Geschichte der Vampire: Secret Origins

Wo kommen Vampire eigentlich her? Damit meine ich nicht, wie die ursprünglichen Legenden und Geschichten entstanden sind (dazu gibt es viele Theorien und Erklärungsversuche), sondern die Ursprünge und „Werdungsgeschichten“ innerhalb der erzählten Welten. Dieser Artikel soll einen kleinen Überblick über einige Entstehungsgeschichten der untoten Blutsauger bieten, erhebt aber keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit – bei der schieren Masse an Vampirmedien müsste man darüber schon mindestens ein Buch schreiben. Dennoch soll hier eine kleine Auswahl an Erklärungen für den untoten Zustand geboten werden, von mythologisch-religiös über magisch bis hin zu pseudowissenschaftlich.

Back to the Roots: Dracula
Die meisten frühen Vampirgeschichten sorgen sich nicht allzu sehr um den Ursprung der Blutsauger, und dementsprechend tun es auch die Protagonisten nicht, da sie viel mehr damit beschäftigt sind, zu überleben. Während die Werdegänge einzelner Vampire durchaus geschildert werden, wird die Gesamtheit der „Spezies“ bzw. des Phänomens in der Regel einfach nur als übernatürliches Vorkommnis behandelt, für das es keine tiefergreifende Erklärung gibt. In „Dracula“ ist das größtenteils zwar ebenso, aber immerhin gibt Bram Stoker eine kleine Andeutung, woher Vampire kommen könnten. Zwei Mal erwähnt Abraham Van Helsing im Rahmen seiner Ausführungen die „Scholomance“, die Dracula zu Lebzeiten besucht haben soll, eine Art schwarzmagische Schule aus der transsylvanischen Folklore, die vom Teufel selbst betrieben wird. Es werden jeweils nur zehn Schüler auf einmal ausgebildet, die zehnten gehören immer dem Satan und dürfen für ihn Stürme verursachen und einen Drachen reiten. Die Implikation ist für die wenigen, die mit dieser Legende vertraut sind, recht eindeutig: Dracula wurde an dieser Schule ausgebildet und war wahrscheinlich ein zehnter Schüler – eventuell wird jeder zehnte Schüler zum Vampir. Auf diese Weise wäre Satan persönlich für den Vampirismus verantwortlich und das würde natürlich auch die Anfälligkeit der Vampire gegenüber heiligen Symbolen erklären. Bei all den Weiterverarbeitungen von Dracula im Laufe der Jahrzehnte wurde dieser Aspekt interessanterweise kaum aufgegriffen.

Stattdessen haben aber viele Autoren und Regisseure beschlossen, Dracula selbst zum ersten Vampir zu machen. In „Bram Stoker’s Dracula“ (1992) von Francis Ford Coppola ist zwar nicht klar, ob Dracula (Gary Oldman) tatsächlich der erste Vampir ist, aber immerhin entsteht er nicht auf normale Weise (Blutaustausch mit einem anderen Vampir, der im Film ja auch praktiziert wird), sondern indem er Gott verflucht und sein Schwert in ein Kreuz rammt, das daraufhin zu bluten anfängt. Nachdem Dracula von diesem Blut getrunken hat, ist er ein Vampir. Obwohl nicht explizit klargemacht, scheint die Implikation, dass der Vampirismus auf dieser Weise in die Welt dieses Films kam, relativ eindeutig.

In „Dracula 2000“ (auch bekannt als „Wes Craven’s Dracula“, die Horror-Legende führte hier aber nicht Regie, sondern produzierte lediglich, Regisseur war Patrick Lussier) ist der Graf ganz eindeutig der erste Vampir, Dracula bzw. Vlad Țepeș (Gerard Butler) ist allerdings nur eine von vielen Identitäten dieses Blutsaugers, und auch nicht die erste. Als Sterblicher war er Judas Iscariot, der als Buße für seinen Verrat an Jesus von Gott zum Vampirismus verflucht wurde – daher rühren sowohl die Aversion gegen heilige Symbole als auch gegen Silber (wegen der allseits bekannten 30 Silberstücke, die Judas für seinen Verrat bekommen haben soll). Damit greifen Lussier und Drehbuchautor Joel Soisson die nicht ganz unproblematische Sagenfigur des „Ewigen Juden“ bzw. „Wandernden Juden“ auf, der, je nach Version, von Gott zur Unsterblichkeit verdammt wird, u.a. auch, weil er Jesus schlecht behandelt. Gerade im Mittelalter und der Frühen Neuzeit erfreute sich der „Ewige Jude“ latenter Beliebtheit und im Nationalsozialismus feierte er natürlich ein großes Comeback, unter anderem in Form des üblen Propagandafilms „Der ewige Jude“ (1940). Tatsächlich kann diese Version von Dracula nicht sterben, weshalb „Dracula 2000“ noch zwei weitere Direct-to-DVD-Sequels erhielt. Die Idee, den Vampirismus mit jüdische-christlichen Elementen zu verbinden, war schon im Jahr 2000 nicht mehr neu und wird in diesem Artikel noch das eine oder andere Mal auftauchen.

Dracula (Dominic Purcell) fungiert auch in der Blade-Trilogie, spezifisch in „Blade: Trinity“ (2004), als Protovampir. Wie in „Dracula 2000“ ist er deutlich älter als Stokers Roman oder Vlad Țepeș, sogar älter als Judas und war schon Jahrtausende vor Christi Geburt im alten Babylon als Dagon aktiv, wurde irgendwann zu Dracula und nimmt in der Moderne dann schließlich den Namen Drake an. Hier fungiert er als erster der „Hominis nocturnae“, wie Vampire in der Blade-Trilogie gerne genannt werden, und verfügt über einige Qualitäten, die der gewöhnliche Vampire dieser Filmreihe nicht sein Eigen nennen kann, u.a. ist er in der Lage, Sonnenlicht auszuhalten, deutlich stärker als seine minderen Nachfahren und besitzt zudem begrenzte gestaltwandlerische Fähigkeiten.

Jene, die bewahrt werden müssen: Akasha und Enkil
Es kann gar nicht oft genug betont werden, wie essentiell Anne Rice‘ „The Vampire Chronicles“ für die Entwicklung des Vampir-Genres sind. Die meisten Tropen, die in der Vampirliteratur oder in den Vampirfilmen noch heute eine wichtige Rolle spielen und nicht von Bram Stoker stammen, etablierte Rice in den ersten drei Romanen dieser Serie, „Interview with the Vampire“ (1976), „The Vampire Lestat“ (1985) und „Queen of the Damned“ (1988). Dazu gehört nicht nur eine vampirische Gesellschaftsstruktur, sondern auch ein Ursprungsmythos für die Blutsauger. Bereits in „Interview with the Vampire“ sucht Louis nach dem Ursprung des Vampirismus, erhält aber weder von den hirnlosen, Nosferatu-artigen Vampiren Osteuropas, noch vom über 400 Jahren alten Armand in Paris eine Antwort. Anders ergeht es Lestat im Folgeroman, der im Verlauf seiner Abenteuer auf „Jene, die bewahrt werden müssen“, die ersten beiden Vampire, sowie ihren Wächter Marius trifft. Diese beiden Urvampire, Akasha und Enkil, waren zu Lebzeiten, viele Jahrtausende vor Christi Geburt, Herrscher des Landes Kemet, das später Ägypten werden sollte. Erst in „Queen of the Damned“ erfahren wir allerdings die vollständige Geschichte: Akasha ist die eigentliche Urvampirin, ihr Zustand resultiert aus einer Vereinigung mit dem bösen Geist Amel, dieser drang durch Wunden in ihren Körper ein und machte sie so zur Untoten. Enkil und alle anderen Vampire stammen von Akasha ab und sind an ihr Schicksal gebunden, sie ist die älteste und mächtigste Blutsaugerin. Wenn ihr etwas geschieht, wenn sie bspw. der Sonne ausgesetzt wird, erleiden alle anderen Vampire dasselbe Schicksal – aus diesem Grund der Spitzname „Jene, die bewahrt werden müssen“. Irgendwann im Verlauf ihres langen Lebens verfallen die beiden Urvampire in Starre und müssen vom bereits erwähnten Marius, einem römischen Vampir, behütet werden. In dieser Zeit werden „Jene, die bewahrt werden müssen“ zu Figuren der Legende, an die sich kaum noch jemand erinnert. Dabei bleibt es in „Queen of the Damned“ natürlich nicht, Akasha erhebt sich aus ihrem Jahrtausende dauernden Nickerchen, entledigt sich ihres Gemahls und strebt danach, die Welt zu beherrschen – mit Lestat an ihrer Seite. Daraus wird letzten Endes nichts und die Vampir-Zwillinge Maharet und Mekare, uralte Gegner Akashas, verschlingen ihr Herz, sodass Mekare zur neuen „Königin der Verdammten“ wird. Über die gleichnamige Verfilmung von „Queen of the Damned“, in der die 2001 tragisch verstorbene Aaliyah die Titelfigur mimt, breitet man lieber den Mantel des Schweigens.

