Zack Snyder’s Justice League – Ausführliche Rezension

Spoiler!
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Da ist sie also, Zack Snyders unverfälschte Version der Justice League. Ein Triumpf der Kreativität über engstirnige Studiobosse? Oder doch der Triumpf eines lautstarken, toxischen Fandoms? Vielleicht ein wenig von beidem? Wie dem auch sei, für mich als Fan von DC und der Justice League schreit dieses vierstündige Epos geradezu nach einer ausgiebigen Besprechung. Nur eines vorneweg: Ja, insgesamt ist „Zack Snyder’s Justice League“ deutlich besser als die Schnittfassung, die 2017 ins Kino kam und zu der ich in meiner ursprünglichen Rezension wahrscheinlich deutlich zu gnädig war. Das ist nun allerdings wirklich keine besonders hohe Messlatte – wie Snyders Epos in letzter Konsequenz sowohl auf sich selbst gestellt als auch im Kontext der Comics und des, nennen wir ihn „Whedon-Cut“ abschneidet, werde ich im Folgenden en detail und ohne Rücksicht auf Spoiler erläutern.

Secret Origins
„Zack Snyder’s Justice League“ ist ein bislang relativ einzigartiges Projekt. Natürlich kommt es durchaus häufiger vor, dass Studios einen Film für den Kinostart verstümmeln, nur um dann später den Director’s Cut zu veröffentlichen – Ridley Scott kann davon ein Liedchen singen. In manchen Fällen sind längere Fassungen auch Geschenke an die Fans, wie es bei den LotR-Filmen der Fall war, weshalb diese als „Special Extended Editions“ bezeichnet werden; die Kinofassungen sind kaum weniger ein Director’s Cut. Und dann gibt es auch diverse Beispiele, in denen sich Regisseure von ihren Filmen distanziert haben, man aber später trotzdem versuchte, der ursprünglichen Vision so nahe wie möglich zu kommen – ein gutes Beispiel hierfür ist der „Assembly Cut“ von „Alien 3“. Aber ein Regisseur, der ersetzt wurde, nur um später seine Vision doch noch fertigzustellen, sodass zwei Filme entstehen, die zwar dieselbe Story erzählen, das aber auf sehr unterschiedliche Art und Weise, ist eine ziemlich Seltenheit. Das einzige wirklich vergleichbare Beispiel, das mir einfällt, ist „Dominion: Prequel to the Exorcist“, bzw. „Exorcist: The Beginning“, wo ein zumindest in Ansätzen ähnlicher Fall vorliegt, der aber freilich weit weniger Aufmerksamkeit erregte.

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Die Liga vereint: Cyborg (Ray Fisher), Flash (Ezra Miller), Batman (Ben Affleck), Superman (Henry Cavill), Wonder Woman (Gal Gadot), Aquaman (Jason Momoa)

Die weiteren Hintergründe des Snyder-Cut sollten soweit bekannt sein: Schon nachdem „Batman v Superman: Dawn of Justice“ zwar erfolgreich war, aber dennoch hinter den Erwartungen zurückblieb und darüber hinaus Kritiker enttäuschte und Fans spaltete, wollte Warner die ursprünglichen Pläne für „Justice League“ (angedacht waren zwei Filme) eindampfen und das Ganze leichtherziger und humoriger gestalten, angelehnt an das MCU – mit Snyders ursprünglichen Vorstellungen war man nicht allzu zufrieden. Der tragische Selbstmord seiner Tochter veranlasste Snyder verständlicherweise, sich schließlich von dem Projekt zurückzuziehen, weshalb Joss Whedon letztendlich die Fertigstellung beaufsichtigte, noch mal am Drehbuch „nachbesserte“, die nötigen Nachdrehs durchführte und für den finalen Schnitt verantwortlich war – wobei er sich an die engen Vorgaben von Warner halten musste. So durfte „Justice League“ die Zweistundenmarke beispielsweise nicht überschreiten. Das fertige Produkt, ein Lehrbuchbeispiel für den „film by committee“, überzeugte letztendlich niemanden, nicht die Kritiker von „Batman v Superman: Dawn of Justice“ und schon gar nicht die Fans. Schon bald verbreiteten sich die Gerüchte, es gäbe einen Snyder-Cut, der der wahren Vision des Regisseurs entspreche und der Hashtag „#ReleaseTheSnyderCut“ machte seine Runden. Dieses Gerücht erwies sich letztendlich als Halbwahrheit: Es existierte ein von Snyder angefertigter Rohschnitt, der jedoch alles andere als vorzeigbar war.

Kaum jemand wird leugnen, dass „Zack Snyder’s Justice League“ ohne Corona wahrscheinlich nicht existieren würde. Pläne bzw. Diskussionen, den Snyder-Cut in der einen oder anderen Form zu veröffentlichen, gab es zwar bereits 2019, doch erst die Pandemie brachte Warner dazu, ihn als Zugpferd für den essentiell werdenden Streamingdienst „HBO Max“ zu verwenden. Fakt ist: Dieser Mammutfilm ist nicht das, was 2017 in die Kinos gekommen wäre, selbst wenn Whedon Snyder nicht ersetzt hätte. Snyder hätte sich ebenfalls an das gesetzte Zweistundenlimit halten und mit diversen Auflagen kämpfen müssen. Hier hingegen hatte er praktisch fast völlig Narrenfreiheit und bekam zusätzlich zu weiteren 70 Millionen Dollar zur Fertigstellung sogar noch einige zusätzliche Nachdrehs genehmigt. Diese Freiheit merkt man, im Guten wie im Schlechten.

Handlung
Was den Plot der beiden Fassungen angeht, gibt es tatsächlich nicht allzu viele Unterschiede: In beiden greift der außerirdische Kriegsherr Steppenwolf (Ciarán Hinds) mit seinem Heer aus Paradämonen die Erde an. Jahrtausende zuvor konnten die Verteidiger der Erde einen ersten Angriff abwehren, aber die feindlichen Horden hinterließen drei Mutterboxen – wenn diese zusammengebracht werden, lösen sie die „Singularität“ aus und sorgen für die Hölle (bzw. Apokolips) auf Erden. Der Tod von Superman (Henry Cavill) hat dafür gesorgt, dass eine Mutterbox nach Steppenwolf „ruft“. Während er und seine Horden alles daransetzen, die Mutterboxen, die von den Amazonen und Atlantern behütet werden, an sich zu bringen, versuchen Batman (Ben Affleck) und Wonder Woman (Gal Gadot), neue Verteidiger der Erde um sich zu scharen, doch sowohl der Halbatlanter Aquaman (Jason Momoa) als auch der durch die dritte Mutterbox erschaffene Cyborg Victor Stone (Ray Fisher) haben auf Teamwork keine rechte Lust. Nur Barry Allen alias Flash (Ezra Miller) ist sofort Feuer und Flamme. Nachdem Steppenwolf zwei von drei Boxen bereits an sich gebracht hat, sind die Helden nun doch gezwungen, zusammenzuarbeiten – dabei müssen sie allerdings feststellen, dass sie dem außerirdischen Kriegsherrn gnadenlos unterlegen sind. Mithilfe der einen Mutterbox, die Steppenwolf noch nicht an sich bringen konnte, und der Geburtskammer des kryptonischen Schiffs in Metropolis beschließen die Helden, Superman von den Toten wiederzuerwecken. Das gelingt zwar, Superman ist allerdings noch nicht wieder recht bei Verstand und greift die Liga an – erst Lois Lanes (Amy Adams) Auftauchen hält ihn davon ab, alle fünf umzubringen. Derweil kann Steppenwolf die letzte fehlende Box an sich bringen und in Osteuropa damit beginnen, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Gemeinsam muss die Justice League nun versuchen, ihn zu stoppen und das Ende der Welt zu verhindern.

Snyder-Cut vs. Whedon-Cut
Die Inhaltsangabe funktioniert für beide Filme, hier ist das „Wie“ letzten Endes deutlich wichtiger als das „Was“. Ähnlich wie schon beim ersten Avengers-Film ist die eigentliche Handlung äußerst simpel – ja im Grunde fast identisch: eine außerirdische Invasion, die von einem oder mehreren MacGuffins abhängt. Das primäre Problem des Whedon-Cuts war der Zeitmangel und die stilistische Diskrepanz zum Vorgänger – Warner wollte die „Standardversionen“ der Figuren und in zwei Stunden lässt sich kaum eine derartige Entwicklung bewerkstelligen, also griff man auf Charakterisierung mit der Brechstange zurück – und viele Oneliner im typischen Whedon-Stil. Die Ereignisse haben bei Whedon keinerlei Zeit, sich in irgendeiner Form zu entfalten, weil eben alles auf Teufel komm raus in die besagten zwei Stunden gepresst werden muss. Wenn Steppenwolf die dritte Mutterbox einfach offscreen an sich bringt, wirkt das fürchterlich konstruiert. Hier hat der Snyder-Cut die eindeutigsten Vorteile, da er den Ereignissen tatsächlich Gewicht und Tragweite verleihen. Um beim Mutterbox-Beispiel zu bleiben: Bei Snyder bekommt dieses Ereignisse, das in der Kinofassung nicht einmal zu sehen ist, durch Silas Stones (Joe Morton) Tod sogar Tragik und ist ein wirklicher Wendepunkt. Auch das Finale ist im Snyder-Cut um Welten besser als bei Whedon geraten, wo Superman einfach kurz auftaucht und alles erledigt. Bei Snyder dagegen ist es Flash, der letzten Endes für den glücklichen Ausgang zuständig ist – in einer Szene, die an das Finale der Folge „Divided We Fall“ der Serie „Justice League Unlimited“ erinnert. Aber egal, ob es sich dabei um Zufall, liebevolle Hommage oder etwas zu viel Inspiration handelt, es ist definitiv ein befriedigenderer Ausgang als das Ende, das Steppenwolf in der Schnittfassung von 2017 findet.

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Wonder Woman (Gal Gadot), Batman (Ben Affleck) und Flash (Ezra Miller)

Eines der größten Problem des Snyder-Cuts ist dem der Kinofassung diametral entgegengesetzt: Zu viel Zeit. Einerseits kommen die Figuren in „Zack Snyder’s Justice League“ deutlich besser weg, und auch die Entwicklung der Handlung fühlt sich entspannter und organischer an, aber andererseits wird man das Gefühl nicht los, Snyder hätte alles an Material, das ihm zur Verfügung stand, ohne Rücksicht auf Verluste einfach in die Schnittfassung gepackt. Viele Szenen sind unnötig in die Länge gezogen; das beliebteste Beispiel ist Aquamans Abgang nach seinem ersten Treffen mit Batman. Einige der weiblichen Bewohner des Dorfes begleiten sein Verschwinden mit Gesang und hören einfach nicht damit auf. Mitunter finden sich auch Dopplungen: So erstattet Steppenwolf DeSaad (Peter Guiness) zwei Mal Bericht – die Szenen wirken wie zwei verschiedene Versionen derselben und sind praktisch inhaltlich identisch. Man hätte den Snyder-Cut wahrscheinlich problemlos um mindestens eine halbe Stunde kürzen können, einfach indem man unnötige bzw. unnötig lange Szenen entfernt oder trimmt. Bei der Betrachtung von Snyders Filmografie fällt zudem immer wieder auf, dass er wohl ein Fan der LotR-Filme ist – was unter anderem auch die Anwesenheit von Orks in „300“ und „Sucker Punch“ erklären würde. Mit „Justice League“ scheint er sein Epos inszenieren zu wollen, inklusive ausgedehnter Landschaftsszenen, die gerade hier aber recht fehl am Platz wirken und die Laufzeit noch weiter ausdehnen.

Strukturell hält sich der der Whedon-Cut sehr eng an das typische Drei-Akt-Modell, während der Snyder-Cut bewusst die erzählerischen Standardregeln verletzt. Das muss theoretisch nichts Schlechtes sein – allerdings hatte Snyder schon immer gewisse Probleme mit Dramaturgie. Ähnlich wie Tarantino teilte Snyder seine Fassung in mehrere Kapitel ein, sechs davon, plus Prolog und Epilog. Wirklich Spannung kommt vor allem in den ersten ein, zwei Stunden des Films selten auf, besonders, weil die Bedrohung durch Steppenwolf immer wieder in den Hintergrund rückt, um die Hintergrundgeschichten von Flash und Cyborg zu erzählen. An dieser Stelle würde mich sehr interessieren, wie der Snyder-Cut von jemandem wahrgenommen wird, der oder die weder mit den Figuren noch mit dem Whedon-Cut vertraut ist. Tatsächlich empfand ich das Schauen des Snyder-Cuts keinesfalls als dröge oder langweilig, da hatten beispielsweise „Man of Steel“ oder „Batman v Superman: Dawn of Justice“ mehr Längen – allerdings habe ich den Film auch nicht am Stück angeschaut, sondern ihn anhand der Kapitel eingeteilt und bei mir herrschte auch primär die fachliche Neugier vor, welche Szenen neu oder anders sind und wie Snyder die Story und Charaktere im Vergleich zu Whedon angeht.

Stilistisch wird hier natürlich Snyder in Reinkultur geboten, was sich vor allem auf die Farbpalette auswirkt, die ähnlich ausfällt wie in „Batman v Superman: Dawn of Justice“. Ich bin nun wirklich kein Fan der Optik dieses Films, aber das zwanghafte, knallige Aufhellen des Whedon-Cuts war grausam – die Helden in ihren Kostümen sahen mitunter aus wie schlechte Cosplayer und auch dem CGI hat diese Optik absolut nicht gutgetan. Der Snyder-Cut ist immer noch ein Fest der digitalen Effekte, und nicht alle sind durchweg gelungen (Stichwort: Pferde der Amazonen), aber im Großen und Ganzen ist der Snyder-Cut deutlich angenehmer anzusehen als die Kinofassung. Snyders Tendenz, epische Bilder heraufzubeschwören, ist natürlich ebenfalls im Übermaß vorhanden – das war schon immer eines seiner größten Talente. Leider gelingt es ihm dabei nur selten, diese Bilder auch tatsächlich erzählerisch sinnvoll einzusetzen. Snyder in Reinkultur bedeutet selbstverständlich auch mehr Zeitlupe; gerade bei diesem Aspekt hat er sich zu sehr ausgetobt. Das alles wirkt sich in letzter Konsequenz negativ auf die Narrative des Films aus: Wenn jeder Shot episch komponiert ist und auch alle möglichen nebensächlichen Szenen Zeitlupeneffekte beinhaltet, funktionieren diese Stilmittel nicht mehr zur Hervorhebung erzählerisch zentraler Momente, sodass eine gewisse Gleichförmigkeit entsteht.

Trotz seiner Länge hat der Snyder-Cut interessanterweise einige erzählerische Probleme und Plotlöcher, die es bei Whedon in dieser Form nicht gab. Oft sind es eher Kleinigkeiten bzgl. Aufbau und Payoff: Sowohl bei Whedon als auch bei Snyder wird die Eigenschaft von Wonder Womans Lasso der Wahrheit beispielsweise sehr früh etabliert. Bei Whedon kommt sie am Ende auch zum Einsatz – zwar für komödiantische Zwecke, aber immerhin. Bei Snyder dagegen spielt das Lasso keine Rolle mehr. Im Gegensatz dazu besitzt Flash bei Snyder im Finale plötzlich Selbstheilungskräfte, die vorher nicht einmal angedeutet wurden. Gerade in diesem Kontext sind Whedons Nachdrehs mitunter sehr interessant. Manche Szenen sind schlicht unnötig, sie existieren mit kleinen Unterschieden fast genauso bei Snyder, meistens wird lediglich ein unnötiger Gag eingebaut – das riecht nach Arroganz. Andere dagegen versuchen tatsächlich, Probleme von Snyders Version zu lösen. Meistens tun sie das nicht besonders gut, aber zumindest die Absicht ist verständlich. Das betrifft beispielsweise Batmans Motivation, das Team überhaupt zusammenzustellen: Vage Andeutungen von Lex Luthor (Jesse Eisenberg) und Alpträume wirken kaum greifbar. Bei Whedon hingegen wird Batman mit einem Paradämonen, also einer handfesten Bedrohung konfrontiert. Dass dieser Paradämon explodiert und einen Hinweis auf die Mutterboxen hinterlässt, ist fraglos dämlich, aber die Motivation des Dunklen Ritters ist nachvollziehbarer. Auch der Umstand, dass den Ligisten nicht einfällt, dass bei der Wiedererweckung Supermans etwas schiefgehen und der Mann aus Stahl sie angreifen könnte, ist etwas, das bei Snyder niemandem in den Sinn kommt – von moralischen Bedenken gar nicht erst zu sprechen. Für Batman ist es geradezu out of character, dass er einerseits nicht an die Möglichkeit denkt und andererseits nicht auch gleich ein, zwei Pläne für diesen Fall in petto hat. All das wird bei Whedon zumindest angerissen – nicht gut und nicht ausreichend, aber immerhin.

