Der Snyder-Cut rückt näher. Nun gut, zugegebenermaßen ist er eigentlich schon da, weil ich allerdings keine Lust auf Sky Ticket habe, werde ich ihn mir erst zu Gemüte führen, wenn er als Download oder Blu-Ray erworben werden kann. Da ich ohnehin nicht der größte Fan von Synders Interpretation der DC-Helden bin, verkrafte ich die Wartezeit schon. Bis es allerdings soweit ist, lohnt es sich durchaus, die primäre Inspirationsquelle des Films unter die Lupe zu nehmen. Während Snyder und Chris Terrio in „Batman v Superman: Dawn of Justice“ viele Elemente aus Frank Millers „The Dark Knight Returns” entlehnten, ist die (wenn auch lose) Vorlage von „Justice League“ (egal ob Snyder- oder Whedon-Cut) ein deutlich jüngeres Werk.
Zuerst allerdings ein wenig Kontext: 2011 entschloss man sich bei DC (mal wieder) zu einem kosmischen Reboot, um die Kontinuität zu sortieren und Neulesern den Einstieg zu erleichtern. 52 Serien begannen mit einer neuen Nummer 1 – daher auch der Name „New 52“ (zugleich die Anzahl der Parallel-Erden in DCs Multiversum). Viele Helden wurden fast völlig auf Null heruntergefahren und jegliche Ereignisse der vorherigen Kontinuität wurden ausgelöscht, allerdings nicht alle – Batman und Green Lantern wurden größtenteils intakt gelassen. Im Rahmen der Miniserie „Flashpoint“ wurde dieser Reboot umgesetzt. Vielleicht die zentrale Serie der New 52 war die neue Justice-League-Serie, geschrieben Geoff Johns, dem leitenden kreativen Kopf hinter dem Reboot, und bebildert vom zeichnerischen Schwergewicht Jim Lee. In den ersten sechs Ausgaben erzählten Johns und Lee, wie sich das Team in dieser neuen Kontinuität zum ersten Mal zusammenfindet.
In Gotham City wird Batman von merkwürdigen, dämonischen Kreaturen attackiert. Gemeinsam mit Green Lantern, mit dem er sich allerdings nicht allzu gut versteht, ermittelt der Dunkle Ritter. Sie stoßen auf eine nicht minder ominöse außerirdische Box und beschließen, sich an das bekannteste Alien zu wenden: Superman. Gemeinsam begeben sie sich nach Metropolis, allerdings ist der Mann aus Stahl nicht unbedingt gesprächsbereit und attackiert die beiden. Auch das Eingreifen Flashs ändert daran nichts. Schließlich können die vier Helden sich allerdings halbwegs einigen, denn schon kurz darauf kommt es zur großangelegten Invasion der Erde durch den finsteren Gott Darkseid und seine Paradämonen-Armee. Gemeinsam mit den Helden Wonder Woman, Cyborg und Aquaman bilden sie zu siebt die Verteidigungslinie der Erde.
Johns und Lee inszenieren dieses erste Zusammentreffen der Liga als opulenten, atemlosen Action-Blockbuster, tiefer gehende Charakterisierung der Figuren sucht man dabei aber vergebens. Johns hat hier natürlich den Luxus, nicht allzu groß auf die Ursprünge eingehen zu müssen, da selbst Neueleser die Figuren wahrscheinlich kennen. Bis auf Cyborg sind alle Helden bereits voll etabliert, nur Victor Stone, traditionell Mitglied der Teen Titans und nicht der Justice League, erhält hier eine volle Origin, die mit dem Plot um dem angreifenden Darkseid verknüpft ist. Insgesamt wird der Charakterzeichnung der Figuren nicht allzu viel Platz eingeräumt und zudem wirken sie alle eher unsympathisch. Batman ist der typische grimmige Einzelgänger, Green Lantern kommt ziemlich arrogant rüber und Superman ist von seiner positiven Prä-Flashpoint-Interpretation relativ weit entfernt – er wirkt jünger (das Gesicht erinnert fast an Superboy) und deutlich aggressiver. Er ist nicht unbedingt der brütende Cavill-Superman, aber eben auch nicht der optimistische Held, den man gemeinhin mit ihm assoziiert. Wonder Woman ist noch neu in der „Welt der Männer“ und wird von Johns recht naiv, aber kampfesfreudig gezeichnet, während Flash das wohl bodenständigste und sympathischste Mitglied des Teams ist. Cyborg wird primär über die Tragödie seiner Origin charakterisiert und muss lernen, mit seinem Schicksal klarzukommen (nicht, dass man ihm dazu besonders viel Zeit einräumen würde) und Aquaman stößt schließlich reichlich spät zum Team und kommt ebenfalls reichlich selbstgerecht und arrogant daher. Die insgesamt eher negative Charakterisierung der Figuren erinnert recht stark an Mark Millars „The Ulitmates“, eine Neuinterpretation der Avengers aus dem Jahr 2002.
Gerade im Vergleich zu Grant Morrisons JLA-Run (den zu loben ich nie müde werde) fällt leider negativ auf, wie wenig hier mit sechs Ausgaben eigentlich erreicht wird – was nicht bedeutet, dass „Justice League: Origin“ nicht durchaus kurzweilig und unterhaltsam wäre. Besonders die Interaktionen von Green Lantern und Batman sind ziemlich amüsant, vor allem, da sie einen gelungenen Payoff am Ende haben. Fast alle anderen Figuren kommen aber schlicht zu kurz, vor allem Aquaman stößt ziemlich unmotiviert zum Team. Leider lässt auch Darkseid seine übliche Raffinesse vermissen – der Herrscher von Apokolips funktioniert als Strippenzieher oder unbegreifliche Entität besser denn als offensiver Gegner, mit dem sich die Liga direkt prügelt.
Auf der visuellen Ebene hingegen ist „Justice League: Origin“ dank Jim Lee über jeden Zweifel erhaben, sofern man seinen Stil schätzt. Lee ist nicht ohne Grund einer der beliebtesten Zeichner des Business, seine Panels sind detailliert und dynamisch, die Figuren wirken zugleich überlebensgroß und menschlich. Die meisten Kritikpunkte, die ich habe, beziehen sich auf das New-52-Redesign der Figuren – Superman wirkt, besonders in Kombination mit seinem eher rüstungsartigen Aufzug, einfach zu jung. Auch der neugestaltete Darkseid will mir nicht unbedingt zusagen, sein aufwendiger gestaltetes Äußeres ist… zu viel. Gerade bei Darkseid ist weniger oftmals mehr.
