Ende des Hobbit-Countdowns
Story: Der Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman) möchte von Abenteuern eigentlich nichts wissen. Doch eines Tages stehen der Zauberer Gandalf (Ian McKellen), der Zwergenkönig im Exil Thorin Eichenschild (Richard Armitage) und dessen Gefährten Dwalin (Graham McTavish), Balin (Ken Stott), Kíli (Aidan Turner), Fíli (Dean O’Gorman), Dori (Mark Hadlow), Nori (Jed Brophy), Ori (Adam Brown), Óin (John Callen), Glóin (Peter Hambleton), Bifur (William Kircher), Bofur (James Nesbitt) und Bombur (Stephen Hunter) vor seiner Tür und nehmen ihn als Meisterdieb mit, um das verlorene Gold ihrer Vorfahren und den Erebor, das einstmals mächtige Zwergenkönigreich, von dem Drachen Smaug zurückzuerobern. Doch die Reise bis zum Erebor ist lang und gefährlich, denn dort lauern Orks, Trolle, Warge, Gollum (Andy Serkis) und noch Schlimmeres…
Kritik: Ich habe ihn endlich gesehen, den von mir am meisten erwarteten Film des Jahres – was in einem Jahr, in dem sowohl „The Dark Knight Rises“ als auch die „The Avengers“ anlaufen durchaus eine Leistung ist. Um „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ wirklich gerecht werden zu können, werde ich erstmals zwei Rezensionen verfassen. Die erste – diese hier – ist spoilerfrei, allgemeiner gehalten, beschäftigt sich ein wenig mit den filmischen Hintergründen, der Technik etc., während die zweite genauer analysiert und Film mit Buchvorlage vergleicht (vielleicht habe ich bis dahin den Film bereits zum zweiten Mal gesehen).
Die Reise zur Filmadaption des „Hobbit“ selbst mag nicht unerwartet sein, denn nach dem monumentalen Erfolg von Peter Jacksons Herr-der-Ringe-Trilogie war eine Rückkehr nach Mittelerde abzusehen. Unerwartet aber waren die vielen Probleme, die auf dem Weg zu diesem Film auftauchten. Zur Erinnerung: „Die Rückkehr des Königs“ kam Dezember 2003 in die Kinos, seitdem sind neun Jahre vergangen.
Die Produktion des „Hobbit“ schien von Anfang an unter keinem guten Stern zu stehen. Zuerst gab es Auseinandersetzungen zwischen New Line Cinema und Peter Jackson wegen finanziellen Fragen, ebenso wie Rechtsstreitigkeiten mit den Nachlassverwaltern von Tolkien. Als dieser mehrere Jahre andauernde Konflikt beseitigt werden konnte, nahm man schließlich die Arbeit am „Hobbit“ wieder auf: Peter Jackson sollte produzieren und zusammen mit Philippa Boyens und seiner Frau Fran Walsh am Drehbuch arbeiten, während Guillermo del Toro („Pans Labyrinth“, „Hellboy 1 & 2“) Regie führen und ebenfalls am Drehbuch mitarbeiten würde. Doch dann ging Metro Goldwyn Mayer, das Filmstudio, dem die Hälfte der Hobbit-Rechte gehörten, pleite und musste Insolvenz anmelden. Das Fortbestehen des Studios war ungewiss, der Überlebenskampf und damit die Vorproduktion zogen sich endlos hin – so endlos, dass Guillermo del Toro sich schließlich aufgrund anderer Verpflichtungen vom „Hobbit“ verabschiedete. Schließlich entschloss sich Jackson, doch wieder selbst auf dem Regiestuhl Platz zunehmen.
