Das Soundtrack-Jahr 2022

Spoiler für „House of the Dragon”!

Die Soundtrack-Bestenliste des vergangenen Jahres war früher ein konstanter Bestandteil meines Blogs, in den letzten paar Jahren hatte ich allerdings kaum Zeit oder Muße, ein derartiges Unterfangen anzugehen. Zwar bin ich auch für 2022 weit davon entfernt, einen wirklich umfangreichen Überblick über die Score-Veröffentlichungen zu haben (von den zugehörigen Filmen gar nicht erst zu sprechen), aber zum ersten Mal seit längerem reizt es mich wieder, das, was ich gehört habe, in Listenform zu rekapitulieren. Von einem Ranking der größten Enttäuschungen habe ich dieses Mal abgesehen, stattdessen möchte ich mich auf die positiven Aspekte konzentrieren. Dementsprechend finden sich auf dieser Liste wohl auch nicht allzu viele überraschende Einträge; wer meinen Filmmusikgeschmack kennt, kann wahrscheinlich sehr gut erraten, welche Scores es geschafft haben. 2022 war interessanterweise ein erstaunlich gutes Jahr für Superheldenscores und ein ziemlich enttäuschendes für Star-Wars-Musik. Wie schon zuvor gibt es neben der eigentlichen Liste auch Honourable Mentions in Form herausragender Einzelstücke sowie zwei besondere Erwähnungen, die interessanteste Neuentdeckung, die nicht spezifisch etwas mit 2022 zu tun hat, ich habe sie nur in diesem Jahr gemacht, und die beste Neuauflage eines bereits veröffentlichten Scores, der endlich das Album bekommen hat, das er verdient.

Interessanteste Neuentdeckung: Hostel & Hostel Part II (Nathan Barr)

Nun gut, dieser erste Beitrag ist praktisch purer Zufall und hat, wie erwähnt, nicht per se etwas mit dem Jahr 2022 zu tun. Neben der Saw-Reihe sind die Hostel-Filme von Eli Roth wahrscheinlich der bekannteste Auswuchs der Torture-Porn-Welle der 2000er. Ich habe beide aus mir nicht wirklich ersichtlichen Gründen gesehen, sie für schlecht befunden, aus meinem Gedächtnis verbannt und an die Musik keine weiteren Gedanken verschwendet. Zu Unrecht, wie ich im vergangenen Jahr festgestellt habe, denn Komponist Nathan Barr hat wirklich beeindruckende Musik für die beiden Ausflüge in den Folterkeller komponiert. Keine Spur vom unhörbaren elektronischen Sounddesign, das ich wohl im Score dieser Filme erwartet hätte, sondern solide, orchestrale Kost, die in ihren Suspense- und Horror-Techniken hin und wieder an Christopher Young und ziemlich oft auch an Bernard Herrmann erinnert. Angereichert wird das durch eine Anzahl erstaunlich lyrischer und melodischer Passagen, exemplarisch sei hier der Eröffnungstrack des zweiten Teils, Suite (Amid a Crowd of Stars) erwähnt. Ich wäre angesichts dieser beiden Scores fast geneigt, mir die Filme noch einmal anzusehen, um Barrs Musik im Kontext zu erleben. Fast…

Beste Neuauflage: Tomorrow Never Dies (David Arnold)

Lange überfällig, endlich da: Während die anderen beiden Scores, die David Arnold für Pierce Brosnans James Bond geschrieben hat, bereits vor einigen Jahren vom Label La-La-Land Records vernünftige Alben bekamen, ließ Arnolds Debüt als 007-Komponist, „Tomorrow Never Dies“, viel zu lange auf sich warten. Über die ursprüngliche Albensituation und die Großartigkeit dieses Soundtracks habe ich an anderer Stelle bereits sehr ausführlich geschrieben, darum nur so viel: Das neue La-La-Land-Album erfüllt alle Erwartungen. Nicht nur wird der komplette Score auf zwei CDs geboten, es gibt auch eine Reihe an alternativen Tracks, zusätzlich zu einem sehr informativen Booklet. Absolute Kaufempfehlung, nach wie vor der beste Soundtrack der Filmreihe.
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Einzelstücke

Hekla aus „The Northman” (Robin Carolan und Sebastian Gainsborough)

Für „The Northman“ hat das Komponistenduo Robin Carolan und Sebastian Gainsborough einen sehr authentischen und rohen Score komponiert, der den Ansprüchen eines Robert-Eggers-Filmes definitiv gerecht wird, abseits des Films aber nicht unbedingt besonders gut hörbar ist. Das Werk kulminiert gewissermaßen in Hekla, dem Track, der das finale Duell von Amleth und seinem Onkel Fjölnir untermalt. Hier zeigen Carolan und Gainsborough durch massiven Choreinsatz sowohl die ungezügelte Wildheit dieser beiden Nordmänner als auch die nicht minder ungezügelte Wildheit der Natur. Zudem habe ich ein besonderes Faible für schicksalhafte Duelle vor vulkanischem Hintergrund, untermalt von beeindruckenden Chorpassagen.
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The Hammer of Thor aus „God of War: Ragnarök” (Bear McCreary)

Noch mehr Wikinger. Unter „normalen“ Umständen wäre dieser Game-Score mit Sicherheit auf der „Hauptliste“ gelandet, aber ich wollte sie nicht mit McCreary fluten und es gibt zugegebenermaßen ziemlich große Ähnlichkeiten zwischen „God of War: Ragnarök“ und einem bestimmten anderen Soundtrack. Dennoch soll er nicht unerwähnt bleiben. Ich persönlich finde McCrearys zweiten God-of-War-Score etwas schwächer als den ersten, was vielleicht daran liegen könnte, dass seine Aufmerksamkeit von dem bereits erwähnten anderen Projekt gefesselt wurde. The Hammer of Thor ist, ähnlich wie Hekla, ein chorlastiger Actiontrack, in seiner Konzeption aber deutlich traditioneller, mit vollem Orchester, angereichert durch einige nordische Spezialinstrumente . Zudem baut McCreary diverse Themen ein, unter anderem eine äußerst beeindruckende Variation seines Kratos-Themas, das als Höhepunkt dieses Stückes fungiert.
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Lake Baikal aus „Black Adam” (Lorne Balfe)

So wie es aussieht, neigt sich das filmische DC-Universum, wie wir es kennen, nun endgültig dem Ende entgegen. Einer der letzten Auswüchse ist das nun beinahe ein Jahrzehnt lang vorbereitete Dwayne-Johnson-Vehikel „Black Adam“. Der Score stammt von Remote-Control-Veteran Lorne Balfe und ist eine ziemlich massive Angelegenheit, Action-Musik von Anfang bis Ende. In vielerlei Hinsicht versucht Balfe hier, die Stilmittel von DC-Scores wie „Man of Steel“ und „Batman v Superman: Dawn of Justice“ mit einer klassischeren Genre-Sensibilität zu verknüpfen, für meinen Geschmack ist das alles aber immer noch deutlich zu prozessiert und mit viel zu vielen elektronischen Effekten versehen. Das Thema der Titelfigur finde ich persönlich auch eher suboptimal, aber das Leitmotiv der Justice Society hat es mir durchaus angetan – wären da nur nicht die ganzen elektronischen Effekte und Dance-Beats in der Themen-Suite oder dem Debüt-Track Introducing the JSA. Im Track Lake Baikal präsentiert Balfe das Thema dieses Superheldenteams allerdings in einer deutlich klassischeren Ausprägung, die eher an die Zimmer-Power-Hymnen der späten 90er und frühen 2000er statt an seine DC-Musik der 2010er-Jahre erinnert.
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Such Sights to Show You aus „Hellraiser” (Ben Lovett)

David Bruckners Hellraiser-Reboot kann aus mir unerfindlichen Gründen hierzulande nach wie vor auf keinem Streamingdienst begutachtet und auch nicht käuflich erworben werden, was mich geringfügig frustriert. Der Score von Ben Lovett hingegen ist verfügbar, aber aus anderen Gründen etwas frustrierend. Stilistisch handelt es sich hierbei eher um einen Horror-Score moderner Prägung, sehr elektronisch, bedacht auf Atmosphäre und Sound-Design. Zugleich haben Bruckner und Lovett allerdings beschlossen, das musikalische Vermächtnis des Franchise zu ehren, was im Klartext bedeutet, dass im Score durchaus üppiger Gebrauch von Christopher Youngs Themen gemacht wird, was mir als Fan leitmotivischer Kontinuität (und Christopher Youngs) natürlich zusagt – wie man an den späteren Hellraiser-Filmen feststellen konnte, funktioniert dieses Franchise mit Youngs Themen deutlich besser als ohne. Frustrierend ist, dass die beiden Aspekte des Scores, modernes, eher elektronisches Sounddesign auf der einen und Youngs Themen auf der anderen Seite nie so recht zusammen finden wollen. Zudem sind Lovetts Variationen dieser Themen den originalen, sehr viel besser orchestrierten deutlich unterlegen. Am nächsten kommt Lovett dem Vorbild in Such Sights to Show You; hier erlaubt er dem Hauptthema des ersten Films zumindest annähernd in die bombastischen Gefilde aufzusteigen, in denen Young seine Themen präsentierte.

The Escape aus „Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore” (James Newton Howard)

So ziemlich der einzige lohnende Aspekt des dritten Fantastic-Beasts-Films ist schon, wie beim Vorgänger, der Score von James Newton Howard. Während auch der dritte Eintrag dieser inzwischen gescheiterten Harry-Potter-Prequel-Serie zu überzeugen weiß, ist er aus meiner Sicht doch der schwächste der drei. Während die lyrisch-elegischen Passagen nach wie vor zu überzeugen wissen, fehlt hier das Abenteuer-Element, das vor allem „Fantastic Beasts and Where to Find Them“ zu einem so unterhaltsamen Soundtrack machte. Mein Lieblingsthema ist Newt Scamanders heroisches Leitmotiv, das mich an die klassischen Western-Scores von Elmer Bernstein erinnert – leider erklingt dieses in „The Secrets of Dumbledore“ nur äußerst selten, aber immerhin spendiert Howard diesem Thema in The Escape noch einmal einen glorreichen, wenn auch kurzen Auftritt.
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Protector of the Realm aus „House of the Dragon” (Ramin Djawadi)

Der Score der ersten Staffel von „House of the Dragon“ bot relativ wenig Überraschungen: Nicht nur verpflichtete HBO den GoT-Komponisten Ramin Djawadi, dieser knüpfte stilistisch und leitmotivisch direkt an die Mutterserie an. Gerade im Vergleich zu den späteren GoT-Staffeln fällt dieser Score allerdings deutlich unspektakulärer aus, da „House of the Dragon wieder deutlich mehr komplexe Dialogszenen hat, in denen die Musik in den Hintergrund tritt – über weite Strecken passiert leider nicht allzu viel, immer wieder gelingt es Djawadi allerdings, den emotionalen Kern der Geschichte genau zu treffen. Protector of the Realm ist ein gutes Beispiel. Dieser Track wirkt ohne Kontext vielleicht nicht allzu beeindruckend, im Geflecht von Djawadis Motivarbeit und im Zusammenspiel mit der zugehörigen Szene entfaltet er aber seine volle Wucht. Die Kombination aus Viserys‘ persönlichem Leitmotiv und dem aus GoT bekannten Königsthema untermalt den letzten Gang des todkranken zum Eisernen Thron wirklich perfekt und betont die gesamte Tragik dieser Figur.
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Top 13

Platz 13: The Pale Blue Eye (Howard Shore)

Neue Scores von Howard Shore sind inzwischen eine Rarität geworden, das Mastermind hinter der Musik der LotR-Trilogie vertont nur noch sehr ausgewählte Filme – wobei auch erwähnt werden muss, dass er in den 2020ern aktiver war als in der zweiten Hälfte der 2010er. Vom Fantasy-Genre hält sich Shore, mit einer offensichtlichen Ausnahme, zudem eher fern. Für den Netflix-Film „The Pale Blue Eye“ komponierte Shore einen Score, der nahtlos an seine früheren, atmosphärischen Thriller wie „The Silence of the Lambs“ oder „A History of Violence“ anknüpft. Shores effektive Suspense-Techniken sorgen für eine düstere, bedrückende Atmosphäre. Dabei ist „The Pale Blue Eye“ für Mittelerde-Fans durchaus interessant, da es immer wieder Anklänge an das Mordor-Material gibt, besonders in den, zugegebenermaßen recht wenigen, Action-Tracks wie Attack on the Road. Da ich „The Pale Blue Eye“ noch nicht gesehen habe, weiß ich nicht, wie der Score im Film-Kontext wirkt, aber in jedem Fall funktioniert er ideal als Untermalung bedrückender, düsterer Lektüre – was als Kompliment zu verstehen ist.

Platz 12: Wednesday (Danny Elfman, Chris Bacon)

Als großer Fan der beiden Addams-Family-Filme aus den 90ern war ich natürlich sehr neugierig auf die neue Inkarnation, nicht zuletzt wegen der Beteiligung Tim Burtons. Der überwältigende Erfolg von „Wednesday“ will sich mir, ehrlich gesagt, nicht völlig erschließen; zwar ist diese Staffel durchaus unterhaltsam und anschaubar, aber doch auch ein recht typisches, konventionell konstruiertes YA-Mystery-Drama mit ziemlich vorhersehbarer Handlung, eindeutig zu wenig Addams Family und, zugegeben, sehr guten darstellerischen Leistungen, vor allem von Jenna Ortega. Wie dem auch sei, Tim Burtons Mitwirken an einem Projekt wie diesem garantiert natürlich die Beteiligung Danny Elfmans. Die Musik der Serie komponierte Elfman zusammen mit Chris Bacon; herausgekommen ist genau das, was man erwartet: gotisch-düstere Extravaganz, ebenso verspielt wie unterhaltsam mit einem sehr eingängigen Titelthema. Im Vergleich zu, sagen wir „Sleepey Hollow“ oder „The Wolfman“ kommt der Score von „Wednesday“ etwas unfokussierter daher, was aber auch mit dem Serienformat und dem doch sehr umfangreichen Album zusammenhängen mag. Soweit ich gehört habe, zitieren Elfman und Bacon weder das klassische Thema der 60er-Serie von Vic Mizzy noch die Musik von Marc Shaiman aus den 90ern, bewegen sich aber in ähnlichen Bereichen und tänzeln mitunter regelrecht um die vertrauten Melodien herum.

Platz 11: DC League of Super Pets (Steve Jablonsky)

Bei Superhelden-Scores von RCP-Komponisten bin ich immer erst einmal vorsichtig (siehe „Black Adam“), aber bei „DC League of Super-Pets“ ist diese Vorsichtig nicht angebracht, denn der parodistisch anmutende Animationsfilm besinnt sich auf die klassischen Genre-Tugenden und besticht durch schöne Orchester-Arbeit und aufregende Action-Passagen sowie eingängige Themen. Stilistisch erinnert mich Jablonskys Arbeit stark an Danny Elfmans „Justice League“ – ein Score, der meinem Empfinden nach sehr unfair behandelt wurde. Wie „Justice League“ ist auch „DC League of Super Pets” zweifelsohne ein moderner Action-Score, der sich aber zugleich an den Klassikern des Genres orientiert und dem die Balance deutlich besser gelingt als „Black Adam“. Zudem verschafft Jablonsky sowohl Danny Elfmans Batman-Thema als auch den Themen für Krypton und Superman von John Williams Gastauftritte, zwar kaum mehr als musikalische Cameos, die aber dennoch sehr willkommen sind. Wer also nach einem geistigen Nachfolger zu Elfmans „Justice League“ sucht, wird hier zweifellos fündig.

Platz 10: Avatar: The Way of Water (Simon Franglen)

Bereits an „Avatar“ arbeitete Simon Franglen eng mit James Horner zusammen, ebenso wie an den nachfolgenden Horner-Scores. Als Horner 2016 bei einem Flugzeugabsturz verstarb, war es Franglen, der Horners letzten Soundtrack, „The Magnificent Seven“, vollendete. Insofern war es nur logisch, Franglen das Avatar-Sequel vertonen zu lassen, nicht zuletzt, da er bereits für die Musik der Disney-World-Attraktion „Pandora – The World of Avatar“ verantwortlich war. „Avatar: The Way of Water“ ist eine beeindruckende Errungenschaft, Franglen knüpft an die Stilmittel und Leitmotive Horners direkt an, sorgt aber zugleich dafür, dass der Score nicht zur reinen Pastiche verkommt; Franglens eigener Kompositionsstil ist durchaus präsent. Immer wieder finden sich Passagen, die Horner auf diese Art wohl nicht komponiert hätte, die aber trotzdem nicht wie Fremdkörper wirken. Diese Balance zu halten ist eine schwierige Aufgabe, die Franglen mit Bravour meistert. Ich könnte mir vorstellen, dass meine Meinung zu diesem Score noch positiver wird, wenn ich ihn im Kontext erlebt habe.

Platz 9: Thor: Love and Thunder (Michael Giacchino, Nami Melumad)

Der Donnergott ist neben Iron Man wohl das größte Opfer des Mangels an leitmotivischer Kontinuität im MCU: In jedem, wirklich jedem seiner Solo-Filme wird er mit einem neuen Thema bedacht. Dass Mark Mothersbaugh in „Thor: Ragnarok“ einmal das Patrick Doyle-Thema zitiert, hilft da nur bedingt. „Thor: Love and Thunder“ ist keine Ausnahme. Obwohl Michael Giacchino (der hier zusammen mit Nami Melumad komponiert) sich in einigen seiner bisherigen MCU-Scores durchaus geneigt zeigte, bereits etablierte Themen zumindest zu zitieren, verwirft er hier ein weiteres Mal alles vorher Dagewesene. Giacchinos Thor-Thema gilt dem Konzept, unabhängig davon, wer welchen Hammer schwingt, und wird deshalb sowohl für die von Chris Hemsworth dargestellte Version als auch Natalie Portmans Jane-Foster-Thor verwendet, was mich nur noch mehr frustriert. Giacchino hätte sein neues Thema ausschließlich für Jane Foster verwenden und für die altbewährte Inkarnation auch eines der vorher etablierten Themen verwenden können – idealerweise das von Doyle. Wie dem auch sei, von diesem Faktor abgesehen ist Giacchinos Score schlicht brachial unterhaltsam. Das Thema für die beiden Thors ist absolut eingängig und gelungen und vor allem die völlig überdrehten Action-Passagen, inklusive Einsatz von Chor und E-Gitarre, wissen zu gefallen. Giacchino und Melumad knüpfen somit teilweise an Mothersbaughs Arbeit an, verzichten aber größtenteils auf die Retro-Synth-Effekte, was mir persönlich nicht ganz unrecht ist, aber eben auch auf Mothersbaughs Verweise auf die vorherigen Scores.
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Platz 8: Doctor Strange in the Multiverse of Madness (Danny Elfman)

Selbst ein Michael Giacchino ist nicht davor gefeit, durch einen anderen Komponisten ersetzt zu werden, wenn es einen Regisseurwechsel gibt. Als Sam Raimi nach Scott Derricksons Ausscheiden das Doctor-Strange-Sequel in Angriff nahm, brachte er Danny Elfman an den Start. Anders als Giacchino und Melumad bei „Thor: Love and Thunder“ greift Elfman durchaus auf das bereits etablierte leitmotivische Material zurück und zitiert nicht nur das Doctor-Strange-Thema, sondern auch das Titelthema aus der Serie „WandaVision“ von Kristen Anderson-Lopez und Robert Lopez, Alan Silvestris Captain-America-Marsch und sogar die Titelmelodie der X-Men-Animationsserie aus den 90ern. Allerdings verpasst Elfman Doctor Strange ein zusätzliches neues Thema, das in meinen Augen nicht nur deutlich schwächer als das alte, sondern auch ziemlich unnötig ist, und er nimmt leider keinerlei Rücksicht auf die spezielle Instrumentierung, die das hervorstechendste Merkmal des ersten Strange-Scores war und auch prominent in „Spider-Man: No Way Home“ zum Einsatz kam. Stattdessen ist Elfmans „Doctor Strange in the Multiverse of Madness” fest in Elfmans modernem Action-Stil verankert, mit Anleihen aus seinen Horror-Arbeiten. Obwohl ich mir mehr stilistische Anleihen aus „Doctor Strange“ gewünscht hätte, bin ich doch ein großer Fan von Elfmans Stil, insofern ist dieses Werk, abseits dieser Aspekte, extrem unterhaltsam, dynamisch, lebendig und kreativ. Es mag merkwürdig wirken, dass sowohl „Thor: Love and Thunder“ als auch „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ angesichts meiner Kritikpunkte derartig hoch auf der Liste gelandet sind, aber trotzdem haben sie es geschafft, mich nachhaltig zu beschäftigen, zu unterhalten und wurden seit Erscheinen zudem sehr, sehr häufig angespielt, weshalb ich diese Platzierung für gerechtfertigt halte.
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Platz 7: Violent Night (Dominic Lewis)

Es ist faszinierend, wie gut sich sowohl die Melodien als auch die Stilmittel klassischer Weihnachtslieder für verschiedene Genres adaptieren lassen, wie sich am Beispiel diverser Scores zeigt, seien es Komödien („Home Alone“), Superhelden („Batman: Arkham Origins“), Horror („Krampus“), Bibelverfilmungen („The Nativity Story) oder natürlich Action – man denke nur an „Arthur Christmas“ oder, das wohl populärste Beispiel, „Die Hard“. In eine sehr ähnliche Kerbe schlägt auch Dominic Lewis‘ „Violent Night“, ein extrovertierter, sehr überdrehter Action-Score, der nicht nur dank der melodischen Qualität seiner eigenen Themen, sondern auch durch die gelungene, um nicht zu sagen subversive Einbindung diverser Weihnachtslieder zu überzeugen weiß. Stilistisch ist Lewis nicht allzu weit von Alan Silvestri oder John Williams entfernt. Wer einen ebenso schönen wie absurden Weihnachts-Score sucht, macht mit „Violent Night“ sicher nichts falsch.

Platz 6: Paws of Fury: The Legend of Hank (Bear McCreary)

Ich habe eine besondere Schwäche für die Mischung von traditionellem Orchester und ostasiatischer Instrumentierung, egal ob „Mulan“, „The Monkey King“, „Kung Fu Panda“, „The Last Samurai“, „The Promise“ oder gar „World of Warcraft: Mists of Pandaria“. Bear McCrearys „Paws of Fury: The Legend of Hank“ stimmt ähnliche Töne an, vor allem zu den drei Kung-Fu-Panda-Scores von John Powell und Hans Zimmer finden sich eine Reihe von Parallelen. „Paws of Fury“ bietet genau die Art von aufwändig konstruierter musikalischer Extrovertiertheit, die sich gegenwärtig oft nur im Animationsbereich findet. Zusätzlich mischt McCreary auch noch Elemente aus Ennio Morricones Western-Scores und einer Prise Jazz in diese musikalische Suppe. Das Ganze ist ein faszinierendes Konglomerat, eine wilde Mischung, die deutlich besser funktioniert als sie eigentlich sollte. Wer 2022 einen zünftigen Powell-Animations-Score vermisst, findet in dieser Arbeit von Bear McCreary vielleicht einen angemessenen Ersatz.

