The Suicide Squad

Mittlere Spoiler!
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Story: Es ist wieder einmal soweit: Amanda Waller (Viola Davis) hat ein spezielles Anliegen, für das sie einige der übelsten inhaftierten Superschurken zwangsverpflichtet. Auf der südamerikanischen Insel Corto Maltese fand jüngst ein Putsch statt, der eine neue, antiamerikanische Regierung an die Macht gebracht hat – aus diesem Grund muss „Jötunheim“, eine Forschungseinrichtung, in der gefährliche Experimente durchgeführt werden, zerstört werden. Waller stellt zwei Teams zusammen – das erste wird nonchalant geopfert, lediglich Harley Quinn (Margot Robbie) und Rick Flagg (Joel Kinnaman) überleben und müssen sich vorerst alleine durchschlagen. Zugleich kann das zweite Team, bestehend aus Bloodsport (Idris Elba), Peacemaker (John Cena), Polka-Dot Man (David Dastmalchian), Ratcatcher 2 (Daniela Melchior) und King Shark (Sylvester Stallone), seine Mission erfolgreich beginnen. Während sich die Mitglieder der Suicide Squad auf recht blutige und rücksichtlose Weise Jötunheim nähern, um über den Chefwissenschaftler Gaius Grieves (Peter Capaldi) Zugang zu erhalten, lernen sie nicht nur einander besser kennen, im Verlauf der Mission erfahren sie auch, dass deutlich mehr hinter den Kulissen ihrer Mission lauert…

Kritik: Suicide Squad, Versuch 2 – wir erinnern uns mit Sicherheit noch alle an David Ayers Versuch, die Task Force X auf die Leinwand zu bringen – ebenso wie an Warner Bros. recht hirnverbrannte Idee, den Film als Reaktion auf die schlechten Kritiken von „Batman v Superman: Dawn of Justice“ zum Neuschnitt an eine Trailerschmiede zu geben. Das Endergebnis ist ein Musterbeispiel dafür, wie man einen Film nicht schneiden und strukturieren sollte – von den ganzen inhaltlichen Problemen gar nicht erst zu sprechen. Dennoch war „Suicide Squad“, trotz unterirdischer Rezeption, erstaunlich erfolgreich, weshalb Warner trotz allem zumindest am Konzept (und Margot Robbies Harley Quinn) festhielt. Zuerst versuchte man, mit „Birds of Prey“ die Idee eines Antihelden-Team-Films rund um Harley ein zweites Mal umzusetzen, und nun mit „The Suicide Squad“ zum dritten Mal. Die Idee hinter diesem dritten Versuch ist schon logisch – Ayers Film war im Grunde der Versuch, eine DC-Version der „Guardians of the Galaxy“ zu schaffen, warum also nicht gleich den Guardians-Regisseur für diese etwas kuriose Mischung aus Reboot und Sequel anheuern?

Tatsächlich sind viele Elemente des Plots dem des Streifens von 2016 überaus ähnlich, sowohl die Grundkonstellation als auch der Umstand, dass Waller selbst Dreck am Stecken hat. Und gerade bei Bloodsport, seiner Ausgangssituation (problematische Beziehung zur Tochter) und seiner Entwicklung werde ich das Gefühl nicht los, dass zum einen oder anderen Zeitpunkt noch geplant war, Will Smiths Deadshot an seiner statt zu verwenden. Während es keine direkten inhaltlichen Verweise auf den Ayer-Film gibt, finden sich mit Viola Davis‘ Amanda Waller, Margot Robbies Harley Quinn, Joel Kinnamans Rick Flagg und Jai Courtneys Captain Boomerang vier Rückkehrer – wobei nur die ersten drei eine wichtige Rolle spielen, während Boomerang sehr schnell das zeitliche segnet.

