt Silas ohnehin schon eine Teilschuld am Tod der Mutter, die mit ihm verunglückte, aber sofort starb – seine Natur als Cyborg verkompliziert dieses Verhältnis noch. Dennoch zögert Victor nicht, seinen Vater vor den Paradämonen zu retten und ist natürlich zutiefst traurig und verstört, als Silas sich opfert, um der Justice League eine Chance zu geben, Steppenwolf aufzuspüren. Wo Victor Stone bei Whedon fast nur ein „Mitläufer“ mit minimaler Plotsignifikanz war, ist er hier wirklich ein zentraler, essentieller und gerade für Snyders Verhältnisse sehr differenzierter Charakter.

Darkseid und Steppenwolf
Der Schurke des Films ist eine weitere Figur, die enorm vom Snyder-Cut profitiert hat. Die Whedon-Version war mehr oder weniger eine verwässerte Version von Azog aus der Hobbit-Trilogie – ein Urteil, das angesichts des Umstandes, dass Azog kein besonders gelungener Schurke ist, schon ziemlich vernichtend ist. Im Snyder-Cut ist Steppenwolf zwar beileibe kein Widersacher von Shakespeare’scher Tragweite, aber er erfüllt immerhin die Grundanforderungen, hat eine relativ klare Motivation, anstatt nur pseudoödipalen Blödsinn über „Mutter“ von sich zu geben und sieht auch deutlich beeindruckender aus. Apropos Aussehen: Steppenwolf und DeSaad in den Comics sehen meistens menschlich aus, während sie hier deutlich monströser (um nicht zu sagen: orkischer) in Szene gesetzt werden. Anders als in Whedons Schnittfassung taucht dieses Mal auch Darkseid (Ray Porter) persönlich auf; Snyder etabliert hier ein Darth Vader/Imperator-Verhältnis zwischen ihm und Steppenwolf. Fun Fact am Rande: In den Comics, zumindest vor den „New 52“, ist Steppenwolf Darkseids Onkel.

Leider gibt es einen Aspekt, der das Ganze etwas trübt: Damit die Schurkenhintergründe funktionieren, muss Darkseid an partieller Amnesie leiden. Es fällt schwer zu glauben, dass dieser galaktische Despot die eine Welt, auf der er eine Niederlage erlitten hat, einfach so vergisst und dass ein in Ungnade gefallener Diener dann zufällig über sie stolpert. Wenn die Erde nur eine zufällige Welt ist, die Steppenwolf ausgewählt hat, um wieder in Darkseids gutes Buch zu kommen, weshalb sind dann schon Mutterboxen vorhanden, die Steppenwolf ja erst zur Erde rufen? Und noch bevor Steppenwolf die Erde als die Welt erkennt, die seinem Meister erfolgreich Widerstand geleistet hat, identifiziert er Wonder Woman als Mitglied der Amazonen, die mitgeholfen haben, die Scharen von Apokolips zurückzuschlagen. Das will alles nicht so recht zusammenpassen.

Knightmare und Fanservice
Obwohl der Snyder-Cut zumindest nach aktuellem Stand das Ende von Snyders Version des DC-Universums ist, hat er beschlossen, die Saat der ursprünglich geplanten Sequels trotzdem zu pflanzen – wenn man schon einmal dabei ist und die Laufzeit ohnehin keine Rolle spielt. Anders als im Whedon-Cut, der sie vollständig ignoriert, greift Snyder die sog. „Knightmare-Sequenz“ aus „Batman v Superman: Dawn of Justice“, in der wir einen Eindruck von er dystopischen oder postapokalyptischen Zukunft bekommen, wieder auf. Wie in Grant Morrisons JLA-Story „Rock of Ages“ hat Darkseid mit seinen Horden die Antilebensformel errungen und die Erde erobert und wie in der Videospielreihe (und den damit verbundenen Tie-in-Comics) „Injustice“ bekommen es die restlichen Helden mit einem bösen Superman zu tun. Tatsächlich ist die Idee, dass Superman für Darkseid arbeiten könnte, auch nicht neu, sowohl die Miniserie „Superman: The Dark Side“ (1998) von John Francis Moore und Kieron Dwyer als auch „Legacy“, das zweiteilige Finale von „Superman: The Animated Series“ (Erstausstrahlung im Jahr 2000) spielen mit diesem Konzept, das Snyder in Fortsetzungen seines „Justice League“ weiter erforscht hätte. So bleibt es nun aber bei kurzen Visionen, die Cyborg immer wieder erhält, zum Beispiel sieht er Fragmente davon, wie ein Angriff Darkseids auf die Erde verlaufen könnte. Im Epilog des Films wird Bruce schließlich von einer weiteren, ausführlicheren Vision heimgesucht, in der wir eine zukünftige Inkarnation der Liga sehen, zu der neben Flash, Batman und Cyborg auch Mera sowie die Schurken Deathstroke (Joe Manganiello) und Joker (Jared Leto) gehören – das Ganze wird in einem von „Mad Max: Fury Road“ inspirierten Look präsentiert. Während Cyborgs kurze Visionen tatsächlich einen erzählerischen Sinn haben, lässt sich dasselbe nicht über die längere Szene im Epilog sagen, sie dient einzig dem Coolnessfaktor und um Batman und Joker ziemlich schlechte Dialoge in den Mund zu legen.

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Darkseid (Ray Porter)

Ähnlich verhält es sich mit anderen Fanservice-Elementen, die ebenfalls primär im Epilog auftauchen. Die Post-Credits-Szene des Whedon-Cuts mit Lex Luthor und Deathstroke ist ebenfalls vorhanden, nur dass Luthor dieses Mal nicht plant, eine Injustice Gang zu gründen, stattdessen verrät er dem einäugigen Auftragskiller Batmans wahren Namen. Auch hier handelt es sich um Sequel-Bait für Fortsetzungen, die wohl nie entstehen werden – wir erinnern uns, im ursprünglich geplanten Batman-Film, bei dem Ben Affleck nicht nur die Hauptrolle spielen, sondern auch Regie führen sollte, wäre der von Joe Manganiello gespielte Deathstroke der Gegner gewesen. Und schließlich hätten wir noch die beiden Gastauftritte des Martian Manhunter (Harry Lennix), die Snyder sich wirklich hätte sparen sollen, da sie völlig unnötige Logiklöcher aufreißen. Snyder suggeriert hier, dass der bereits in „Man of Steel“ und „Batman v Superman: Dawn of Justice“ auftauchende Calvin Swanwick (ebenfalls Harry Lennix) die ganze Zeit der Martian Manhunter war – basierend auf einer Fantheorie. Da stellt sich die Frage: Warum haben nicht eine, sondern gleich zwei außerirdische Invasionen sowie das Auftauchen von Doomsday ihn nicht zum Eingreifen bewogen? Und selbst wenn man die halbseidene nicht-Erklärung des Films akzeptiert, wird die Lois/Martha-Szene, die eigentlich ziemlich gelungen ist, dadurch völlig entwertet, weil sich direkt danach herausstellt, dass der Manhunter als Martha posierte. Freiheit der Kreativschaffenden ist eine schöne und wichtige Sache – aber ein wenig Input von außen schadet ebenfalls nicht und kann dabei helfen, das Endresultat noch besser zu machen.

Fazit
In letzter Konsequenz ist „Zack Snyder’s Justice League“ ein schwierig zu bewertendes Biest. Ist diese Schnittfassung besser als die Kinoversion? Definitiv und ganz ohne Zweifel lautet die Antwort ja. Der Whedon-Cut riecht nach Studioeinmischung, nach „film by committee“, während der Snyder-Cut die Vision eines Regisseurs darstellt, was einem seelenlosen Studioprodukt immer vorzuziehen ist – selbst wenn man einem besagte Vision nicht unbedingt zusagt. Ist „Zack Snyder’s Justice League“ das Meisterwerk, das die Fans des Regisseurs darin sehen? Zumindest nicht aus meiner Perspektive. Snyder beseitigt viele Probleme des Whedon-Cuts, schafft dabei aber einige neue. Dazu gehört neben einigen Story- und Logiklöchern primär die Laufzeit des Films, der scheinbar fast alles an Material beinhaltet, das Snyder zur Verfügung hatte. Eine halbe Stunde bis Stunde weniger hätte dem Endprodukt definitiv gutgetan. Alles in allem und zumindest im Kontext der Entstehungsgeschichte hätte der Snyder-Cut deutlich schlechter ausfallen können. Ich bin bekanntermaßen kein Fan von Snyders Interpretation des DC Universums im allgemeinen und Batmans und Supermans im Speziellen. Diese beiden Helden sind nun auch hier die schwächsten Bestandteile, bei den restlichen vier Mitgliedern leistet Snyder aber eigentlich recht gute Arbeit, vor allem was Flash und Cyborg angeht. All jene, die mit Snyders Regiestil, den Manierismen (also Zeitlupe) und der Optik absolut nichts anfangen können, werden auch von seiner Version von „Justice League“ nicht überzeugt werden. Fans von „Man of Steel“ und „Batman v Superman: Dawn of Justice” erhalten wahrscheinlich endlich den Film, auf den sie viele Jahre gewartet haben. Und all jene, die die besagten beiden Filme zwar kritisch sehen, aber doch ein gewisses Potential in ihnen erkannten, werden vielleicht sogar positiv überrascht – zu dieser Gruppe zähle auch ich mich. Denn trotz anderer Vermutung fand ich „Zack Snyder’s Justice League“ unterhaltsam – deutlich unterhaltsamer als die beiden Vorgänger, sodass ich einem Rewatch in einiger Zeit nicht unbedingt abgeneigt bin.

Trailer

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Siehe auch:
Justice League: Origin
JLA: Rock of Ages

JLA: Rock of Ages

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Zack Snyder ist definitiv nicht der erste, der auf die Idee einer dystopischen, von Darkseid beherrschten Zukunft des DC-Universums kam. Wahrscheinlich ist auch Grant Morrison nicht der erste, aber auf den Seiten der JLA-Storyline „Rock of Ages“ (erschienen in den Heften 10 bis 15) begegnete zumindest mir dieses Konzept zum ersten Mal. Ähnlich wie schon meine Rezension zu „Justice League: Origin“ kann auch dieser Artikel als Vorbereitung auf den Snyder-Cut gesehen werden – und natürlich handelt es sich dabei um die lange überfällige Fortführung meiner Artikelreihe zu Grant Morrisons JLA-Run.

Handlung
Sieben bösartige Doppelgänger des Justice League greifen Star City an und sorgen für Chaos und Zerstörung. Der Liga gelingt es gerade so, die Doppelgänger zu besiegen, wobei die Ligisten feststellen, dass es sich nicht um lebendige Wesen, sondern um ferngesteuerte Hartlichthologramme handelt. Hinter dem Angriff steckt eine Neuformation der „Injustice Gang“. Dieses Team existierte bereits in mehreren Formationen als schurkisches Gegenstück zur Justice League, dieses Mal besteht sie allerdings ausschließlich aus Erzfeinden der „Großen Sieben“. Ins Leben gerufen wurde sie von Lex Luthor, der sich durch Supermans Beteiligung an der Liga persönlich angegriffen fühlt. Als Gegenstück für Batman fungiert natürlich der Joker (wer auch sonst?), für Wonder Woman ist Circe am Start, für Aquaman der Ocean Master (der durch James Wans „Aquaman“ immerhin ein wenig mehr Bekanntheit erlangt hat) und aus Flashs Rogues Gallery macht Mirror Master mit. Green Lantern (Kyle Rayner) ist als Held noch zu neu, um einen wirklichen Erzfeind zu haben, weshalb Luthor (bzw. Morrison) mit Doctor Light einen klassischen Teen-Titans-Schurken wählte, der während des Crossovers „Underworld Unleashed“ neue Fähigkeiten und ein neues Aussehen bekam und immerhin schon das eine oder andere Mal mit Lantern aneinandergeriet. Für Martian Manhunter schickt Morrison eine eher obskure DC-Figur aus den 80ern namens Jemm bzw. „Son of Saturn“ an den Start – dieses telepathische Alien wird von Luthor mehr oder weniger ferngesteuert. Supermans Erzfeind verfügt allerdings noch über eine weitere Geheimwaffe, den legendären Stein der Weisen (auch Worlogog), der zwar weder für Gold, noch für Unsterblichkeit sorgt, dafür seinem Besitzer aber Macht über das temporale Gefüge verleiht.

Während sich die Liga, die aktuell aus Superman, Batman, Martian Manhunter, Aquaman, Green Lantern, Flash sowie den beiden Newcomern Aztek und Green Arrow besteht – Wonder Woman ist zu diesem Zeitpunkt gerade tot, allerdings, wie üblich bei Superhelden, nur temporär – mit den Machenschaften der Injustice Gang herumschlägt, taucht unvorhergesehen der New God Metron im Wachturm der Justice League auf und enthüllt den dort anwesenden Ligisten Aquaman, Green Lantern und Flash, dass sie unbedingt verhindern müssen, dass der Stein der Weisen Darkseid in die Hände fällt. Um das zu erreichen, schickt er die drei auf eine Odyssee durch Raum und Zeit. Nach einem Zwischenstopp auf Wonderworld, wo sich gewaltige Superwesen auf die Apokalpyse vorbereiten, landen sie schließlich fünfzehn Jahre in einer Zukunft, in der Darkseid die Antilebensformel errungen hat und über das Universum regiert. Mithilfe der versprengten Reste der JLA müssen die drei Ligisten, die sich in den Körpern ihrer zukünftigen Gegenstücke befinden und weder über Supertempo, noch über einen Kraftring verfügen, versuchen, in ihre Zeit zurückzugelangen, um anschließend zu verhindern, dass Superman Luthor den Stein der Weisen abnimmt und ihn zerstört – dieser Akt ermöglichte es Darkseid nämlich, die Herrschaft zu übernehmen…

Injustice for All

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Lex Luthors Injustice Gang

„Rock of Ages” verfügt über zwei Handlungsstränge, die ineinander verschachtelt sind. Der Kampf gegen die Injustice Gang fungiert dabei als Rahmen, pausiert für die dystopische Zukunft und wird dann wieder aufgenommen. Dieser Handlungsstrang legt seinen Fokus primär auf Lex Luthor, die anderen Mitglieder der Gang fungieren eher als Erfüllungsgehilfen. Luthor ist hier stark in seiner 90er-Charakterisierung als ruchloser Geschäftsmann verwurzelt, das heißt, er steigt nicht in einen grünen Anzug, um sich selbst an den Kämpfen zu beteiligen, sondern betrachtet die Vernichtung der Justice League als Firmenübernahme, angefeuert von seinem Hass auf Superman. Batman hat auf diesem Bereich natürlich als Geschäftsführer von Wayne Enterprises nicht weniger Erfahrung und kann so relativ gut gegen Luthor arbeiten. Zum Beispiel bringt er drei Agenten, darunter Plastic Man, in Luthors Team unter. Sehr interessant ist die Dynamik der Schurken untereinander sowie ihre Zusammenarbeit. So entstehen die Hartlichthologramme zum Beispiel aus der Kooperation zwischen Dr. Light und Mirror Master. Ein späteres Konstrukt wird genutzt, um den wirren Verstand des Jokers bildlich umzusetzen und so Superman und Martian Manhunter in die Irre zu führen. Allerdings muss auch gesagt werden, dass das eine oder andere Mitglied der Gang fast schon zur Staffage gerät, vor allem Ocean Master und Circe haben relativ wenig zu tun – Letztere wird immerhin in einen hochamüsanten Austausch mit Plastic Man verwickelt und darf Green Arrow scheinbar abwerben. Leider kommt es kaum zur Interaktion zwischen den Mitgliedern der Injustice Gang und ihren JLA-Gegenstücken; allerdings hat der Martian Manhunter eine ganz interessante Szene mit dem Joker.