Nach „The Blood Canticle“ (2003), dem zehnten bzw. zwölften Band der Serie (je nachdem, wie man die beiden Bücher der kurzlebigen Sub-Reihe „New Tales of the Vampires“ zählt), legte Anne Rice eine elfjährige Pause ein, da sie zwischenzeitlich ihren Katholizismus wiederentdeckt hatte und Romane über Jesus schrieb. In den 2010er-Jahren wandte sie zwar nicht Jesus, aber der Kirche wieder den Rücken zu und ab 2014 erschienen in jeweils zweijährigem Abstand drei neue Romane der „Vampire Chronicles“: „Prince Lestat“ (2014), „Prince Lestat and the Realms of Atlantis“ (2016) und „Blood Communion: A Tale of Prince Lestat“ (2018). Ich habe diese drei Bücher noch nicht gelesen, allem Anschein nach gibt es aber gerade bezüglich des Ursprungs der Vampire einige Retcons, u.a. scheinen sowohl das legendäre Atlantis als auch Aliens involviert zu sein, was nicht allzu berauschend klingt, weshalb ich nach wie vor zögere, die „Prince-Lestat-Trilogie“ zu konsumieren.

Biblische Ursprünge: Kain und Lilith

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Kains Mord an Abel, dargestellt in „Vampire: The Masquerade“

Wie oben bereits erwähnt liegt der Gedanke, dem Ursprung des Vampirismus eine religiöse Komponente zu verleihen, nahe – schon allein wegen der bekannten Abneigung der Blutsauger gegen Religion und religiöse Symbole. Das Konzept, dass vom biblischen ersten Mörder Kain übernatürliche Kreaturen abstammen könnte, ist ziemlich alt, bereits im altenglischen Gedicht „Beowulf“ (etwa um das Jahr 1000 herum entstanden) werden Grendel und seine Mutter als Nachfahren Kains bezeichnet. Die Idee, bei Kain könne es sich um den ersten Vampir handeln, stammt meines Wissens nach aus George R. R. Martins überaus gelungenem Vampirroman „Fevre Dream“ (1982), in welchem der mögliche Ursprung der Vampire zwar diskutiert wird, darüber hinaus aber keine große Rolle spielt; es ist eher ein Nachgedanke. Im Gegensatz dazu ist „Kain als erster Vampir“ für das Pen&Paper-Rollenspiel „Vampire: The Masquerade“ (ab 1991) essentiell. In der sog. „Welt der Dunkelheit“ verflucht Gott Kain nach dem Mord an Abel dazu, für immer über die Erde zu wandern (wobei wir wieder beim „Wandernden Juden“ wären) und sich nicht mehr von den Früchten des Ackers ernähren zu können. Stattdessen soll er nach dem Blut seines Bruders dürsten, das er vergossen hat. Auf Englisch wird Vampir-Kain durch ein zusätzliches „e“ gekennzeichnet, also „Caine“. Im Verlauf der letzten dreißig Jahre und fünf Editionen hat sich zu diesem Thema einiges an Material angesammelt. Zwar existieren in „Vampire: The Masquerade“ durchaus auch parallele Entstehungsmythen, die sich diverser Elemente aus der ägyptischen, indischen, südamerikanischen und vielen weiteren Mythologien bedienen (und diese hier zu thematisieren den Rahmen des Artikels sprengen würde), aber der „Kains-Mythos“ ist letztendlich doch die dominante Ursprungserzählung. Anders handhabte man dies im Nachfolge-System „Vampire: The Requiem“, hier finden sich mehrere, konkurrierende Erzählungen, tatsächlich besteht die Möglichkeit, dass die fünf Hauptclans völlig voneinander unabhängig entstanden sind. Aber zurück zu „Vampire: The Masquerade“: Neben einer ständigen Grundpräsenz des Kains-Mythos in fast allen Regelwerken gibt es mit „The Book of Nod“ (1993) „Revelations of the Dark Mother“ (1998) und „The Erciyes Fragments“ (2000) drei Bücher im pseudo-biblischen Stil, die erzählen, wie Kain mit Irad, Zillah und Enoch drei weitere Vampire zeugt, die ihrerseits wiederum die dreizehn Vampire erschaffen, die später die dreizehn Vampir-Clans des Rollenspiels gründen, zusätzlich zu ominösen Prophezeiungen, Gesetzen etc.

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Lilith-Relief

Zudem spielt auch Lilith, Adams erste Frau, eine Rolle. Bei Lilith handelt es sich um eine Immigrantin aus der mesopotamischen Mythologie, die es zwar nicht wirklich in die Bibel, aber doch in apokryphe Texte und den babylonischen Talmud geschafft hat und u.a. dazu genutzt wird, die Diskrepanz zwischen den beiden Schöpfungsberichten im Buch Genesis zu erklären – im einen erschafft Gott Mann und Frau gleichzeitig, im anderen entsteht die Frau aus der Rippe des Mannes. Lilith ist die Frau, die gleichzeitig mit Adam geschaffen wird, sich ihm aber nicht unterordnen (sprich: unten liegen) will und deshalb aus dem Garten Eden verbannt wird, um anschließend als Kinder stehlende Dämonin und Mutter von Ungeheuern Karriere zu machen. In „Vampire: The Masquerade“ ist sie keine Vampirin, tatsächlich lässt sie sich hier sehr schwer klassifizieren, spielt aber eine wichtige Rolle bei der Erforschung von Kains neuen, finsteren Gaben, nur um schließlich von ihm verraten zu werden, weshalb sie einen tiefen Groll gegen ihn hegt. Ihre Sichtweise wird in „Revelations of the Dark Mother“ dargestellt. In vielen anderen Werken der Popkultur taucht Lilith allerdings tatsächlich als erste Vampirin auf – am prominentesten vielleicht in der HBO-Serie „True Blood“, dargestellt von Jessica Clark. Vor allem in den Staffeln 5 und 6 spielt sie eine prominente Rolle, fungiert als Antagonistin und wird von mehreren Fraktionen angebetet, natürlich unter Verwendung einer Bibel-artigen Schriftensammlung, des „Book of the Vampyr“.

Viren, Krankheiten und Familiendramen

Mythologien, besonders die jüdisch-christliche, sind ohne Zweifel eine beliebte Quelle für den Ursprung der Vampire, viele Autoren bedienen sich allerdings eines pseudowissenschaftlichen Erklärungsversuchs für den Vampirismus und bedienen sich meistens eines Virus, um die übernatürliche bzw. magische Komponente loszuwerden oder zumindest zu minimieren. Ein besonders prominentes Beispiel ist die von Len Wiseman, Kevin Grevioux und Danny McBride ins Leben gerufene Filmserie „Underworld“ (2003 bis 2016). Hier sorgt ein mysteriöser Virus in Kombination mit einer genetischen Mutation dafür, dass der ungarische Kriegsherr Alexander Corvinus (Derek Jacobi) unsterblich wird. Diese Eigenschaft gibt er an seine Söhne Marcus (Tony Curran) und William (Brian Steele) weiter, die jedoch durch die Bisse einer Fledermaus bzw. eines Wolfes zum ersten Vampir und ersten Werwolf weitermutieren und auf diese Weise ihrerseits zu Begründern zweier neuer „Gattungen“ werden. In der Blade-Trilogie wird der Vampirismus ebenfalls durch ein Virus erklärt, dessen erstes Opfer bzw. erster Nutznießer der oben erwähnte Dracula/Dagon/Drake ist. Auch in der von Guillermo del Toro und Chuck Hogan verfassten Vampir-Trilogie bestehend aus den Romanen „The Strain“ (2009), „The Fall“ (2010) und „The Night Eternal“ (2011) sowie der darauf basierenden Serie „The Strain“ hat Vampirismus die Züge einer seuchenartigen Krankheit, die hier allerdings nicht durch einen Virus, sondern durch Parasiten, hier Würmer, weitergegeben wird. Auch diese Idee ist nicht neu und wurde bereits in Brian Lumleys Romanreihe „Necoroscope“ (ab 1986) etabliert und erforscht.