Platz 5: Moon Knight (Hesham Nazih)

Unglaublich aber wahr, der beste MCU-Score des Jahres stammt von einem in westlichen Gefilden ziemlich unbekannten Komponisten, auch wenn man bei Hesham Nazih kaum von einem Newcomer sprechen kann, schließlich ist er nicht nur seit über zwanzig Jahren als Komponist tätig, sondern in seiner Heimat Ägypten auch sehr bekannt und populär. Anders als bei „Thor: Love and Thunder“ oder „Doctor Strange in the Multiverse of Madness” muss man hier keinerlei leitmotivische Abstriche machen, da „Moon Knight“ sehr vom restlichen MCU losgelöst ist. Für die Titelfigur liefert Nazih ein enorm starkes Thema, das er, analog zu den Persönlichkeiten Moon Knights, wunderbar spalten und fragmentieren kann. Der dominanteste und beeindruckendste Aspekt des Scores sind wohl die vielen, monumentalen Chorpassagen, die einen wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen. Bedingt durch die Thematik der Serie und die dazu passende Instrumentierung klingt Nazihs Arbeit eher nach Hollywoods Orient-Sound als nach der typischen MCU-Musik, kommt dabei aber deutlich authentischer und weniger klischeehaft rüber, als es bei, sagen wir, „The Mummy“ oder „Gods of Egypt“ der Fall ist (die natürlich trotzdem beide exzellent sind). Ich jedenfalls hoffe, dass „Moon Knight“ Nazih viele Türen öffnet.

Platz 4: Interview with the Vampire (Daniel Hart)

Zuerst war ich bei dieser Neuauflage von „Interview with the Vampire“ recht skeptisch, nicht zuletzt wegen der massiven Abweichungen von Anne Rice‘ Roman. Und natürlich wäre da noch der Umstand, dass es sich beim Film von Neil Jordan um eine fast perfekte Adaption handelt. Aber trotz einiger erzählerischer und inhaltlicher Mängel war ich insgesamt durchaus angetan von dieser ersten Staffel. Einer der größten Pluspunkte der Serie ist zweifellos der Score von Daniel Hart, der wunderbar altmodisch, fast schon klassisch, melodiös und gotisch klingt. Der Vergleich zu Elliot Goldenthals Musik von 1994, immerhin einer meiner liebsten Horror-Soundtracks, drängt sich natürlich fast schon auf, und tatsächlich, es gibt gewisse Parallelen. Daniel Harts Fokus liegt allerdings, ebenso wie der der Serie, stärker auf den romantischen Aspekten, und weniger auf dem schieren Grandeur und der orchestralen Brutalität des Goldenthals-Scores. Natürlich haben wir es hier mit einer zutiefst toxischen und ungesunden Romanze zu tun, und auch das spiegelt sich in Harts Musik wider und entsprechend fällt die Entwicklung zum Ende hin auch aus.

Platz 3: The Batman (Michael Giacchino)

Erstaunlich, was man mit vier Noten so alles anstellen. Nach Jahren der Zimmer-Dominanz im Batman-Bereich liefert Michael Giacchino endlich mal wieder einen Score für den Dunklen Ritter, der sich vom Wummern und Dröhnen distanziert, Gotham City mit den musikalischen Mitteln des Thrillers und des Film Noir darstellt und seinen Titelhelden fast schon wie ein Monster behandelt. Aber vor allem wird endlich einmal wieder ordentliche Orchesterarbeit geboten. Während Giacchinos Motiv für Batman in mancher Hinsicht ein wenig enttäuschend ist (ich hätte doch gerne mal wieder ein etwas komplexeres Batman-Thema), so ist es doch unleugbar effektiv. Dasselbe gilt auch für die anderen beiden dominanten Themen für Catwoman und den Riddler und die gesamte Tonalität.
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Platz 2: The 13 Lords of Shogun (Evan Call)

Jedes Jahr seit 1963 strahl der japanische Sender NHK ein sog. „Taiga-Drama“ aus – dabei handelt es sich um eine ziemlich epochale Serie mit etwa 40 bis 50 Folgen, die sich einer Figur oder einer Thematik der japanischen Geschichte annimmt. Das Taiga-Drama des Jahres 2022 trägt den Titel „The 13 Lords of Shogun“ und thematisiert die Herrschaft von Hōjō Yoshitoki, der von 1205 bis 1224 Japan regierte. Die Musik komponierte der britische, aber in Japan ansässige Komponist Evan Call. Auf dieses umfangreiche Werk – „The 13 Lords of Shogun“ wurde in Form von drei äußerst üppigen Alben veröffentlicht – bin ich eher durch Zufall in einem Soundtrack-Forum gestoßen, die Serie selbst habe ich nicht gesehen, weiß also auch nicht, wie sie im Kontext wirkt. Was ich weiß ist, dass Evan Calls Arbeit ein wirklich episches, ja geradezu monumentales Werk ist, voll von grandiosen Melodien, beeindruckender Action-Musik, aber auch sehr ruhigen, lyrischen und mitunter verspielten Passagen. Das Ganze mutet zwar japanisch an, kommt aber, ähnlich wie „Moon Knight“, deutlich authentischer rüber, als es bei einem typischen Hollywood-Score der Fall ist.

Platz 1: The Lord of the Rings: The Rings of Power (Bear McCreary)

Mittelerde-Scores haben die Angewohnheit, in meinen Rankings an der Spitze zu landen. So viele Probleme ich auch mit „The Lord of the Rings: The Rings of Power” habe, der Score von Bear McCreary ist DAS Element, das vollauf und rundum überzeugt. Ähnlich wie Howard Shore arbeitet McCreary mit einer Vielzahl an Leitmotiven, die er konsequent entwickelt und miteinander agieren lässt. Dabei gelingt es McCreary sehr gut, auf einem schmalen Grat zu wandern: Zwar darf er sich nicht der Themen und Motive aus den beiden Jackson-Trilogien bedienen, verankert seine Version von Mittelerde aber dennoch in einer ähnlichen stilistischen und instrumentalen Palette (etwa Männerchöre für die Zwerge, keltisch anmutende Musik für die Hobbits/Haarfüße etc.). Zugleich handelt es sich hier aber unverkennbar um McCrearys Interpretation von Tolkiens Werk und nicht nur um eine bloße Nachahmung von Shores Arbeit. Eingängige Themen und Melodien, lyrische Schönheit und beeindruckende Action – zumindest auf musikalischer Ebene bietet „The Lord of the Rings: The Rings of Power“ alles, was man sich nur wünschen kann.
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Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore

Spoiler!
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Story: Wir schreiben das Jahr 1932; die Internationale Zauberervereinigung ist auf der Suche nach einem neuen Vorsitzenden. Dies möchte sich Gellert Grindelwald (Mads Mikkelsen), der nach wie vor finstere Absichten hegt, zunutze machen. Derweil versucht Albus Dumbledore (Jude Law) seinen ehemaligen Geliebten immer noch aufzuhalten. Nachdem Grindelwald von Anton Vogel (Oliver Masucci), dem noch amtierenden Vorsitzenden, rehabilitiert wird, stellt er sich selbst zur Wahl – diese wird jedoch nicht von der magischen Bevölkerung, sondern von einer magischen Kreatur, dem Qilin, der sowohl in die Herzen als auch in die Zukunft sehen kann, durchgeführt. Um zum Anführer der Zaubererschaft zu werden und diese endlich in einen Krieg gegen die Muggel führen zu können, heckt Grindelwald einen durchtriebenen Plan aus. Ein weiteres Mal ist es an Dumbledore und seinen Verbündeten, darunter Newt (Eddie Redmayne) und Theseus Scamander (Callum Turner), Jacob Kowalski (Dan Fogler) und die amerikanische Hexe Lally Hicks (Jessica Williams), den Schwarzmagier aufzuhalten…

Kritik: Ähnlich wie „X-Men: Dark Phoenix“ scheint auch „Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore“ der Abgesang auf eine sterbende Filmreihe zu sein, der eher aus Pflichtgefühl überhaupt erst in die Kinos kam und dort zu allem Überfluss nicht allzu viele interessierte, nicht zuletzt, weil einer der kreativen Köpfe sich zur Persona non grata entwickelte. Das war bei mir nicht anders, auch ich hatte ziemlich wenig Interesse an diesem (vorläufigen) Finale der „Fantastic-Beasts-Saga“, was allerdings nicht einmal so sehr an J. K. Rowlings Twitter-Ausfällen, sondern viel mehr an der unterirdischen Qualität des Vorgängers „The Crimes of Grindelwald“ lag – dieser hat mein Interesse am einstmals florierenden Potter-Franchise nachhaltig erstickt. Dennoch, ich bin eben Komplettist und war zudem auch neugierig auf die neue Inkarnation von Gellert Grindelwald. Bekanntermaßen erwies sich Johnny Depp ebenfalls als problematisch, auch wenn er jetzt im Gerichtshof der öffentlichen Online-Meinung rehabilitiert zu sein scheint – Warner hätte wohl besser daran getan, sich von Ezra Miller zu trennen. Wie dem auch sei und ohne hier ein Fass aufmachen zu wollen: Völlig unabhängig von Johnny Depps Charakter und seinem Privatleben war er in meinen Augen von Anfang an die völlig falsche Besetzung für Grindelwald und hat in dieser Rolle für mich nie funktioniert. Mads Mikkelsen ist da tatsächlich die deutlich bessere Wahl, aber dazu später mehr.

Nachdem „The Crimes of Grindelwald” zwar durchaus erfolgreich, aber eben nicht erfolgreich genug war und zudem (völlig zurecht) mit harscher Kritik bedacht wurde, bemühte man sich bei Warner um eine Kurskorrektur. Dass J. K. Rowling mit dem Schreiben (und vor allem Strukturieren) eines Drehbuchs überfordert war, hatte sich überdeutlich gezeigt, weshalb man ihr Potter-Drehbuch-Veteran Steve Kloves zur Seite stellte. Und tatsächlich: „The Secrets of Dumbledore“ ist immerhin besser strukturiert als der direkte Vorgänger und auch weniger erratisch. Massive erzählerische Probleme bleiben allerdings erhalten. Zum einen wäre da eine recht ungleichmäßig Fortführung und Weiterentwicklung der Handlungselemente und Figuren des Vorgängers. Nagini, in „The Crimes of Grindelwald“ gespielt von Claudia Kim, wird beispielsweise nicht einmal mehr erwähnt, während Tina Goldstein (Katherine Waterston), immerhin eine der zentralen Figuren der ersten beiden Filme, nur zwei kleine Cameos absolviert (was aber primär mit der Verfügbarkeit der Darstellerin zusammenhängt). Auch das ganze Hin und Her um Prophezeiungen, die (extrem subtil) auf den Zweiten Weltkrieg hinweisen und alles, was mit der Familie Lestrange zu tun hat, spielt überhaupt keine Rolle mehr. Und selbst Newt Scamander, immerhin in der Theorie der Protagonist der Filmreihe, wird mehr oder weniger zur Nebenfigur degradiert – ein Schicksal, das er mit Bilbo Beutlin teilt.

Stattdessen wird mit der Wahl des Vorsitzenden der Internationalen Zaubererversammlung ein völlig neues Fass aufgemacht, mit dem Rowling, Kloves und Yates mehr denn je versuchen, einen Politthriller mit magischem Abenteuer zu verknüpfen, was hier nicht allzu gut gelingt. Parallelen zu aktueller Politik und Geschichte sind nur allzu deutlich, wie üblich bleibt die Politik der „Wizarding World“ allerdings eine äußerst schwammige Angelegenheit. In den Harry-Potter-Romanen hat das allerdings nur bedingt geschadet, gerade in „Harry Potter and the Order of the Phoenix“ hat Rowling es wirklich gut genug geschafft, das herauszuarbeiten, was nötig und wichtig ist, nicht zuletzt deshalb, weil sie den Blickwinkel von Teenagern einnehmen konnte. Im Gegensatz dazu wirken die politischen Elemente in „The Secrets of Dumbledore“ geradezu beliebig, wenn nicht gar unsinnig. Was zu Anfang als Wahl inszeniert wird, verkommt zur magischen Zeremonie, in der nicht die Mehrheit, sondern ein ominöses Tierwesen darüber entscheidet, wer die Zaubererschaft führt. Zudem wird man auch nie wirklich über die Befugnisse des Vorsitzenden aufgeklärt. Diese Position existierte zwar bereits in den HP-Romanen (und wurde dort von Dumbledore ausgefüllt), hatte aber scheinbar kaum tatsächliche Auswirkungen. Hier nun scheint derjenige, der sie innehat, dazu in der Lage zu sein, den Muggeln den Krieg zu erklären.

Zudem ist überdeutlich, dass „The Secrets of Dumbledore“ ein merkwürdiger Hybridfilm geworden ist: Ursprünglich waren fünf Fantastic-Beasts-Filme geplant, aber nachdem die ersten beiden hinter den Erwartungen zurückblieben, entschloss man sich, mit dem dritten Film einen vorläufigen Schlussstrich zu ziehen. Somit muss „The Secrets of Dumbledore“ als Finale fungieren können, aber zugleich auch weitere Fortsetzungen ermöglichen, falls doch genug Zuschauer in die Kinos strömen. Harry-Potter-Fans wissen zudem, dass Grindelwalds finale Niederlage erst im Jahr 1945 stattfindet (nicht, dass Rowling im Rahmen dieser Filmreihe jemals vor massiven Retcons zurückgeschreckt wäre…). Ich persönlich denke, dass Rowling ursprünglich plante, Grindelwald hier Erfolg haben und das angestrebte Amt tatsächlich gewinnen zu lassen. Nicht von ungefähr spielt der Film im Jahr 1932, ein Jahr vor Hitlers Machtergreifung – die Parallelen zwischen Grindelwald und Hitler waren nie besonders subtil. Die beiden verbliebenen geplanten Filme hätten sich dann mit einer (kontinentaleuropäischen) Zaubererwelt unter Grindelwalds Kontrolle und dem magischen Äquivalent zum Zweiten Weltkrieg auseinandersetzen können. So muss Grindelwald hier aber ein weiteres Mal verlieren und flüchten, damit die Reihe, sollte es der letzte Fantastic-Beasts-Film sein, mit einem positiven Ende versehen werden kann.

Figurentechnisch konzentriert sich „The Secrets of Dumbledore“ tatsächlich auf die beiden Kontrahenten, während die meisten anderen in den Hintergrund rücken. Mit der von Jessica Williams gespielten Eulalie „Lally“ Hicks wird zudem eine neue, zentrale Figur vorgestellt, die wohl als Ersatz für Tina Goldstein gewertet werden kann – zumindest was die Stellung als zentrale weibliche Figur auf Dumbledores Seite angeht. Die Ilvermorny-Lehrerin (samt Darstellerin) absolvierte bereits in „The Crimes of Grindelwald“ einen kleinen Cameo-Auftritt und Jessica Williams hat sichtlich Spaß daran, sie zu spielen, darüber hinaus fällt die Charakterisierung aber eher dünn aus – etwas, das sich auf die meisten Figuren erstreckt. Weiterhin unterhaltsam bleibt auch Dan Fogler als Jacob Kowalski, der trotz seiner romantischen Verwicklungen seinen Optimismus nicht verliert. Alison Sudols Queenie Goldstein hat immerhin mehr Präsenz als ihre Schwester, aber auch ihr wird nicht wirklich viel Platz zur Entfaltung gelassen. Der junge Dumbledore ist weniger exzentrisch als sein älteres Ich, ansonsten aber ziemlich in-Character, inklusive der Eigenheit, seine Verbündeten über seine unnötig komplizierten Pläne im Dunkeln zu lassen. Nebenfiguren aus dem Vorgänger wie Yusuf Kama (William Nadylam) oder Bunty (Victoria Yeates) sind ebenfalls Teil von Dumbledores Team, tragen aber nur wenig zur Handlung bei. Credence‘ familiäre Situation wird ebenfalls aufgelöst, hier stellt sich nun heraus, dass er der Sohn von Albus Dumbledores Bruder Aberforth (Richard Coyle) ist.

Kommen wir nun aber zu Grindelwald: Ich hatte mich im Vorfeld gefragt, ob das veränderte Aussehen des Schwarzmagiers wohl thematisiert werden würde, immerhin könnte ich problemlos eine magische Erklärung finden, allerdings entschied man sich dazu, Grindelwalds Aussehen ebenso zu ignorieren wie seine völlig veränderte Persönlichkeit. Die Jack Sparrow’sche Exzentrik, die Johnny Depp mitbrachte, hat die Figur nun völlig verloren, stattdessen wird sie nun von einer energischen Zielstrebigkeit dominiert, die ich persönlich weitaus passender finde, die aber freilich ein massiver Kontinuitätsbruch ist (nicht, dass das noch jemanden besonders kümmern würde).

Wie schon „The Crimes of Grindelwald” bemüht sich auch „The Secrets of Dumbledore” um massives Spektakel, ohne allerdings jemals die alte Magie der Potter-Filme reaktivieren zu können, was ironischerweise auch an der Darstellung der Magie liegt – ein Problem, das jedes der drei Prequels plagt. Nicht, dass Rowling bei den Regeln der Magie in der „Wizarding World“ immer konsistent oder konsequent gewesen wäre, aber es gab immerhin Regeln und sie wurden auch erklärt. Vor allem in den letzten beiden Teilen dieser unfreiwilligen Prequel-Trilogie können Zauberer und Hexen inzwischen quasi fast alles machen, was sie wollen. Das Duell zwischen Dumbledore und Credence beispielsweise wirkt eher, als stamme es aus „Doctor Strange“, inklusive der Spiegeldimension. In der Figurenkonzeption und -konstellation versuchen Rowling, Kloves und Yates zudem immer wieder, nach bester George-Lucas-Manier („It rhymes!“) auf bereits Erzähltes zu verweisen, etwa durch die Parallelen zwischen Ariana Dumbledore und Credence, Draco Malfoy und Credence oder Snape und Queenie.

Auch die Nostalgiekeule wird immer wieder ausgepackt – wenn handelnde Figuren in Hogwarts vorbeischauen, erklingt Hedwigs Thema in bester Williams-Manier und erweckt zumindest bei mir das Bedürfnis, statt dieses Films doch lieber die alten Potter-Filme wieder anzuschauen. Und dann ist da noch diese eine Szene, in der aus einem Koffer buchstäblich Potter-Requisiten ausbrechen, darunter ein Schnatz und mehrere Exemplare des Monsterbuchs der Monster, natürlich untermalt vom Flug-Thema aus den ersten drei Potter-Scores. Abseits dieser offensichtlichen Einspielungen weiß immerhin James Newton Howards Score auch ein drittes Mal zu überzeugen und die Emotionalität zu vermitteln, an der der Film scheitert. Eine ausführliche Besprechung des Scores findet sich hier.

All das zeigt, dass auch hier die altbekannten Fehler gemacht wurden, die so viele Franchises plagen. Ich denke, die Fantastic-Beasts-Serie hätte durchaus funktionieren können, hätte man sich auf die Stärken des ersten Teils berufen und es vermieden, eine epische Saga und ein mit Nostalgie getränktes Prequel zu den Potter-Filmen zu erzählen. Stattdessen hätte man sich an den inhaltlich kaum miteinander verbundenen Bond-Filmen der Roger-Moore-Ära orientieren können und pro Film ein in sich geschlossene Abenteuer mit magischen Tierwesen an verschiedenen, interessanten Orten erzählen können, während der Krieg gegen Grindelwald lediglich ein Element des Hintergrundes bleibt, so wie es der Kalte Krieg in den Bond-Filmen war.

Fazit: „The Secrets of Dumbledore“ ist zwar marginal besser als „The Crimes of Grindelwald”, schafft es aber nicht einmal in Ansätzen, die alte Magie zurückzubringen. Ein besser strukturiertes Drehbuch und ein talentierter Cast können leider nicht über massive erzählerische Probleme und den Mangel an Inspiration hinwegtäuschen.

Bildquelle (Foto: Warner Bros.)

Trailer

Siehe auch:
Fantastic Beasts and Where to Find Them
Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald – Ausführliche Rezension

The Batman – Soundtrack

Spoiler!
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Track Listing:

01. Can’t Fight City Halloween
02. Mayoral Ducting
03. It’s Raining Vengeance
04. Don’t Be Voyeur With Me
05. Crossing the Feline
06. Gannika Girl
07. Moving in for the Gil
08. Funeral and Far Between
09. Collar ID
10. Escaped Crusader
11. Penguin of Guilt
12. Highway to the Anger Zone
13. World’s Worst Translator
14. Riddles, Riddles Everywhere
15. Meow and You and Everyone We Know
16. For All Your Pennyworth
17. Are You a Kenzie or a Can’t-zie?
18. An Im-purr-fect Murder
19. The Great Pumpkin Pie
20. Hoarding School
21. A Flood of Terrors
22. A Bat in the Rafters, Pt. 1
23. A Bat in the Rafters, Pt. 2
24. The Bat’s True Calling
25. All’s Well That Ends Farewell
26. The Batman
27. The Riddler
28. Catwoman
29. Sonata in Darkness (performed by Gloria Cheng)

Wenn es um Batman geht, war Hans Zimmers Methodologie die letzten grob 15 Jahre vorherrschend. Nicht nur bekam Zimmer (zusammen mit James Newton Howard bzw. Tom Holkenborg) die Gelegenheit, gleich zwei Inkarnationen des Dunklen Ritters seinen musikalischen Stempel aufzudrücken, viele andere Projekte imitierten zudem den Sound und die kompositorischen Eigenheiten der Dark-Knight-Trilogie. Ich persönlich war nie der größte Fan von Zimmers Herangehensweise an Batmans Welt, nicht zuletzt, weil ich mit den Batman-Scores von Danny Elfman, Shirley Walker und (nicht zu vergessen) Elliot Goldenthal aufwuchs, die meine Meinung, wie Batman zu klingen hat, nachhaltig prägten. Insofern war ich sehr darauf gespannt, wie Michael Giacchinos Ansatz wohl aussehen würde, besonders im Hinblick auf das Thema der Titelfigur. Als Giacchinos neues Thema dann in Trailern und schließlich als Preview veröffentlicht wurden, war ich erst einmal enttäuscht: Es handelt sich dabei um ein aus vier Noten (und nicht einmal vier verschiedenen) bestehendes Konstrukt, eher Rhythmus denn tatsächliches Motiv, geschweige denn Thema, dass sich relativ gut in die Zimmer’sche Methodologie der Bat-Vertonungen einreiht – wir erinnern uns an die Zwei-Noten-Identität aus der Dark-Knight-Trilogie oder das zusammen mit Tom Holkenborg komponiert „Bat-Stampfen“ aus „Batman v Superman: Dawn of Justice“. Vor allem von Letzterem ist Giacchonis Repräsentation Batmans wirklich nicht allzu weit entfernt. Ich beschloss allerdings, die ganze Angelegenheit nicht im Voraus zu verurteilen, sondern abzuwarten, bis ich das Motiv im Kontext des Scores und den Score im Kontext des Films gehört haben würde. Und das erwies sich als die richtige Entscheidung, denn Giacchinos Kompositionen für „The Batman“ sind stilistisch definitiv weit von Zimmer und Co. entfernt, aber ebenso auch von der Musik, die Giacchino zum MCU beigesteuert hat, seien es die drei Spider-Man-Scores oder „Doctor Strange“. Die Musik von „The Batman“ ist geprägt von Brutalität und orchestraler Dissonanz, oftmals klingt sie eher wie der Score eines Horrorfilms denn der eines Werks über einen Superhelden – gewisse Parallelen zur Musik von „Let Me In“ oder den beiden Planet-of-the-Apes-Filmen lassen sich nicht leugnen. Angesichts von Matt Reeves‘ Herangehensweise ist das natürlich überaus legitim. Dennoch baut Giacchino mitunter subtile Verweise auf die Scores der vorherigen Batman-Filme ein, die Streicherfiguren in der zweiten Hälfte von Escaped Crusader klingen beispielsweise stark nach Zimmer, immer wieder verleiht Giacchino seinen Orchestrierungen die gotischen Anklänge eines Danny Elfman, etwa wenn in Can’t Fight City Halloween Kirchenglocken erklingen und selbst Elliot Goldenthals Musik wird nicht ausgelassen, aus den brutalen Blechbläserfiguren in Highway to Anger Zone (definitiv das Action-Highlight des Albums) lässt sich deutlich sein Einfluss heraushören.

