GoT: Dragonstone

Spoiler!
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Letztes Jahr habe ich bei den GoT-Episodenrezensionen eine Pause eingelegt, u.a., da diese sehr aufwändig sind und mich Staffel 5 ziemlich enttäuscht hat. Nach der gelungeneren sechsten Staffel und auch aufgrund der Tatsache, dass Staffel 7 verkürzt ist und nur aus sieben Episoden besteht, habe ich beschlossen, zum alten Muster zurückzukehren und jede Folge ausführlich zu besprechen. Spätestens jetzt ist „Game of Thrones“ auch keine Adaption mehr. Staffel 6 hatte immerhin noch einige lose Handlungsstränge der Bücher zu verarbeiten, Staffel 7 dagegen betritt endgültig Neuland, damit fallen Vergleiche zur Vorlage größtenteils aus – was natürlich nicht heißt, dass es keine Rückbezüge zu den Romanen oder bisherigen Staffeln gibt.

„Dragonstone“ ist in mancher Hinsicht ein relativ typischer Staffelstart. An allen Ecken und Enden wird der Status Quo noch einmal untermauert, die Handlung schreitet noch nicht so recht voran, stattdessen stehen Charaktermomente im Vordergrund. Insgesamt ist diese Auftaktfolge sehr gut und angenehm strukturiert – nicht zu viele verschiedene Schauplätze, nicht zu viele kurze Einzelszenen, angenehmes Tempo. Inszenatorisch merkt man, dass der Winter angekommen ist und den Figuren (und Zuschauern) dunkle Zeiten bevorstehen. Sowohl bei Cersei als auch bei Daenerys ist Schwarz die Farbe der Wahl. Die Rüstungen der Königsgarde wurden dementsprechend angepasst und beide Königinnen tragen schwarze, hochgeschlossene Kleider, die recht martialisch wirken und im krassen Kontrast zur bisherigen Garderobe der beiden Herrscherinnen stehen.

Die Flusslande
Wir beginnen in den Flusslanden: Arya Stark nimmt ihre Rache an den Freys, nachdem sie Lord Walder bereits im Finale der letzten Staffel getötet hat. Da sie Lord Walders Gesicht hierfür verwendet, bekommt David Bradley noch einmal einen letzten, kleinen Auftritt. Die Szene ist natürlich eine subtile Spiegelung der Roten Hochzeit, aber auch ein Verweis auf Lady Stoneheart, die wiederbelebte Catelyn Stark, in den Romanen die Freys einen nach dem anderen aufknüpft. Diese Aufgabe hat Arya nun auf einen Streich erledigt. Wie es scheint ist ihr primäres Ziel nach wie vor, ihre Liste abzuarbeiten, denn sie bricht nach King’s Landing auf und begegnet auf dem Weg ausgerechnet… Ed Sheeran. Dieser doch etwas größere Cameo-Auftritt hat zu so etwas wie einer Minikontroverse geführt. Ich meinerseits frage mich nur, wieso das irgendjemanden überhaupt auf die Palme bringt, und das, obwohl ich Ed Sheeran nicht einmal besonders mag. Vielleicht stirbt er ja in der nächsten Folge eines unschönen Todes, wer weiß? Solchen Dingen bringt man am besten keine Aufmerksamkeit entgegen. Jedenfalls ist die Szene selbst gar nicht so übel: Nachdem Arya eiskalt einen Massenmord begangen hat, wird sie nun in einem menschlicheren Licht gezeigt.

Anders als Arya Stark zieht die Bruderschaft ohne Banner gen Norden. Ich möchte noch einmal betonen, dass die Bruderschaft sich am Ende von „A Dance with Dragons“ unter der Führung von Lady Stoneheart befindet, während Beric Dondarrion bereist seit einiger Zeit tot ist. Sandor Clegane könnte bei Martin ebenfalls überlebt haben, aber das wurde bislang nicht bestätigt. Wir befinden uns hier also in noch stärkerem Ausmaß auf reinem Serienterrain. Auch wird noch einmal rekapituliert, wir sehen, wie sich Clegane als Mensch geändert hat. Das geschieht relativ geschickt durch einen Rückgriff auf Staffel 4, dort hat er mit Arya das Haus, in dem die Bruderschaft nun Unterschlupf findet, bereits besucht. Der Kontrast könnte kaum größer sein. Darüber hinaus sieht Clegane, ähnlich wie seiner Zeit Stannis, Bilder in den Flammen. Wird aus ihm am Ende vielleicht doch noch ein religiöser Mensch?