Um nun am Ende noch zum Synder-Cut zurückzukehren: Allein bei der Inhaltsangabe zeigt sich schon, welche Elemente für Snyders „Justice League“ übernommen wurden. Da wäre zuerst der Grundplot, der Angriff auf die Erde durch die Horden von Apokolips. Im Film werden diese zwar von Steppenwolf angeführt, in letzter Konsequenz steckt aber natürlich immer Darkseid dahinter. Ich persönlich halte es tatsächlich für besser, Darkseid nicht selbst zum ersten Gegner der Liga zu machen, wenn man ihn schon als übergeordneten Schurken verwenden möchte. Im Rahmen der New 52 kam zwar ebenfalls Steppenwolf zum Einsatz, griff in der Serie „Earth 2“ allerdings besagte Parallelerde an. Auch Cyborgs mit dem Angriff verknüpfte Origin ist in Comic und Film ziemlich ähnlich, ebenso wie der Kampf der Ligisten gegen Superman, auch wenn der Kontext natürlich ein anderer ist.
Fazit: „Justice League: Origin“ ist als Neustart der Liga in Ordnung: Kurzweilig, actionreich, visuell opulent. Im Vergleich Grant Morrisons JLA-Run oder dem deutlich charakterfokussierteren „JLA: Year One“ kann „Origin“ aber leider nicht mithalten.
Spoiler!
Es wird langsam unübersichtlich, denn die Anzahl der verschiedenen, parallel laufenden DC-Kontinuitäten wächst immer weiter. Die beiden primären Vertreter sind das „Arrowverse“, die miteinander verknüpften Fernsehserien des Senders „The CW“ (darunter „Arrow“, „The Flash“ und „Supergirl“) und natürlich das durch „Aquaman“ mehr oder weniger wiederbelebte DC Extended Universe. Davon losgelöst sind die Serien „Gotham“ und „Krypton“, die Prequel-Geschichten zu Batman und Superman erzählen, aber weder dem DCEU noch dem „Arrowverse“ zugehörig sind. Warners hauseigener Streamingdienst „DC Universe“ macht munter weiter. Die erste Eigenproduktion trägt den Titel „Titans“ und basiert (eher lose) auf den „Teen Titans“ und den diversen Ablegercomicserien wie „New Teen Titans“, „The Titans“ etc. Auf den ersten Blick wirkt „Titans“ ein wenig, als versuche Warner damit, ein Gegenstück zu den Marvel-Netflix-Serien zu kreieren. Ob das wirklich so ist lässt sich natürlich nur schwer sagen, in jedem Fall ist „Titans“ aber ein ziemlich merkwürdiges Konglomerat, das einige der selben Eigenheiten und Schwächen aufweist wie die frühen DCEU-Filme – primär „Batman v Superman“.
Handlung
Robin/Dick Grayson (Brenton Thwaites)
Robin alias Dick Grayson (Brenton Thwaites) hat genug davon, Batmans Handlanger zu sein und macht sich in Detroit Selbstständig. Mehr oder weniger zufällig läuft ihm die 16-jährige Rachel Roth (Teagan Croft) über den Weg, deren Mutter ermordet wurde und der merkwürdige Gestalten hinterherjagen. Nicht weniger merkwürdig ist Kory Anders (Anna Diop), die völlig ohne Erinnerung zu sich kommt und feststellen muss, dass sie über auf Hitze basierende Superkräfte verfügt. Ihr einziger Anker ist Rachel – ohne dass sie wüsste, weshalb. Es kommt, wie es kommen muss: Robin, Rachel, Kory und ein grünhaariger Gestaltwandler namens Garfield Logan (Ryan Potter) schließen sich zusammen, um hinter das Mysterium zu kommen und natürlich Rachel vor Bedrohungen zu beschützen. Dabei stoßen auf diverse andere Superhelden, etwa die Doom Plyatrol, das Duo Hawk (Alan Ritchson) und Dove (Minka Kel), Jason Todd (Curran Walters), Dicks Nachfolger als Robin, und das ehemalige Wonder Girl Donna Troy (Conor Leslie).
Die (Teen) Titans – ein kurzer Abriss
Die Teen Titans existieren bereits seit dem Jahr 1964 (erster Auftritt in The Brave and the Bold #54) und bildeten eine Art Junior-Justice-League. Das ursprüngliche Team setzte sich aus den drei Sidekicks Robin (Dick Grayson), Kid Flash (Wally West) und Aqualad (Garth) zusammen, bald darauf kamen Wonder Girl (Donna Troy) und Speedy (Roy Harper) hinzu. In gewisser Weise kann man die Entwicklung der Titans sehr gut mit Marvels X-Men vergleichen: In beiden Fällen handelt es sich um Teams, die sich in ihrer ersten Inkarnation aus Teenagern zusammensetzten und anfangs nur bedingt erfolgreich waren. Erst in den 70ern und 80ern gewannen sie enorm an Popularität, als sich bestimmte Kreativteams ihrer annahmen (bei den X-Men Chris Claremont und John Byrne, bei den Titans Marv Wolfman und George Pérez). Und sowohl bei den X-Men als auch bei den Titans gelten die Storys besagter Kreativteams als die die im Grunde definitive Version, auf die sich alle nachkommenden Geschichten und Adaptionen immer wieder beziehen. Das gilt ganz besonders für „The Judas Contract“, quasi das Titans-Gegenstück zur „Dark Phoenix Saga“. Wolfman und Pérez machten aus Dick Grayson Nightwing und schufen die Figuren Starfire, Cyborg, Raven und Deathstroke, ohne die die Titans heute kaum mehr denkbar sind.
Rachel Roth/Raven (Teagan Croft)
In den 90ern und 2000ern machten die Titans einige Wandlungen durch und wurden immer wieder neu aufgelegt. Ironischerweise lernte ich das Team in einer Inkarnation kennen, zu der keines der ursprünglichen Teammitglieder gehört. Auch die Teen Titans fielen dem Trend der 90er-Neudefinitionen zum Opfer, für seine Teen-Titans-Serie schuf Autor und Zeichner Dan Jurgens vier brandneue Figuren, denen er den verjüngten Justice-League-Helden The Atom an die Seite stellte. Im Verlauf der Serie spielten die diversen Titans-Inkarnationen dann aber trotzdem noch eine überaus wichtige Rolle. Weitere nennenswerte Titans-Serien sind „Titans“ von Devin Grayson und „Teen Titans“ von Geoff Johns – vor allem Erstere gilt als eine der besten Darstellungen des Teams.