Eine zwar magische, aber erstaunlich unmythologische Entstehung bietet im Kontrast dazu die Serie „The Vampire Diaries“. Die Vampire als übernatürliche Wesen sind hier noch verhältnismäßig jung (gerade einmal tausend Jahre). Die Urvampire der Serie, die „Originals“ (die unter diesem Namen eine Spin-off-Serie erhielten) waren ursprünglich eine Wikingerfamilie, die sich in Amerika ansiedelte und sich mit Werwölfen herumplagen musste. Um dem entgegenzuwirken, beschließen die Oberhäupter Mikael (Sebastian Roché) und Esther (Alice Evans), sich und ihre Kinder per Magie in Unsterbliche zu verwandeln, was aber nur bedingt klappt, da sie zu blutsaugenden Vampiren werden. Alle anderen Vampire der Serie stammen von einem Mitglieder der „Originals“ ab. Wie so häufig sind diese deutlich potenter und schwerer zu töten als gewöhnliche Vampire. Trotz der Präsenz von Magie fällt auf, dass hier jegliches religiöses Element völlig fehlt, wodurch die Hintergründe dieser Serie äußerst prosaisch daherkommen. Ich persönlich ziehe meistens einen gut ausgearbeiteten, mythologischen Ursprung vor, aus diesem Grund ist die Version mit Kain aus „Vampire: The Masquerade“ auch mein Favorit. Und selbst die oben genannten Vertreter der Virus-Version können es mitunter nicht lassen, die pseudobiologische Entstehung ihrer Vampire durch altehrwürdige Dokumente ein wenig zu mythologisieren.

Bildquelle Kain
Bildquelle Lilith

Die Top 10 + 10 Film- und Serienschurken

Die singende Lehrerin hat mal wieder zur Blogparade aufgerufen. Beim Thema „Die besten Schurken in Film und Serie“ kann ich als Fan der Bösen Buben natürlich kaum widerstehen. Zwar habe ich in der Anfangszeit meines Blogs bereits eine derartige Liste konzipiert, diese bestand aber nur aus fünf Filmschurken, insofern ist es, denke ich, mehr als berechtigt, nun die aktualisierte und erweiterte Liste zu präsentieren. Wie so oft gilt auch hier: Die Rangfolge ist nicht in Stein gemeißelt, sie entspricht meiner aktuellen Gemütslage und kann sich schon nächste Woche wieder ändern. Ich habe darüber hinaus versucht, pro Film (bzw. Filmreihe) und Serie nur einen Schurken auszuwählen, aber natürlich musste ich hin und wieder doch ein wenig schummeln, vor allem bei Platz 1 der Filmschurken. Insgesamt finde ich es auch ein wenig traurig, dass es keine einzige Schurkin auf die Film-Liste geschafft hat (das Herz will, was das Herz will), aber dafür ist die Serienliste fast ausgeglichen.

Und nun, schon mal zur Einstimmung, die Runners-up-Liste, völlig unsortiert: Sauron, Darth Maul, Malefiz, Smaug, Thailog, Antonio Salieri, Davy Jones, Hades („Disneys Hercules“), Hector Barbossa, Roose Bolton, Coriolanus Snow, Darth Tyranus, Bellatrix Lestrange, Satan („Im Auftrag des Teufels“), Lex Luthor („Superman: The Animated Series“), Darth Vader, Bane („The Dark Knight Rises“), Ava Lord, Dschafar, Francis Dolarhyde, die Meerhexe Ursula, Imhotep, William Stryker, Mystique, Saruman, Jack the Ripper („From Hell“), David Xanatos, Scar.

Serie

10. Morgan (Eva Green) aus „Camelot“

Die kurzlebige Starz-Serie „Camelot“ war zwar gewiss nicht frei von Fehlern (der größte war Jamie Campbell Bower als Arthur), hat es aber dennoch geschafft, dem allseits bekannten Artus-Mythos die eine oder andere neue Facette abzugewinnen, wobei das Highlight definitiv die Interpretation von Merlin und Morgan war. Letztere gibt im Rahmen dieser Serie eine wirklich grandiose Schurkin ab, was einerseits daran liegt, dass sie ziemlich nachvollziehbar gestaltet ist und mit ihren Ansichten dem modernen Zuschauer oftmals näher ist als die eigentlich guten Figuren (warum sollte nicht eine Frau über England herrschen?), und andererseits, weil sie von Eva Green gespielt wird, was prinzipiell nicht schadet. Schon allein wegen ihrer Interpretation von Morgan lohnt es sich, die Serie anzuschauen.

9. Jim Moriarty (Andrew Scott) aus „Sherlock“

Professor Moriarty gehört zu den großen Widersachern der Literatur und wurde schon vielfach interpretiert. Die Sherlock-Version, ohne akademischen Titel, muss sich definitiv nicht verstecken – in bester Schurkentradition ist er sowohl Spiegel als auch Gegensatz zu seinem heroischen Gegner. Wo Sherlock Holmes ein „Consulting Detective“ ist, ist Moriarty ein „Consulting Criminal“ und wo Sherlock stoisch und kalt erscheint, sich in Wahrheit aber sehr um die Menschen, die ihm am nächsten stehen, sorgt und für sie eintritt, scheint Moriarty übermäßigen emotionalen Ausbrüchen und Stimmungsschwankungen unterworfen, schert sich aber um niemand anderen als sich selbst. Beide Widersacher verbindet allerdings ihre überragende Intelligenz und ihre durchaus ähnliche Weltsicht, denn in vielerlei Hinsicht ist Moriarty das, was Sherlock wäre, besäße er kein Gewissen. Zu all diesen gelungenen Gemeinsamkeiten und Gegensätzen kommt hinzu, dass Andrew Scott beim Spielen der Figur sichtlich Spaß hat, zur großen Freude des Zuschauers.

8. Harley Quinn (Arleen Sorkin) aus „Batman: The Animated Series“

Harley Quinn ist witzig, lebensfroh, hin und wieder ziemlich durchgeknallt und unglaublich tragisch, denn sie hat das Pech, dass sie unsterblich in den Joker verliebt ist. Die Beziehung der beiden hat eine unglaubliche Dynamik, die Tragik rührt daher dass Harley, egal wie sehr die Joker sie misshandelt, doch stets zu ihm zurückkehrt, weil sie von ihm vollkommen besessen ist. Der Joker seinerseits ist oft von ihr genervt oder versucht sogar umzubringen, sollte sie sich aber kurzfristig für jemand anderen interessieren, wird er unglaublich eifersüchtig und besitzergreifend. Ursprünglich begann Harley als relativ unwichtiger Nebencharakter in „Batman: The Animated Series“, weil Bruce Timm und Paul Dini sich dachten, dass es cool wäre, wenn der Joker einen weiblichen Sidekick hätte. Gewissermaßen begann Harley danach aber ein Eigenleben zu entwickeln, sie bekam in Form der Graphic Novel „Mad Love“ (die im Rahmen der Serie auch adaptiert wurde) eine interessante Hintergrundgeschichte und war bei den Fans so beliebt, dass sie schon bald ins reguläre DC-Universum übernommen wurde, von zusätzlichen Auftritten in weiteren Serien (beispielsweise „The Batman“) oder Spielen („Arkham Asylum“ und Sequels) ganz zu schweigen. Und mit Suicide Squad steht bald ihr erster Auftritt in einem Realfilm bevor. Aber es ist die Cartoon-Version, gesprochen von Arlene Sorkin, die Harley definiert hat.

7. Russel Edgington (Denis O’Hare) aus „True Blood“

„True Blood“ wurde ab Staffel 4 deutlich schwächer, Staffel 3 war aber noch wirklich grandios, was zum Großteil dem von Denis O’Hare gespielten Russel Edgington zu verdanken ist. Der gute Russel balanciert auf einem sehr schmalen Grat, er ist unterhaltsam und witzig, aber gleichzeitig bedrohlich und gefährlich, ohne dass das eine das andere aufheben würde. O’Hare gelingt es, den uralten Vampir glaubwürdig und charismatisch darzustellen, und ihm zu allem Überfluss auch noch einen Hauch Tragik zu verleihen, denn man merkt, dass ihm der Verlust seines geliebten Talbot wirklich und aufrichtig zu Herzen geht. Und wer könnte jemals die geniale Fernsehansprache vergessen.

6. Amanda Waller (C. C. H. Pounder) aus „Justice League Unlimited“

Amanda Waller ist so ganz anders als die typischen Superschurkinnen mit Modelfiguren und hautengem Spandex: Sie ist keine gute Kämpferin und übergewichtig, aber trotzdem eine, wenn nicht gar die, gefährlichste Frau des DC-Universums – und dazu noch eine ziemlich komplexe und interessante Figur, gerade in „Justice League Unlimited“. Dort fürchtet sie die wachsende Macht der Justice League, eine Angst, die durchaus berechtigt ist, denn in einem Paralleluniversum machten sich die Mitglieder der Justice League zu den Justice Lords und errichteten eine Diktatur. Waller will die Menschheit vor übermächtigen Superwesen beschützen, diese Aufgabe verfolgt sie allerdings völlig rücksichtslos: Der Zweck heiligt fast jedes Mittel.