Der Norden
Um die Zuschauer in dieser verhältnismäßig ruhigen, charakterfokussierten Episode an die Bedrohung aus dem Norden zu erinnern, zeigt uns Jeremy Podeswa, der Regisseur der Folge, einmal kurz die näherrückende untote Armee der Weißen Wanderer, inklusive mehrerer halbverrotteter Riesen. Diese Vision geht natürlich auf Bran zurück, der zusammen mit Meera nach langer Odyssee die Mauer erreicht und von der Nachtwache empfangen wird – es sieht so aus, als stehe uns bald eine weitere Stark-Wiedervereinigung bevor.

In Winterfell etabliert sich Jon derweil als neuer König des Nordens und versucht, Pragmatismus in die feudalen Strukturen seiner Heimat zu bringen: Frauen sollen ebenfalls gegen die anrückende Bedrohung kämpfen und von Sippenhaft hält er nichts. Lyanna Mormont, die in Staffel 6 schnell zum Fanliebling wurde, bekommt mal wieder Gelegenheit zu zeigen, dass sie mehr Eier hat als die restlichen Lordschaften des Nordens. Die Winterfell-Szenen unterstreichen auch gleich noch einmal, dass Sansa nun absolut keine Lust mehr hat, ein Spielball von irgendjemandem zu sein – nicht von Jon und schon gar nicht von Littlefinger. Dessen grandioser Masterplan bleibt weiterhin sehr undurchsichtig bzw. erratisch. Seit Staffel 5 fungiert Lord Baelish vor allem als Plotkatalysator, Weiss und Benioff benutzen ihn, um Figuren oder Fraktionen in bestimmte Situationen zu bringen (Sansa nach Winterfell als Ramsays Braut, die Streitkräfte der Arryns nach Norden etc.). Leider nehmen sie da mitunter keine Rücksicht auf Logik oder Entwicklung der Figur, was verdammt schade ist – in den Romanen sind Littlefingers Pläne weitaus kohärenter und nachvollziehbarer. Nun, wir werden sehen, was er in dieser Staffel ausheckt und ob auf seine Figurenmotivaton mehr Rücksicht genommen wird.

King’s Landing

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Cersei aus dem Hause Lannister, die erste ihres Namens, Königin der Andalen usw. (Lena Headey). Auch dabei: Jaime (Nikolaj Coster-Waldau). (Quelle)

Wie im Norden wird auch in King’s Landing der neue Status Quo zementiert. Cersei und Jaime herrschen theoretisch über die Sieben Königslande, praktisch herrschen sie gerade Mal über drei bis vier und haben einem ganze Menge Feinde: Die Starks im Norden, die Tyrells und Martells im Süden und natürlich Daenerys, die sich Westeros nähert. Derweil sind die Freys Geschichte, bleibt also nur noch ein potentieller Verbündeter: Euron Greyjoy, der gleich mit seiner ganzen Flotte kommt, Cersei heiraten möchte und ihr im Gegenzug seine Armada verspricht. Verständlicherweise ist Cersei diesbezüglich etwas zurückhaltend, weshalb Euron verspricht, mit einem Beweis seiner noblen Absichten zurückzukehren – ich vermute, dass das etwas mit Tyrion zu tun hat. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass Pilou Asbæk als Euron einfach nicht funktioniert. Nicht nur gelingt es ihm einfach nicht, die Ausstrahlung seines Buchgegenstücks zu vermitteln, auch im reinen Serienkontext wirkt er zu bieder und uncharismatisch. Wie ich bereits an anderer Stelle sagte, für den in der Serie herausgeschnittenen Victatrion Greyjoy wäre Asbæk perfekt gewesen, aber den mysteriösen, weitgereisten und einschüchternden Euro bekommt er einfach nicht hin.