Der ursprüngliche Plan sah vor, den „Hobbit“ zweiteilig zu verfilmen und auch Material aus den Anhängen des „Herrn der Ringe“ miteinzubeziehen. Nur wenige Monate vor Kinostart kündigte Peter Jackson allerdings an, den „Hobbit“ als Trilogie umsetzen zu wollen. Viele fragten sich nun, wie der „Hobbit“, ein doch recht dünner Roman, so viel Stoff hergeben sollte. Selbst die Tolkienfans, die die Anhänge des „Herrn der Ringe“ kannten, waren ein wenig skeptisch. Auch die Tatsache, dass der „Hobbit“ als erster Film mit einer höheren Bildrate (48 statt 24 Bilder pro Sekunde), die für mehr Details und ein besseres 3D-Erlebnis sorgen sollte, gedreht wurde, war alles andere als unumstritten. Erste Testvorführungen waren eher negativ, während die ersten Kritiken des kompletten Films in dieser Hinsicht sehr unterschiedlich ausfielen.
Betrachten wir den technischen Aspekt zuerst: Die höhere Bildrate ist in der Tat gewöhnungsbedürftig und man brauch eine Weile, bis man „rein“ kommt. Das Bild ist in der Tat gestochen scharf, doch gerade zu Beginn scheinen die Bewegungen mitunter ein wenig zu schnell abzulaufen, aber man gewöhnt sich daran und nach der ersten halben Stunde fällt es kaum mehr auf. Der befürchtete Soap-Effekt (für manche Fernsehserien wird ebenfalls die erhöhte Bildrate verwendet) stellte sich nicht ein, jedenfalls habe ich es so empfunden. Der 3D-Effekt profitiert durchaus von der höheren Bildrate, wirkt plastisch, aber nicht aufdringlich und ist mit Sicherheit das beste 3D seit „Hugo Cabret“. Auch die Feststellung, durch das enorm scharfe Bild würden die CGI-Effekte zu offensichtlich werden, kann ich so nicht bestätigen. Sicher, es mag ein oder zwei Stellen, an denen das der Fall sein mag (und in welchem CGI-lastigen Film gibt es die nicht?) aber im Großen und Ganzen wissen die Effekte vollauf zu überzeugen. Durch die Zusammenarbeit der erhöhten Bildrate und des 3D wirkt die Leinwand manchmal fast wie ein Fenster, durch das man nach Mittelerde sehen kann.
Und nun, kommen wir zum Film selbst. Wie oben erwähnt war (und ist) die Entscheidung, den „Hobbit“ als Trilogie zu verfilmen, sehr umstritten. Vor allem die amerikanischen Kritiker warfen „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ bereits vor, zu lang und ausschweifend zu sein – ironischerweise wurde bereits eine Special Extended Edition angekündigt, die dann wohl noch einmal eine halbe Stunde länger geht.
Auch sonst ist der Wiederhall zwar tendenziell eher positiv, aber durchaus gemischt, wobei der Film für die einen zu wenig HdR-Elemente enthält, während es für andere wiederrum zu viele sind.
Meine grundsätzliche Meinung lässt sich sehr knapp zusammenfassen: Sie ist wieder da, die alte Begeisterung, die ich verspürte, als ich 2001 nach der ersten Sichtung von „Die Gefährten“ das Kino verließ, diese Begeisterung, die nur sehr wenig Filme in mir wecken können. Ist „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ frei von Schwächen? Mit Sicherheit nicht, aber welcher Film ist das schon? Der erste Hobbit-Teil hat dieses gewisse, ganz seltene Etwas, das dafür sorgt, dass einen die Schwächen einfach nicht stören.