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Steppenwolf (Ciarán Hinds)

Schließlich und endlich gibt es noch einen weiteren Unterschied zwischen den beiden Schnittfassungen, der angesprochen werden sollte: Thema und Philosophie. Der Whedon-Cut hatte im Grunde weder das eine, noch das andere, die Philosophie des Studios war lediglich: „Mach es so wie ‚The Avengers‘.“ Wenn man großzügig ist, könnte man dem Film attestieren, sich zumindest in Ansätzen mit Angst und ihrer Überwindung auseinanderzusetzen – Whedons Paradämonen werden von Angst angezogen, im Verlauf des Films muss Flash seine Angst überwinden und am Ende wird Steppenwolf durch seine eigene Angst besiegt. In Snyders Version des Films sind die Einflüsse der Werke Ayn Rands nach wie vor sehr spürbar, wenn auch bei weitem nicht so prominent ist wie in den beiden Vorgängerfilmen. Dennoch blitzen Snyders philosophische Ansichten immer wieder durch, wenn im epischen Flashback beispielsweise die Autonomie der einzelnen irdischen Fraktionen, die gegen Darkseid kämpfen, betont wird oder im Monolog von Silas Stone über Cyborgs Kräfte, in dem plötzlich und sehr plakativ das Thema Finanzen und Märkte angesprochen wird, das im Film sonst überhaupt keine Rolle spielt – das wirkt wie ein libertärer Einschub. Das Problem dabei ist, dass die meisten Figuren in Snyders Filmen entweder Facetten dieser Philosophie sind oder den Kollektivismus bringen wollen – aus diesem Grund funktionierte „Batman v Superman: Dawn of Justice“ nicht, weil Snyder keinen philosophischen Konflikt zwischen den Figuren etablieren konnte. Faszinierenderweise ist diese Tendenz in diesem Film, bei dem Snyder Narrenfreiheit hatte, am schwächsten ausgeprägt, die DC-Figuren entsprechen, mit der Ausnahme von Batman und Superman, in weitaus größerem Ausmaß ihren Comicgegenstücken.

Wonder Woman und Aquaman
Wonder Woman dürfte im Snyder-Cut die Figur sein, die sich am wenigsten verändert hat. Whedon versuchte, mehr Konflikt mit Batman einzubauen und Steve Trevors Vermächtnis stärker zu betonen, beides findet sich bei Snyder nicht – stattdessen geht Diana deutlich brutaler gegen die Terroristen zu Beginn des Films vor. Diese Brutalität in Snyders Filmen ist primär Stilmittel, um sie „edgier“ zu machen, hat aber nur selten erzählerischen Wert. Dianas rücksichtloses Vorgehen in dieser Szenen kommt sogar in Konflikt mit ihrem sehr mitfühlenden Gespräch mit dem geretteten Mädchen kurze Zeit später. Ansonsten darf Wonder Woman primär für Exposition sorgen, die Hintergründe erläutern und natürlich in den Actionszenen ordentlich zulangen. Einen wirklich eigenen Handlungsbogen hat sie hier allerdings nicht, was aber tatsächlich verhältnismäßig nachvollziehbar ist: Diana ist die mit Abstand am längsten etablierte Heldin und hat zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Solofilme.

Im Gegensatz zu Wonder Woman hat Aquaman hier tatsächlich einen eigenen, wenn auch eher knappen Handlungsbogen – dieser war rudimentär bereits im Whedon-Cut vorhanden und wird nun noch ein wenig ausführlicher herausgearbeitet. Das Problem dabei ist, dass es im Grunde derselbe ist wie in James Wans „Aquaman“; Arthur muss sein atlantisches Erbe und seine Verantwortung akzeptieren. Nachdem bei der Kinofassung alle Szenen mit Vulko (Willem Dafoe) der Schere zum Opfer fielen und Mera (Amber Heard mit einem merkwürdigen britischen Akzent) auf das absolut notwendige Minimum reduziert wurden, liegt die Vermutung nahe, dass in Arthurs Solofilm einige Ideen aus Snyders Version übernommen wurden. Ansonsten wurden vor allem Arthurs „Surferpersönlichkeit“ und die Anzahl der Oneliner zurückgefahren. Hinzugekommen ist zudem eine wirklich gelungene Szene, in der sich Aquaman gegenüber Flash und Cyborg von seiner verständlichen Seite zeigt.

Superman und Lois
Auch zu Superman gibt es relativ wenig zu sagen, was primär damit zusammenhängt, dass bis zu seiner Wiedererweckung zweieinhalb Stunden vergehen und er schlicht nicht besonders viel Zeit gewidmet bekommt. Whedon versuchte hier auf Biegen und Brechen, Supermans Standard-Charakterisierung irgendwie im Film unterzubringen, was zu all den grandiosen Szenen führte, in denen Henry Cavills Oberlippe wie ein außerirdischer Parasit aussieht. Diese Szenen sind natürlich verschwunden, was aber auch bedeutet, dass Superman kaum Präsenz hat: Er wird wiedererweckt, bekämpft die Justice League, tauscht sich mit Lois und Martha (Diane Lane) aus und taucht schließlich im Finale auf, wo er dieses Mal aber nicht den Tag im Alleingang rettet, was definitiv eine Verbesserung ist. Das alles hat leider auch zur Folge, dass sich Superman nie wirklich wie ein Teil des Teams anfühlt, da man ihn praktisch nie mit den anderen Ligisten interagieren sieht.

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Superman (Henry Cavill) in schwarz

Ansonsten ist sein schwarzes Kostüm wahrscheinlich der prägnanteste Unterschied zum Whedon-Cut. Hierbei handelt es sich um einen Verweis auf die Comics, in denen Superman nach seiner Wiederweckung ebenfalls schwarz trug. Dieser Anzug hatte allerdings eine spezielle Funktion in der Vorlage, während Clark hier schwarz trägt, weil Snyder es cool fand. Es gibt nicht einmal eine storytechnisch sinnvolle Erklärung, weshalb: Im kryptonischen Schiff hat er die Wahl zwischen dem traditionellen und dem schwarzen Suit und wählt den schwarzen… weil halt.

In Snyders Filmen ist Lois Lane (Amy Adams) Supermans mit Abstand wichtigste Bezugsperson – ich wäre geneigt zu sagen, dass sie von den ganzen unterstützenden Figuren der Helden die wichtigste ist. Ich finde es in diesem Kontext allerdings etwas besorgniserregend, dass diese Version von Lois praktisch völlig von Superman abhängig zu sein scheint, nach seinem Tod regelrecht katatonisch wird und primär als Instrument dazu dient, dem Zuschauer den Verlust des Mannes aus Stahl zu vermitteln. Das ist definitiv nicht die Lois Lane, die man aus den Comics kennt und liebt. Bereits in den Vorgängern, vor allem „Batman v Superman: Dawn of Justice“, wusste Snyder nicht so recht, was er mit ihr eigentlich anfangen soll, und das setzt sich hier leider fort.

Batman
Zack Snyders Darstellung von Batman könnte einer der größten Schwachpunkte dieses Films sein. Die völlig rücksichtslose Brutalität der Figure aus „Batman v Superman: Dawn of Justice“ fehlt hier zwar ebenso wie die Oneliner des Whedon-Cuts (beide werden nicht vermisst), aber unglücklicherweise bleibt nicht mehr viel übrig, was meinen Verdacht bestätigt, dass Snyder der Dunklen Ritter nie richtig verstanden hat und lediglich seine Ästhetik cool fand. Zugegebenermaßen ist es nicht immer leicht, Batman im Kontext der Justice League bzw. zusammen mit anderen, übermächtigen Helden zu inszenieren und ihn dabei nicht die zweite Geige spielen zu lassen. Was trägt Batman zur Justice League bei? Seinen Verstand, seine Fähigkeiten als Taktiker und seine absolute Entschlossenheit und Integrität. Batman ist es für gewöhnlich, der Pläne erstellt, der die Teammitglieder gemäß ihren Fähigkeiten einsetzt und sogar schon Darkseid in seine Schranken weisen konnte. All das fehlt hier, Snyders Batman ist im Grunde Nick Fury, der die Avengers, bzw. die Justice League zusammenbringt, danach aber nur noch bedingt etwas zum Gelingen der Mission beiträgt. Snyder versucht in Ansätzen, den Weg seines Batmans vom zynischen Vigilanten zum Teammitglied der Liga zu zeichnen (was an sich eher suboptimal gelingt), allerdings vergisst er dabei, Batman auch einen tatsächlichen Platz in der Liga zu geben. Schlimmer noch, mehr als einmal agiert Batman hier schlicht idiotisch, gerade im Kontext von Supermans Wiedererweckung. Whedons Batman hatte mit Lois in der Hinterhand wenigstens in Ansätzen einen Plan B, Snyders Batman hat gar nichts, keine Strategie, keine Taktik, es kommt ihm nicht einmal in den Sinn, dass es vielleicht nicht die beste Idee sein könnte, sich Superman zu zeigen. Im Snyder-Cut taucht Lois mehr oder weniger zufällig auf, um Clark wieder zur Besinnung zu bringen. Nachdem er das Team versammelt hat, ist Batman für Snyder fast schon erzählerischer Ballast, seine Beiträge zum glücklichen Ausgang sind kaum der Rede wert. Hier wäre eine Konsultation von Grant Morrisons JLA-Serie oder der Justice-League-Animationsserie eine gute Idee gewesen, in beiden wird gezeigt, wie Batman sinnvoll in die Justice League integriert werden kann.

Flash und Cyborg
Die Qualitäten des Snyder-Cuts zeigen sich bei keiner anderen Figur so sehr wie bei Flash und Cyborg, die in Whedons Version wirklich massiv gelitten haben. Flash wurde fast zum reinen Comic Relief degradiert und Cyborg war so gut wie nicht vorhanden. Snyder hingegen kümmert sich ausgiebig um diese beiden Figuren. Flash ist immer noch für einen Großteil des Humors verantwortlich, seine Kommentare sind allerdings deutlich gemäßigter und weniger „awkward“ als bei Whedon – kein mehrere Minuten dauernder Vortrag über Brunch. Stattdessen wirkt Barry Allen hier nachvollziehbarer und authentischer und muss sich nicht mit einer russischen Familie als Beschäftigungstherapie während des Endkampfs herumschlagen, sondern darf stattdessen der entscheidende Faktor sein.

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Aquaman (Jason Momoa), Cyborg (Ray Fisher) und Flash (Ezra Miller)

Noch gravierender sind die Änderungen und Erweiterungen bei Cyborg, der nicht nur mehrere Szenen und Flashbacks bekommt, die seinen Hintergrund sowie die Natur seiner Kräfte und seines Zustandes erläutern, sondern auch eine komplizierte Beziehung zu seinem Vater Silas Stone, die erfreulicherweise nicht plakativ oder simpel ausfällt: Silas war seine Arbeit immer wichtiger als bspw. die Spiele seines Sohnes, als dieser jedoch in einem Unfall verunglückt, tut er alles, um Victor zu retten – er verwandelt ihn in etwas, das Victor selbst als monströs wahrnimmt. Victor gibt Silas ohnehin schon eine Teilschuld am Tod der Mutter, die mit ihm verunglückte, aber sofort starb – seine Natur als Cyborg verkompliziert dieses Verhältnis noch. Dennoch zögert Victor nicht, seinen Vater vor den Paradämonen zu retten und ist natürlich zutiefst traurig und verstört, als Silas sich opfert, um der Justice League eine Chance zu geben, Steppenwolf aufzuspüren. Wo Victor Stone bei Whedon fast nur ein „Mitläufer“ mit minimaler Plotsignifikanz war, ist er hier wirklich ein zentraler, essentieller und gerade für Snyders Verhältnisse sehr differenzierter Charakter.

Darkseid und Steppenwolf
Der Schurke des Films ist eine weitere Figur, die enorm vom Snyder-Cut profitiert hat. Die Whedon-Version war mehr oder weniger eine verwässerte Version von Azog aus der Hobbit-Trilogie – ein Urteil, das angesichts des Umstandes, dass Azog kein besonders gelungener Schurke ist, schon ziemlich vernichtend ist. Im Snyder-Cut ist Steppenwolf zwar beileibe kein Widersacher von Shakespeare’scher Tragweite, aber er erfüllt immerhin die Grundanforderungen, hat eine relativ klare Motivation, anstatt nur pseudoödipalen Blödsinn über „Mutter“ von sich zu geben und sieht auch deutlich beeindruckender aus. Apropos Aussehen: Steppenwolf und DeSaad in den Comics sehen meistens menschlich aus, während sie hier deutlich monströser (um nicht zu sagen: orkischer) in Szene gesetzt werden. Anders als in Whedons Schnittfassung taucht dieses Mal auch Darkseid (Ray Porter) persönlich auf; Snyder etabliert hier ein Darth Vader/Imperator-Verhältnis zwischen ihm und Steppenwolf. Fun Fact am Rande: In den Comics, zumindest vor den „New 52“, ist Steppenwolf Darkseids Onkel.

Leider gibt es einen Aspekt, der das Ganze etwas trübt: Damit die Schurkenhintergründe funktionieren, muss Darkseid an partieller Amnesie leiden. Es fällt schwer zu glauben, dass dieser galaktische Despot die eine Welt, auf der er eine Niederlage erlitten hat, einfach so vergisst und dass ein in Ungnade gefallener Diener dann zufällig über sie stolpert. Wenn die Erde nur eine zufällige Welt ist, die Steppenwolf ausgewählt hat, um wieder in Darkseids gutes Buch zu kommen, weshalb sind dann schon Mutterboxen vorhanden, die Steppenwolf ja erst zur Erde rufen? Und noch bevor Steppenwolf die Erde als die Welt erkennt, die seinem Meister erfolgreich Widerstand geleistet hat, identifiziert er Wonder Woman als Mitglied der Amazonen, die mitgeholfen haben, die Scharen von Apokolips zurückzuschlagen. Das will alles nicht so recht zusammenpassen.

Knightmare und Fanservice
Obwohl der Snyder-Cut zumindest nach aktuellem Stand das Ende von Snyders Version des DC-Universums ist, hat er beschlossen, die Saat der ursprünglich geplanten Sequels trotzdem zu pflanzen – wenn man schon einmal dabei ist und die Laufzeit ohnehin keine Rolle spielt. Anders als im Whedon-Cut, der sie vollständig ignoriert, greift Snyder die sog. „Knightmare-Sequenz“ aus „Batman v Superman: Dawn of Justice“, in der wir einen Eindruck von er dystopischen oder postapokalyptischen Zukunft bekommen, wieder auf. Wie in Grant Morrisons JLA-Story „Rock of Ages“ hat Darkseid mit seinen Horden die Antilebensformel errungen und die Erde erobert und wie in der Videospielreihe (und den damit verbundenen Tie-in-Comics) „Injustice“ bekommen es die restlichen Helden mit einem bösen Superman zu tun. Tatsächlich ist die Idee, dass Superman für Darkseid arbeiten könnte, auch nicht neu, sowohl die Miniserie „Superman: The Dark Side“ (1998) von John Francis Moore und Kieron Dwyer als auch „Legacy“, das zweiteilige Finale von „Superman: The Animated Series“ (Erstausstrahlung im Jahr 2000) spielen mit diesem Konzept, das Snyder in Fortsetzungen seines „Justice League“ weiter erforscht hätte. So bleibt es nun aber bei kurzen Visionen, die Cyborg immer wieder erhält, zum Beispiel sieht er Fragmente davon, wie ein Angriff Darkseids auf die Erde verlaufen könnte. Im Epilog des Films wird Bruce schließlich von einer weiteren, ausführlicheren Vision heimgesucht, in der wir eine zukünftige Inkarnation der Liga sehen, zu der neben Flash, Batman und Cyborg auch Mera sowie die Schurken Deathstroke (Joe Manganiello) und Joker (Jared Leto) gehören – das Ganze wird in einem von „Mad Max: Fury Road“ inspirierten Look präsentiert. Während Cyborgs kurze Visionen tatsächlich einen erzählerischen Sinn haben, lässt sich dasselbe nicht über die längere Szene im Epilog sagen, sie dient einzig dem Coolnessfaktor und um Batman und Joker ziemlich schlechte Dialoge in den Mund zu legen.

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Darkseid (Ray Porter)

Ähnlich verhält es sich mit anderen Fanservice-Elementen, die ebenfalls primär im Epilog auftauchen. Die Post-Credits-Szene des Whedon-Cuts mit Lex Luthor und Deathstroke ist ebenfalls vorhanden, nur dass Luthor dieses Mal nicht plant, eine Injustice Gang zu gründen, stattdessen verrät er dem einäugigen Auftragskiller Batmans wahren Namen. Auch hier handelt es sich um Sequel-Bait für Fortsetzungen, die wohl nie entstehen werden – wir erinnern uns, im ursprünglich geplanten Batman-Film, bei dem Ben Affleck nicht nur die Hauptrolle spielen, sondern auch Regie führen sollte, wäre der von Joe Manganiello gespielte Deathstroke der Gegner gewesen. Und schließlich hätten wir noch die beiden Gastauftritte des Martian Manhunter (Harry Lennix), die Snyder sich wirklich hätte sparen sollen, da sie völlig unnötige Logiklöcher aufreißen. Snyder suggeriert hier, dass der bereits in „Man of Steel“ und „Batman v Superman: Dawn of Justice“ auftauchende Calvin Swanwick (ebenfalls Harry Lennix) die ganze Zeit der Martian Manhunter war – basierend auf einer Fantheorie. Da stellt sich die Frage: Warum haben nicht eine, sondern gleich zwei außerirdische Invasionen sowie das Auftauchen von Doomsday ihn nicht zum Eingreifen bewogen? Und selbst wenn man die halbseidene nicht-Erklärung des Films akzeptiert, wird die Lois/Martha-Szene, die eigentlich ziemlich gelungen ist, dadurch völlig entwertet, weil sich direkt danach herausstellt, dass der Manhunter als Martha posierte. Freiheit der Kreativschaffenden ist eine schöne und wichtige Sache – aber ein wenig Input von außen schadet ebenfalls nicht und kann dabei helfen, das Endresultat noch besser zu machen.