Kommen wir nun aber zurück zum Batman-Thema: Gerade weil es „nur“ eine recht simple rhythmische Figur ist, kann es eine ganze Reihe an Assoziationen wecken, sei es der Imperiale Marsch, Chopins Trauermarsch, der Rhythmus bzw. die Begleitung des Nirvana-Songs Something in the Way (sehr naheliegend, da Matt Reeves diesen nicht nur beim Drehbuchschreiben hörte, er ist auch in einem Trailer und im Film selbst prominent vertreten) oder eben, wie bereits erwähnt, das von Zimmer und Holkenborg komponierte Motiv aus „Batman v Superman: Dawn of Justice“. Der Unterschied zu Letzterem liegt in der Verwendung. Zimmer und Holkenborg hatten die Tendenz, dem Zuhörer dieses Motiv jedes Mal ebenso unsubtil wie gnadenlos um die Ohren zu hauen, mit Ausnahme der Klaviervariationen im Track Beautiful Lie. Nicht so Giacchino, der das Motiv auf extrem kreative und vielseitige Art und Weise einsetzt und nebenbei über den Verlauf des Films auch einmal quer durch das gesamte Orchester jagt. Oft nutzt er es beispielsweise auf ähnliche Art und Weise wie Zimmer die langgezogene Note des Jokers in „The Dark Knight“ oder, vielleicht ein passenderer Vergleich, John Williams das Thema des weißen Hais in „Jaws“: Als Ostinato, das von der bedrohlichen Aktivität kündet und sich langsam aufbaut, sehr schön zu hören im ersten Track des Albums Can’t Fight City Halloween, aber auch in It’s Raining Vengeance. Tatsächlich finden sich nur wenige Stücke auf dem Album, in denen das Motiv nicht zumindest subtil in die Begleitung eingearbeitet wurde, beispielsweise in Crossing the Feline nach der 20-Sekunden-Marke und in Riddles, Riddles Everywhere. Es finden sich allerdings auch brachiale Action Statements, etwa in Highway to Anger Zone (gleich mehrfach bei 1:35, 1:42, 2:06 und 2:13) oder direkt am Anfang von A Bat in the Rafters, Pt. 2. Nun handelt es sich bei diesem Motiv um ein äußerst aggressives und bedrohliches, das weit entfernt ist von den Heldenthemen, mit denen Batman sonst bedacht wird. Man bedenke auch, in dem Film, dessen musikalische Repräsentation des Dunklen Ritters dieser hier am ähnlichsten ist, fungiert er als Antagonist. Giacchinos Motiv klingt eher wie das Leitmotiv eines Schurken, ich verwies bereits auf die Parallelen zu John Williams‘ Jaws-Thema und dem Imperialen Marsch, zur weiteren Verwandtschaft könnte man auch Khans Thema aus „Star Trek Into Darkness“ (ebenfalls von Giacchino) rechnen. Im Verlauf des Scores arbeitet Giacchino allerdings noch mit einem zweiten Thema für die Figur.

Bereits im Vorfeld wurden zu Promotionszwecken drei Themen-Suiten veröffentlicht, die sich auch auf dem Album finden: The Batman, The Riddler und Catwoman. The Batman beinhaltet neben dem Vier-Noten-Motiv, das zu diesem Zeitpunkt bereits aus den Trailern bekannt war, besagtes sekundäres Thema, bei dem es sich um eine weitaus positivere, aufsteigende, ja mitunter gar verletzliche Angelegenheit handelt, die deutlich melodischer ist. In der Suite entwickelt sich das Thema aus dem Batman-Thema, erst zurückhaltend von Streichern gespielt, dann sogar mit Blechbläsern in der Begleitung. Wie viele andere auch interpretierte ich dieses Thema im Vorfeld als Leitmotiv für Bruce Wayne, da Bruce aber in diesem Film quasi nicht vorhanden ist, bin ich eher dazu geneigt, es als Thema für Batman als Symbol der Hoffnung zu sehen, während das Vier-Noten-Motiv Batman als Symbol der Vergeltung repräsentiert, da das die wahre Dualität dieses Films ist. Die Bruce-Wayne-Interpretation lässt sich allerdings auch nicht völlig von der Hand weisen, da das Thema im Score sein Debüt während der Beerdigungsszene absolviert, in welcher Bruce zum ersten Mal zumindest formal in seiner bürgerlichen Identität auftritt (Funeral and Far Between). Der stärkste Einsatz findet sich in All’s Well That Ends Farewell.

Das dritte essentielle Leitmotiv des Scores gilt dem zentralen Schurken. Das Thema des Riddlers klingt nur allzu bekannt, basiert es doch auf Schuberts Ave Maria, was definitiv kein Zufall ist, besagtes Stück erklingt auch mehrmals diegetisch im Film, einmal sogar von Paul Dano selbst gesungen. Die tatsächliche inhaltliche Verknüpfung ist mir nach wie vor nicht völlig klar (ich meine, es wurde im Waisenhaus, in dem Danos Edward Nashton aufwächst, gesungen, aber weshalb es für ihn eine so große Bedeutung hat, erklärt der Film nicht). Wie dem auch sei, die Themen-Suite gibt einen schönen Querschnitt durch die Variationen, tatsächlich eignet es sich sehr gut als Leitmotiv für einen psychotischen Serienkiller; zu Beginn subtil und enervierend, gesungen von einem Knabensopran, später brutal und dissonant. Auch im Film selbst taucht das Thema durchaus häufig auf, in Mayoral Ducting wird es vorgestellt und untermalt die Aktionen des Riddlers äußerst gekonnt, eine besonders verstörende Streichervariation dominiert die zweite Hälfte von A Flood of Terrors und seinen brutalen Höhepunkt beschert ihm Giacchino in A Bat in the Rafters, Pt. 1.

Und schließlich hätten wir noch Catwomans Thema. Sowohl Danny Elfman als auch Hans Zimmer versuchten, jeweils auf ihre ganz eigene Art Selina Kyles Katzenhaftigkeit hervorzuheben – das scheint nicht Giacchinos nicht Herangehensweise zu entsprechen. Stattdessen betont er in diesem Score, der, wie erwähnt, oft eher wie ein Horrorfilm klingt, über Selina die Noir-Aspekte der Geschichte. Ihr Thema ist das mit Abstand melodisch ansprechendste, bereits die Klavierklänge am Anfang der Catwoman-Suite rufen sofort Femme-Fatale-Assoziationen hervor, die von den bald darauf einsetzenden Streichern nur noch verstärkt werden. Oft werden Vergleich zur Musik John Barrys gezogen, denen ich definitiv zustimmen würde. Vorgestellt wird das Thema in Don’t Be Voyeur With Me (sehr streicherlastig), in Gannika Girl findet sich eine faszinierende Interaktion mit dem Leitmotiv des Riddlers, während An Im-purr-fect Murder ein ähnliches, wenn auch actionreicheres Zusammenspiel mit dem Batman-Thema ermöglicht. Die mitreißendste Variation erklingt dann zweifelsohne in der zweiten Hälfte von Meow and You and Everyone We Know.

Das kommerzielle Album bietet mit einer Länge von fast zwei Stunden eine äußerst üppig Präsentation dieses Soundtracks, zusätzlich zum Score und den drei Themensuiten findet sich am Ende auch noch die Sonata in Darkness, ein Medley bzw. eine Weiterverarbeitung der Themen für Klavier, gespielt von Gloria Cheng, die einen schönen Abschluss darstellt. Die Länge des Albums ist dabei durchaus gerechtfertigt, da es kaum einen Moment gibt, in dem Giacchino nicht mit seinen vier Themen jongliert, diese entwickelt oder miteinander interagieren lässt. Zugegebenermaßen ist das Batman-Motiv vielleicht ein wenig zu präsent, aber hier kann definitiv nicht über den Mangel an einem einprägsamen Titelthema geklagt werden. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass „The Batman“ nicht unbedingt ein angenehmer Score ist, die dominanten Horror-Elemente und komplexen Orchestrierungen machen diesen Score zu einer von Giacchinos forderndsten, aber auch wirkungsvollsten Arbeiten.

Fazit: Ich muss zugeben, ich bin ein wenig enttäuscht darüber, dass es nicht endlich mal wieder ein etwas komplexeres und aufwändigeres Batman-Thema gibt, gleichzeitig kann ich die Effektivität von Giacchinos Ansatz allerdings nicht leugnen. Darüber hinaus entfernt sich der Score von „The Batman“ erfreulicherweise weit sowohl vom Zimmer’schen Wummern und Dröhnen als auch vom Sound, der gemeinhin mit Superhelden assoziiert wird und besticht stattdessen durch Stilmittel aus dem Horror- und Noir-Bereich und ebenso komplexe wie kreative und befriedigende Orchesterarbeit.

Bildquelle

Siehe auch:
The Batman – Ausführliche Rezension

The Lost Themes

Unter Filmmusik-Fans gibt es eine Phrase, die beim normalen Kinogänger oft nur unverständiges Kopfschütteln auslöst: „Leitmotivische Kontinuität“. Natürlich fällt es doch einer ganzen Menge an Menschen auf, dass etwa bei jedem der Harry-Potter-Filme zu Beginn entweder beim Warner-Logo oder der Titeleinblendung Hedwigs Thema gespielt wird (mit Ausnahme von „Die Heiligtümer des Todes Teil 2“). Gerade bei den Harry-Potter-Filmen ist Hedwigs Thema aber auch das einzige Element, das für ein Minimum an leitmotivischer Kontinuität sorgt. Es dürfte ja bekannt sein, wie sehr es mich jedes Mal frustriert, wenn in einer Filmreihe der Komponist ausgetauscht wird und der Neuzugang im Folgenden das gesamte Material des Vorgängers über den Haufen wirft und von vorne beginnt. Aber darum soll es in diesem Artikel nicht gehen. Stattdessen geht es um Leitmotive, die in einem Score derselben Filmreihe vom selben Komponisten ad acta gelegt wurden, obwohl man sie aus handlungstechnischen Gründen hätte weiterverwenden können. Zu diesem Zweck werde ich einen Blick auf drei große Film-Franchises werfen: Star Wars, Harry Potter und Mittelerde.

Star Wars

John Williams’ inzwischen acht Star-Wars-Scores sind wahrscheinlich das leimotivisch ausgefeilteste Gesamtwerk der Filmmusik – lediglich Howard Shores Mittelerde-Scores sind ernstzunehmende Konkurrenten. Dennoch gibt es in jeder der drei Trilogien mal mehr, mal weniger bedeutende Themen, die vom einen auf den nächsten Film relativ sang- und klanglos verschwinden. Ein Beispiel ist etwa das Droiden-Thema, das ausschließlich in „Das Imperium schlägt zurück“ erklingt. Es handelt sich dabei um eine recht positive Melodie, meistens von Holzbläsern gespielt, die das Verhalten von R2D2 und C3PO untermalt. Zu hören ist es in Episode V einige Male, sodass es definitiv als Leitmotiv zu klassifizieren ist. Zum ersten Mal erklingt es in Main Title/The Ice Planet Hoth bei 6:30 und ist unter anderem auch in Arrival on Dagobah (1:00) oder Betrayal at Bespin (3:12) zu hören. Obwohl R2 und 3PO auch in allen weiteren von Williams vertonten Star-Wars-Filmen auftauchen, findet dieses spezifische Motiv nie wieder Verwendung. Zugegebenermaßen ist das allerdings ein verhältnismäßig obskures sekundäres Thema. Es gibt aber auch durchaus zentrale Leitmotive, die zwischen zwei Filmen einfach verschwinden.

Dieses Schicksal ereilte das Imperiale Motiv. Heute wird das Imperium augenblicklich mit dem Imperialen Marsch verbunden, aber das war nicht immer so. In „Eine neue Hoffnung wurde das Imperium von einem anderen Leitmotiv repräsentiert, weniger einprägsam und martialisch als der bekanntere Marsch, aber durchaus, gemessen am häufigen Vorkommen, ein zentrales Thema von Episode IV. Zum ersten Mal ist es, verhältnismäßig zurückhaltend, in Imperial Attack bei 4:54 zu hören. Weitere Einsätze finden sich in Millenium Falcon/Imperial Cruiser Pursuit (1:34), The Death Star/The Stormtroopers (2:07) oder The Trash Compactor (0:47). Ähnlich verhält es sich mit der zweiten Repräsentation des Imperiums in „Eine neue Hoffnung“, der Todessternfanfare (Imperial Attack, 6:18; Burning Homstead, 1:48). Beide Leitmotive hätten in den Folgefilmen zurückkehren und auch weiterhin das Imperium respektive den Zweiten Todesstern repräsentieren können, der Imperiale Marsch erwies sich aber letztendlich als weitaus einprägsameres und erfolgreicheres Thema. Ein anderer Komponist hat allerdings beide Motive zurückgebracht. In seinem Score für „Rogue One: A Star Wars Story” beweist Michael Giacchino mehr als einmal seine intensive Kenntnis der Williams-Scores. In When Has Become Now ist zwei Mal die Todessternfanfare in Giacchinos eigenes Imperiales Thema eingewoben (bei 0:15 und 1:49) und in Krennic’s Aspirations erklingt das Imperiale Motiv Seite an Seite mit dem Imperialen Marsch (1:37 und 3:24).

Auch in den Prequels gibt es ein zentrales Thema, das nach einem Film praktisch völlig verschwindet. In „Die dunkle Bedrohung“ ist Anakins Thema neben Duel of the Fates das zentrale Musikstück des Scores, das seine eigene Konzertsuite erhält. Besagtes Thema ist, wie könnte es anders sein, aus dem Imperialen Marsch herauskomponiert und kehrt am Ende der Suite zu ihm zurück, wenn auch sehr subtil. Man hätte nun erwarten können, dass sich Anakins unschuldiges, kindliches Thema in Episode II zu einer heroischen Fanfare entwickelt, um dann in Episode III endgültig zu Vaders Thema zu werden, doch nichts dergleichen geschieht. Anakins Thema verschwindet zwar nicht vollständig, wird aber auf kleine Cameo-Auftritte reduziert, etwa im Abspann von „Angriff der Klonkrieger“ (Confrontation with Dooku/Finale, 9:36).

In den Sequels gibt es bislang nichts derart Signifikantes, aber zumindest ein Thema glänzt ebenfalls durch Abwesenheit. Besagtes Thema hielt ich zuerst für ein Leitmotiv für Finn, David W. Collins, quasi das Star-Wars-Gegenstück zu Doug Adams, identifzierte es allerdings als sekundäres Thema für den Millenium Falken bzw. als „Falken-Action-Thema“. Besagtes Thema ist eher rhythmischer denn melodischer Natur und taucht in The Falcon (ab 0:11) und The Rathtars (2:47). In Main Title and Escape, dem Eröffnungstrack des Episode-VIII-Scores, gibt es bei 4:21 eine kurze Andeutung dieses Themas (allerdings ohne, dass der Falke in der zugehörigen Szene auftauchen würde), ansonsten gehört es aber ebenfalls zu den Star-Wars-Themen, die zwischen den Filmen verloren gehen. Natürlich besteht in diesem Fall aber noch die Chance, dass Williams es in Episode IX wieder aufgreift.

Harry Potter

Die Harry-Potter-Filme sind ein musikalisches Flickenwerk, an dem vier verschiedene Komponisten mitarbeiteten (fünf, wenn man James Newton Howard und „Phantastische Tierwesen“ mit einrechnet). John Williams, Patrick Doyle, Nicholas Hooper und Alexandre Desplat haben alle sehr unterschiedliche Stile und es gibt tatsächlich nur eine Gemeinsamkeit, die sich durch jeden dieser Scores zieht: Hedwigs Thema, natürlich komponiert von John Williams. Aber selbst bei den Filmen, die vom selben Komponisten vertont wurden, bleiben zum Teil Themen auf der Strecke. Das markanteste Beispiel dürfte „Der Gefangene von Askaban“ sein. In „Der Stein der Weisen“ schuf Williams, ähnlich wie schon bei Star Wars, eine ganze Bibliothek an Themen für alle möglichen Handlungselemente: Freundschaft, Familie, Fliegen, Hogwarts, Voldemort, die Winkelgasse etc. In „Die Kammer des Schreckens“ griff er diese Themen wieder auf und erweiterte sein Repertoire um Leitmotive für Figuren und Handlungselemente, die in diesem Film dazukommen, etwa Gilderoy Lockhart, Fawkes und die titelgebende Kammer. Dann kommt der erste Regiewechsel, Alfonso Cuarón ersetzt Chris Columbus, behält aber, anders als seine Nachfolger, John Williams als Komponist. Dennoch unterscheidet sich der Askaban-Score radikal von den Vorgängern, sowohl stilistisch als auch leitmotivisch. Hedwigs Thema bleibt erhalten und das Flug-Thema erhält einen Gastauftritt ganz am Ende, als Harry den Feuerblitz testet, aber sonst werden alle anderen Themen ad acta gelegt. Bei den Leitmotiven für Figuren, die in diesem Film nicht auftauchen, ist das nicht weiter verwunderlich, aber es gibt auch gibt ein neues Familienthema (A Window to the Past) und ein neues Hogwarts-Thema (Double Trouble); beide wären rein formal nicht nötig gewesen. Hinzu kommen eine Reihe sekundärer Motive, etwa für die vermeintliche Bedrohung durch Sirius Black, für Seidenschnabel, Wurmschwanz, für die Dementoren und den Patronus (wobei es sich bei den letzten beiden weniger um tatsächliche Themen, sondern eher um Texturen handelt). Dieser Umstand stört mich einerseits, andererseits ist aber „Der Gefangene von Askaban“ meiner bescheidenen Meinung nach der stärkste Score der Reihe und die Themen, mit denen Williams seine alten ersetzt hat, finde ich schlicht gelungener, wir haben hier also eine ähnliche Situation wie beim Imperialen Marsch.

Bei Nicholas Hooper muss man tatsächlich nicht allzu sehr auf die Themen schauen, da er nicht wirklich leitmotivisch komponiert, sondern sich stärker auf die Einzelszenen konzentriert. Bei Alexandre Desplat sieht das wieder anders aus, da seine Scores weitaus motivischer strukturiert sind. „Die Heiligtümer des Todes Teil 1“ verfügt über zwei primäre Themen, eines für das Trio und sein Erwachsenwerden (Obliviate) und eines für Voldemort und die Todesser (Snape to Malfoy Manor). Hinzu kommen diverse sekundäre Themen, etwa für die Horkruxe oder Harrys Verbündete (Desplat spricht vom „Band-of-Brothers-Thema“). Besagte sekundäre Themen werden in „Die Heiligtümer des Todes Teil 2“ auch aufgegriffen und weiterentwickelt, seltsamerweise aber nicht die beiden primären, die auf jeweils einen kleinen Gastauftritt reduziert werden. Das Voldemort/Todesser-Thema erklingt in merkwürdigem Kontext (weder Voldemort noch die Todesser sind anwesend) in The Tunnel (0:39) und das Trio-Thema ist als Fragment in Harry’s Sacrifice (1:11) zu vernehmen, dieser Einsatz wurde aber im fertigen Film nicht verwendet.

Mittelerde

Derart eklatante Fälle von thematischer Ersetzung finden sich zumindest in der Herr-der-Ringe-Trilogie nicht. Man könnte argumentieren, dass Aníron zumindest erwähnt werden sollte: Es handelt sich dabei um ein von Enya komponiertes und gesungenes Lied mit elbischem Text, das quasi als Liebesthema für Aragorn und Arwen fungiert. Oberflächlich unterscheidet es sich kaum vom „normalem“ Score, da es in diesen nahtlos eingebettet ist und zu allem Überfluss auch noch von Shore orchestriert wurde. In den beiden Folgefilmen taucht Aníron nicht mehr auf, stattdessen verwendet Shore ein anderes, wenn auch ähnlich geartetes Thema für das Paar. Da Aníron aber ohnehin nicht wirklich als Leitmotiv fungiert, fällt das kaum ins Gewicht. Darüber hinaus gibt es noch das Thema der Ringgeister, dass in „Die Gefährten“ noch recht dominant ist, in den beiden Folgefilmen aber nur jeweils einmal auftaucht und in „Die Rückkehr des Königs“ zu allem Überfluss auch noch stark verfremdet ist.

Anders verhält es sich mit der Hobbit-Trilogie. Hier gibt es eine ganze Reihe an leitmotivischen Merkwürdigkeiten und Außeneinflüssen, über die dich schon mehrfach geschrieben habe. Das Fehlen des Misty-Mountains-Themas im zweiten und dritten Hobbit-Film wurmt mich bis heute. Besagtes Thema wurde bekanntermaßen nicht von Shore selbst, sondern von der Band Plan 9 komponiert, die für jegliche diegetische Musik in den Mittelerde-Filmen verantwortlich ist. Shore adaptierte die Melodie jedoch für den Score und setzte sie ähnlich ein wie das Gefährten-Thema in der HdR-Trilogie. In „Smaugs Einöde“ und „Die Schlacht der fünf Heere“ ist es dagegen spurlos aus dem Score verschwunden. Es wird spekuliert, dass hier ein ähnlicher Fall vorliegt wie bei Aníron – angeblich wollte Shore das Thema nicht weiter verwenden, weil es nicht von ihm selbst stammt.

Doug Adams hat versucht, das Fehlen des Themas inhaltlich zu erklären; er argumentiert, dass dieses Thema, bezogen auf seinen Namen, für Thorin und Kompanie nur gilt, bis sie die Nebelberge überquert haben. Das ist in meinen Augen allerdings ziemlicher Unsinn, da es in besagtem Lied ja nicht um die Nebelberge geht, sie werden nur im ersten Vers erwähnt. Zudem taucht das Lied im Roman noch öfter auf, die Zwerge singen es noch einmal bei Beorn und ein drittes Mal kurz vor der Schlacht der fünf Heere – es hätte also theoretisch in jedem der drei Filme einen weiteren diegetischen Einsatz geben können, und ebenso hätte es als Leitmotiv weiter bestand haben können. Als Ersatz fungiert das House-of-Durin-Thema, das zum Beispiel in den Tracks My Armor Is Iron (0:53), Mithril (2:29) und Sons of Durin (direkt am Anfang) prominent auftaucht. Man verstehe mich nicht falsch, House of Durin ist ein gelungenes Thema – aber doch schwächer und weniger einprägsam als Misty Mountains.