5. Wilson Fisk (Vincent D’Onofrio) aus „Daredevil“
Achtung! Das Video stammt aus dem Finale der ersten Staffel von „Daredevil“ und enthält Spoiler.

Ich habe Wilson Fisk, den Kingspin (auch wenn dieser Spitznamen in der ersten Staffel von „Daredevil“ nie benutzt wird) ja bereits ausführlich gelobt. Vincent D’Onofrio spielt Fisk als außergewöhnlich vielschichtigen Widersacher des Titelhelden, als Gangsterboss mit Vision, auf der einen Seite brutal und geplagt von seinem Temperament, auf der anderen Seite schüchtern und unsicher; ein Schurke, von dem ich definitiv mehr sehen will. Glücklicherweise ist Staffel 2 bereits in der Mache.

4. Demona (Marina Sirtis) aus „Gargoyles“

Disneys „Gargoyles“ hat eine ausgezeichnete Schurkenriege, von David Xanatos über Thailog und MacBeth bis hin zu Fox und Oberon, aber Demona ist ohne Zweifel die Krönung. Goliaths ehemalige Geliebte ist ganz ähnlich konzipiert wie Magneto: Aufgrund ihrer tragischen Vergangenheit hat sie gelernt, Menschen zu hassen, mehr als einmal versucht sie, die gesamte Menschheit auszulöschen, wobei ihr der Manhatten-Clan natürlich stets einen Strich durch die Rechnung macht. Tief in ihrem Inneren ist Demona allerdings ein zutiefst einsames Wesen, das sich nach einer verlorenen Liebe sehnt und sich konsequent selbst belügt. Tragisch, getrieben, und wunderbar gesprochen von Marina Sirtis – die perfekte Schurkin für eine der besten Zeichentrickserien.

3. Darkseid (Michael Ironside) aus „Superman: The Animated Series“

Darkseid ist der große Böse des DC-Universums und die (inoffizielle) Vorlage für Thanos (der nette Herr, der in der Mid-Credits-Szene der beiden Avengers-Filme kurz auftaucht). Zwar wurde er schon einige Mal dargestellt, unter anderem in „Smallville“ und dem einen oder anderen Zeichentrickfilm, aber bislang hat mich nur eine Interpretation des finsteren Gottes wirklich zufrieden gestellt: Die von Michael Ironside aus „Superman: The Animated Series“ und den restlichen DCAU-Serien. Allein mit seiner Stimme schafft es Ironside, die Essenz der Figur perfekt einzufangen. Darkseid spricht fast immer ruhig, gelassen und mit absoluter Selbstsicherheit, er ist sich der Tatsache, dass er eines er mächtigsten Wesen des Universums ist, absolut bewusst. Umso furchterregender wird es dann, wenn er einmal wirklich die Stimme erhebt. Darüber hinaus ist er (zumindest im Rahmen des DCAU) der Schurke, der Superman am nachhaltigsten unter die Haut geht, indem er ihm eine Gehirnwäsche verpasst und ihn dazu zwingt, die Erde anzugreifen. Darkseid ist der einzige Schurke, bei dem sich Superman nicht zurückhält und den er tot sehen möchte.

2. Hannibal Lecter (Mads Mikkelsen) aus „Hannibal“

Da gibt es keine Diskussion: Kultivierte Kannibalen geben einfach grandiose Schurken ab. In Bezug auf Hannibal Lecter stellt sich natürlich oft die Frage: Anthony Hopkins oder Mads Mikkelsen? Diese Frage beantworte ich mit einer Gegenfrage: Warum sollte ich mich entscheiden? Mads Mikkelsen Interpretation der Figur ist anders als die von Hopkins, ruhiger, subtiler, aber deswegen keinesfalls weniger gelungen oder fesselnd. Die Serien-Version von Hannibal Lecter ist extrem beherrscht und sehr auf Kontrolle bedacht, spielt jedoch trotzdem (oder gerade deshalb) hervorragend mit allen Menschen, die ihn umgeben.

1. Tywin Lannister (Charles Dance) aus „Game of Thrones“

Ob Tywin Lannister überhaupt ein Schurke ist, ist freileich diskutabel; Charles Dance sieht ihn jedenfalls nicht als solchen, aber immerhin gehört er zu den Figuren, die einem bösen Masterminde in „Game of Thrones“ am nächsten kommen. Joffrey mag ein sadistisches Arschloch sein, aber es ist Lord Tywin, von dem die Gefahr ausgeht, er ist stets die eigentliche Macht hinter dem Eisernen Thron. Ich muss ja zugeben, als ich Tywin in der Serie zum ersten Mal sah, war ich doch ein wenig enttäuscht, denn in den Romanen hat er mit Glatze und Backenbart eine so markante Erscheinung. Schnell stellte ich allerdings fest, dass man für Lord Tywin keinen besseren Schauspieler als Charles Dance hätte finden können. Von den Unterschieden bei Kopf- und Gesichtsbehaarung einmal abgesehen bringt Dance die Figur nämlich perfekt auf den Punkt und hat genau die richtige Ausstrahlung. Schon sein Blick allein reicht, um andere verstummen zu lassen und wenn er spricht, hört man zu. Charles Dance als Lord von Casterly Rock kommandiert eine Präsenz, wie man sie nur selten findet, und das selbst dann noch, wenn Tywin auf dem Klo sitzt.

Filme

10. Frollo (Tony Jay) aus „Der Glöckner von Notre Dame“

Disney-Schurken sind so eine Sache für sich: Sie sind selten vielschichtig, aber doch sehr oft äußerst einprägsam, weil sie auf so glorreiche Weise schurkisch sind und bei vielen von uns die Kindheit dominiert haben. Richter Frollo, gesprochen vom leider verstorbenen, aber grandiosen Tony Jay, ist zwar ebenfalls unheimlich markant, unterscheidet sich aber von vielen anderen Disney-Schurken dadurch, dass er seine Taten tatsächlich zu rechtfertigen versucht, während Dschafar oder Hades sich einfach in ihrer Bosheit suhlen und sich Malefiz sogar zur „Mistress of all evil“ erklärt. Frollo ist für einen Disney-Schurken beängstigend realistisch, denn er besitzt keinerlei magische Kräfte, zettelt dafür aber ein Pogrom an, plant einen Genozid und wird von fleischlicher Lust angetrieben. Hach ja, die magische Welt von Disney…

9. Dracula (Gary Oldman) aus „Bram Stoker’s Dracula“

Über die Jahrzehnte hinweg wurde Dracula bereits von vielen großen (und auch vielen weniger großen) Darstellern verkörpert, von Bela Lugosi über Christopher Lee, Klaus Kinski, Luke Evans, bis hin zu Frank Langella und Jonathan Rhys Meyers, aber meine Lieblingsversion ist eindeutig die von Gary Oldman verkörperte aus „Bram Stoker’s Dracula“. Anders als die meisten Inkarnationen, die vorher kamen, ist Oldmans Graf ein tragisches Monster, aber im Unterschied zur Luke-Evans-Version ist trotzdem nicht völlig heroisiert, sondern tatsächlich eine Bestie. Dass die Figur so funktioniert, ist vor allem Gary Oldmans Wandlungsfähigkeit zu verdanken, der sowohl als tragischer Liebhaber als auch als bösartig lachender Vampirfürst überzeugt. Nebenbei, dieser Dracula hat wohl mit Abstand die meisten unterschiedlichen Erscheinungsformen; alter Mann, junger Mann, Werwolf, Nebel, Fledermausmonster…

8. Hans Landa (Christoph Waltz) aus „Inglourious Basterds“

Landa ist die Rolle, die Christoph Waltz international bekannt gemacht hat und ein Oscar ist auch dabei herausgesprungen – völlig zurecht, denn Hans Landa ist ein grandioser Schurke, der die gängigen Filmnazi-Klischees widerlegt und am Ende sogar die Seiten wechselt (aus reinem Opportunismus, versteht sich). Bis dahin ist er aber rechtschaffen gemein und grausam, deduziert als finstere Version von Sherlock Holmes und macht seine Feinde in vier verschiedenen Sprachen nieder.

7. Loki (Tom Hiddleston) aus „Thor“, „The Avengers“ und „Thor: The Dark World“

Ich mochte Loki als Schurke in der nordischen Mythologie und im Marvel-Universum schon vor dem MCU, was Tom Hiddleston aus der Figur macht, ist allerdings noch einmal eine Klasse für sich. Lange war Loki der mit Abstand beste und beliebteste MCU-Schurke (jedenfalls, bis Wilson Fisk sich zeigte), und das aus gutem Grund. Loki ist nicht nur durchtrieben, seine Handlungen sind auch nachvollziehbar, und darüber hinaus ist er noch so unheimlich unterhaltsam. Hinzu kommt, dass er sich über die Filme konstant weiterentwickelt und bei jedem neuen Auftritt an einem völlig anderen Punkt steht. Ironischerweise gewinnt er in dem Film, in dem er nicht der Hauptschurke ist.