Über die Länge kann ich mich jedenfalls nicht beschweren. Mir waren schon die drei HdR-Filme zu kurz. Der „Hobbit“ nimmt sich nun angenehm viel Zeit. Nach einem beeindruckenden Prolog wird es erst einmal äußerst gemütlich. Vor allem die erste Hälfte des Films hält sich sowohl inhaltlich als auch atmosphärisch sehr genau an die Tolkien’sche Vorlage, was viele (vor allem unbedarfte) Kinogänger möglicherweise als langweilig empfinden – ich hatte damit kein Problem, im Gegenteil. Ab der zweiten Hälfte gibt es dann eine kräftige HdR-Injektion, bevor das Ganze in einem phänomenalen Finale gipfelt. Obwohl es wirklich sehr viele Bezüge zur Trilogie gibt, merkt man dennoch, dass „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ etwas Eigenes ist. An schierem Bombast kann es der erste Teil der Hobbit-Trilogie weder mit „Die Gefährten“ noch mit den anderen beiden HdR-Filmen aufnehmen, aber das wäre auch ein Fehler gewesen – der „Hobbit“ ist nun einmal eine kleinere Geschichte. Obwohl der Film „erwachsener“ und düsterer ist als der Roman merkt man ihm doch eine gewisse Leichtigkeit und Verspieltheit an, die der HdR-Trilogie (zu Recht) fehlt.
Darüber hinaus weiß der Film vor allem schauspielerisch durchweg zu überzeugen. Martin Freeman ist brilliant als Bilbo Beutlin, während Ian McKellen nahtlos an seine erste Darstellung von Gandalf anschließt. Der graue Zauberer ist hier noch ein wenig entspannter als in „Die Gefährten“. Thorin Eichenschild mag in der Vorlage älter sein, sodass im Vorfeld oft zu hören war, er sei der Aragorn-Ersatz, aber trotz seiner „Jugend“ ist Richard Armitage ein hervorragender Schauspieler, der den noblen, aber auch arroganten Thorin, der vor allem zu Beginn stark an Bilbo zweifelt, perfekt verkörpert. Auch die Zwerge sind schön individuell gestaltet. Zwar hätte ihre Charakterisierung noch ein wenig stärker sein können, allerdings gibt es ja noch zwei weitere Filme. Über die meisten anderen, die fast alle HdR-Veteranen sind, muss nicht mehr viel gesagt werden, da sie genau wie erwartet sind. Andy Serkis als Gollum muss allerdings noch einmal gesondert hervorgehoben werden. Der Meinung, dass die Bilbo-Gollum-Szene eine der besten des Films ist, schließe ich mich vorbehaltlos an.
Einzig bei den Schurken gibt es ein gewisses Manko, ihnen fehlt in diesem ersten Hobbit-Film das Schwergewicht, da sowohl Smaug als auch der Nekromant nur sehr, sehr kurz vorkommen. Während es in „Die Gefährten“ Saruman und die Ringgeister gab, muss im ersten Film der neuen Trilogie der Orkanführer Azog als temporärer „Hauptschurke“ herhalten, der einfach, man verzeihe das Wortspiel, ein wenig blass ist. Man merkt allerdings, wo Jackson und seine Co-Autoren mit ihm hinwollen. Während die Abenteuer bei Tolkien alle recht episodenhaft sind, versucht man im Film, sie besser miteinander zu verknüpfen – eines der Elemente ist Azog.
Erwähnenswert ist auch noch die Synchro, die, wie schon beim „Herrn der Ringe“, wirklich gut gelungen ist. Natürlich ist Eckart Dux als Gandalf erst einmal gewöhnungsbedürftig, da man immer noch den leider verstorbenen Joachim Höppner im Ohr hat, der in dieser Rolle einfach unübertrefflich war, aber Dux macht seine Sache sehr gut und ist eine ausgezeichnete Wahl.
In diesem Artikel werde ich nun nicht weiter in die Tiefe, die Details gibt es dann in meiner ausführlichen, subjektiven Analyse und natürlich im ebenfalls noch ausstehenden Review zum Soundtrack.
Fazit: Eindeutig der Film des Jahres – Peter Jackson hat es ein weiteres Mal geschafft, Mittelerde zum Leben zu erwecken.
Hobbit-Countdown:
Prämisse
Hobbit-Musik: Ein Ausblick
Historischer Atlas von Mittelerde
Der Hobbit – Comicadaption
Rückforderung der Natur
Siehe auch:
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension Teil 1
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 2
Der Hobbit: Eine erwartete Rezension – Teil 3
Der Hobbit: Eine unerwartete Reise – Soundtrack