Captain Phasma

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Captain Phasma ist das Sinnbild eines verschenkten Charakters. Bereits im Vorfeld von Episode VII schien es, als wolle man den weiblichen Sturmtruppen-Captain zum Boba Fett der Sequel-Trilogie machen: Die coole, etwas mysteriöse Nebenfigur, die jedermanns heimlicher Favorit ist. Man wählte mit Gwendoline Christie sogar eine äußerst rennomierte Schauspielerin, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass man Phasmas Gesicht (mit Ausnahme eines Auges) bis heute nicht gesehen hat. Leider wussten J.J. Abrams und Lawrence Kasdan mit Phasma nicht allzu viel anzufangen. Sicher, die Chrom-Rüstung sieht cool aus, aber davon abgesehen tut Phasma in „Das Erwachen der Macht“ so gut wie nichts. Ihr einziger signifikanter Beitrag zur Handlung ist der Umstand, dass sie Han und Finn unter minimaler Bedrohung verrät, wie man die Schilde der Starkiller-Basis deaktiviert, nur um anschließend in der Müllpresse zu landen. In Episode VIII kann man in Bezug auf Phasma im Grunde nur noch von einem kurzen Gastauftritt reden, der wohl vor allem deshalb zustande gekommen ist, weil die Figur halt „noch da war“. Das ist besonders insofern schade, weil im Vorfeld von „Die letzten Jedi“ im Marketing angedeutet wurde, man hätte nun eine bessere Idee, was mit der Figur anzufangen sei. Sie erhielt einen Roman von Delilah S. Dawson, der Phasmas Vorgeschichte erzählt (und den ich bis heute nicht gelesen habe) und eine Comic-Miniserie, getextet von Kelly Thompson und gezeichnet Marco Chechetto, um die es in diesem Artikel geht.

Phasmas Charakterisierung kennt im Grunde nur zwei Extreme: In Episode VII wird sie als fanatische Anhängerin der Ersten Ordnung vorgestellt, was die von Pablo Hidalgo verfasste illustrierte Enzyklopädie noch unterstreicht. Doch das passt nicht wirklich zu Phasmas Vorgehensweise am Ende des Films. Aus diesem Grund wird sie in der Miniserie (und, so weit ich weiß, auch im Roman) primär als Überlebenskünstlerin dargestellt. Thompson und Chechetto knüpfen direkt an „Das Erwachen der Macht“ an: Phasma entkommt aus dem Müllschacht und schafft es auch, die Starkiller-Basis rechtzeitig zu verlassen. Sie kehrt allerdings nicht sofort zur Ersten Ordnung zurück, sondern jagt zusammen mit einer Tie-Pilotin und einer BB-Einheit Sol Rivas, einen Offizier der Ersten Ordnung, der als einziger von Phasmas Verrat weiß. Dabei landet das Trio auf Luprora, wo es sich mit Monstern, einheimischen Konflikten und schlechtem Wetter herumschlagen muss.

Kelly Thompson legt den Fokus des Comics sehr stark auf Phasmas Eigenschaften als Überlebenskünstlerin, die ruchlos und ohne Gnade gegen alles und jeden vorgeht, der sich ihr in den Weg stellt. Dabei versucht sie Phasma das Bad-ass-Image zurückzugeben, das im Vorfeld zu Episode VII aufgebaut, durch ihre Handlung im Film aber wieder zunichte gemacht wurde. Gleichzeitig soll die Figur dabei nicht entmystifiziert werden – wie in den Filmen ist Phasmas Gesicht nie zu sehen. Als erzählerischer Rahmen dienen Phasmas Aufzeichnungen für die Erste Ordnung, die natürlich alles andere als authentisch sind.

Wie für Medien aus der Sequel-Zeit üblich (mit Ausnahme von Claudia Grays grandiosem „Bloodline“, versteht sich) bleibt auch in diesem Comic das World-Building sehr begrenzt. Nicht, dass ich erwartet hätte, dass gerade diese Miniserie Kontexte liefert, aber es ist dennoch erwähnenswert, dass „Captain Phasma“ abermals eine erzählerisch fast völlig isolierte Angelegenheit ist, die sich ausschließlich auf ihre Prämisse konzentriert, ohne irgendwelche weiteren Kontexte zu liefern. Gerade Comics dieser Prägung wären eigentlich ganz gut dazu geeignet, die Erste Ordnung und den Status Quo ein wenig auszubauen, aber das wird wohl nach wie vor vermieden.

Insgesamt ist „Captain Phasma“ eine durchaus kurzweilige und vor allem graphisch aufwendige Angelegenheit. Marco Chechetto übernahm bereits bei einigen Kanon-Comics, etwa „Shattered Empire“, die graphische Gestaltung. Ich muss zugeben, dass sein Stil zwar durchaus opulent, mir persönlich aber auch ein wenig zu „glatt“ ist und zu sehr nach Computergrafik aussieht.

Fazit: „Captain Phasma“ ist eine insgesamt kurzweilige, visuell ansprechende, aber letztendlich ziemlich vergessenswerte Miniserie. Wer sich wirklich für die Figur interessiert kann zugreifen, alle anderen verpassen kaum etwas.