Die Animationsserie „Teen Titans“ darf natürlich nicht übergangen werden. Auch wenn sie gut zehn Jahre danach lief (von 2003 bis 2006) finden sich auch hier wieder Parallelen zu den X-Men, denn in beiden Fällen sorgten die Zeichentrickserien dafür, dass das jeweilige Team einem größeren Publikum bekannt wurde. Ich persönlich habe immer gewisse Probleme mit der Teen-Titans-Serie, sie ist mir ein wenig zu knallig und überdreht und die Interpretation des Auftragskillers Deathstroke (Slade Wilson) als Meisterverbrecher „Slade“ sagt mir nicht wirklich zu, aber insgesamt ist es definitiv keine schlechte Serie, vor allem wenn die Bezüge zu Wolfman und Pérez in den späteren Staffeln größer werden.
Thema verfehlt
In den vielen Jahrzehnten, die die Titans nun schon existieren, hat sich ein Thema in so gut wie jeder Inkarnation immer deutlich abgezeichnet: Familie. Die ursprünglichen Titanen waren ein Zusammenschluss junger Helden, die etwas Abstand von ihren Mentoren suchten und dabei andere junge Helden anzogen. Spätere Teams setzten sich oft aus einigen ursprünglichen, inzwischen erwachsenen Titans mit Mentorfunktion und einer Gruppe an neuen Junghelden zusammen.
Kory Anders/Starfire (Anna Diop)
Die Serienentwickler Akiva Goldsman, Geoff Johns und Greg Berlanti nehmen dagegen Figuren und einige Plotelemente und schaffen daraus keine Superhelden-Teamserie, in dem die Dynamik oder das Verhältnis der Mitglieder im Vordergrund steht, sondern eine Mystery-Serie mit snyderesquen Superheldenelementen. Eines der Hauptanliegen von „Titans“ scheint es, dem Publikum zu zeigen, wie kaputt die Superhelden sind. Nicht, dass das nicht ein Thema wäre, das man grundsätzlich verarbeiten könnte (auch wenn „Watchmen“ das nun einmal bereits sehr ausführlich und gelungen getan hat), es hat nur nichts mit den Titans zu tun. Das wirklich traurige ist, dass die Titans in dieser ersten Staffel nicht einmal auftauchen. Die einzelnen Mitglieder der klassischen Formation der Animationsserie (minus Cyborg) tauchen zwar alle als Hauptfiguren auf, agieren aber nie wirklich als Team. Wenn man ohne Vorkenntnisse an diese Serie herangeht, fragt man sich, wieso sie überhaupt „Titans“ heißt.
Die Lösung wäre eigentlich relativ simpel, wollte man sich der Thematik wirklich annehmen: Johns, Goldsman und Berlanti hätten das Ganze als Outsiders-Serie aufziehen müssen. Die Outsiders, ursprünglich von Batman in den 80ern ins Leben gerufen, später in diversen Inkarnationen von Nightwing/Dick Grayson und Red Hood/Jason Todd (in seinem Fall nennt sich das Team „Outlaws“) angeführt, sind thematisch weit weniger gebunden und eignen sich weitaus besser, um grimmige Geschichten mit kaputten Helden zu erzählen. Zu allem Überfluss gibt es viele Helden, die zum einen oder anderen Zeitpunkt sowohl Mitglied der Titans als auch der Outsiders waren, diesbezüglich könnte es also durchaus Überschneidungen geben.
Handlungsaufbau und Figuren
„Titans“ greift einen zentralen Handlungsstrang der Wolfman/Pérez-Ära auf. Deren Serie „New Teen Titans“ begann mit dem Auftauchen Ravens, die im Kampf gegen ihren Dämonenvater Trigon Hilfe sucht und so die Neuformierung der Titans veranlasst. Die Serie basiert in sehr, sehr groben Zügen auf diesem Handlungsbogen, zieht ihn aber, wie bereits erwähnt, eher als Mystery-Serie mit Superheldenelementen auf. Strukturell scheint man sich dabei durchaus ein wenig an der Netflix-Serie „Daredevil“ orientiert zu haben. In dieser wurde die eigentliche Haupthandlung zugunsten ausführlicher, charakterbildender Einschübe und Flashback-Episoden angehalten – „Titans“ macht gerne dasselbe. Der Unterschied ist, dass bei „Daredevil“ letztendlich alles zusammenkam und eine stringente Geschichte erzählt wurde (zumindest in den Staffeln 1 und 3). „Titans“ dagegen mäandert ziemlich. Ironischerweise gehören die Episoden, die abschweifen, etwa die beiden, die sich mit Hawk und Dove beschäftigen, oder die Doom-Patrol-Episode, zu den besten der Serie. Gerade die Doom Patrol, die in Kürze in dieser Besetzung ihre eigene Serie bekommt, war sehr vorlagengetreu umgesetzt (zumindest, soweit ich das sagen kann, da ich nur eine Handvoll Comics mit ihr gelesen habe) und Hawk und Dove waren zumindest interessant.
Garfield Logan/Beast Boy (Ryan Potter)
Die Charakterisierung und Darstellung der eigentlichen Titans ist dagegen bei so ziemlich allen leicht bis ziemlich daneben. Beginnen wir bei Robin, der als Posterboy und Protagonist der Serie fungiert, was an sich schon ein Problem ist, da diese Serie nun einmal „Titans“ und nicht „Robin mit Anhang“ heißt. Der eigentliche Plot dreht sich um Raven/Rachel Roth, dient aber im Grunde nur als Aufhänger dazu, Robin in diverse Situationen zu bringen. In so ziemlich jeder der elf Folgen drängt sich Robin immer wieder in den Vordergrund, was dafür sorgt, dass so gut wie keine Teamdynamik entsteht. Und dann wäre da natürlich die eigentliche Charakterisierung von Batmans Ex-Sidekick. Wo die Serie letztendlich mit ihm hinmöchte, ist klar: Robin soll sich endgültig von Batman emanzipieren und zu Nightwing werden (wer sehen möchte, wie so etwas richtig gemacht wird, ziehe die Episode „Old Wound“ aus „Batman: The Animated Series“ zu Rate). Gleichzeitig wird er hier aber als ultrabrutaler vorgehender Vigilant gezeigt, was einfach nicht so recht zusammenpassen will. Es wird etabliert, dass Robin, wenn er das Kostüm trägt, immer in einen regelrechten Gewaltrausch verfällt. Der Teil von Robins Charakterentwicklung, der aus den Comics stammt, beißt sich mit den Elementen, die von den Autoren für die Serie hinzugefügt wurden. Insgesamt passt diese Robin-Interpretation besser zu Jason Todd, der, nebenbei bemerkt, in „Titans“ Gastauftritte hat, im Grunde aber relativ überflüssig ist, weil nun zwei psychopathische Robins durch die Gegend rennen, der eine hinterfragt sich ein wenig, der andere überhaupt nicht. Das wirft natürlich die Frage auf, mit was für einem Batman wir es in dieser Kontinuität zu tun haben – mit seiner Menschenkenntnis kann es ja nicht allzu weit her sein.