Darüber hinaus wurden noch weitere Themen, die Shore für „Eine unerwartete Reise“ komponierte, in den anderen beiden Filmen fallen gelassen. Für die Titelfigur schrieb Shore ursprünglich drei Themen, das Beutlin/Tuk-Thema, das Abenteuer Thema und „Bilbo’s Fussy Themes“ (Bezeichnung von Doug Adams; alle drei Themen tauchen in A Very Respectable Hobbit auf). Schon in „Eine unerwartete Reise“  ersetze Jackson allerdings mehr als einmal die Bilbo-spezifischen Leitmotive durch das bereits aus den Vorgängern bekannte Auenland-Thema, und auf diese Weise wurde in den beiden Folgefilmen auch fortgefahren. Das Beutlin/Tuk-Thema taucht überhaupt nicht mehr auf und die anderen beiden Themen bekommen lediglich ein oder zwei Gastauftritte pro Film. Ähnlich verhält es sich mit dem Thema für Radagast den Braunen, das auf dem Album zum ersten Hobbit-Film noch recht prominent vertreten ist (etwa in dem nach ihm benannten Track), im fertigen Film aber nur noch in Andeutungen auftaucht und im Rest der Trilogie durch Abwesenheit glänzt.

 

Star Wars Episode VIII: Die letzten Jedi – Soundtrack

Spoiler!
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Track Listing:

01. Main Title and Escape
02. Ahch-To Island
03. Revisiting Snoke
04. The Supremacy
05. Fun with Finn and Rose
06. Old Friends
07. The Rebellion is Reborn
08. Lesson One
09. Canto Bight
10. Who Are You?
11. The Fathiers
12. The Cave
13. The Sacred Jedi Texts
14. A New Alliance
15. Chrome Dome
16. The Battle of Crait
17. The Spark
18. The Last Jedi
19. Peace and Purpose
20. Finale

„Die letzten Jedi“ ist ein Film, der mich mitunter fast schon ratlos zurücklässt, weil es mir einfach nicht gelingen will, ihn für mich persönlich einzuordnen. Immerhin scheine ich damit nicht ganz alleine dazustehen, da die achte Star-Wars-Episode das Fandom ziemlich spaltet. Jedenfalls habe ich mich dazu entschieden, meine Rezension (die sehr, seeehr lange werden wird) noch ein wenig aufzuschieben und eine Zweitsichtung einzulegen. Stattdessen wird die Rezension des Score, abermals komponiert vom unvergleichlichen John Williams, vorgezogen.

„Das Erwachen der Macht“ war ein Score, der in vielerlei Hinsicht den Beginn einer neuen Ära markierte. Natürlich ist es immer noch in erster Linie ein Star-Wars-Score, aber doch einer, der eine ganze Reihe neuer Identitäten definiert, ganz ähnliche wie die Musik, die Williams für „Die dunkle Bedrohung“ komponierte. Da ist es vielleicht ganz passend, dass es auch zwischen „Die letzten Jedi“ und „Angriff der Klonkrieger“ einige Parallelen gibt. Anders als „Das Imperium schlägt zurück“ (welcher vielen, mich eingeschlossen, als bester Star-Wars-Score gilt) bedienen sich Episode II und VIII primär der bereits etablierten Leitmotive und fügen dem Bestand jeweils nur ein größeres Thema und vielleicht noch das eine oder andere kleine Motiv hinzu. Auch in anderen Franchises gibt es ähnliche Fälle. Ein passender Vergleich lässt sich vielleicht mit Howard Shores Score für „Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere“ anstellen: Bei beiden steht die Weiterentwicklung der bereits etablierten Themen im Vordergrund.

Es gibt zwei Gründe dafür, dass der Score letztendlich auf diese Weise ausgefallen ist. Der erste ist ganz simpel der Film, den er untermalt: „Die letzten Jedi“ stellt kaum neue, interessante Figuren vor, denen man ein neues Thema spendieren könnte, sondern verlässt sich primär auf die Riege, die bereits in der OT oder in Episode VII etabliert wurde. Beim zweiten Grund handelt es sich zumindest teilweise m Spekulation, allerdings um begründete: Rian Johnson mochte den Temp Track, den er für seinen Film erstellte, vielleicht ein wenig zu gerne und konnte sich nicht von ihm lösen. Da kann man nicht ganz sicher sein, aber DASS es einen Temp Track, bestehend aus bisheriger Williams-Star-Wars-Musik gab, erwähnte Johnson in einem Interview. Nun denn, betrachten wir erst einmal, welche neuen Themen es gibt und schauen uns dann an, wie Williams und Johnson mit den bereits etablierten Leitmotiven verfahren.

Das primäre neue Thema der achten Episode gilt dem Charakter Rose, gespielt von Kelly-Marie Tran, erklingt zum ersten Mal am Anfang von Fun with Finn and Rose und erinnert ein wenig an Anakins Thema aus Episode I. Es handelt sich um eine durchaus angenehme Melodie, die gut zur Figur passt, dabei aber immer eine Spur zu vertraut klingt, vielleicht wegen der Parallele zu Anakins Thema, vielleicht auch, weil sie etwas an James Newton Howards Melodieführung erinnert. Das Thema erweist sich als durchaus wandlungsfähig, so ist es in The Fathiers, welches die Action-Sequenz in der Casino-Stadt Canto Bight untermalt, in heroischem Gewand zu hören. Auch in The Battle of Crait, dem monumentalen Action-Track des Albums, taucht das Rose-Thema auf. Eine ganze eigenständige Suite, wie es sie im Vorgänger für Reys Thema und den Marsch des Widerstands gab, spendiert uns Williams dieses Mal allerdings nicht; es gibt ohnehin nur ein Konzertarrangement auf dem Album: The Rebellion Is Reborn. Roses Thema ist darin zu hören, das zweite neue Thema des Films aber ebenfalls. Dieses Thema gilt Luke im Exil (oder Luke und Rey als Lehrer und Schülerin) und wurde mitunter bereits als Last-Jedi-Thema bezeichnet. Der erste Einsatz auf dem Album findet sich in der zweiten Hälfte des Tracks Ahch-To Island. Im weiteren Verlauf des Albums macht dieses Thema eine durchaus interessante Wandlung durch; bis zum finalen Auftritt Lukes auf dem Schlachtfeld von Crait in The Sparks borgt sich dieses Thema Elemente des Imperialen Marschs und des Machtthemas aus, um das, was Luke hier vollbringt, musikalisch angemessen darzustellen.

Ein kleineres neues Charaktermotiv komponierte Williams für die von Laura Dern gespielte Vizeadmiralin Holdo; dieses ist auf dem Album jedoch nur einmal komplett während des finalen Tracks zu hören (bei 5:48), zusätzlich zu einer Andeutung am Anfang von Chrome Dome, taucht im Film jedoch häufiger auf – auf weitere Unzulänglichkeiten des Albums werde ich später noch zu sprechen kommen.

Insgesamt wird die Musik von „Die letzten Jedi“ vor allem von den Themen des direkten Vorgängers dominiert, wobei auch einige OT-Themen sehr prominent vertreten sind. Ein Leitmotiv, das von Episode VIII besonders profitiert, ist der Marsch des Widerstands, der in „Das Erwachen der Macht“ vielleicht eine Spur stiefmütterlich behandelt wurde, nun aber ausreichend Zeit im Rampenlicht bekommt. Bereits im ersten Track, Main Title and Escape, ist er ab der Dreiminutenmarke zu hören, und taucht darüber hinaus auch im ersten Drittel von The Supremacy und der zweiten Hälfte von Fun with Finn and Rose in einer subtileren Holzbläser-Variation auf, während am Anfang von The Battle of Crait nach einem kurzen Statement des Machtthemas eine Version erklingt, die dank des Einsatzes von Snare-Drums besonders den Marschcharakter betont.

Die beiden Kylo-Ren-Themen sind ebenfalls äußerst dominant und treten oft im Doppelpack auf, etwa in Revisiting Snoke oder in der Mitte von Peace and Purpose. In The Supremacy ringt das primäre Ren-Thema mit dem Widerstandsmarsch und in The Battle of Crait und The Last Jedi gehört es zu einer ganzen Reihe von Themen, die auf höchst komplexe Art und Weise miteinander interagieren. Der interessanteste Einsatz dürfte sich jedoch in A New Alliance finden, wo Fragmente der Ren-Motive mit dem Machtthema und Reys Thema interagieren, um das neu geschmiedete (wenn auch kurzlebige) Bündnis zu verdeutlichen. Apropos Reys Thema – dieses ist natürlich auch ausreichend vorhanden und ist primär in den Tracks zu hören, die die Ausbildungsszenen untermalen – Ahch-To Island, Old Friends, Lesson One und The Cave. Oftmals interagiert es dabei, wie schon im Abspann von „Das Erwachen der Macht“ angekündigt, mit dem ähnlich strukturierten Machtthema. Auch in The Battle of Crait, ohnehin ein leitmotivisches Sammelbecken, ist Reys Thema zu hören.

Ein wenig enttäuschend ist der Umstand, dass Poes Thema, bereits im Vorgänger einer meiner heimlichen Favoriten, dieses Mal nur sehr spärlich erklingt, auf dem Album tatsächlich nur ein Mal, in Peace and Purpose (1:53), im Film kommt es immerhin noch etwas öfter vor. Ebenfalls etwas enttäuschend ist die weitere Verwendung des Jedi-Steps-Themas, benannt nach dem Track in „Das Erwachen der Macht“ in dem es sein Debüt feiert. Lange wurde spekuliert, ob es sich dabei wohl um Luke Skywalkers neues Thema handelt – dem ist aber nicht so. Das Jedi-Steps-Thema eröffnet das Stück Ahch To Island, das war es dann aber auch schon; somit ist es bestenfalls ein Thema für besagte Insel, auch wenn es eine gewisse Verwandtschaft zwischen diesem Thema und dem neuen Leitmotiv für Luke im Exil gibt. Und wo wir gerade von Lukes Thema sprechen: Das Hauptthema des Franchise, das jede Episode eröffnet, ist nun endgültig nicht mehr Lukes Thema, zumindest im Kontext der Sequel-Trilogie. Außerhalb der Main-Title-Sequenz wird es nur sehr spärlich eingesetzt und untermalt in keinem seiner Einsätze tatsächlich Luke, sondern, wie schon im Vorgänger, eher allgemeine „Star-Wars-Momente“, etwa im ersten Drittel von Old Friends oder am Anfang von Finale. Stattdessen ist nun in noch größerem Ausmaß das Machtthema das eigentliche, zentrale Leitmotiv des Franchise und taucht auch gefühlt in jedem zweiten Track auf. Nicht, dass mich das sonderlich stören würde, schließlich ist das Machtthema eines der besten und wandlungsfähigsten Themen, die Williams je komponiert hat.

Darüber hinaus finden sich einige weitere Rückkehrer aus der OT: Angesichts der größeren Rolle, die Prinzessin Leia in diesem Film spielt, hat auch ihr Thema eine größere Präsenz und ist unter anderem in der zweiten Hälfte von The Supremacy, Fun with Finn and Rose sowie Old Friends zu hören. Auch im Abspann taucht eine kurzes Klavierstatement auf, wenn auf der Leinwand „In Loving Memory of Carrie Fisher“ zu lesen ist (Finale, 2:41). Die Rebellenfanfare ist nicht ganz so prominent wie in „Das Erwachen der Macht“, erhält aber auch den einen oder anderen heroischen Einsatz, etwa bei 1:41 in Main Title and Escape oder bei 2:56 in The Battle of Crait. Yodas Auftauchen als ziemlich potenter und pyromanischer Machtgeist wird natürlich von seinem Thema untermalt (The Sacred Jedi Texts), und auch ein obligatorischer Gastauftritt des Imperialen Marsches findet sich in Revisiting Snoke. Besonders willkommen ist außerdem die Einspielung des Luke-und Leia-Themas aus „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“, das bei 0:56 in The Spark erklingt und dann in ein Statement des Han/Leia-Themas übergeht.

Ein Thema aus den Prequels erhält darüber hinaus einen recht merkwürdigen Beinahe-Gastauftritt, bei dem es sich entweder um Zufall oder um starkes Durchschimmern des Temp Track handelt. Bei 6:16 in Main Title and Esacpe erklingt etwas, das sich verdammt nach Battle of the Heroes anhört. Außerdem sollte erwähnt werden, dass im Film, aber nicht auf dem Album, auch das Thema des Imperators einmal auftaucht, nämlich als Snoke versucht, Luke Skywalkers Aufenthalt aus Rey herauszubekommen. Ist das episches Foreshadowing (immerhin wurde der Imperator als Darth Sidious in diesem Film sogar namentlich erwähnt) oder nur ein weiterer Fall vom dominanten Temp Track? Episode IX wird hoffentlich die Antwort bringen.

Gerade im Bezug auf die altbekannten Themen ist der Temp Track für meinen Geschmack ohnehin ein wenig zu dominant. Zwar gibt es keine Direkteinspielungen aus den bisherigen Filmen (den Main Title ausgenommen, der ist derselbe wie bei „Das Erwachen der Macht“, inklusive der schwächelnden ersten Note), aber oft sind die Einsätze der Themen dennoch fast identisch mit bisherigen Statements und wurden lediglich neu eingespielt – besonders auffällig ist das beim Jedi-Steps-Thema und bei Yodas Thema. Eine weitere, allzu vertraute Neueinspielung findet sich außerdem in The Battle of Crait bei 3:45. Ein wenig mehr Entwicklung wäre ebenfalls willkommen gewesen – Kylo Rens Thema bleibt nach wie vor unvollendet, obwohl der Film durchaus Anlass bietet, es zu erweitern, da er ja hier schließlich die Kontrolle über die Erste Ordnung übernimmt. Die Erste Ordnung selbst hätte ebenfalls ein eigenes Thema vertragen können. Es gibt ein, zwei Momente im Film, die spezifisch der Fraktion zuzuordnen sind, aber dennoch mit Kylo Rens Thema untermalt werden, etwa das erste Auftauchen ihrer Sternenzerstörer im Film (Main Title and Escape bei 1:57).

Insgesamt ist „Die letzten Jedi“ dennoch ein überaus gelungener Star-Wars-Score, der seinem Vorgänger allerdings nicht ganz das Wasser reichen kann. Williams versteht es nach wie vor meisterhaft, mit einer Vielzahl an verschiedenen Themen mühelos zu jonglieren und sie gelungen miteinander interagieren zu lassen. Außerdem ist seine Beherrschung des Orchesters nach wie vor unvergleichlich. Besonders die komplexe und mitreißende Action-Musik weiß zu erstaunen und zu verzücken. Zwar fehlt ein Set-Piece, das sich, wie etwa Duel of the Fates, Battle of the Heroes oder Scherzo for X-Wings, auf ein Thema konzentriert, aber Stücke wie Main Title and Escape oder The Battle of Crait stehen im Geist solch epischer und multithematischer Tracks wie The Battle of Hoth, die ihrerseits in „Das Erwachen der Macht“ rar waren. Zusätzlich gibt es mit Canto Bight noch einmal ein Stück, in dem Williams zum Space-Jazz von Cantina Band zurückkehrt.

Fazit: Zwar gibt es einige Abzüge in der B-Note, da Rian Johnson und John Williams sich ein wenig zu sehr auf den alten Themen ausruhen, ohne sie stärker zu variieren, aber dennoch ist „Die letzten Jedi“ ein äußerst gelungener Star-Wars-Soundtrack, der mit einem ansprechenden neuen Charakterthema und über jeden Zweifel erhabener Actionmusik zu gefallen weiß.

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Siehe auch:
Star Wars Episode VII: Das Erwachen der Macht – Soundtrack

Das Soundtrack-Jahr 2016 Teil 2

Enthält Spoiler zu GoT Staffel 6!

Bemerkenswerte Einzelstücke

Diese neue Kategorie ist gewissermaßen die Honourable-Mentions-Liste; hier finden sich Scores, die knapp an der Liste vorbeigeschrammt sind und/oder primär wegen bestimmter Einzelstücke in meine Auswahl kamen.

Jurassic Park aus „Swiss Army Man” (Andy Hull, Robert McDowell)

Da ich „Swiss Army Man“ noch nicht gesehen habe, kann ich nicht beurteilen, wie der Score im Film wirkt, aber er ist definitiv einer der schrägsten und kreativsten der letzten Jahre, denn die Komponisten Andy Hull und Robert McDowell haben für diesen Film einen Soundtrack geschaffen, der fast völlig ohne Instrumente auskommt, statt eines wie auch immer gearteten musikalischen Ensembles oder elektronischer Instrumente wird die Musik des Films von den beiden Komponisten und den beiden Hauptdarstellern Paul Dano und Daniel Radcliff gesungen. Das Ergebnis ist merkwürdig und faszinierend, besonders, wenn John Williams‘ Hauptthema aus Jurassic Park auf diese Art interpretiert wird. Ich weiß nicht, ob ich oft zu diesem Score zurückkehren werde, aber der kreative Ansatz der beiden Komponisten lässt sich nicht leugnen.

Dickensian Theme aus „Dickensian“ (Debbie Wiseman)

Ich finde es nach wie vor verdammt schade, dass es so wenige Filmkomponistinnen gibt und dass die wenigen, die es gibt, so wenig Aufmerksamkeit bekommen. Natürlich ist da Mica Levi, die mit ihrem Score zu „Jackie“ eine Oscarnominierung bekommen hat, aber leider muss ich sagen, dass mir sowohl ihre Musik als auch ihre Herangehensweise an das Vertonen eines Films absolut nicht zusagen. Ganz anders sieht es mit Debbie Wiseman aus, die mit „Arsène Lupin“ und „Lesbian Vampire Killers“ bereits sehr deutlich bewiesen hat, dass sie mehr als fähig wäre, einen großen Blockbuster zu stemmen. Ihr Score zur BBC-Serie „Dickensian“ hat es leider nicht ganz auf meine Top-Liste geschafft, aber das Hauptthema, eine eingängige und äußerst gelungene Melodie, die exzellent zum Konzept der Serie passt, sollte definitiv nicht unerwähnt bleiben.

Civil War aus „Captain America: Civil War” (Henry Jackman)

In zwei Fällen wurde ich dieses Jahr äußerst angenehm überrascht, nachdem die Scores der beiden direkten Vorgänger 2014 auf der Worst-off-Liste landeten. Zwar ist Henry Jackmans Musik für „Captain America: Civil War“ nicht ideal, aber doch um Welten besser als das, was er für „The Winter Soldier“ komponiert hat. Jackman bewegt sich in „Civil War“ weg von der Elektronik und den Zimmer-Stilmitteln und hin zu einem organischeren Sound. Und während es an wirklich einprägsamen Themen mangelt, ist Jackmans Leitmotivarbeit durchaus beeindruckend, wie sich im zentralen Stück Civil War zeigt, in dem er die diversen Motive gegeneinander arbeiten und sie kulminieren lässt.
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Apocalpyse aus „X-Men: Apocalypse“ (John Ottman)

Die zweite Überraschung; während „X-Men: Days of Future Past“ ein ausgezeichneter Film war, wusste mich der Score überhaupt nicht zu überzeugen. Bei „X-Men: Apocalypse“ ist eher umgekehrt. Ottmans dritter Score für das Franchise besticht primär durch ein enorm gelungenes und eingängiges Schurkenthema, das zweifellos zu den besten des Jahres gehört. Was „X-Men: Apocalpyse“ den Platz in den Top 20 kostet, ist der Umstand, dass der Score nach einem furiosen Auftakt ziemlich nachlässt und Ottman im weiteren Verlauf des Films ziemlich wenig mit dem Apocalypse-Thema macht, was angesichts der Qualität dieser Komposition verdammt schade ist. Sie quillt geradezu über vor köstlicher, religiöser Bösartigkeit, ist gnadenlos und besonders mit Chor ungemein beeindruckend.
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Light of the Seven aus „Game of Thrones Staffel 6“ (Ramin Djawadi)

Mein Verhältnis zur Musik von „Game of Thrones“ ist etwas zwiespältig: Einerseits ist es Ramin Djawadi durch den Fokus auf Streicher, speziell das Cello, gelungen, einen recht spezifischen Sound für Westeros zu kreieren (von einer ganzen Anzahl z.T. sehr gelungener Themen gar nicht erst zu sprechen), andererseits lässt er sich aber genau von diesem Sound letztendlich einschränken. Während ich die Musik der Staffeln 2 und 3 wirklich äußerst gelungen fand, waren 4 und 5 eher enttäuschend und boten nur wenig Entwicklung oder neue Ideen. Mit Staffel 6 findet Djawadi allerdings wieder zu alter (bzw. neuer), musikalischer Stärke. Vor allem das Stück Light of the Seven, das den Anfang der zehnten Episode untermalt und nebenbei ein sehr schönes Beispiel für die Verzahnung von Bild und Musik ist, ist wirklich herausragend, gerade weil hier Instrumente verwendet werden, die man in „Game of Thrones“ sonst selten hört: Das Klavier und die Orgel. Meisterhaft baut Djawadi hier ein äußerst melancholisches Motiv auf, das von Klavier und Streichern getragen wird, entwickelt es, lässt die Orgel und den Chor dazukommen, um dem ganzen eine sakrale Note zu verleihen, mischt immer mal wieder Fragmente des GoT-Hauptthemas hinein und entwickelt aus dem Klaviermotiv des Anfangs ein neues Streicherthema für Cersei Lannister, die erste ihres Namens, Königin der Andalen, (der Rhoynar) und der Ersten Menschen und Protekorin des Reiches. Dieses Thema wird im „Fortsetzungsstück“ Hear Me Roar wieder aufgegriffen und mit The Rains of Castamere kontrapunktiert. Herrlich!

Best of

Platz 10: The BFG (John Williams)

„The BFG“ ist ein Williams-Wohlfühl-Score, bei dem man genau das bekommt, was man erwartet: Den Maestro im Fantasy-Modus á la „Hook“ und „Harry Potter“. „The BFG“ ist sicher kein Soundtrack, der im Kanon der Williams-Meisterwerke viel Beachtung finden wird, was angesichts besagten Kanons allerdings auch nicht verwunderlich ist und verhältnismäßig wenig aussagt. Insgesamt ist „The BGF“ ein rundum gelungener Märchen-Soundtrack mit einer soliden Narrative und gelungenem thematischen Material, der eine schöne Ergänzung zu den anderen Kinder-Fantasy-Scores bildet und zeigt, dass Williams auch noch mit 85 Soundtracks auf einem qualitativen Level komponiert, das schlicht erstaunlich ist. So wie ich das als Bewunderer des Maestro sehe, ist jeder weitere Williams-Score ein grandioses Geschenk an seine Fans.
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Platz 9: Alice Through the Looking Glass (Danny Elfman)

Alice meets Avengers? Klingt schräg, funktioniert aber erstaunlich gut. „Alice Through the Looking Glass“ muss zwar ohne die Regieführung von Tim Burton auskommen, Danny Elfman ist allerdings als Komponist erhalten geblieben. Während der Film wohl ziemlich unterirdisch ist (ich werde ihn mir sowieso höchstens anschauen, um die Musik im Kontext zu hören), weiß Elfmans Score zu überzeugen. Wirklich neue Themen hat er für diesen Film nicht geschrieben, stattdessen greift er diverse Nebenmotive des ersten Teils wieder auf und entwickelt sie gekonnt weiter. Dasselbe tut er natürlich auch mit dem starken Hauptthema des Erstlings. Wirklich interessant ist jedoch, dass er, wie oben angedeutet, sich von der Orchestrierung des ersten Teils ein Stück weit entfernt und sich in größerem Maße der Blechbläser bedient, die schon in „Avengers: Age of Ultron“ hervorragend funktionier haben. Mit „Alice Through the Looking Glass“ zeigt Elfman geschickt, wie er zwei distinktive Stilebenen miteinander verbinden kann.