Fazit
In letzter Konsequenz ist „Zack Snyder’s Justice League“ ein schwierig zu bewertendes Biest. Ist diese Schnittfassung besser als die Kinoversion? Definitiv und ganz ohne Zweifel lautet die Antwort ja. Der Whedon-Cut riecht nach Studioeinmischung, nach „film by committee“, während der Snyder-Cut die Vision eines Regisseurs darstellt, was einem seelenlosen Studioprodukt immer vorzuziehen ist – selbst wenn man einem besagte Vision nicht unbedingt zusagt. Ist „Zack Snyder’s Justice League“ das Meisterwerk, das die Fans des Regisseurs darin sehen? Zumindest nicht aus meiner Perspektive. Snyder beseitigt viele Probleme des Whedon-Cuts, schafft dabei aber einige neue. Dazu gehört neben einigen Story- und Logiklöchern primär die Laufzeit des Films, der scheinbar fast alles an Material beinhaltet, das Snyder zur Verfügung hatte. Eine halbe Stunde bis Stunde weniger hätte dem Endprodukt definitiv gutgetan. Alles in allem und zumindest im Kontext der Entstehungsgeschichte hätte der Snyder-Cut deutlich schlechter ausfallen können. Ich bin bekanntermaßen kein Fan von Snyders Interpretation des DC Universums im allgemeinen und Batmans und Supermans im Speziellen. Diese beiden Helden sind nun auch hier die schwächsten Bestandteile, bei den restlichen vier Mitgliedern leistet Snyder aber eigentlich recht gute Arbeit, vor allem was Flash und Cyborg angeht. All jene, die mit Snyders Regiestil, den Manierismen (also Zeitlupe) und der Optik absolut nichts anfangen können, werden auch von seiner Version von „Justice League“ nicht überzeugt werden. Fans von „Man of Steel“ und „Batman v Superman: Dawn of Justice” erhalten wahrscheinlich endlich den Film, auf den sie viele Jahre gewartet haben. Und all jene, die die besagten beiden Filme zwar kritisch sehen, aber doch ein gewisses Potential in ihnen erkannten, werden vielleicht sogar positiv überrascht – zu dieser Gruppe zähle auch ich mich. Denn trotz anderer Vermutung fand ich „Zack Snyder’s Justice League“ unterhaltsam – deutlich unterhaltsamer als die beiden Vorgänger, sodass ich einem Rewatch in einiger Zeit nicht unbedingt abgeneigt bin.

Trailer

Bildquelle

Siehe auch:
Justice League: Origin
JLA: Rock of Ages

JLA: Rock of Ages

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Zack Snyder ist definitiv nicht der erste, der auf die Idee einer dystopischen, von Darkseid beherrschten Zukunft des DC-Universums kam. Wahrscheinlich ist auch Grant Morrison nicht der erste, aber auf den Seiten der JLA-Storyline „Rock of Ages“ (erschienen in den Heften 10 bis 15) begegnete zumindest mir dieses Konzept zum ersten Mal. Ähnlich wie schon meine Rezension zu „Justice League: Origin“ kann auch dieser Artikel als Vorbereitung auf den Snyder-Cut gesehen werden – und natürlich handelt es sich dabei um die lange überfällige Fortführung meiner Artikelreihe zu Grant Morrisons JLA-Run.

Handlung
Sieben bösartige Doppelgänger des Justice League greifen Star City an und sorgen für Chaos und Zerstörung. Der Liga gelingt es gerade so, die Doppelgänger zu besiegen, wobei die Ligisten feststellen, dass es sich nicht um lebendige Wesen, sondern um ferngesteuerte Hartlichthologramme handelt. Hinter dem Angriff steckt eine Neuformation der „Injustice Gang“. Dieses Team existierte bereits in mehreren Formationen als schurkisches Gegenstück zur Justice League, dieses Mal besteht sie allerdings ausschließlich aus Erzfeinden der „Großen Sieben“. Ins Leben gerufen wurde sie von Lex Luthor, der sich durch Supermans Beteiligung an der Liga persönlich angegriffen fühlt. Als Gegenstück für Batman fungiert natürlich der Joker (wer auch sonst?), für Wonder Woman ist Circe am Start, für Aquaman der Ocean Master (der durch James Wans „Aquaman“ immerhin ein wenig mehr Bekanntheit erlangt hat) und aus Flashs Rogues Gallery macht Mirror Master mit. Green Lantern (Kyle Rayner) ist als Held noch zu neu, um einen wirklichen Erzfeind zu haben, weshalb Luthor (bzw. Morrison) mit Doctor Light einen klassischen Teen-Titans-Schurken wählte, der während des Crossovers „Underworld Unleashed“ neue Fähigkeiten und ein neues Aussehen bekam und immerhin schon das eine oder andere Mal mit Lantern aneinandergeriet. Für Martian Manhunter schickt Morrison eine eher obskure DC-Figur aus den 80ern namens Jemm bzw. „Son of Saturn“ an den Start – dieses telepathische Alien wird von Luthor mehr oder weniger ferngesteuert. Supermans Erzfeind verfügt allerdings noch über eine weitere Geheimwaffe, den legendären Stein der Weisen (auch Worlogog), der zwar weder für Gold, noch für Unsterblichkeit sorgt, dafür seinem Besitzer aber Macht über das temporale Gefüge verleiht.

Während sich die Liga, die aktuell aus Superman, Batman, Martian Manhunter, Aquaman, Green Lantern, Flash sowie den beiden Newcomern Aztek und Green Arrow besteht – Wonder Woman ist zu diesem Zeitpunkt gerade tot, allerdings, wie üblich bei Superhelden, nur temporär – mit den Machenschaften der Injustice Gang herumschlägt, taucht unvorhergesehen der New God Metron im Wachturm der Justice League auf und enthüllt den dort anwesenden Ligisten Aquaman, Green Lantern und Flash, dass sie unbedingt verhindern müssen, dass der Stein der Weisen Darkseid in die Hände fällt. Um das zu erreichen, schickt er die drei auf eine Odyssee durch Raum und Zeit. Nach einem Zwischenstopp auf Wonderworld, wo sich gewaltige Superwesen auf die Apokalpyse vorbereiten, landen sie schließlich fünfzehn Jahre in einer Zukunft, in der Darkseid die Antilebensformel errungen hat und über das Universum regiert. Mithilfe der versprengten Reste der JLA müssen die drei Ligisten, die sich in den Körpern ihrer zukünftigen Gegenstücke befinden und weder über Supertempo, noch über einen Kraftring verfügen, versuchen, in ihre Zeit zurückzugelangen, um anschließend zu verhindern, dass Superman Luthor den Stein der Weisen abnimmt und ihn zerstört – dieser Akt ermöglichte es Darkseid nämlich, die Herrschaft zu übernehmen…

Injustice for All

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Lex Luthors Injustice Gang

„Rock of Ages” verfügt über zwei Handlungsstränge, die ineinander verschachtelt sind. Der Kampf gegen die Injustice Gang fungiert dabei als Rahmen, pausiert für die dystopische Zukunft und wird dann wieder aufgenommen. Dieser Handlungsstrang legt seinen Fokus primär auf Lex Luthor, die anderen Mitglieder der Gang fungieren eher als Erfüllungsgehilfen. Luthor ist hier stark in seiner 90er-Charakterisierung als ruchloser Geschäftsmann verwurzelt, das heißt, er steigt nicht in einen grünen Anzug, um sich selbst an den Kämpfen zu beteiligen, sondern betrachtet die Vernichtung der Justice League als Firmenübernahme, angefeuert von seinem Hass auf Superman. Batman hat auf diesem Bereich natürlich als Geschäftsführer von Wayne Enterprises nicht weniger Erfahrung und kann so relativ gut gegen Luthor arbeiten. Zum Beispiel bringt er drei Agenten, darunter Plastic Man, in Luthors Team unter. Sehr interessant ist die Dynamik der Schurken untereinander sowie ihre Zusammenarbeit. So entstehen die Hartlichthologramme zum Beispiel aus der Kooperation zwischen Dr. Light und Mirror Master. Ein späteres Konstrukt wird genutzt, um den wirren Verstand des Jokers bildlich umzusetzen und so Superman und Martian Manhunter in die Irre zu führen. Allerdings muss auch gesagt werden, dass das eine oder andere Mitglied der Gang fast schon zur Staffage gerät, vor allem Ocean Master und Circe haben relativ wenig zu tun – Letztere wird immerhin in einen hochamüsanten Austausch mit Plastic Man verwickelt und darf Green Arrow scheinbar abwerben. Leider kommt es kaum zur Interaktion zwischen den Mitgliedern der Injustice Gang und ihren JLA-Gegenstücken; allerdings hat der Martian Manhunter eine ganz interessante Szene mit dem Joker.

In diesem Kontext bietet es sich an, noch ein paar Worte zu den Zeichnungen zu verlieren, da gerade der Joker von Howard Porter nicht ganz optimal dargestellt ist. Das ist wirklich schade, da Porters Interpretation der anderen Figuren mir überaus gut gefällt und er einige Jahre zuvor in der Eventminiserie „Underworld Unleashed“ einen wirklich exzellenten, herrlich dämonisch grinsenden Joker abgeliefert hat. Für die letzte Ausgabe dieses Handlungsbogens bekam Porter zusätzlich Unterstützung von Gary Frank und Greg Land, die sich um sehr fließende Übergänge bemühen, sodass der Wechsel nicht sofort auffällt – irgendwann bemerkt man es aber doch, da die meisten Figuren optisch etwas schwächer sind. Lediglich der Joker sieht bei Frank und Land besser aus.

Darkseid Is

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Darkseid Is

Der interessantere der beiden Teile von „Rock of Ages“ ist mit großem Abstand Lanterns, Flashs und Aquamans Ausflug in die dystopische, von Darkseid beherrschte Zukunft. Diesen Ausflug erzählt Morrison in den US-Heften 13, 14 und 15 am Stück, ohne mit der Injustice-Gang-Handlung zu alternieren. Egal, ob es sich um Elseworlds-Geschichten außerhalb der Kontinuität, Visionen oder wie hier Zeitreisen handelt, Autoren haben mit dem Konzept der düsteren Zukunft immer viel Spaß und bei Grant Morrison ist es kaum anders. Das beginnt bereits bei der Zusammensetzung der zukünftigen Liga, die neben den drei Zeitreisenden in ihren zukünftigen Körpern aus einer ins Leben zurückgekehrten Wonder Woman, dem umprogrammierten Schurken-Droiden Amazo, der zweiten Aztek und den beiden Ex-Titans Argent und The Atom besteht. Nicht vergessen werden sollte außerdem Green Arrow Connor Hawke mit dem Oliver-Queen-Gedächtnisbart. Im späteren Verlauf kommt außerdem noch eine grandiose Version von Batman hinzu, dem es zwar an einigen Fingergliedern, aber nicht an Entschlossenheit mangelt. Abermals ist es der Dunkle Ritter, der den Schlüssel zum Sieg in der Hand hält. Gerade hier zeigt sich ein weiteres Mal Morrisons Talent für Komprimierung, das seinen JLA-Run auszeichnet: Was Morrison in drei US-Ausgaben an Worldbuilding für diese finstere Zukunft unterbringt, ist beeindruckend. Er muss nicht lang und breit auswalzen, weshalb das Leben unter Darkseids Herrschaft fürchterlich ist, oft reichen Andeutungen, sei es in den Dialogen oder den Zeichnungen. Supermans Schicksal ist stellvertretend für die vielen anderen gefallenen Helden, den Rest erledigen die beschädigten Artefakte in der Zuflucht der letzten Helden, sei es Doctor Fates Helm, Starmans Stab oder die Überreste der Kostüme von Robin und Mister Miracle. Morrison gelingt es, wie schon zuvor, die Handlung erfolgreich zu komprimieren und mit verhältnismäßig wenig Platz sehr viel zu erreichen. Gerade im Vergleich mit Geoff Johns‘ „Justice League: Origin“ fällt auf, wie viel Handlung und Twists Morrison in sechs US-Heften unterbringen kann, ohne dass es sich zu überfüllt anfühlt.

Und dann wäre da natürlich noch Darkseid selbst, der seinen üblichen, grau-blauen Look gegen ein tiefschwarzes Outfit getauscht hat und hier imposanter als in fast jeder anderen Geschichte wirkt. Morrison beginnt in „Rock of Ages“, sich mit dem finsteren Gott näher auseinanderzusetzen und ihn von dem außerirdischen Despoten, als der er in den 90ern meistens dargestellt wird, stärker in Richtung „platonische Verkörperung des Bösen“ zu rücken. Diese Entwicklung ist in „Rock of Ages“ noch alles andere als abgeschlossen und wird erst in Morrisons „Final Crisis“ wieder aufgegriffen, aber die Saat findet sich bereits hier, im „Slogan“ des finsteren Gottes: „Darkseid Is“. Das ist natürlich ein Verweis auf den Namen Gottes, das Tetragrammaton JHWH (meistens mit „Jahwe“ wiedergegeben), was übersetzt bzw. erläutert wohl so viel bedeutet wie „Ich bin, der ich bin“ oder „Ich werde der sein, der ich sein werde“ (die Etymologie des Gottesnamens ist ein kompliziertes Kapitel, auf das ich hier nicht eingehen werde). Dieser Slogan ist jedoch noch so viel mehr, er verweist darauf, dass Darkseid aus seiner Perspektive nicht einfach nur Gott ist, sondern das einzige Wesen, das tatsächlich existiert – eine Form von Solipsismus, die Morrison in „Final Crisis“ noch weiter ausarbeiten sollte. Alle anderen Wesen sind in Darkseids Wahrnehmung so weit unter ihm, dass sie praktisch nicht existieren. Letztendlich liegt Darkseid hier natürlich falsch, was Morrison sehr schön durch den Erzähler der JLA-Ausgaben 14 herausarbeitet. Dieser ist offensichtlich Teil der Geschichte, bleibt aber bis zum Schluss mysteriös – letztendlich entpuppt er sich als der Black Racer, die Inkarnation des Todes der New Gods, die am Ende kommt, um auch Darkseid zu holen.

Weiterführende Lektüre
Zwischen den Ausgabe 10 und 11 der JLA-Serie (also zwischen Teil 1 und 2 des Handlungsbogens) findet ein ganzes Crossover-Event statt. Diese Miniserie aus dem Jahr 1997 mit dem Namen „Genesis“ (sowie die zugehörigen Superman-Hefte) veröffentlichte der Dino-Verlag in Paperbackform als „Superman Sonderband 2“. Tatsächlich hat die dort erzählte Geschichte um die Godwave, die den New Gods und auch den Superhelden ihre Kräfte verleiht (und nun dafür sorgt, dass besagte Kräfte verrücktspielen) nur marginal etwas mit „Rock of Ages“ zu tun. Sowohl Darkseid als auch der griechische Kriegsgott Ares, der immer wieder als Gegner für Wonder Woman fungiert, versuchen, sich die Godwave für ihre finsteren Zwecke zunutze zu machen. Morrison nimmt das eine oder andere Mal Bezug auf die Miniserie, etwa als die Ligisten sich angesichts von Metrons Warnung fragen, ob Darkseid es geschafft hat, aus dem Quellenwall, in den er am Ende von „Genesis“ verbannt wurde, auszubrechen. Zum Verständnis von „Rock of Ages“ ist „Genesis“ allerdings nicht notwendig.

Wie bereits erwähnt greift Morrison viele Ideen aus „Rock of Ages“ in seinem Großevent „Final Crisis“, das 2008/09 in Zusammenarbeit mit den Zeichnern J. G. Jones und Doug Mahnke erschien, wieder auf. Nicht nur verfügt „Final Crisis“, wie für DC-Großevents üblich, über eine ganze Reihe von Tie-Ins und Begleitminiserien, die Geschichte ist zusätzlich ziemlich komplex (vielleicht sogar übermäßig kompliziert) und zudem ziemlich verschachtelt. Morrison unterwirft sich hier kaum noch den gewöhnlichen Konventionen eines Superhelden-Events, sondern begibt sich voll auf die Meta-Schiene. Gerade im Hinblick auf die New Gods ist „Final Crisis“ aber hochinteressant, da die oben beschriebene Entwicklung und die platonische Darstellung Darkseids hier auf die Spitze getrieben werden. Der finstere Gott wird als Wesen außerhalb des Multiversums etabliert. Darkseids Fall und das „Absterben“ seiner Essenz sorgen für eine interdimensionale Krise, da er auf diese Weise das Gefüge des Multiversums selbst beschädigt. Zusätzlich finden sich auch einige Handlungsparallelen zu „Rock of Ages“: Abermals erringt Darkseid (wenn auch nur kurzfristig) die Kontrolle über die Erde und ein weiteres Mal stellt sich ihm Batman entgegen, um anschließend von Darkseids Omega-Strahlen (zumindest scheinbar) pulverisiert zu werden.

Fazit: Nicht umsonst ist „Rock of Ages“ einer von Kevin Smiths absoluten Lieblings-DC-Comics und taucht auch regelmäßig in den Best-of-Justice-League-Listen auf – dieser Handlungsbogen ist der vorläufige Höhepunkt von Morrisons JLA-Run, eine epische Geschichte, die ihresgleichen sucht, einen grandiosen Moment an den anderen reiht und genug von Morrisons metaphysischen Spielereien enthält, um das Ganze wirklich faszinierend zu gestalten, aber nicht so viele, dass die Geschichte, wie es bei „Final Crisis“ der Fall ist, zu unübersichtlich gerät.

Bildquelle Cover
Bildquelle Injustice Gang
Bildquelle Darkseid

Siehe auch:
JLA: New World Order
JLA: American Dreams
Justice League: Origin

Justice League: Origin

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Der Snyder-Cut rückt näher. Nun gut, zugegebenermaßen ist er eigentlich schon da, weil ich allerdings keine Lust auf Sky Ticket habe, werde ich ihn mir erst zu Gemüte führen, wenn er als Download oder Blu-Ray erworben werden kann. Da ich ohnehin nicht der größte Fan von Synders Interpretation der DC-Helden bin, verkrafte ich die Wartezeit schon. Bis es allerdings soweit ist, lohnt es sich durchaus, die primäre Inspirationsquelle des Films unter die Lupe zu nehmen. Während Snyder und Chris Terrio in „Batman v Superman: Dawn of Justice“ viele Elemente aus Frank Millers „The Dark Knight Returns” entlehnten, ist die (wenn auch lose) Vorlage von „Justice League“ (egal ob Snyder- oder Whedon-Cut) ein deutlich jüngeres Werk.