In diesem Kontext bietet es sich an, noch ein paar Worte zu den Zeichnungen zu verlieren, da gerade der Joker von Howard Porter nicht ganz optimal dargestellt ist. Das ist wirklich schade, da Porters Interpretation der anderen Figuren mir überaus gut gefällt und er einige Jahre zuvor in der Eventminiserie „Underworld Unleashed“ einen wirklich exzellenten, herrlich dämonisch grinsenden Joker abgeliefert hat. Für die letzte Ausgabe dieses Handlungsbogens bekam Porter zusätzlich Unterstützung von Gary Frank und Greg Land, die sich um sehr fließende Übergänge bemühen, sodass der Wechsel nicht sofort auffällt – irgendwann bemerkt man es aber doch, da die meisten Figuren optisch etwas schwächer sind. Lediglich der Joker sieht bei Frank und Land besser aus.

Darkseid Is

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Darkseid Is

Der interessantere der beiden Teile von „Rock of Ages“ ist mit großem Abstand Lanterns, Flashs und Aquamans Ausflug in die dystopische, von Darkseid beherrschte Zukunft. Diesen Ausflug erzählt Morrison in den US-Heften 13, 14 und 15 am Stück, ohne mit der Injustice-Gang-Handlung zu alternieren. Egal, ob es sich um Elseworlds-Geschichten außerhalb der Kontinuität, Visionen oder wie hier Zeitreisen handelt, Autoren haben mit dem Konzept der düsteren Zukunft immer viel Spaß und bei Grant Morrison ist es kaum anders. Das beginnt bereits bei der Zusammensetzung der zukünftigen Liga, die neben den drei Zeitreisenden in ihren zukünftigen Körpern aus einer ins Leben zurückgekehrten Wonder Woman, dem umprogrammierten Schurken-Droiden Amazo, der zweiten Aztek und den beiden Ex-Titans Argent und The Atom besteht. Nicht vergessen werden sollte außerdem Green Arrow Connor Hawke mit dem Oliver-Queen-Gedächtnisbart. Im späteren Verlauf kommt außerdem noch eine grandiose Version von Batman hinzu, dem es zwar an einigen Fingergliedern, aber nicht an Entschlossenheit mangelt. Abermals ist es der Dunkle Ritter, der den Schlüssel zum Sieg in der Hand hält. Gerade hier zeigt sich ein weiteres Mal Morrisons Talent für Komprimierung, das seinen JLA-Run auszeichnet: Was Morrison in drei US-Ausgaben an Worldbuilding für diese finstere Zukunft unterbringt, ist beeindruckend. Er muss nicht lang und breit auswalzen, weshalb das Leben unter Darkseids Herrschaft fürchterlich ist, oft reichen Andeutungen, sei es in den Dialogen oder den Zeichnungen. Supermans Schicksal ist stellvertretend für die vielen anderen gefallenen Helden, den Rest erledigen die beschädigten Artefakte in der Zuflucht der letzten Helden, sei es Doctor Fates Helm, Starmans Stab oder die Überreste der Kostüme von Robin und Mister Miracle. Morrison gelingt es, wie schon zuvor, die Handlung erfolgreich zu komprimieren und mit verhältnismäßig wenig Platz sehr viel zu erreichen. Gerade im Vergleich mit Geoff Johns‘ „Justice League: Origin“ fällt auf, wie viel Handlung und Twists Morrison in sechs US-Heften unterbringen kann, ohne dass es sich zu überfüllt anfühlt.

Und dann wäre da natürlich noch Darkseid selbst, der seinen üblichen, grau-blauen Look gegen ein tiefschwarzes Outfit getauscht hat und hier imposanter als in fast jeder anderen Geschichte wirkt. Morrison beginnt in „Rock of Ages“, sich mit dem finsteren Gott näher auseinanderzusetzen und ihn von dem außerirdischen Despoten, als der er in den 90ern meistens dargestellt wird, stärker in Richtung „platonische Verkörperung des Bösen“ zu rücken. Diese Entwicklung ist in „Rock of Ages“ noch alles andere als abgeschlossen und wird erst in Morrisons „Final Crisis“ wieder aufgegriffen, aber die Saat findet sich bereits hier, im „Slogan“ des finsteren Gottes: „Darkseid Is“. Das ist natürlich ein Verweis auf den Namen Gottes, das Tetragrammaton JHWH (meistens mit „Jahwe“ wiedergegeben), was übersetzt bzw. erläutert wohl so viel bedeutet wie „Ich bin, der ich bin“ oder „Ich werde der sein, der ich sein werde“ (die Etymologie des Gottesnamens ist ein kompliziertes Kapitel, auf das ich hier nicht eingehen werde). Dieser Slogan ist jedoch noch so viel mehr, er verweist darauf, dass Darkseid aus seiner Perspektive nicht einfach nur Gott ist, sondern das einzige Wesen, das tatsächlich existiert – eine Form von Solipsismus, die Morrison in „Final Crisis“ noch weiter ausarbeiten sollte. Alle anderen Wesen sind in Darkseids Wahrnehmung so weit unter ihm, dass sie praktisch nicht existieren. Letztendlich liegt Darkseid hier natürlich falsch, was Morrison sehr schön durch den Erzähler der JLA-Ausgaben 14 herausarbeitet. Dieser ist offensichtlich Teil der Geschichte, bleibt aber bis zum Schluss mysteriös – letztendlich entpuppt er sich als der Black Racer, die Inkarnation des Todes der New Gods, die am Ende kommt, um auch Darkseid zu holen.

Weiterführende Lektüre
Zwischen den Ausgabe 10 und 11 der JLA-Serie (also zwischen Teil 1 und 2 des Handlungsbogens) findet ein ganzes Crossover-Event statt. Diese Miniserie aus dem Jahr 1997 mit dem Namen „Genesis“ (sowie die zugehörigen Superman-Hefte) veröffentlichte der Dino-Verlag in Paperbackform als „Superman Sonderband 2“. Tatsächlich hat die dort erzählte Geschichte um die Godwave, die den New Gods und auch den Superhelden ihre Kräfte verleiht (und nun dafür sorgt, dass besagte Kräfte verrücktspielen) nur marginal etwas mit „Rock of Ages“ zu tun. Sowohl Darkseid als auch der griechische Kriegsgott Ares, der immer wieder als Gegner für Wonder Woman fungiert, versuchen, sich die Godwave für ihre finsteren Zwecke zunutze zu machen. Morrison nimmt das eine oder andere Mal Bezug auf die Miniserie, etwa als die Ligisten sich angesichts von Metrons Warnung fragen, ob Darkseid es geschafft hat, aus dem Quellenwall, in den er am Ende von „Genesis“ verbannt wurde, auszubrechen. Zum Verständnis von „Rock of Ages“ ist „Genesis“ allerdings nicht notwendig.

Wie bereits erwähnt greift Morrison viele Ideen aus „Rock of Ages“ in seinem Großevent „Final Crisis“, das 2008/09 in Zusammenarbeit mit den Zeichnern J. G. Jones und Doug Mahnke erschien, wieder auf. Nicht nur verfügt „Final Crisis“, wie für DC-Großevents üblich, über eine ganze Reihe von Tie-Ins und Begleitminiserien, die Geschichte ist zusätzlich ziemlich komplex (vielleicht sogar übermäßig kompliziert) und zudem ziemlich verschachtelt. Morrison unterwirft sich hier kaum noch den gewöhnlichen Konventionen eines Superhelden-Events, sondern begibt sich voll auf die Meta-Schiene. Gerade im Hinblick auf die New Gods ist „Final Crisis“ aber hochinteressant, da die oben beschriebene Entwicklung und die platonische Darstellung Darkseids hier auf die Spitze getrieben werden. Der finstere Gott wird als Wesen außerhalb des Multiversums etabliert. Darkseids Fall und das „Absterben“ seiner Essenz sorgen für eine interdimensionale Krise, da er auf diese Weise das Gefüge des Multiversums selbst beschädigt. Zusätzlich finden sich auch einige Handlungsparallelen zu „Rock of Ages“: Abermals erringt Darkseid (wenn auch nur kurzfristig) die Kontrolle über die Erde und ein weiteres Mal stellt sich ihm Batman entgegen, um anschließend von Darkseids Omega-Strahlen (zumindest scheinbar) pulverisiert zu werden.

Fazit: Nicht umsonst ist „Rock of Ages“ einer von Kevin Smiths absoluten Lieblings-DC-Comics und taucht auch regelmäßig in den Best-of-Justice-League-Listen auf – dieser Handlungsbogen ist der vorläufige Höhepunkt von Morrisons JLA-Run, eine epische Geschichte, die ihresgleichen sucht, einen grandiosen Moment an den anderen reiht und genug von Morrisons metaphysischen Spielereien enthält, um das Ganze wirklich faszinierend zu gestalten, aber nicht so viele, dass die Geschichte, wie es bei „Final Crisis“ der Fall ist, zu unübersichtlich gerät.

Bildquelle Cover
Bildquelle Injustice Gang
Bildquelle Darkseid

Siehe auch:
JLA: New World Order
JLA: American Dreams
Justice League: Origin

Justice League: Origin

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Der Snyder-Cut rückt näher. Nun gut, zugegebenermaßen ist er eigentlich schon da, weil ich allerdings keine Lust auf Sky Ticket habe, werde ich ihn mir erst zu Gemüte führen, wenn er als Download oder Blu-Ray erworben werden kann. Da ich ohnehin nicht der größte Fan von Synders Interpretation der DC-Helden bin, verkrafte ich die Wartezeit schon. Bis es allerdings soweit ist, lohnt es sich durchaus, die primäre Inspirationsquelle des Films unter die Lupe zu nehmen. Während Snyder und Chris Terrio in „Batman v Superman: Dawn of Justice“ viele Elemente aus Frank Millers „The Dark Knight Returns” entlehnten, ist die (wenn auch lose) Vorlage von „Justice League“ (egal ob Snyder- oder Whedon-Cut) ein deutlich jüngeres Werk.

Zuerst allerdings ein wenig Kontext: 2011 entschloss man sich bei DC (mal wieder) zu einem kosmischen Reboot, um die Kontinuität zu sortieren und Neulesern den Einstieg zu erleichtern. 52 Serien begannen mit einer neuen Nummer 1 – daher auch der Name „New 52“ (zugleich die Anzahl der Parallel-Erden in DCs Multiversum). Viele Helden wurden fast völlig auf Null heruntergefahren und jegliche Ereignisse der vorherigen Kontinuität wurden ausgelöscht, allerdings nicht alle – Batman und Green Lantern wurden größtenteils intakt gelassen. Im Rahmen der Miniserie „Flashpoint“ wurde dieser Reboot umgesetzt. Vielleicht die zentrale Serie der New 52 war die neue Justice-League-Serie, geschrieben Geoff Johns, dem leitenden kreativen Kopf hinter dem Reboot, und bebildert vom zeichnerischen Schwergewicht Jim Lee. In den ersten sechs Ausgaben erzählten Johns und Lee, wie sich das Team in dieser neuen Kontinuität zum ersten Mal zusammenfindet.

In Gotham City wird Batman von merkwürdigen, dämonischen Kreaturen attackiert. Gemeinsam mit Green Lantern, mit dem er sich allerdings nicht allzu gut versteht, ermittelt der Dunkle Ritter. Sie stoßen auf eine nicht minder ominöse außerirdische Box und beschließen, sich an das bekannteste Alien zu wenden: Superman. Gemeinsam begeben sie sich nach Metropolis, allerdings ist der Mann aus Stahl nicht unbedingt gesprächsbereit und attackiert die beiden. Auch das Eingreifen Flashs ändert daran nichts. Schließlich können die vier Helden sich allerdings halbwegs einigen, denn schon kurz darauf kommt es zur großangelegten Invasion der Erde durch den finsteren Gott Darkseid und seine Paradämonen-Armee. Gemeinsam mit den Helden Wonder Woman, Cyborg und Aquaman bilden sie zu siebt die Verteidigungslinie der Erde.

Johns und Lee inszenieren dieses erste Zusammentreffen der Liga als opulenten, atemlosen Action-Blockbuster, tiefer gehende Charakterisierung der Figuren sucht man dabei aber vergebens. Johns hat hier natürlich den Luxus, nicht allzu groß auf die Ursprünge eingehen zu müssen, da selbst Neueleser die Figuren wahrscheinlich kennen. Bis auf Cyborg sind alle Helden bereits voll etabliert, nur Victor Stone, traditionell Mitglied der Teen Titans und nicht der Justice League, erhält hier eine volle Origin, die mit dem Plot um dem angreifenden Darkseid verknüpft ist. Insgesamt wird der Charakterzeichnung der Figuren nicht allzu viel Platz eingeräumt und zudem wirken sie alle eher unsympathisch. Batman ist der typische grimmige Einzelgänger, Green Lantern kommt ziemlich arrogant rüber und Superman ist von seiner positiven Prä-Flashpoint-Interpretation relativ weit entfernt – er wirkt jünger (das Gesicht erinnert fast an Superboy) und deutlich aggressiver. Er ist nicht unbedingt der brütende Cavill-Superman, aber eben auch nicht der  optimistische Held, den man gemeinhin mit ihm assoziiert. Wonder Woman ist noch neu in der „Welt der Männer“ und wird von Johns recht naiv, aber kampfesfreudig gezeichnet, während Flash das wohl bodenständigste und sympathischste Mitglied des Teams ist. Cyborg wird primär über die Tragödie seiner Origin charakterisiert und muss lernen, mit seinem Schicksal klarzukommen (nicht, dass man ihm dazu besonders viel Zeit einräumen würde) und Aquaman stößt schließlich reichlich spät zum Team und kommt ebenfalls reichlich selbstgerecht und arrogant daher. Die insgesamt eher negative Charakterisierung der Figuren erinnert recht stark an Mark Millars „The Ulitmates“, eine Neuinterpretation der Avengers aus dem Jahr 2002.

Gerade im Vergleich zu Grant Morrisons JLA-Run (den zu loben ich nie müde werde) fällt leider negativ auf, wie wenig hier mit sechs Ausgaben eigentlich erreicht wird – was nicht bedeutet, dass „Justice League: Origin“ nicht durchaus kurzweilig und unterhaltsam wäre. Besonders die Interaktionen von Green Lantern und Batman sind ziemlich amüsant, vor allem, da sie einen gelungenen Payoff am Ende haben. Fast alle anderen Figuren kommen aber schlicht zu kurz, vor allem Aquaman stößt ziemlich unmotiviert zum Team. Leider lässt auch Darkseid seine übliche Raffinesse vermissen – der Herrscher von Apokolips funktioniert als Strippenzieher oder unbegreifliche Entität besser denn als offensiver Gegner, mit dem sich die Liga direkt prügelt.