Platz 8: Penny Dreadful Season 2 & 3 (Abel Korzeniowski)

Auch in Staffel 2 und 3 der Horrorserie “Penny Dreadful“ weiß Abel Korzeniowski wieder zu überzeugen und baut gekonnt auf den Fundamenten von Staffel 1 auf. Seine Musik für die Serie besticht abermals durch die Kombination aus fast schon romantischem Drama und den düsteren Abgründen des Gothic-Horror-Genres. Vor allem die Streicher und der Chor werden in diesem Zusammenhang gefordert. Besonders erfreulich ist, dass Korzeniowskis weitere Musik für die Serie weitaus leitmotivischer geprägt ist, als das noch in Staffel 1 der Fall war. Nicht nur taucht das Hauptthema der Serie immer mal wieder auf, es gibt außerdem wiederkehrende Themen für die Hexen in Staffel 2 oder Dracula in Staffel 3 – besonders das Motiv des Vampirfürsten ist sehr interessant und taucht in vielen Formen und Verkleidungen immer wieder auf. Freunde der gepflegten Horrormusik á la Wojciech Kilar, Trevor Jones oder auch Danny Elfman machen mit den Penny-Dreadful-Alben definitiv nichts falsch.

Platz 7: Elliot der Drache (Daniel Hart)

Ursprünglich sollte Howard Shore für dieses Disney-Remake komponieren, was ich eine äußerst gute Wahl finde, denn Shore hat bewiesen, dass er sowohl für jugendliche Protagonisten („Hugo Cabret“), als auch für Drachen (Hobbit-Trilogie) exzellente Musik schreiben kann. Dann wurde Shore allerdings durch den ziemlich unbekannten Daniel Hart ersetzt, der in erster Linie Violinist ist und bisher noch kaum als Komponist von sich reden machte. Erfreulicherweise hat er gezeigt, dass er der Aufgabe voll und ganz gewachsen ist. Seine Musik für „Elliot der Drache“ ist ein rundum gelungenes, vollorchestrales Werk voller warmer Emotionen und schöner Themen, angereichert durch einige keltische und Elemente und Country-Einflüsse. Im Zentrum des Scores steht ein Freundschaftsthema, das fast so gelungen ist wie das ähnlich gelagerte aus John Powells „Drachenzähmen leicht gemacht“. Tatsächlich hat mich „Elliot der Drache“ mehr als einmal an eine amerikanischere und weniger frenetische Version von Powells Meisterwerk erinnert. Beide Scores haben definitiv einen distinktiven Sound, vermitteln aber dieselben Emotionen, etwa Freundschaft und das Gefühl des Fliegens, auf gleichermaßen wirkungsvolle Weise.

Platz 6: Kubo – Der tapfere Samurai (Dario Marianelli)

Und noch ein asiatisch angehauchter Score, dieses Mal von Dario Marianelli. Es gab in diesem Jahr ja bereits einige Hybriden dieser Sorte, Marianellis ist jedoch der eleganteste, interessanteste und vielseitigste (ich muss endlich den zugehörigen Film anschauen). Nicht nur ist die Instrumentierung und die Einbindung der asiatischen Instrumente, primär der Shamisen, einer japanischen Laute mit drei Saiten, meisterhaft, auch die thematische Arbeit ist bemerkenswert. An manchen Stellen erinnern mich Marianellis Kompositionen an Jerry Goldsmiths „Mulan“ (interessanterweise ist „Kubo“ weder der erste noch der letzte Score dieser Liste mit Goldsmith-Anleihen). Dario Marinaelli ist ein weiterer Komponist, der in meinen Augen oft völlig zu Unrecht unter Wert verkauft wird und viel mehr hochkarätige Projekte bekommen sollte, die gefühlt fast alle an Tom Holkenborg gehen.
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Platz 5: The Jungle Book (John Debney)

Man kann über die Filme der Disney-Remake-Welle sagen, was man möchte, die Musik war durchgehend exzellent. Umso erfreulicher ist es, dass das erste wirkliche gelungene Remake (wobei ich „Elliot der Drache“ noch nicht gesehen habe und deshalb auch noch nicht beurteilen kann) einen nicht minder gelungenen Score hat. John Debney ist einer der vielseitigsten gegenwärtig in Hollywood tätigen Komponisten, was allerdings zur Folge hat, dass ihm als Komponist eine wirkliche eigene Stimme fehlt. Im Guten wie im Schlechten erkennt man die Handschrift von John Williams, Danny Elfman, Hans Zimmer, James Horner oder Michael Giacchino zumeist problemlos. Debneys Kompositionen fehlt dagegen die besondere Ausprägung, die seinen Stil ausmacht. Allerdings ist das angesichts der Qualität seiner Arbeit zu verschmerzen – so auch bei „The Jungel Book“. Debney ist der Musik des Originals gegenüber beeindruckend loyal und arbeitet die Melodien der Lieder nicht nur auf gelungene Weise in den Score ein, sondern gewinnt ihnen sogar völlig neue Seiten ab. Wer hätte gedacht, dass sich Trust in Me zu adrenalingeladener Actionmusik umarbeiten lässt? „The Jungle Book“ besteht allerdings nicht nur aus adaptierten Liedern, Debney hat auch eine ganze Reihe neuer Themen komponiert, u.a. für Mowgli, Shere Kahn und die Elefanten (Letzteres klingt stark nach Goldsmith). Altes und Neues passt in diesem Score exzellent zusammen, sodass ein kohärentes und auch für Fans des Klassikers vollauf zufriedenstellendes Hörerlebnis entsteht.

Platz 4: Doctor Strange (Michael Giacchino)

Michael Giacchino dürfte gegenwärtig der populärste Komponist Hollywoods sein, jedenfalls hat er inzwischen bei fast jedem großen Franchise einen Fuß in der Tür. „Doctor Strange“ ist Giacchinos Marvel-Einstand – und was für einer. Ich war ursprünglich etwas enttäuscht, dass nicht Christopher Young, der mit Regisseur Scott Derrickson bereits an „Der Exorzismus der Emily Rose“ und „Sinister“ arbeitete, als Komponist verpflichtet wurde, aber Giacchino hat exzellente Arbeit abgeliefert. „Doctor Strange“ ist bezüglich seiner Themen eher konventionell, es gibt ein Thema für den Titelhelden, dass Giacchinos Star-Trek-Thema recht ähnlich ist, sowie ein Thema für die Älteste (beide werden bereits im ersten Track des Albums in umgekehrter Reihenfolge vorgestellt). Das Strange-Thema ist natürlich zweifelsohne das Hauptthema des Films, taucht in der ersten Hälfte allerdings fast ausschließlich in fragmentarischer Form auf. Was „Doctor Strange“ jedoch wirklich interessant macht, sind nicht so sehr die Themen selbst, sondern die Instrumentierung und die sonstigen Stilmittel, die Giacchino wählt. Gerade diesbezüglich ist „Doctor Strange“ ein kreativer Score voller schräger Kombinationen, die E-Gitarre taucht an der Seite des Cembalos auf, untermalt von indischen Instrumenten. Ebenso weiß die Actionmusik durch kreative Einfälle zu überzeugen und erreicht mitunter die Intensität von Don Davis‘ Matrix-Musik. So liefert Giacchino einen der bislang besten Marvel-Scores.
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Platz 3: Rogue One: A Star Wars Story (Michael Giacchino)

Ich habe mir lange überlegt, ob ich „Doctor Strange“ oder „Rogue One“ den Vorzug geben sollte. Zumindest bezüglich der Instrumentierung und der Actionmusik ist „Doctor Strange“ zweifellos der kreativere Score, allerdings ist „Rogue One“ die beeindruckendere Leistung und hat darüber hinaus auch die bessere Narrative. Trotz des Zeitdrucks ist es Giacchino nicht nur gelungen, sehr gelungene eigene Themen zu schreiben, er hat auch noch die Williams-Originale mit viel Liebe fürs Detail integriert. Addiert man noch den Star-Wars-Fanbonus, dann gewinnt „Rogue One“.
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Platz 2: Gods of Egypt (Marco Beltrami)

Es wird wohl langsam zur Tradition, dass sich auf Platz 2 der Score eines Films findet, der ziemlicher Müll ist. 2014 war es „Maleficent“, 2015 „Jupiter Ascending“ und nun „Gods of Egypt“, der sich da perfekt einreiht: Ein hirnloses CGI-Spektakel, das aus den ägyptischen Göttern Transformers macht. Dass gerade dieses Filme derartige hochwertige Musik inspirieren… Und dabei ist Marco Beltrami ein Komponist, dem ich sonst nicht allzu viel abgewinnen kann, irgendwie gelingt es ihm nicht so recht, mich emotional abzuholen. Insofern ist es vielleicht gar nicht so verwunderlich, dass „Gods of Egypt“ seine in meinen Augen mit weitem Abstand beste Arbeit ist; dieser Score klingt weniger nach Beltrami als nach dem Soundtrack, den Jerry Goldsmith für „Die Mumie schlägt zurück“ komponiert hätte, hätte nicht Alan Silvestri nach Teil 1 übernommen (nebenbei, Silvestris Score ist ebenfalls exzellent). „Gods of Egypt“ ist tief verwurzelt in Hollywoods Ägypten-Sound, der seit den 50ern sehr beliebt ist und von vielen anderen Komponisten, darunter neben Jerry Goldsmith auch Alex North („Cleopatra“), David Arnold („Stargate“) und Hans Zimmer („Der Prinz von Ägypten“), erfolgreich adaptiert wurde. „Gods of Egypt“ verfügt über eine Vielzahl an gelungener Themen, darunter Motive für die Götter Horus, Set und Hathor sowie ein Liebesthema für das menschliche Pärchen Bek und Zaya. Zwar zieht sich das Album in der Mitte etwas, aber von dieser kleinen Schwäche einmal abgesehen ist „Gods of Egypt“ orchestraler Bombast vom Feinsten. Anders ausgedrückt: Wäre „Batman v Superman“ ein guter Score, dann wäre er „Gods of Egypt“.

Platz 1: Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind (James Newton Howard)

Nachdem James Newton Howard 2014 ganz knapp an Platz 1 vorbeigeschrammt ist, bekommt er ihn 2016 – allerdings auch nur ganz knapp. Tatsächlich finde ich „Maleficent“ um einige Nuancen stärker als „Fantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“, aber damit wollen wir uns nicht weiter aufhalten. Insgesamt hat Howard auch für das Harry-Potter-Spin-off um den Magiezoologen Newt Scamander einen vollauf gelungenen Fantasy-Score komponiert, der sich nicht nur darauf konzentriert, den Film gut zu untermalen, sondern auch enorm ambitioniert ist. Wie es scheint wollte Howard dem musikalischen Vermächtnis des Franchise gerecht werden und hat gleich eine ganze Reihe verschiedener, miteinander verwobener Themen komponiert. Howard geht dabei nicht so streng leitmotivisch vor, wie das bei anderen Komponisten der Fall ist, zum Teil werden die Themen eher emotionalen Zuständen als Charakteren zugeordnet. Gerade die Beziehung des Protagonisten zu seinen Tierwesen wird auf vielgestaltige Weise musikalisch dargestellt. Es gibt aber durchaus Themen, die mit den Charakteren verbunden sind. So hat Howard dem No-Maj Jacob Kowalski ein zur Ära und zum Handlungsort passendes Jazz-Thema verfasst, die Goldstein-Schwestern haben ein Motiv und Newt Scamander bekommt u.a. auch eine heroische Fanfare, die vor allem in der zweiten Hälfte des Scores eine dominante Rolle spielt. Die größte Schwäche von Howards Score ist der Umstand, dass keines dieser Themen wirklich als DAS dominante Thema dieses Films heraussticht – ein Problem, das sich auch bei seinen Hunger-Games-Soundtracks findet, die insgesamt allerdings weitaus schwächer sind als „Phantastische Tierwesen“. Es gibt ein Thema für die Magische Welt, das gerade am Anfang des Films einige Male dominant erklingt, dann aber fast völlig verschwindet – nun ja, Howard hat ja noch vier Filme Zeit, dieses Thema weiterzuentwickeln. Erfreulicherweise kümmert sich Howard auch um Kontinuität zum Franchise, einerseits durch stilistische Anleihen bei seinen Vorgängern, aber auch durch das Einarbeiten von Hedwigs Thema. Ganz Traditionell eröffnet es den Film und ist noch zwei weitere Male zu hören (allerdings nur noch einmal auf dem Album). „Phantastische Tierwesen“ mag nicht ganz so gelungen sein wie die Preisträger der letzten Jahre, ist aber dennoch ein exzellenter Score, der das Franchise würdig fortsetzt.
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Außer Konkurrenz: The Hunchback of Notre-Dame (Alan Menken)

Mein meistgehörtes Album des Jahres ist keine Filmmusik im engeren Sinn und läuft deshalb außer Konkurrenz, aber es ist doch zumindest artverwandt bzw. basiert auf einem Film. Die Rede ist von der Musical-Adaption von Disneys „Der Glöckner von Notre-Dame“. Das amerikanische Off-Broadway-Musical basiert nicht nur auf dem Zeichentrickfilm, sondern auch auf dem deutschen Musical, das von 1999 bis 2002 in Berlin lief und schafft das, was besagter deutscher Version noch nicht ganz gelang: Es schlägt nicht nur die Brücke zwischen Victor Hugos Roman und dem Disney-Film, sondern übertrifft Letzteren sogar und holt alles aus Alan Menkens Musik heraus. Umso erfreulicher fand ich die Nachricht, dass das Glöckner-Musical in diesem Jahr nach Deutschland zurückkehrt – hoffentlich mit den Veränderungen der amerikanischen Produktion.
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Siehe auch:
Das Soundtrack-Jahr 2016 Teil 1

The Hunger Games: Horn of Plenty vs. The Hanging Tree


Die Hunger-Games-Serie ist die erste Filmreihe, die James Newton Howard als Score-Komponist alleine „betreut“. Bei den ersten beiden Filmen der Dark-Knight-Trilogie war er zwar auch involviert, federführender Komponist war allerdings eindeutig Hans Zimmer. Das Ergebnis ist zwar nicht unterirdisch, nachdem die Trilogie in vier Teilen aber nun komplett ist, kommt man nicht umhin zu bemerken, dass es viele vertane Chancen gibt. Howard brauchte zwei Filme Zeit, um ordentlich Anlauf zu nehmen, „Mockingjay Teil 1“ war dann ziemlich gut, und auch „Mockingjay Teil 2“ hat definitiv einige tolle Highlights, gerade im Actionbereich. Aber insgesamt fehlt den Scores das gewisse Etwas. Leider gelingt es Howard nicht wirklich, Panem eine eindeutige, musikalische Identität zu geben, wie es bei den Mittelerde- oder Star-Wars-Scores der Fall ist. Das zeigt sich unter anderem auch daran, dass die beiden besten, markantesten und einprägsamsten Stücke der Filmreihe zwar von Howard in den Score eingearbeitet, aber nicht komponiert wurden. Es handelt sich dabei um Horn of Plenty (geschrieben von Arcade Fire) und The Hanging Tree (geschrieben von Jeremiah Fraites und Wesley Schultz nach dem Text von Suzanne Collins). Ersteres ist die offizielle Hymne von Panem, Letzteres die inoffizielle Hymne der Rebellen. Beide Lieder bilden auch schöne Gegensätze: Horn of Plenty ist pompös, bombastisch und martialisch, die Texte besingen, wie großartig das Kapitol ist, wie gut es sich um die Distrikte kümmert („Oh Horn of Plenty for us all“), dass es wert ist, verteidigt zu werden und niemals fallen wird. The Hanging Tree ist dagegen eher morbid, ein intimes Lied über Liebe und Mord, das eine Geschichte erzählt statt nur anzupreisen. Beide Stücke spiegeln die Fraktionen wunderbar wieder, Horn of Plenty passt perfekt zum faschistischen Kapitol, während The Hanging Tree sowohl die Aufrichtigkeit der Rebellion verkörpert als auch andeutet, dass Distrik 13 nicht nur aus guten Menschen besteht.


Neben den diegetischen Haupteinsätzen (Horn of Plenty erklingt während der Tributparaden, bei Fernsehankündigungen und wann immer in der Arena bekanntgegeben wird, wer gestorben ist, während The Hanging Tree von Katniss gesungen wird) hat Howard die Melodien auch das eine oder andere Mal im Score verwendet, in meinen Augen aber unzureichend. Beides sind starke Melodien und hätten sich hervorragend dazu geeignet, Kapitol und Rebellen im Score zu vertreten. Aus Liedern Leitmotive zu machen hat eine gewisse Tradition und bereits mehrfach wunderbar funktioniert, so wurde in „Game of Thrones“ aus The Rains of Castamere das Thema der Lannisters, Misty Mountains fungiert als Thema für die Zwergenkompanie (kriminellerweise nur in „Eine unerwartete Reise“ und nicht in den beiden anderen Filmen der Hobbit-Trilogie) und Hoist the Colours repräsentiert die Bruderschaft in „Pirates of the Caribbean: At World’s End“. Gerade in „Mockingjay Teil 2“ hätte es sich wunderbar angeboten, die Melodien beider Lieder miteinander ringen zu lassen – stattdessen taucht Horn of Plenty nur noch diegetisch auf und The Hanging Tree wird einmal extradiegetisch als Teil des Scores gespielt, allerdings in eher merkwürdigem Kontext. Es wirkt, als hätten Regisseur und/oder Produzenten darauf bestanden, dass die Melodie einmal angespielt wird, weshalb Howard sie einfach irgendwo unterbrachte (der entsprechende Track auf dem Album heißt Your Favorite Color is Green). Zwei tolle Lieder, aber viel verschenktes Potential.

Top 10 x 2 Filmscores

Schlopsi hat zum Stöckchen aufgerufen und die singende Lehrerin und Miss Booleana haben mich beworfen. Da es dieses Mal um die zehn liebsten Soundtracks geht, lasse ich mich selbstverständlich nicht lumpen. Als eifriger Konsument von Filmmusik reicht mir einem Top 10 allerdings keinesfalls aus, weshalb ich verdoppelt habe (ich hätte zwar auch problemlos 30 oder 40 hinbekommen, aber das wäre dann doch zu stark ausgeufert).
Wer mich und meinen Musikgeschmack kennt, weiß natürlich, dass hier nur Scores zu finden sind und keine Song-Compilations (oder gar Alben mit dem gehassten Untertitel „Music form and inspired by“). Auch muss ich hin und wieder ein wenig Schummeln: Wenn mir mehrere Exemplare qualitativ oder aus anderen Gründen (etwa, weil man sie als ein Werk sehen könnte) zu eng beisammen sind, belegen sie auch nur einen Platz – denn sonst wäre diese Liste sehr einseitig.
Und noch ein paar Worte vorneweg: Ich mag es groß, vollorchestral, leitmotivisch und komplex. Aus diesem Grund finden sich hier vor allem Einträge aus den fantastischen Genres (Sci-Fi, Fantasy, Horror und diverse Unterabteilungen), denn, seien wir mal ehrlich, die meisten Scores, die in meinen Wohlfühlbereich fallen, entstammen nun einmal diesen Genres. Zwar höre ich mir durchaus auch mal die Musik subtiler Dramen oder hintergründiger Thriller an, allerdings können deren Scores mich selten lange fesseln.
Ich habe mich auch bemüht, bezüglich der Komponisten ein wenig Vielfalt in das Ganze zu bringen, damit letztendlich nicht die halbe Liste aus John-Williams-Soundtracks besteht. Auch habe ich es in der Tat geschafft, eine Platzierung festzulegen, bis auf die Plätze 1 und 2 ist diese aber alles andere als in Stein gemeißelt, die Platzierung entspricht eher meiner momentanen Geisteshaltung. Irgendwann musste ich mich dann auch selbst zwingen, nicht weiter an der Liste rumzugrübeln, denn sonst tausche ich noch ewig weiter aus. Nun denn, frisch ans Werk.

Platz 20: Die Matrix-Trilogie (Don Davis)

Ist es legitim, einen Score wegen eines einzigen, extrem genialen Stücks auf diese Liste zu packen? Eigentlich versuche ich ja, so etwas zu vermeiden und das Gesamtpacket zu bewerten, und zum Glück ist Don Davis‘ Matrix-Trilogie da sehr entgegenkommend, weil es sich dabei schlicht um eines der interessantesten und komplexesten Filmmusik-Werke der letzten 20 bis 30 Jahre handelt. Über weite Strecken der Laufzeit sind die drei Matrix-Scores für mich allerdings eher aus einer analytischen denn einer genießerischen Perspektive interessant, und ohne die drei abschließenden Stücke Neodämmerung, Why, Mr. Anderson? und Spirits of the Universe wäre die Trilogie nicht auf dieser Liste. Warum dann allerdings die gesamte Trilogie und nicht nur „The Matrix Revolutions“? Weil ein Aspekt der Genialität dieser Stücke von dem langen, sorgfältigen Aufbau herrührt, den Don Davis in den anderen beiden Scores betreibt – in diesen drei Stücken kulminiert das gesamte musikalische Matrix-Universum. Es ist hochinteressant, dieser Entwicklung zu folgen, von den atonalen, avantgardistischen Anfängen in „The Matrix“ über die Orchester/Techno-Hybriden in „The Matrix Revolutions“ bis hin zu den choralen und tonalen Höhepunkten in „The Matrix Revolutions“. Anspruchsvoll, aber lohnenswert.

Platz 19: Prinz Kaspian von Narnia (Harry Gregson-Williams)

Harry Gregson-Williams, einer der erfolgreichsten Hans-Zimmer-Schüler, ist ein interessanter Fall: Mit so ziemlich jedem seiner Scores, die zu Filmen gehören, die in der Moderne spielen, kann ich absolut nichts anfangen. Wenn er allerdings für historische oder fantastische Filme komponiert, sieht die Sache ganz anders aus.
Ich hatte mir relativ lange überlegt, diesen Platz „Köngreich der Himmel“ zu geben, da es eindeutig der bessere Score ist, allerdings muss ich zugeben, ich mag „Prinz Kaspian“ schlicht lieber. Sowohl der erste als auch der zweite Narnia-Score basieren ohnehin zu großen Teilen auf dem in „Köngreich der Himmel“ etablierten „Sound“ – in Anbetracht der religiös-allegorischen Natur von C. S. Lewis Werken ist das auch durchaus passend. Während „Königreich der Himmel“ durchdachter und komplexer ist, gewinnt dieses Mal ein anderen Faktor: „Prinz Kaspian“ ist besser zugänglich und hat die einprägsameren Themen. „Der König von Narnia“ hatte noch einige Probleme (vor allem eine ziemlich anonyme erste Hälfte und eine recht unvorteilhafte Abmischung), die im Sequel allerdings nicht mehr vorhanden sind. Grundsätzlich ist die Musik düsterer, grimmiger und besser ausgearbeitet, die Themen werden sinnvoller angewendet, kurzum: „Prinz Kaspian“ ist der Remote-Control-Sound at its best, zwar inspiriert von Hans Zimmer, aber doch ganz eindeutig geprägt vom eigentlichen Komponisten, zugänglich, aber nicht übermäßig simpel, adrenalingeladen, aber nicht substanzlos und versehen mit starken, einprägsamen Themen.