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Battlefront II: Inferno Squad

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„Battlefront“ ist inzwischen eine etablierte Star-Wars-Marke. Die beiden ursprünglichen Battlefront-Spiele, vor allem den zweiten Teil unter Verwendung diverser Mods, habe ich sehr ausführlich gespielt. Die Neuauflage von EA dagegen hat mich bisher kaum interessiert, und das nicht nur wegen der fragwürdigen DLC-Politik. Dinge wie das Fehlen der Prequel-Ära oder die Abwesenheit einer Handlung haben mich doch ziemlich abgeschreckt. Die Fortsetzung, die im November diesen Jahres erscheinen soll, sieht da schon weitaus interessanter aus, und das nicht nur, weil sowohl die Prequel- als auch die Sequel-Ära mit einbezogen wird. Rein marketingtechnisch erscheint mir „Battlefront II“ weitaus besser konzipiert zu sein, denn EA entschloss sich dieses Mal, dem Spiel eine Story und ein Gesicht zu geben. Dieses Gesicht gehört der Schauspielerin Janina Gavankar, die nicht nur in Serien wie „True Blood“, „The Vampire Diaries“ oder „Arrow“ mitwirkte, sondern auch als passionierte Gamerin gilt und ihre Stimme bereits diversen Spielfiguren lieh. In „Battlefront II“ spielt Gavankar die extra für dieses Spiel geschaffene Protagonistin Iden Versio, Pilotin und Soldatin des Imperiums und Anführerin der Inferno Squad, eines Spezialkommandos. „Battlefront II“ wird in der Schlacht um Endor ansetzen und erzählen, wie sich Iden Versio mit dem Tod des Imperators und dem Zusammenbruch des Imperiums auseinandersetzt. Wie schon beim ersten neuen Battlefront-Teil gibt es auch dieses Mal ein Roman-Tie-in mit dem Titel „Inferno Squad“, das die Vorgeschichte besagter Einheit erzählt – auch hier steht Iden Versio im Fokus. Nach dem in meinen Augen eher misslungen „Thrawn“ (und das, obwohl es von Thrawn-Erfinder Timothy Zahn verfasst wurde) ist „Inferno Squad“ nun schon der zweite Roman in diesem Jahr, der ausschließlich aus imperialer Perspektive erzählt wird. Und anders als „Thrawn“ gehört „Inferno Squad“ für mich zu den besten Kanon-Romanen.

Als Autorin wurde Christie Golden verpflichtet, die mit „Dark Disciple“ bereits einen Kanon-Roman verfasst hat, der jedoch thematisch völlig anders gelagert ist. Wie nicht anders zu erwarten spielen die Jedi, die Sith und die Macht in „Inferno Squad“ keine Rolle, stattdessen setzt sich Golden hier mit dem Thema Extremismus sehr ausführlich auseinander. „Inferno Squad“ beginnt mit der Schlacht um Yavin, in welcher Iden Versio als Tie-Pilotin flog – tatsächlich ist sie neben Darth Vader die einzige Überlebende Pilotin dieser Schlacht auf imperialer Seite. Als Reaktion auf die Zerstörung des Todessterns und den damit verbundenen Diebstahl der Todessternpläne sowie die Sabotage von Galen Erso gründet Idens Vater, Admiral Garrick Versio, die Inferno Squad, um Derartigem in Zukunft vorzubeugen. Die Squad besteht, neben Iden selbst, aus drei weiteren Mitgliedern: Gideon Hask, ebenfalls Pilot und Idens Stellvertreter, Del Meeko, Aufsteiger und Technikexperte sowie Seyn Marana, eine Kryptologin mit eidetischem Gedächtnis. Golden schildert in ihrem Roman die ersten drei Missionen der Inferno Squad, wobei die dritte Mission eindeutig im Fokus steht, während die ersten beiden lediglich dazu dienen, die Figuren und die Vorgehensweise der Einheit vorzustellen. Bei besagter dritter Mission geht es um ein Überbleibsel von Saw Gerreras Partisanan, das sich als „die Träumer“ bezeichnet. Die Träumer haben Anschläge auf verschiedene imperiale Einrichtungen verübt, die vermuten lassen, dass sie über Insider-Informationen verfügen. Die Inferno Squad soll die Träumer unterwandern und herausfinden, woher besagte Informationen kommen.

Auf den ersten Blick könnte man auf die Idee kommen, dass die Träumer der übliche Versuch sind, Imperiale in größerem Ausmaß als Helden zu etablieren. In diversen Kanon-Geschichten (und auch bereits in alten EU-Werken), in denen Figuren des Imperiums im Fokus sind, wurde bereits alles möglich unternommen, damit sie nicht gegen die Rebellion, also die eigentlichen Helden kämpfen müssen; man schickte Vader, Tarkin und Thrawn gegen Piraten, Schmuggler, Extremisten oder imperiale Dissidenten ins Feld, damit man sie als Leser anfeuern kann, weil ihre Widersacher noch schurkischer sind. Die Träumer scheinen zu dieser Kategorie zu passen, dabei handelt es sich aber zumindest teilweise um einen Trugschluss. „Inferno Squad“ zeichnet sich primär durch Goldens exzellente Figurenzeichnung aus. Ausnahmslos alle Charaktere in „Inferno Squad“ sind grau, äußerst ambivalent und ziemlich markant, die Imperialen genauso wie die Träumer. Gerade im Vergleich mit Romanen wie „Tarkin“ oder „Lords of the Sith“, in denen ähnlich geartete Widersacher fürchterlich blass blieben, ist das eine willkommene Entwicklung. Natürlich begünstigt der Plot diesen Umstand, da man die Protagonisten und die Widersacher nicht getrennt voneinander erlebt, sondern sie aufgrund der Infiltration ständig miteinander agieren. Das eigentliche Missionsziel wird letztendlich dann fast schon zur Nebensache. Golden zeichnet die Charaktere sehr komplex und weit entfernt vom einfachen Gut/Böse-Schema. Sie alle eint die absolute Hingabe an eine bestimmte Sache, sei es das Imperium oder der Saw Gerreras Ideal; eine Hingabe, die fast völlig rücksichtslos ausfällt und den Tod und das Leiden Unschuldiger in Kauf nimmt. Gleichzeitig sind sie aber eben doch alle Menschen (bzw. im Fall der Träumer auch Aliens mit sehr menschlichen Emotionen), die Freundschaften schließen, ein Moralempfinden haben, sich verlieben, Mitgefühl füreinander empfinden und mit ihren Entscheidungen und Handlungen ringen. Golden gelingt es sehr gut, diesen Zwiespalt glaubhaft darzustellen; keiner der Charaktere wirkt unglaubwürdig konstruiert. Insgesamt ist Iden Versio als Frontfrau natürlich die Figur, die am meisten Raum bekommt, um sich zu entfalten. Die anderen Mitglieder der Inferno Squad fungieren aber ebenfalls als Point-of-View-Charaktere und sind dementsprechend gut ausgearbeitet. Zwar bleibt die Perspektive ausschließlich imperial, aber auch die einzelnen Mitglieder der Träumer sind markante und gut greifbare Figuren, sei es die ehemalige Twi’lek-Sklavin Dahna, der Chadra-Fan-Techniker Piikow, der etwas instabile und gewalttätige Anführer Staven oder der mysteriöse Mentor. Insgesamt macht Golden hier keine Gefangenen und schreckt vor den dunklen Seite des Krieges und der Spionage nicht zurück. Somit ist „Inferno Squad“ definitiv einer der düstersten und moralisch komplexesten Star-Wars-Romane der letzten Jahre, vielleicht sogar insgesamt. Zugleich schafft es Golden, das Ganze in eine äußerst ansprechende, stringente und spannend geschriebene Handlung zu verpacken.