Auf der visuellen Ebene hingegen ist „Justice League: Origin“ dank Jim Lee über jeden Zweifel erhaben, sofern man seinen Stil schätzt. Lee ist nicht ohne Grund einer der beliebtesten Zeichner des Business, seine Panels sind detailliert und dynamisch, die Figuren wirken zugleich überlebensgroß und menschlich. Die meisten Kritikpunkte, die ich habe, beziehen sich auf das New-52-Redesign der Figuren – Superman wirkt, besonders in Kombination mit seinem eher rüstungsartigen Aufzug, einfach zu jung. Auch der neugestaltete Darkseid will mir nicht unbedingt zusagen, sein aufwendiger gestaltetes Äußeres ist… zu viel. Gerade bei Darkseid ist weniger oftmals mehr.

Um nun am Ende noch zum Synder-Cut zurückzukehren: Allein bei der Inhaltsangabe zeigt sich schon, welche Elemente für Snyders „Justice League“ übernommen wurden. Da wäre zuerst der Grundplot, der Angriff auf die Erde durch die Horden von Apokolips. Im Film werden diese zwar von Steppenwolf angeführt, in letzter Konsequenz steckt aber natürlich immer Darkseid dahinter. Ich persönlich halte es tatsächlich für besser, Darkseid nicht selbst zum ersten Gegner der Liga zu machen, wenn man ihn schon als übergeordneten Schurken verwenden möchte. Im Rahmen der New 52 kam zwar ebenfalls Steppenwolf zum Einsatz, griff in der Serie „Earth 2“ allerdings besagte Parallelerde an. Auch Cyborgs mit dem Angriff verknüpfte Origin ist in Comic und Film ziemlich ähnlich, ebenso wie der Kampf der Ligisten gegen Superman, auch wenn der Kontext natürlich ein anderer ist.

Fazit: „Justice League: Origin“ ist als Neustart der Liga in Ordnung: Kurzweilig, actionreich, visuell opulent. Im Vergleich Grant Morrisons JLA-Run oder dem deutlich charakterfokussierteren „JLA: Year One“ kann „Origin“ aber leider nicht mithalten.

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Siehe auch:
JLA: New World Order
JLA: American Dreams

Justice League vs. the Fatal Five

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Story: Im 31. Jahrhundert attackieren Tharok (Peter Jessop), Persuader (Matthew Yang King) und Mano (Philip Anthony-Rodriguez), drei Mitglieder des Superschurkenteams Fatal Five das Hauptquartier der Legion der Superhelden, um an ihre Zeitsphäre zu kommen und in die Vergangenheit zu reisen, in der die verbliebenen beiden Mitglieder des Teams gefangen sind. Der mental etwas instabile Legionär Star Boy (Elyes Gabel) wird mit in das 21. Jahrhundert gerissen, wo er als erstes auf Batman (Kevin Conroy) trifft, der ihn ins Arkham Asylum verfrachtet. Schon bald stellt sich allerdings heraus, dass Star Boy nicht halluziniert. Die Justice League, bestehend aus Batman, Superman (George Newbern), Wonder Woman (Susan Eisenberg), Miss Martian (Daniela Bobadilla), Mister Terrific (Kevin Michael Richardson) und Green Lantern (Diane Guerrero) braucht seine Hilfe, denn wenn es Tharok, Persuader und Mano gelingt, ihre Anführerin Emerald Empress (Sumalee Montano) zu finden, wird es für Gegenwart und Zukunft unangenehm…

Kritik: Das DC Animated Universe, speziell natürlich „Justice League“ und „Justice League Unlimited”, sind nach wie vor die Messlatte, an der sich alle anderen Adaptionen von DCs größtem Superheldenteam messen lassen müssen. Dementsprechend gibt es unter den Fans schon seit langem den Wunsch nach einer Fortsetzung des beliebten Serienuniversums. Nach so vielen Jahren haben Bruce Timm und Co. die Fanwünsche nun endlich erhört, zuerst mit „Batman und Harley Quinn“ und nun auch mit „Justice League vs. the Fatal Five“. Ersterer Film war für mich leider eine ziemliche Enttäuschung. „Justice League vs. the Fatal Five“ ist zum Glück weitaus besser gelungen und schafft es, nicht nur optisch, sondern auch bezüglich Atmosphäre und Stimmung an das Vorbild anzuknüpfen und sich tatsächlich wie eine Folge aus besagten Serien anzufühlen. Qualitativ reicht „Justice League vs. the Fatal Five“ allerdings nicht an die Crème de la de Crème des DCAU heran und kann weder „Starcrossed“ noch dem Cadmus-Arc das Wasser reichen. Der Film ist zweifelsohne kompetent und kurzweilig, wächst aber auch nie über sich hinaus.

Das mag für mich persönlich auch damit zusammenhängen, dass ich kein allzu großer Fan der Legion der Superhelden bin; dieses Team hat mich nie wirklich angesprochen, was auch auf die Fatal Five zutrifft. Gerade in Bezug auf die Schurken ist dieser Film leider relativ schwach; die Fatal Five tun, was sie tun, weil sie eben Superschurken sind. Nicht, dass das im DCAU nicht auch schon oft genug vorgekommen wäre, aber die besten Schurken zeichneten sich eben durch nachvollziehbare oder zumindest interessante Motivationen aus.

Bei den Helden sieht es da schon besser aus. Wer allerdings erwartet, all die liebgewonnen Recken der zweiten Reihe aus „Justice League Unlimited“ wie Question, Black Canary, Huntress oder Green Arrow wiederzusehen, wird enttäuscht werden, selbst die sieben Gründungsmitglieder sind nicht alle zugegen. Immerhin ist mit Batman, Superman und Wonder Woman DCs Trinität vollständig. Zwei weitere Figuren, Green Lantern und Martian Manhunter, werden durch jüngere, weibliche Versionen vertreten. Dann ist da noch Mister Terrific, der seine Rolle aus JLU als Koordinator weiterführt, sonst aber nicht allzu viel beiträgt, und natürlich Star Boy, um den sich ohnehin alles dreht. Im Kontext der Handlung sind Star Boy und Green Lantern – hier fungiert Jessica Cruz als Ringträgerin – die interessantesten Figuren. Beide haben gewisse mentale Probleme, die bei Protagonisten im DCAU auf diese Weise noch nicht vorkamen. Da der Film nicht einmal eineinhalb Stunden dauert und doch eine ganze Menge an Figuren unterbringen muss, bleiben die mentalen Zustände dieser beiden Figuren eher oberflächlich; ein Film, der sich ausschließlich mit ihnen beschäftigt, wäre vielleicht sogar interessanter gewesen. Miss Martian, der dritte Neuzugang, ist da konventioneller. Sie fungiert als junge Heldin, die nach der Anerkennung der alten Hasen, speziell der Batmans sucht, und am Ende natürlich in die Liga aufgenommen wird.

Sprechen wir noch über den Platz dieses Films im DCAU und die alte Kontinuitätsgeschichte. Wie alle derartigen Universen hat auch das DCAU die übliche Anzahl an Ungereimtheiten, Fehler und Retcons, die bei einem solchen Unterfangen, das sich organisch aus mehreren Serien entwickelt hat, zu erwarten sind. Nicht nur das Design, auch die Wahl der Sprecher und nicht zuletzt der Soundtrack, in dem großzügig von den bereits etablieren DCAU-Leitmotiven, die direkt oder indirekt auf die große Shirley Walker zurückgehen, Gebrauch gemacht wird, verankern diesen Film recht eindeutig im DCAU. Hinzu kommen diverse subtile Anspielungen und Verweise; es finden sich allerdings auch einige eher fragwürdige Vorkommnisse. So zögern Bruce Timm und Co. nicht, nun auch Elemente zu integrieren, die in den Comics erst nach dem Ende des DCAU eingeführt wurden. Dazu gehören neben dem Nolan’schen Gleitcape des Dunklen Ritters, das er in JLU definitiv noch nicht besaß, vor allem Miss Martian und Jessica Cruz; Erstere tauchte nach „Infinite Crisis“ als Mitglied der Teen Titans auf, Letztere wurde erst im Rahmen der New-52-Justice-League-Serie zur Green Lantern. In bester JLU-Manier hält sich „Justice League vs. the Fatal Five“ nicht groß mit ihrer Origin auf, sondern nimmt und benutzt einfach nach Lust und Laune. Man merkt dem Film an, dass die Macher nicht unbedingt ein groß angelegtes JLU-Revival anstrebten, sondern einfach nur eine Geschichte mit diesen Figuren erzählen wollten, die mehr oder weniger zufällig im DCAU spielt.

Fazit: „Justice League vs. Fatal Five“ ist eine unterhaltsame Rückkehr ins DCAU, die weitaus gelungener und befriedigender ausfällt als „Batman und Harley Quinn“, aber nach wie vor hinter Folgen und Handlungssträngen wie „Starcrossed“ oder dem Cadmus-Arc zurückbleibt.

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Batman und Harley Quinn

The Death of Superman

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Story: Eigentlich könnte alles gut: Superman (Jerry O’Connell) ist Mitglied der Justice League, Beschützer von Metropolis und schafft es auch endlich, sich seiner Freundin Lois (Rebecca Romijn) zu öffnen. Trotz Hemmungen schafft er es, ihr zu gestehen, dass er Superman ist. Unglücklicherweise kommt just in diesem Moment das Monster Doomsday auf die Erde und schaltet einen nach dem anderen die komplette Justice League aus. Nur der Mann aus Stahl kann die übermächtige Kreatur stoppen…

Kritik: „The Death of Superman“ war das Comicereignis der frühen 90er, mit dem DC gegen rückläufige Verkaufszahlen vorgehen wollte. Darüber hinaus gilt es als Paradebeispiel des gestorbenen und wieder zurückgekehrten Helden; diese Handlungsentwicklung wurde in den folgenden Jahren und Jahrzehnten in derart inflationärem Ausmaß angewendet, dass es inzwischen kaum noch einen Superhelden bei DC oder Marvel gibt, der nicht schon einmal gestorben und wiederauferstanden ist. Dennoch gilt „The Death of Superman“ als essentieller Teil des Superman-Kanons, obwohl ich gestehen muss, dass ich nur Teile dieses doch recht umfangreichen Handlungsbogens gelesen habe. Auch adaptiert wurde er schon mehrfach; zum ersten Mal, zumindest teilweise, im Rahmen der Serien „Justice League“ und „Justice League Unlimited“, die in verschiedenen Episoden Elemente wie die Kreatur Doomsday oder auch Supermans (vermeintlichen) Tod und sein Begräbnis übernahmen, diesen jedoch einen neuen Kontext gaben.

Als Warner 2007 die Reihe „DC Universe Animated Original Movies“ startete, war mit „Superman: Doomsday“ eine Adaption von „The Death of Superman” der erste Eintrag in dieser Filmreihe – es handelt sich dabei allerdings um eine sehr kondensierte Umsetzung, die keinen besonders guten Ruf genießt und ziemlich vergessenswert ist. Auch für „Batman v Superman: Dawn of Justice“ wurden Elemente aus „The Death of Superman” aufgegriffen (vornehmlich der Tod Supermans durch Doomsday), aber ein weiteres Mal in völlig anderem Kontext.

Die im Juli 2018 erschienene zweite direkte Adaption der Story, dieses Mal mit dem Originalnamen, gehört ebenfalls zu den „DC Universe Animated Original Movies“ und, mehr noch, zu den Filmen dieses Labels, die miteinander verknüpft sind und aufeinander aufbauen. Dieses „DC Animated Movie Universe“ ist in gewissem Sinne der Nachfolger des grandiosen und unerreichbaren DCAU und basiert größtenteils auf den New-52-Comics. Mit „The Judas Contract“ wurde allerdings bereits einmal eine weitaus ältere Geschichte für diese Kontinuität adaptiert, und mit „The Death of Superman“ verhält es sich ähnlich. Ich muss zugeben, ich bin nicht der größte Fan des „DC Animated Movie Universe“, der Animationsstil sagt mir nicht allzu sehr, viele der New-52-Geschichten lassen eher zu wünschen übrig und ganz allgemein können es diese Filme einfach nicht mit dem DCAU aufnehmen.

Allerdings muss ich zugeben: „The Death of Superman“ ist schon ziemlich gelungen und zeigte vor allem, wie sehr „Batman v Superman“ bei der Umsetzung dieses Stoffes doch versagt hat. Trotz der ziemlich geringen Laufzeit schafft der Film es, die Figuren und ihren Platz in der Geschichte passend zu etablieren. „The Death of Superman“ zeichnet sich weder durch eine besonders komplexe Handlung, noch durch Innovation aus, funktioniert aber. Man könnte diesen Film als „ökonomisch“ im positiven Sinne bezeichnen: Er steckt sich ein Ziel und erreicht dieses schnörkellos und auf direktem Weg – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das gilt besonders für die emotionale Ebene. Dabei profitiert „The Death of Superman“ durchaus davon, dass die Figuren bereits etabliert wurden, zugleich sind die anderen Filme des „DC Animated Movie Universe“ aber tatsächlich nicht essentiell, denn alles, was man wissen muss, wird durch Dialoge und Figureninteraktion knapp, aber eben nicht zu knapp, etabliert. Trotz des Umstandes, dass man weiß, wie die Geschichte letztendlich ausgeht, funktioniert der letztendlich Tod Supermans eben doch auf emotionaler Ebene. Anders als bei „Batman v Superman“ spürt man das Gewicht der Entscheidungen und was alles auf dem Spiel steht, wenn Doomsday nicht aufgehalten wird.

Natürlich hängt die Effektivität von „The Death of Superman“ auch mit den Sprechern zusammen, Jerry O’Connell und Rebecca Romijn machen einen sehr guten Job und vermitteln die Emotionen ihrer Figuren glaubhaft. Auch Rosario Dawson als Wonder Woman fand ich sehr gelungen. Mit Jason O’Mara als Batman und Rainn Wilson als Lex Luthor habe ich dagegen eher Probleme – nicht, dass sie per se schlecht wären, aber Kevin Conroy und Clancy Brown haben die Messlatte im DCAU nun einmal derart hochgelegt, dass nur wenige sich daran messen können.

Fazit: „The Death of Superman“ ist eine überraschend gelungene Umsetzung der gleichnamigen Story, geradlinig, aber emotional. die noch einmal zeigt, auf welch eklatante Art und Weise „Batman v Superman“ versagt hat.

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Justice League – Ausführliche Rezension

Spoiler nach dem ersten Absatz!
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Da ist sie also, die Justice League, mein Vorletzter Pflichtfilm für dieses Jahr. Wäre das irgend ein anderer Film, würde ein normale Rezension eigentlich völlig ausreichen, aber es handelt sich hierbei nun einmal um mein liebstes Superheldenteam – und zudem kann man schon allein wegen den Produktionsschwierigkeiten und dem Theater hinter den Kulissen einiges zu diesem Film schreiben. Meine spoilerfreie Meinung kann man dieses Mal mit einem Zitat von Douglas Adams sehr knapp zusammenfassen: „Mostly harmless.“ Der Kontrast zu „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ist schon faszinierend; wo dieser Film zu viel wollte und daran grandios scheiterte, will „Justice League“ zu wenig, um zu scheitern. Man wird mitunter den Eindruck nicht los, als wären alle beteiligten froh, dass diese Sache nun endlich vorbei ist. Dass „Justice League“ trotzdem ein besserer Film als „Dawn of Justice“ geworden ist, sagt eigentlich mehr über Letzteren denn Ersteren aus.