Platz 18: Cutthroat Island (John Debney)

Was für ein Film: „Cutthroat Island“ (deutscher Titel: „Die Piratenbraut“) hat es geschafft, die Karrieren der meisten Beteiligten, vor allem von Regisseur Renny Harlin und Hauptdarstellerin Geena Davis, zu ruinieren. Der einzige, der für sein Mitwirken auch tatsächlich Anerkennung erhielt, war und ist Komponist John Debney, und das völlig zurecht. Es ist immer wieder erstaunlich, wozu manche Komponisten durch ziemlich miese Filme inspiriert werden. „Cutthroat Island“ ist ohne Zweifel Debneys Opus Magnum, ein mitreißender, intensiver und vielschichtiger Piraten-Score in bester Korngold-Manier mit tollen, eingängigen Themen. Vielleicht wäre er sogar noch höher auf der Liste, hätte ich bisher die Zeit gefunden, mich noch intensiver mit ihm zu beschäftigen. Wahrscheinlich muss ich mir „Cutthroat Island“ doch irgendwann mal noch ganz anschauen.

Platz 17: Conan der Barbar (Basil Poledouris)

Bevor ein gewisser Kanadier namens Howard Shore eine gewisse Romanadaption vertonte, war Basil Poledouris‘ Musik zu „Conan der Barbar“ wahrscheinlich der mit Abstand beste (oder zumindest beliebteste) Fantasy-Score. In der Tat gibt es auch einige mehr oder weniger oberflächliche Parallelen zu den HdR-Scores, eingängige Themen, epische Breite, mächtige Chöre – tatsächlich plante Regisseur John Milius einige Zeit lang, Stücke aus Carl Orffs „Carmina Burana“ im Film zu verwenden. Als „Excalibur“ genau das dann tat, entschied er sich dagegen, an manchen Stellen sind gewisse Einflüsse von O Fortuna allerdings nicht zu leugnen. Insgesamt bemühte sich Poledouris um einen sehr archaischen Klang. So ist seine Musik zwar keinesfalls einfach oder simpel, orientiert sich aber an mittelalterlichen Strukturen; Poledouris vermied es, moderne Konstrukte einzubauen – im Unterschied zu Howard Shore, denn in der HdR-Trilogie finden sich einige atonale Techniken der klassischen Musik des 20. Jahrhunderts, zusätzlich zu einigen ziemlich exotischen Instrumenten.
Erfreulicherweise finden sich in „Conan der Barbar“ nicht nur überzeugender Bombast, sondern auch starke Themen; hervorzuheben sind vor allem die für das Hyborische Zeitalter, für den Titelhelden und (mein persönlicher Favorit, vor allem wegen des epischen Chors) für den Schurken Thulsa Doom. Letzteres dominiert u.a. das oben eingebettete Stück.

Platz 16: X-Men: Der letzte Widerstand (John Powell)

Und noch ein Film, der mich eher enttäuscht, aber seinen Komponisten zu Höchstleistungen angespornt hat. „The Last Stand“ ist, „X-Men Origins: Wolverine“ ausgenommen, der schwächste X-Men-Film, hat aber mit Abstand den besten Score. Wie auch immer es dazu kam, John Powell hält sich hier jedenfalls in keinster Weise zurück und lässt die volle Wucht von Orchester und Chor auf den Hörer los. „The Last Stand“ ist ein sehr extrovertierter Score, dessen zweite Hälfte von der für Powell typischen, extrem komplexen und frenetischen Actionmusik dominiert wird – es ist wirklich erstaunlich, wie viel da im Orchester passiert. Gleichzeitig schöpft er jede Facette vollständig aus, ist gnadenlos tragisch, heroisch und emotional. Das ist sicher nicht für jeden etwas, aber genau richtig für mich, und ich wünsche mir, dass mehr Superheldenscores diesen Ansatz verfolgen würden – in der Tat wäre John Powell im Last-Stand-Modus mein Wunschkomponist für einen Justice-League-Film.
„The Last Stand“ ist darüber hinaus auch thematisch sehr stark, vor allem wegen des heroischen X-Men-Themas, dass sich der Begleitfigur von John Williams‘ ikonischem Superman-Thema bedient (eine gelungene Referenz), und des oft vom Chor begleiteten Phönix-Themas.

Platz 15: Der König der Löwen (Hans Zimmer)

Die Platzierung dieses Scores hat vor allem nostalgische Gründe, „Der König der Löwen“ war einer der ersten Filme, die ich im Kino gesehen und einer der ersten Filme, in die ich mich regelrecht verliebt habe. In der Tat habe ich ihn so oft gesehen, dass ich die Musik daraus sofort erkenne – und damit beziehe ich mich nicht auf die Songs von Elton John. Außerdem ist das der einzige Soundtrack, für den Hans Zimmer jemals den Oscar gewonnen hat, bis jetzt zumindest. Und so sehr ich auch mit Zimmers aktuellem Output Probleme habe, der Goldjunge für „Der König der Löwen“ war definitiv gerechtfertigt. Damals wusste Zimmer einfach noch, seine Methodologie und seine bevorzugten Stilmittel einzusetzen, um den Hörer auch wirklich emotional zu beeinflussen und darüber hinaus eine gelungene, der Geschichte und dem Setting angemessene Atmosphäre zu erzeugen. Ich belasse es hierbei, da ich gegenwärtig sowieso eine ausführliche Rezension des König-der-Löwen-Scores plane.

Platz 14: Maleficent (James Newton Howard)

Ich habe erst letztes Jahr wirklich begonnen, mich mit dem Œuvre von James Newton Howard zu beschäftigen, was erst einmal einen ganzen Haufen an qualitativ hochwertiger Musik bedeutet. Howard ist ein Komponist, der ziemlich oft ausgezeichnete Musik zu eher unterdurchschnittlichen Filmen schreibt, u.a., weil er der Stammkomponist von M. Night Shyamalan ist. Obwohl „Maleficent“ nicht von Shyamalan ist, passt dieser Score ziemlich gut zu Howards Kollaborationen mit dem Sixth-Sense-Regisseur. Auf jeden Fall hat mich „Maleficent“, vielleicht wegen der Aktualität, vielleicht auch, weil ich tatsächlich den Film zum Score gesehen habe und weiß, wie er im Kontext wirkt, von allen Howard-Scores am meisten angesprochen – die Musik fällt eben auch vollständig in meine Wohlfühlzone: Groß (Howard hat die Blechbläsersektion des Orchester für „Maleficent“ verdoppelt), episch, eindringlich, hervorragend orchestriert und leitmotivisch durchdacht.

Platz 13: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes (Alexandre Desplat)

Noch eine Doppelplatzierung, aber eine, die, wie ich hoffe, sehr nachvollziehbar ist. Die beiden Teile von „Die Heiligtümer des Todes“ ergänzen sich ziemlich gut, weil Teil 1 vor allem emotionale und charakterbezogene Musik hat, während Teil 2 eher einer rasanten Tour de Force gleicht – zusammen sind sie zwar sehr lang, aber auch sehr ausgewogen. Ich muss allerdings anmerken, dass, für sich betrachtet, Teil 2 eindeutig der bessere Score ist, da Desplat es vorzüglich schafft, eine Filmreihe, die mich beim Erwachsenwerden begleitet hat, würdig abzuschließen. Dabei zollte er auch Williams in Stil- und Themenanleihen seinen Respekt, wobei ich mir von Letzterem noch ein wenig mehr gewünscht hätte. Desplats eigene Themen sind allerdings ebenfalls gelungen, er entwickelt und variiert sie gekonnt und zeigt, egal ob es um Düsteres, Emotionales oder schlichten Bombast geht, dass er einfach ein verdammt vielseitiger Komponist ist.

Platz 12: Star Trek/Star Trek Into Darkness (Michael Giacchino)

Vielen alteingesessenen Fans sagt Michael Giacchinos Herangehensweise an Star Trek nicht besonders zu, da die bisherige Musik des Franchise eher von Abenteuermusik und Seefahrtsromantik (passend zur Konzeption der Raumfahrt in Star Trek) geprägt war. Diese Elemente sind bei Giacchinos Beiträgen nur selten zu hören, passend zum Film konzentriert er sich weitaus stärker auf die Actionaspekte – in der Tat hätten seine Star-Trek-Scores auch sehr gut zu Superheldenfilmen gepasst: Ein starkes Hauptthema, Fokus auf Action statt Abenteuer etc. Das bedeutet aber nicht, dass Giacchinos Musik im Kontext der Abrams-Filme nicht hervorragend funktionieren würde – im Gegenteil. Ich muss zugeben, es ist vor allem Giacchinos Hauptthema und die vielseitige Anwendung desselben, das mich immer wieder zu seinen Trek-Scores zurückbringt, obwohl es vor allem in „Star Trek Into Darkness“ einige wirklich gelungene sekundäre Themen gibt, etwa das brachiale Chor-Motiv der Klingonen oder Khans Thema.

Platz 11: Der Glöckner von Notre-Dame (Alan Menken)

Bei den meisten Disney-Filmen sind Songs und Score stilistisch voneinander separiert, da oftmals verschiedene Komponisten angeheuert werden, besonders, wenn Disney sich um jemand populäres wie Elton John oder Phil Collins bemüht. Dies ist allerdings nicht der Fall, wenn Alan Menken komponiert. Da Menken praktisch DER Komponist der Disney-Renaissance ist – zu seinen Werken gehören unter anderem „Arielle, die Meerjungfrau“, „Die Schöne und das Biest“, „Aladdin“, „Pocahonatas“, „Der Glöckner von Notre-Dame“ und „Hercules“ – und die Disney-Renaissance ein wichtiger Teil meiner Kindheit war, versteht sich wohl von selbst, dass Menken in irgend einer Form auf dieser Liste vertreten sein muss, und obwohl er viele gute Disney-Scores geschrieben hat, fiel mit die Wahl nicht schwer: „Der Glöckner von Notre-Dame“ ist sein mit Abstand ambitioniertestes und düsterstes Werk. In kaum einem anderen von Menken vertonten Film sind Lieder und Score so gut miteinander verknüpft wie in diesem, das Hauptthema ist die Grundlage zweier Lieder (The Bells of Notre-Dame und Heaven’s Light/Hellfire, beide gehören in meinen Augen zu den besten Disney-Songs überhaupt), die liturgischen Chor-Motive (Dies Irae, Kyrie Eleison) tauchen ebenfalls in beiden auf, Out There fungiert als Thema für Quasimodo und God Help the Outcasts erklingt im Score mehr als einmal – selten sind die beiden musikalischen Seiten eines Disney-Films so eng miteinander verbunden. Darüber hinaus sorgen die massiven lateinischen und griechischen Choräle für eine epische Breite, die außer „Der König der Löwen“ wahrscheinlich kein anderer Disney-Film vorzuweisen hat.

Platz 10: Batman/Batmans Rückkehr (Danny Elfman)

Was Superheldenscores angeht, hat Danny Elfman, zusammen mit John Williams, den Standard gesetzt und nebenbei gleich eines der ikonischsten Heldenthemen überhaupt komponiert, das auch vielen jetzt noch als DIE definitive musikalische Repräsentation des Dunklen Ritters gilt. Nebenbei gehört es auch zu den ersten Themen, die ich aktiv wahrgenommen habe, und schon allein deshalb gehört „Batman“ auf diese Liste, von seinem Klassikerstatus ganz abgesehen. „Batmans Rückkehr“ ist noch opernhafter als „Batman“ und, durch die Themen von Catwoman und dem Pinguin, auch leitmotivisch interessanter, weist allerdings einige Schwächen bezüglich Abmischung und Aufnahmequalität auf, und darüber hinaus kann das Sequel dem Hauptthema nicht wirklich eine neue Facette abgewinnen, da Batman in diesem Film schon fast ein Nebencharakrer ist. Dennoch ergänzen sich beide Teile der Burton-Duologie optimal und sind zu Recht Klassiker, an denen man als Filmmusikfan einfach nicht vorbeikommt.

Platz 9: Star Trek: The Motion Picture (Jerry Goldsmith)

Obwohl Giacchino meinen Eintritt in die Musik von Star Trek darstellt, komme ich nicht umhin zuzugeben: Goldsmith ist besser. Giacchinos Scores sind gut, aber ihren Platz auf der Liste verdanken sie eher persönlicher Präferenz. Goldsmiths „Star Trek: The Motion Picture“ dagegen ist ein vielschichtiges Meisterwerk und, in meinen Augen, Goldsmiths bester Score (was angesichts dessen, was er bis zu seinem Tod 2004 so alles komponiert hat, einiges aussagt). Besonders hervorzuheben ist dabei, dass er das mit Abstand beste aller Trek-Themen geschrieben hat, eine schwelgerische Hymne, die sich gut variieren lässt (was Goldsmith hier meisterhaft tut) und in der Zwischenzeit, neben Alexander Courages Thema, zur zweiten Hauptidentität des gesamten Franchise wurde. Kaum weniger gelungen sind die diversen sekundären Themen und deren Verarbeitung. Somit ist „Star Trek: The Motion Picture“ einer der besten Sci-Fi-Scores, dessen Stil das gesamte Franchise nachhaltig beeinflusst und den Goldsmith in vier weiteren Soundtracks weiter ausgebaut hat.

Platz 8: Hellraiser/Hellbound: Hellraiser II (Christopher Young)

Wenigstens ein Horror-Score musste unbedingt auf diese Liste, besonders, da ich 2012 ja schon meine zehn liebsten Soundtracks dieses Genres aufgelistet habe – würde ich diesen Artikel heute schreiben, sähe er zwar anders aus, an Platz 1 hat sich aber nichts geändert. Christopher Youngs finstere, verführerische, bombastische, erschreckende und herrlich gotische Musik für die ersten beiden Hellraiser-Filme ist nach wie vor grandios und stilbildend. Ich denke, den richtigen Ton für einen Film wie „Hellraiser“ zu finden ist ziemlich schwierig (Coil haben es auf jeden Fall nicht geschafft), denn Youngs Musik untermalt nicht nur, sie ist neben Doug Bradley und dem Design der Cenobiten auch ein Hauptgrund dafür, dass der Film funktioniert. Nicht umsonst haben auch Randy Miller und Daniel Licht auf Youngs Themen zurückgegriffen, während die Musik der restlichen Sequels so vergessenswert ist wie die jeweiligen Filme. Sollte es wirklich ein Hellraiser-Remake/Reboot/Wasauchimmer geben, muss Young auf jeden Fall als Komponist zurückkehren.

Platz 7: Harry Potter und der Gefangene von Askaban (John Williams)

Die ersten beiden Potter-Scores von John Williams sind zwar gut, im Œuvre des Maestro allerdings eher im Mittelfeld einzuordnen, auch, weil Teile davon eher wie Williams auf Autopilot wirken. Williams auf Autopilot ist im Vergleich zu vielem anderem natürlich immer noch ziemlich gut, aber dass es noch weitaus besser geht, hat er mit „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ bewiesen. Der dritte Potter-Score ist definitiv einer der stilistisch vielseitigsten seiner ganzen Karriere, hier zeigt Williams die gesamte Bandbreite seines Könnens, von mittelalterlich anmutigen Klängen über die übliche, romantische Symphonik bis hin zu Acid Jazz. Darüber hinaus hat er hier auch, neben Hedwigs Thema, die beiden stärksten Leitmtotive des Franchise geschrieben: Double Trouble, ein Thema für Hogwarts, und A Window to the Past, das mit Abstand beste emotionale Thema der Filmreihe, von dem ich mir nach wie vor Wünsche, dass es auch in den späteren Filmen Verwendung gefunden und an der Seite von Hedwigs Thema als emotionaler musikalischer Kern fungiert hätte.

Platz 6: Jurassic Park (John Williams)

Es gibt Scores, die sind geradlinig, schnörkellos und treffen voll ins Ziel. „Jurassic Park“ ist so einer, was aber selbstverständlich nicht bedeutet, dass er simpel wäre, im Gegenteil. Die größte Stärke dieses Scores sind selbstverständlich die beiden Hauptthemen, ein nobles für den Park und ein getragenes für die Schönheit der Dinosaurier, die in kaum einem Filmmusikkonzert fehlen dürfen und zum Fundus der Themen gehören, die sich unweigerlich ins Gedächtnis der Popkultur eingebrannt haben. Dasselbe trifft zwar nicht auf die diversen sekundären Themen zu, die vor allem funktional und weniger einprägsam sind, aber ihren Zweck nicht minder erfüllen. „Jurassic Park“ ist schlicht und einfach ein extrem gelungenes Gesamtpaket. Ich kann mir nicht helfen, immer wenn ich die beiden Themen höre, kriege ich verdammt gute Laune.

Platz 5: Drachenzähmen leicht gemacht 1 & 2 (John Powell)

John Powells wohl populärstes Werk, und das vollkommen zu Recht. Viele der Eigenschaften, die „X-Men: The Last Stand“ auszeichnen, finden sich auch hier: Komplexe Kompositionen, tolle Themen und frenetische Actionmusik. Während „The Last Stand“ den Zuhörer allerdings mit seinen Ambitionen durchaus vor den Kopf stoßen kann, ist „Drachenzähmen leicht gemacht“ zugänglicher und, in Ermangelung eines besseren Wortes, „runder“. Powells Themen sind noch stärker und eingängiger als die Leitmotive von „The Last Stand“ und funktionieren hervorragend, um den Zuschauer in die Welt von Berk hineinzuziehen. Mit „Drachenzähmen leicht gemacht 2“ schließt Powell nahtlos an die Qualitäten des Erstlings an, sodass sich der Sequel-Score wie eine passende Erweiterung des ersten Teils anfühlt – in diesem Zusammenhang ist das übrigens ein Lob.

Platz 4: Pirates of the Caribbean: At World’s End (Hans Zimmer)

Dieser Score ist der Grund, warum ich von Hans Zimmer so enttäuscht bin, denn mit “At World’s End” haben er und sein Team bewiesen, dass sie können, wenn sie nur wollen. Anstatt die Musik immer nur durch ein neues und „revolutionäres“ Gimmick zu definieren, dass anschließend in der Filmmusik ständig kopiert wird (wir erinnern uns noch, als jeder Trailer einen Einsatz des gefürchteten „Horn of Doom“ enthielt), sollte er sich lieber darauf konzentrieren, einen ordentlichen Score abzuliefern.
Wie dem auch sei, mit „At World’s End“ nimmt Zimmer den grundsätzlichen Pirates-Sound und holt ohne jede Zurückhaltung alles heraus, was herauszuholen ist. Während er der grundsätzlichen Stilistik treu bleibt, ersetzt er die synthetischen Klänge fast vollständig durch organisches Orchester und benutzt sogar Holzbläser – und das in einem Bruckheimer-Film! Zusätzlich stockt er den Pirates-Themenvorrat gewaltig auf, anstatt gefühlt alle fünf Minuten He’s Pirate zu verwenden, wie es beim ersten Teil der Fall war. Die Action-Musik ist hier so vielschichtig wie selten bei Zimmer, ebenso wie die leitmotivische Arbeit. Beides zeigt sich hervorragend im oben eingebetteten Stück, in dem Zimmer und Co. gekonnt und elegant ihre Themen nahtlos ein- und ausfließen lassen und He’s a Pirate seinen grandiosesten Einsatz verpassen, der gerade deshalb so wunderbar funktioniert, weil das Thema bis zu diesem Zeitpunkt im Film nicht vorgekommen ist. Und apropos Themen, sowohl das dreiteilige Liebesthema als auch Hoist the Colours sind die wohl mit Abstand besten Themen, die Zimmer jemals komponiert hat, die Verarbeitung alter und neuer Themen ist makellos und vielschichtig und von der Faulheit, die so manchen Remote-Control-Score prägt, ist hier absolut nichts zu spüren. In meinen Augen nach wie vor Hans Zimmers mit Abstand bester Score.

Platz 3: Batman: Mask of the Phantasm (Shirley Walker)

Jawohl, auf meiner Liste findet sich auch eine Komponistin. Filmmusik, speziell die aus Hollywoood, ist sehr, und damit meine ich wirklich sehr, männlich dominiert. Aber es gibt sie, die Komponistinnen, nur leider sind ihre Werke oft bei Weitem nicht so populär und ihre Namen nicht so bekannt, wie die einiger ihrer männlichen Kollegen auf dieser Liste – zu Unrecht. Ich möchte die Gelegenheit für einen kleinen Exkurs verwenden und drei Namen in den Raum werfen. Rachel Portman ist wahrscheinlich die bekannteste Komponistin, für ihren Score zu „Emma“ hat sie 1996 den Oscar gewonnen, ihre Musik fällt allerdings nicht wirklich in meinen Wohlfühlbereich, weil sie vor allem für Komödien und Dramen sehr dezente und klavierlastige Soundtracks komponiert – ihr Talent ist allerdings unbestreitbar. Debbie Wisemans Musik dagegen sagt mir weitaus mehr zu; mit „Arsène Lupin“ und „Lesbian Vampire Killers“ (nein, das ist kein Porno) hat sie bewiesen, dass sie grandiose, gotisch-düstere Musik schreiben kann – sie wäre ideal für einen Batman-Score, denn der Dunkle Ritter sollte sich dringend von der Zimmer-Methodologie verabschieden. Jane Antonia Cornish hat bisher vor allem orchestriert (u.a. für „Maleficent“ oder „Kung Fu Panda“), hat aber mit ihrer Musik für den dänischen Fantasyfilm „Island of Lost Souls“ bewiesen, dass sie auch das Komponieren eines komplexen Fantasy-Scores meisterhaft beherrscht. Vor allem Wiseman und Cornish sind prädestiniert für große, prestigeträchtigte Scores, die sich nicht auf den ausgelutschten RCP-Stil verlassen. Exkurs beendet, und nun zum eigentlichen Thema.
Shirley Walker, leider 2006 verstorben, war so etwas wie die Grande Dame der amerikanischen Zeichentrickmusik, sie hat eine ganze Generation von Komponisten in diesem Medium beeinflusst (und zum Teil auch ausgebildet), und nebenbei das in meinen Augen beste aller Batman-Themen geschrieben – und den besten aller Batman-Scores. Ihre Musik zu „Batman: Mask of the Phantasm“ ist genau so, wie ich mir die Musik für den Dunklen Ritter wünsche: Groß, düster, heroisch, facettenreich und mit starken, aussagekräftigen Themen. Da Walker über eine klassische Ausbildung verfügt und unter anderem auch schon für Danny Elfman und Hans Zimmer orchestriert hat, versteht sie es meisterhaft, alles aus dem Orchester herauszuholen und für diesen Zeichentrickfilm ein Meisterwerk zu komponieren, das viel zu wenig Anerkennung bekommt.

Platz 2: Star Wars Episode I-VI (John Williams)

Das musste kommen: Star Wars hat meine Passion für Filmmusik geweckt. Star Wars ist für das erneute Aufleben von symphonischer Musik im Film verantwortlich. Und Star Wars ist John Williams‘ Meisterstück, ein Paradebeispiel an wagnerianischer Leitmotivik. In dieser Hinsicht wurde er nur von einem Komponisten bzw. einem Werk übertroffen, und das ist auf Platz 1 dieser Liste gelandet.
Und ja, ich nehme das ganze Paket mit, nicht nur die OT. Insgesamt betrachtet ist die OT zwar eindeutig stärker, aber die Prequel-Scores sind immer noch so gut, dass ich auf sie absolut nicht verzichten möchte, auch weil sie über einige Stärken verfügen, die sich in der Musik der OT nicht finden, vor allem komplexere Strukturen und der stärkere Einsatz von Chören. Beide Trilogien zusammen ergänzen sich in ihren jeweiligen Stärken exzellent. Und die meisten musikalischen Schwächen der Prequels sind sowieso darauf zurückzuführen, dass George Lucas die Musik im Film verhackstückt hat, weshalb die Musik der Episoden I-III auf den Alben besser funktioniert als in den jeweiligen Filmen.
Was kann man sonst noch sagen, ohne gleich ein ganzes Buch über das Thema zu schreiben? Die Themen? Klassiker. Die Verarbeitung? Makellos. Vor allem was die OT angeht, trägt der Score den jeweiligen Film und sorgt dafür, dass er funktioniert.