Die Einordnung in den Kanon ist ebenfalls sehr gelungen. Vor allem die Nachwirkungen von „Rogue One“ werden ausführlich thematisiert und noch einmal in direkten Kontext zur Zerstörung des ersten Todessterns gesetzt – die Gründung des Inferno Squad ist schließlich ein direktes Resultat aus den Informationslecks, die es den Rebellen überhaupt erst ermöglichten, den Todesstern zu zerstören. Saw Gerreras Partisanen und sein Vermächtnis sind ebenfalls ein Rogue-One-Element, das mehrfach thematisiert wird, sogar zurück bis zu „The Clone Wars“. Gleichzeitig hütet sich Golden vor allzu plumpen Gastauftritten, was „Inferno Squad“ eine sehr angenehme Eigenständigkeit verleiht.

Ein paar kleine Kritikpunkte gibt es aber dennoch. Ein Detail des Endes (ohne zu viel zu verraten, es hat mit den Überbleibseln einer untergegangenen Zivilisation zu tun) wirkt ein wenig kitschig und passt nicht so recht zum grimmigen Grundton des Romans. Außerdem wäre da noch ein untergeordnetes Handlungselement, dessen Potential in meinen Augen nicht ganz ausgeschöpft wurde. Die Rolle, die Iden Versio bei den Träumern einnehmen soll, erinnert ein wenig an Katniss Everdeen in „Mockingjay“: Sie soll praktisch Saw Gerrera als Gesicht der Partisanen ersetzen (was auch als ironische Meta-Anspielung funktioniert, schließlich fungiert Idens Darstellerin als Gesicht des Battlefront-II-Marketings). Leider wird das nur ansatzweise thematisiert und geht im letzten Drittel des Romans völlig unter. Das ist zwar durchaus verständlich, da die persönlichen Beziehungen zwischen den Figuren dominieren, und das zu Recht, aber schade ist es dennoch; aus dieser Thematik hätte noch mehr herausgeholt werden können. In diesem Kontext wäre eine Außenperspektive ganz interessant gewesen, vielleicht hätte man noch ein, zwei Szenen aus der Sicht von Idens Mutter schildern können, die mitansehen muss, wie ihre Tochter ihr geliebtes Imperium scheinbar verrät. Aber letztendlich bleibt das Meckern auf hohem Niveau, es ist schon richtig, dass die Figuren auf diese Weise im Zentrum stehen.

Ausnahmsweise habe ich „Inferno Squad“ mal nicht in gedruckter Form konsumiert, sondern stattdessen das Hörbuch gehört. Dieses wird, wie könnte es auch anders sein, von Janina Gavankar gelesen wird. Ich habe diesen Entschluss nicht bereut, Gavankar liest sehr gut, ihre Stimme passt ausgezeichnet zum Tonfall des Romans und man merkt ihre emotionale Involviertheit in das Projekt an. Lediglich bei ein, zwei Figuren übertreibt sie es etwas (Stichwort Piikow).

Fazit: Mit „Inferno Squad“ liefert Christie Golden ein weiteres Kanon-Juwel ab und führt mich zumindest in Versuchung, mir „Battlefront II“ zuzulegen, und sei es nur um zu erfahren, wie es mit Iden Versio weitergeht. Volle Empfehlung für alle, die auf ein düsteres Star Wars mit grauen Figuren und imperialer Perspektive stehen.

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Siehe auch:
Dark Disciple
Tarkin
Lords of the Sith

Bloodline

Eventuell mit minimalen Spoilern!
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Ich denke, nach ihrem zweiten Roman kann man getrost sagen, dass Claudia Gray das Beste ist, was der literarischen Welt von Star Wars passiert ist, seit Disney das alte EU ad acta gelegt hat. Bereits mit „Verlorene Welten“ hat sie gezeigt, dass sie sich vorzüglich in der weit, weit entfernten Galaxis bewegen und stimmige neue Figuren kreieren kann, deren Lebensweg man als Leser gerne folgt. Mit „Bloodline“ zeigt sie nun, dass man ihr auch einen zentralen Charakter des Franchise völlig bedenkenlos anvertrauen kann – in diesem Fall Prinzessin Leia. Ich würde vielleicht sogar sagen, dass es sich hierbei um das beste Werk mit Leia-Fokus überhaupt handelt, allerdings gibt es davon nun nicht so viele und ich habe „Tatooine Ghost“, der vorher bei vielen diese Stellung einnahm, bisher nicht gelesen.

Darüber hinaus liefert „Bloodline“ einige Hintergründe zu „Das Erwachen der Macht“ und sollte vor allem von denjenigen unbedingt gelesen werden, die, wie ich, in Episode VII politischen Kontext vermissten. Wer dagegen ein klassisches Star-Wars-Abenteuer mit Raumschlachten, Action und Lichtschwertkämpfen sucht, wird hier sicher nicht fündig. Claudia Grays zweiter SW-Roman ist ein reinrassiger Politthriller, der ganz in der Tradition von James Lucenos „Schleier der Täuschung“ steht.