6. Pinhead (Doug Bradley) aus „Hellraiser 1-8“
Achtung, das Video könnte religiöse Gefühle verletzen und ist recht eklig!

Im Horrorfilmbereich gibt es diverse Filmreihen, die jeweils von ihrem Schurken definiert werden und deren Sequels von Film zu Film immer schlechter werden. Freddy Kruger, Michael Myers, Jason Vorhees und Jigsaw sind nur einige davon, aber einer steckt sie meiner Meinung nach alle in die Tasche: Pinhead, der nagelgespickte Priester der Hölle. Obwohl er das Element ist, das alle Hellraiser-Filme zusammenhält, fungiert er dabei nicht einmal per se immer als Schurke – genau genommen tut er das nur in den Teilen 3 und 4. Gerade das macht Pinhead so interessant, wobei Doug Bradley und das ikonische Design ihren Teil ebenfalls beitragen. Über Pinhead habe ich mich bereits sehr ausführlich geäußert.

5. Magneto (Ian McKellen, Michael Fassbender) aus „X-Men 1-3“, „X-Men: First Class“ und „X-Men: Days of Future Past“

Magneto ist nicht nur einer der bekanntesten Comicschurken, sondern auch, wenn er angemessen umgesetzt wird, einer der nachvollziehbarsten: Seine Eltern wurden während des Holocaust getötet, er selbst überlebte, kam aber zu dem Schluss, dass es den Mutanten irgendwann ähnlich ergehen wird wie den Juden im Dritten Reich, weshalb er eine Vormachtsstellung für die Seinen anstrebt. Sowohl Michael Fassbender als auch Ian McKellen spielen den Meister des Magnetismus so grandios und einnehmend, dass ich mich beileibe nicht für einen der beiden entscheiden kann. Egal ob jung oder alt, Magneto ist ein grandioser Schurke.

4. Lord Voldemort (Ralph Fiennes) aus „Harry Potter 4-7.2“

Als literarische Figur hat mich Lord Voldemort von Anfang an fasziniert, was Rowling in „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ dann aber letztendlich aus ihm gemacht hat, fand ich äußerst unbefriedigend. Aus diesem Grund hat Ralph Fiennes Lord Voldemort im Grunde für mich gerettet, denn er gehört zu den Schauspielern, die dafür sorgen, dass auch die schwächsten Dialogzeilen noch funktionieren. Bereits nach der Sichtung von „Harry Potter und der Feuerkelch“ war ich von Fiennes‘ Dunklem Lord begeistert, „Der Orden des Phönix“ hat noch eine Schippe draufgelegt, aber richtig brillant wurde es erst mit den beiden Teilen von „Die Heiligtümer des Todes“: Im ersten sehen wir einen Voldemort auf dem Höhepunkt seiner Macht, im zweiten einen Voldemort, der durch die Zerstörung seiner Horkruxe immer wahnsinniger wird – und beides stellt Fiennes blendend dar. Er schafft es gar, allein durch sein Spiel, Voldemort noch eine tragische Seite abzugewinnen, wo er im Roman nur noch eine flache Parodie seiner selbst war. Hut ab!

3. Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) aus „Das Schweigen der Lämmer“, „Hannibal“ und „Roter Drache“

Die andere Version des kultivierten Kannibalen, anders, aber nicht minder gelungen. Für Anthony Hopkins‘ Hannibal Lecter ist seine Zelle (und später Florenz) eine Bühne, er genießt es, seine Gegenspieler psychologisch fertig zu machen und ihnen seine Überlegenheit unter die Nase zu reiben. Anthony Hopkins war es, der die Figur des kannibalischen Psychiaters zur Ikone gemacht hat.

2. Darth Sidious (Ian McDiamird) aus „Star Wars Episode VI und I-III”

In den meisten Schurkenhitlisten ist es Darth Vader, der Star Wars vertritt, doch letztendlich ist er „nur“ ein Handlanger, der eigentliche Vertreter des Bösen in George Lucas‘ Weltraumoper ist der Imperator. Interessanterweise gehört er auch zu den wenigen Figuren, die von den Prequels tatsächlich profitiert haben. War er in „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ vor allem ein relativ typischer böser Overlord, der in erster Linie in seinem Sessel saß, Befehle gab, böse lachte und am Ende Blitz schleuderte, so gewinnt er in den Prequels an Facetten, wir sehen ihn als Charismatiker, politischen Ränkeschmied und Puppenspieler, der galaktische Regierungen zu seinen Marionetten macht und Anakin Skywalker gekonnt zur Dunklen Seite der Macht verführt. Er ist der wahre Dunkle Lord der Sith, und aus diesem Grund benutze ich, wenn ich über ihn spreche oder schreibe, auch seinen Sith-Namen, da „Darth Sidious“den Kern seines Wesens besser trifft als „Palpatine“.

1. Der Joker (Jack Nicholson, Mark Hamill und Heath Ledger) aus „Batman“, „Batman: Mask of the Phantasm“ und „The Dark Knight“

Okay, hier habe ich geschummelt, denn ich liebe alle drei Inkarnationen von Batmans Erzfeind. Streng genommen ist die Mark-Hamill-Version auch kein Film-, sondern ein Serienschurke, aber da er auch in dem Kinofilm „Batman: Mask of the Phantasm“ auftauchte (und ich andernfalls auf Harley Quinn verzichten müsste), wird auch dieser Joker hier integriert. Während sowohl die Jack-Nicholson- als auch die Heath-Ledger-Version – der Todeskünstler und der nihilistische Terrorist – genau auf ihren jeweiligen Film perfekt zugeschnitten sind, ist der Hamill-Joker die genaueste Verkörperung der Comicfigur, die mühelos zwischen dem harmlosen Spaßmacher der 60er und dem mörderischen Psychopathen der Moderne hin- und herwechseln kann und praktisch immer funktioniert. Wenn ich Comics mit dem Joker lese, stelle ich mir dabei Mark Hamills Stimme vor. Nichts desto trotz, alle drei sind wirklich grandiose Schurken, die ihrer Version von Batman jeweils das Leben zur Hölle machen.

The Dark Knight Rises

Ende des TDKR-Countdowns

Story: Acht Jahre sind vergangen, seit Batman die Schuld für die Taten Harvey Dents auf seine Kappe genommen hat. Durch den Harvey-Dent-Act konnte die organisierte Kriminalität in Gotham fast ausgerottet werden und es herrscht Frieden, doch Bruce Wayne, gezeichnet vom Kampf gegen das Verbrechen, hat sich völlig zurückgezogen. Erst die katzenhafte Diebin Selina Kyle (Anne Hathaway), die nicht nur die Perlenkette seiner Mutter, sondern auch seine Fingerabdrücke stiehlt, schafft es, ihn wieder aus seiner Lethargie zu reißen. Er macht sich daran, die Hintergründe dieses Einbruchs herauszufinden und entwickelt sogar wieder ein wenig Interesse an seiner Firma. Von Catwoman führt die Spur schließlich zu dem Terroristen Bane, der Teil der Gesellschaft der Schatten ist bzw. war und nun das Werk Ra‘s al Ghuls (Liam Neeson in einem kleinen Cameo, Ra’s Name wird immer noch falsch ausgesprochen) vollenden möchte. So sieht Bruce sich gezwungen, erneut zu Cape und Maske zu greifen, doch kann er es in seinem Zustand wirklich mit Bane aufnehmen?