Die anderen Figuren sind aufgrund des Robin-Fokus sehr unterentwickelt und funktionieren primär über ihre Beziehung zu Robin. Dementsprechend ist Beast Boy quasi überflüssig; er stößt als letzter dazu und hat im Grunde keine Beziehung zu Robin, weshalb er ein bloßes Anhängsel bleibt. Raven/Rachel hat das meiste Potential und hätte eine gute Hauptfigur abgeben können, hätte man sie in den Fokus gerückt. So, wie es ist, fungiert sie aber primär als Plotkatalysator, was einfach zu wenig ist, wenn sie zumindest theoretisch Zentrum der Handlung ist. Mit der klassischen Comic-Inkarnation hat sie verhältnismäßig wenig zu tun, am ehesten erinnert sie an die relativ junge Raven aus Geoff Johns‘ und Judd Winicks „Teen Titans“ bzw. „Titans“.
Hank Hall/Hawk (Alan Ritchson) und Dawn Granger/Dove (Minka Kelly)
Und dann hätten wir da natürlich noch Starfire, deren visuelle Umsetzung bereits im Vorfeld zu massiven Kontroversen führte. Und um das mal vorneweg klarzustellen: Mir (und ich denke den meisten anderen Fans auch) geht es nicht darum, dass Starfire von einer afroamerikanischen Schauspielerin dargestellt wird – tatsächlich denke ich, dass Anna Diop keine schlechte Besetzung ist. Es geht darum, dass die Figur in dieser Serie weder optisch noch charakterlich etwas mit der Comicfigur zu tun hat. Starfire ist ein Alien, das sich nie als Mensch tarnen konnte oder wollte. Darüber hinaus frage ich mich ernsthaft, weshalb sie in der Serie wie eine Vegas-Prostituierte herumläuft, denn einen handlungsrelevanten Grund dafür gibt es nicht. Ja, die Comicversion zieht sich auch gerne sehr freizügig an, aber in den Comics ist das tatsächlich mit ihrer Herkunft und der Natur ihrer Kräfte begründet. Ihr Look in der Serie dagegen ist einfach nur bizarr.
Umsetzung
„Titans“ ist die erste speziell für Warners DC-Streamingdienst produzierte Serie und nimmt somit eine Vorreiterrolle ein. In diesem Kontext fragt man sich, was sich die Verantwortlichen eigentlich gedacht haben. Selten findet man eine derart unebene Serie wie „Titans“. Da gibt es hin wieder wirklich gelungene Szenen, gerade im Action-Bereich, und dann sieht die Serie wieder aus wie ein Fan-Film. Das CGI ist zu Beginn ziemlich schlecht und wird im Verlauf der Staffel noch schlechter, so dass es wirkt, als wäre während der Produktion das Geld ausgegangen. Das trifft auch auf das allgemeine Niveau der Produktion zu: Manche Kostüme sind wirklich gut gelungen, andere dagegen sind einfach nur peinlich – besonders erwähnenswert ist der Batsuit in Episode 11. Noch gravierender sind die vielen Fehler und Merkwürdigkeiten, die sich einschleichen. In einer Szene verstecken sich die Figuren in einem Motel, in der nächsten sind sie plötzlich in einer Trainingshalle, um ihre Kräfte auszutesten, ohne dass das angemessen kontextualisiert würde. Es gibt eine ganze Reihe von ähnlichen Beispielen, oft greifen Szenen einfach nicht ineinander.
Gerade für Fans der Comics gibt es auch viele Anspielungen und Verweise, denn „Titans“ bemüht sich, mit geringen Mitteln ein relativ umfassendes DC-Universum zu etablieren. Der gesamte Batman-Kosmos wird immer wieder angerissen, die Doom Patrol, Hawk und Dove und Wondergirl haben Gastauftritte und Wonder Woman und Superman werden immerhin erwähnt. Dummerweise verheddert sich die Serie immer wieder in diesen Anspielungen und Verweisen, sodass sie letztendlich hohl bleiben und auch uns Comic-Fans keine Freude bereiten. Easter Eggs können eine gute Handlung bereichern, wenn sie sinnvoll eingebaut werden, aber sie können eine gute Handlung nicht ersetzen.
Man muss es „Titans“ allerdings lassen, dass es der Staffel dennoch trotz aller Widrigkeiten gelingt, einen gewissen Spannungsbogen zu erzeugen, der zumindest mich dazu veranlasst hat, alle elf Folgen in relativ kurzer Zeit anzuschauen. Nach jedem Lichtblick hofft man, dass es aufwärts geht, nur um dann immer wieder enttäuscht zu werden. Der Höhe- bzw. Tiefpunkt ist dann die finale Episode, die abermals einiges an Potential hat, dieses aber gekonnt in den Boden rammt. Tatsächlich sollte besagte Folge eigentlich die vorletzt sein, während die nun in die zweite Staffel verschobene zwölfte das eigentliche Staffelfinale hätte darstellen sollen. Nun endet die erste Staffel von „Titans“ mit einem ziemlich abrupten Cliffhanger, der dafür sorgt, dass sie sich wie eine Anhäufung verschiedener kürzer Geschichten, aber nicht wie eine narrative Einheit anfühlt.
Fazit: Es war ja schon abzusehen, aber „Titans“ ist ein ziemlicher Griff ins Klo, der auf Teufel komm raus versucht, aus den Titans etwas zu machen, was sie einfach nicht sind. Das immer wieder aufblitzende Potential und die eine oder andere gute Idee sorgen dazu für ziemlich große Frustration. Umso mehr verwundert mich der extrem hohe Rotten-Tomatoes-Wert und die vielen positiven Rezensionen, die man allenthalben liest.
Spoiler!
Nehmen wir gleich zu Beginn die Spannung raus: „Aquaman“ ist nach „Wonder Woman“ der beste DCEU-Film. Über die Qualität dieses Films sagt das an sich natürlich relativ wenig aus, da „Wonder Woman“ bislang der einzige Eintrag in diesem Shared Universe war, den man als gelungen bezeichnen kann. Insofern dürfte es nicht verwundern, dass auch „Aquaman“ einige massive Probleme hat, besonderes bezüglich der Erzählstruktur. Inzwischen ist es dann wohl schon so weit gekommen, dass man einen DC-Film als positiv wahrnimmt, wenn man unterhalten wird und nicht frustriert und enerviert aus dem Kino kommt. Wie dem auch sei, gleiche Vorgehensweise wie üblich, ab hier wird gespoilert.