Zuerst allerdings ein wenig Kontext: 2011 entschloss man sich bei DC (mal wieder) zu einem kosmischen Reboot, um die Kontinuität zu sortieren und Neulesern den Einstieg zu erleichtern. 52 Serien begannen mit einer neuen Nummer 1 – daher auch der Name „New 52“ (zugleich die Anzahl der Parallel-Erden in DCs Multiversum). Viele Helden wurden fast völlig auf Null heruntergefahren und jegliche Ereignisse der vorherigen Kontinuität wurden ausgelöscht, allerdings nicht alle – Batman und Green Lantern wurden größtenteils intakt gelassen. Im Rahmen der Miniserie „Flashpoint“ wurde dieser Reboot umgesetzt. Vielleicht die zentrale Serie der New 52 war die neue Justice-League-Serie, geschrieben Geoff Johns, dem leitenden kreativen Kopf hinter dem Reboot, und bebildert vom zeichnerischen Schwergewicht Jim Lee. In den ersten sechs Ausgaben erzählten Johns und Lee, wie sich das Team in dieser neuen Kontinuität zum ersten Mal zusammenfindet.

In Gotham City wird Batman von merkwürdigen, dämonischen Kreaturen attackiert. Gemeinsam mit Green Lantern, mit dem er sich allerdings nicht allzu gut versteht, ermittelt der Dunkle Ritter. Sie stoßen auf eine nicht minder ominöse außerirdische Box und beschließen, sich an das bekannteste Alien zu wenden: Superman. Gemeinsam begeben sie sich nach Metropolis, allerdings ist der Mann aus Stahl nicht unbedingt gesprächsbereit und attackiert die beiden. Auch das Eingreifen Flashs ändert daran nichts. Schließlich können die vier Helden sich allerdings halbwegs einigen, denn schon kurz darauf kommt es zur großangelegten Invasion der Erde durch den finsteren Gott Darkseid und seine Paradämonen-Armee. Gemeinsam mit den Helden Wonder Woman, Cyborg und Aquaman bilden sie zu siebt die Verteidigungslinie der Erde.

Johns und Lee inszenieren dieses erste Zusammentreffen der Liga als opulenten, atemlosen Action-Blockbuster, tiefer gehende Charakterisierung der Figuren sucht man dabei aber vergebens. Johns hat hier natürlich den Luxus, nicht allzu groß auf die Ursprünge eingehen zu müssen, da selbst Neueleser die Figuren wahrscheinlich kennen. Bis auf Cyborg sind alle Helden bereits voll etabliert, nur Victor Stone, traditionell Mitglied der Teen Titans und nicht der Justice League, erhält hier eine volle Origin, die mit dem Plot um dem angreifenden Darkseid verknüpft ist. Insgesamt wird der Charakterzeichnung der Figuren nicht allzu viel Platz eingeräumt und zudem wirken sie alle eher unsympathisch. Batman ist der typische grimmige Einzelgänger, Green Lantern kommt ziemlich arrogant rüber und Superman ist von seiner positiven Prä-Flashpoint-Interpretation relativ weit entfernt – er wirkt jünger (das Gesicht erinnert fast an Superboy) und deutlich aggressiver. Er ist nicht unbedingt der brütende Cavill-Superman, aber eben auch nicht der  optimistische Held, den man gemeinhin mit ihm assoziiert. Wonder Woman ist noch neu in der „Welt der Männer“ und wird von Johns recht naiv, aber kampfesfreudig gezeichnet, während Flash das wohl bodenständigste und sympathischste Mitglied des Teams ist. Cyborg wird primär über die Tragödie seiner Origin charakterisiert und muss lernen, mit seinem Schicksal klarzukommen (nicht, dass man ihm dazu besonders viel Zeit einräumen würde) und Aquaman stößt schließlich reichlich spät zum Team und kommt ebenfalls reichlich selbstgerecht und arrogant daher. Die insgesamt eher negative Charakterisierung der Figuren erinnert recht stark an Mark Millars „The Ulitmates“, eine Neuinterpretation der Avengers aus dem Jahr 2002.

Gerade im Vergleich zu Grant Morrisons JLA-Run (den zu loben ich nie müde werde) fällt leider negativ auf, wie wenig hier mit sechs Ausgaben eigentlich erreicht wird – was nicht bedeutet, dass „Justice League: Origin“ nicht durchaus kurzweilig und unterhaltsam wäre. Besonders die Interaktionen von Green Lantern und Batman sind ziemlich amüsant, vor allem, da sie einen gelungenen Payoff am Ende haben. Fast alle anderen Figuren kommen aber schlicht zu kurz, vor allem Aquaman stößt ziemlich unmotiviert zum Team. Leider lässt auch Darkseid seine übliche Raffinesse vermissen – der Herrscher von Apokolips funktioniert als Strippenzieher oder unbegreifliche Entität besser denn als offensiver Gegner, mit dem sich die Liga direkt prügelt.

Auf der visuellen Ebene hingegen ist „Justice League: Origin“ dank Jim Lee über jeden Zweifel erhaben, sofern man seinen Stil schätzt. Lee ist nicht ohne Grund einer der beliebtesten Zeichner des Business, seine Panels sind detailliert und dynamisch, die Figuren wirken zugleich überlebensgroß und menschlich. Die meisten Kritikpunkte, die ich habe, beziehen sich auf das New-52-Redesign der Figuren – Superman wirkt, besonders in Kombination mit seinem eher rüstungsartigen Aufzug, einfach zu jung. Auch der neugestaltete Darkseid will mir nicht unbedingt zusagen, sein aufwendiger gestaltetes Äußeres ist… zu viel. Gerade bei Darkseid ist weniger oftmals mehr.

Um nun am Ende noch zum Synder-Cut zurückzukehren: Allein bei der Inhaltsangabe zeigt sich schon, welche Elemente für Snyders „Justice League“ übernommen wurden. Da wäre zuerst der Grundplot, der Angriff auf die Erde durch die Horden von Apokolips. Im Film werden diese zwar von Steppenwolf angeführt, in letzter Konsequenz steckt aber natürlich immer Darkseid dahinter. Ich persönlich halte es tatsächlich für besser, Darkseid nicht selbst zum ersten Gegner der Liga zu machen, wenn man ihn schon als übergeordneten Schurken verwenden möchte. Im Rahmen der New 52 kam zwar ebenfalls Steppenwolf zum Einsatz, griff in der Serie „Earth 2“ allerdings besagte Parallelerde an. Auch Cyborgs mit dem Angriff verknüpfte Origin ist in Comic und Film ziemlich ähnlich, ebenso wie der Kampf der Ligisten gegen Superman, auch wenn der Kontext natürlich ein anderer ist.

Fazit: „Justice League: Origin“ ist als Neustart der Liga in Ordnung: Kurzweilig, actionreich, visuell opulent. Im Vergleich Grant Morrisons JLA-Run oder dem deutlich charakterfokussierteren „JLA: Year One“ kann „Origin“ aber leider nicht mithalten.

Bildquelle

Siehe auch:
JLA: New World Order
JLA: American Dreams

Justice League – Soundtrack

Spoiler!
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Track Listing:

01. Everybody Knows (written by Leonard Cohen and Sharon Robinson, performed by Sigrid)
02. The Justice League Theme – Logos
03. Hero’s Theme
04. Batman on the Roof
05. Enter Cyborg
06. Wonder Woman Rescue
07. Hippolyta’s Arrow
08. The Story of Steppenwolf
09. The Amazon Mother Box
10. Cyborg Meets Diana
11. Aquaman in Atlantis
12. Then There Were Three
13. The Tunnel Fight
14. The World Needs Superman
15. Spark of The Flash
16. Friends and Foes
17. Justice League United
18. Home
19. Bruce and Diana
20. The Final Battle
21. A New Hope
22. Anti-Hero’s Theme
23. Come Together (written by John Lennon and Paul McCartney, performed by Gary 24. Clark Jr. and Junkie XL)
25. Icky Thump (written by Jack White, performed by The White Stripes)
26. The Tunnel Fight (Full Length)
27. The Final Battle (Full Length)
28. Mother Russia

Ursprünglich war „Justice League“ ein Score, für den ich schwarzsah. Zwar kündigte Hans Zimmer nach „Batman v Superman: Dawn of Justice“ an, von nun an keine Superheldenmusik mehr schreiben zu wollen, aber da sein Schüler Tom Holkenborg alias Junkie XL übernehmen sollte, galt es für mich als sicher, dass der von mir gehasste Stil der beiden Snyder-DC-Film bleiben würdem. Dann kam Joss Whedon, um den Film fertigzustellen, und er brachte Danny Elfman mit, der ihm schon bei „Avengers: Age of Ultron“ ausgeholfen hatte und nun abermals in recht kurzer Zeit die Musik für ein Superheldenteam komponierte.

Während die Zimmer/Holkenborg-Scores zu „Man of Steel“ und „Batman v Superman“ beim vielen Filmmusikfans überhaupt nicht gut ankamen, gibt es eine ganze Reihe von (zumeist jüngeren) Fans der DCEU-Filme, für die auch diese Scores das Nonplusultra darstellen, und selbst unter denen, die Snyders Schaffen ablehnen, gibt es viele, für die zumindest die Musik ein positiver Aspekt dieses Franchise ist. Meine eigene, weit negativere Meinung werde ich an dieser Stelle nicht noch einmal wiederholen, da ich sie schon genügend an anderer Stelle kundgetan habe.

Elfmans erster DC-Score seit „Batmans Rückkehr“ ist jedenfalls ein ziemlich krasser Stilbruch, da er die Methodologie von Zimmers Superheldenmusik ebenso vehement ablehnt wie ich und das auch ziemlich deutlich kundtut. Zugegebenermaßen wirkt er dabei mitunter eine Spur arrogant; gerade seiner Aussage, es gäbe nur ein Batman-Thema, kann ich nicht wirklich zustimmen, da ich das von Shirley Walker geschriebene Leitmotiv aus „Batman: The Animated Series“ Elfmans Komposition vorziehe. Man muss allerdings hinzufügen, dass es auch diverse Zimmer-Interviews gibt, in denen er sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert – ohne ein gewisses Ego kommt wohl einfach nicht so weit wie diese beiden Komponisten.

Elfmans Ansatz für „Justice League“ hat unter den Fans der DCEU-Scores viel Kritik hervorgerufen, die ich auf formaler Ebene sehr gut nachvollziehen kann. Als Fan leitmotivischer Kontinuität hat es mich schon oft genug aufgeregt, wenn ein Komponist das zuvor Etablierte ignoriert. In diesem Fall finde ich das zuvor Etablierte allerdings ziemlich unterirdisch. Zudem verwirft Elfman nicht alles, ein paar musikalische Verknüpfungen gibt es. Die dominanteste ist das Wonder-Woman-Thema, das in dem Track Wonder Woman Rescue mehrfach auftaucht, im restlichen Score aber bestenfalls hin und wieder subtil angedeutet wird. Anders als Rupert Gregson-Williams, der besagtes Motiv aus „Batman v Superman“ meistens ohne große Änderungen übernahm, macht sich Elfman das Thema zu Eigen und zeigt keine Hemmungen, die Instrumentierung zu verändern. Statt des elektrischen Cellos wird das Thema von gewöhnlichen Streichern und Blechbläsern gespielt, wobei eine E-Gitarre immer mal wieder in der Begleitung mitmischt. Im Film selbst ist darüber hinaus auch Zimmers Krypton-Thema, das die Basis für alle Superman-bezogenen Motive bildet, in der Szene zu hören, in der die Liga das kryptonische Schiff betritt. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine neue Version, sondern um eine Einspielung aus dem Score von „Man of Steel“. Hin und wieder könnte man darüber hinaus meinen, Elfman greife das eine oder andere musikalische Konstrukt aus den Soundtracks der Vorgänger auf. Sowohl in Hero’s Theme (ab der Dreiminutenmarke) als auch in The Amazon Mother Box (direkt am Anfang) meint man, die repetitiven Motive herauszuhören, die die Action- und Suspense-Musik von „Man of Steel“ und „Batman v Superman“ dominierten.

Trotz des einen oder anderen Zugeständnisses an die Zimmer-Methodologie – tiefere Bässe, die eine oder andere elektronische Spielerei – ist der Justice-League-Score doch klassische Orchesterarbeit. Elfman kehrt dafür allerdings bis auf wenige Ausnahmen nicht zum opernhaften Pathos seiner beiden Batman-Scores zurück, sondern bedient sich seines moderneren Stils für Action-Filme, den er bereits erfolgreich in Scores wie „Wanted“, „Hellboy II: Die goldene Armee“, „Alice Through the Looking Glass“ und natürlich „Avengers: Age of Ultron“ einsetzte. Besonders Letzterer kam bei vielen nicht gut an, was ich nicht wirklich nachvollziehen kann. Zwar wurde der Score im Film nicht besonders gut abgemischt, weshalb er in den Soundeffekten unterging (ein Problem, das auch „Justice League“ hat), und zu allem Überfluss wurde die Musik auch noch verhackstückt, aber die Kompositionen selbst fand ich exzellent und habe somit kein Problem damit, dass Elfman diesen Stil für die Justice League wieder aufgreift.

Und noch etwas andere greift Elfman auf: Statt sich der von Zimmer und Holkenborg etablierten Themen für Batman und Superman zu bedienen, verwendet Elfman hier die klassischen Themen der Figuren, nämlich sein eigenes Batman-Thema von 1989 und das Superman-Thema von John Williams aus dem Jahr 1978. Eine durchaus interessante Vorgehensweise, da bei Reboots normalerweise musikalische Bezüge zu früheren Inkarnationen völlig fehlen, wenn es sich nicht gerade um James Bond handelt. Ich habe an den Scores von „Man of Steel“ und „Batman v Superman“ auch nie kritisiert, dass sie sich nicht der klassischen Themen bedienen, sondern dass sie keine adäquaten neuen Leitmotive liefern, die die Figuren angemessen repräsentieren. Wie dem auch sei, Elfman beschränkt sich nicht darauf, die Themen einfach nur zu zitieren, er arbeitet sie kunstvoll in den Score ein, und das auf äußerst moderne Weise. Es lässt sich nicht leugnen: In der modernen Filmmusiklandschaft sind ausschweifende Statements von Themen mit langen Melodielinien selten geworden. Die digitale Schnitttechnik erlaubt es, Filme buchstäblich bis zur letzten Sekunde zu schneiden, wovon Filmemacher nur allzu gerne Gebrauch machen. Nun kann man meistens nicht bei jedem dieser Last-Minute-Umschnitte noch einmal den Komponisten samt Orchester einbestellen, damit er den Score anpasst – aus diesem Grund sind die knapperen Motive und der weniger komplexe, repetitive Stile von Remote Control so populär geworden, weil Regisseure und Cutter Musik dieser Art viel leichter bearbeiten können als ein Konstrukt, das in sich zusammenfällt, wenn man auch nur ein paar Noten herauskürzt. Lange Rede, kurzer Sinn: In „Justice League“ setzt Elfman die beiden ikonischen Themen sehr motivisch und fragmentiert ein, keines bekommt ein ausführliches Statement, jeder Einsatz ist bestenfalls ein paar Sekunden lang.

Supermans Thema taucht beispielsweise lediglich in zwei Tracks auf: Friends and Foes und The Final Battle. Friends and Foes untermalt Supermans Kampf gegen seine Kameraden, als er kurz nach seiner Auferstehung noch nicht ganz zurechnungsfähig ist. Bedrohliche Fragmente der Melodie durchziehen von Anfang an das gesamte Stück, am deutlichsten ist es jedoch bei 2:18 zu hören. Die Variation in The Final Battle (2:47, kurze Fassung) ist zwar ebenfalls nur ein knappes Fragment, dafür aber eindeutig heroisch.

Sein eigenes Thema für Batman setzt Elfman da weitaus großzügiger ein, aber auch dieses ikonische Leitmotiv bleibt fragmentarisch. Wie ich schon im Vorfeld vermutet hatte, bedient sich Elfman primär des aus fünf bzw. sechs Noten bestehenden Kernmotivs. Erste Andeutungen sind in Batman on the Roof zu hören. Hier kehrt Elfman bezüglich Stil und Instrumentierung zum Tonfall seiner Batman-Scores zurück, vermeidet es aber, das Thema eindeutig zu zitieren, stattdessen tänzelt er gewissermaßen um es herum. Einer der deutlichsten Einsätze findet sich in Then There Were Three, was auch angemessen ist, schließlich befinden wir uns in Gesellschaft Comissioner Gordons und des Bat-Signals. Die meisten anderen Einsätze tauchen mehr oder weniger subtil in den beiden massiven Action-Tracks The Tunnel Fight und The Final Battle auf, denen ich mich später noch einmal ausführlicher widmen werde. In Letzterem ist sogar einmal, wenn auch nur kurz, der tatsächliche Batman-Marsch zu hören (bei 1:14, kurze Fassung) – leider geht er im Film im Dröhnen des Batmobils unter.

Insgesamt funktioniert die Verwendung dieser klassischen Themen hier fast besser, als ich erwartet hätte; sowohl Elfmans als auch Williams‘ Thema erweisen sich als äußerst zeitlos und wissen auch noch nach Jahrzehnten in neuem Kontext zu überzeugen. Gerade bei Superman passt es ziemlich gut, da der Mann aus Stahl in diesem Film kaum mehr etwas mit dem brütenden Möchtegern-Batman der letzten beiden Filme gemein hat – hier gibt es den klassischen Superman.