Strukturell ist James Gunns „The Suicide Squad” deutlich solider als der Ayer-Film – wobei gerade hier Ayer kaum ein Vorwurf gemacht werden kann, schließlich war er zumindest für diesen Aspekt des Debakels nicht verantwortlich. Gunn hält sich im Großen und Ganzen an die klassische Drei-Akt-Struktur, allerdings mit Ausnahmen, die zeigen, dass man die Regeln durchaus verletzen kann, wenn man sein Handwerk beherrscht. Man könnte sagen, dass Gunn zwei separate Kurzfilme in diesen Langfilm integriert hat. Zum einen wäre das der Anfang, in dem wir dem Schurken Savant (Michael Rooker) folgen, der für die Suicide Squad rekrutiert wird, die anderen Mitglieder trifft, zum Einsatz geflogen wird und anschließend, wie fast alle anderen, äußerst unrühmlich (und sehr blutig) zu Tode kommt, bevor wir dann anschließend dem echten Ensemble, dem wir in diesem Film folgen, vorgestellt werden. Rein storytechnisch wäre dieser Prolog, der auch als in sich geschlossener DC-Kurzfilm funktionieren könnte, nicht nötig gewesen, zugleich ist er aber verdammt unterhaltsam und gibt einen guten Vorgeschmack auf die Tonalität des Films. Ähnlich von der Haupthandlung isoliert wirkt Harleys kurze, nennen wir es in Ermangelung eines besseren Wortes, „Romanze“ mit dem Präsidenten von Corto Maltese – diese ist ebenfalls eine relativ in sich geschlossene Episode, die ein wenig wie ein Fremdkörper wirkt, zugleich aber nicht nur äußerst kreativ und lustig ist, sondern auch Harleys Charakterentwicklung von der „Freundin des Jokers“ zu einer eigenständigen Person deutlich besser darstellt, als es „Birds of Prey“ gelingt.

Trotz aller Gemeinsamkeiten mit dem indirekten Vorgänger, sei es Handlung oder ungewöhnliche Struktur, gibt es vor allem einen großen Unterschied zum 2016er-Film: „The Suicude Squad“ funktioniert. Man merkt sofort, dass dies genau der Film ist, den James Gunn drehen wollte, ohne dass ihm jemand reingeredet hat. Und anders als andere Regisseure inner- wie außerhalb des DC-Universums besitzt Gunn genug Kompetenz, damit das auch klappt. Zwar wird es „The Suicide Squad“ nicht völlig gerecht, aber man kann durchaus stilistisch von einer Mischung aus Gunns früherer Superhelden-Dekonstruktion „Super“ und den beiden „Guardians of the Galaxy“ sprechen. Gewaltgrad und kruder Humor, der oft unter der Gürtellinie einschlägt, erinnern eindeutig an Ersteren, während die Teamdynamik und die Figurenzeichnung und -entwicklung Parallelen zu den „Guardians“ aufweisen – dieses Mal allerdings ohne, dass Gunn an die Vorgaben des MCU gefesselt wäre. Unter all dem Blut und den perfiden Gags steckt nämlich verdammt viel Herz, gerade wenn es um Bloodsport, Ratcatcher 2 und Polka-Dot Man geht. Selbst King Shark, von dem man meinen könnte, er sei eher ein wandelnder Gag, wird von Gunn als Figur ernst genommen. Apropos Figuren: Gunn hat sich hier wirklich in die Tiefen des DC-Universums begeben und, mit nur einigen wenigen Ausnahmen (primär Harley) wirklich die C- und D-Liste der Schurken abgearbeitet. Zudem bekommt hier Starro, der Eroberer, ein essentieller Justice-League-Feind, seinen ersten Leinwandauftritt.

Alles in allem scheint „The Suicide Squad“ viele der „normalen“ Kinogänger, die sich nicht unbedingt in die Materie einarbeiten, eher irritiert oder überfordert zu haben, sei es wegen des nicht besonders gelungenen Marketings, des Umstandes, dass hier ein Sequel zu einem Film geliefert wird, der einen ziemlich schlechten Ruf hat (und zudem fast gleich heißt), der eher antiamerikanischen Botschaft zum vielleicht falschen Zeitpunkt oder aufgrund der oben aufgezählten inhaltlichen Eigenheiten. Jedenfalls kann sich Gunns Werk an den Kinokassen nicht behaupten, wobei es angesichts von Corona und dem damit zusammenhängenden Umstand, dass der Film in den USA parallel auf HBO Max veröffentlicht wurde, schwer zu sagen ist, wie die Zahlen tatsächlich zu interpretieren sind. Bei all dem sollte man über eine simple Tatsache aber nicht hinwegsehen: James Gunns „The Suicide Squad“ sieht nicht nur grandios aus und verfügt über einen tollen Cast, der zweite Leinwandausflug der Task Force X ist ein vollkommen gelungener Anti-Helden-Film mit viel krudem Humor, viel Blut und vor allem viel Herz.

Fazit: Wenn der Suicide-Squad-Film von 2016 nötig war, um „The Suicide Squad“ zu bekommen, dann war es das wert. James Gunn liefert einen ebenso kompromisslosen wie lustigen und berührenden DC-Film ab, der ohne Frage der bislang beste des immer weiter ausfransenden DC Extended Universe ist.