Was bisher geschah…
Irgendwie läuft’s bei den DC-Filmen nie wirklich rund. Manches lässt sich weder vorhersehen noch beeinflussen, vieles geht jedoch auf schlichte Unfähigkeit auf der Seite des Studios zurück. Nachdem „Batman v Superman: Dawn of Justice“ bei den Kritikern durchfiel, versuchte Warner fieberhaft, sein „DC Extended Universe“ (das laut offizieller Aussage gar nicht so heißt, was verkündet wurde, nachdem dieser Begriff bereits zwei Jahre in Gebrauch war) richtig aufzuziehen und reagierte dabei ziemlich kopflos. Schon „Batman v Superman“ wurde in der Postproduktion verstümmelt (was allerdings nur ein Problem unter vielen ist), bei „Suicide Squad“ ließ man den Film dann von einer Trailerschmiede neu schneiden. Unglaublich, aber wahr: Der Film mit der wenigsten Studioeinmischung, „Wonder Woman“ kam insgesamt am besten an und erwies sich als der Profitabelste des Franchise – vielleicht sollte man daraus eine Lehre ziehen. Wie dem auch sei, der tragische Selbstmord von Zack Snyders Tochter ist natürlich nichts, was man einkalkuliert und es ist völlig nachvollziehbar, dass sich Snyder von der Produktion zurückzieht, um diesen Verlust zu verarbeiten. Joss Whedon als Drehbuchdoktor und Regisseur für die Nachdrehs und Postproduktion ist natürlich dann wieder eine interessante Wahl und lässt darauf schließen, dass man bei Warner mal wieder versucht, den leichten Weg zu wählen (mehr Humor und mehr wie Marvel gleich Erfolg), anstatt sich auf die Umsetzung der gewählten Prämisse zu konzentrieren. Wie ich bereits bei meiner BvS-Rezension sagte: Meine Kritik bezieht sich nicht auf die Prämisse (düsterer, ernster Superheldenfilm; wie so etwas gut funktioniert haben wir erst dieses Jahr mit „Logan“ gesehen), sondern auf die katastrophale Umsetzung.

Handlung
Superman (Henry Cavill) ist tot. Ungeschickterweise tauchen gerade jetzt merkwürdige, geflügelte Wesen auf, die Ärger machen. Batman (Ben Affleck) vermutet bereits seit längerem, dass da mehr dahinter steckt. Es erweist sich, dass der Dunkle Ritter den richtigen Riecher hat, denn der außerirdische Kriegsherr Steppenwolf (Ciarán Hinds), der vor vielen Jahrtausenden bereits einmal versuchte, die Erde zu erobern, ist zurück, um sein Werk zu vollenden. Damals kämpften Menschen, Amazonen und Atlanter vereint gegen die Invasoren, ja selbst die Götter und mindestens eine Green Lantern halfen dabei, den Kriegsherren zu vertreiben. Steppenwolf ließ drei Mutterboxen zurück, die von den drei siegreichen Völkern verwahrt werden. Um seine Pläne umzusetzen, benötigt Steppenwolf alle drei. Um dies zu verhindern versammelt Batman eine Verteidigung für die Erde. Neben Diana Prince/Wonder Woman (Gal Gadot) rekrutiert er auch den Atlanter Arthur Curry/Aquaman (Jason Momoa), Barry Allen/Flash (Ezra Miller) sowie Victor Stone/Cyborg (Ray Fisher). Doch die fünf widerwilligen Helden scheinen nicht auszureichen, um Steppenwolf in seine Schranken zu weisen, denn es ist ihm bereits gelungen, die Mutterboxen der Atlanter und der Amazonen zu entwenden. Und so fragt sich Batman, ob es nicht möglich sein könnte, mit der dritten Mutterbox Superman wieder zum Leben zu erwecken…

Snyder vs. Whedon? Die Stilfrage
Insgesamt ist noch relativ unklar, wie viel Joss Whedon nun tatsächlich in „Justice League“ steckt. Einigen Szenen merkt man deutlich an, dass sie im Zuge der Nachdrehs entstanden sind (und das nicht nur wegen Whedons Handschrift), aber allein schon mit dem Schnitt kann man natürliches einiges verändern. Hinzu kommt, dass „Justice League“ laut Warner und Snyder von Anfang an darauf ausgelegt war, weniger düster und depressive zu sein als „Dawn of Justice“. Nun, zumindest das ist gelungen. Von dieser Aussage sowie einigen Eindrücken aus den ersten Trailern ausgehend denke ich, dass es falsch wäre, jeglichen Humor (und davon gibt es eine ganze Menge mehr als im Vorgännger) in diesem Film im Guten wie im Schlechten Joss Whedon anzulasten. Tatsächlich wird Whedon primär Anweisungen ausgeführt haben. Am deutlichsten fällt sein Einfluss in meinen Augen bei der Farbplatte aus, denn es ist nicht mehr alles grau in grau. Insgesamt ist der Film zwar weitaus bunter, aber es gibt einige Szenen, ziemlich auffällig hervorstechen.

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Wonder Woman (Gal Gadot), Batman (Ben Affleck) und Flash (Ezra Miller) beraten sich mit James Gordon (J. K. Simmons)

Wie schon „Suicide Squad“ ist „Justice League“ ein Film, der massiv unter der Studioeinmischung leidet. Strukturell bzw. dramaturgisch ist er dabei zum Glück nicht derart misslungen wie David Ayers Beitrag zum DCEU oder die Kinofassung von „Batman v Superman“, aber eine flüssige Dramaturgie sieht anders aus – vor allem der erste Akt bleibt kaum zusammenhängendes Stückwerk. Aber ein Problem tritt nun besonders deutlich hervor. Genau wie „Batman v Superman“ handelt es sich beim Plot von „Justice League“ um eine simple, recht stereotype Superheldengeschichte. Der Vorgänger mag mit schwülstigem, prätentiösem Symbolismus und einer Myriade an unnötigen Subplots vollgestopft gewesen sein, aber im Kern erzählte er das typische Superheldencrossover: Zwei Helden treffen sich, ein Missverständnis entsteht, sie kämpfen und am Ende verbünden sie sich gegen einen gemeinsamen Feind. Bei „Justice League“ ist es das typische Zusammenkommen eines Superheldenteams aufgrund einer Alien-Invasion. Da Warner jedoch auf eine Laufzeit unter zwei Stunden bestand, ist „Justice League“ ein extrem heruntergebrochener Film, aus dem nun genau das geworden ist, was viele ohnehin befürchteten: Ein Abklatsch von „The Avengers“. Ob nun Mutterboxen oder Infinity-Steine, Chitauri oder Paradämonen spielt kaum eine Rolle. Gewisse Parallelen wären zwar sicher ohnehin entstanden, aber so, wie „Justice League“ ausgefallen ist, raubt sich der Film jegliche Eigenständigkeit. Wo „Batman v Superman“ mit Themen und Symbolik überfrachtet war, gibt es in „Justice League“ nichts dergleichen, keine übergreifende Klammer, keine Aussage, gar nichts. Gewisse Ansätze, die Snyder wohl diesbezüglich in den Film einbauen wollte, sind noch vorhanden, gerade am Anfang finden sich ein paar aktuelle Bezüge. Der von Michael McElhatton gespielte Terrorist etwa weist darauf hin, dass „Justice League“ wohl einmal die religiöse Metaphorik des Vorgängers hätte fortsetzen sollte, was angesichts eines die Erde angreifenden New Gods gar nicht so unpassend gewesen wäre, aber all das wurde letztendlich entfernt.

Aufgrund seiner Natur als Film des kleinsten gemeinsamen Nenners fühlt sich „Justice League“ fürchterlich beiläufig an. Zum Teil leidet der Film an den „Sünden der Väter“: Wenn Supermans Tod in „Batman v Superman“ schon so inszeniert wurde, dass er mich nicht sonderlich juckt, warum sollte seine Auferstehung in diesem Film mir dann irgendetwas bedeuten? Aber selbst wenn man diesen Umstand berücksichtigt, wird vieles (gerade Supermans Rückkehr) fast schon antiklimaktisch und banal inszeniert.

Die Ligisten
Das Element, das „Justice League“ für mich erträglich gemacht hat, waren tatsächlich die Ligisten selbst und ihre Teamdynamik – ein Element, das wohl tatsächlich eher auf Joss Whedon zurückgeht, denn Chemie zwischen Figuren ist etwas, das in Zack Snyders Repertoire eher selten vorkommt. Tatsächlich bemüht sich der Film, jedem der Helden einen eigenen kleinen Handlungsbogen zu geben und auf kommende Filme hinzuarbeiten. Das wirkt freilich sehr gehetzt – hier zeigt sich, warum „The Avengers“ diesbezüglich einen sehr klaren Vorteil hat. Wonder Womans emotionale Reise ist mit Abstand am besten nachzuvollziehen, eben weil sie schon ihren eigenen Film hatte (auf den auch immer wieder eifrig verwiesen wird).

In dieser Version von Barry Allen entdecke ich recht wenig von der Figur, wie ich sie aus den Comics kenne. Nicht, dass Flash als Comic Relief neu wäre (auch wenn das sonst eher Wally West ist), aber gerade Barry Allen hatte sonst eher selten leicht autistische Züge. Grant Gustins Darstellung aus der Serie passt da besser zur Vorlage. Flashs persönlicher Handlungsstrang hängt mit seinem inhaftierten Vater Henry (Billy Crudup) zusammen (der in einem wie auch immer gearteten Solofilm der Figur sicher eine Rolle spielen wird) und einem Ausbruch aus sozialer Isolation zusammen.

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Aquaman (Jason Momoa)

Aquamans Handlungsstrang ist dem nicht ganz unähnlich, der theoretische Thronerbe von Atlantis treibt sich im Exil herum, weil er keine Lust auf sein Volk hat, wird aber ebenfalls von den Umständen gezwungen, sein Erbe zumindest in Ansätzen anzunehmen. Wir bekommen einen kleinen Eindruck von Atlantis und Aquamans zukünftigem Love Interest Mera (Amber Heard), der auf eine potentielle Ausarbeitung in James Wans Aquaman-Film hindeutet. Arthur Curry ist hier weder der noble König, noch der grimmige Herrscher, als der er mitunter in den Comics porträtiert wird, sondern eher ein Rocker, der in Ruhe gelassen werden will.

Cyborg ist vielleicht der interessanteste Neuzugang, zumindest ist sein Schicksal am engsten mit dem Plot um die Mutterboxen verknüpft, da er ihnen seine Entstehung verdankt. Victor Stones Identitätsfindung und der Konflikt mit seinem Vater hat ziemlich viel Potential, abermals wird das alles jedoch viel zu schnell und oberflächlich abgehandelt. Zusätzlich tut das CGI, mit dem Cyborg animiert wurde, Ray Fisher keinen Gefallen.

Batman und Wonder Woman führen mehr oder weniger ihre Handlungsstränge aus „Batman v Superman“ fort, wobei Batman sich im Grunde gar nicht verändert, da er ja bereits am Ende des Vorgängers beschließt, dass die Welt ein Superheldenteam braucht. Sein größtes Problem in diesem Film ist, dass er besonders im dritten Akt praktisch nutzlos ist. Es ist immer eine Herausforderung, Batman im Kontext der Justice League zu inszenieren, da er nun einmal ein Sterblicher ohne Kräfte ist. Normalerweise kommt ihm die Rolle des Taktikers und Problemlösers zu. Der Film scheitert allerdings daran, Batman zu einem nützlichen Mitglied des Teams zu machen.

Wonder Woman schließlich setzt sich mit ihrer Abkehr von der Welt auseinander und lernt zu akzeptieren, wer und was sie ist. Gerade diese Elemente sorgen für einige der besten Dialogszenen zwischen Ben Affleck und Gal Gadot. Insgesamt sind die Figuren und ihre Entwicklung zumindest in Ansätzen gelungen und weitaus klarer und nachvollziehbarer als beispielsweise in „Batman v Superman“, aber aufgrund der von Warner verordneten Kürzungen bleibt das alles unbefriedigendes Stückwerk.

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Cyborg (Ray Fisher)

Und schließlich hätten wir da noch Superman, dessen Rückkehr mehr wie eine Pflichtübung absolviert wird und die ohnehin niemanden überrascht. Ein paar lose Enden der beiden Vorgänger werden fast schon alibimäßig aufgegriffen, aber insgesamt fehlt der Rückkehr des theoretisch größten Helden der Welt die emotionale Wucht. Am Ende fungiert er dann doch nur als Deus Ex Machina, der Steppenwolf nicht gewachsen ist.

Was die Interpretation der Figuren angeht, so ist diese weitaus näher am Standard der Comics, als es bei den Vorgängern der Fall war, was besonders bei Superman sehr auffällig ist, der tatsächlich lächelt und nicht die ganze Zeit vor sich hinbrütet – dieser Umstand zeigt sich auch an seinem Kostüm, das zum ersten Mal nicht graublau bzw. graurot ist, sondern tatsächlich über ziemlich kräftige Farben verfügt. Es gibt ja durchaus eine kleine, aber mitunter sehr lautstarke Minderheit, die mit Zack Snyders ursprünglicher Interpretation dieser Figuren sehr zufrieden war – deren schlimmste Befürchtungen dürften nun wahrgeworden sein. Ich persönlich bin mit der grundsätzlichen Richtung, die für die Charakterisierung dieser Figuren eingeschlagen wurde, dagegen durchaus zufrieden. Es hapert allerdings abermals an der Umsetzung, da es keinerlei Entwicklung vom brütenden Superman der Vorgänger zur übertrieben fröhlichen Version dieses Films gibt, die oftmals an Selbstparodie grenzt. Nichts gegen eine gelungene Kurskorrektur, aber den Holzhammer sollte man dazu nicht auspacken.

Steppenwolf
Kommen wir nun zum schwächsten Element eines ohnehin nicht besonders starken Films. Wie üblich gibt es eine Alieninvasion, angeführt vom sinisteren Steppenwolf, der sich perfekt in die Riege der DCEU-Schurken einpasst: Er ist groß, monströs, wurde mit CGI aufgepumpt und bleibt völlig profillos und uninteressant. Im Grunde ist er noch einmal Ares nur ohne Twist: Statt sich als Mensch zu verstecken, kommt Steppenwolf einfach auf die Erde und greift an, weil er das halt gerne macht (bzw. weil er sich bei seinem Boss rehabilitieren will, das zumindest deutet der Film an). An dieser Stelle merkt man als Comickenner am deutlichsten, dass „Justice League“ ursprünglich ein Zweiteiler hätte werden sollen,  den Warnern in letzter Sekunde doch zum in sich geschlossenen Film umfunktionierte. Denn hätte man „Justice League“ von Anfang an als in sich geschlossenen Film konzipiert, hätte man wohl kaum Steppenwolf als Schurken genommen.