Platz 1: Der Herr der Ringe/Der Hobbit (Howard Shore)

Als angekündigt wurde, dass nicht etwa James Horner oder Basil Poledouris die Musik zu Peter Jacksons Herr-der-Ringe-Adaption schreiben würde, sondern Howard Shore, der bis dahin vor allem Thriller und Horrorfilme vertont hatte und als Stammkomponist von David Cronenberg bekannt war, zweifelten viele, ob Shore wirklich das Zeug zu epischer Fantasy hatte. Meine Güte, haben die alle umsonst gezweifelt. Howard Shores Musik für Mittelerde überzeugt auf absolut allen Ebenen. Oder, um es anders auszudrücken: Ich habe nicht genug Superlative auf Lager, um die Wirkung dieser Musik zu beschreiben.
Nicht nur erreicht die Leitmotivik hier ein Level, das sogar Star Wars übertrifft, die Musik hat auch, zumindest auf mich, eine derart emotionale Wirkung wie keine andere (und das ist genreübergreifend).
Bei den drei Hobbit-Scores ist es letztendlich ähnlich wie bei den SW-Prequels: Sie mögen ein Stufe unter der Musik des HdR stehen, aber eine Stufe unter HdR bedeutet immer noch, dass sie besser als fast alles andere sind.
Alle sechs Mittelerde-Scores zusammen sind ein Meisterwerk mit einer leitmotivischen und instrumentalen Dichte, die bislang unübertroffen ist und wahrscheinlich auch ziemlich lange unübertroffen bleibt.

Neben der eigentlichen Liste hat Schlopsi auch noch drei Fragen gestellt, die natürlich ebenfalls beantwortet werden wollen.

Was war der erste Soundtrack, der dich vollends begeistert hat?
Hmm, das lässt sich nicht ganz leicht beantworten, weil ich nicht ganz sicher bin. Das war entweder einer der Disney-Soundtracks meiner Kindheit (mit großer Wahrscheinlichkeit „Der König der Löwen“), oder aber Danny Elfmans „Batman“ oder John Williams‘ Star-Wars-Musik. Star Wars und die Musik der Herr-der-Ringe-Trilogie stellen in jedem Fall den Grundstock meiner Sammlung dar und sind die Ursache für meine Liebe zu diesem Musik-Genre.

Mit welchem Soundtrack bist du im Nachhinein auf die Nase gefallen, weil er doch nicht mehr so toll wirkte wie noch im Film?
Die explizite Frage lässt sich in der Zwischenzeit nicht mehr so gut beantworten, weil ich mir den Score vieler Filme inzwischen vor der Sichtung anhöre. Da gibt es natürlich auch oft Enttäuschungen (Stichwort „Days of Future Past“), aber die sind anderer Art.
„The Avengers“ wäre vielleicht ein passender Fall: Im Film habe ich vor allem das Hauptthema herausgehört und fand es ziemlich gut. Leider hat der Score sonst nicht allzu viel zu bieten, er ist zwar nicht schlecht, aber doch eher Alan Silvestri auf Autopilot.

Welchen Soundtrack hast du dir als letztes angehört/durchgehört?
An Neuerscheinungen oder allgemein? Aus diesem Jahr habe ich bisher erst einen Soundtrack gehört, Michael Giacchinos Musik zu „Jupiter Ascending“ – diese war auch ziemlich gut (Sci-Fi, groß, vollorchestral, viel Schönes dabei und ein früher Kandidat für die Bestenliste 2015). Ansonsten höre ich gerade mal wieder die Scores des Marvel Cinematic Universe durch (zumindest die, die ich besitze und die mir auch gefallen), das wären „Thor“ (Patrick Doyle), „Captain America: The First Avenger“, „The Avengers“ (beide Alan Silvestri), „Iron Man 3“, „Thor: The Dark World“ (beide Brian Tyler) und „Guardians of the Galaxy“ (Tyler Bates).

Anschließend soll das Stöckchen noch vier weiteren Bloggern an den Kopf geworfen werden.
Das sind:
xsehu
Robin
olivesunshine91
[Platzhalter, für alle, die sonst noch gerne mitmachen würden]

Das Soundtrack-Jahr 2014

Neujahr ist die Zeit der Bestenlisten und Rückblicke, einem Trend, dem auch ich mich dieses Jahr unterwerfe. Und da ich mich bei Filmen und Serien immer sehr schwer tue, diese in eine Reihenfolge zu packen, mache ich stattdessen einen Rückblick auf das Soundtrack-Jahr 2014. Ein weiterer Grund hierfür ist auch, dass ich über die meisten Filme, die eine derartige Liste füllen würden, ohnehin schon geschrieben habe, es wäre also lediglich noch einmal eine wiederholende Zusammenfassung des ohnehin bereits Geschriebenen und eine Einordnung in eine Reihenfolge. Über die meisten Soundtracks dieser Liste dagegen habe ich bisher noch wenig bis gar nichts geschrieben, höchstens mal eine knappe Erwähnung in der zugehörigen Filmkritik oder im Media Monday. Es ist übrigens volle Absicht, dass der Titel dieses Artikels „Rückblick auf das Soundtrack-Jahr“ und nicht „Rückblick auf das Filmmusikjahr“ heißt, denn bei zwei Einträgen handelt es sich in der Tat nicht um Filmmusik.
Gerade für 2014 bietet sich dieser Artikel an, da ich einerseits meinen Konsum in dieser Hinsicht stark erhöht habe (u.a. auch durch Spotify), und 2014, zumindest in meinen Augen, ein sehr viel stärkeres Soundtrack-Jahr als 2013 ist. Vielleicht nehme ich es nur so wahr, aber mir scheint, dass die individuellen Stimmen der Komponisten im vergangenen Jahr wieder weitaus stärker präsent waren, als dies 2013 der Fall war, wo der Remote-Control-Sound extrem dominant war.
Der folgende Artikel teilt sich in eine Worst-of- und eine Best-of-Liste des Jahres, da ich in dieser Hinsicht grundsätzlich aber lieber lobe als tadle, hat die Worst-of-Liste nur fünf Einträge, die willkürlich angeordnet sind, während es sich bei der Best-of-Liste um eine klassische Top 10 mit fester Reihenfolge handelt.
Trotz meines erhöhten Konsums bin ich leider weit davon entfernt, alle Neuerscheinungen des Jahres 2014 gehört oder mich intensiver mit allen beschäftigt zu haben, die mich interessieren, die mit Aufmerksamkeit bedacht wurden oder als Geheimtipp gehandelt wurden.
Nun noch ein paar Worte zur Konzeption: Selbstverständlich ist dies eine rein subjektive Auflistung, die nur meine persönliche Meinung und meine Ansichten, was gute Filmmusik ausmacht, wiederspiegelt. Um auf der Bestenliste zu landen, muss die Musik über das bloße „Funktionieren“ im Film hinausgehen, sie muss mich emotional und/oder intellektuell beschäftigen und dafür sorgen, dass ich sie immer wieder hören und mich eingehender mit ihr auseinandersetzen möchte. Auch spielt die Qualität des zugehörigen Films letztendlich keine Rolle, wie sich sowohl bei der Best-of- als auch bei der Worst-of-Liste mehrfach zeigen wird.

Worst of 2014

RoboCop (Pedro Bromfman)

Ein Score wie dieser macht mich meistens ziemlich traurig. Sowohl José Padilha, der Regisseur des RoboCop-Remakes, als auch Pedro Bromfman, der Komponist seiner Wahl, sind Hollywood-Newcomer. Gerade, was Komponisten angeht, tut frisches Blut aus anderen Erdteilen meistens ziemlich gut, um andere Stile und Musiktraditionen einzubringen. Bromfmans Hollywood-Debüt ist leider ein Griff ins Klo, wobei ich allerdings nicht sagen kann, ob man Bromfman wirklich die Schuld daran geben kann, oder ob sie bei Padilha oder dem Studio zu suchen ist. Der Score besteht aus typischem, Remote-Control-inspiriertem, Gedröhne, das Orchester wird von viel Elektronik und künstlichen Percussions verzerrt und die Musik hat praktisch keinerlei Substanz. Es gibt genau einen Moment, der aus der Masse des uninspirierten Underscorings hervorsticht. Bei diesem handelt es sich um das 50 Sekunden andauernde Stück Title Card, in welchem Bromfman Basil Poledouris‘ klassischen RoboCop-Marsch zitiert. Trotz der grauslichen Modernisierung mittels synthetischer Drumpads ist es das einzige Stück des Scores, das Persönlichkeit hat. Ich hatte nun nicht erwartet, dass für das Remake ein Score in Poledouris‘ Stil komponiert wird, oder dass sein Thema groß Verwendung findet, aber ist es zu viel verlangt, wenn man ein wenig Substanz und Eigenständigkeit will? Poledouris‘ Musik zu „RoboCop“ ist nun wirklich nicht sein bestes Werk (gerade, wenn man es mit „Conan der Barbar“ vergleicht), und inzwischen wirkt vor allem die Elektronik, die er einsetzte, um RoboCops mechanische Seite in der Musik darzustellen, veraltet, aber dennoch lässt sich nicht leugnen, dass genau DIESER Score zu DIESEM Film gehört. Bromfmans Musik dagegen passt zu jedem stereotypsichen Actionstreifen der letzten Jahre.

Captain America: The Winter Soldier (Henry Jackman)

Ich kann immer noch nicht verstehen, aus welchem Grund viele Filmkritiker gerade diesen Score lobten. Um mich einmal selbst zu zitieren: „Im Großen und Ganzen besteht dieser Soundtrack aus drei Bestandteilen: Typische RCP Actionmusik, die stark an Zimmers Dark-Knight-Trilogie erinnert (mit anderen Worten: Viel Wummern und Dröhnen), einige ruhigere und/oder heroische Momente, die wie eine verwässerte Version des Silvestri-Sounds klingen, und dazwischen einiges an völlig unhörbarem Schurkenmaterial.“
Jackmans Musik zu „The Winter Soldier“ mag im Kontext des Films noch halbwegs akzeptabel funktionieren, aber mal ehrlich, das ist die Mindestanforderung, die ich an einen Score habe. Darüber hinaus leistet dieser Soundtrack im Grunde kaum etwas, er ist ein stereotypes Produkt seiner Zeit – nicht ganz so schlimme wie „RoboCop“, da es immerhin einige Themen gibt, aber das ist trotzdem nicht gerade ein Lob. Besonders schade daran ist, dass Alan Silvestri Captain America eine ziemlich klare Identität verliehen hat, die gut in einer etwas modernisierten Version in diesem Film funktioniert hätte.

Gone Girl (Trent Reznor, Atticus Ross)

Ich habe „Gone Girl“ noch nicht gesehen, deswegen weiß ich nicht, wie die dritte Kollaboration von David Fincher und dem Duo Trent Reznor/Atticus Ross im Film wirkt, was ich auf dem Album gehört habe, hat mich allerdings alles andere als vom Hocker gerissen. Zugegeben, nach „Verblendung“ (in meinen Augen nach wie vor einer der schlechtesten Soundtracks überhaupt) hatte ich auch nicht allzu viel erwartet. Wahrscheinlich hätte ich mir die Musik von „Gone Girl“ nicht einmal angehört, hätte das Komponistenduo nicht in einem Interview, über das ich zufällig gestolpert bin, ausgesagt, dass sie in „Gone Girl“ zum ersten Mal ein richtiges Orchester verwendet hätten. Das hat mich zumindest neugierig gemacht. Leider lag ich mit meiner Voreinschätzung richtig: Das Orchester macht im Grunde keinen Unterschied, weil es so sehr mit Elektronik und Synth-Klängen verfremdet wurde, dass man es auch gleich hätte weglassen können. Ansonsten gilt im Grunde dasselbe, was ich auch schon bei „Verblendung“ geschrieben habe, auch wenn „Gone Girl“ nicht ganz so sehr an den Nerven zehrt. Soweit ich das sagen kann, sind die einzelnen Stücke untereinander fast völlig austauschbar und kaum mehr als langweiliges, uninspiriertes Ambience-Gedröhne, mehr Soundeffekte den wirkliche Musik. Einer der Tracks auf dem Album trägt sogar den Namen Background Noise – besser lässt sich dieser Score nicht beschreiben. Zugegeben, es gibt schon ein paar Stücke, die über gleichförmiges Dröhnen hinausgehen, aber auch diese bieten kaum mehr langweilige Minimalkonstrukte, die keinerlei Emotionen vermitteln, von Persönlichkeit oder einer Narrative ganz zu schweigen.

Birdman (Antonio Sánchez)

Hier gilt dasselbe wie bei „Gone Girl“, ich habe den Film noch nicht gesehen (hierzulande startet er auch erst im Februar) – vielleicht würde sich meine Meinung also durch eine Filmsichtung ändern; sollte dies der Fall sein, werde ich das selbstverständlich in der einen oder anderen Form korrigieren. Ich bezweifle es allerdings.
Anders als bei „Gone Girl“ hatte ich allerdings keine Ahnung, was man sich unter dem Score vorzustellen hat. Ich hatte lediglich etwas über den Film gelesen, was natürlich mein Interesse geweckt hat: Michael Keaton spielt einen Darsteller, der früher für ein Superheldenrolle bekannt war und nun versucht, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen – als Fan von Tim Burtons Batman-Filmen klang „Birdman“ für mich nach etwas, das höchst amüsant sein könnte. Als ich den kompletten Soundtrack auf Youtube entdeckte, habe ich spaßeshalber einfach reingehört, in der Hoffnung, die Musik würde in irgendeiner Form auf Danny Elfmans Batman-Thema verweisen. Nicht nur tut sie das nicht, sie besteht ausschließlich aus Percussions. Wie ich später in Erfahrung brachte, wurde dem Komponisten Antonio Sánchez, der als einer der weltbesten Jazz-Schlagzeuger gilt, im Grunde lediglich der Film gezeigt und dieser improvisierte auf seinem Schlagzeug dazu, und fertig. Auch habe ich in Erfahrung gebracht, dass die Musik des Films nicht ausschließlich aus Sánchez‘ Getrommel besteht, sondern dass einige klassische Stücke, unter anderem von Mahler, Tchaikovsky und Ravel, Verwendung finden. Ich bezweifle nicht, dass Sánchez ein ausgezeichneter Schlagzeuger ist und dass in dem, was er hier „komponiert“ hat, viel Kreativität steckt, allerdings besteht im Grunde dasselbe Problem wie bei „Verblendung“: Die einzelnen Stücke sind untereinander vollkommen austauschbar und sagen absolut nichts aus. Hier gibt es nichts zu analysieren, keine umfassende Narrative, keine Besonderheiten, gar nichts. Nur jemand, der 30 Minuten lang Schlagzeug spielt. Für mich funktioniert das als Film-Score schlicht nicht.

X-Men: Days of Future Past (John Ottman)

John Ottmans Musik zu „Days of Future Past“ ist zwar nicht der schlechteste Score dieser Liste (rein handwerklich betrachtet wohl sogar der beste), aber der, der mich mit Abstand am meisten enttäuscht hat. Von Jackman und Reznor/Ross habe ich mehr oder weniger das erwartet, was sie abgeliefert haben, während ich bei Sánchez und Bromfman überhaupt keine Erwartungen hatte, da ich sie nicht kannte. Von Ottman dagegen habe ich mir mehr versprochen. Der Score von „Days of Future Past“ klingt nämlich so, als habe Henry Jackman oder Ramin Djawadi ihn komponiert, aber nicht Ottman, denn im Grunde ist die Musik, abseits der Stücke The Future – Main Titles und Welcome Back – End Titles, welche beide Ottmans Thema aus „X2: X-Men United“ beinhalten, eine Mischung aus „The Dark Knight“, „Pacific Rim“, „Inception“ und „X-Men: First Class“ (allerdings ohne dessen Unterhaltungswert). Von Ottmans eigenem Stil ist im Grunde kaum etwas übrig geblieben. Wie „The Winter Soldier“ erfüllt auch „Days of Future Past“ die Mindestanforderung des „halbwegs im Film funktionierens“, aber für einen wirklich guten Score reicht das einfach nicht.

Best of 2014

10. Guardians of the Galaxy (Tyler Bates)

Zugegebenermaßen gibt es mit Sicherheit einige 2014-Scores, die diesen Platz eher verdient hätten als „Guardians of the Galaxy“. Bates hat den Zuschlag vor allem deshalb bekommen, weil er es endlich geschafft hat, einen Soundtrack zu komponieren, der mir gefallen hat – sein bisheriger Output war bisher ziemlich schwach. „Guardians of the Galaxy“ mag kein Meisterwerk sein, dafür aber Bates‘ bislang bester und dazu auch ein extrem unterhaltsamer Score.
Interessanterweise ähnelt die grundsätzliche musikalische Konzipierung von „Guardians of the Galaxy“ der von Zack Snyders „Watchmen“, dessen Score ebenfalls von Bates komponiert wurde. In beiden Fällen wird der Film vor allem von der Song-Auswahl dominiert, und die Songs sind es auch, an die sich die meisten Filmzuschauer erinnern, sodass die restliche Musik etwas untergeht. Bates‘ Arbeit für „Watchmen“ ist allerdings uninspiriert, dröge, langweilig und wird in keiner Minute den Ansprüchen von Alan Moores komplexer Story gerecht.
Für „Guardians“ orientierte sich Bates stilistisch stark an Brian Tyler, sodass sich der Score sehr gut ins musikalische Gefüge des Marvel Cinematic Universe einfügt. Während das Schurkenmaterial eher zu wünschen übrig lässt und das Action-Material solide, aber nicht ganz so gelungen ist wie das von Brian Tylers „Teenage Mutant Ninja Turtles“, einem sehr ähnlich gelagerten Score, ist es vor allem das Hauptthema, das natürlich für die Guardians als Gruppe steht, das zu überzeugen weiß. Es mag nicht das originellste sein, geht aber gut ins Ohr, ist markant, passt perfekt und wird von Bates auch gut eingesetzt. Exemplarisch sei hier das Stück The Kyln Escape genannt, in welchem das Thema langsam fragmentarisch aufgebaut wird, bis es am Ende schließlich vollständig erklingt. Somit ist „Guardians of the Galaxy“ ein höchst unterhaltsamer Superhelden/Sci-Fi-Score, nicht mehr aber auch nicht weniger – und für Tyler Bates ist das schon eine ganze Menge.

9. Mockingjay Teil 1 (James Newton Howard)

Von James Newton Howards bisherigen beiden Hunger-Games-Scores war ich nicht sonderlich begeistert. Sie waren grundsätzlich funktional, aber kaum mehr, geprägt vom Minimalismus, der auch die letzten paar Jahre in Howards Schaffen dominierte, und dem Mangel an einer starken Identität – das einprägsamste Stücke war die von Arcade Fire komponierte Panem-Hymne Horn of Plenty. Der Score zum dritten Hunger-Games-Film bedient sich zwar derselben Grundzutaten und Motive, Howard schöpft dieses Mal allerdings, ähnlich wie Hans Zimmer es bei „Pirates of the Caribbean: At World’s End“ tat, das volle Potential aus. Man ist fast geneigt, „Mockingjay Teil 1“ als stilistischen Hybriden aus den bisherigen beiden Soundtracks der Filmreihe und „Maleficent“ zu sehen. Die Musik ist weitaus emotionaler und klingt, in Ermangelung eines besseren Wortes, „voller“. Gerade in den intensiven Actionstücken wie Air Raid Drill wird deutlich, um wie viel komplexer und besser orchestriert dieser Score ist.
Ironischerweise wurde auch dieses Mal das Highlight nicht von Howard selbst komponiert, sondern stammt von Wesley Schultz und Jeremiah Fraites. Es handelt sich dabei um das von Jennifer Lawrence gesungene Lied The Hanging Tree, das auf gewisse Weise als Rebellen-Gegenstück zu Horn of Plenty fungiert. Nun, immerhin stammt die orchestrale zweite Hälfte von Howard. Dieses Lied stellt den emotionalen Kern des Scores dar und ist schlicht grandios, beginnend mit Jennifer Lawrence Einzelstimme, die nach und nach von Chor und Orchester unterstützte wird, bis das Stück in einen fulminanten Höhepunkt endet.

8. World of WarCraft: Warlords of Draenor (Russel Brower u.a.)

Obwohl ich nie in meinem Leben „World of WarCraft“ (wohl aber „WarCraft III“) gespielt habe, habe ich eine ziemlich Schwäche für die Musik dieses MMORPGs, besonders, da diese mit jedem weiteren Expansion-Set besser zu werden scheint. So bestand die Musik Hauptspiels (zumindest das, was auf dem Album zu hören war) noch in erster Linie aus ziemlich langweiligen Ambience-Stücken, zusätzlich zu einigen der Bombast-Themen, die den eigentlichen Charme der Musik dieses Franchise ausmachen – leider war alles noch gesamplt und klang ziemlich synthetisch. Spätestens ab „Wrath of the Lich-King“ verwendete Blizzard allerdings ein echtes Orchester und sorgte dafür, dass die Musik interessant und abwechslungsreich war – besonders „Mists of Pandaria“ besticht durch eine gelungene Mischung aus fernöstlichen Klangfarben und dem typischen WarCraft-Bombast. „Warlords of Draenor“ hat zwar keine so interessante Mischung anzubieten, fährt aber ansonsten beeindruckende Klänge auf. Da die Orks im Zentrum stehen, ist die Musik rechtschaffen martialisch und wird dominiert von tiefen Männerchören und donnernden Percussions. Aber auch die anderen Aspekte, die die Musik von Azeroth ausmachen, die Mystik und Abenteuerromantik, sind ausreichend vorhanden. Darüber hinaus gibt es auch einige sehr schöne thematische Momente, etwa wenn am Ende von Siege of Worlds das klassische WarCraft-III-Thema in all seiner Pracht erklingt.
Da ich WoW nicht spiele, kann ich natürlich nicht sagen, wie die Musik im Spiel selbst verarbeitet ist, aber das, was auf dem Album zu hören ist, ist mehr als befriedigend und hat keinen Grund, sich vor der restlichen Musik des Franchise zu verstecken, im Gegenteil.