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Harleen

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Harley Quinn feierte ihr Debüt 1992 in „Batman: The Animated Series“, genauer gesagt der Folge „Joker’s Favor“. Seit damals hat sich viel getan, die Figur erwies sich als so populär, dass sie ihren Weg in die reguläre Kontinuität des DC-Universums fand und seither ein unverzichtbarer Teil von Batmans Kosmos wurde. Mehr noch, Harley emanzipierte sich von ihren Wurzeln als „Freundin des Jokers“, bekam diverse Soloserien, wurde wichtiger Teil der Suicide Squad und schaffte sogar den Sprung auf die große Leinwand. Da verwundert es kaum, dass diese Figur, die so erfolgreich ist wie kaum eine zweite, auch zur Hauptfigur einer Graphic Novel des prestigeträchtigen Labels „DC Black“ wurde. Besagtes Label wurde ins Leben gerufen, um düsterere und erwachsenere Geschichten mit den DC-Figuren erzählen zu können, ohne dass sich die Autoren und Zeichner mit der fortlaufenden Kontinuität belasten müssen. „Batman: White Knight“ (hierzulande „Batman: Der weiße Ritter“) wurde dem Label zwar erst nachträglich zugeordnet, die Konzeption dieser Geschichte ist allerdings ein Paradebeispiel.

Ähnlich wie „White Knight“ ist auch „Harleen“ primär das Produkt eines kreativen Kopfes, wie schon Sean Murphy vor ihm fungiert bei diesem Werk der kroatische Künstler Stjepan Šejić als Autor und Zeichner in Personalunion. Ursprünglich erschien „Harleen“ im englischsprachigen Raum in drei Teilen (Panini hat erst vor einigen Wochen den ersten Band in der deutschen Übersetzung herausgebracht), wurde im Nachhinein allerdings in einem wirklich schönen, ansprechenden Hardcover-Sammelband im Überformat und mit Schutzumschlag herausgegeben, den ich mein Eigen nenne und der gerade für bibliophile Menschen wirklich sehr empfehlenswert ist.

Inhaltlich kehrt Šejić zu den Wurzeln der Figur zurück. In den letzten 18 Jahren veränderte sich Harley Quinn enorm und wurde ein Stück Weit zu DCs Gegenstück zu Deadpool, besonders in ihrer eigenen Serie erlebt Harley primär anarchisch komisch Metaabenteuer. Im Grunde handelt es sich bei „Harleen“ um eine Neufassung des legendären „The Batman Adventures: Mad Love“. In diesem Tie-in zu „Batman: The Animated Series“ beleuchteten Paul Dini und Bruce Timm die Hintergründe der Figur. Der Comic erwies sich als enorm populär, tauch regelmäßig in den Top-10-Listen der besten Batman-Comics auf und wurde bereits mehrfach adaptiert, unter anderem in einer späteren Folge von „Batman: The Animated Series“ mit dem selben Titel, in diversen anderen Comics, etwa ihrem Debüt in den regulären Batman-Comics im Rahmen des One-Shots „Batman: Harley Quinn“, oder in anderen Medien, die Harleys Origin erzählen und dazu Elemente aus „Mad Love“ aufgreifen, etwa „Batman: Arkham Origins“ oder „Suicide Squad“. Für „Harleen“ bedient sich Šejić der fast schon ikonischen Geschichte, verankert sie in einer realistischeren Welt und gibt ihr und der Figur noch deutlich mehr Kontext. Das Label „DC Black“ ermöglicht genau das, ohne dass der Comic dabei in eine Orgie aus Gewalt oder Obszönitäten absinkt. Es handelt sich zweifelsohne um „Adult Content“, der seine Möglichkeiten aber subtil auslotet.

Dementsprechend vertraut ist uns Batman-Fans die Handlung: Harleen Quinzel ist Psychiaterin im Arkham Asylum und versucht, dem Wahnsinn des Jokers auf die Spur zu kommen, gerät dabei in seine Fänger und verfällt ihm am Ende. Šejić verpasst diesem Grundplot natürlich noch deutlich mehr Fleisch, liefert mehr Kontext dafür, dass Harleen in Arkham anfängt und stellt auch einige interessante moralische Fragen bezüglich Rehabilitation von Verbrechern und Verlust der Empathie – tatsächlich handelt es sich dabei um die zentralen Themen des Werkes. Besonders Harvey Dent ist in diesem Zusammenhang die interessanteste Figur; Šejićs Version des zum Schurken gewordenen Staatsanwaltes gefällt mir außerordentlich gut. Mir missfällt es des Öfteren, wenn Two Face nach seiner tragischen Entstellung zum gewöhnlichen Gangster wird und beispielsweise Banken überfällt. Šejić lässt ihn dagegen seine Ideale weiterverfolgen – wenn auch auf deutlich inhumanere Art und Weise.