„Dawn of Justice“ verteilte bereits großzügige Anspielungen auf die von Jack Kirby geschaffenen New Gods: Paradämonen in der Alptraumsequenz, das Omega-Symbol im Sand und natürlich die aus der Kinofassung geschnittene Szene mit dem Steppenwolf-Hologramm. Die beiden ursprünglichen Justice-League-Filme sollten Darkseids Invasion der Erde schildern, wobei sein Genereal (und Onkel) Steppenwolf die Invasion anführen würde. Da man sich bereits für Steppenwolf entschieden hatte, blieb man dabei, entfernte aber die meisten Elemente, die auf eine größere kosmische Bedrohung hindeuten. Das wäre nicht so tragisch, wäre Steppenwolf in irgendeiner Weise interessant, aber wie bereits erwähnt unterscheidet er sich nicht im geringsten von den diversen Motion-Capture-Schurken, die in den letzten Jahre alle möglichen Filme unsicher machten. Er ist nicht im geringsten interessant oder bedrohlich und hat im Grunde keinerlei Motivation. In den paar Sätzen, die er von sich gibt, kann der Comicleser natürlich Darkseids Philosophie bezüglich der Antilebensformel, die die völlige Vernichtung des freien Willens zur Folge hat, erkennen, aber rein im Kontext dieses Films bleibt das alles eine extrem dürftige Rechtfertigung. Mehr noch als Ares gleicht Steppenwolf Azog aus der Hobbit-Trilogie: Der scheinbar Besiegte, der zurückkehrt, um Rache zu nehmen – und natürlich ist auch Azog eine übergroße CGI-Kreation, die über kaum Ausstrahlung verfügt. Ich kann nach wie vor nicht verstehen, weshalb man diesen Weg wählte. In den Comics ist Steppenwolf nämlich nicht einmal ein Ork-artiges Wesen, sondern sieht aus wie ein Mensch in Rüstung. Ciarán Hinds ist ein wunderbarer Schauspieler, der über eine beeindruckende Präsenz verfügt, wenn man sein Spiel nicht mit schlechtem CGI zukleistert. Außerdem, warum nur Steppenwolf? Ich finde es gut, dass Darkseid, immerhin einer größten und mächtigsten Schurken des DC-Universums, nicht schon im ersten Film verheizt wird, aber von all seinen Lakaien, die man als Vorhut hätte verwenden können, ist Steppenwolf der mit Abstand langweiligste. Warum hat man ihn nicht mit einem oder gleich mehreren von Darkseids anderen Speichelleckern kombiniert, um auf Schurkenseite eine interessante Figurendynamik zu etablieren? Egal ob Darkseids illegitimer Sohn Kalibak, der Foltermeister DeSaad, der Manipulator Glorious Godfrey oder Granny Goodness und ihre Female Furies, sie alle sind interessantere Figuren als Steppenwolf.

Quo vadis, DCEU?
Eine interessante Frage. Ganz in bester Tradition teasert „Justice League“ einiges an. Die Bezüge zu den New Gods wurden zwar stark reduziert, aber nicht völlig entfernt; Darkseids Name fällt immerhin einmal. Im Rückblick ist eine Green Lantern zu sehen und dann wären da natürlich noch die Mid- bzw. Postcreditsszenen. Ersterer spielt auf das berühmte Wettrennen zwischen Superman und Flash an, Letztere deutet an, worum es in einem potentiellen Justice-League-Sequel gehen könnte: Lex Luthor (Jesse Eisenberg) ist aus dem Gefängnis ausgebrochen und unterhält sich mit dem Auftragsmörder Deathstroke (Joe Manganiello) – das riecht nach einer Schurkenvereinigung, egal ob sie nun „Injustice Gang“, „Injustice League“ oder „Legion of Doom“ heißt. Die Tatsache, dass diese Szene im Film enthalten ist, zeigt immerhin, dass Warner an weiteren Plänen festhält, auch wenn sonst noch vieles unklar bleibt: Wird Ben Affleck in Matt Reeves Batman-Film zu sehen sein? Will Warner tatsächlich „Flashpoint“ umsetzen und damit einen Semi-Reboot einleiten? Und was ist mit potentiell unabhängigen Filmen wie dem von Martin Scorsese produzierten Joker-Film, der angeblich kommen soll? Auch weiterhin herrscht Unklarheit.

Fazit
Meiner ursprünglichen Einschätzung gibt es kaum etwas hinzuzufügen – „Justice League“ ist im Grunde nicht mehr als einfach ein weiterer Superheldenfilm mit ein paar Stärken und vielen, vielen Schwächen, nicht zuletzt dank der Einmischung des Studios. Das ist zwar eine geringfügige Verbesserung gegenüber „Batman v Superman: Dawn of Justice“, aber für einen Film über mein Lieblingssuperheldenteam bei Weitem nicht genug.

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Siehe auch:
Batman v Superman: Dawn of Justice – Ausführliche Rezension
Suicide Squad – Ausführliche Rezension
Wonder Woman – Ausführliche Rezension

Stück der Woche: Hero’s Theme

Enthält eventuell Spoiler zu „Justice League“!

Der Kinostart von „Justice League“ nähert sich mit Riesenschritten, die Marketingschraube wird angezogen, beständig tauchen neue Trailer, TV-Spots und Poster auf. Zusätzlich gibt es inzwischen den ersten Eindruck vom Score. Dieses Element des Films hat sich in meinen Erwartungen nachhaltig verändert. Als noch Tom Holkenborg alias Junkie XL für die Musik verantwortlich war, hatte ich den Justice-League-Soundtrack als fast sicheren Kandidaten für die Worst-of-Liste dieses Jahres verbucht. Dann wurde Holkenborg durch Danny Elfman ersetzt – und plötzlich ist der Score das Element des Films, auf das ich mich am meisten freue, spätestens seit Elfman in einem Interview verkündete, er werde diverse Themen von früheren Inkarnationen der Figur zurückbringen.

Nun wurde auf WaterTower Music, einem offiziellen Youtube-Channel von Warner Bros., der Track Hero’s Theme veröffentlicht, der stilistisch bereits einen relativ guten Einblick in den Score geben dürfte. Schon bei „Avengers: Age of Ultron“ hat Elfman gezeigt, wie geschickt er darin ist, mit den Stilen mehrere Komponisten (in diesem Fall Brian Tyler und Alan Silvestri) zu jonglieren und mit seinem eigenen zu verbinden. Ähnliches macht er hier: Das Stück ist definitiv Elfman, aber man hört dennoch Zimmer- und Holkenborg-Anleihen heraus. Ich persönlich hätte mich sogar über noch mehr „reinen“ Elfman gefreut, aber so garantiert er, dass kein allzu großer Bruch zwischen der bisherigen Musik des filmischen DC-Universums und den Justice-League-Score entsteht. Und erfreulicherweise bewegte sich ja auch schon Rupert Gregson-Williams‘ „Wonder Woman“ dröhnenden Haudrauf-Sound der beiden Snyder-Filme weg.

Hero’s Theme selbst beginnt mit rhythmischen, relativ bedrohlichen und sehr tiefen Streicher-Ostinati; aus dieser Begleitung arbeitet sich langsam das Thema heraus, erst zaghafter, dann kräftiger, gespielt von einem heroischen Horn, bevor das restliche Orchester dazustößt. Hier ist eine gewisse Verwandtschaft zu Elfmans düstereren Arbeiten wie „The Wolfman“, „Planet der Affen“ oder „Roter Drache“ herauszuhören. Das Thema selbst ist nicht das komplexeste, aber doch weitaus komplexer und umfangreicher als die bisherigen Minimalmotive Zimmer’scher bzw. Holkenborg’scher Prägung. Besonders interessant ist in diesem Kontext, wofür dieses Thema eigentlich steht. Am naheliegendsten wäre natürlich das Justice-League-Thema, allerdings enthält die Trackliste, die von Entertainment Weekly veröffentlicht wurde, auch ein Stück, das spezifisch als The Justice League Theme bezeichnet wird, während dieser Track Hero’s Theme heißt.

Der Mittelteil des Tracks ist getragener und wird vom Choreinsatz dominiert, bevor an 2:20 wieder die aggressive Streicherbegleitung zurückkehrt, dicht gefolgt vom Hornthema. Ab der Dreiminutenmarke klingen die höheren Streicherfiguren und die Percussions relativ stark nach der Action-Musik von „Man of Steel“, wozu auch die tiefen Blechbläserstöße passen, die zwar kein direktes Zitat des infamen „Horn of Doom“ darstellen, aber doch zumindest an es erinnern. Während das Stück ausläuft sind noch einige elektronische Manipulationen zu hören, die sich dankenswerter Weise in Grenzen halten, aber ebenfalls Zimmer-Assoziationen erwecken. Hero’s Theme ist nun zugegebenermaßen kein Track, der mich sofort anspringt und begeistert (wie das etwa Elfmans Avengers-Hybridthema getan hat), aber er ist grundsätzlich eine Verbesserung gegenüber den bisherigen DC-Scores – heroischer, organischer, ohne dabei völlig mit dem Tonfall der Vorgänger zu brechen. Manchmal könnte man gar meinen, ein wenig von Elfmans bisherigen Superheldenthemen subtil herauszuhören.

Und wo wir gerade davon sprechen, es wurde noch ein weiterer Track veröffentlicht, der den Titel Friends and Foes trägt. Dieses Stück zeigt, dass Elfman keine leeren Versprechungen gemacht hat, denn hier erklingt, mal subtiler, mal weniger subtil, John Williams ikonisches Superman-Thema, das den Track sogar eröffnet. Insgesamt finde ich Friends and Foes beinahe interessanter als Hero’s Theme, weil man vorzüglich über den Inhalt spekulieren kann. DASS Superman zurückkehren würde, dürfte ja schon lange klar gewesen sein, die Frage ist eher, wie. Einer beliebten Theorie zufolge könnte er tatsächlich von Steppenwolf selbst wiedererweckt und als Waffe gegen seine Kameraden eingesetzt werden. Friends and Foes widerlegt diese Theorie zumindest nicht. Es handelt sich dabei um einen recht harschen, dissonanten Action-Track, der mit Andeutungen des Williams-Themas durchsetzt ist, das allerdings fragmentiert bleibt. Bei 1:40 erklingt zum Beispiel eine sehr tiefe Blechbläserandeutung. Die deutlichste Variation ist bei 2:19 zu hören, doch selbst hier haftet dem Thema etwas Verfremdetes und Verzweifeltes an – ich bin schon sehr darauf gespannt, dieses Stück im Kontext zu hören und zu erleben, wie Elfman sein eigenes Batman-Thema und die Motive von Zimmer und Holkenborg einsetzen wird – zumindest der Einsatz des Wonder-Woman-Motivs wurde bereits bestätigt.

JLA: New World Order

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Eigentlich sollte ich dieses Jahr wegen einem Film äußerst gehypt sein. Hätte man mir vor 2013 gesagt, dass in absehbarer Zeit ein Justice-League-Film kommen würde, wäre ich sicher äußerst begeistert gewesen, denn die Justice League ist mein Lieblingssuperheldenteam, noch vor den X-Men, den Teen Titans oder den Avengers. Die ersten Comics, die ich im zarten Alter von sieben oder acht Jahren las, waren (neben Batman-Solo-Geschichten, versteht sich) Justice-League-Comics. Unglücklicherweise kamen seither mit „Man of Steel“, „Batman v Superman: Dawn of Justice“ und „Suicide Squad“ drei Filme, die nicht nur mich ernsthaft daran zweifeln ließen, dass Warner Bros. die Comics, die sie da adaptieren, auch wirklich verstehen. Immerhin „Wonder Woman“ scheint nach dem, was man so hört, Anlass zur Hoffnung zu geben. Auch wenn ich dem Justice-League-Film, der im November startet, mit negativen Gefühlen entgegenblicke, möchte ich ihn doch zum Anlass nehmen, ein wenig über mein Lieblingssuperheldenteam, bzw. die Inkarnation besagten Teams, die mich dazu gebracht hat, mich in es zu verlieben, zu schreiben.

Die Justice League – ein kurzer Abriss

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The Brave and the Bold #28 (Bildquelle)

Nachdem das Medium Comic im Allgemeinen und das Superheldengenre im Speziellen in den frühen 1950ern eine schwere Zeit durchmachte, bekam es Ende der Dekade langsam wieder Aufwind. DC Comics gelang es, Figuren aus den 40ern, etwa Flash und Green Lantern, mit neuen Identitäten wiederzuerwecken. Schon bald wurde eine weitere Idee aus den 40ern reaktiviert: Das Superheldenteam. Während des Zweiten Weltkriegs hatten sich DCs Helden zur „Justice Society of America“ zusammengefunden. Im Jahr 1960, in Ausgabe 28 der Anthologieserie The Brave and the Bold debütierte die „Justice League of America“. In ihrer Grundformation bestand die Justice League, kurz JLA, aus den sieben größten Superhelden des Verlags: Superman (Clark Kent), Batman (Bruce Wayne), Wonder Woman (Diana Prince), Flash (Barry Allen), Green Lantern (Hal Jordan), Aquaman (Arthur Curry) und Martian Manhunter (J’onn J’onzz). Die Liga erwies sich als äußerst erfolgreich und bekam schon bald ihre eigene Serie. Im Verlauf kamen neue Mitglieder wie Green Arrow, Zatanna, Atom oder Black Canary hinzu und nach und nach veränderte sich das Team immer weiter, Helden kamen und gingen, Hauptquartiere wechselten und die Liga teilte sich in mehrere Teams auf, etwa in die „Justice League Europe“ oder die „Justice League International“. Besonderes Letztere wandte sich in den 80ern unter den Autoren Keith Giffen und J. M. DeMatteis von der Idee des Teams aus den größten Superhelden der Welt, die diese vor übermäßigen Bedrohungen retten, ab und konzentrierte sich stärker auf absurden Humor.

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Die sieben ursprünglichen Mitglieder der JLA, in Szene gesetzt von Alex Ross: Green Lantern, Flash, Superman, Batman, Wonder Woman, Aquaman, Martian Manhunter (Bildquelle)

Die frühen 90er waren geprägt vom Erbe von „Watchmen“ und „The Dark Knight Returns“: Völlig amoralische Antihelden, die sich kaum noch von den Schurken unterschieden, waren gerade modern. Einigen Autoren bei DC sagte dieser Trend überhaupt nicht zu. Bereits mit „Kingdom Come“ bemühte sich Mark Waid, in Zusammenarbeit mit Alex Ross, um eine Rekonstruktion des Superheldengenres. Zusammen mit Fabian Nicieza, seines Zeichens Mitschöpfer von Deadpool, verfasste er 1996 für DC eine Miniserie namens „A Midsummer’s Nightmare“, die diesen Trend fortsetzte und gleichzeitig die diversen schwächelnden Justice-League-Serien beendete, indem sie stattdessen eine neue Justice League versammelte. Auf die dreiteilige Miniserie folgte 1997 eine neue, fortlaufende Justice-League-Serie, geschrieben von Grant Morrison, die auf „A Midsummer’s Nightmare“ aufbaut – diese Serie ist das eigentliche Sujet dieser Artikelreihe. Hier werde ich die diversen Storybögen der JLA-Serie besprechen, wobei ich mich an den amerikanischen Paperbacks orientiere.