Die Handlung beginnt sechs Jahre vor den Ereignissen von „Das Erwachen der Macht“, noch herrscht Frieden – zumindest scheint es so. Während ihr Ehemann Han Solo seine Karriere als Rennfahrer und -organisator verfolgt und ihr Bruder Luke zusammen mit ihrem Sohn Ben in Jedi-Angelegenheiten in der Galaxis unterwegs ist, tut Leia Organa das, was sie schon immer getan hat: Sie erfüllt ihre Pflicht. Nun allerdings nicht mehr als Rebellenanführerin, sondern als Senatorin der Neuen Republik, die inzwischen tief gespalten ist. Der Senat der Republik teilt sich in zwei inoffizielle Fraktionen: Die Populisten, zu denen auch Leia gehört, setzen sich, immer noch abgeschreckt durch Palpatines Machtmissbrauch, für eine schwächere Regierung und eine stärkere Eigenverwaltung der Mitgliedswelten ein, während die Zentristen eine stärkere Zentralverwaltung anstreben. Zu diesem Zweck wollen sie einen „Ersten Senatoren“ mit größeren Macht- und Handlungsbefugnissen installieren. Obwohl die Kluft zwischen beiden Parteien immer weiter wächst, sieht Leia sich gezwungen, mit dem Zentristen-Senator Ransolm Casterfo zusammenzuarbeiten, da sich Hinweise auf eine Verschwörung anhäufen und der sich als Senat handlungsunfähig erweist. Diese Verschwörung konfrontiert Leia auf höchst unangenehme Weise mit dem dunklen Geheimnis ihrer Herkunft, das sie seit fast dreißig Jahren hütet – wer würde schon einer Senatorin trauen, deren Vater Darth Vader war?

Zwar war es nicht wirklich zu erwarten, aber dennoch sollte es noch einmal erwähnt werden: Wirkliche Enthüllungen gibt es hier nicht, Kylo Ren/Ben Solo und sein Fall zur Dunklen Seite spielen ebenso wenig eine Rolle wie Snokes wahre Identität (sofern er denn eine hat). Höchstens die eine oder andere Theorie könnte beeinflusst werden: So scheint es nun beispielsweise eher unwahrscheinlich, dass Kylo Ren selbst Rey auf Jakku versteckt hat, da er sechs Jahre vor Episode VII ja noch mit Luke als Jedi unterwegs war. Im Gegenzug erfährt man auch, dass er zu diesem Zeitpunkt noch nichts von seinem Großvater weiß und von dessen Identität wohl auf eher unangenehme Art und Weise erfährt, was seinen Fall zur Dunklen Seite begünstigt haben dürfte. Hin und wieder merkt man, dass die Story Group wohl noch Informationen zurückgehalten hat, das Gesamtbild ist jedoch, anders als bei so manchem anderen Roman der Einheitskontinuität, aufgrund der gewählten Perspektiven insgesamt stimmig.

Statt großer Enthüllungen gibt „Bloodline“ Kontext und zeigt die politischen Anfänge der Ersten Ordnung. Die Ausgangslage besitzt dabei sowohl ein historische wie auch aktuelle Bezüge. Zumindest mich haben die Parteien der Neuen Republik zuerst ein wenig an den römischen Senat erinnert, der sich ebenfalls in zwei inoffizielle Lager teilte: Optimaten und Popularen. Diese unterschieden sich allerdings nicht so sehr in inhaltlichen Fragen, sondern eher in der Art und Weise, wie sie Politik machten und ihre Ziele erreichten. Noch stärker sind die Parallelen zur aktuellen politischen Situation in den USA, die ebenfalls droht, das Land auseinander zu reißen. Es hätte mich tatsächlich nicht überrascht, wenn ein Zentristen-Senator etwas gesagt hätte wie: „We’ll make the Republic great again.“ Und es dürfte wohl auch kaum überraschen, dass die Erste Ordnung letztendlich aus den Zentristen „herauswächst“. Rian Johnson, Drehbuchautor und Regisseur von Episode VIII, hat einige Ideen zum Roman beigesteuert, was in mir die Hoffnung weckt, dass die politische Dimension in kommenden SW-Filmen wieder an Wichtigkeit gewinnt und dass die Erste Ordnung in Zukunft nicht nur wie das Imperium 2.0 wirkt, sondern die stärkere Eigendynamik entwickelt, die durch die Zentristen hier angedeutet wird.

Die wirkliche Stärke des Romans liegt jedoch vor allem in der Figurenzeichnung. Gray arbeitet mit einem verhältnismäßig kleinen Personal, dessen Potential sie deshalb sehr gut ausschöpfen kann. Vor allem Leias Charakterisierung ist vollauf gelungen, man erkennt sowohl die junge Rebellenführerin der OT, als auch die abgeklärte Generalin aus „Das Erwachen der Macht“ und sogar die Politikerin, als die Leia im alten EU dargestellt wurde. Ihre Frustration mit der Unfähigkeit des Senats, ihr Hadern mit der Vergangenheit und ihrem Vater – all das wird sehr authentisch und nachvollziehbar dargestellt. Die interessanteste Figur des Romans ist allerdings Ransolm Casterfo, der als Zentrist höchst differenziert und komplex gezeichnet wird. Einerseits sammelt er imperiale Memorabilia und bewundert die Einigkeit und Stärke des alten Imperiums, bzw. das Potential, das es in seinen Augen hatte, andererseits hasst er Darth Vader aus sehr persönlichen Gründen. Casterfo glaubt tatsächlich und aufrichtig daran, dass die zentrale Machtausübung, die seine Partei anstrebt, für die Galaxis das Beste wäre. Auch er ist authentisch und besitzt einen sehr nachvollziehbaren Standpunkt – ich hoffe, dass er in absehbarer Zeit wieder auftaucht. Auch die weniger wichtigen Nebenfiguren, etwa Greer Sonnel und Joph Seastriker (beide gehören zu Leias Stab) oder die Zentristen-Senatorin Carise Sindian, die man zu Beginn vielleicht nicht allzu ernst nimmt, was sich im Verlauf des Romans allerdings ändert, sind sehr gelungen.