Aber zurück zur eigentlichen Hauptfigur. In diesem Kontext sollte noch erwähnt werden, dass der Titel des Werkes sehr treffend gewählt ist, denn tatsächlich bekommwen wir die klassische Harley Quinn so gut wie gar nicht zu Gesicht, erst ganz am Ende schlüpft sie ins Kostüm. Hier wird tatsächlich die Geschichte von Harleen Quinzel erzählt, konsequent, nachvollziehbar und so geerdet, wie das im Rahme eines derartigen Comics eben möglich ist. Šejić  erforscht ihre Ambitionen und zeichnet das glaubwürdige Bild einer jungen Frau, die erst traumatisiert wird und sich dann mit ihrem Traume auseinandersetzt – mit fatalen Folgen für alle Beteiligten.

Die Zeichnungen sind dabei nicht zu vernachlässigen. Es ist immer interessant, wenn Texte und Zeichnungen von derselben Person stammen, da die visuelle Umsetzung der Geschichte demselben Geist entstammt wie die Geschichte selbst und dem Leser quasi ungefiltert präsentiert wird. Ebenso interessant ist es, wenn sich europäische Künstler an Batman versuchen. Šejić mag Kroate sein, aber mich persönliche erinnert sein sehr filigraner Stil mit den äußerst ausdrucksstarken Gesichtern durchaus an frankobelgische Comics – ähnlich ging es mir mit vergleichbaren europäischen Zeichnern, die sich an Batman versucht haben, etwa Enrico Marini oder Guillem March. Wie dem auch sei, Šejićs Zeichnungen setzen die Erzählung wunderbar um und verfügen über charakteristische Eigenheiten, die ich bei diversen amerikanischen Comics der letzten Jahre vermisst habe. Gerade im Bereich der Superheldenserien scheint sich eine gewisse Uniformität durchgesetzt zu haben, vieles sieht ähnlich bzw. standardisiert aus. Mein größter Kritipunkt an Šejićs Arbeit ist seine Darstellung des Jokers, der mir hier zu attraktiv aussieht. Andererseits ist die Handlung primär aus Harleens Perspektive erzählt, insofern ist das durchaus legitim – ich bin halt einfach ein Fan des dämonischen Jokers von Brian Bolland.

Fazit: Gelungene Neuerzählung von Harley Quinns Origin in opulenten Bildern, die sich von humoristischen Version der Figur distanziert und zu ihren tragischen Wurzeln zurückkehrt.

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Batman: Der weiße Ritter

Batman: Der weiße Ritter

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„The Lego Batman Movie“ war zweifellos eine der besten Batman-Geschichten der letzten Jahre, die sowohl im Real- als auch im Animationsbereich die Konkurrenz weit hinter sich ließ. Der Film funktioniert zugleich als Parodie und liebevolle Dekonstruktion, der es gelingt, jeden Aspekt von Batmans Geschichte mit einem Augenzwinkern zu integrieren, wobei die Beziehung zwischen Batman und dem Joker im Mittelpunkt steht. Manch einer mag sich nun gefragt haben: Könnte das auch in ernster Form funktionieren? Comic-Szenarist und -Zeichner Sean Murphy hat sich diese Frage wohl bewusst oder unbewusst auf jeden Fall gestellt, denn die Graphic Novel „Batman: Der weiße Ritter“ scheint genau auf dieser Prämisse zu basieren: Was würde dabei herauskommen, wenn man die Handlung von „The Lego Batman Movie“ nicht als bunte Parodie, sondern als düsteres Drama erzählen würde?

Tatsächlich beginnen Comic und Film fast identisch, nämlich mit einer Auseinandersetzung zwischen Batman und dem Joker, in der es nicht so sehr um das eigentliche Verbrechen des Jokers geht, sondern um die Symbiose der beiden. Im Film wie im Comic möchte der Joker, dass Batman sich eingesteht, dass beide aufeinander angewiesen sind, und beide Versionen von Batman wollen das natürlich nicht wahrhaben. Hier endet die Konfrontation damit, dass Batman seinen Erzfeind vor den Augen Nightwings, Batgirls und der Polizei von Gotham brutal zusammenschlägt. Anschließend verfolgt Murphy die thematische Prämisse weiter, wählt aber einen deutlich anderen Handlungsverlauf: Der Joker wird gesund. Dank eines neuartigen Mittels, das ein wenig zu sehr nach Plot-Convinience stinkt, wird aus Batmans Erzfeind wieder Jack Napier, ein rationaler Mensch, der erkennt, dass Batmans Kampf gegen das Verbrechen Gotham schadet. Als geläuterter Ex-Superschurke versucht Napier nun, Batman auf scheinbar (die Betonung liegt auf scheinbar) legalem Weg das Handwerk zu legen und seine schädliche Selbstjustiz zu beenden.