Kommen wir nun zu den neuen Themen, die Elfman komponiert hat – und davon gibt es eine ganze Reihe. Jedes Mitglied der Liga erhält zumindest ein mehr oder weniger ausgearbeitetes Motiv, und darüber hinaus finden sich auch noch Themen für Steppenwolf, Lois und Clark, die Liga als Ganzes und das Konzept des Heldentums. Beginnen wir mit Letzterem, welches primär in Hero’s Theme zu hören ist. Bei diesem Track handelt es sich um eine Suite, die zu keiner spezifischen Szene gehört – hier gibt es noch am ehesten eine gewisse Vermischung der Stile von Zimmer/Holkenborg und Elfman; recht viel Bass, tiefe Streicher etc. In diesem Track tauchen bereits diverse, zum Teil extrem subtile Anspielungen an die individuellen Identitäten der einzelnen Helden auf. Interessanterweise findet man das eigentliche Thema, das in dieser Suite vorgestellt wird, im Score ziemlich selten, primär in beiden großen Action Tracks The Tunnel Fight und The Final Battle, wo es genutzt wird, um individuelle heroische Anstrengungen zu untermalen.

Das Thema für die Liga ist ein anderes, zum ersten Mal zu hören ist es in The Justice League Theme – Logos. Als Thema für die Liga ist es insgesamt in Ordnung, ein traditionelles heroisches Thema, das allerdings keines ist, das bei vielen lange im Gedächtnis bleiben wird. Eine gewisse Verwandtschaft zum Thema der Avengers, vor allem natürlich Danny Elfmans Hybrid-Version, lässt sich nicht leugnen. Ich bin schon ein wenig enttäuscht, dass dieses Thema nicht etwas hervorstechender und individueller geworden ist, aber dann höre ich mir auf Youtube das an, was Holkenborg angeblich bereits für „Justice League“ komponiert hat (es klingt zumindest passend) und erfreue mich plötzlich wieder an ihm. Zwar ist es nicht besonders markant, erweist sich aber als sehr formbar und macht sich in den bereits erwähnten Action-Tracks, in denen es Teamworkmomente untermalt, äußerst gut. Weitere Solomomente erhält es in Justice League United und A New Hope.

Die Themen für die einzelnen Ligisten werden jeweils in den Tracks der ersten Hälfte des Albums vorgestellt, die ihren Namen tragen. Enter Cyborg führt Victor Stones eher tragisch anmutendes Thema ein, zuerst auf dem Klavier, später mit Streichern. Cyborg Meets Diana baut auf diesem Fundament auf und lässt Cyborgs Thema sogar mit einer extrem subtilen Variation des Wonder-Woman-Motivs interagieren (2:18). Eine heroische Variante ist in The Final Battle bei 3:25 (kurze Version) zu hören. Aquamans Thema taucht in Aquaman in Atlantis zum ersten Mal auf und durchzieht in seiner dekonstruierten Form den gesamten Track. Ein eindeutigeres Statement findet sich beispielsweise in The Tunnel Fight bei 5:18 (kurze Version).

Flashs Thema war für mich von drei neuen Solo-Themen am leichtesten zu identifizieren, weil seine Einsätze im Film sehr deutlich sind; wann immer sich Flash in die Speed-Force versenkt und alles um ihn herum sich in Zeitlupe bewegt, erklingt sein Motiv, ein von hohen Streichern gespieltes Ostinato, punktiert von einzelnen, tiefen Blechbläsernoten. Sehr deutlich ist dieses Thema in Spark of the Flash zu vernehmen (ab 1:38), ebenso wie in The Tunnel Fight (3:37, kurze Version) und Friends and Foes (1:42). Wegen seiner repetitiven Natur ist Flashs Thema interessanterweise auch das neue Thema, das am ehesten so klingt, als hätte es durchaus auch von Zimmer oder Holkenborg kommen können – wobei die Instrumentierung natürlich trotzdem Elfmans Handschrift trägt.

Das Lois/Clark-Thema ist eine klassisch-romantische Streichermelodie mit Klavierakzenten, die am Ende von Friends and Foes debütiert und in Home ausführlich behandelt wird. Und schließlich hätten wir da noch Steppenwolfs Thema, eine bedrohliches Chor- und Blechbläser-Motiv, das besonders in The Story of Steppenwolf und The Amazon Mother Box dominant ist, aber auch in The Tunnel Fight und The Final Battle immer wieder auftaucht.

Insgesamt ist „Justice League“ leider nicht ganz das Meisterwerk, das ich mir zumindest heimlich erhofft habe, zu schwach ist dafür das Hauptthema, und trotz meiner Abneigung gegen die bisherigen DCEU-Motive hätte ich es gerne gesehen, wenn Elfman sie in noch größerem Ausmaß integriert hätte; nicht nur aus Kontinuitätsgründen, sondern auch, weil ich gerne gehört hätte, wie Elfman sie sich zu Eigen macht, so, wie er es beim Thema von Wonder Woman getan hat. Ein Hybrid aus dem Batman-Thema von ’89 und dem Holkenborg-Rhythmus oder die Superman-Themen von Williams und Zimmer im Kontrapunkt wären interessant gewesen. Die größte Stärke des Scores gleicht diese kleinen Mängel allerdings mühelos aus: Die Actionmusik, die Elfman hier liefert, ist schlicht phänomenal – in den bisherigen DCEU-Scores gibt es nichts, das damit auch nur ansatzweise vergleichbar wäre. Anstatt alles in sinnlosem elektronischen Dröhnen und tumbem Getrommel zu ertränken, komponierte er zugleich filigrane und bombastische Stücke, unglaublich detailverliebt, kreativ, komplex und leitmotivisch wunderbar ausgearbeitet. Abermals verweise ich auf die Action-Tracks The Tunnel Fight und The Final Battle, die jeweils in einer langen und einer kurzen Version vorliegen, was zumindest bei Ersterem relativ unnötig ist. Bei The Final Battle gibt es einen kleinen, aber doch signifikanten Unterschied; der heroische Einsatz von Supermans Thema findet sich lediglich in der kurzen Version. Wie dem auch sei, in diesen Tracks lässt Elfman die verschiedenen Themen und Motive fließend ineinander übergehen, unterlegt das Batman-Thema mit dem Rhythmus des Wonder-Woman-Motivs oder lässt Steppenwolfs Thema gegen die heroischen Leitmotive antreten. Diese beiden Tracks allein sind den Preis des Albums wert und gehören zweifellos zu den besten des Jahres – genau SO sollte Superheldenmusik klingen.

Fazit: Danny Elfmans „Justice League“ ist primär ein Score für Filmmusikfans, die die subtilen kleinen Nuancen und die aufwendige Orchesterarbeit zu schätzen wissen. Als solcher ist er zwar nicht frei von Schwächen (etwas schwaches Hauptthema, mehr Kontinuität zu bisherigen Scores wäre nett gewesen), aber diese fallen letztendlich kaum ins Gewicht. „Justice League“ ist ein ausgezeichneter Superhelden-Score und der mit Abstand bislang beste Soundtrack des DCEU.

Bildquelle

Siehe auch:
Justice League – Ausführliche Rezension
Man of Steel – Soundtrack
Batman v Superman: Dawn of Justice – Soundtrack
Wonder Woman – Soundtrack
Avengers – Age of Ultron – Soundtrack

Justice League – Ausführliche Rezension

Spoiler nach dem ersten Absatz!
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Da ist sie also, die Justice League, mein Vorletzter Pflichtfilm für dieses Jahr. Wäre das irgend ein anderer Film, würde ein normale Rezension eigentlich völlig ausreichen, aber es handelt sich hierbei nun einmal um mein liebstes Superheldenteam – und zudem kann man schon allein wegen den Produktionsschwierigkeiten und dem Theater hinter den Kulissen einiges zu diesem Film schreiben. Meine spoilerfreie Meinung kann man dieses Mal mit einem Zitat von Douglas Adams sehr knapp zusammenfassen: „Mostly harmless.“ Der Kontrast zu „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ist schon faszinierend; wo dieser Film zu viel wollte und daran grandios scheiterte, will „Justice League“ zu wenig, um zu scheitern. Man wird mitunter den Eindruck nicht los, als wären alle beteiligten froh, dass diese Sache nun endlich vorbei ist. Dass „Justice League“ trotzdem ein besserer Film als „Dawn of Justice“ geworden ist, sagt eigentlich mehr über Letzteren denn Ersteren aus.

Was bisher geschah…
Irgendwie läuft’s bei den DC-Filmen nie wirklich rund. Manches lässt sich weder vorhersehen noch beeinflussen, vieles geht jedoch auf schlichte Unfähigkeit auf der Seite des Studios zurück. Nachdem „Batman v Superman: Dawn of Justice“ bei den Kritikern durchfiel, versuchte Warner fieberhaft, sein „DC Extended Universe“ (das laut offizieller Aussage gar nicht so heißt, was verkündet wurde, nachdem dieser Begriff bereits zwei Jahre in Gebrauch war) richtig aufzuziehen und reagierte dabei ziemlich kopflos. Schon „Batman v Superman“ wurde in der Postproduktion verstümmelt (was allerdings nur ein Problem unter vielen ist), bei „Suicide Squad“ ließ man den Film dann von einer Trailerschmiede neu schneiden. Unglaublich, aber wahr: Der Film mit der wenigsten Studioeinmischung, „Wonder Woman“ kam insgesamt am besten an und erwies sich als der Profitabelste des Franchise – vielleicht sollte man daraus eine Lehre ziehen. Wie dem auch sei, der tragische Selbstmord von Zack Snyders Tochter ist natürlich nichts, was man einkalkuliert und es ist völlig nachvollziehbar, dass sich Snyder von der Produktion zurückzieht, um diesen Verlust zu verarbeiten. Joss Whedon als Drehbuchdoktor und Regisseur für die Nachdrehs und Postproduktion ist natürlich dann wieder eine interessante Wahl und lässt darauf schließen, dass man bei Warner mal wieder versucht, den leichten Weg zu wählen (mehr Humor und mehr wie Marvel gleich Erfolg), anstatt sich auf die Umsetzung der gewählten Prämisse zu konzentrieren. Wie ich bereits bei meiner BvS-Rezension sagte: Meine Kritik bezieht sich nicht auf die Prämisse (düsterer, ernster Superheldenfilm; wie so etwas gut funktioniert haben wir erst dieses Jahr mit „Logan“ gesehen), sondern auf die katastrophale Umsetzung.

Handlung
Superman (Henry Cavill) ist tot. Ungeschickterweise tauchen gerade jetzt merkwürdige, geflügelte Wesen auf, die Ärger machen. Batman (Ben Affleck) vermutet bereits seit längerem, dass da mehr dahinter steckt. Es erweist sich, dass der Dunkle Ritter den richtigen Riecher hat, denn der außerirdische Kriegsherr Steppenwolf (Ciarán Hinds), der vor vielen Jahrtausenden bereits einmal versuchte, die Erde zu erobern, ist zurück, um sein Werk zu vollenden. Damals kämpften Menschen, Amazonen und Atlanter vereint gegen die Invasoren, ja selbst die Götter und mindestens eine Green Lantern halfen dabei, den Kriegsherren zu vertreiben. Steppenwolf ließ drei Mutterboxen zurück, die von den drei siegreichen Völkern verwahrt werden. Um seine Pläne umzusetzen, benötigt Steppenwolf alle drei. Um dies zu verhindern versammelt Batman eine Verteidigung für die Erde. Neben Diana Prince/Wonder Woman (Gal Gadot) rekrutiert er auch den Atlanter Arthur Curry/Aquaman (Jason Momoa), Barry Allen/Flash (Ezra Miller) sowie Victor Stone/Cyborg (Ray Fisher). Doch die fünf widerwilligen Helden scheinen nicht auszureichen, um Steppenwolf in seine Schranken zu weisen, denn es ist ihm bereits gelungen, die Mutterboxen der Atlanter und der Amazonen zu entwenden. Und so fragt sich Batman, ob es nicht möglich sein könnte, mit der dritten Mutterbox Superman wieder zum Leben zu erwecken…

Snyder vs. Whedon? Die Stilfrage
Insgesamt ist noch relativ unklar, wie viel Joss Whedon nun tatsächlich in „Justice League“ steckt. Einigen Szenen merkt man deutlich an, dass sie im Zuge der Nachdrehs entstanden sind (und das nicht nur wegen Whedons Handschrift), aber allein schon mit dem Schnitt kann man natürliches einiges verändern. Hinzu kommt, dass „Justice League“ laut Warner und Snyder von Anfang an darauf ausgelegt war, weniger düster und depressive zu sein als „Dawn of Justice“. Nun, zumindest das ist gelungen. Von dieser Aussage sowie einigen Eindrücken aus den ersten Trailern ausgehend denke ich, dass es falsch wäre, jeglichen Humor (und davon gibt es eine ganze Menge mehr als im Vorgännger) in diesem Film im Guten wie im Schlechten Joss Whedon anzulasten. Tatsächlich wird Whedon primär Anweisungen ausgeführt haben. Am deutlichsten fällt sein Einfluss in meinen Augen bei der Farbplatte aus, denn es ist nicht mehr alles grau in grau. Insgesamt ist der Film zwar weitaus bunter, aber es gibt einige Szenen, ziemlich auffällig hervorstechen.

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Wonder Woman (Gal Gadot), Batman (Ben Affleck) und Flash (Ezra Miller) beraten sich mit James Gordon (J. K. Simmons)

Wie schon „Suicide Squad“ ist „Justice League“ ein Film, der massiv unter der Studioeinmischung leidet. Strukturell bzw. dramaturgisch ist er dabei zum Glück nicht derart misslungen wie David Ayers Beitrag zum DCEU oder die Kinofassung von „Batman v Superman“, aber eine flüssige Dramaturgie sieht anders aus – vor allem der erste Akt bleibt kaum zusammenhängendes Stückwerk. Aber ein Problem tritt nun besonders deutlich hervor. Genau wie „Batman v Superman“ handelt es sich beim Plot von „Justice League“ um eine simple, recht stereotype Superheldengeschichte. Der Vorgänger mag mit schwülstigem, prätentiösem Symbolismus und einer Myriade an unnötigen Subplots vollgestopft gewesen sein, aber im Kern erzählte er das typische Superheldencrossover: Zwei Helden treffen sich, ein Missverständnis entsteht, sie kämpfen und am Ende verbünden sie sich gegen einen gemeinsamen Feind. Bei „Justice League“ ist es das typische Zusammenkommen eines Superheldenteams aufgrund einer Alien-Invasion. Da Warner jedoch auf eine Laufzeit unter zwei Stunden bestand, ist „Justice League“ ein extrem heruntergebrochener Film, aus dem nun genau das geworden ist, was viele ohnehin befürchteten: Ein Abklatsch von „The Avengers“. Ob nun Mutterboxen oder Infinity-Steine, Chitauri oder Paradämonen spielt kaum eine Rolle. Gewisse Parallelen wären zwar sicher ohnehin entstanden, aber so, wie „Justice League“ ausgefallen ist, raubt sich der Film jegliche Eigenständigkeit. Wo „Batman v Superman“ mit Themen und Symbolik überfrachtet war, gibt es in „Justice League“ nichts dergleichen, keine übergreifende Klammer, keine Aussage, gar nichts. Gewisse Ansätze, die Snyder wohl diesbezüglich in den Film einbauen wollte, sind noch vorhanden, gerade am Anfang finden sich ein paar aktuelle Bezüge. Der von Michael McElhatton gespielte Terrorist etwa weist darauf hin, dass „Justice League“ wohl einmal die religiöse Metaphorik des Vorgängers hätte fortsetzen sollte, was angesichts eines die Erde angreifenden New Gods gar nicht so unpassend gewesen wäre, aber all das wurde letztendlich entfernt.

Aufgrund seiner Natur als Film des kleinsten gemeinsamen Nenners fühlt sich „Justice League“ fürchterlich beiläufig an. Zum Teil leidet der Film an den „Sünden der Väter“: Wenn Supermans Tod in „Batman v Superman“ schon so inszeniert wurde, dass er mich nicht sonderlich juckt, warum sollte seine Auferstehung in diesem Film mir dann irgendetwas bedeuten? Aber selbst wenn man diesen Umstand berücksichtigt, wird vieles (gerade Supermans Rückkehr) fast schon antiklimaktisch und banal inszeniert.

Die Ligisten
Das Element, das „Justice League“ für mich erträglich gemacht hat, waren tatsächlich die Ligisten selbst und ihre Teamdynamik – ein Element, das wohl tatsächlich eher auf Joss Whedon zurückgeht, denn Chemie zwischen Figuren ist etwas, das in Zack Snyders Repertoire eher selten vorkommt. Tatsächlich bemüht sich der Film, jedem der Helden einen eigenen kleinen Handlungsbogen zu geben und auf kommende Filme hinzuarbeiten. Das wirkt freilich sehr gehetzt – hier zeigt sich, warum „The Avengers“ diesbezüglich einen sehr klaren Vorteil hat. Wonder Womans emotionale Reise ist mit Abstand am besten nachzuvollziehen, eben weil sie schon ihren eigenen Film hatte (auf den auch immer wieder eifrig verwiesen wird).

In dieser Version von Barry Allen entdecke ich recht wenig von der Figur, wie ich sie aus den Comics kenne. Nicht, dass Flash als Comic Relief neu wäre (auch wenn das sonst eher Wally West ist), aber gerade Barry Allen hatte sonst eher selten leicht autistische Züge. Grant Gustins Darstellung aus der Serie passt da besser zur Vorlage. Flashs persönlicher Handlungsstrang hängt mit seinem inhaftierten Vater Henry (Billy Crudup) zusammen (der in einem wie auch immer gearteten Solofilm der Figur sicher eine Rolle spielen wird) und einem Ausbruch aus sozialer Isolation zusammen.

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Aquaman (Jason Momoa)

Aquamans Handlungsstrang ist dem nicht ganz unähnlich, der theoretische Thronerbe von Atlantis treibt sich im Exil herum, weil er keine Lust auf sein Volk hat, wird aber ebenfalls von den Umständen gezwungen, sein Erbe zumindest in Ansätzen anzunehmen. Wir bekommen einen kleinen Eindruck von Atlantis und Aquamans zukünftigem Love Interest Mera (Amber Heard), der auf eine potentielle Ausarbeitung in James Wans Aquaman-Film hindeutet. Arthur Curry ist hier weder der noble König, noch der grimmige Herrscher, als der er mitunter in den Comics porträtiert wird, sondern eher ein Rocker, der in Ruhe gelassen werden will.