Kritik: Da ist er also, der Film, auf den ich seit 2008 warte und, was soll man sagen, ihn zu bewerten ist verdammt schwer. Ich werde im Folgenden versuchen, möglichst spoilerfrei zu rezensieren, aber dass nichts durchrutscht kann ich nicht versprechen.
Wie schon „The Dark Knight“ wurde auch „The Dark Knight Rises“ enorm gehypt, die Erwartungshaltungen sind bei mir (und vielen, vielen anderen) wohl schier ins unermessliche gestiegen. Doch während „The Dark Knight“ seinem Hype in meinen Augen gerecht wurde, ist das beim Nachfolger leider nicht ganz der Fall. Es ist natürlich gut möglich, dass meine Erwartungen einfach zu hoch waren. Nun ja.
In vielerlei Hinsicht besinnt sich „The Dark Knight Rises“ zurück auf „Batman Begins“, während die Ereignisse von „The Dark Knight“ vor allem zu Beginn zum Tragen kommen – zwar wird der Joker nicht mal erwähnt, aber Harvey Dents Taten, verbunden mit seinem Tod sind bestimmend für die Ausgangssituation.
In jedem Fall ähneln sich der erste und der dritte Teil der Trilogie schon strukturell stark, beide lassen sich grob zweiteilen, im Fall dieses Films in die Zeit vor dem ersten Aufeinandertreffen von Batman und Bane und in die Zeit danach. Wie „Batman Begins“ muss auch „The Dark Knight Rises“ relativ lange ohne Batman auskommen, gemessen an der Laufzeit kommt der Dunkle Ritter wirklich ziemlich selten vor (das gilt natürlich nicht im selben Ausmaß für Bruce Wayne). Auch die Handlung betreffend gibt es viele Parallelen und Rückgriffe, nicht zuletzt durch die Rückkehr der Gesellschaft der Schatten (leider ohne Ninjas), die Tatsache, dass fast eine Dreiviertelstunde vergeht, bis man spitze Ohren sieht oder durch den erneuten Gefängnisaufenthalt Bruce Waynes. Tonal und atmosphärisch gibt es zu beiden Vorgängern Parallelen, jedoch merkt man, dass „The Dark Knight Rises“ trotz allem eine ganze eigene Atmosphäre besitzen soll. Alles ist noch ein wenig größer und beeindruckender als in „The Dark Knight“. Das Finale von Nolans Bat-Saga ist enorm ambitioniert, wohl fast schon zu ambitioniert. Der Film möchte in seiner nicht gerade kurzen Laufzeit (164 Minuten) sehr viel erreichen, was zur Folge hat, dass vieles nur leicht angerissen wird – ein gern verwendetes Beispiel ist die Börsenszene, die wohl ein wenig Sozialkommentar zu Wirtschaftskrise etc. enthalten soll, aber einfach zu aufgesetzt wirkt. Leider, leider betrifft dieses Manko allerdings auch die Charaktere, denen ich mich der Reihe nach widmen werde, beginnend beim Schurken.
Mit dem Bane aus den Comics hat die von Tom Hardy verkörperte Figur freilich relativ wenig gemein. Es gibt Gemeinsamkeiten, u.a. bei der Ursprungsgeschichte (Gefängnis), auch ist Bane wie in den Comics sowohl körperlich als auch geistig sehr fit und leidet an einer Abhängigkeit. Das war’s aber auch schon; von allen Schurken des Batkosmos wurde Bane mit Abstand am meisten verändert und den Bedürfnissen der Nolanbrüder angepasst. Grundsätzlich ist das allerdings erst einmal nicht schlecht. Zwar hat Bane nicht die Präsenz von Heath Ledgers Joker, der die Angewohnheit hat, gnadenlos jede Szene an sich zu reißen und seinen Film eindeutig dominiert, aber Hardy liefert sehr gute Arbeit ab und schafft es, allein durch Körperlichkeit und Gestik eine beeindruckende Figur zu verkörpern. In diversen Internetforen liest man einiges an negativen Kommentaren in Bezug auf die deutsche Stimme, die ich nach Sichtung des Films im O-Ton nicht so ganz teilen kann. Der deutsche Sprecher klingt dem Original ziemlich ähnlich und kontrastiert ebenso wie Tom Hardy selbst Banes schreckliche Taten durch einen ziemlich jovialen Ton. Dennoch hat Bane zwei große Probleme. Das erste: Zu wenig Leinwandzeit und ein ziemlich abrupter, unrühmlicher Abgang. Dadurch, dass „The Dark Knight Rises“ zu viel möchte und aus diesem Grund teilweise einfach überladen ist, kommen viele Figuren, und darunter Bane, einfach zu kurz. Dem Charakter wird nicht genug Möglichkeit zur Entfaltung gegeben. Und das zweite Problem: Ich werde das Gefühl nicht los, dass eigentlich der Joker an Banes Stelle hätte stehen sollen. Schon seine Rhetorik erinnert stark an den Mann mit den grünen Haaren und auch die Natur des Masterplans scheint mir eher ein „soziales Experiment“ des Jokers zu sein. Da der Joker wohl ursprünglich für diesen Film eingeplant war (was durch Heath Ledgers Tod natürlich verhindert wurde) wäre dies durchaus im Bereich des Möglichen, genau wissen wird man es wohl nie.
Catwoman/Selina Kyle hat ebenfalls Probleme, auch wenn mir, wie bei Bane, die Umsetzung eigentlich recht gut gefallen hat. Anne Hathaway spielt Selina Kyle recht pfiffig und humorvoll und die Szenen, in denen sie mit Bruce Wayne bzw. Batman interagiert sind einfach verdammt spaßig und bringen etwas Auflockerung in den sonst doch sehr düsteren und ernsten Film. Aber auch hier: Selina hat zu wenig Zeit, um sich wirklich entfalten zu können. Sowohl ihr Hintergrund als auch ihre Motivation bleiben größtenteils im Dunkeln, was der Figur nicht gut tut.
Und schließlich Bruce Wayne/Batman: Auch hier, mehr Fokus wäre wünschenswert gewesen. Zwar macht Bruce eine enorme Entwicklung durch, aber weil es noch so viele andere Figuren und Ereignisse gibt, die thematisiert oder angeschnitten werden – neben den beiden Schurken hätten wir da noch Comissioner Gordon (Gary Oldman), der ebenfalls irgendwie untergeht, Miranda Tate (Marion Cotillard), Peter Foley (Matthew Modine), Alfred (Michael Caine, wird nach Bruces Rückkehr als Batman relativ unelegant abserviert, um nach dem Finale noch mal kur vorbeizuschauen) und natürlich den jungen Cop John Blake (Joseph Gordon-Levitt), der der größte „Zeitfresser“ ist. So wirkt der Abschluss von Batmans Reise schließlich gehetzt, der Titelgebende Aufstieg des Dunklen Ritters nicht so ganz überzeugend, was gerade im Vergleich mit „Batman Begins“ auffällt, wo sich für die Entwicklung entsprechend viel Zeit genommen wurde. Diese Aussparungen in der Entwicklung haben z.T. auch, ebenso wie die Schurkenpläne (aber zumindest das ist schon Tradition in der Reihe) einen sehr negativen Effekt auf die Filmlogik – wie zur Hölle hat es Bruce Wayne geschafft, von Marokko so schnell nach Gotham zu gelangen? Zu erwähnen ist noch, dass Batmans Stimme immer noch grausig klingt. Während sie im O-Ton etwa auf Dark-Knight-Niveau ist, ist die deutsche Fassung noch einmal schlimmer – da hat wohl jemand mit dem Stimmverzerrer seinen Spaß gehabt.
Das alles mag sich nun weit negativer anhören, als es eigentlich gemeint ist. Den Film im Kino zu sehen (selbst beim zweiten Mal) ist bombastisch, danach fühlt man sich erst einmal ziemlich geplättet.
Chris Nolan hat einen zwar nicht ganz plausiblen und etwas überkonstruierten, aber dafür wieder enorm spannenden und mitreißenden Batfilm abgeliefert. Wie schon „The Dark Knight“ könnte man auch „The Dark Knight Rises“ wieder gewisse Längen vorwerfen (gerade in der ersten Hälfte gibt es ein bisschen viel Exposition), aber interessanterweise stört mich das bei Nolans Batmanfilmen generell absolut nicht. Und es gibt da so gewisse Szenen, die für die oben erwähnten Mankos entschädigen. Batmans erster Auftritt in diesem Film ist so eine. Die Rückkehr des Dunklen Ritters (ja, Referenz) ist ein enorm gelungener Gänsehautmoment, ebenso wie der erste Kampf mit Bane und die zweite Rückkehr. Die Action ist ganz allgemein atemberaubend, die schauspielerischen Leistungen durchweg gut bis sehr gut, insbesondere wenn man bedenkt, wie wenig Zeit die Darsteller zum Teil bekommen. Und das Ende ist schließlich zwar ziemlich vorhersehbar und ein wenig kitschig, aber irgendwie mag ich es, wenn auch eher als Guilty Pleasure.
Fazit: Das Finale von Nolans Dark-Knight-Trilogie ist kein schlechter Film, bleibt jedoch hinter seinen stärkeren Vorgängern eindeutig zurück. Mein endgültiges Urteil zu „The Dark Knight Rises“ fällt letztendlich aus wie das zu „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2“: Ein Abschluss, der akzeptabel, aber leider nicht überragend ist.