Die Idee, die Rolle von Held und Schurke zu tauschen, ist nun nicht allzu revolutionär, in DCs Multiversum gibt es eine ganze Erde, die auf dieser Prämisse basiert und mit dem Crime Syndicate of America über eine Anti-Justice-League, in der es mit Owlman auch ein böses Batman-Gegenstück gibt, das, je nach Version, gegen den Jokster bzw. Jester, eine heroische Version des Jokers kämpft. Auch im Elseworlds-Bereich findet sich diese Idee das eine oder andere Mal, etwa in „Catwoman: Guardian of Gotham“. In diesem, nicht allzu gelungenen Zweiteiler, sind es Batman und Catwoman, die die Rollen tauschen, wobei Batman allerdings nicht zum Catowman-artigen Antihelden, sondern zum rotäugigen Psychopathen wird. Wie dem auch sei, Sean Murphy baut seine Graphic Novel zwar auf dieser Prämisse auf, bemüht sich aber, nicht nur mit einer einfachen Umkehrung zu arbeiten. Gerade zu Anfang zeigt er eine Version von Batmans Welt, die sich sehr nah der der normalen Kontinuität orientiert; Batgirl trägt ein Kostüm das an das der Rebirth-Comics erinnert. Im Verlauf zeigt sich aber, dass sich Sean Murphys Gothams City durchaus von dem des Standard-DC-Univerums unterscheidet. Viele Elemente, etwa Jason Todds Tod durch die Hand des Jokers oder Mister Freezes Hintergrund, wurden zwar übernommen, aber mit einem neuen Twist versehen. Insgesamt bemüht sich Murphy, keine einfachen Wege zu gehen; die beiden Figuren tauschen nicht einfach nur die Rollen, sie werden als weitaus komplexere und vielschichtigere Figuren dargestellt, die man nicht einfach einem simplen Gut/Böse-Schema zuordnen kann.

Dabei ist „Der weiße Ritter“ kaum weniger meta als „The Lego Batman Movie“. Das geht schon beim Titel los, der natürlich auf „The Dark Knight“ verweist; tatsächlich bekommt der Joker hier eine ähnliche, dem Dunklen Ritter entgegengesetzte Rolle wie Harvey Dent in Nolans Film. Auch sonst strotzt die Graphic Novel nur so vor Anspielungen und Kommentaren. So hat sich der Joker beispielsweise eine neue Harley Quinn zugelegt (ein Verweis auf die Episode „Joker’s Millions“ aus „Batman: The Animated Series“), die sehr stark an die Version der Figur aus David Ayers „Suicide Squad“ erinnert. Die ursprüngliche Harley, die anschließend auftaucht und die neue Version kritisiert, dürfte dagegen vielen Fans, die mit dem neuen Design der Figur in Film und Comics nicht einverstanden sind, aus der Seele sprechen. Auch sonst finden sich Anspielungen en masse, sei es das „Bat-Zimmer“ des Jokers, in dem sich primär Memorabilia aus Tim Burtons „Batman“ und „Batman: The Animated Series“ finden, über den wahren Namen des Jokers (Jack Napier, ebenfalls aus Burtons Batman) und Batmans Kostüm, das wie eine Mischung aus Millers Dunklem Ritter und dem ursprünglichen Anzug aus Detective Comics 27 wirkt, bis hin zu den diversen Batmobilen am Schluss, die natürlich ebenfalls aus den Filmen und Serien stammen.

Insgesamt setzt sich Murphy auf sehr gelungene Weise sowohl mit der Beziehung zwischen Batman und dem Joker (und auch der Beziehung zwischen Joker und Harley sowie Batman und seinen Verbündeten) als auch den Auswirkungen, die ein Vigilant wie Batman auf eine Stadt hätte, auseinander. Umso beeindruckender ist, dass Murphy auch noch für die Zeichnungen verantwortlich war. Sein Strich ist sehr leicht und elegant; es gelingt ihm gut, visuelle Anspielungen an die legendären Batman-Zeichner der Vergangenheit unterzubringen, dabei aber individuell zu bleiben. Besonders merkt man ihm die Liebe zum Stil von „Batman: The Animated Series“ an.