Ebenso weiß „Bloodline“ stilistisch zu überzeugen; der Roman ist sehr angenehm und flüssig lesbar, ohne dass die Sprache allzu simpel oder banal wäre. Wie schon in „Verlorene Welten“ versteht es Gray, den Leser zu packen, selbst Nebenfiguren plastisch darzustellen und das Innenleben in ausreichendem Maße zu erforschen. Anders als in Alan Dean Fosters Episode-VII-Roman gibt es auch keine nervigen Perspektivwechsel mitten im Absatz.

Die eine oder andere Schwäche hat der Roman leider dennoch. Die Entwicklung der Handlung ist ziemlich vorhersehbar; sobald man sich als Leser in den aktuellen Status Quo eingefunden hat, ist es nicht schwer zu erraten, wie der Plot weitergeht, was noch geschieht und welcher Natur die Verschwörung ist. Das hängt aber natürlich auch damit zusammen, dass wir wissen, worauf das Ganze hinausläuft. Und da die Handlung ansprechend gestaltet ist, ist das auch nur eine kleine Schwäche, die einem unglaubwürdigen Twist allemal vorzuziehen ist. Eine weitere kleine Schwäche findet sich bei den Lokalitäten. Gray schafft es nicht, bei mir ein wirkliches Gefühl für die besuchten Planeten zu wecken. Das betrifft vor allem Hosnian Prime; auf der aktuellen Zentralwelt der Republik spielt ein Großteil der Handlung. Leider wird zu keinem Zeitpunkt klar, was diesen Planeten wirklich ausmacht und was ihn beispielsweise von Coruscant abhebt. Ebenso bleiben manche Aspekte des politischen Funktionsweise der Neuen Republik ein wenig schwammig. Aber insgesamt ist das nur Meckern auf hohem Niveau.

Fazit: „Bloodline“ ist ein überzeugender Politthriller mit gelungenen Charakteren, der die Hintergründe von Episode VII erforscht und sowohl die Erste Ordnung als auch die Neue Republik ein wenig greifbarer macht. Eine Fortsetzung würde sich hier definitiv anbieten, bis zu „Das Erwachen der Macht“ sind es ja noch sechs Jahre, die man füllen kann.

Siehe auch:
Verlorene Welten

Imperium in Trümmern

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Ursprünglich wollte ich die Rezension zu diesem Comic noch vor der Kritik zu „Das Erwachen der Macht“ verfassen, aber dann gab es bei der Bestellung eine Verzögerung, weshalb sie jetzt nun nachgereicht wird. „Imperium in Trümmern“ (Originaltitel: „Shattered Empire“) ist eine vierteilige Miniserie, verfasst von Greg Rucka und gezeichnet von Marc Chechetto (unter Mithilfe von Angel Unzueta und Emilio Laiso), die während der Schlacht um Endor beginnt und, wie schon „Aftermath“ und „Verlorene Welten“, einen begrenzten Einblick in die Zeit direkt nach „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ gibt. Protagonistin des Ganzen ist die Rebellenpilotin Shara Bey, bei der es sich um die Mutter des in „Das Erwachen der Macht“ von Oscar Isaac gespielten Resistance-Piloten Poe Dameron handelt (sein Vater Kes Dameron, ein Soldat der Allianz, kommt ebenfalls vor). Im Verlauf der Miniserie erlebt Shara Bey zwei kleinere Abenteuer mit Prinzessin Leia und Luke Skywalker, während es parallel dazu ein paar Einblicke in das Imperium nach Palpatines Tod gibt. So wird etwa offenbart, dass es im Falle seines Ablebens eine Aktion „Verbrannte Erde“ gibt, der beispielsweise Naboo zum Opfer fallen soll. Zufällig befinden sich Shara Bey und Leia gerade auf Naboo, sodass sie diese Pläne vereiteln können. Im Anschluss daran hilft Shara Luke Skywalker dabei, ein Relikt des alten Jedi-Tempels von den Imperialen zurückzubekommen, während die Rebellen, darunter Kes Dameron und Han Solo, andernorts nach wie vor gegen die Überreste des Imperiums kämpfen.

Wie schon die anderen Medien, die die Zeit nach Endor schildern, ist „Imperium in Trümmern“ eher zurückhaltend und zeigt nur kurze Ausschnitte einer im Chaos versinkenden Galaxis. Viele Dinge werden kurz angerissen, aber kaum etwas wird wirklich befriedigend ausgearbeitet. Die Einfälle sind durchaus gelungen, aber gerade die beiden Missionen, auf die sich Shara Bey begibt, wirken ein wenig beliebig und hätten nicht unbedingt in der Zeit nach Endor spielen müssen. So amüsant es auch ist, die großen Drei auf den Seiten dieses Comics agieren zu sehen, so wenig trägt es doch zu ihrer Charakterentwicklung bei, da die Handlung über weite Strecken einfach zu beliebig ist. Gerade die Einblicke ins Imperium sind für meinen Geschmack viel zu knapp und wenig aussagekräftig, bei einem Titel wie „Imperium in Trümmern“ erwartet man dann doch etwas anderes.

Ich finde allerdings recht interessant, dass gerade hier wieder durch das Vorkommen von Naboo eine Verbindung zu den Prequels gezogen wird – das stellt schon Leias zweiten Besuch auf der Heimatwelt ihrer Mutter dar, und auch dieses Mal hat Leia wieder einen Episode-I-Flashback, im Hangar von Theed spürt sie ein Echo von Darth Maul.

Die Optik der Miniserie ist insgesamt sehr gelungen, die Zeichnungen sind recht opulent und detailliert, die Filmfiguren sind gut zu erkennen. Durch den offensichtlichen Computereinsatz wirkt optische Gestaltungen an manchen Stellen allerdings recht steril.