7. Exodus: Götter und Könige (Alberto Iglesias, Federico Jusid, Harry Gregson-Williams)

Ridley Scott und seine Komponisten sind so ein Thema. Nicht nur wechselt er alle paar Jahre seinen Stammkomponisten, er ist auch dafür bekannt, die Scores in seinen Filmen zu verhackstücken und zum Teil durch bereits existierende Musik zu ersetzen, so geschehen etwa bei „Alien“ und „Königreich der Himmel“. Auch beim Score von Scotts aktuellem Historienepos, „Exodus: Götter und Könige“, ist die Ausgangslage ein wenig verworren. Für seine Bibeladaption wählte er weder Marc Streitenfeld („Robin Hood“, „Prometheus“) noch Daniel Pemberton („The Counsellor“), die seine letzten Filme vertonten, sondern den spanischen Komponisten Alberto Iglesias, der bislang weniger große, bombastische Historienfilme, sondern viel mehr subtile Dramen wie „Dame, König, As, Spion“ und „Drachenläufer“ vertonte. Allerdings scheint Scott irgendwie nicht so ganz mit Iglesias‘ Arbeit zufrieden gewesen zu sein, denn er heuerte noch zwei weitere Komponisten an, die zusätzliche Musik beisteuerten: Federico Jusid und Harry Gregson-Williams – Letzterer arbeitete mit Scott an „Königreich der Himmel“ und lieferte bereits zusätzliche Musik für „Prometheus“. Zumindest mir stellt sich da die Frage, warum Scott nicht einfach ein weiteres Mal Gregson-Williams anheuert, aber wie dem auch sei, die gute Nachricht ist auf jeden Fall: Trotz der drei Komponisten ist „Exodus“ ein hervorragender Score geworden, der nicht zersplittert sondern, im Gegenteil, wie ein gelungenes Ganzes wirkt. Viele befürchteten, Iglesias könne einen ähnlichen Weg einschlagen wie Javier Navarette mit „Zorn der Titanen“ oder Fernando Velázquez mit „Hercules“ – in beiden Fällen adaptierten die Komponisten in großem Umfang Remote-Control-Stilmittel, sodass ihre eigene Stimme kaum noch erkennbar war. „Exodus“ ist zwar zweifelsohne ein Score des 21. Jahrhunderts, inklusiver einiger moderner Passagen, es handelt sich aber keinesfalls um eine plumpe Hans-Zimmer-Stiladaption, im Gegenteil – schon allein die komplexe Orchesterarbeit findet man bei Remote-Control-Komponisten selten. Zwar sind gewisse Parallelen zu „Der Prinz von Ägypten“, „Königreich der Himmel“, „Prince of Persia“, aber auch „Ben Hur“ und „Die zehn Gebote“ nicht zu leugnen, aber dennoch etabliert „Exodus“ seinen eigenen Sound.
Die erste Hälfte ist weniger von Themen als von gelungenen atmosphärischen Texturen und ethnischer Instrumentierung geprägt, das Hauptthema, das für Moses als Botschafter Gottes steht, wird erst nach gut der Hälfte des Scores zum bestimmenden Faktor. Dafür ist es in der zweiten Hälfte, ab Exodus, wo es zum ersten Mal vollständig erklingt, sehr dominant. Vor allem gegen Ende, etwa in Stücken wie Hail, The Chariots oder Tsunami, entfesseln Iglesias, Jusid und Gregson-Williams eine geballte orchestrale und Chorale Macht wahrhaft biblischen Ausmaßes.

6. Grand Budapest Hotel (Alexandre Desplat)

Alexandre Desplat hat 2014 einmal mehr bewiesen, dass er einer der talentiertesten und vielseitigsten Komponisten ist, die gegenwärtig in Hollywood arbeiten – und diese Aussage tätige ich, obwohl ich bisher nur drei der fünf Desplat-Scores von 2014 gehört habe, denn schon allein diese drei zeigen, wie vielseitig der Franzose doch ist.
Seine Musik für Wes Andersons grandiose, völlig abgedrehte und einzigartige Komödie lässt sich am besten mit einem Wort beschreiben, für das ich leider gerade kein passendes deutsches Äquivalent zur Hand habe: Quirky.
Als fiktives mittel- oder osteuropäisches Land, das Merkmale verschiedener echter Länder dieser Region in sich vereint, bekommt Zubrovka auch eine passende musikalische Identität mit einer speziellen Instrumentierung, die durch den Einsatz von Instrumenten wie der Zither, der Balalaika, dem Cimbalom, der Kirchenorgel oder dem Alphorn genau diesen Mischungscharakter ausdrückt. „Grand Budapest Hotel“ ist zwar sofort als Desplat-Score zu erkennen, hat aber durch die Instrumentierung und auch die Art, wie diese Instrumente gespielt werden (beständige Percussions, außerdem wird viel gezupft und angeschlagen) gleichzeitig einen sehr distinktiven und unverwechselbaren Charakter. Meisterhaft schafft es Desplat, die eigentümliche, komödiantische Stilistik, die er für diesen Score gewählt hat, den Bedürfnissen der Handlung anzupassen, sodass er ihr immer treu bleibt, es ihm aber trotzdem gelingt, auch die dramatischeren Momente einwandfrei zu untermalen.
Das Hauptthema des Films gilt Zéro Moustafa und ist eine starke, eingängige und wandelbare Identität, die im Verlauf in einer Vielzahl von Gestalten immer wieder auftaucht und den Charakter des Films und der Figur optimal wiederspiegelt.

5. Penny Dreadful (Abel Korzeniowski)

2013 tauchte Abel Korzeniowskis Score zu einer Neuverfilmung von „Romeo und Julia“ mehr oder weniger aus dem Nichts auf und landete prompt an der Spitze vieler Jahresbestenlisten anerkannter Filmmusikkritiker. Und während auch ich Korzeniowskis schöne und romantische Vertonung des nur allzu bekannten Shakespeare-Stückes ziemlich gelungen finde, ist sie doch in meinen Augen ein wenig überbewertet. In der Tat liegt mir seine Musik zu „Penny Dreadful“ weitaus mehr, was auch mit der Thematik zusammenhängen mag. So ist „Penny Dreadful“ eine Horrorserie, die sich der Figuren, Atmosphäre und Ereignisse der viktorianischen Schauerliteratur bedient und diese zusammenbringt. Und genau danach klingt auch die Musik. Korzeniowski Ansatz ist dabei weniger leitmotivisch (was ich ein wenig schade finde) als viel mehr atmosphärisch, aber meine Güte, was für eine Atmosphäre der polnische Komponist etabliert. Ich liebe üppige, düstere und großorchestrale Gothic-Horror-Musik, und „Penny Dreadful“ gehört zu den besten. Korzeniowski arbeitet mit derselben Präzision und demselben Gespür für Melodie wie bei „Romeo und Julia“, fügt dem aber die düsteren und brutalen Elemente hinzu, die einen derartigen, schwarzromantischen Score ausmachen. Demimonde, das Intro-Stück, ist hierfür exemplarisch. Die Streicher sorgen für einen leich osteuropäischen Touch, der an Wojciech Kilars „Bram Stoker’s Dracula“, Danny Elfmans „The Wolfman“ oder Christopher Youngs „Drag me to Hell“ erinnert, und darüber hinaus ist das Stück melodisch, melancholisch, düster und verfügt über einen Hauch Brutalität – somit spiegelt es perfekt den gesamten Score wieder.

4. Godzilla (Alexandre Desplat)

Und noch mal Desplat. Seine Musik für Gareth Edwards „Godzilla“ unterscheidet sich allerdings so sehr vom Score für „Grand Budapest Hotel“ wie nur irgend möglich – die einzige Gemeinsamkeit ist im Grunde die überragende Qualität beider Werke, sowie einige grundsätzliche kompositorische Eigenheiten, etwa die komplexen Orchestrierungen. Wo „Grand Budapest Hotel“ leichtfüßig, humorvoll und exzentrisch daherkommt, ist „Godzilla“ mächtig, brutal und geradezu gewalttätig. In der Tat gab es einige, die Desplat, trotz solcher Arbeiten wie „Der goldene Kompass“ oder „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2“ – beide verfügen über durchaus imposante Action-Musik – einen derartigen Score nicht zutrauten. Derartige Befürchtungen erwiesen sich allerdings als unbegründet.
„Godzilla“ ist vor allem von massiven, sehr basslastigen Blechbläsereinsätzen geprägt, was unter anderem auch darauf zurückzuführen ist, dass Desplat die Anzahl der Belchbläser verdoppelte, sowie von scheinbar chaotischen Dissonanzen, die manchmal an Don Davis‘ Musik für die Matrix-Trilogie erinnern. Vor allem das letzte Drittel des Scores entfesselt Actionmusik von selten gehörter Intensität und Kraft.
Darüber hinaus finden sich auch einige musikalische Verweise auf Godzillas Herkunft, einerseits bedingt durch den Einsatz japanischer Instrumente und andererseits durch Referenzen an die klassische Godzilla-Musik von Akira Ifukube – das liest man zumindest bei einigen Rezensionen des Albums, da ich die alten Godzilla-Filme nicht kenne, kann ich diese Behauptung nicht überprüfen.
Die Leitmotivik, derer sich Desplat bedient, ist recht subtil, aber zweifelsohne vorhanden. Gerade das Thema der titelgebenden Riesenechse, das bereits im ersten Track des Albums vorgestellt wird, ist ziemlich dominant und recht gut hörbar, auch wenn es sich eher um eine rhythmische, sich wiederholende Figur denn eine wirklich Melodie handelt.

3. Drachenzähmen leicht gemacht 2 (John Powell)

Gerade was die Filmmusik angeht, bin ich mit der Academy of Motion Picture Art and Sciences selten einer Meinung. Besonders die Verleihung des Filmmusik-Oscars an „The Social Network“ werde ich wohl nie nachvollziehen können. Natürlich, über Geschmack kann man streiten, aber wie ein rundum gelungenes Meisterwerk wie „Drachenzähmen leicht gemacht“ leer ausgehen konnte, wird mir wohl immer ein Rätsel bleiben. John Powells Opus Magnum besticht durch grandiose Orchesterarbeit, tolle, eingängige Themen, opulente Actionmusik und eine perfekte Repräsentation der Geschichte, Charaktere und Emotionen. Mit dem Score zum Sequel macht Powell im Grunde genau dort weiter, wo er aufgehört hat und bleibt dem von ihm etablierten Sound treu. So gut wie alle Themen des Vorgängers kommen auch in „Drachenzähmen leicht gemacht 2“ wieder vor, allerdings beschränkt sich Powell keinesfalls darauf, nur zu wiederholen, im Gegenteil, die Themen werden konstant weiterentwickelt. Vor allem das Flugthema ist sehr präsent und entwickelt sich nach und nach zu einer neuen Identität für Hicks und seine Beziehungen. Darüber hinaus gibt es auch einige ganz neue Themen, vor allem für die beiden wichtigsten neuen Figuren, Valka und Dargo.
Wenn man Powell etwas vorwerfen könnte, dann höchstend, dass die neuen Themen nicht ganz so stark und einprägsam sind wie die bereits etablierten, aber das ist Meckern auf sehr, sehr hohem Niveau. Ansonsten besitzt „Drachenzähmen leicht gemacht 2“ alles, was schon den Vorgänger grandios gemacht hat: Grandiose Themen, mitreißende Actionmusik und, in Form von Two New Alphas, ein fulminantes Finale, in dem die leitmotivischen Fäden auf höchst befriedigende Weise zusammengeführt werden.

2. Maleficent (James Newton Howard)

Ich habe eine enorme Schwäche für epische, großorchestrale Fantasy-Musik. Erfreulicherweise hat das Soundtrack-Jahr 2014 diesbezüglich einiges zu bieten, nicht zuletzt auch „Maleficent“, James Newton Howards Rückkehr zu großer Form, nachdem er ein paar Jahre lang lediglich einige ziemlich mittelmäßige Scores komponiert hat.
„Maleficent“ ist mal wieder ein schönes Beispiel für einen Film, dessen Musik bei Weitem das gelungenste Element ist. Robert Strombergs Regiedebüt ist in meinen Augen ziemlich misslungen, wird weder dem Disney-Klassiker, noch der Titelfigur gerecht, hat massive Drehbuchschwächen, sehr durchwachsene schauspielerische Leistungen und mitunter ziemlich schlechtes CGI – der Erfolg dieses Films ist mir rätselhaft, und ich werde ihn mir wohl höchstens ein zweites Mal ansehen, um den Score noch einmal im Kontext zu hören.
James Newton Howards Musik dagegen ist wirklich grandios und hätte einen weit besseren Film verdient. Der Score ist opulent, facettenreich, hervorragend komponiert und orchestriert und verbreitet ein wunderbar altmodisches, episches Feeling, auch wenn manche Stücke, etwa The Christening, ein wenig moderner geraten sind. Egal ob verspielt, heroisch, düster, brutal, emotional oder lyrisch, Howards Musik trifft immer voll ins Schwarze. Und auch leitmotivisch wird einiges geboten. Der thematische Kern ist Maleficents Thema, eine enorm wandlungsfähige Melodie, welche die Entwicklung der Hauptfigur stets passend begleitet. Sie beginnt verspielt und jugendlich unschuldig, erhält dann erste majestätisch-heroische Variationen, um anschließend, nach dem Verrat von Maleficents Geliebtem Stefan, düster und abgründig zu werden und schließlich, durch Aurora, wieder zur guten und heroischen Version zurückzukehren. Ein weiteres wichtiges Thema ist das Motiv für Maleficents-Fluch, das sich ebenfalls über den Verlauf des Scores entwickelt, bis hin zur heroischen Fanfare in Maleficent is Captured. Beide Themen werden bereits in Maleficent Suite, der Albeneröffnung, vorgestellt.

1. Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere (Howard Shore)

Diese Platzierung dürfte wohl kaum jemanden verwundern, insbesondere, da ich schon in zwei anderen Artikeln subtil angedeutet habe, dass „Die Schlacht der fünf Heere“ in meinen Augen der beste Soundtrack des Jahres ist. Trotz einiger Schwächen (die allerdings in erster Linie auf Peter Jackson zurückgehen) ist die Leitmotivik, die Shore hier betreibt, immer noch auf derart hohem Niveau, dass sie alle Konkurrenten ziemlich weit hinter sich lässt. Mit scheinbarerer Leichtigkeit jongliert Shore mit einer Vielzahl von neuen und bereits etablierten Themen und sorgt gekonnt dafür, dass die Leitmotive der Hobbit-Trilogie auf höchst befriedigende Weise kulminieren. Sons of Durin ist hierfür ein wunderbares Beispiel, in diesem famosen Actionstück schöpfen die Zwergenthemen, ohnehin musikalischer Kern der Hobbit-Trilogie, ihr volles Potential aus.
Auch wenn es im Film aufgrund längerer Szenen ohne Musik nicht so erscheint, auf dem Album ist „Die Schlacht der fünf Heere“ ein enorm intensiver Score, ein Highlight jagt das nächste, die Actionmusik ist grandios, die ruhigeren, gefühlvolleren Stellen sind nicht minder gelungen: Alles in Allem ein würdiger musikalischer Abschluss für Mittelerde.

Siehe auch:
Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere – Soundtrack
X-Men: Days of Future Past – Soundtrack
Marvel-Musik Teil 3: Marvel Cinematic Universe
Musik-Duell: Gravity vs. Verblendung

The Hunger Games

hunger games
Story: Nach einem Atomkrieg, ökologischen Katastrophen oder ähnlichen Desastern hat sich auf der nordamerikanischen Landmasse ein neuer, diktatorischer Staat erhoben: Panem. Dieser unterteilt sich in 14 Gebiete: 13 verschiedene „Distrikte“ und die Hauptstadt, von der aus das Land beherrscht und die wiederum von den Distrikten versorgt wird. Nach einer Rebellion der Distrikte gegen das Kapitol, die dieses brutal niederschlug, wurde Distrikt 13 ausgelöscht und die sog. „Hungerspiele“ eingerichtet: Jedes Jahr findet ein Turnier statt, bei dem sich 24 Jugendliche zwischen zwölf und achtzehn, jeweils ein Junge und ein Mädchen aus jedem Distrikt, die ausgelost werden, gegenseitig bis zum Tod bekämpfen.
Bei den 74. Hungerspielen springt Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence) aus Distrikt 12 für ihre jüngere Schwester Prim (Willow Shields) ein. Gemeinsam mit ihrem Mittribut Peeta (Josh Hutcherson) und den Mentoren Haymitch (Woody Harrleson) und Effie (Elizabeth Banks) reist Katniss nun in die Hauptstadt, wo sie nicht nur gegen die anderen Tribute kämpfen, sondern sich vorher auch noch der unterhaltungslüsternen Bevölkerung des Kapitols präsentieren muss. Und obwohl Katniss es nicht weiß, könnten ihr Sieg und ihre Niederlage bei den Hungerspielen mehr bedeuten als nur ihr eigenes Leben…

Kritik: Als Suzanne Collins‘ Romanreihe langsam populär wurde und sich die Verfilmung abzuzeichnen begann, reizte mich die Prämisse ehrlich gesagt nicht allzu sehr, vor allem deshalb, weil das Marketing vor allem auf das Twilight-Publikum abzuzielen schien – man betrachte nur einmal die scheußliche Coverillustration der deutschen Ausgabe. Im Gegensatz zu den Twilight-Romanen genießt die Hunger-Games-Trilogie allerdings einen weitaus besseren Ruf. Irgendwann sah ich dann den Film und fand ihn sogar ganz in Ordnung. Dass ich mich nun intensiver mit dem Franchise beschäftigte, passiert praktisch gezwungenermaßen; ich hatte es in einem anderen Artikel ja bereits erwähnt: Ich belege derzeit an der Uni ein Literaturseminar mit dem Titel „Dystopian Fiction“, und die Hunger-Games-Trilogie gehört zu den behandelten Werken.
Darum werde ich zuerst noch ein paar Worte zum ersten Roman sagen, bevor ich auf die Verfilmung zu sprechen komme. „The Hunger Games“ (dies trifft auch auf die beiden Folgebände zu) haben in der Tat ein paar Gemeinsamkeiten mit den Twilight-Romanen, diese sind allerdings eher formaler Natur. Wie Stephenie Meyer auch arbeitet Suzanne Collins mit einer Ich-Erzählerin, es gibt ein Liebesdreieck und der Schreibstil ist es sehr (und damit meine ich sehr) einfach gehalten, was bedeutet, dass er einerseits zwar sehr flüssig und schnell lesbar, andererseits aber auch absolut nicht anspruchsvoll oder fordernd ist, selbst auf Englisch dürften die meisten mit der Trilogie problemlos fertig werden (da ich die Romane nur im Original gelesen habe, weiß ich nicht, wie gut oder schlecht die Übersetzung ist). Von diesen Eigenschaften einmal abgesehen hat die Hunger-Games-Trilogie allerdings ziemlich wenig mit der Twilight-Saga gemein, denn Suzanne Collins‘ Romane haben etwas, dass Stephenie Meyers völlig abgeht: Substanz und interessante Ideen. Zwar ist die Hunger-Games-Trilogie keinesfalls optimal (u.a. nimmt sie sich und ihre Prämisse ein wenig zu ernst, etwas mehr auflockernde Ironie wäre hin und wieder willkommen gewesen), aber doch weitaus besser als die Twiligt-Romane und viele ähnlich gelagerte Nachahmer im Young-Adult-Bereich. Noch eine Randbemerkung zu „Battle Royale“: Ich habe weder den Film gesehen, noch den Roman gelesen und kann nichts zu Handlungsparallelen sagen, allerdings muss man heutzutage schon sehr lange suchen, um einen wirkliche innovativen Plot zu finden, der sich nicht an irgend einem Vorbild orientiert.
Kommen wir nun zu Gary Ross‘ Verfilmung. Insgesamt handelt es sich um eine ziemlich vorlagengetreue Adaption, die sich sehr eng an den Roman hält. Abweichungen findet man vor allem in den Details. Die größten Schwächen des Films, die vom Medientransfer der Geschichte kommen, sind das Fehlen einiger wichtiger Details (gerade die Bedeutung des Mockingjay hätte wegen seiner Relevanz für die Geschichte erklärt werden sollen) und der übermäßige Einsatz der Shaky-Cam – diese ist vor allem am Anfang in Distrik 12 und später, während der eigentliche Spiele, im Einsatz. Ich kann dabei durchaus verstehen, weshalb Ross sie einsetzt, einerseits soll sie wohl die Unmittelbarkeit der Erzählung (bedingt durch Ich-Erzählerin und Präsens) im Roman wiedergeben und andererseits das Gemetzel an der Cornucopia entschärfen, um die Altersbeschränkung nicht in die Höhe zu treiben. Das ändert allerdings nichts daran, dass die Shaky-Cam in meinen Augen auch in diesem Film unnütz ist und zumeist eher nervt denn unterstützt.
„The Hunger Games“, sowohl Film als auch Roman, lässt sich grob in zwei Hälften teilen: In der ersten lernen wir Panem und die Figuren kennen, während sie auf die Hungerspiele vorbereitet werden, in der zweiten findet dann das eigentliche, titelgebende Ereignis statt. Ironischerweise ist die erste Hälfte die interessantere. Vor allem Katniss‘ Aufenthalt in der Hauptstadt ist eine überaus gelungene Mediensatire, vermischt mit politischem Kommentar, die unsere heutige Fernsehlandschaft mit Sendungen wie „Das Dschungelcamp“ oder den diversen Castingshows ins absolute Extrem überzeichnet. Die Tribute werden medienwirksam aufgetakelt, um sich anschließend in ausgedehnten Gladiatorenspielen gegenseitig umzubringen. Collins‘ orientiert sich dabei nicht zufällig stark an den antiken Römern, was man nicht nur an „Panem“ (von panem et circensis, „Brot und (Zirkus-)Spiele“) selbst, sondern auch an den Namen der Einwohner des Kapitols und der Distrikte 1 und 2 merkt, die allesamt römisch sind. Der Film treibt dies mit visuellen Mitteln noch weiter, vor allem in der Szene, in der die Tribute dem Publikum präsentiert werden, werden die Parallelen überdeutlich; die Präsentation selbst erinnert an die römischen Triumphzüge, und auch die Architektur des Kapitols spricht eine sehr eindeutige Sprache.
Nach der gelungenen ersten Hälfte sind die Hungerspiele selbst dann fast ein wenig enttäuschend – nicht schlecht, aber auch bei Weitem nicht so interessant wie das, was zuvor kam.
In dieser Hinsicht gefällt mir der Film allerdings besser als der Roman. Dort gibt es nur einen Blickwinkel, nämlich den von Katniss. Das ist für mich insofern problematisch, weil Katniss sich in die lange Reihe der Hauptfiguren einreiht, die von weitaus interessanteren Nebenfiguren überschattet wird. Nicht nur schafft Jennifer Lawrence es, Film-Katniss sympathischer zu machen als Buch-Katniss, hin und wieder verlässt der Film auch seine Heldin und zeigt, was hinter den Kulissen der Hungerspiele so vor sich geht, was dem Film wiederrum sehr gut tut, besonders, da Haymitch und Präsident Snow die in meinen Augen interessantesten Figuren (zumindest des ersten Teils) sind. Auch hier optimiert der Film durch die exzellenten darstellerischen Leistungen von Woody Harrleson und Donald Sutherland das Ganze noch einmal. Überhaupt sind die Schauspeiler insgesamt ziemlich gut gewählt: Neben den bereits erwähnten wissen vor allem Elizabeth Banks und Stanley Tucci in ihren Rollen zu überzeugen, auch Josh Hutcherson bringt das richtige Charisma für Peeta mit. Lediglich Liam Hemsworth als Gale ist ziemlich uninteressant – glücklicherweise hat er nicht besonders viel Leinwandzeit.
Zum Schluss noch ein Wort zum Soundtrack: James Newton Howards Musik ist leider ziemlich anonym, die Themen sind kaum ausgearbeitet und es gibt viel elektronisches Ambiente. Das markanteste Stück ist die von Arcade Fire komponierte und Howard adaptierte Panem-Hymne Horn of Plenty, die allerdings noch besser in den Soundtrack hätte integriert werden können.
Fazit: „The Hunger Games“ ist trotz einiger Schwächen eine gelungene Umsetzung der Vorlage, die diese in einigen Aspekten sogar übertrifft.

Trailer

Siehe auch:
Catching Fire