Oldtown
Sam beginnt, sich in der Citadel einzuleben. Seine Arbeitsmontage hat mir ausnehmend gut gefallen und war das (etwas eklige) komödiantische Highlight in dieser ansonsten sehr ernsten Folge. Bei seinem potteresquen Ausflug (passend dazu das Casting von Jim Broadbent als Erzmaester Ebrose) in die verbotene Abteilung der Bibliothek von Oldtown entdeckt Sam nebenbei gleich, dass es auf Dragonstone ein massives Obsidian-Vorkommen gibt, das beim Kampf gegen die Weißen Wanderer von großem Vorteil sein könnte. Nebenbei findet er in einer der Zellen für Aussätzige auch gleich Ser Jorah Mormont, den er natürlich nicht kennt. Mormonts Zustand (die Grauschuppen haben ihn inzwischen ziemlich gezeichnet) und die Tatsache, dass er in Oldtown ist, werfen noch einmal die Frage auf, wie viel Zeit seit dem Finale von Staffel 6 vergangen ist. Besagtes Finale muss bereits mehrere Wochen oder Monate abgedeckt haben, da Varys innerhalb dieser Folge von Meereen nach Dorne reist und am Ende dann wieder bei Daenerys‘ Flotte ist, die gen Westeros segelt.

Dragonstone

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Daenerys (Emilia Clarke) auf Dragonstone. Als Hofstaat dabei: Missandei (Nathalie Emmanuel), Tyrion (Peter Dinklage), Varys (Conleth Hill), Grey Worm (Jacob Anderson). (Quelle)

Der Titel der Episode kommt erst am Ende so richtig zum tragen. Endlich, endlich, nach sechs Staffeln, ist Daenerys samt Drachen und Armee in Westeros angekommen und beansprucht den traditionsreichen Sitz ihrer Familie. Die Parallelen zu Aegon dem Eroberer, der ebenfalls von Dragonstone aus ansetzte, Westeros zu erobern, sind sicher kein Zufall. Auch diverse andere Parallelen fallen auf. Der Thron auf Dragonstone ruft Erinnerungen an den Eisernen Thron wach, zugleich gibt es einen Rückbezug auf Daenerys‘ bisherige Erfahrungen als Herrscherin. Wir erinnern uns, Daenerys hat nicht besonders viel für Throne übrig, in Meereen regierte auf einer schlichten Bank. Sie bestätigt ihre Einnahme von Dragonstone nun nicht, indem sie auf Aegons Stuhl Platz nimmt, stattdessen begibt sie sich zur Ratskammer. Hier gibt es ebenfalls einen Verweis, dieses Mal auf eine frühere Szene in dieser Folge. Die beiden Königinnen, die noch übrig sind, werden effektiv gespiegelt. In King’s Landing ließ Cersei eine große Karte von Westeros zeichnen; beide überblicken in dieser Folge den Kontinent, den sie zu erobern gedenken. Cersei sieht sich als völlig neue Königin und lässt deshalb eine neue Karte anfertigen, während Daenerys an das Vermächtnis ihrer Familie anknüpft. Insgesamt eine sehr starke Szene, die fast ohne Dialog auskommt und primär von der Musik getragen wird.

Fazit: „Dragonstone“ ist ein recht konventioneller, aber gut strukturierter Staffelauftakt mit angenehmem Tempo, der zwar mit einem größeren Massenmord beginnt, sich ansonsten aber vor allem darauf konzentriert, den Status Quo zu zementieren: Cersei sitzt auf dem Eisernen Thron, ist aber von Feinden umringt, Jon Snow kontrolliert den Norden und Daenerys macht sich daran, Westeros zu erobern.

Titelbildquelle

Siehe auch:
Game of Thrones Staffel 6