Die Ligisten
Bei der Konzeption der neuen Liga orientierten sich Waid und Morrison an den klassischen sieben Helden der ersten Inkarnation. Natürlich mussten dabei die jeweils aktuell laufenden Storys der einzelnen Helden, die alle eine (bzw. im Fall von Batman und Superman diverse) laufende Serien hatten, miteinbezogen werden. In den späten 80ern und den 90ern war DC von einer Tendenz des Wandels geprägt. Manche Änderungen waren nur temporär, hatten aber dennoch weitreichende Auswirkungen. Superman wurde von Doomsday getötet, während Bane Batmans Rückgrat brach und er durch den psychisch instabilen Jean-Paul Valley ersetzt wurde. Selbst Wonder Woman wurde zeitweise durch die rabiatere rothaarige Amazone Artemis vertreten. Diese Änderungen wurden wieder rückgängig gemacht, hinterließen aber ihre Spuren und prägte die Figuren für die 90er. Anders verhielt es sich mit Flash und Green Lantern. Barry Allen starb bereits während des Großevents „Crisis on Infinite Earths“ und wurde durch seinen Sidekick Wally West ersetzt. 1994 entschloss man sich, etwas Ähnliches mit Green Lantern anzustellen. Im Rahmen des dreiteiligen Storybogens „Emerald Twilight“ drehte Hal Jordan wegen der Zerstörung seiner Heimatstadt durch, massakrierte das Green-Lantern-Corps und wurde zum Schurken Parallax. Der letzte verbliebene Ring ging an den Zeichner Kyle Rayner, der von nun an als einzige Green Lantern versuchte, einem großen Erbe gerecht zu werden. Aquaman war zwar immer noch Arthur Curry, hatte aber seinerseits einige Veränderungen durchgemacht, trug nun Bart, eine Harpunenhand und war allgemein nicht mehr sehr umgänglich. Lediglich beim Martian Manhunter gab es in dieser Ära meines Wissens nach keine größeren Umwälzungen.

Konzept und Zeichnungen
Wie bereits erwähnt ging es Grant Morrison darum, die JLA zu ihren Wurzeln zurückzuführen und dem DC-Universum eine wirklich heldenhafte erste Garde zu geben. Das bedeutet, dass Morrison seine Liga nur gegen wirklich große Gegner kämpfen lassen wollte; die Justice League kommt bei ihm meistens dann zum Einsatz, wenn die Erde oder sogar das Gefüge der Realität selbst bedroht ist. Strukturell bediente sich Morrison dabei oft kürzerer Handlungsbögen. Schon in den 90ern dachte man bei der Konzeption der Storybögen zumeist an die später erscheinende Paperback-Version und legte die Handlung so aus, dass sie im Rahmen von vier bis sechs Heften erzählt wurde. Morrison ließ sich davon jedoch nicht beeinträchtigen, viele seiner Geschichten erstrecken sich nur über zwei bis drei Hefte. Das sorgt dafür, dass nur selten Leerlauf entsteht; die JLA sollte sich vor allem von der früheren Inkarnation aus den 80ern distanzieren, weshalb Morrison einen Seifenopern-artigen Aufbau vermied und die Geschichten sehr plotorientiert und prägnant hielt. Das bedeutet nicht, dass es nicht Humor oder Charakterentwicklung gäbe – wobei gerade Letztere bei einer Serie wie dieser immer so eine Sache ist. Morrison musste freilich die Entwicklungen der diversen Soloserien berücksichtigen, tat dies aber eher nebenbei und ohne große Erläuterungen. Liest man die JLA-Comics heute ohne Kenntnis des DC-Universums der späten 90er, kann es durchaus zu einiger Verwirrung kommen. Davon ließ Morrison sich jedoch nicht beirren, integrierte, was sein musste und erzählte sonst die Geschichten, die er erzählen wollte. In vielerlei Hinsicht ist „JLA“ die Essenz der positiven Trends des DC-Universums der späten 90er, denn oftmals gelang Morrison die Charakterisierung dieser übergroßen Helden weitaus besser als den Autoren der diversen Soloserien. Selbstverständlich gibt es auch einen übergeordneten Handlungsbogen, der die einzelnen Storybögen mit einander verbindet – allerdings nicht immer ausgewogen. Die ersten Andeutungen finden sich bereits in „A Midsummer’s Nightmare“.

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Beispiel für eine etwas bizarre Pose von Howard Porter (Bildquelle)

Als Hauptzeichner der Serie fungierte Howard Porter, der insgesamt einen sehr guten Job machte, zumindest in meinen Augen. Das könnte natürlich auch damit zusammenhängen, dass Porters Zeichnungen mitunter die ersten waren, die mir im Comicbereich jemals unter die Augen kamen – so etwas prägt. Wie dem auch sei, Porters Stil ist nicht ganz leicht zu beschreiben. Ein gewisser Einfluss des Image-Stils, der durch Zeichner wie Rob Liefeld, Todd McFarlane, Jim Lee oder Mike Deodato Anfang der 90er populär wurde, lässt sich nicht leugnen, gerade, wenn man sich die doch etwas übertriebene Anatomie weiblicher Figuren ansieht. Diesbezüglich gibt es im Verlauf der Serie allerdings durchaus eine Entwicklung zum Positiven. Insgesamt ist Porters Strich dennoch ziemlich distinktiv, gerade auch, weil er oft einige interessante (manchmal fast schon bizarre) Perspektiven und Körperhaltungen verwendet. Insgesamt gelingt es Porter jedenfalls ziemlich gut, die epischen Geschichten Morrisons angemessen in Szene zu setzen. Hin und wieder kamen auch andere Zeichner zum Einsatz, über deren Leistung werde ich dann in der entsprechenden Rezension schreiben.

Deutsche Veröffentlichung
In Deutschland wurde die JLA-Serie vom Dino-Verlag herausgegeben. Ich möchte das noch einmal besonders hervorheben, denn der 1993 gegründete Verlag, der ursprünglich vor allem Comics und Magazine zu Zeichentrickserien herausbrachte, ist letztendlich dafür verantwortlich, dass ich Comics lese und sammle. Über „Batman Adventures“, die Begleitserie zu „Batman: The Animated Series“, kam Dino schließlich zum Superheldencomic und begann bald, weitere DC-Helden, darunter den regulären Batman, Superman und natürlich die JLA, zu übersetzen und zu verlegen. Nach und nach erweiterte der Verlag sein Programm und erwarb unter anderem die Star-Wars-Lizenz, es folgten aber auch einige massive Probleme, die Dino zwangen, im Jahr 2000 die DC-Lizenz wieder abzugeben. 2003 wurde Dino schließlich von Panini aufgekauft, existierte aber als Label noch drei Jahre weiter.

„JLA“ erschien als Heftserie mit diversen Zweitserien, darunter die Miniserie „Superboy/Robin: World’s Finest Three“ von Karl Kesel, Chuck Dixon und Tom Grummett sowie „Teen Titans“ von Dan Jurgens und die Nachfolgeserie „The Titans“ von Devin Grayson. Die Serie brachte es auf 39 Hefte. Zusätzlich gab es die Reihen „JLA Special“ (Heft mit 100 Seiten und vier US-Ausgaben) sowie „JLA Sonderband“ (Paperback), die sich Großereignissen, Miniserien oder wichtiger Soloauftritte einzelner Figuren widmeten. Diese werde ich nicht alle besprechen, aber unter der Rubrik „Weiterführende Lektüre“ mehr oder weniger detailliert auf sie eingehen, wenn es mir angemessen erscheint.

New World Order
Und nun, endlich, zum eigentlichen ersten Storybogen von Grant Morrisons Justice-League-Serie, der die ersten vier US-Ausgaben füllt. Die eigentliche Formation des Teams fand zwar, wie bereits erwähnt, in „A Midsummer’s Nightmare“ statt, aber dennoch findet das Team auf gewisse Weise noch einmal zusammen, wohl vor allem, um Neuleser nicht abzuschrecken. Wie üblich im Superheldengenre ist eine Alieninvasion der Auslöser. Dieses Mal erscheinen die Aliens allerdings zuerst wohlgesonnen: Protex und sein Hyperclan behaupten von sich, sie wollten die Welt retten und sie in ein Paradies verwandeln. Unter anderem transformieren sie die Wüste Sahara in einen blühenden Garten, gehen aber auch mit äußerster Gnadenlosigkeit gegen Superschurken und andere Kriminelle vor, die ohne Prozess von ihnen hingerichtet werden. Das weckt freilich die Skepsis vieler irdischer Helden. Schon bald kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen den außerirdischen Neuankömmlingen und den Mitgliedern der Justice League. Und die JLA droht zu verlieren, denn fast alle von ihnen werden überwältigt und gefangen. Bis auf Batman…

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Der Hyperclan (Bildquelle)

Thematisch knüpft Morrison mit diesem ersten Storybogen an Mark Waids „Kingdom Come“ an. Abermals sehen wir, verkörpert durch den Hyperclan, den Archetypus des amoralischen 90er-Jahre-Antihelden, dem der klassische, nicht tötende Superheld entgegengesetzt wird. Schon ein wenig ironisch, wenn man bedenkt, dass hier vor allem Batman und Superman die Paradebeispiele abgeben, wo doch ihre aktuellen Leinwandinkarnationen eher an die Antihelden der 90er erinnern. Morrison ist hierbei jedoch ein wenig plakativer als Waid, besonders, da sich der Hyperclan letztendlich doch als Invasionsarmee entpuppt. Es handelt sich um eine Invasion der Weißen Marsianer, Verwandte der grünen Marsianer, zu denen J’onn J’onzz gehört. Statt eines friedlichen Zusammenlebens ziehen die Weißen Marsianer allerdings eher Eroberung und Völkermord vor.

Ein weiteres Thema, dass Morrison zumindest anschneidet, ist die Überlegung, weshalb Superhelden mit ihren enormen Kräften nicht einfach jegliche Probleme der Menschheit regeln – auch diesbezüglich geht „Kingdom Come“ mehr in die Tiefe, denn die Weißen Marsianer sind einfach keine passenden Vertreter einer zu diskutierenden Philosophie, da sie letztendlich eindeutig böse sind und die Menschheit ausrotten wollen. Diese Frage stellt natürlich ein grundsätzliches Problem des Superheldengenres dar, da eine Machtübernahme oder auch nur eine globale Problemlösung einer gewissen Logik nicht entbehrt, man aber gleichzeitig versucht, so nah an der Lebensrealität des Lesers zu bleiben, von der fortlaufenden Natur der Superheldencomics gar nicht erst zu sprechen. Insofern muss der Lösungsansatz, den Morrison hier präsentiert, wohl erst einmal ausreichen.

Inhaltlich und optisch gibt es darüber hinaus einige Parallelen zu „Independence Day“, der ein Jahr vor dem Start von „JLA“ ins Kino kam. Das Design der Weißen Marsianer erinnert ein wenig an das der Independence-Day-Aliens (ein wenig H. R. Giger findet sich ebenfalls) und das eine oder andere Panel hat durchaus optisch Parallelen zu den Bildkompositionen Roland Emmerichs.

Insgesamt hat dieser erste Storybogen, gerade im Vergleich zu späteren, noch die eine oder andere kleiner Startschwierigkeit, vor allem die Schurken sind als Individuen nicht wirklich interessant.  Die große Stärke liegt jedoch bei der Charakterisierung: Morrison gelingt es, seine Helden ohne viel Aufwand punktgenau und treffend darzustellen. Sei es Supermans Heroismus, gepaart mit subtilen Selbstzweifeln, Green Lanterns und Flashs jugendliches Gekabbel, Aquamans Eigenbrötlertum, Wonder Womans No-Nonsense-Attitüde oder Batmans überragende Fähigkeiten als Taktiker. Tatsächlich lässt sich die Idee, Batman könne es mit vielen Helden mit Superkräften problemlos aufnehmen, zumindest teilweise auf Morrisons JLA-Run zurückführen. Schon allein in diesem ersten Storybogen macht er vier Weiße Marsianer im Alleingang platt. In diesem Zusammenhang etabliert Morrison auch den gelungenen, trockenen Humor, der seine JLA-Comics auszeichnet.

Weiterführende Lektüre
Vor allem zwei Geschichten sind exzellente Begleitlektüre zu „New World Order“. Da hätten wir natürlich die bereits mehrfach erwähnte Miniserie „A Midsummer’s Nightmare“, verfasst von Mark Waid und Fabian Nicieza und gezeichnet von Jeff Johnson und Darick Robertson. Zu Beginn dieses Werks sind alle sieben Gründungsmitglieder der neuen JLA normale Menschen, die sich ihrer Zweitidentität nicht bewusst sind, während alle möglichen anderen Menschen Superkräfte entwickeln. Doch schon bald merken die sieben, dass etwas nicht stimmt, sie haben merkwürdige Träume, die Superkräfte kehren zurück und schließlich müssen sie erkennen, dass sie einer realitätsverändernden Intrige des Superschurken Dr. Destiny zum Opfer gefallen sind. Um Destiny zu besiegen müssen die sieben als neue Justice League zusammenfinden. „A Midsummer’s Nightmare“ ist auf Deutsch als „JLA Sonderband 1“ bei Dino erschienen.

Die zweite essentielle Ergänzung ist „JLA: Secret Origin“, ein One Shot, der in meinen Augen unbedingt in das New-World-Order-Paperback gehört hätte. Ich bin nicht ganz sicher, ob diese Geschichte zwischen „A Midsummer’s Nightmare“ und „New World Order“ oder während „New World Order“ (genauer, nach der Invasion der Weißen Marsianer, aber vor dem Bau des JLA-Wachturms auf dem Mond) spielt. Verfasst wurde sie jedenfalls von Grant Morrison und Mark Millar und gezeichnet von Howard Porter. Dieser One Shot ist quasi die Nullnummer der JLA-Serie, es handelt sich dabei um einen Rückgriff auf The Brave and the Bold #38, in dem die Justice League zum ersten Mal auftrat, um gegen Starro, den Eroberer, ein riesiges Alien in Gestalt eines einäugigen violetten Seesterns, zu kämpfen. Eine Neuinkarnation von Starro ist auch in „JLA: Secret Origin“ der Gegenspieler. Unter Morrison wird aus dem Eroberer eine Spezies von Parasiten, die sich als grüne, einäugige Seesterne auf dem Gesicht ihres Opfers niederlassen. Besonders gefährlich sind diese Parasiten für Metawesen, da sie mit deren Hilfe die Erde in Windeseile erobern könnten. Um die JLA vor einem fatalen Fehler zu bewahren, taucht der Spectre, einer der mächtigsten mystischen Helden des DC-Universums, auf und nimmt der Justice League mit deren Einverständnis die Superkräfte, sodass sie Starro gefahrlos entgegentreten können. „JLA: Secret Origin“ ist auf Deutsch in Dinos „JLA Sonderband 4: Aus den geheimen Archiven I“ erschienen.

Und schließlich wäre da noch eine Maxiserie, die sich ebenfalls gut zur weiteren Lektüre eignet. Durch Reboots und Retcons der späten 80er und frühen 90er wurde die Zusammenstellung der ursprünglichen Erstformation der Justice League geändert: Man nahm Batman, Superman und Wonder Woman aus dem Team und ersetzt sie durch Black Canary. Die Geschichte dieser neuen ersten Justice League wurde in der zwölfteiligen, von Mark Waid und Brian Augustyn geschriebenen und von Barry Kitson gezeichneten Maxiserie „JLA: Year One“ erzählt. Diese Serie ist ebenfalls sehr empfehlenswert, der Fokus liegt auf der Charakterdynamik und der Interaktion der Ligisten. Auf Deutsch erschien „JLA: Year One“ als sechste und siebte Ausgabe der JLA-Sonderbandreihe.