Fazit: „Batman: Der weiße Ritter“ ist zweifelsohne eine der besten Batman-Geschichten der letzten Jahre. Wer gerne wüsste, wie eine ernste Version des „Lego Batman Movie“ mit ähnlichen Qualitäten aussieht, sollte unbedingt zugreifen.

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Siehe auch:
The Lego Batman Movie

Batman und Harley Quinn

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Story: Poison Ivy (Paget Brewster) hat sich mit dem Floronic Man (Kevin Michael Richardson) verbündet, um alles Leben auf der Erde in botanische Hybriden zu verwandeln, um so den Klimawandel zu stoppen. Batman (Kevin Conroy) und Nightwing (Loren Lester) können das natürlich nicht zulassen. Nur eine Person kann ihnen dabei helfen, Ivy aufzuspüren: Die rehabilitierte Harley Quinn (Melissa Rauch). Die ehemalige Geliebte des Jokers mag zwar dem Verbrechen abgeschworen haben, ist aber nach wie vor nicht besonders umgänglich, doch Batman und Nightwing haben keine Wahl, wenn sie Ivy und den Floronic Man stoppen wollen…

Kritik: Als Batman-Fan hat man es dieser Tage nicht leicht. Nicht nur die Realfilme enttäuschen, auch aus dem Animationsbereich, einstmals ein Qualitätsgarant, kommt bestenfalls suboptimale Ware (die einzige Ausnahme ist „The Lego Batman Movie“). Dabei klingen die Konzepte eigentlich sehr vielversprechend, sei es eine Adaption von „The Killing Joke“ oder, wie hier, ein Revival von „Batman: The Animated Series“. Gerade darauf habe ich, wie so viele andere auch, gewartet, seit Warner mit den „DC Universe Animated Original Movies“ loslegte. Umso enttäuschender ist das Ergebnis.

Zugegebenermaßen war es durchaus nett, eine den technischen Standards angepasste Version des klassischen Animationsstils zu sehen, das ist im Grunde aber auch schon das Beste, was sich über „Batman und Harley Quinn“ sagen lässt. Leider orientierte sich Bruce Timm, der die Story verfasste und zusammen mit Jim Krieg auch das Drehbuch schrieb, nicht an der Crème de la Crème des DCAU (wie etwa „Batman: Mask of the Phantasm“ oder „Two Face“), sondern griff den Grundplot der Episode „Harley’s Holiday“ auf (Batman muss sich mit einer zumindest scheinbar rehabilitierten Harley Quinn verbünden, um ein Verbrechen aufzuklären), die sich zufälligerweise auch als Bonusmaterial auf der BD befindet. Nun ist „Harley’s Holiday“ keineswegs eine schlechte Episode und tatsächlich ziemlich witzig und kurzweilig, aber für die Rückkehr dieses Animationsstils hätte ich mir doch etwas anderes gewünscht, etwas das, der emotionalen Intensität der oben erwähnten Beispiele zumindest nahe kommt.

Im Grunde ist „Batman und Harley Quinn“ ein Brückenschlag zwischen „Batman: The Animated Series“ und der Adam-West-Serie aus den 60ern, kombiniert mit ziemlich krudem, selbstironischem und mitunter äußerst anzüglichem Humor, der ein wenig an „Deadpool“ erinnert. Nicht, dass es diese Art von Humor im DCAU nicht auch gegeben hätte, aber die strenge Zensur veranlasste die Autoren damals, derartige Witze und Anspielungen weitaus subtiler zu gestalten, während „Batman und Harley Quinn“ diesbezüglich sehr plump daherkommt. Manchmal funktionieren die Gags ganz gut, viele fallen aber höchst flach und unamüsant aus. Musste der ausgedehnte Furz-Witz wirklich sein? Insgesamt ist „Harley’s Holiday“ traurigerweise die bessere, lustigere und pointiertere Umsetzung dieses Plots. Über die beiden Schurken muss man ohnehin keine Worte verlieren, sie sind kaum mehr als Staffage. Letztendlich handelt es sich hierbei weniger um ein Geschenk an die Fans der klassischen Animationsserie, sondern eher um einen Versuch, aus Harleys aktueller Popularität noch mehr Gewinn herauszupressen.