Cyborg ist vielleicht der interessanteste Neuzugang, zumindest ist sein Schicksal am engsten mit dem Plot um die Mutterboxen verknüpft, da er ihnen seine Entstehung verdankt. Victor Stones Identitätsfindung und der Konflikt mit seinem Vater hat ziemlich viel Potential, abermals wird das alles jedoch viel zu schnell und oberflächlich abgehandelt. Zusätzlich tut das CGI, mit dem Cyborg animiert wurde, Ray Fisher keinen Gefallen.

Batman und Wonder Woman führen mehr oder weniger ihre Handlungsstränge aus „Batman v Superman“ fort, wobei Batman sich im Grunde gar nicht verändert, da er ja bereits am Ende des Vorgängers beschließt, dass die Welt ein Superheldenteam braucht. Sein größtes Problem in diesem Film ist, dass er besonders im dritten Akt praktisch nutzlos ist. Es ist immer eine Herausforderung, Batman im Kontext der Justice League zu inszenieren, da er nun einmal ein Sterblicher ohne Kräfte ist. Normalerweise kommt ihm die Rolle des Taktikers und Problemlösers zu. Der Film scheitert allerdings daran, Batman zu einem nützlichen Mitglied des Teams zu machen.

Wonder Woman schließlich setzt sich mit ihrer Abkehr von der Welt auseinander und lernt zu akzeptieren, wer und was sie ist. Gerade diese Elemente sorgen für einige der besten Dialogszenen zwischen Ben Affleck und Gal Gadot. Insgesamt sind die Figuren und ihre Entwicklung zumindest in Ansätzen gelungen und weitaus klarer und nachvollziehbarer als beispielsweise in „Batman v Superman“, aber aufgrund der von Warner verordneten Kürzungen bleibt das alles unbefriedigendes Stückwerk.

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Cyborg (Ray Fisher)

Und schließlich hätten wir da noch Superman, dessen Rückkehr mehr wie eine Pflichtübung absolviert wird und die ohnehin niemanden überrascht. Ein paar lose Enden der beiden Vorgänger werden fast schon alibimäßig aufgegriffen, aber insgesamt fehlt der Rückkehr des theoretisch größten Helden der Welt die emotionale Wucht. Am Ende fungiert er dann doch nur als Deus Ex Machina, der Steppenwolf nicht gewachsen ist.

Was die Interpretation der Figuren angeht, so ist diese weitaus näher am Standard der Comics, als es bei den Vorgängern der Fall war, was besonders bei Superman sehr auffällig ist, der tatsächlich lächelt und nicht die ganze Zeit vor sich hinbrütet – dieser Umstand zeigt sich auch an seinem Kostüm, das zum ersten Mal nicht graublau bzw. graurot ist, sondern tatsächlich über ziemlich kräftige Farben verfügt. Es gibt ja durchaus eine kleine, aber mitunter sehr lautstarke Minderheit, die mit Zack Snyders ursprünglicher Interpretation dieser Figuren sehr zufrieden war – deren schlimmste Befürchtungen dürften nun wahrgeworden sein. Ich persönlich bin mit der grundsätzlichen Richtung, die für die Charakterisierung dieser Figuren eingeschlagen wurde, dagegen durchaus zufrieden. Es hapert allerdings abermals an der Umsetzung, da es keinerlei Entwicklung vom brütenden Superman der Vorgänger zur übertrieben fröhlichen Version dieses Films gibt, die oftmals an Selbstparodie grenzt. Nichts gegen eine gelungene Kurskorrektur, aber den Holzhammer sollte man dazu nicht auspacken.

Steppenwolf
Kommen wir nun zum schwächsten Element eines ohnehin nicht besonders starken Films. Wie üblich gibt es eine Alieninvasion, angeführt vom sinisteren Steppenwolf, der sich perfekt in die Riege der DCEU-Schurken einpasst: Er ist groß, monströs, wurde mit CGI aufgepumpt und bleibt völlig profillos und uninteressant. Im Grunde ist er noch einmal Ares nur ohne Twist: Statt sich als Mensch zu verstecken, kommt Steppenwolf einfach auf die Erde und greift an, weil er das halt gerne macht (bzw. weil er sich bei seinem Boss rehabilitieren will, das zumindest deutet der Film an). An dieser Stelle merkt man als Comickenner am deutlichsten, dass „Justice League“ ursprünglich ein Zweiteiler hätte werden sollen,  den Warnern in letzter Sekunde doch zum in sich geschlossenen Film umfunktionierte. Denn hätte man „Justice League“ von Anfang an als in sich geschlossenen Film konzipiert, hätte man wohl kaum Steppenwolf als Schurken genommen.

„Dawn of Justice“ verteilte bereits großzügige Anspielungen auf die von Jack Kirby geschaffenen New Gods: Paradämonen in der Alptraumsequenz, das Omega-Symbol im Sand und natürlich die aus der Kinofassung geschnittene Szene mit dem Steppenwolf-Hologramm. Die beiden ursprünglichen Justice-League-Filme sollten Darkseids Invasion der Erde schildern, wobei sein Genereal (und Onkel) Steppenwolf die Invasion anführen würde. Da man sich bereits für Steppenwolf entschieden hatte, blieb man dabei, entfernte aber die meisten Elemente, die auf eine größere kosmische Bedrohung hindeuten. Das wäre nicht so tragisch, wäre Steppenwolf in irgendeiner Weise interessant, aber wie bereits erwähnt unterscheidet er sich nicht im geringsten von den diversen Motion-Capture-Schurken, die in den letzten Jahre alle möglichen Filme unsicher machten. Er ist nicht im geringsten interessant oder bedrohlich und hat im Grunde keinerlei Motivation. In den paar Sätzen, die er von sich gibt, kann der Comicleser natürlich Darkseids Philosophie bezüglich der Antilebensformel, die die völlige Vernichtung des freien Willens zur Folge hat, erkennen, aber rein im Kontext dieses Films bleibt das alles eine extrem dürftige Rechtfertigung. Mehr noch als Ares gleicht Steppenwolf Azog aus der Hobbit-Trilogie: Der scheinbar Besiegte, der zurückkehrt, um Rache zu nehmen – und natürlich ist auch Azog eine übergroße CGI-Kreation, die über kaum Ausstrahlung verfügt. Ich kann nach wie vor nicht verstehen, weshalb man diesen Weg wählte. In den Comics ist Steppenwolf nämlich nicht einmal ein Ork-artiges Wesen, sondern sieht aus wie ein Mensch in Rüstung. Ciarán Hinds ist ein wunderbarer Schauspieler, der über eine beeindruckende Präsenz verfügt, wenn man sein Spiel nicht mit schlechtem CGI zukleistert. Außerdem, warum nur Steppenwolf? Ich finde es gut, dass Darkseid, immerhin einer größten und mächtigsten Schurken des DC-Universums, nicht schon im ersten Film verheizt wird, aber von all seinen Lakaien, die man als Vorhut hätte verwenden können, ist Steppenwolf der mit Abstand langweiligste. Warum hat man ihn nicht mit einem oder gleich mehreren von Darkseids anderen Speichelleckern kombiniert, um auf Schurkenseite eine interessante Figurendynamik zu etablieren? Egal ob Darkseids illegitimer Sohn Kalibak, der Foltermeister DeSaad, der Manipulator Glorious Godfrey oder Granny Goodness und ihre Female Furies, sie alle sind interessantere Figuren als Steppenwolf.

Quo vadis, DCEU?
Eine interessante Frage. Ganz in bester Tradition teasert „Justice League“ einiges an. Die Bezüge zu den New Gods wurden zwar stark reduziert, aber nicht völlig entfernt; Darkseids Name fällt immerhin einmal. Im Rückblick ist eine Green Lantern zu sehen und dann wären da natürlich noch die Mid- bzw. Postcreditsszenen. Ersterer spielt auf das berühmte Wettrennen zwischen Superman und Flash an, Letztere deutet an, worum es in einem potentiellen Justice-League-Sequel gehen könnte: Lex Luthor (Jesse Eisenberg) ist aus dem Gefängnis ausgebrochen und unterhält sich mit dem Auftragsmörder Deathstroke (Joe Manganiello) – das riecht nach einer Schurkenvereinigung, egal ob sie nun „Injustice Gang“, „Injustice League“ oder „Legion of Doom“ heißt. Die Tatsache, dass diese Szene im Film enthalten ist, zeigt immerhin, dass Warner an weiteren Plänen festhält, auch wenn sonst noch vieles unklar bleibt: Wird Ben Affleck in Matt Reeves Batman-Film zu sehen sein? Will Warner tatsächlich „Flashpoint“ umsetzen und damit einen Semi-Reboot einleiten? Und was ist mit potentiell unabhängigen Filmen wie dem von Martin Scorsese produzierten Joker-Film, der angeblich kommen soll? Auch weiterhin herrscht Unklarheit.

Fazit
Meiner ursprünglichen Einschätzung gibt es kaum etwas hinzuzufügen – „Justice League“ ist im Grunde nicht mehr als einfach ein weiterer Superheldenfilm mit ein paar Stärken und vielen, vielen Schwächen, nicht zuletzt dank der Einmischung des Studios. Das ist zwar eine geringfügige Verbesserung gegenüber „Batman v Superman: Dawn of Justice“, aber für einen Film über mein Lieblingssuperheldenteam bei Weitem nicht genug.

Bildquelle

Trailer

Siehe auch:
Batman v Superman: Dawn of Justice – Ausführliche Rezension
Suicide Squad – Ausführliche Rezension
Wonder Woman – Ausführliche Rezension

JLA: New World Order

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Eigentlich sollte ich dieses Jahr wegen einem Film äußerst gehypt sein. Hätte man mir vor 2013 gesagt, dass in absehbarer Zeit ein Justice-League-Film kommen würde, wäre ich sicher äußerst begeistert gewesen, denn die Justice League ist mein Lieblingssuperheldenteam, noch vor den X-Men, den Teen Titans oder den Avengers. Die ersten Comics, die ich im zarten Alter von sieben oder acht Jahren las, waren (neben Batman-Solo-Geschichten, versteht sich) Justice-League-Comics. Unglücklicherweise kamen seither mit „Man of Steel“, „Batman v Superman: Dawn of Justice“ und „Suicide Squad“ drei Filme, die nicht nur mich ernsthaft daran zweifeln ließen, dass Warner Bros. die Comics, die sie da adaptieren, auch wirklich verstehen. Immerhin „Wonder Woman“ scheint nach dem, was man so hört, Anlass zur Hoffnung zu geben. Auch wenn ich dem Justice-League-Film, der im November startet, mit negativen Gefühlen entgegenblicke, möchte ich ihn doch zum Anlass nehmen, ein wenig über mein Lieblingssuperheldenteam, bzw. die Inkarnation besagten Teams, die mich dazu gebracht hat, mich in es zu verlieben, zu schreiben.

Die Justice League – ein kurzer Abriss

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The Brave and the Bold #28 (Bildquelle)

Nachdem das Medium Comic im Allgemeinen und das Superheldengenre im Speziellen in den frühen 1950ern eine schwere Zeit durchmachte, bekam es Ende der Dekade langsam wieder Aufwind. DC Comics gelang es, Figuren aus den 40ern, etwa Flash und Green Lantern, mit neuen Identitäten wiederzuerwecken. Schon bald wurde eine weitere Idee aus den 40ern reaktiviert: Das Superheldenteam. Während des Zweiten Weltkriegs hatten sich DCs Helden zur „Justice Society of America“ zusammengefunden. Im Jahr 1960, in Ausgabe 28 der Anthologieserie The Brave and the Bold debütierte die „Justice League of America“. In ihrer Grundformation bestand die Justice League, kurz JLA, aus den sieben größten Superhelden des Verlags: Superman (Clark Kent), Batman (Bruce Wayne), Wonder Woman (Diana Prince), Flash (Barry Allen), Green Lantern (Hal Jordan), Aquaman (Arthur Curry) und Martian Manhunter (J’onn J’onzz). Die Liga erwies sich als äußerst erfolgreich und bekam schon bald ihre eigene Serie. Im Verlauf kamen neue Mitglieder wie Green Arrow, Zatanna, Atom oder Black Canary hinzu und nach und nach veränderte sich das Team immer weiter, Helden kamen und gingen, Hauptquartiere wechselten und die Liga teilte sich in mehrere Teams auf, etwa in die „Justice League Europe“ oder die „Justice League International“. Besonderes Letztere wandte sich in den 80ern unter den Autoren Keith Giffen und J. M. DeMatteis von der Idee des Teams aus den größten Superhelden der Welt, die diese vor übermäßigen Bedrohungen retten, ab und konzentrierte sich stärker auf absurden Humor.

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Die sieben ursprünglichen Mitglieder der JLA, in Szene gesetzt von Alex Ross: Green Lantern, Flash, Superman, Batman, Wonder Woman, Aquaman, Martian Manhunter (Bildquelle)

Die frühen 90er waren geprägt vom Erbe von „Watchmen“ und „The Dark Knight Returns“: Völlig amoralische Antihelden, die sich kaum noch von den Schurken unterschieden, waren gerade modern. Einigen Autoren bei DC sagte dieser Trend überhaupt nicht zu. Bereits mit „Kingdom Come“ bemühte sich Mark Waid, in Zusammenarbeit mit Alex Ross, um eine Rekonstruktion des Superheldengenres. Zusammen mit Fabian Nicieza, seines Zeichens Mitschöpfer von Deadpool, verfasste er 1996 für DC eine Miniserie namens „A Midsummer’s Nightmare“, die diesen Trend fortsetzte und gleichzeitig die diversen schwächelnden Justice-League-Serien beendete, indem sie stattdessen eine neue Justice League versammelte. Auf die dreiteilige Miniserie folgte 1997 eine neue, fortlaufende Justice-League-Serie, geschrieben von Grant Morrison, die auf „A Midsummer’s Nightmare“ aufbaut – diese Serie ist das eigentliche Sujet dieser Artikelreihe. Hier werde ich die diversen Storybögen der JLA-Serie besprechen, wobei ich mich an den amerikanischen Paperbacks orientiere.

Die Ligisten
Bei der Konzeption der neuen Liga orientierten sich Waid und Morrison an den klassischen sieben Helden der ersten Inkarnation. Natürlich mussten dabei die jeweils aktuell laufenden Storys der einzelnen Helden, die alle eine (bzw. im Fall von Batman und Superman diverse) laufende Serien hatten, miteinbezogen werden. In den späten 80ern und den 90ern war DC von einer Tendenz des Wandels geprägt. Manche Änderungen waren nur temporär, hatten aber dennoch weitreichende Auswirkungen. Superman wurde von Doomsday getötet, während Bane Batmans Rückgrat brach und er durch den psychisch instabilen Jean-Paul Valley ersetzt wurde. Selbst Wonder Woman wurde zeitweise durch die rabiatere rothaarige Amazone Artemis vertreten. Diese Änderungen wurden wieder rückgängig gemacht, hinterließen aber ihre Spuren und prägte die Figuren für die 90er. Anders verhielt es sich mit Flash und Green Lantern. Barry Allen starb bereits während des Großevents „Crisis on Infinite Earths“ und wurde durch seinen Sidekick Wally West ersetzt. 1994 entschloss man sich, etwas Ähnliches mit Green Lantern anzustellen. Im Rahmen des dreiteiligen Storybogens „Emerald Twilight“ drehte Hal Jordan wegen der Zerstörung seiner Heimatstadt durch, massakrierte das Green-Lantern-Corps und wurde zum Schurken Parallax. Der letzte verbliebene Ring ging an den Zeichner Kyle Rayner, der von nun an als einzige Green Lantern versuchte, einem großen Erbe gerecht zu werden. Aquaman war zwar immer noch Arthur Curry, hatte aber seinerseits einige Veränderungen durchgemacht, trug nun Bart, eine Harpunenhand und war allgemein nicht mehr sehr umgänglich. Lediglich beim Martian Manhunter gab es in dieser Ära meines Wissens nach keine größeren Umwälzungen.

Konzept und Zeichnungen
Wie bereits erwähnt ging es Grant Morrison darum, die JLA zu ihren Wurzeln zurückzuführen und dem DC-Universum eine wirklich heldenhafte erste Garde zu geben. Das bedeutet, dass Morrison seine Liga nur gegen wirklich große Gegner kämpfen lassen wollte; die Justice League kommt bei ihm meistens dann zum Einsatz, wenn die Erde oder sogar das Gefüge der Realität selbst bedroht ist. Strukturell bediente sich Morrison dabei oft kürzerer Handlungsbögen. Schon in den 90ern dachte man bei der Konzeption der Storybögen zumeist an die später erscheinende Paperback-Version und legte die Handlung so aus, dass sie im Rahmen von vier bis sechs Heften erzählt wurde. Morrison ließ sich davon jedoch nicht beeinträchtigen, viele seiner Geschichten erstrecken sich nur über zwei bis drei Hefte. Das sorgt dafür, dass nur selten Leerlauf entsteht; die JLA sollte sich vor allem von der früheren Inkarnation aus den 80ern distanzieren, weshalb Morrison einen Seifenopern-artigen Aufbau vermied und die Geschichten sehr plotorientiert und prägnant hielt. Das bedeutet nicht, dass es nicht Humor oder Charakterentwicklung gäbe – wobei gerade Letztere bei einer Serie wie dieser immer so eine Sache ist. Morrison musste freilich die Entwicklungen der diversen Soloserien berücksichtigen, tat dies aber eher nebenbei und ohne große Erläuterungen. Liest man die JLA-Comics heute ohne Kenntnis des DC-Universums der späten 90er, kann es durchaus zu einiger Verwirrung kommen. Davon ließ Morrison sich jedoch nicht beirren, integrierte, was sein musste und erzählte sonst die Geschichten, die er erzählen wollte. In vielerlei Hinsicht ist „JLA“ die Essenz der positiven Trends des DC-Universums der späten 90er, denn oftmals gelang Morrison die Charakterisierung dieser übergroßen Helden weitaus besser als den Autoren der diversen Soloserien. Selbstverständlich gibt es auch einen übergeordneten Handlungsbogen, der die einzelnen Storybögen mit einander verbindet – allerdings nicht immer ausgewogen. Die ersten Andeutungen finden sich bereits in „A Midsummer’s Nightmare“.