Fazit
„New World Order“ ist ein gelungener, wenn auch nicht vollkommen optimaler Einstieg in Gran Morrisons JLA-Serie. Schon 1997 war die Alieninvasion als Anlass zur Formierung eines Superheldenteams keine neue Idee, und zwanzig Jahre später ist es schon ein ziemliches Klischee. Die Konzeption der Serie und die Charakterisierung der Helden ist jedoch tadellos gelungen und weiß auch heute noch zu überzeugen.

Titelbildquelle

The Amazing Superman 2: Rise of Justice

Enthält die volle Ladung Spoiler!
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Es gibt Filme, die wissen einen im Kino noch zu fesseln, fallen aber auseinander, wenn man beginnt, hinterher über sie nachzudenken. „Batman v Superman: Dawn of Justice“ gehört nicht zu diesen Filmen, für mich ist er schon während des Kinobesuchs auseinander gefallen. Den Titel meiner ausführlichen Rezension habe ich nicht von ungefähr gewählt, und ich habe es auch schon in meiner kürzeren Kritik gesagt: „Batman v Superman: Dawn of Justice“ macht minutiös dieselben Fehler wie „The Amazing Spider-Man 2“. In beiden Fällen handelt es sich um einen Film, der auf Basis des Vorgängers ein größeres Superheldenuniversum initiieren soll, und in beiden Fällen merkt man ihm an, dass es eine Liste von Studioseite gab, die es abzuarbeiten galt, die aber oft einfach nicht mit dem Film harmoniert. Beide Filme haben Plotstränge, die nicht ineinandergreifen und zusammenpassen wollen, genau deshalb haben beide auch massive Probeleme bezüglich Struktur und Narrative und darüber hinaus gibt es in beiden Filmen viel zu viele plumpe Hinleitungen zu besagtem größerem Superheldenuniversum, die von der eigentlichen Handlung zu abgekapselt sind. Unter all dem leiden die Figuren, was besonders den Schurken betrifft. Und dann taucht im jeweiligen dritten Akt sehr plötzlich ein neuer Schurke auf, um noch in letzter Sekunde ein bahnbrechendes, schockierendes und klassisches Ereignisse aus der Comic-Historie einzubauen, das sich im Film sehr unnatürlich anfühlt, weil er nicht darauf hinarbeitet.

„Batman v Superman: Dawn of Justice“ ist ein höchst ambitionierter Film, der zu viel will. Je länger ich über ihn nachdenke, des problematischer wird er auch; aber gleichzeitig handelt es sich hierbei auch um einen höchst interessanten Film, schon allein wegen seiner Rezeption. Auf der einen Seite wird er von professionellen Filmkritikern fast ausnahmslos verrissen. Natürlich gibt es auch immer mal wieder eine positive Rezension, aber selbst diese sind höchstens verhalten positiv. Das bisherige Einspielergebnis spricht dagegen eine andere Sprache, und auch in Fankreisen findet Snyders zweiter DCEU-Film weitaus mehr Zuspruch. Insofern ist es ironisch, dass mich gerade meine eigene Fanperspektive eher den Kritikern zustimmen lässt. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich an einen Batman-Film einfach zu hohe Ansprüche habe, wer weiß. Jedenfalls hätte dieser Film bzw. das Unterfangen eines großangelegten cinematischen DC-Universums grandios werden können, aber „Dawn of Justice“ ist nicht nur für sich gesehen ziemlich problematisch, sondern auch in Bezug auf die kommenden Filme.

Dabei bedient Snyder die Fans in mancher Hinsicht durchaus großzügig, es finden sich viele, viele Anspielungen, manche subtil, andere ziemlich unsubtil, auf die diversen Vorlagen. Oft wurde Panels fast eins zu eins umgesetzt und Dialogzeilen direkt übernommen. Der Prolog etwa, der die Ermordung der Waynes zeigt, stammt fast genau so aus „The Dark Knight Returns“, und viele Zitate sowie der eigentliche, titelgebende Kampf schulden Frank Millers Graphic Novel sehr viel. Einige dieser Fanboymomente haben mich durchaus beeinflusst: Zum ersten Mal DCs Trinität vereint auf der Leinwand zu sehen war schon etwas, für das ich als Kind ziemlich viel gegeben hätte. Das Problem dabei ist die Direktübernahme dieser Elemente in einem veränderten Kontext, einem Kontext, in dem diese Elemente einfach nicht mehr auf die gleiche Weise funktionieren, aber nicht ausreichend angepasst sind.

Drei zum Preis von einem
„Dawn of Justice“ hat einige interessante Ideen und stellt auch ein paar interessante Fragen, hat aber Probleme, besagte Elemente sinnvoll umzusetzen. Schon in „Man of Steel“ war es ganz ähnlich: In der ersten Hälfte wurde viel Zeit damit verbracht, darüber zu diskutieren, was es heißt, Superman zu sein. Diese Frage ist natürlich für eine Neuinterpretation sehr interessant, aber „Man of Steel“ hat es nie geschafft, zu vermitteln, was es heißt, Superman zu sein, anstatt nur darüber zu reden. Sämtliche philosophischen Ansätze wurden in der Materialschlacht des dritten Aktes erstickt. Das wiederholt „Dawn of Justice“ leider, aber dabei liegt nicht einmal das Hauptproblem. Dieses sieht folgendermaßen aus: In „Dawn of Justice“ stecken mindestens drei, wenn nicht sogar vier unterschiedliche Filme mit unterschiedlichen Zielen, die meistens gegeneinander arbeiten und den anderen die Luft abschnüren.

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DCs Trinität: Superman (Henry Cavill), Wonder Woman (Gal Gadot), Batman (Ben Affleck)

Da hätten wir zum einen das eigentliche Sequel zu „Man of Steel“, das sich mit den Konsequenzen des Angriffs der Kryptonier beschäftigt, einen Batman-Film, der die neue Inkarnation des Dunklen Ritters vorstellt und dann das eigentliche Aufeinandertreffen der beiden. Oh, und vergessen wir auch Supermans Tod nicht. Ich hatte schon die Befürchtung, dass das kommen würde, als Doomsday in diesem unsäglichen Trailer auftauchte, da er nun einmal untrennbar mit Supermans (zumindest vorübergehendem) Tod verbunden ist – so geschehen in den 90ern, im Rahmen der Storyline „The Death of Superman“. Mal ehrlich, bei einer so ikonischen Figur wie dem Mann aus Stahl finde ich es unangemessen, dass ein derartiges Ereignis in einem Film kommt, in dem er fast schon eine Nebenfigur ist. Ein Film, der den Tod Supermans thematisiert, sollte auch ein Film sein, der IHM gehört und der auf dieses Ereignis hinarbeitet. Der Grund, weshalb Geschichten wie diese in den Comics funktionieren ist, dass sie ausgiebig darauf hinarbeiten. In „Dawn of Justice“ wirkt Supermans Tod auf mich wie etwas, dass das Studio in letzter Sekunde entschieden hat, um die größtmögliche Wirkung mit dem kleinstmöglichen Aufwand zu bekommen (etwas ganz Ähnliches hat man auch in „Star Trek Into Darkness“ und natürlich in „The Amazing Spider-Man 2“ versucht). Was noch erschwerend hinzukommt: Superman ist kaum etabliert. Wir haben mit dieser Inkarnation des Mannes aus Stahl kaum Zeit verbracht; im ersten Film kommt er, im zweiten geht er. Natürlich wird Superman auch hier nicht tot bleiben, „Dawn of Justice“ selbst kündigt das ja bereits an, aber dennoch verliert die ganze Aktion hier jedwede Wirkung, weil Superman im DCEU nie zu dem Symbol geworden ist, das er in den Comics oder anderen Adaptionen wurde.

Selbst, wenn wir Supermans Tod einmal ignorieren, ist „Dawn of Justice“ noch gnadenlos überfrachtet. Das wird umso deutlicher, da dieser Film eine ähnliche Struktur besitzt wie „Man of Steel“: In der erste Hälfte gibt es vornehmlich Exposition, in der zweiten Action. Immerhin kann man „Man of Steel“ diesbezüglich zugutehalten, dass die Geschichte, die der Film erzählt, in sich halbwegs kohärent ist, auch wenn das auf die Erzählweise nicht zutrifft. Die Erzählweise von „Dawn of Justice“ ist nicht nur ebenfalls inkohärent, wenn auch auf andere Weise, der Plot ist es sogar in noch größerem Ausmaß: Aufgrund der vielen Elemente, die erklärt und vorgestellt werden müssen, kommt aber nie ein passender, narrativer Fluss auf. Die Exposition bleibt ziemlich inhaltsleer, weil Snyder sofort wieder zur nächsten Baustelle hastet; der Film springt wild hin und her, ohne dass das Gezeigte Wirkung entfalten könnte. Alles wird angerissen, aber nichts wird ausgeführt – es hat sich für mich wirklich so angefühlt, als würde in „Dawn of Justice“ immer zwischen zwei Filmen hin und her geschnitten, ohne dass man beide vollständig zu sehen bekommt. Darunter leider nicht nur die Charakterentwicklung, es öffnet auch massive Logiklöcher. Auf einmal kennt Lex Luthor plötzlich sowohl Batmans als auch Supermans Geheimidentität, völlig ohne Erklärung. Außerdem wird alles, was es an interessanten Ansätzen gibt, kaum wieder aufgegriffen, etwa, wie Superman selbst mit den Ereignissen des Vorgängers hadert. Es gibt ein, zwei Szenen, in denen er ein wenig reflektiert, diese haben aber so gut wie keine Auswirkungen auf den restlichen Film. Ebenso die Wirkung, die sein Tun auf die Welt hat. Seine Wirkung bleibt schwer fassbar, weil der Film immer nur Einzelne zeigt, die auf ihn reagieren, aber es nie schafft, ein stimmiges Gesamtbild zu erzeugen. Oder Alfreds Satz, der bereits in einem der Trailer sehr prominent war: „The fever, the rage, the feeling of powerlessness that turns good men… cruel.” Ein sehr interessanter Ansatz, der eine Differenz zwischen Alfred und Bruce andeutet. Leider wird dieser potentielle Konflikt nie wieder auch nur angesprochen.

Auch manche Figuren fallen dem zum Opfer. Lois Lane etwa, die in diesem Film im Grunde fast völlig überflüssig ist und in ihre alte Klischeerolle zurückfällt: Sie muss ständig gerettet werden, und zwar gefühlt öfter als die von Margot Kidder dargestellte Lois in „Superman“ von 1978. Vor allem im Finale des Films ist auffällig, wie sehr man versucht hat, ihr etwas zu tun zu geben, es aber nicht geschafft hat: Erst wirft sie den Kryptonitspeer ins Wasser, dann versucht sie ihn herauszufischen und darf es nicht mal schaffen, sodass sie immerhin einen marginalen Beitrag liefern kann, nein, Superman muss sie erneut retten. Dagegen ist die von Holly Hunter dargestellte Senatorin Finch sehr interessant und ein guter Gegenpol zu Lex Luthor, wird aber viel zu schnell abserviert, als dass sie wirklich etwas bewirken könnte.

Insgesamt hätte „Dawn of Justice“ weitaus besser funktioniert, hätte er nicht die gesamte Exposition stemmen müssen – vor einem Aufeinandertreffen der beiden Ikonen hätte es mindestens noch einen weiteren Batman-Film sowie ein Sequel zu „Man of Steel“ geben müssen. Ersterer hätte die neue Inkarnation des Dunklen Ritters in aller Ruhe vorstellen können, Letzterer hätte sich mit Supermans Etablierung als größter Held der Welt beschäftigen müssen.

Ich hätte mir für ein solches Unterfangen gut die Schurkenkombo Lex Luthor/Metallo vorstellen können. In diesem hypothetischen Sequel setzt sich Superman tatsächlich mit den Folgen des Kryptonierangriffs und auch mit der öffentlichen Wahrnehmung auseinander und versucht gleichzeitig, die Menschen für sich zu gewinnen, zum Beispiel durch Offenheit: Superman bietet der Menschheit offiziell seine Dienste an, hilft beim Wiederaufbau von Metropolis etc. Luthor gibt sich zu Beginn als Unterstützer des Mannes aus Stahl aus, will ihn aber insgeheim kontrollieren. Als sich herausstellt, dass ihm das nie gelingen wird, versucht er eine Anti-Superman-Waffe zu schaffen: Metallo. Bei diesem handelt es sich um einen Mann namens John Corben, der während der Ereignisse von „Man of Steel“ schwer verletzt wurde und den Luthor nun zu einem mit Kryptonit angetriebenen Cyborg macht, der dadurch aber seine Menschlichkeit, bzw. seine Fähigkeit, menschliche Emotionen wahrzunehmen verliert. Dieses MoS-Sequel würde die Themen Menschlichkeit und Verantwortung anhand von Superman, Luthor und Metallo erforschen und wäre idealerweise nicht unter der Federführung von Zack Snyder und David S. Goyer entstanden.

Lex Luthor
Eine der größten singulären Schwächen des Films ist für mich Lex Luthor. Jesse Eisenberg funktioniert für mich in dieser Rolle auf keiner Ebene, wobei das nicht unbedingt die Schuld des Darstellers ist. Die Konzeption ist zugegebenermaßen noch ganz interessant und etwas gewagt, aber sie geht nicht auf. Dieser Lex soll weniger der skrupellose Großindustrielle, sondern eher ein exzentrischer moderner Internetmilliardär des 21. Jahrhunderts sein. Im Vorfeld wurde immer wieder betont, es handle sich hierbei um Alexander Luthor junior, dessen gleichnamiger Vater eher dem Luthor aus den Comics entspricht. Im Grunde ist das aber ziemlich irrelevant, da es trotz allem der Junior ist, der hier als Supermans Gegner und potentieller Erzfeind fungiert.

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Alexander Luthor jr. (Jesse Eisenberg)

Selbst wenn man diesen Lex Luthor mit den diversen, eher schwächeren Marvel-Schurken vergleicht, zieht er den Kürzeren. Red Skull oder Ronan der Ankläger waren als Figuren ziemlich uninteressant und flach, waren aber für den Plot funktional, weil sie eine klare Agenda hatten. Lex Luthors Agenda und Motivation wandelt sich dagegen fast ständig. Will er nur Superman tot sehen, und wenn ja warum? Es gibt hier weder ein persönliches Verhältnis, noch macht der Film klar, ob Superman in irgend einer Art und Weise Lex in die Quere gekommen ist, sodass seine Motivation extrem vage bleibt. Hin und wieder lässt er ein paar kryptisch-metaphysische Sätze oder religiöse Metaphern vom Stapel, an einer anderen Stelle deutet er einen Vaterkomplex an, plötzlich will er ohne ersichtlichen Grund Batman tot sehen usw. Diese Inkohärenz erstreckt sich auch auf Luthors Plan, der unnötig kompliziert und unlogisch ist. Wenn er Angst hat, Superman könne sich gegen die Menschheit wenden und ließe sich nicht kontrollieren, wieso erschafft er dann mit Doomsday ein Monster, dass sich, wie wir gesehen haben, auf jeden Fall gegen die Menschheit wendet und genauso wenig aufzuhalten ist? Und falls es doch einen Kontrollmechanismus gibt, wird er im Film jedenfalls nicht erwähnt.