Selbst die Sprecherriege ist durchwachsen. Mit Kevin Conroy und Loren Lester kehren zwei DCAU-Veteranen zurück. Conroy spricht Batman gewohnt routiniert, wird vom Material aber kaum gefordert. Loren Lester klingt trotz seines fortgeschrittenen Alters immer noch sehr jugendlich, bekommt aber ebenfalls kaum brauchbares Material. Was ist nur aus dem Nightwing der Episode „Old Wounds“ geworden, der mit sich selbst, seiner Identität und Batmans Methoden haderte? Und schließlich wäre da noch Melissa Rauch, die Arleen Sorkin als Harley Quinn mehr schlecht als recht ersetzt. Irgendwie passt ihre Stimme einfach nicht. Ich kann mir nicht helfen, ich höre immer nur Bernadette, auch wenn die Stimmlage nicht ganz so hoch ist.

Immerhin haben die Macher den Anstand, wenigstens einmal Shirley Walkers ikonisches Batman-Thema einzubauen, wenn sie mit Michael McCuistion, Lolita Ritmanis und Kristopher Carter schon drei Komponisten verpflichten, die unter Walker bereits an „Batman: The Animated Series“ arbeiteten. Es ist trotzdem verdammt schade, dass es nicht einmal einen großen, dramatischen Auftritt des Dunklen Ritters gibt, bei dem er mit weit ausgebreitetem Umhang durch ein Fenster bricht, begleitet von besagtem Thema. Ist das denn zu viel verlangt?

Fazit: Trotz ansehnlicher Animationen erweist sich „Batman und Harley Quinn“ als ziemlich Enttäuschung. Ein „in den besten Momenten halbwegs amüsant“ reicht für ein Revival von „Batman: The Animated Series“ einfach nicht aus. Nächstes Mal bitte wieder mit etwas Herzblut.

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Siehe auch:
Batman: The Animated Series
Batman: The Killing Joke