Trailer

Der TDKR-Countdown:
Prämisse
Batman Begins – Soundtrack
Batman – Vampire
BB: Meltdown
New 52: Batman 1
Bane
The Dark Knight – Soundtrack

Siehe außerdem:
The Dark Knight Rises – Soundtrack
Batman Begins
The Dark Knight

Dracula aus anderer Perspektive Teil 4: „Bram Stoker’s Dracula“


Story: Wir schreiben das 15. Jahrhundert: Nach seinem Sieg über die Türken kehrt der Voivode Vlad Dracula (Gary Oldman) nach Hause zurück, nur um feststellen zu müssen, dass seine Frau (Winona Ryder) wegen einer falschen Nachricht seinen Tod betreffend Selbstmord begangen hat. Daraufhin schwört Dracula dem Glauben ab und wendet sich den Mächten der Finsternis zu – er wird zum Vampir.
400 Jahre später reist der junge Anwalt Jonathan Harker (Keanu Reaves) nach Transsylvanien, um dem mysteriösen Grafen Dracula mehrere Anwesen in London zu verkaufen. Schnell muss er allerdings feststellen, dass auf dem düsteren Schloss Draculas merkwürdige Dinge vorgehen. Spätestens nachdem Harker von drei verführerischen und unheimlichen Frauen „angegriffen“ wurde, wird ihm klar, dass Dracula kein Mensch, sondern eine Bestie ist.
Auch Harkers Verlobte Mina Murray (Winona Ryder) und deren Freundin Lucy Westenra (Sadie Frost) geraten bald mit dem nach England gereisten Grafen aneinander, da Dracula in Mina seine lange verstorbene Ehefrau zu erkennen glaubt. Kann der Vampir mit Hilfe des holländischen Wissenschaftlers Abraham van Helsing (Anthony Hopkins) noch aufgehalten werden?

Kritik: Die Zahl der Dracula-Verfilmungen geht in die Hunderte. Stokers Graf ist zusammen mit Sherlock Holmes die am öftesten verfilmte Romanfigur. Aber interessanterweise hält sich kaum eine dieser Leinwandadaptionen sehr nah an die Vorlage. In der Tat ist „Bram Stoker’s Dracula“, Francis Ford Coppolas Versuch, dem König der Vampire gerecht zu werden, der Film, der dem Roman noch am nächsten ist, und das trotz einiger massiver Änderungen. So stellen Coppola und sein Drehbuchautor James V. Hart eine direkte Verbindung zum historischen Vlad Tepes her und konstruieren zwischen Dracula und Mina eine richtige Liebesgeschichte, die weit über alle Andeutungen des Romans hinausgeht. Im Zuge dieser Liebesgeschichte wird auch das Ende geändert, in dem Mina den Grafen erlösen darf. Aber trotz all dieser Änderungen ist „Bram Stoker’s Dracula“ der einzige Film, der den Stationen des Romans, natürlich mit einigen Kürzungen, relativ genau folgt. Und er ist auch der einzige Film, in dem die Hauptfiguren nicht durcheinander gewürfelt werden. Was hatten wir da nicht schon alles: Lucy als Jonathan Harkers Verlobte, Doktor Seward als Lucys Vater, Mina als Arthur Holmwoods Frau; die Liste ließe sich noch sehr lange fortsetzen.
So weit so gut, aber relative Werktreue macht noch keinen guten Film. Ist „Bram Stoker’s Dracula“ gelungen? In meinen Augen voll und ganz. Ich gehe sogar noch weiter: „Bram Stoker’s Dracula“ ist mein Lieblingsfilm von Francis Ford Coppola. Ich gebe dabei durchaus zu, dass „Der Pate“ und „Apocalypse Now“ objektiv betrachtet (so weit das überhaupt möglich ist) die besseren Filme sind. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich „Dracula“ lieber mag.
Das fängt schon bei der Atmosphäre an, die wirklich unheimlich dicht ist. Ich liebe viktorianisches Setting und Gothic Horror, und Coppola schafft es perfekt, diese Stimmung(en) zu inszenieren. Ausstattung, Kulissen und vor allem Kostüme schaffen düstere, üppige und manchmal fast surreal anmutende Bilder.
Einen großen Anteil an der atmosphärischen Dichte hat natürlich auch die Musik des polnischen Komponisten Wojciech Kilar. Diese besteht eigentlich nur aus etwa vier verschiedenen Themen, die allerdings so geschickt variiert werden und die Stimmung des Films so gut treffen, dass dieser Umstand schlicht nicht auffällt.
Beeindruckend ist auch die Schauspielerleistung der beiden „großen Gegenspieler“ Dracula und Van Helsing. Die Leinwandpräsenz von Anthony Hopkins und Gary Oldman ist derart mächtig, dass fast alle anderen dagegen blass wirken. Hopkins spielt „seinen“ Van Helsing weit ab von der stoischen und kalten Ruhe eines Peter Cushing; dieser Vampirjäger ist ein Exzentriker, ein Verrückter, ein Getriebener. Übertroffen wird er dabei nur von Gary Oldman, der einen Vampir spielt, wie man ihn sich besser nicht wünschen könnte. Oldman ist ein extrem vielschichtiger Schauspieler, der in den verschiedensten Rollen voll überzeugen kann, und sein Dracula ist fast ebenso vielschichtig: Egal ob nach Liebe hungernder Verdammter, tückischer Planer oder bestialischer Jäger, Oldman stellt alles glaubhaft dar, im Gegensatz zu Robert Pattinson, der, trotz aller Glitzereffekte, einfach nicht wie ein Raubtier wirkt.
Eine besondere Erwähnung verdienen noch die Verweise auf Murnaus „Nosferatu: Eine Symphonie des Grauens“ die immer wieder gemacht werden (zum Beispiel in der Szene, in der sich Dracula senkrecht im Sarg aufrichtet), sowie die allgemeine Anspielung auf das Kino und seine Geschichte.
Fazit: „Bram Stoker’s Dracula“ ist trotz vieler Änderungen der vorlagengetreuste Dracula-Film und dazu auch noch einer der besten Vampirfilme. Eine perfekte Atmosphäre, interessante Figuren und ein glaubhafter Vampir, was will man mehr?

Trailer

Siehe auch:
Dracula aus anderer Perspektive Teil 1: „Anno Dracula“
Dracula aus anderer Perspektive Teil 2: „Der Vampir“ und „Vlad“
Dracula aus anderer Perspektive Teil 3: „Auf Draculas Spuren“
Dracula aus anderer Perspektive Teil 5: „Der Rote Baron“
Dracula aus anderer Perspektive Teil 6: „Dracula Cha-Cha-Cha“

The Dark Knight


Story: Ein halbes Jahr ist seit Batmans (Christian Bale) Auftauchen verstrichen und sein Feldzug scheint erfolgreich zu sein; die Kriminellen Gotham Citys werden immer mehr in die Ecke gedrängt. 
Zusätzlich zum Dunklen Ritter taucht nun auch ein „Weißer Ritter“ auf. Harvey Dent (Aaron Eckhart), der neu gewählte Bezirksstaatsanwalt Gothams hat sich fest vorgenommen, mit den Gangstern und der Korruption aufzuräumen. Batman, Dent und der Polizei-Leutnant James Gordon (Gary Oldman) schließen eine Art Pakt und arbeiten zusammen, um das Verbrechen endgültig zu besiegen. Doch exakt in diesem Moment taucht eine neue Figur auf dem Spielfeld auf und wirbelt alles kräftig durcheinander: Der Joker (Heath Ledger).
Der Joker ist vollkommen anders als die anderen Kriminellen der Stadt; ihm geht es nicht ums Geld, er will, wie Batmans Butler Alfred es ausdrückt, „die Welt einfach brennen sehen.“
Der Joker kennt keine Grenzen, keine Regeln und keine Gnade. Rücksichtslos spielt er alle und jeden in perfiden psychologischen Versuchen gegeneinander aus, um zu beweisen, dass alle im Grunde ihres Herzens schlecht sind.
Und auf eine gewisse Weise obsiegt der Joker sogar; es gelingt ihm nämlich, Harvey Dent, den Weißen Ritter, den aufrichtigsten der drei „Verschwörer“ zu korrumpieren und ihn zum rachebesessenen Two-Face zu machen.