Hinzu kommt, dass dieser Luthor für mich auch auf einer inszenatorischen Ebene versagt. Eisenberg spielt ihn irgendwo zwischen Kevin Spaceys Lex Luthor und Heath Ledgers Joker, was dafür sorgt, dass ich ihn absolut nicht ernst nehmen kann. Ich denke, der Lex Luthor aus Brian Azzrellos „Lex Luthor: Mann aus Stahl“ hätte in diesem Kontext exzellent funktioniert.

Kampf der Giganten
In meiner Artikelreihe „Kampf der Giganten“ habe ich mich unter anderem bemüht aufzuzeigen, wie ein Konflikt zwischen Batman und Superman in den Comics gewöhnlich gehandhabt wird und wie er in meinen Augen auch aussehen sollte. Egal ob im Guten oder im Schlechten, wenn Batman und Superman aufeinandertreffen, sollte es zu einer Kollision der Weltanschauungen kommen, gleich, ob die beiden darüber in Konflikt geraten oder erkennen, dass sie sich trotz ihrer unterschiedlichen Ideologien respektieren oder sogar ausgezeichnet ergänzen. Dieser Ansatz wäre meiner Meinung nach essentiell gewesen, ist im Film aber praktisch überhaupt nicht vorhanden, und das aus einem simplen Grund: Batman und Superman sind sich hier viel zu ähnlich, als dass der Konflikt wirklich funktionieren könnte.

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Der Robin-Anzug in der Bathöhle

Betrachten wir zuerst einmal die neue Inkarnation des Dunklen Ritters: Zack Snyder hat definitiv ein gutes Händchen dafür, Batman zu inszenieren, aber nicht, ihn zu konzipieren. Ben Affleck gefällt mir darstellerisch in der Rolle ausgezeichnet, und die Szenen mit ihm als Batman sind meistens sehr ansehnlich; der Kampf im Lagerhaus könnte fast direkt aus einem der Arkham-Spiele stammen (was hier als Kompliment zu verstehen ist), und jede Szene mit ihm und Jeremy Irons als Alfred ist grandios. Als Figur bleibt Batman aber hier viel zu undefiniert. Im Grunde bedienen sich Snyder, Goyer und Terrio desselben Batman-Konzepts wie Tim Burton: Dieser Dunkle Ritter hat scheinbar keinerlei Achtung vor Menschenleben; er ist bereit, massive Kollateralschäden in Kauf zu nehmen. Außerdem bleibt seine Vergangenheit größtenteils im Dunkeln, im Film gibt es nur ein paar subtile Andeutungen, zusätzlich zur Ermordung der Waynes, die schon wieder dargestellt wird. Gerade in diesem Film, der eigentlich ein Aufeinanderprallen von Weltanschauungen darstellen sollte, funktioniert das für mich nicht so recht und wirkt fast schon unzeitgemäß. Als Kenner der Figur kann man anhand der zum durchaus gelungenen visuellen Anspielungen durchaus nachvollziehen, was Snyder und Co. eigentlich bezwecken – das in Ruinen liegende Wayne Manor, das vom Joker gezeichnete Robin-Kostüm etc. Es ist wohl anzunehmen, dass dieser Batman früher heroischer war, ihn aber diverse Ereignisse, etwa der Tod eines Robins und schließlich Superman und die Invasion von General Zod, dazu verleitet haben, seine alten moralischen Vorstellungen größtenteils über Bord zu werfen. Das Ende wiederum deutet an, dass er langsam zu diesen zurückkehrt, weil er davon spricht, Superman gerecht zu werden und Lex Luthor nicht brandmarkt. Eigentlich wäre das eine durchaus interessante Charakterentwicklung, der Film schafft es aber nicht, diese zu vermitteln, sie geht in den anderen Handlungssträngen unter und basiert zu sehr auf Vorwissen, als dass ein Zuschauer, der mit den Comics nicht vertraut ist oder sich nicht mit dem Promotionsmaterial des Films beschäftigt hat, das deutlich erkennen könnte. Es fehlt der Kontrast, Alfred erwähnt in einem Halbsatz, dass Batman jetzt härter ist, und auch in einer Zeitungsschlagzeile ist kurz zu sehen, dass das Branntzeichen erst seit Kurzem zum Repertoire des Dunklen Ritters gehört, aber trotzdem hat man kaum einen Eindruck davon, wie Batman früher war. Zudem steht Batmans exzessive Rücksichtslosigkeit in keinem Verhältnis zu der Entwicklung, die Snyder und Co. (vermutlich) im Sinn hatten. Ein zusätzlicher Batman-Film, der diese neue Version des Dunklen Ritters etabliert und besagte Entwicklung verdeutlicht, hätte da Abhilfe geschafft, aber Warner will ja unbedingt so schnell wie möglich zur Justice League.

Batmans exzessive Rücksichtlosigkeit bringt uns auch gleich zum nächsten Problem, nämlich dem eigentlichen Konflikt der beiden Helden. Wie bereits gesagt, beide Helden sind sich zu ähnlich. Sowohl Superman als auch Batman könnten nachvollziehbare Gründe für ihre Verurteilung des jeweils anderen haben, so, wie „Dawn of Justice“ das herüberbringt, erscheinen aber beide als Heuchler. Ich fand die Szene, in der Bruce Wayne die Zerstörung von Metropolis aus der Normalo-Sicht mitbekommt, unheimlich stark. Die Kollateralschäden, die Batman allerdings im späteren Verlauf einzugehen bereit ist, arbeiten gegen diese Szene und die in ihr etablierte Motivation, und zudem sind sie Batmans Ziel schlich nicht zweckdienlich. Was ist aus dem Batman geworden, der infiltriert, tarnt und täuscht, statt alles brachial niederzuwalzen und zu –schießen?

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Batman (Ben Affleck) versus Superman (Henry Cavill) im Miller-Stil

Superman hat es fast noch schlimmer erwischt, weil seine Abneigung gegen Batman kaum begründet wird. Wäre sie aufgrund besagter Kollateralschäden entstanden, wäre sie vielleicht sogar noch nachvollziehbar, aber es geht lediglich um die Branntzeichen, die Batman den Kriminellen verpasst. Im Vergleich dazu löst Superman internationale Zwischenfälle aus, nur um seine Freundin zu retten und scheint sich auch sonst nicht darum zu kümmern, wie man ihn wahrnimmt. Ich habe mit dem Superman dieses Films so ganz allgemein meine Probleme. In „Man of Steel“ habe ich Superman zumindest noch ansatzweise erkannt, aber in „Dawn of Justice“ zieht Henry Cavill die ganze Zeit eine Miene, die grimmiger ist als Batmans und kommt allgemein als fürchterlich arrogant und selbstgerecht rüber. Somit bleibt der eigentlich Kern des Films, der Konflikt der beiden Heroen, schlampig und halbherzig inszeniert, vor allem, weil es im Grunde zwei Mal dieselbe Figur ist, nur einmal mit und einmal ohne Superkräfte, wo die Dynamik doch eigentlich von Gegensätzen geprägt sein sollte. Entsprechend uninspiriert ist dann auch der Ausgang des eigentlichen, visuell durchaus ansprechend inszenierten Kampfes; Batman und Superman werden von einem Moment auf den anderen plötzlich Kumpel, weil ihre Mütter zufällig den gleichen Namen haben, anstatt dass sie lernen, sich gegenseitig zu respektieren. Entsprechend hohl wirkt dann auch das Ende des Films mit Supermans Begräbnis: Warum sollte man sich emotional fühlen angesichts der Art und Weise, wie Superman in diesem Film handelt? Warum sollte Batman seine Methoden ändern, um sich Supermans Opfer würdig zu erweisen, wo Superman doch fast genauso rücksichtslos vorgeht?

Dawn of Justice
Der Untertitel verweist nicht auf eine Thematisierung oder Verarbeitung des Begriffs „Gerechtigkeit“ und seiner Bedeutung, sondern ausschließlich auf Warner Bros. Vorhaben, die Justice League zusammen zu bringen, um mit Marvels Avengers konkurrieren zu können. Zu diesem Zweck wird „Dawn of Justice“ immer mal wieder angehalten, um einen Justice-League-Verweis einzubauen, der dramaturgisch völlig unsinnig ist, Zeit frisst, die an anderer Stelle fehlt und dazu noch völlig plump und uninspiriert daherkommt, so als kämen besagte Szenen direkt von den Produzenten des Studios (was wahrscheinlich auch der Fall ist). Zwei Elemente fallen da besonders auf. Zum ersten wäre da Batmans Vision in der Vision, die ich auch gerne als „Bat Max: Fury Road“ bezeichne: Wir sehen Batman in einem apokalyptischen Alptraum, in dem Superman offenbar als Diktator über eine verwüstete Erde regiert. Diese Thematik ist nicht neu, schon in „Superman: The Animated Series“ verschlägt es Lois Lane in einer Episode in eine Parallelwelt, auf der sie gestorben ist, was Superman dazu veranlasst hat, mit Lex Luthors Hilfe aus Metropolis einen Polizeistaat zu machen. Das Spiel „Injustice: Gods Among Us“ und die zugehörigen Comics bedient sich eines ähnlichen Plots; auch hier wird Superman nach Lois Lanes Tod zum Diktator und Batman zum Widerstandskämpfer. Das Omegasymbol im Sand und das Auftauchen dämonischer, geflügelter Wesen sind Indizien, doch noch auf etwas anderes hindeuten: Darkseid, einer von DCs größten Schurken, wird wohl früher oder später mit seine Paradämonen der Erde einen Besuch abstatten. Das Bild mit den Dämonen, die aus dem Himmel kommen, und die völlig aus dem Nichts kommende letzte Szene mit Lex Luthor deuten ebenfalls in diese Richtung. Tatsächlich wurde bereits eine geschnittene Szene veröffentlicht, die zeigt, woher Luthors plötzliches Wissen um eine potentielle Alieninvasion eigentlich herkommt und die uns eventuell auch Steppenwolf, Darkseids Onkel und Feldherrn, sowie die Mother-Box, einen göttlichen Supercomputer, zeigt. Da stellt sich nun die Frage: Arbeitet Superman in dieser Vision für Darkseid? Auch das gab es schon mal, nämlich im Serienfinale von „Superman: The Animated Series“, in welchem Darkseid Superman einer Gehirnwäsche unterzieht, sodass er glaubt, Darkseids Adpotivsohn zu sein.

„Bat Max: Fury Road“ ist in eine andere Vision eingebettet, in der der von Ezra Miller gespielt Flash auftaucht und Batman erklärt, Lois sei der Schlüssel (was wieder auf „Injustice: Gods Among Us“ hindeutet). Flash als Teil einer Zeitreisekrise verweist außerdem auf Geschichten wie „Crisis on Infinte Earths“ oder „Flashpoint“. Das Ganze bleibt allerdings ziemlich konfus und ich bin mir absolut nicht sicher, ob mir die Richtung gefällt, in die sich das Ganze bewegt.

Und dann wäre da natürlich noch die Vorstellung der anderen Justice-League-Mitglieder, die derart plakativ herüberkommt, dass ich im Kino meinen Augen kaum getraut habe: Da schickt Batman Wonder Woman doch tatsächlich eine E-Mail mit von Lex Luthor gestohlenen Dateien. Zu jedem späteren Mitglied der Liga (Flash, Aquaman, Cyborg) gibt es ein Video, das man sich ansehen kann. Das wirkt auf mich wie Promomaterial, das begleitend für einen Justice-League-Film als Teil einer Marketingkampagne veröffentlicht wird, nicht wie Teile dieses Films. Apropos Wonder Woman: Sie war definitiv eines der besten Elemente des Films, hat jede Szene gestohlen, in der sie war und zwischen ihr und Ben Affleck war so unendlich viel mehr Chemie als zwischen Amy Adams und Henry Cavill, aber wenn wir ehrlich sind, ist auch sie für diesen Film ziemlich irrelevant, da sie kaum etwas zur Handlung beiträgt. Mit einer minimalen Abänderung hätte der Endkampf auch nur zwischen Batman, Superman und Doomsday stattfinden können.

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Bat Max, äh, Batman (Ben Affleck) betrachtet das Omega-Symbol im Sand

Was ist nun für die Zukunft des „DC Extended Universe“ zu erwarten? Zuerst einmal zwei Filme, für dich ich nach wie vor Hoffnung habe, nämlich „Suicide Squad“ (August 2016) und „Wonder Woman“ (Juni 2017). Beide sind nämlich erst einmal primär von der kommenden Justice-League-Adaption gelöst und Snyder, Goyer und Terrio sind auch nicht beteiligt (Ersterer ist zwar als ausführende Produzent genannt, aber das muss nicht unbedingt etwas heißen). „Suicide Squad“ beschäftigt sich in erster Linie mit Schurken und/oder eher unbekannten Nebenfiguren, während „Wonder Woman“ während des Ersten Weltkriegs spielt – die Möglichkeiten, die Justice League weiter vorzubereiten, sind damit eher begrenzt. Außerdem sehen die Suicide-Squad-Trailer und das, was wir von Wonder Woman in „Dawn of Justice“ gesehen haben, sehr vielversprechend aus. Wirklich Sorgen mache ich mir dann um „Justice League Part One“, bei dem wieder Zack Snyder Regie führt. Ich bin gespannt, ob und wie Warner auf die vernichtenden Kritiken reagiert. Auch der angekündigte Director’s Cut von „Dawn of Justice“ könnte zumindest interessant werden, da er dem Film tatsächlich helfen könnte, wenn er es schafft, die Struktur zu verbessern.

Fazit
An meinem ursprünglichen Fazit hat sich eigentlich nichts geändert, weshalb ich zum Schluss noch einmal auf einige Fan-Reaktionen eingehen möchte, die Kritikern vorwerfen, sie wollten nur einen Marvel-Film sehen, die DC-Filme seien düster und erwachsen, dies sei ein Film für die Comicfans etc. Ich hoffe, ich habe klar dargelegt, warum „Dawn of Justice“ für mich als Fan nicht funktioniert. Snyder, Goyer und Terrio mögen die Comics auf visueller Ebene zitieren, inhaltlich bleibt dies aber nur oberflächlicher Fanservice, da sie offenbar nicht begriffen haben (oder sich einfach nicht darum kümmern), was die Comics, die sie da zitieren, eigentlich aussagen. Und ich denke, niemand ist der Meinung, alle Superheldenfilme müssten wie die Streifen des MCU sein. Es geht nicht um die Prämisse bzw. die Stimmung an sich, sondern darum, wie sie umgesetzt wird. Die MCU-Filme sind im Großen und Ganzen selbstironischer, leichter und „heller“, während die (bisherigen) Filme des DCEU versuchen, düster, grimmig und ernsthaft zu sein – sie wären gerne eine Superheldencharakterstudie. Das Problem ist nicht, dass sie das versuchen, sondern dass sie an ihrer Prämisse ziemlich grandios scheitern. Wie dieses Vorhaben funktionieren kann, zeigen die Marvel-Serien von Netflix. So bleibt „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ein sowohl faszinierendes als auch unendlich frustrierendes misslungenes Projekt, ein widersprüchlicher Film, der gleichzeitig zu lang und zu kurz und zu vorlagentreu und zu abweichend ist.

Kampf der Giganten:
Prämisse
TDKR: Batman vs. Superman
S:TAS: World’s Finest
Kingdom Come
Brian Azzarellos Wonder Woman
Lex Luthor: Man of Steel
Batman v Superman: Dawn of Justice
Batman v Superman: Dawn of Justice – Soundtrack