Handlung
1985 rettet der Leuchtturmwächter Thomas Curry (Temura Morrison) der mysteriösen Atlanna (Nicole Kidman), Königin von Atlantis im Exil, das Leben. Die beiden verlieben sich ineinander und bekommen einen Sohn: Arthur (Jason Momoa). Dieser ist ein Sohn zweier Welten, halb Mensch und halb Atlanter, der sich in keiner der beiden Welten wirklich zurechtfindet. Auch nach seinem Abenteuer mit der Justice League, bei dem er die Erde erfolgreich verteidigt hat, ist es Arthur noch nicht gelungen, seinen Platz in der Welt zu finden. Derweil spitzt sich die Lage zu, denn Arthurs Halbbruder Orm (Patrick Wilson) will die Macht der Meereskönigreiche unter sich vereinen und die Welt der Landbewohner zerstören. Orms Verlobte Mera (Amber Heard) und sein Ratgeber Vulko (Willem Defoe) halten von dieser Absicht allerdings nicht allzu viel und bitten deshalb Arthur um Hilfe – als Atlannas Erstgeborener hat er ebenfalls Anspruch auf den Thron von Atlantis. Eine erste Konfrontation um den Thron mit Orm endet allerdings verheerend, weshalb sich Arthur und Mera auf die Suche nach dem Dreizack des Atlan (Graham McTavish), des mystischen Vorfahren von Arthur, begeben. Ihre Suche führt sie in die Sahara und nach Sizilien, wobei sie von dem Piraten David Kane (Yahya Abdul-Mateen II) alias Black Manta verfolgt werden, der von Orm angeheuert wurde, aber mit Arthur auch noch ein privates Hühnchen zu rupfen hat…
Ist Aquaman scheiße?
Die Popkultur war in den letzten Jahrzehnten nicht allzu gnädig zu Aquaman. Die Figur existiert bereits seit 1941, wurde aber erst während des Silbernen Zeitalters unter Comicfans populär, als sie ihre eigene Serie bekam und Teil der Justice League wurde. Seinen unrühmlichen Ruf erhielt Arthur primär durch die Zeichentrickserie „Super Friends“, in welcher er, primär wegen seiner Fähigkeit, mit Fischen zu sprechen, als ziemlich inkompetent und nutzlos dargestellt wurde. Diese Interpretation der Figur wurde in anderen Medien nur allzu gerne aufgegriffen und noch weiter überzeichnet, sei es „Family Guy“, „The Big Bang Theory“ oder „Southpark“. Mein erster Eindruck von Aquaman war allerdings ein völliger anderer.
Orm, der Ocean Master (Patrick Wilson)
Wie so viele DC-Helden wurde auch Aquaman in den 90ern drastisch verändert. Unter der Ägide von Autor Peter David verlor der König von Atlantis eine Hand, die der durch eine Harpune ersetzte, bekam lange Haare, einen Bart und tauschte das orange-grüne Outfit gegen eine schwarze Hose und eine Teilrüstung. Aquaman entwickelte sich zu einem stolzen, grimmigen und mitunter fast schon mürrischen Charakter. Leider habe ich Peter Davids Aquaman-Run bis heute nicht gelesen (er steht auf meiner Liste), aber diese Version der Figur tauchte auch in Grant Morrisons „JLA“ auf und so lernte ich sie kennen. Auch in der Zeichentrickserie „Justice League“ bzw. „Justice League Unlimited” orientierte man sich, im Unterschied zu seinem Gastauftritt in „Superman: The Animated Series“, an der Peter-David-Version, sogar der Verlust der Hand wurde im Verlauf der Serie integriert. Dieser Aquaman der 90er und frühen 2000er ist „mein“ Aquaman, weshalb sein popkultureller Status als nutzloser Held mir immer merkwürdig und ungerechtfertigt vorkam, da ich ihn als ziemlichen Bad-Ass kennen lernte.
Im Verlauf der 2000er kehrte man zwar wieder zum klassischen Kurzhaar-Look und dem orange-grünen Kostüm zurück, bemühte sich aber, viele Elemente der Peter-David-Charakterisierung beizubehalten. Der von Jason Momoa dargestellte Arthur hat charakterlich tatsächlich nicht so viel mit Peter Davids Version der Figur gemein, der haarig Look als gezielte Entfernung vom Saubermann mit den kurzen Haaren ist aber definitiv auf diese Version der Figur zurückzuführen. Ansonsten basiert der aktuelle Film primär auf Geoff Johns‘ New-52-Aquaman-Run.
Ausgelutschte Innovation
Mera (Amber Heard)
Im Kontext des DCEU ist „Aquaman“ ein durchaus innovativer Film, der sich stark von den Anfängen und den Snyderismen distanziert. „Grimm and Gritty“ ist hier endgültig Geschichte, ebenso wie der ausgewaschene graublaue Look, der das DCEU in den frühen Filmen definierte, denn „Aquaman“ ist knallig bunt, selbstironisch und hat keinerlei Scheu, die extravaganteren Elemente der Comics zu integrieren. Das zeigt sich schon an den Kostümen: Wo man früher fast panische Angst davor hatte, die überdrehten bzw., in Ermangelung eines besseren Wortes, „comichaften“ Kostüme vorlagengetreu umzusetzen, macht Regisseur James Wan hier nun keine Kompromisse mehr: Orm, Black Manta, Mera – sie alle sehen so aus, als wären die Comiczeichnungen einfach lebendig geworden. Sogar Aquaman selbst tritt am Ende im orange-grünen Dress auf – und das nicht in einer gedeckten Form, wie es bei Superman in „Man of Steel“ der Fall war. Das ist freilich alles etwas kitschig, ein wenig trashig, gefällt mir aber ausnehmend gut, denn es kann im richtigen Kontext wunderbar funktionieren. Dieser Trend setzt sich auch bei der Namensnennung fort: Bisher wurde Wonder Woman beispielsweise in keinem der DCEU-Filme mit ihrem Superheldennamen angesprochen, und auch sonst war man diesbezüglich äußerst zurückhaltend. Nicht so hier: Aquaman wird auch so genannt (ich bin sicher, unter Zack Snyder hätte es das nicht gegeben) und sowohl Orm bzw. der Ocean Master als auch Black Manta bekennen sich stolz zu ihren Identitäten. „Aquaman“ ist ohnehin nur bedingt ein Superheldenfilm und lässt diverse genretypische Elemente aus oder baut sie nur am Rande ein. Dies ist zugleich eine der größten Stärken und Schwächen des Films, denn die Innovativität zeigt sich nur im Kontext des DCEU. Ansonsten kommt einem die Handlungsentwicklung sehr bekannt vor.