Kritik:
Was wurde dieser Film gehypt. „The Dark Knight“ wurde fast ausschließlich mit dem Tod Heath Ledgers in Verbindung gebracht und, seien wir ehrlich, ohne das tragische Ableben dieses Schauspielers hätte es wohl weder derart hohe Einnahmen, noch den Oscar für den besten Nebendarsteller gegeben.
Diese Tatsache ändert jedoch nichts daran, dass „The Dark Knight“ in meinen Augen diesen Hype vollkommen verdient hat. Natürlich wäre er ohne den Joker nicht dasselbe, aber er besteht eben nicht nur aus ihm. 
Was in „Batman Begins“ begann, wird hier nun logisch fortgeführt. Das große Thema dieses Films ist Eskalation, schon der kurze Dialog am Ende des Vorgängers zwischen Gordon und Batman kündigte das (und auch den Joker) an.
Und das Konzept geht wunderbar auf. Einmal mehr orientieren sich Drehbuchschreiber und Regisseur handlungsmäßig stark an Jeph Loebs „The Long Halloween“, und das Ergebnis ist abermals überzeugend, die Handlung ist rasant und spannend (und in meinen Augen keinesfalls zu lang oder zu überladen) und die Dialoge sind messerscharf.
Bis auf Katie Holmes, deren Rolle, die Staatsanwältin und Jugendfreundin von Bruce, Rachel Dawes, nun von Maggie Gyllenhall gespielt wird, kehrt fast der gesamte Cast des Vorgängers zurück. Christian Bale überzeugt abermals als Batman und Bruce Wayne, auch wenn er dieses Mal weniger Präsenz zeigt, dafür hat Gary Oldmans Jim Gordon (der im Lauf des Films auch zum Comissioner befördert wird) mehr Platz bekommen und weiß seine Leinwandzeit wunderbar zu nutzen. Morgan Freeman und Michael Caine haben wieder die Lacher auf ihrer Seite und dürfen den doch sehr düsteren und ernsten Film etwas aufhellen und zugleich gewissermaßen den moralischen Anker für Bruce darstellen. Und sogar Cillian Murphy darf in einer Szene als Scarecrow zurückkehren, auch wenn diese etwas erzwungen wirkt.
Die Neuzugänge wissen ebenfalls zu überzeugen; Maggie Gyllenhall sieht zwar vielleicht nicht so gut aus wie Katie Holmes (was allerdings Geschmackssache ist), aber sie kann eindeutig besser schauspielern, ihr nimmt man die idealistische Staatsanwältin auch ab. Doch die wahren schauspielerischen Perlen des Films sind Heath Ledger und Aaron Eckhart.
Was wurde nicht schon alles über den Joker dieses Films geschrieben? Heath Ledger spielt wirklich eine absolut diabolische Figur, eine fesselnde und einzigartige Leistung; in wirklich jeder Szene, in der er vorkommt, steht er im Mittelpunkt. Dem steht Aaron Eckhart allerdings in nichts nach. Zwar darf er nicht so auf die Pauke hauen wie Ledger und bleibt deshalb auch nicht ganz so gut in Erinnerung, aber sein Spiel ist dennoch großartig, denn er schafft es, sowohl den sympathischen Staatsanwalt Harvey Dent als auch dessen rachdurstiges Alter Ego Two-Face völlig glaubhaft darzustellen (im Gegensatz zu Tommy Lee Jones).
Die einzigen Kritikpunkte sind Atmosphäre und Musik: Ein wenig mehr Gothic-Stimmung (wie zum Beispiel in „Batman Begins“) hätte dem Film gut getan. Das Gotham City, das dem Zuschauer hier präsentiert wird, wirkt fast ein wenig zu normal und alltäglich. Die Narrows, Arkham Asylum, Wayne Manor, die Einschienenbahn und der Wayne Tower, die in „Batmans Begins“ dafür gesorgt haben, dass Gotham einzigartig wirkt, fehlen in „The Dark Knight“ alle.
Hans Zimmers und James Newton Howards Soundtrack hat sich im Vergleich zu „Batman Begins“ zwar merklich verbessert (vor allem das Joker-Thema ist wunderbar gelungen), aber ein wirklich markantes Batman-Thema vermisse ich immer noch. Ich weiß, dass Hans Zimmer das extra vermeiden wollte, aber für mich gehört zum Dunklen Ritter einfach ein einprägsames Leitmotiv.
Fazit: Fast perfekte Leinwandumsetzung des Dunklen Ritters, die zusammen mit „Batman Begins“ ein homogenes Ganzes ergibt.

Trailer

Siehe auch:
The Dark Knight – Soundtrack
Batman Begins
The Dark Knight Rises
Batman Begins – Soundtrack
The Dark Knight Rises – Soundtrack

Batman Begins


Story: Als seine Eltern nach einem Opernbesuch von einem Ganoven ermordet werden, bricht für den jungen Milliardärssohn Bruce Wayne (Gus Lewis) buchstäblich die Welt zusammen. Der mit einer Fledermausphobie geplagte Junge muss nun ein Trauma überwinden, was ihm nicht wirklich gelingt.
Viele Jahre später plant Bruce (Christian Bale), inzwischen ein Student, den Mörder seiner Eltern umzubringen, doch der Mafiaboss Carmine Falcone (Tom Wilkinson) kommt ihm zuvor, was Bruce dazu veranlasst, sich selbst massiv zu hinterfragen. Er flieht vor der „zivilisierten  Welt“ der Oberschicht seiner Heimatstadt Gotham City, um das Leben auf der anderen Seite kennen zu lernen: Er geht in den fernen Osten, lebt in Armut, stiehlt, um nicht zu verhungern und landet schließlich im Gefängnis.
Dort wird er von dem rätselhaften Henry Ducard (Liam Neeson) aufgespürt, der ihm ein Angebot macht: Einen neuen Sinn im Leben. Ducard führt Bruce in die Welt der Gesellschaft der Schatten, einer Ninjasekte, die von einem gewissen Ra’s al Ghul (Ken Watanabe) geführt wird. Bruce beendet seine Ausbildung zum Kämpfer, doch als er einen Mörder töten soll, bricht er mit seinen Ausbildern und kehrt in seine Heimat zurück, um einen anderen Weg zu wählen, das Verbrechen zu bekämpfen. Bruce wird zu einem Symbol, er wird zu Batman…

Kritik:
Acht Jahre sollte es nach dem Totalausfall von „Batman und Robin“ dauern, bis der Dunkle Ritter auf die Leinwand zurückkehren durfte. In dieser Zeit überlegte man sich bei Warner Brothers fieberhaft, wie man mit Batman weiterverfahren könnte. Eine Verfilmung von Frank Millers „Year One“ wurde angedacht, ein „Batman versus Superman“ und was nicht noch alles.
Aber schließlich traf man die richtige Entscheidung und legte die Bürde in die Hände des Regisseurs Chris Nolan und des Drehbuchschreibers David S. Goyer, die dafür sorgten, dass Batman in Glanz auferstehen sollte.
Man entschied sich, die Ursprungsgeschichte des Dunklen Ritters und seinen Werdegang zu beleuchten und dabei auf Realismus zu setzen. Und das Konzept geht auf.
„Batman Begins“ macht so gut wie alles richtig. Batman/Bruce Wayne ist ein dreidimensionaler und glaubhafter Charakter, der sehr gut von Christian Bale gespielt wird. Meiner Ansicht nach ist Bale der beste bisherige Batman-Darsteller. Zwar ist er nicht so düster/grüblerisch wie Michael Keaton, aber das war zumindest der Comic Bruce Wayne bei seinen öffentlichen Auftritten auch nie. Bale gelingt es wunderbar, den überzogenen Playboy zu spielen, und gleichzeitig einen bedrohlichen, einschüchternden Batman abzugeben. Lediglich die Stimme ist etwas übertrieben.
Auch der Rest der Schauspieler weiß zu überzeugen: Liam Neeson darf ein weiteres Mal den Lehrmeister spielen und hat endlich auch Mal die Gelegenheit zu beweisen, dass er auch als Schurke etwas drauf hat. Michael Caine und Morgan Freeman spielen ebenfalls hervorragend und sorgen für einen zusätzlichen Sympathiebonus.
Der Brite Tom Wilkinson will zwar nicht so recht zu dem italienischen Mafiaboss Falcone passen, liefert aber trotzdem sehr gute Arbeit ab.
Einzig Katie Holmes stört irgendwie und wirkt neben dem Rest der Darstellerriege blass und uninspiriert; die idealistische Staatsanwältin nimmt man ihr nicht so recht ab.
Auch die Handlung ist bei diesem Film um einiges ausgereifter als bei den bisherigen Batman-Streifen. Wie oben bereits erwähnt wird in „Batman Begins“ sehr viel mehr wert auf Charakterzeichnung gelegt, die Motive der Figuren erscheinen nachvollziehbar und die Handlung orientiert sich mehr an den Comics, vor allem an „The Long Halloween“ und natürlich „Batman: Year One“.
Lediglich die Filmmusik fällt gegenüber den Burton-Filmen ab; Hans Zimmers und James Newton Howards Soundtrack ist nicht schlecht, allerdings vermisse ich wirklich markante Themen, das ganze kommt doch etwas breiig herüber, ganz anders, als es bei Danny Elfmans Soundtrack zu „Batman“ und „Batmans Rückkehr“ der Fall war. Aber das ist, neben Katie Holmes, auch schon so ziemlich das einzige Manko.
Fazit: Endlich ein Batmanfilm, der dem Dunklen Ritter wirklich gerecht wird und sich, anders als zum Beispiel die beiden Burton-Filme, voll auf den Titelhelden konzentriert.
So hat ein Batman-Film zu sein, Herr Schumacher.

Trailer

Siehe auch:
Batman Begins – Soundtrack
The Dark Knight
The Dark Knight Rises
The Dark Knight – Soundtrack
The Dark Knight Rises – Soundtrack