Fazit: „Imperium in Trümmern“ ist ein ganz nettes, kurzweiliges und optisch ansprechendes Abenteuer, das seinem Titel allerdings nicht gerecht wird und die Lage nach Endor nur unzureichend thematisiert. Das Potential wäre vorhanden gewesen, allerdings hätte die Miniserie entweder einen anderen Fokus oder mehr Ausgaben (oder beides) benötigt.

Verlorene Welten

LostStars
In den letzten Monaten sind zwei Romane erschienen, die die Situation der Galaxis nach Endor beschreiben oder doch zumindest anschneiden: Claudia Grays „Verlorene Welten“ (Originaltitle: „Lost Stars“) und Chuck Wendigs „Aftermath“. Ursprünglich wollte ich mir vor allem Letzteren zulegen, da Ersterer das Label „Young Adult“ verpasst bekam (das übrigens niemand abschrecken sollte, wie ich selbst feststellen musste). Dann kamen die Kritiken, die Grays Roman einhellig lobten und „Aftermath“ fast ausschließlich verrissen, also änderte ich meine Prioritäten. Eigentlich wollte ich mir „Verlorene Welten“, wie die anderen bisherigen Kanon-Romane auch, auf Englisch zulegen, aber da die deutsche Ausgabe mit verhältnismäßig wenig Verzögerung kam und ich hin und wieder auch zur Faulheit neige, habe ich mir direkt die Übersetzung besorgt, man muss ja ab und zu auch die heimischen Verlage unterstützen.

Wie dem auch sei, wollte man „Verlorene Welten“ kurz und knapp inhaltlich zusammenfassen, könnte man es wohl als „‚Romeo und Julia‘ + ‚Forrest Gump‘ im Star-Wars-Universum“ zusammenfassen: Thane Kyrell und Ciena Ree stammen beide von Jelucan, und obwohl sie aus unterschiedlichen sozialen Schichten kommen, sind sie seit ihrer Kindheit eng befreundet. Beide verbindet eine Leidenschaft fürs Fliegen und beide landen schließlich auf der Imperialen Akademie. Nach dem Ende der Ausbildung trennen sich die Wege der beiden allerdings: Während Ciena in den Diensten des Imperiums bleibt, schließt sich Thane, verstört und desillusioniert durch die Zerstörung Alderaans, schließlich der Rebellion an. Obwohl beide immer noch tief miteinander verbunden sind, stehen sie nun auf unterschiedlichen Seiten eines galaktischen Krieges.

Der Romeo-und-Julia-Aspekt des Ganzen dürfte offensichtlich sein, die Ähnlichkeit zu „Forrest Gump“ kommt von dem Umstand, dass die beiden bei allen wichtigen Ereignissen der OT mehr oder weniger anwesend sind: Bei der Schlacht um Yavin sind beide noch in imperialen Diensten, Thane als Tie-Pilot auf Sondermission nach Dantooine (so entgeht er der Zerstörung des Todessterns), Ciena als Offizierin auf Vaders Flagschiff, der Devastator. Auch in der Schlacht um Hoth kämpfen beide mit, Ciena wurde auf die Executor versetzt, während Thane nun für die Rebellen fliegt. Ähnlich verhält es sich auch bei der Schlacht um Endor.

Das Young-Adult-Label des Romans kommt wohl vor allem von Konzeption und Format und weniger vom tatsächlichen Inhalt, der ist gleichauf mit den Erwachsenenromanen. Gerade, was die explizite Natur der Beziehung angeht, geht „Verlorene Welten“ weiter als die meisten anderen SW-Romane. Es gibt zwar keine detaillierten Sexszenen, aber es ist doch sehr viel eindeutiger als sonst.

Stilistisch ist „Verlorene Welten“ sehr leicht und angenehm zu lesen und hat tatsächlich viel mit anderen YA-Werken gemein. Grays Stil funktioniert sehr gut, hat aber den Nachteil, dass die Beschreibungen und emotionalen Schilderungen manchmal ein wenig flach bleiben – in Bezug auf Erstere hilft natürlich, dass man als Fan ohnehin weiß, wie man sich Welten und Raumschiffe vorzustellen hat, sodass dieses Manko zumindest ein Stück weit ausgeglichen wird. Ebenso ist das Erwachsenwerden der beiden Protagonisten relativ YA-typisch. Gerade im ersten Drittel, das an der Akademie spielt, lassen sich die Harry-Potter-Parallelen, auf die diverse andere Reviewer hingewiesen haben, kaum leugnen.

Das Konzept des Romans funktioniert insgesamt sehr gut: Die beiden Protagonisten sind sehr sympathisch, die meisten Nebenfiguren ebenfalls, auch wenn sie eher oberflächlich bleiben, der Fokus liegt eindeutig auf Thane und Ciena. Gerade die Entwicklung ist äußerst gut nachvollziehbar. Es ist vor allem schön, dass es nun auch im Einheitskanon fähige Imperiale gibt, die mit den Taten des Imperiums auf der einen und ihrem Loyalitätsschwur auf der anderen Seite hadern, nachdem gerade „Rebels“ derartige Elemente kaum berücksichtigt und die meisten Imperiumstreuen dort flach und unfähig sind. Thanes Entwicklung ist nachvollziehbarer, Cienas aber definitiv interessanter.

Ähnliches gilt für die Beziehung der beiden Protagonisten, die ziemlich gut funktioniert. Zwar gibt es auch hier einen gewisse Mangel an Tiefe, der auch daher rührt, dass Thane und Ciena in den beiden letzten Dritteln des Romans kaum Zeit miteinander verbringen, sondern sich zwischen Einsätzen eher zufällig begegnen. Tatsächlich ist das bei der Handlungskonstruktion einer meiner größten Kritikpunkte, der Zufall wird da schon sehr stark ausgereizt. Andererseits, das hier ist Star Wars, wo so etwas gewissermaßen Tradition hat – man könnte immer noch mit dem Willen der Macht argumentieren. Tatsächlich ist der größte Kritikpunkt, dass das Konzept des Romans noch mehr Potential gehabt hätte und Gray die Entwicklung der Figuren noch ausführlicher hätte schildern können – vielleicht wäre hier ein Mehrteiler durchaus angebracht gewesen. Gerade in der Mitte wirkt die Handlung mitunter sehr gehetzt, wenn sie von einem OT-Schauplatz zum nächsten springt.