„Aquaman“ ist eine typische König-im Exil-Story, die auf diese Weise schon allzu oft erzählt wurde, sei es bei König Artus, Aragorn oder Thor, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Auch zur Handlung von „Black Panther“ gibt es mehr als nur ein paar Parallelen. Der zweite Akt, der sich primär mit der Jagd nach dem Dreizack beschäftigt, erinnert zudem an „Indiana Jones“. In seiner Action, den diversen Set-Pieces, der Gestaltung der Unterwasserwelt etc. ist „Aquaman“ wirklich ziemlich kreativ und weiß einiges an Schauwerten aufzufahren. Im Grunde handelt es sich um die Live-Action-Version eines ziemlich überdrehten Samstag-Vormittag-Cartoons, und das ist wirklich verdammt unterhaltsam. Es lässt sich aber nicht leugnen, dass gerade der erste Akt mit Exposition überladen ist und zumindest mir die Versatzstücke der Handlung immer ein wenig zu bekannt vorkamen.
Figuren Das Drehbuch ist nun wirklich nicht die größte Stärke des Films, die Figuren sind insgesamt bestenfalls funktional, tiefere Einblicke in ihre Persönlichkeit werden eher vermieden. Wie bereits erwähnt handelt es sich um eine typische König-im Exil-Story, und dementsprechend verhält sich auch der Titelheld. Arthur ist eigentlich ein angenehmer Typ, der das Richtige tun und anderen helfen, dabei aber nicht unbedingt Verantwortung übernehmen will. Am Regieren eines Königreichs hat er freilich überhaupt kein Interesse. Auch Mera und Vulko bleiben als Figuren ziemlich konservativ und füllen primär ihre stereotypen Rollen aus. „Aquaman“ lebt zu einem großen Teil von Jason Momoas Charisma und Spielfreude sowie zwischen der Chemie von ihm und Amber Heard. Die Beziehung von Arthur und Mera ist dabei ziemlich ähnlich konzipiert wie die von Han und Leia: Die beiden kabbeln sich die ganze Zeit und denken, sie mögen sich nicht, bis sie sich dann eben doch mögen und schätzen lernen. Die romantische Kulisse Siziliens und die eine oder andere gegenseitige Lebensrettung tun ihr übriges.
Black Manta (Yahya Abdul Mateen II)
Orm dürfte der bislang beste Schurke des DCEU sein, mit Ausnahme von General Zod vielleicht. Auch dieses Kompliment ist mit Vorsicht zu genießen, denn angesichts dessen, was in den anderen Filmen dieses Franchise bislang an der Antagonistenfront fabriziert wurde ist nun wirklich nicht rühmlich. Der Ocean Master ist keine CGI-Monstrosität, kein uninteressanter Twist-Schurke und auch nicht völlig daneben wie Jesse Eisenbergs Lex Luthor oder Jared Letos Joker. Orm ist ein funktionaler Schurke mit klarer Motivation, der zwar unterentwickelt bleibt, aber doch zumindest in Ansätzen nachvollziehbar ist. Ähnliches lässt sich auch über Black Manta sagen, wobei dieser größtenteils verschenkt wird zu offensichtlich eine Fortsetzung vorbereitet.
„Aquaman“ und das DCEU
Rein formal ist „Aquaman“ nach „Man of Steel“, „Batman v Superman: Dawn of Justice”, „Suicide Squad“, „Wonder Woman“ und „Justice League“ der sechste Film des DC Extended Universe (das diesen Namen zwar nicht mehr offiziell trägt, aber trotzdem noch von allen so bezeichnet wird). Nachdem sich „Justice League“ jedoch als Flop erwies, beschloss man wohl, so gut wie jede Verbindung zum größeren DC-Universum zu kappen. Steppenwolf und der Kampf gegen ihn wird einmal in einem Halbsatz erwähnt, das war es dann aber auch schon. Wer auf den Gastauftritt eines Justice-League-Mitglieds hofft, wird enttäuscht, jedes Element des Films gehört ausschließlich zu Aquamans Sub-Kosmos des DC-Universums. Es gibt nur eine Ausnahme: Der Ort, an dem sich der Dreizack befindet, wird im Film zwar nicht benannt, erinnert mit seinen Dinosauriern aber an Skatarsis, ein Fantasy-Setting innerhalb des DC-Universums, das sich meistens im inneren der hohlen Erde befindet. Dieses hat mit Aquaman nicht direkt etwas zu tun, da es bislang aber nicht als Teil des DCEU etabliert wurde, macht das eigentlich keinen Unterschied. Warner scheint derzeit einer „Pick-and-Choose-Politik“ zu folgen: Was funktioniert und gut ankommt (Wonder Woman insgesamt, Jason Momoa als Aquaman, Margot Robbie als Harley Quinn etc.) wird mitgenommen, der Rest wird nach Gutdünken ignoriert oder abgeändert. Wie üblich scheint Warner dabei ohne wirklichen Plan vorzugehen – nach wie vor ist nicht klar, ob man Henry Cavill und Ben Affleck noch einmal als Superman und Batman sehen wird, ob Matt Reeves „The Batman“ Teil des DCEU sein wird oder ob jemals wieder ein Superheldentreffen in diesem Kontext stattfindet.
Der Score
Nach „Wonder Woman“ darf Rupert Gregson-Williams nun schon zum zweiten Mal ein Justice-League-Mitglied vertonen, auf das Hans Zimmer anscheinend keinen Bock hat – interessanterweise wird Zimmer selbst die Musik für das Wonder-Woman-Sequel schreiben. Dieses Mal gibt kein vorgefertigtes Zimmer-Thema, das Gregson-Williams aus Kontinuitäts- und Marketinggründen hätte einbauen müssen. Freilich hat Danny Elfman ein Motiv für Aquaman in „Justice League“ komponiert, aber da dieser Score ohnehin einen schlechten Ruf hat (völlig zu Unrecht, wie ich noch einmal betonen möchte), dürfte es bei der Konzeption keine Rolle gespielt haben.