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Beispiel für eine etwas bizarre Pose von Howard Porter (Bildquelle)

Als Hauptzeichner der Serie fungierte Howard Porter, der insgesamt einen sehr guten Job machte, zumindest in meinen Augen. Das könnte natürlich auch damit zusammenhängen, dass Porters Zeichnungen mitunter die ersten waren, die mir im Comicbereich jemals unter die Augen kamen – so etwas prägt. Wie dem auch sei, Porters Stil ist nicht ganz leicht zu beschreiben. Ein gewisser Einfluss des Image-Stils, der durch Zeichner wie Rob Liefeld, Todd McFarlane, Jim Lee oder Mike Deodato Anfang der 90er populär wurde, lässt sich nicht leugnen, gerade, wenn man sich die doch etwas übertriebene Anatomie weiblicher Figuren ansieht. Diesbezüglich gibt es im Verlauf der Serie allerdings durchaus eine Entwicklung zum Positiven. Insgesamt ist Porters Strich dennoch ziemlich distinktiv, gerade auch, weil er oft einige interessante (manchmal fast schon bizarre) Perspektiven und Körperhaltungen verwendet. Insgesamt gelingt es Porter jedenfalls ziemlich gut, die epischen Geschichten Morrisons angemessen in Szene zu setzen. Hin und wieder kamen auch andere Zeichner zum Einsatz, über deren Leistung werde ich dann in der entsprechenden Rezension schreiben.

Deutsche Veröffentlichung
In Deutschland wurde die JLA-Serie vom Dino-Verlag herausgegeben. Ich möchte das noch einmal besonders hervorheben, denn der 1993 gegründete Verlag, der ursprünglich vor allem Comics und Magazine zu Zeichentrickserien herausbrachte, ist letztendlich dafür verantwortlich, dass ich Comics lese und sammle. Über „Batman Adventures“, die Begleitserie zu „Batman: The Animated Series“, kam Dino schließlich zum Superheldencomic und begann bald, weitere DC-Helden, darunter den regulären Batman, Superman und natürlich die JLA, zu übersetzen und zu verlegen. Nach und nach erweiterte der Verlag sein Programm und erwarb unter anderem die Star-Wars-Lizenz, es folgten aber auch einige massive Probleme, die Dino zwangen, im Jahr 2000 die DC-Lizenz wieder abzugeben. 2003 wurde Dino schließlich von Panini aufgekauft, existierte aber als Label noch drei Jahre weiter.

„JLA“ erschien als Heftserie mit diversen Zweitserien, darunter die Miniserie „Superboy/Robin: World’s Finest Three“ von Karl Kesel, Chuck Dixon und Tom Grummett sowie „Teen Titans“ von Dan Jurgens und die Nachfolgeserie „The Titans“ von Devin Grayson. Die Serie brachte es auf 39 Hefte. Zusätzlich gab es die Reihen „JLA Special“ (Heft mit 100 Seiten und vier US-Ausgaben) sowie „JLA Sonderband“ (Paperback), die sich Großereignissen, Miniserien oder wichtiger Soloauftritte einzelner Figuren widmeten. Diese werde ich nicht alle besprechen, aber unter der Rubrik „Weiterführende Lektüre“ mehr oder weniger detailliert auf sie eingehen, wenn es mir angemessen erscheint.

New World Order
Und nun, endlich, zum eigentlichen ersten Storybogen von Grant Morrisons Justice-League-Serie, der die ersten vier US-Ausgaben füllt. Die eigentliche Formation des Teams fand zwar, wie bereits erwähnt, in „A Midsummer’s Nightmare“ statt, aber dennoch findet das Team auf gewisse Weise noch einmal zusammen, wohl vor allem, um Neuleser nicht abzuschrecken. Wie üblich im Superheldengenre ist eine Alieninvasion der Auslöser. Dieses Mal erscheinen die Aliens allerdings zuerst wohlgesonnen: Protex und sein Hyperclan behaupten von sich, sie wollten die Welt retten und sie in ein Paradies verwandeln. Unter anderem transformieren sie die Wüste Sahara in einen blühenden Garten, gehen aber auch mit äußerster Gnadenlosigkeit gegen Superschurken und andere Kriminelle vor, die ohne Prozess von ihnen hingerichtet werden. Das weckt freilich die Skepsis vieler irdischer Helden. Schon bald kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen den außerirdischen Neuankömmlingen und den Mitgliedern der Justice League. Und die JLA droht zu verlieren, denn fast alle von ihnen werden überwältigt und gefangen. Bis auf Batman…

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Der Hyperclan (Bildquelle)

Thematisch knüpft Morrison mit diesem ersten Storybogen an Mark Waids „Kingdom Come“ an. Abermals sehen wir, verkörpert durch den Hyperclan, den Archetypus des amoralischen 90er-Jahre-Antihelden, dem der klassische, nicht tötende Superheld entgegengesetzt wird. Schon ein wenig ironisch, wenn man bedenkt, dass hier vor allem Batman und Superman die Paradebeispiele abgeben, wo doch ihre aktuellen Leinwandinkarnationen eher an die Antihelden der 90er erinnern. Morrison ist hierbei jedoch ein wenig plakativer als Waid, besonders, da sich der Hyperclan letztendlich doch als Invasionsarmee entpuppt. Es handelt sich um eine Invasion der Weißen Marsianer, Verwandte der grünen Marsianer, zu denen J’onn J’onzz gehört. Statt eines friedlichen Zusammenlebens ziehen die Weißen Marsianer allerdings eher Eroberung und Völkermord vor.

Ein weiteres Thema, dass Morrison zumindest anschneidet, ist die Überlegung, weshalb Superhelden mit ihren enormen Kräften nicht einfach jegliche Probleme der Menschheit regeln – auch diesbezüglich geht „Kingdom Come“ mehr in die Tiefe, denn die Weißen Marsianer sind einfach keine passenden Vertreter einer zu diskutierenden Philosophie, da sie letztendlich eindeutig böse sind und die Menschheit ausrotten wollen. Diese Frage stellt natürlich ein grundsätzliches Problem des Superheldengenres dar, da eine Machtübernahme oder auch nur eine globale Problemlösung einer gewissen Logik nicht entbehrt, man aber gleichzeitig versucht, so nah an der Lebensrealität des Lesers zu bleiben, von der fortlaufenden Natur der Superheldencomics gar nicht erst zu sprechen. Insofern muss der Lösungsansatz, den Morrison hier präsentiert, wohl erst einmal ausreichen.

Inhaltlich und optisch gibt es darüber hinaus einige Parallelen zu „Independence Day“, der ein Jahr vor dem Start von „JLA“ ins Kino kam. Das Design der Weißen Marsianer erinnert ein wenig an das der Independence-Day-Aliens (ein wenig H. R. Giger findet sich ebenfalls) und das eine oder andere Panel hat durchaus optisch Parallelen zu den Bildkompositionen Roland Emmerichs.

Insgesamt hat dieser erste Storybogen, gerade im Vergleich zu späteren, noch die eine oder andere kleiner Startschwierigkeit, vor allem die Schurken sind als Individuen nicht wirklich interessant.  Die große Stärke liegt jedoch bei der Charakterisierung: Morrison gelingt es, seine Helden ohne viel Aufwand punktgenau und treffend darzustellen. Sei es Supermans Heroismus, gepaart mit subtilen Selbstzweifeln, Green Lanterns und Flashs jugendliches Gekabbel, Aquamans Eigenbrötlertum, Wonder Womans No-Nonsense-Attitüde oder Batmans überragende Fähigkeiten als Taktiker. Tatsächlich lässt sich die Idee, Batman könne es mit vielen Helden mit Superkräften problemlos aufnehmen, zumindest teilweise auf Morrisons JLA-Run zurückführen. Schon allein in diesem ersten Storybogen macht er vier Weiße Marsianer im Alleingang platt. In diesem Zusammenhang etabliert Morrison auch den gelungenen, trockenen Humor, der seine JLA-Comics auszeichnet.

Weiterführende Lektüre
Vor allem zwei Geschichten sind exzellente Begleitlektüre zu „New World Order“. Da hätten wir natürlich die bereits mehrfach erwähnte Miniserie „A Midsummer’s Nightmare“, verfasst von Mark Waid und Fabian Nicieza und gezeichnet von Jeff Johnson und Darick Robertson. Zu Beginn dieses Werks sind alle sieben Gründungsmitglieder der neuen JLA normale Menschen, die sich ihrer Zweitidentität nicht bewusst sind, während alle möglichen anderen Menschen Superkräfte entwickeln. Doch schon bald merken die sieben, dass etwas nicht stimmt, sie haben merkwürdige Träume, die Superkräfte kehren zurück und schließlich müssen sie erkennen, dass sie einer realitätsverändernden Intrige des Superschurken Dr. Destiny zum Opfer gefallen sind. Um Destiny zu besiegen müssen die sieben als neue Justice League zusammenfinden. „A Midsummer’s Nightmare“ ist auf Deutsch als „JLA Sonderband 1“ bei Dino erschienen.

Die zweite essentielle Ergänzung ist „JLA: Secret Origin“, ein One Shot, der in meinen Augen unbedingt in das New-World-Order-Paperback gehört hätte. Ich bin nicht ganz sicher, ob diese Geschichte zwischen „A Midsummer’s Nightmare“ und „New World Order“ oder während „New World Order“ (genauer, nach der Invasion der Weißen Marsianer, aber vor dem Bau des JLA-Wachturms auf dem Mond) spielt. Verfasst wurde sie jedenfalls von Grant Morrison und Mark Millar und gezeichnet von Howard Porter. Dieser One Shot ist quasi die Nullnummer der JLA-Serie, es handelt sich dabei um einen Rückgriff auf The Brave and the Bold #38, in dem die Justice League zum ersten Mal auftrat, um gegen Starro, den Eroberer, ein riesiges Alien in Gestalt eines einäugigen violetten Seesterns, zu kämpfen. Eine Neuinkarnation von Starro ist auch in „JLA: Secret Origin“ der Gegenspieler. Unter Morrison wird aus dem Eroberer eine Spezies von Parasiten, die sich als grüne, einäugige Seesterne auf dem Gesicht ihres Opfers niederlassen. Besonders gefährlich sind diese Parasiten für Metawesen, da sie mit deren Hilfe die Erde in Windeseile erobern könnten. Um die JLA vor einem fatalen Fehler zu bewahren, taucht der Spectre, einer der mächtigsten mystischen Helden des DC-Universums, auf und nimmt der Justice League mit deren Einverständnis die Superkräfte, sodass sie Starro gefahrlos entgegentreten können. „JLA: Secret Origin“ ist auf Deutsch in Dinos „JLA Sonderband 4: Aus den geheimen Archiven I“ erschienen.

Und schließlich wäre da noch eine Maxiserie, die sich ebenfalls gut zur weiteren Lektüre eignet. Durch Reboots und Retcons der späten 80er und frühen 90er wurde die Zusammenstellung der ursprünglichen Erstformation der Justice League geändert: Man nahm Batman, Superman und Wonder Woman aus dem Team und ersetzt sie durch Black Canary. Die Geschichte dieser neuen ersten Justice League wurde in der zwölfteiligen, von Mark Waid und Brian Augustyn geschriebenen und von Barry Kitson gezeichneten Maxiserie „JLA: Year One“ erzählt. Diese Serie ist ebenfalls sehr empfehlenswert, der Fokus liegt auf der Charakterdynamik und der Interaktion der Ligisten. Auf Deutsch erschien „JLA: Year One“ als sechste und siebte Ausgabe der JLA-Sonderbandreihe.

Fazit
„New World Order“ ist ein gelungener, wenn auch nicht vollkommen optimaler Einstieg in Gran Morrisons JLA-Serie. Schon 1997 war die Alieninvasion als Anlass zur Formierung eines Superheldenteams keine neue Idee, und zwanzig Jahre später ist es schon ein ziemliches Klischee. Die Konzeption der Serie und die Charakterisierung der Helden ist jedoch tadellos gelungen und weiß auch heute noch zu überzeugen.

Titelbildquelle

Das DC Cinematic Universe

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In den Comics treffen sich die Superhelden bereits seit den 40ern und bilden Teams, im Kino dagegen ist dies ein sehr neues (und eigentlich überfälliges) Phänomen. Nachdem die Marvel Studios vorgemacht haben, wie es geht, will DC/Warner Bros. Sich natürlich nicht lumpen lassen.
Bei Marvel erwiesen sich die ursprünglichen Startprobleme als Glücksfall: Man hatte bereits viele Filmrechte an andere Studios verkauft (u.a. die zu Verlagsflagschiffen wie X-Men, Spider-Man oder den Fantastischen Vier), war aber nicht mit den Anteilen zufrieden, weshalb der Verlag sein eigenes Studio gründete: Die Marvel-Studios. Zufälligerweise besaß man auch alle Filmrechte an den Figuren, die für eine Leinwandadaption der Avengers nötig wären, und so machte man aus der Not eine Tugend, baute die Helden in Einzelfilmen auf und feierte schließlich mit „The Avengers“ einen überragenden Erfolg, Kritiker, Fans und Publikum liebten den Film. Man war ein gewisses Risiko eingegangen und es hatte sich ausgezahlt.
Generell sind Studios allerdings eher selten risikofreudig, besonders, wenn es um Millionenblockbuster geht. Wenn allerdings etwas erfolgreich ist, möchten die anderen natürlich etwas vom Kuchen abhaben. Die Studios, die zum Beispiel immer noch Marvelrechte besitzen, werden den Teufel tun und diese an den Verlag zurückfallen lassen. Und Warner möchte mit den DC-Helden natürlich Marvels Erfolg gerne wiederholen. Und theoretisch wäre das auch kein Problem, denn da DC-Comics Warner gehört, gibt es rechtliche keine Probleme. Das Problem ist eher, dass bisher so ziemlich alle DC-Filme, die nicht Batman oder Superman als Protagonisten hatten, floppten. In der Tat sind viele der Meinung, dass sich die DC-Helden, mit Ausnahme der beiden Flagschiffe, überhaupt nicht für die Leinwand eignen würden. Viele bezeichnen gar Batman als den Marvel-Helden im DC-Universum. Als jemand, der praktisch schon sein ganzes Leben lang DC-Comics liest, sehe ich das völlig anders. Ingesamt ist das Potential der DC-Figuren in meinen Augen genauso groß wie das der Marvel-Helden. In beiden Verlagen gibt es viele tolle Figuren, und in beiden Verlagen wurde schon viel Müll fabriziert. Flash oder Green Lantern sind keineswegs lächerlicher oder schwerer umzusetzen als Thor oder Captain America. In meinen Augen wurden bei DC bisher schlicht und einfach die falschen kreativen Entscheidungen getroffen.
Nun, da „Man of Steel“, von Warner als Startfilme eines DC Cinematic Universe intendiert, zwar keineswegs so gut war, wie ich es mir erhofft habe (im Vergleich mit Marvels Startfilm „Iron Man“ zieht MoS auch eindeutig den kürzeren), aber doch erfolgreich genug, kann man wohl davon ausgehen, dass das DC Cinematic Universe wohl angelaufen ist. Die Fortsetzung zu „Man of Steel“ wurde bereits angekündigt, und in den nächsten Wochen und Monaten hört man sicher weiteres. Dies nehme ich hiermit zum Anlass, um einmal ausführlich über ein DC Cinematic Universe zu sinnieren und meine Hoffnungen, Wünsche und Vorstellungen niederzuschreiben, ähnlich, wie ich das in Hinblick auf zukünftige Star-Wars-Episoden getan habe.