Wirklich interessant wird es im letzten Drittel des Romans, da der geneigte Leser unter anderem etwas darüber erfährt, wie es im neuen Einheitskanon nach Endor aussieht, es wird allerdings nicht allzu detailreich geschildert – als Leser sind wir an Thanes und Cienas Perspektive gekettet, und beide stehen dann doch nicht hoch genug im Rang, um tatsächlich einen Überblick zu haben. Immerhin erfahren wir, wie das Wrack des Sternenzerstörers auf Jakku, das im Trailer von Episode VII zu sehen ist, dort hinkam.

Fazit: „Verlorene Welten“ lohnt sich definitiv und ist ohne Frage eines der besseren Werke der neuen Einheitskontinuität. Darüber hinaus hilft es, die OT noch einmal in Kurzform zu rekapitulieren und zeigt den Galaktischen Bürgerkrieg aus der Perspektive des kleinen Soldaten bzw. Piloten.

Lords of the Sith

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Es gibt Romantitel, die sind einfach unwiderstehlich. Der vierte Roman der Star-Wars-Einheitskontinuität nach „A New Dawn“ (mäßig), „Tarkin“ (kein Meisterwerk, aber definitiv solide) und „Heir to the Jedi“ (bislang noch nicht gelesen) hat so einen Titel; bei „Lords of the Sith“ kann ich einfach nicht widerstehen. Als Fan der Dunklen Lords treibt mich natürlich schon lange die Frage um, was die Einheitskonitnuität für die Sith bedeutet. Im EU hatten sie eine lange, interessante und wechselhafte Geschichte mit vielen verschiedenen Inkarnationen und philosophischen Herangehensweisen. Leider ist „Lords of the Sith“ diesbezüglich eine ziemliche Enttäuschung. Ich hatte es zwar nicht erwartet, aber doch gehofft, dass dieser Roman sich nicht nur mit Vader und Sidious auseinandersetzt (was er auch nur mäßig tut), sondern auch mit dem philosophischen Überbau des Ordens. Paul S. Kemp wäre als Autor dafür auch gar nicht ungeeignet, schließlich hat er verschiedene Inkarnationen des Ordens in seinen bisherigen Romanen „Betrogen“ und „Gegenwind“ passend dargestellt. Wie schon bei den anderen Romanen ist es allerdings fraglich, ob man für den Mangel an „Sithness“ wirklich Paul S. Kemp und nicht die Lucasfilm-Storygroup verantwortlich machen sollte, die sich den Orden für zukünftige Filme oder andere Projekte aufheben wollen.

Nach vier Romanen, die in der Zeit zwischen „Die Rache der Sith“ und „Eine neue Hoffnung“ spielen, zeichnet sich in der Zwischenzeit auch ein recht deutliches Muster ab. Obwohl nur „A New Dawn“ wirklich als Tie-In zu „Star Wars Rebels“ vermarktet wurde, sind eigentlich alle bisherigen Werke der Einheitskontinuität, „Heir to the Jedi“ ausgenommen, Begleitromane zu „Rebels“, denn alle drei folgen demselben Grundmuster: Irgendwo in der Galaxis taucht eine kleine, unabhängige Rebellenzelle auf, die vom Imperium bekämpft werden muss. „A New Dawn“ stellt mit Kanan und Hera die Helden der Animationsserie vor, während „Tarkin“ und „Lords of the Sith“ die Schurken genauer behandeln – nach dem Trailer zur zweiten Rebels-Staffel, in der sowohl Vader als auch Tarkin größere Rollen spielen und Sidious ebenfalls vorkommt, dürfte es da kaum noch Zweifel geben.

Die Prämisse von „Lords of the Sith“ ist aufgrund ihrer Unwahrscheinlichkeit leider nicht wirklich ideal: Vader und Sidious machen auf Ryloth eine von Rebellen verursachte Notlandung und müssen sich durch die Wildnis des Planeten schlagen. Diese Konstellation hat zwar durchaus ihre Reize, ist aber doch eher unpassend, denn Sidious ist zu diesem Zeitpunkt vor allem mit der Lenkung seines Imperiums beschäftigt und verlässt Coruscant nur, wenn es einen wirklich guten Grund gibt, etwa die Fertigstellung des Zweiten Todessterns. Der Grund, den „Lords of the Sith“ liefert, ist für mich leider nicht überzeugend. Und was erschwerend hinzukommt: Man hat nie das Gefühl, dass Vader und Sidious wirklich in Gefahr sind. Es ist auch zugegebenermaßen schwierig, zwei der mächtigsten Wesen der Galaxis zu gefährden, ohne sie abzuwerten, aber dann ist ein Roman mit einer derartigen Handlung einfach nicht wirklich passend.

Eventuell wäre es besser gewesen, die Handlung von „Lords of the Sith“ als von Sidious inszenierte Lektion für Vader zu gestalten. In „Darth Plagueis“ besuchen Plagueis und Sidious als Meister-Schüler-Gespann eine Art Sith-Trainingswelt; etwas, das grob in diese Richtung geht, wäre vielleicht passabler gewesen. So hätte „Lords of the Sith“ tatsächlich ein Roman werden können, der die Sith für den Einheitskanon definiert, am besten in Form eines Pholosophie-SW-Romans á la „Verräter“ (in diesem Fall wäre Matthew Stover dann auch tatsächlich der bessere Autor gewesen).

„Lords of the Sith“ hat allerdings auch durchaus seine positiven Seiten. Die Charakterisierung und Dynamik der beiden Dunklen Lords ist über weite Strecken sehr gelungen, mir erscheint es nur ein wenig seltsam, dass ausgerechnet die Eigenschaft, die in Vaders Kampfstil hervorgehoben wird, die Geschwindigkeit ist. Leider führt das alles nicht wirklich irgendwo hin, gibt keine tieferen Einblicke in die beiden ikonischen Figuren und offeriert nicht wirklich etwas Neues.