Aquaman (Jason Momoa) im klassischen Outfit
Stattdessen fallen gewisse Parallelen zu „Thor: Ragnarök“ auf. Gregson-Williams kombiniert hier den Zimmer-Stil der 90er, der von großangelegten, melodisch eher simplen Power-Hymnen dominiert wurde, mit einigen Elementen des 2010er-Zimmer-Stils, die bereits in „Man of Steel“ oder „Mad Max: Fury Road“ zum Einsatz kamen, sowie Elektronik und Synth-Elemente, die, verstärkt von der Präsenz Dolph Lundgrens, einen deutlichen 80er-Vibe verströmen und an Mark Motherbaughs Thor-Score erinnern. Es ist vor allem die Unterwasserwelt in ihrer Fremdheit, die durch die synthetischen und elektronischen Bestandteile repräsentiert wird, während in den Szenen an Land vornehmlich das Orchester dominiert. Gregson-Williams spendiert den Figuren auch einige Themen; Aquaman erhält eine der oben erwähnten Power-Hymnen, während Orm und Black Manta durch sehr eindeutig schurkische Motive voller dröhnender Blechbläser repräsentiert werden. Der Score weiß durchaus zu gefallen und besticht, ähnlich wie der Film, durch seine überdrehte Natur. Im Vergleich zu „Man of Steel“, „Batman v Superman: Dawn of Justice“ und „Suicide Squad“ behauptet er sich spielend, da er im Gegensatz zu diesen drei Scores schlicht den höchsten Unterhaltungsfaktor hat, er ist aber schwächer als die besser und detailreicher komponierten Soundtracks von „Wonder Woman“ und „Justice League“. Ein Element, das leider überhaupt nicht funktioniert, ist die Platzierung diverser Songs, die abermals versucht, an den Erfolg von „Guardians of the Galaxy“ anzuknüpfen, aber nur fehl am Platz wirkt. Das Hip-Hop-Cover von Totos Africa mit dem Titel Ocean to Ocean ist einfach nur bizarr.
Fazit: „Aquaman“ ist ein überaus unterhaltsamer und kurzweiliger Live-Action-Cartoon, der vor allem von der Spielfreude seines Hauptdarstellers lebt, aber an übermäßiger Exposition, einer zu langen Laufzeit und einer Story, die schon ein paar Mal zu oft erzählt wurde, leidet. Insgesamt haben wir hier einen großen, dummen, lauten und bunten Film, der genau weiß, was er ist und deshalb funktioniert.
Comicverlage wie DC und Marvel haben meistens das gleiche Problem: Fortlaufende Kontinuität. Irgendwann wird die Situation in den Superheldenserien verhältnismäßig unübersichtlich. Für Leser, die eine Serie konstant verfolgen, ist das meistens kein Problem, aber natürlich versuchen die Verlage auch immer, neue Leser anzusprechen. Um sich nicht ewig mit Altlasten herumschlagen zu müssen, von Kontinuitätsfehlern und anderen Merkwürdigkeiten gar nicht erst zu sprechen, verpassen besagte Verlage ihren fiktiven Universen immer mal wieder einen inhaltlichen wie gestalterischen Einlauf. Ein besonders extremes Exemplar kam bei DC im Jahr 2011, als der Verlag sämtliche Serien neu startete und eine völlig neue Kontinuität ins Leben rief, die „New 52“ (das DC-Mulitversum besteht aus 52 Parallelerden und es gingen 52 neue Comicreihen an den Start). Diese Aktion war durchaus erfolgreich, zumindest was die Verkaufszahlen anging. Inhaltlich dagegen gab es leider einige Probleme – das größte war wohl mangelnde Planung. Weil man bei DC versuchte, sich alle kreativen Möglichkeiten offen zu halten, kam es schon bald zu neuen Unstimmigkeiten, die leicht hätten vermieden werden können, von diversen kreativen Entscheidungen und Redaktionseinmischungen gar nicht erst zu sprechen. Das bedeutet aber nicht, dass alle Titel der „New 52“ schlecht wären, im Gegenteil. Die wahrscheinlich beste Serie ist, zumindest in meinen Augen, „Wonder Woman“.
Bei Wonder Woman bzw. Diana (den Nachnamen Prince führt sie in der neuen Kontinuität zu diesem Zeitpunkt noch nicht) gibt es oft ein ähnliches Problem wie bei Superman: Die Figur ist sehr mächtig und besitzt sehr wenige Schwächen. Insgesamt denke ich, dass Wonder Woman in ihrer Soloserie genau wie Marvels Thor am besten funktioniert, wenn sie mit ihrer Mythologie agiert. Ich habe zwar kein Problem damit, wenn sie im Rahmen der Justice League gegen irgendwelche massiven Bedrohungen kämpft, in ihren Soloabenteuern sollte sie sich allerdings nicht unbedingt mit Banküberfällen oder verrückten Wissenschaftlern herumschlagen, das ist schlicht verschwendetes Potential. Wonder Woman ist eine Figur, die auf griechischer Mythologie basiert, sie entstammt den Amazonen und besitzt die Kräfte von Göttern, weswegen es sich anbietet, sie auch entsprechend zu beschäftigen.
Brian Azzarello, derjenige, der Wonder Woman für die „New 52“ definierte, ist nun vielleicht nicht der erste Autor, der einem für diese Figur in den Sinn kommen würde. Azzarello ist vor allem für seine düstere Comics im Neo-Noir-Setting bekannt, wie beispielsweise „100 Bullets“ oder diverse Batman-Geschichten. In erster Linie ist Azzarello allerdings einfach ein ziemlich guter Autor, und so schafft er es, Wonder Woman in dem von ihm verfassten Heften (Nummer 1 bis 35 und eine zusätzliche Nullnummer, hier zulande bei Panini in sechs Paperbacks erschienen) ein ausgezeichnetes, passendes und vor allem mythologisches Umfeld zu geben. Dabei ignorierte er das größere DC-Universum fast vollständig, lediglich Orion von den New Gods spielt eine Rolle. Erfreulicherweise orientierte er sich auch nicht an Geoff Johns‘ Charakterisierung von Wonder Woman aus der Justice-League-Serie der „New 52“, die ich nicht besonders gelungen fand, dort wirkte sie auf mich übermäßig naiv und irgendwie unpassend. Azzarellos Wonder Woman ist dagegen weitaus selbstsicherer und entschiedener, bleibt dabei aber sympathisch und nachvollziehbar.