Man of Steel 2
In meinem Review zu „Man of Steel“ habe ich versucht, das Ganze möglichst spoilerfrei zu halten, dies wird hier nicht der Fall sein.
Trotz einiger gravierender Schwächen hat „Man of Steel“ eines auf jeden Fall richtig gemacht: Das Casting von Superman. Die größte Schwäche von Martin Cambbells „Green Lantern“ war in meinen Augen Ryan Reynolds, den ich nicht als Hal Jordan sehen konnte und den ich auch nicht als Hal Jordan sehen will (ich bin immer noch für Nathan Fillion). Henry Cavill dagegen gefällt mir als Superman richtig gut, und ich kann mir auch gut vorstellen, ihn in weiteren Filmen in dieser Rolle zu sehen.
Was eine Fortsetzung zu „Man of Steel“ allerding in jedem Fall braucht, ist mehr Charakter. Nolan, Goyer und Snyder arbeiten mit so ikonischen Figuren, dass das eigentlich kein Problem sein sollte, ist es aber dennoch. Und etwas weniger Daueraction und stattdessen mehr Entwicklung wäre sicher auch nicht verkehrt. Wie ich an anderer Stelle bereits schrieb: Es wäre wohl nicht übel, David S. Goyer noch einen weiteren Drehbuchautor zur Seite zu stellen, der ein wenig korrigierend wirkt.
Was ebenfalls wichtig ist: Die Verantwortlichen bemühten sich sehr, das Ganze ernst und düster wirken zu lassen, möglicherweise auch, um Marvel und den recht selbstironischen Ansatz nicht einfach nur zu kopieren. So weit so gut, dann aber bitte auch durchgängig. Der Mord an Zod sollte schon große Nachwirkungen haben. Mit dem Umstand, dass Superman Zod umbringt, habe ich weniger Probleme (auch wenn man das Ganze plausibler hätte inszenieren können), denn in den Comics hat Superman das ebenfalls getan (irgendwann in den frühen 90ern, wenn ich mich recht erinnere, hatte etwas mit einem Taschenuniversum und dem formwandelnden Matrix-Supergirl zu tun). Jedenfalls hatte diese Tat enorme Nachwirkungen und hat Superman noch lange gequält. Wenn man schon diesen Ansatz wählt, sollte man auch im kommenden Film zeigen, dass Superman sich extreme Vorwürfe macht, sich fragt, ob es wirklich richtig und nötig war etc. Ebenso die Zerstörung von Metropolis: Wenn man bedenkt, welche Nachwirkungen der 11. September hatte, wäre das mehr als logisch: Aliens haben eine Großstadt verwüstet. Damit lässt sich viel Konfliktpotential aufbauen.
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Mark Strong mit fast passender Frisur

Dies bringt mich auch gleich zum Schurken: In diesem Zusammenhang ist Lex Luthor unabdingbar und drängt sich geradezu auf. Luthor als verrückter Wissenschaftler oder labiler Immobiliengangster wäre allerdings völlig fehl am Platz. Ich mochte weder Gene Hackman noch Kevin Spacey in der Rolle, was aber auch an der Konzeption lag. Luthor gefällt mir als eiskalter Geschäftsmann, der in Superman eine Bedrohung der menschlichen Größe (und seiner eignen) sieht, am besten – so, wie er in „Superman: The Animated Series“ auftrat. Gerüchtehalber will Zack Snyder Mark Strong in der Rolle, wenn es allerdings nach mir ginge, würde man einfach Clancy Brown, den Luthor-Sprecher aus S:TAS nehmen und ihn rasieren.
Luthor sollte allerdings nicht alleine agieren, denn das hatten wir schon in „Superman“ und „Superman Returns“.
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Clancy Brown hat für Lex Luthor noch zu viele Haare, aber das kann man schnell ändern

Für „Man of Steel 2“ sollte man ihn mit einem anderen Schurken kombinieren, bei dem er im Hintergrund die Fäden ziehen kann. Metallo (John Corben, ein Cyborg mit Kryptonit-Herz) würde sich vielleicht anbieten, oder der Parasit (kann die Kräfte von Superhelden absaugen). Luthor in Kombination mit Metallo oder dem Parasiten wären darüber hinaus eine logische Weiterführung von „Man of Steel“, wo Superman es mit Artgenossen zu tun bekam, die dieselben Fähigkeiten hatten wie er. In der potentiellen Fortsetzung würde er dann seine Kräfte verlieren (entweder durch Metallos Kryptonit oder die Fähigkeiten des Parasiten) und würde so die Erfahrung machen, wie es ist, als „Normalo“ gegen jemanden mit Superkräften bestehen zu müssen.
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Der Parasit und Metallo (aus „Superman: The Animated Series“)

Wen ich ebenfalls gerne sehen würde, nach Möglichkeit allerdings noch nicht in „Man of Steel 2“, ist Brainiac, eine außerirdische künstliche Intelligenz, die Informationen von verschiedenen Planeten sammelt und diese anschließend zerstört.
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Eine der vielen verschiedenen Inkarnationen von Brainiac

Batman
DASS der Dunkle Ritter auf die Leinwand zurückkehren wird, dürfte außer Frage stehen, immerhin hat er Warner zwei Mal Rekordeinnahmen beschert. Die Frage ist, WIE. Der einfachste Weg für Warner wäre es natürlich, an den Erfolg der Dark-Knight-Trilogie anzuknüpfen, zumindest theoretisch. Allerdings gibt es da freilich einige Probleme. Die pseudorealistische Inszenierung der Dark-Knight-Trilogie verhindert die Existenz anderer Superhelden, und mehr noch: Nolan hat explizit gesagt, dass es in der Welt, in der sein Batman existiert, keine weiteren Superhelden gibt. Das Ende von „The Dark Knight Rises“ macht es darüber hinaus noch schwieriger (denn mal ehrlich, wer will schon Joseph-Gordon-Levitt als nicht-Bruce-Wayne-Batman sehen?). Man hatte auch überlegt, Christian Bale einfach in einem Reboot erneut als Bruce Wayne/Batman einzusetzen (so ähnlich wie Judy Dench, die sowohl in den Brosnan-Bonds als auch in den Craig-Bonds, die ja einer unterschiedlichen Kontinuität folgen, M darstellt), dieser machte sein Mitwirken an einem weiteren Batman-Film allerdings an Chris Nolan fest. Es wird also auf einen kompletten Reboot hinauslaufen, und mal ehrlich, ich bin damit ziemlich zufrieden. Ich liebe die Dark-Knight-Trilogie (zumindest die ersten beiden Teile, „The Dark Knight Rises“ ist immerhin noch akzeptabel), aber Batman ist eine Figur, die bei der Adaption sehr viele Herangehensweisen erlaubt.
Gerüchten zufolge will man sich bei einem Batman-Reboot lose an den Arkham-Spielen („Arkham Asylum“ und „Arkham City“) orientieren, was eigentlich gar keine üble Idee ist. Das sog. „Arkhamverse“ vereint sowieso Stilmittel aller Interpretationen. Die Charaktere wirken mitunter wie düsterere Versionen der Figuren aus „Batman: The Animated Series“, nicht zuletzt deshalb, weil einige der Sprecher (Kevin Conroy für Batman, Mark Hamill für den Joker, in „Arkham Asylum“ auch Arleen Sorkin für Harley Quinn) ihrer Rollen wieder aufnehmen und viele andere (zum Beispiel Mister Freeze und Two-Face) ihren B:TAS-Pendants stimmlich sehr ähneln. Atmosphärisch wird Tim Burtons Gothic-Ambiente mit der dreckig-realistischen Stimmung von „Batman Begins“ vermischt und in „Arkham City“ finden sich sogar Anspielungen an die Schumacher-Filme in Form von Neonfragenzeichen.
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Der Pinguin in „Arkham City“

Nachdem vor allem „The Dark Knight“ und „The Dark Knight Rises“ sehr große Filme waren (mitunter eines der Hauptprobleme von Letztgenanntem, er war fast zu groß und wollte zu viel) würde ich mich auch über einen kleineren Batman-Film freuen, in dem Mal nicht die ganze Stadt in Gefahr ist, etwas psychologischeres, das eher in Richtung Thriller geht, Batmans detektivische Seite hervorhebt, und das am besten mit Schurken, die es in den Nolan-Filmen nicht zu sehen gab. Hush würde sich anbieten (hier könnte man sich am Hush-Quest in „Arkham City“ orientieren und etwas Ähnliches als Ausgangspunkt verwenden. Ebenso wäre eine düsterere Version des Riddlers denkbar, Calendar Man (wie er in Jeph Loebs „The Long Halloween“ auftaucht) wäre eine Möglichkeit und Hugo Strange würde sich ebenfalls anbieten. Darüber hinaus könnte man den Pinguin oder Black Mask als Gangsterboss etablieren.
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Hush in „Arkham City“

Die Ursprungsgeschichte sollte nach Möglichkeit vermieden oder in ein, zwei Flashbacks relativ schnell abgehandelt werden; zugegebenermaßen wurde dieser Aspekt in „Batman Forever“ recht gut bearbeitet, der Film verlangt eigentlich keine Vorkenntnisse, Batman ist bereits etabliert und der Mord an Thomas und Martha wird in Rückblicken noch einmal als Subplot aufgearbeitet.
Eine weitere Möglichkeit, die von Warner ebenfalls bereits in Erwägung gezogen wurde, ist, Batman zuerst in einem Team-Film vorzustellen, entweder direkt „Justice League“ oder ein World’s-Finest-Film, also ein Zusammentreffen von Batman und Superman. Von Superman ausgehend könnte in einem solchen Streifen Batman neu eingeführt werden.
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Black Mask

Wie auch immer Batman auf die Leinwand zurückkehrt, ich hoffe, dass dieses Mal David S. Goyer nicht am Drehbuch beteiligt ist, und das nicht nur wegen des suboptimalen MoS-Scripts, sondern auch, weil ich sehr gerne die Vision eines anderen Autors sehen würde. Ob Paul Dini wohl zu gewinnen wäre…?

Die Anderen
„Man of Steel“ wird in die zweite Runde gehen und Batman mit Sicherheit zurückkehren, aber DC verfügt noch über viele weitere Helden, die filmische Potential aufweisen. Green Lantern, Flash und Wonder Woman wären wohl die aussichtsreichsten für einen eigenen Film.
Aktuell ist noch nicht einmal geklärt, ob der gefloppte Green-Lantern-Film mit Ryan Reynolds fortgesetzt bzw. integriert wird oder nicht, aber die Chancen stehen relativ schlecht. Die Frage ist natürlich, ob Warner nach so kurzer Zeit schon wieder einen Reboot veranlassen wird oder ob Green Lantern erst in einem Justice-League-Film auftauchen wird. Eventuell könnte man den Weg der Justice-League-Zeichentrickserie gehen und einfach einen anderen als Hal Jordan im Green-Lantern-Kostüm nehmen, John Stewart oder Kyle Rayner vielleicht.
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Erst nur Hald Jordans Ersatzmann, später durch die Justice-League-Serie enorm populär: John Stewart

Wie auch immer Warner es anpackt: Man sollte die Verschiedenheit der Helden nutzen. Die Wonder-Woman-TV-Serie, die vor einiger Zeit angekündigt wurde und mit den Testvorführungen des Pilotfilms gescheitert ist, ist ein schönes Negativbeispiel: In ihre versuchte man, aus Wonder Woman eine Art weiblichen Batman mit Superkräften zu machen. Die von Adrianne Palicki gespielte, in ein dämliches Latexkostüm gehüllte Wonder Woman muss sich darin mit einer korrupten Firmenchefin auseinandersetzen. Das Ganze hat mit Wonder Woman recht wenig zu tun. Anstatt einfach einen „gewöhnlichen“ Verbrechensbekämpfer mit Kräften aus den Helden zu machen, sollte man sich lieber genau überlegen, in welchem Subgenre man den Film ansiedelt.
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Wonder Womans Badeanzug wirkt im Film sicher leicht lächerlich und das superheldentypische Latex passt auch nicht, also warum nicht ein etwas…griechischeres Outfit?

Warum Wonder Woman gegen Verbrecher kämpfen lassen, wenn es viel interessanter ist, sie gegen Figuren aus der griechischen Mythologie antreten zu lassen? Warum Green Lantern mit der x-ten Neuauflage des mutierten Wissenschaftlers konfrontieren (nein, ich mag Hector Hammond nicht), wenn man ihn stattdessen im Weltall viel interessantere Abenteuer erleben lassen könnte. Bei den Filmen des Marvel-Cinematic-Universe hat das auch ziemlich gut funktioniert: „Captain America: The First Avenger“ ging in Richtung Kriegsfilm (und das Sequel „The Winter Soldier“ soll wohl ein Spionage-Thriller werden), und auch Thor musste sich nicht mit irgendwelchen unpassenden irdischen Schurken herumschlagen, sondern mit Loki und den Eisriesen.

Justice League Dark
Bevor ich über das große Ziel, DCs Äquivalent zu Marvels Avengers spreche, noch kurz zu etwas anderem, das damit nur lose (wenn überhaupt) zusammenhängt: Die Justice League Dark. Bei dieser handelt es sich um ein Team von DCs übernatürlichen Helden, die Zauberin Zatanna, die Wahrsagerin Madame Xanadu, John Constantine oder der Geist Deadman sind nur einige Beispiele. Obwohl ich DCs magische Helden wirklich liebe, würden sie wohl nicht in diesem Artikel auftauchen, wäre da nicht die Aussage Guillermo del Toros, er habe vor, die Justice League Dark zu verfilmen. Meine Reaktion: ICH WILL DAS SEHEN! Wenn es jemanden gibt, der DCs übernatürliche Helden verfilmen kann, dann Guillermo del Toro – der Stil von „Pans Labyrinth“ und den beiden Hellboy-Filmen eignet sich vorzüglich.
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Mögliche Mitglieder der JLD: Deadman, Madame Xanadu, John Constantine, Zatanna, Enchantress, Shade und Mindwarp

Die JLD existiert unter diesem Namen erst seit dem Reboot des DC-Universums, allerdings gab es in der Gestalt der Sentinels of Magic und des Shadowpact zwei ähnlich geartete Vorgängerteams, die sich im Rahmen größerer übernatürlicher Bedrohungen immer mal wieder zusammenfanden.
Gegenwärtig arbeitet del Toro nach eigener Aussage wohl am Drehbuch und hat bereits einige Figuren genannt, die nach seiner Vorstellung auftauchen sollen, neben den oben genannten unter anderem auch der Spectre, der Dämon Etrigan und der Phantom Stranger, welche ich alle nur zu gern in einem Film sehen würde.
Als Randnotiz: Anders als Tim Burton oder Chris Nolan, die einen Lieblingskomponisten haben, mit dem sie fast immer zusammenarbeiten, wechselt del Toro praktisch von Film zu Film, sogar innerhalb einer Filmreihe (Marco Beltrami schrieb die Musik für „Hellboy“, Danny Elfman für „Hellboy II: Die goldene Armee“). Für einen Justice-League-Dark-Film würde ich sehr gerne hören, wie eine Zusammenarbeit von del Toro und Christopher Young klingen würde.

Justice League
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Die aktuelle Justice League (von links nach rechts): Aquaman, Green Lantern, Wonder Woman, Superman, Batman, Flash und Cyborg

Das Ziel, das DC-Äquivalent zu den Avengers: Die Justice League. Kann sie funktionieren? Wenn es richtig angepackt wird, ja. Warner möchte am liebsten auch für die Justice League David S. Goyer, nach „Man of Steel“ muss ich allerdings sagen: Bitte nicht, zumindest nicht ohne Unterstützung. Der Plot von „The Avengers“ war zwar relativ simpel (Aliens greifen die Erde an), aber der Film hat funktioniert, weil Joss Whedon es exzellent versteht, mit einem Ensemblecast umzugehen. Jede der ikonischen Figuren wird entsprechend in Szene gesetzt und bekommt ihren Anteil. Genau das ist es, was auch die Justice League benötigt und was ich bei „Man of Steel“ vermisst habe – Stichwort Funktionalität vs. echter Charakter.
Die nächste Frage ist die Zusammensetzung: Bei der Justice League spielt die Zahl sieben immer eine große Rolle. Als die Gruppe in den 60ern zum ersten Mal zusammenkam, bestand sie aus sieben Mitgliedern: Superman, Batman, Wonder Woman, Flash, Green Lantern, Aquaman und Martian Manhunter. Die ersten fünf sind wohl mit ziemlicher Sicherheit dabei, Aquaman und Martian Manhunter wurden bereits in der Vergangenheit gerne ausgetauscht, Ersterer in der Justice-League-Zeichentrickserie (ersetzt durch Hawkgirl) und Letzterer im aktuellen Reboot (durch Cyborg). Natürlich besteht auch die Möglichkeit, mit einer anderen Mitgliederzahl anzufangen, fünf zum Beispiel, und die genannten Helden für einen späteren Film aufzuheben – oder durch völlig andere zu ersetzen. Auf der B-List der Justice League gibt es ja auch noch einen ganzen Haufen Helfen, etwa Green Arrow, Black Canary, The Atom, Zatanna, Plastic Man, Steel, und, und, und…
Wichtig ist in jedem Fall, dass diew Gruppendynamik stimmt und jede der Figuren auch einen Zweck hat. Batman zum Beispiel hat zwar keine Superkräfte, eignet sich aber hervorragend als Taktiker des Teams, der einen Blickwinkel hat, den alle anderen nicht vorweisen können.
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Darkseid

Noch interessanter als die Mitglieder ist die Frage nach dem Schurken und der Bedrohung, der sich die Justice League entgegenstellen muss. Gerüchtehalber möchte man Darkseid als ersten Schurken der Liga sehen, immerhin war er auch der erste Gegner der New-52-Justice League, allerdings bin ich dagegen. Darkseid ist praktisch DER Oberschurke des DC-Universums und würde sich für einen späteren Film viel besser anbieten. Traditionell wird die Justice League in den Comics zumeist wegen einer Alien-Invasion ins Leben gerufen (auch bei Darkseid wäre etwas in diese Richtung wohl unausweichlich). Als globale Bedrohung bietet sich das natürlich an, die Frage ist, ob man es damit nicht zu ähnlich wie Marvel macht. Meine Meinung: Wenn es Aliens werden, dann mit einem speziellen Twist. Hierfür würden sich eventuell die Weißen Marsianer (bösartige Verwandte des Martian Manhunter und damit Gestaltwandler) oder Starro der Eroberer (der Seesterne in Parasiten verwandeln kann und auch der erste Gegner der Justice League in den 60ern war). Ansonsten gäbe es freilich auch die Möglichkeit, einen irdischen Gegner zu bemühen. Beispiele wären die Injustice Gang, die Legion of Doom oder die Secret Society of Super Villains (alles Zusammenschlüsse von Superschurken, ähnlich der Justice League), Vandal Savage (ein unsterblicher Höhlenmensch), Prometheus (eine Art Anti-Batman), Projekt Cadmus (eine Regierungseinrichtung gegen Superhelden, würde sich aber erst für einen späteren Film eignen) oder der Androide Amazo, der die Fähigkeiten der Justice League imitieren kann.
In jedem Fall gibt es genug Quellenmaterial, an dem man sich orientieren kann und in dem die Justice League funktioniert hat, vor allem Grant Morrisons JLA-Run, die Justice-League-Zeichentrickserie (inklusive „Justice League Unlimited“) und Miniserien wie „JLA: Das erste Jahr“.