Die rebellischen und imperialen Nebenfiguren, unter ihnen Cham Syndulla aus „The Clone Wars“, der im Grunde der eigentliche Protagonist des Romans ist, fand ich durchaus gelungen, von allen derartigen Figuren (in diesem und den anderen beiden Romanen gab es davon dann durchaus einige) fand ich diese mit Abstand am einprägsamsten, und das nicht nur, weil mit Moff Mors die erste offizielle homosexuelle Figur im SW-Universum ihr Debüt gibt (was definitiv zu begrüßen ist, auch wenn das Imperium hier ein wenig zu PC rüberkommt).

Fazit: „Lords of the Sith“ bietet zwar eine gelungene Charakterisierung der Haupt- und Nebenfiguren, allerdings ist die Prämisse des Romans sowie ihre Umsetzung nicht überzeugend, da der Roman kaum etwas Neues offeriert. Somit bleibt „Tarkin“ der bislang stärkste Roman der Einheitskontinuität.

A New Dawn

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Nachdem Disney Lucasfilm erwarb und neue Star-Wars-Filme ankündigte, wurde „A New Dawn“ eine Zeit lang als möglicher Titel für Episode VII gehandelt. Schließlich stellte sich heraus, dass Episode VII zwar anders heißen würde, aber dennoch hatte das Gerücht einen wahren Kern, denn immerhin trägt nun der erste Roman der neuen, von der Lucasfilm Story Group überwachten Einheitskontinuität diesen Titel. Um alten EU-Veteranen den Umstieg so leicht wie möglich zu machen (vielleicht aber auch nur aus praktischen Gründen), wählte man für „A New Dawn“ einen Autoren aus, der bereits einiges zum alten EU beigetragen hatte: John Jackson Miller, bekannt für Comicserien wie „Knights of the Old Republic“ und Romane wie „Kenobi“.
Auch wenn „A New Dawn“, anders als andere, ähnlich gelagerte Titel (etwa die Clone-Wars-Romane von Karen Traviss und Karen Miller), kein „Star Wars Rebels“ im Titel trägt, ist es doch im Grunde ein Begleitbuch zu besagter Animationsserie. Die Handlung spielt acht Jahre nach den Ereignissen von „Die Rache der Sith“ und sechs vor der Pilotfolge von „Rebels“ und thematisiert das erste Treffen von Kanan Jarrus (eigentlich ein ehemaliger Padawan namens Caleb Dume) und Hera Syndulla, der Pilotin der Ghost. Zusammen mit einigen anderen Outlaws stellen sie sich auf Gorse gegen die Mächte des Imperiums, repräsentiert durch den rücksichtslosen Cyborg Vidian.
Während John Jackson Miller als SW-Autor weit weniger produktiv ist als einige seiner Kollegen, so sind seine Werke doch zumeist etwas Besonderes, die sich durch den einen oder anderen Aspekt sehr stark von der Masse der Literatur dieses Franchise abheben. Oftmals arbeitet Jackson entweder mit von ihm kreierten Figuren, die in einer Epoche leben, die bisher noch nicht allzu ausführlich thematisiert wurde („Knights of the Old Republic“, „Knight Errant“) oder mit einem interessanten, bislang einzigartigen Konzept („Kenobi“). Die größte Schwäche von „A New Dawn“ ist, dass leider weder das eine, noch das andere gegeben ist – für einen John-Jackson-Miller-Roman wirkt dieser hier erstaunlich unkreativ, was, zumindest meiner Meinung nach, wohl auch daran liegt, dass dieser Roman von „Rebels“ abhängig ist. Gerade in Bezug auf Kanan und Hera fühlt es sich an, als hätte man Miller Beschränkungen auferlegt und ihm nur ein gewisses Maß an Enthüllung über deren Vergangenheit erlaubt, was wiederum dafür sorgt, dass Miller das Potential der Figuren nicht wirklich ausschöpfen kann. Auch die Nebencharaktere bleiben verhältnismäßig flach. Am interessantesten ist noch der Schurke, Count Vidian, dessen Konzeption an die ursprünglich Version von Darth Vader aus George Lucas‘ ursprünglichen Drehbuchentwürfen der OT erinnert (einer davon wurde unter dem Titel „The Star Wars“ vor einiger Zeit als Comic adaptiert), aber auch hier wäre mehr drin gewesen. Ganz ähnlich verhält es sich auch mit der eigentlichen Handlung und Thematik: Erste Akte der Rebellion, das Hadern eines überlebenden Jedi – all das hatten wir schon im alten EU, und zumeist wurde es dort besser umgesetzt.
Millers Prosastil finde ich persönlich immer ein wenig schwerfällig, bei „Kenobi“ und „Knight Errant“ hat es jeweils eine Weile gebraucht, bis ich so richtig „drin“ war, bei „A New Dawn“ bin ich überhaupt nicht richtig reingekommen, weil Handlung und Figuren es nicht geschafft haben, mich wirklich zu packen.
Letztendlich wirkt „A New Dawn“ wie eine ziemlich uninspirierte Auftragsarbeit. Der Roman ist nicht per se schlecht, sondern eher uninteressant. Gerade von einem Autoren wie Miller hätte ich schlicht mehr erwartet – für ein derartiges Ablegerwerk ist er wohl schlicht auch der falsche, die Erfahrung mit seinen bisherigen Werken hat gezeigt, dass Handlung und Figuren bei ihm „atmen“ können müssen, damit er etwas wirklich gutes produzieren kann.
Fazit: Als erster Roman der neuen Einheitskontinuität ist „A New Dawn“ eher enttäuschend – von John Jackson Miller hätte man mehr erwarten können.

Siehe auch:
Knights of the Old Republic Band I: Verrat
Kenobi
SWR: Spark of Rebellion