Obwohl Azzarellos Run im Großen und Ganzen positiv aufgenommen wurde, war er doch nicht frei von Kontroversen, vor allem bezüglich Wonder Womans veränderter Ursprungsgeschichte. Vor dem Reboot hatte ihre Mutter Hippolyta, die Königin der Amazonen, ein Baby aus Lehm geformt, dem die griechischen Götter Leben (und Superkräfte) schenkten. Im neuen DC-Universum ist dies nur die Tarngeschichte, tatsächlich ist Wonder Woman hier eine Tochter von Zeus. William Moulton Marston, der Autor, der Wonder Woman (und auch den Lügendetektor) erfand, wäre damit wohl nicht unbedingt einverstanden gewesen, immerhin entwarf er seine Schöpfung als das perfekte weibliche Wesen (das ohne männliches Zutun entstand). Dennoch, obwohl es im Rahmen der „New 52“ bei vielen Charakteren unnötige Änderungen gab, die wie ein Selbstzweck wirken, ist Dianas veränderte Herkunftsgeschichte für Azzarellos Erzählung nötig, denn er greift einen der wichtigsten Aspekte griechischer Mythologie auf. Im Kern handelt es sich dabei eigentlich um die Saga einer ziemlich dysfunktionalen Familie, und auch Azzarellos Run ist im Grunde eine Familiengeschichte. Ich kann natürlich trotzdem verstehen, wenn es einem nicht gefällt, dass die Ursprünge der Figur, die viele Jahrzehnte lang mehr oder weniger konsistent waren, nun so verändert werden. Mich stört es allerdings tatsächlich nicht besonders.
Die Handlung beginnt mit einer jungen Frau namens Zola, die aus heiterem Himmel von Zentauren angegriffen und von dem Gott Hermes gerettet wird. Dieser teleportiert sie zu Wonder Woman, um den beiden später zu enthüllen, dass Zola mit einem Kind des Zeus schwanger ist. Damit beginnen die Probleme aber erst so richtig, denn nun sind diverse olympische Götter hinter Zola und ihrem ungeborenen Baby her, nicht zuletzt die eifersüchtige Hera. Es kommt allerdings noch schlimmer: Zeus selbst ist verschwunden und der Thron des Olymp damit vakant. Die Geschwister und Kinder des Zeus haben es auf den leeren Thron abgesehen, wobei das letzte Kind des Göttervaters sich als Schlüssel erweisen könnte. Wonder Woman findet es allerdings nicht besonders toll, dass eine unschuldige junge Frau und ein ungeborenes Baby zum Spielball machthungriger Götter werden und stellt beide unter ihren Schutz.
Genau DAS ist ein Plot, wie ich ihn für eine Geschichte rund um Wonder Woman haben möchte; die Geschichte, wirkt, als würde Azzarellos die griechische Mythologie direkt in der Moderen weiterführen. Obwohl Wonder Woman die Titelheldin ist, handelt es sich hierbei fast schon um eine Ensemble-Serie, denn Zola und diverse Götter, allen voran Hera, sind fast ebenso sehr Hauptfiguren wie Diana. Es gibt allerdings auch eine Kehrseite: Wonder Woman ist nicht immer unbedingt die interessanteste Figur ihrer eigenen Serie.
Insgesamt ist nicht nur der Plot, sondern auch die Umsetzung hervorragend gelungen. Azzarellos Darstellung der griechischen Götter ist sehr untypisch, kreativ und erfrischend; sie unterscheidet sich sowohl charakterlich als auch optisch massiv von den Klischeebildern der schon allzu oft adaptierten Entitäten. Und noch wichtiger: Sie funktionieren exzellent als Figurenensemble für diese Serie, die nicht einfach zeigt, wie Wonder Woman gegen verschiedene Superschurken kämpft, sondern, wie bereits erwähnt, die komplexe Geschichte der „olympische Familie“ erzählt. Die Götter sind nicht nur gut oder böse, sondern in erster Linie sind sie allesamt Egomanen mit ihren eigenen Zielen; genau wie in den Sagen wechseln die Loyalitäten, die Götter sind wankelmütig und tauschen schnell die Verbündeten aus.
Darüber hinaus schafft es Azzarello, die Handlung spannend und abwechslungsreich zu gestalten. Action ist natürlich vorhanden, schließlich handelt es sich hierbei immer noch um einen Superheldencomic (zumindest irgendwie), aber im Zentrum stehen die Figuren und ihre Interaktion, sei es die Freundschaft zwischen Zola und Diana, Dianas Beziehung zu Ares, der hier, anders als in der alten Kontinuität, als Mentorenfigur fungiert, oder die Entwicklung, die Hera durchmacht. Leider ist der Run dennoch nicht ganz frei von Schwächen: Das Ende (das ich hier aber nicht verraten werde), fand ich nicht ganz überzeugend, schwerer wiegt allerdings die Anpassung der Amazonen: Hier fügte Azzarello ein Detail aus der Mythologie ein, das Marstons utopische Frauengesellschaft der Amazonen in zu starkem Ausmaß und in zu plumper Art und Weise dekonstruiert – der Wonder-Woman-Animationsfilm aus dem Jahr 2009 hat das weitaus besser hinbekommen, ohne die Amazonen zu einer rein weiblichen Version der Spartaner zu machen.
Dafür sind die Zeichnungen vollauf gelungen. Die meisten Hefte wurden von Cliff Chiang gezeichnet, die restlichen Ausgaben übernahmen Tony Akins und Goran Sudžuka Beide orientieren sich allerdings sehr stark an Chiangs Stil, sodass der gesamte Run optisch einheitlich erscheint. Chiangs Zeichnungen sind äußerst dynamisch, ausdrucksstark, dabei aber recht kantig und stilisiert, sie erinnern mich ein kleines bisschen an die Optik von „Batman: The Animated Series“ und passen einfach hervorragend zu Azzarellos mythologischer Familiensaga. Wie auch die Geschichte selbst heben sich die Zeichnungen stark vom Genrestandard ab. Fast noch wichtiger ist, dass Wonder Woman hier, anders als bei, sagen wir, Jim Lee oder David Finch, tatsächlich wie eine Amazone aussieht und nicht wie ein eher zierliches Persönchen bzw. eine Sechzehnjährige oder ein Supermodel. Wenn man Cliff Chiangs Wonder Woman sieht, erkennt man eine Kriegerin. Das Design der verschiedenen Götter ist, wie bereits erwähnt, sehr kreativ und anders, das einzige Manko dabei ist, dass nicht mehr allzu griechisch wirken. Aber mal ehrlich, griechische Götter in Toga und antiker Rüstung hatten wir nun wahrlich oft genug.
Fazit: Brian Azzarellos Neudefinition von Wonder Woman ist vollauf gelungen, die Amazone agiert hier weniger in einer traditionellen Superheldengeschichte als in einer Familiensaga von mythologischem Ausmaß. Wer Wonder Woman gerne kennen lernen würde, dem sei diese Serie ans Herz gelegt, denn sie weiß nicht nur inhaltlich und optisch zu überzeugen, es ist auch kein Vorwissen nötig.