Batman Adventures 22

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Normalerweise rezensiere ich sehr ungern Einzelhefte (das „normale“ deutsche Einzelheft enthält zwei US-Ausgaben einer Serie), da sie doch vergleichsweise wenig Inhalt haben und oft nur Teil einer größeren Story sind, die man am besten am Stück bewertet. Warum mache ich also ausgerechnet für ein doch ziemlich obskures Heft wie Batman Adventures 22 eine Ausnahme? Ganze einfach: Es ist nicht nur mein erster Batman- oder Superheldencomic, es ist mein erster, eigener Comic überhaupt; er ist gewissermaßen mein Äquivalent zu Dagobert Ducks erstem Zehner.
Als ich ein Junge von sieben Jahren war (das war 1997, falls jemanden mein Alter interessiert), kam gerade Tim Burtons erster Batman-Film im Fernsehen, den ich zusammen mit meinen Eltern anschauen durfte und, was soll man sagen, ich war sofort begeistert. Irgendwann kurz darauf entdeckte mein Vater das Sujet dieses Reviews bei einem Zeitschriftenhändler und kaufte es mir. Dieses, mein erstes Superheldenheft, hinterließ einen mindestens ebenso bleibenden Eindruck wie „Batman“ und ich habe es als Kind heiß und innig geliebt (entsprechend sieht es inzwischen auch aus).
In der Tat war 1997 ein ziemlich gutes Jahr, um mit dem Comicsammeln anzufangen. Der Dino-Verlag hatte 1995 damit begonnen, die Heftserie The Batman Adventures, die Begleitcomics zu „Batman: The Animated Series“ herauszugeben. Diese lief sehr erfolgreich, weshalb Dino schon bald anfing, das Programm zu erweitern. Zuerst brachte der Verlag die Superman-Serien, dann die „normalen“ Batman-Serien, Justice League, DC vs. Marvel usw. Zuvor waren DC-Comics in Deutschland entweder in überteuerten Alben oder Paperbacks und oft auch nur mit eher zweifelhafter Druck- und Übersetzungsqualität erschienen (wer erinnert sich noch an so toll eingedeutschte Namen wie „Blitzschwalbe“ für Black Canary?).
Aber nun zum eigentlichen Heft: Batman Adventures 22 enthält US-The Batman Adventures Annual 1, also eine Spezialausgabe, die den doppelten Umfang eines US-Hefts besitzt. Es handelt sich dabei um eine Anthologie verschiedener kürzerer Geschichten, eingebettet in eine Rahmenhandlung, verfasst von Paul Dini, einem der beiden B:TAS-Serienschöpfer persönlich, und illustriert von mehreren Zeichnern. Die Illustrationen der Rahmenhandlung stammen von Bruce Timm, Serienschöpfer Nummer 2.
Am Anfang erinnert sich Batman, da im Fernsehen gerade über ihre Entlassung berichtet wird, an die Verhaftung der zur Diebin gewordenen, ehemaligen Stuntfrau Roxy Rocket, die extra für dieses Heft erfunden wurde und später ihren Weg in die Zeichentrickserie fand. Jede der folgenden drei kurzen Geschichten besteht aus einer Erinnerung Batmans an einen scheinbar rehabilitierten Schurken, der wieder auf die schiefe Bahn gerät.
„Puppenshow“ (illustriert von Mike Parobeck und Matt Wagner) ist dabei die längste. Im Mittelpunkt steht Arnold Wesker, der Bauchredner, der von einem rachedurstigen Fernsehstar dazu verleitet wird, mit seiner Puppe Scarface neue Verbrechen zu begehen.
„24 Stunden“ (Bruce Timme und Dan De Carlo) ist eher humoristischer Natur und kommt, bis auf einen einleitenden Kommentar von Alfred, nur mit den Worten „Och Menno“ aus. Auf vier Seiten wird Harley Quinn aus Arkham entlassen, vom Joker zu neuen Verbrechen angestiftet und schließlich Batman „geopfert“, damit er entkommen kann. Die Geschichte endet für Harley dort, wo sie begann: In Arkham.
„Hörsaal“ (gezeichnet von Klaus Janson) handelt von Scarecrow, der sich in seine Zeit als Dozent zurückversetzt, einem entführten Studenten von seinem Versuch, zur Normalität zurückzukehren erzählt und an ihm gleichzeitig experimentiert, bis Batman die Vorlesung beendet.
Schließlich kehren wir zurück zur Rahmenhandlung: Roxy Rocket scheint bereits rückfällig geworden zu sein, doch es stellt sich heraus, dass die Verbrechen, die Roxy angehängt werden, in Wahrheit von Selina Kyle alias Catwoman begangen wurden: Es kommt zur Konfrontation zwischen ihr, Batman und Roxy…
Batman Adventures 22 mag zwar nicht zu den großen Klassikern unter den Batman-Comics gehören, bietet aber eigentlich einen ziemlich guten Einstieg in die Welt des Dunklen Ritters, vor allem für einen Siebenjährigen, der mit anderen guten Einstiegspunkten oder Klassikern wie „Batman: Year One“ oder „The Killing Joke“ wohl geringfügig überfordert wäre. Durch den Anthologiecharakter des Heftes bekommt man einen guten Überblick über viele der wichtigen Schurken. Nebenbei wird auch gleich die gesamte Bandbreite der Zeichentrickserie abgearbeitet. „24 Stunden“ ist beispielhaft für die eher humoristischen Episoden („Harleys Holidays“ hat sogar eine ähnliche Thematik), die Rahmenhandlung ist ziemlich actionhaft, während „Hörsaal“ ziemlich düster ist. Und dann wäre da noch „Puppenshow“ – als Kind mochte ich diese Geschichte am wenigsten, während der Showdown zwischen Roxy, Catwoman und Batman mein Lieblingsteil des Heftes war, heute allerdings denke ich, dass „Puppenshow“ in der Tat der beste Teil des Heftes ist, da gerade diese Geschichte sehr schön in der Tradition von TAS-Folgen wie „Heart of Ice“ oder „Two-Face“ steht und die tragische Seite des Schurken betont. Wie auch die Serie insgesamt wandelt dieses spezielle Heft auf dem schmalen Grad zwischen noch kindgerecht auf der einen Seite und trotzdem ziemlich düster und erwachsen auf der anderen.
Zeichnerisch orientiert sich das Heft natürlich vor allem am B:TAS-Stil – kein Wunder, wurde ein Großteil davon ja von Bruce Timm, dem Erfinder dieses Stils, illustriert. Mike Parobeck und Matt Wagner (Letzterer schrieb und zeichnete später die gelungenen Batman Miniserien „Batman und die Monstermänner“ und „Batman und der rote Mönch“) imitieren den TAS-Stil ziemlich genau, während Klaus Jansons Zeichnungen zwar ebenfalls angepasst sind, sich aber zugleich ein wenig von Timm entfernen und detailreicher und düsterer sind.
Fazit: Kein „offizieller“ Meilenstein der Batman-Comic-Geschichte, aber ein privater. Auch nach all den Jahren ist Batman Adventures 22 nach wie vor ein äußerst solides Heft, das einen optimalen Einstieg in die Welt des Dunklen Ritters ermöglicht und nach wie vor einen besonderen Platz in meinem Herzen einnimmt.

Siehe auch:
Batman 2