Stück der Woche: Bard, a Man From Lake-Town

Nach der Achterbahnfahrt von The Forest River kehrt nun wieder ein wenig Ruhe in den Score ein – zugleich macht sich Shore daran, eine neue, bislang fast völlig unbekannte Kultur musikalisch vorzustellen: Die Menschen des Ostens, die Bewohner von Esgaroth und Nachkommen der Menschen von Thal. Im Track Bard, a Man From Lake-Town führt Shore, wie könnte es bei diesem Namen auch anders sein, Bards Thema ein – bzw. eines der Themen, denn der gute Mann hat eine ganze Reihe von Leitmotiven, die mit ihm verknüpft sind. Tatsächlich könnte er die Figur der Hobbit-Trilogie mit den meisten Themen sein. Das Leitmotiv, das ab 0:09 in einer ebenso zurückhaltenden wie brütenden Variation erklingt, könnte man „Bard, den Bogenschützen“ nennen, es repräsentiert gewissermaßen die Basis der Figur, weshalb ich es in Zukunft einfach als Bards Thema bezeichnen werde. Andere „Inkarnationen“ bzw. Aufgaben der Figur (Drachentöter, Anführer etc.) werden von separaten Leitmotiven repräsentiert, doch dazu später mehr. Shore hat Bards Thema äußerst clever angelegt, durch den Rhythmus zeigt er die Zugehörigkeit der Figur zu Seestadt, deren Thema diesen Rhythmus später aufgreift. Da die Zwerge bezüglich Bards Gesinnung noch unschlüssig sind, wird es hier ominös gehalten, doch das Potential für ein heroisches Thema ist zweifellos vorhanden. Die ersten eineinhalb Minuten des Tracks sind primär von Suspense geprägt, bis es bei 1:28 zu einem kurzen, aber heftigen Ausbruch des Erebor-Themas kommt. Bei 2:34 erklingt ein weiteres Mal Bards Thema. Zum Schluss des Tracks stellt Shore bei 2:56 ein weiteres neues Leitmotiv des „Esgaroth-Kosmos“ vor, das Doug Adams als „The Politicians of Lake-town“ bezeichnet. Dieses Thema repräsentiert die korrupten ausführenden Organe von Seestadt, also den Meister und Alfrid. Durch die Verwendung des Clavichord, gewissermaßen ein „Verwandter“ des Cembalo, bekommt das Politikerthema einen subtil barocken Klang, während die konstanten Tonartwechsel die trügerischen Absichten der beiden Figuren repräsentieren.

Bevor es mit den Zwergen weitergeht, folgt der Film allerdings Gandalf auf seiner Suche nach dem Ursprung des Bösen in Düsterwald. Diese Suche führt ihn zu den High Fells in Rhudaur, wo sich die Gräber der Nazgûl befinden. Wir ignorieren dabei einfach Mal, dass das völliger Blödsinn ist, da die Menschen, die später wegen der neun Ringe zu den Nazgûl werden sollten, geschwunden sind und somit keine Körper hinterlassen haben, die man begraben könnte. Zudem tauchten die Nazgûl bereits über 1000 Jahre vor der Gründung des Reiches Arnor auf, zu dem Rhudaur einstmals gehörte. Wie dem auch sei, für das Mysterium, das die Ringgeister umgibt, etabliert Shore ein neues Leitmotiv, wahrscheinlich erschien ihm das ursprüngliche, marschartige Chorthema nicht mehr passend für die enigmatischere Präsenz der Ringgeister. Stattdessen werden sie hier nun von einem klagenden Knabensopran repräsentiert. Dieses neue Thema, dem Doug Adams den Namen „The Nine“ verpasst hat, erklingt zum ersten Mal bei 0:54 in The High Fells und dann noch einmal bei 1:39 vernommen werden. Kurz darauf zeigt Shore die Verbindung zwischen den Ringgeistern und dem Nekromanten, indem er dessen aufsteigendes Thema ab 2:01 mehrmals nacheinander anspielt, um den Track schließlich mit einem weiteren Statement von „The Nine“ zu beenden (3:04).

The Nature of Evil untermalt eine weitere Szene ohne jegliche Basis im Roman; hier setzen sich Legolas und Thranduil mit einer ähnlichen Thematik auseinander wie Gandalf – auch sie versuchen, den merkwürdigen Vorkommnissen im Düsterwald auf den Grund zu gehen, indem sie einen der gefangenen Orks verhören. Der Track beginnt mit einem sehr düsteren Holzbläser-Statement des Waldlandreich-Themas, bevor bei 0:40 die „Footsteps of Doom“, eine der Begleitfiguren des Bösen aus der LotR-Trilogie, kurz vorbeischauen. Bei 1:14 erklingt „The Nine“, dieses Mal allerdings ohne Knabensopran, stattdessen wird die Melodie von den Streichern gespielt, wodurch sich dieses Leitmotiv regelrecht einschleicht, passend zu dem Umstand, dass Legolas und Thranduil nichts von der Beteiligung der Ringgeister wissen. Nach einer an Bernard Herrman erinnernden, sehr schrillen Streicherfigur hören wir bei 2:01 zum ersten Mal seit dem Anfang des Films wieder Smaugs Thema, das vor allem im letzten Drittel des Films sehr dominant wird. Der Track endet schließlich mit einem Statement von Azogs Thema bei 2:43.

Siehe auch:
The Quest for Erebor
Wilderland
The House of Beorn
Flies and Spiders
The Woodland Realm
Feast of Starlight
The Forest River

Stück der Woche: The Forest River


Für die vielen, inhaltlich sinnlosen und durch CGI aufgeblähten Action-Szenen der Hobbit-Trilogie (vor allem im zweiten und dritten Film) gilt dasselbe wie für die Romanze zwischen Kíli und Tauriel: Immerhin haben sie Howard Shore zu grandioser Musik inspiriert. Die Fässer-Flucht der Zwerge ist hierfür geradezu exemplarisch: Im Roman verpackt Bilbo die Zwerge in die Fässer, die elbischen Flößer bringen sie, im Glauben es handle sich lediglich Waren, nach Esgaroth und fertig. Im Film hingegen wurde daraus eine nicht nur unnötige, sondern physikalisch völlig irrsinnige Action-Szene: Elben gegen Orks gegen Zwerge, umgeben von schlecht animiertem Wasser und merkwürdigen POV-Shots, die völlig Fehl am Platz wirken. Shores Track The Forest River hingegen ist das erste wirklich grandiose Action-Highlight des Scores von „The Desolation of Smaug”. Gerade das erste Drittel des Albums ist vor allem durch eine gewisse Schwergängigkeit gezeichnet – beeindruckende leitmotivische Arbeit zweifellos, aber doch verhältnismäßig wenige melodisch oder dynamisch herausragendes Material. Mit The Forest River schüttelt dieser Score jedoch seine Schwergängigkeit ab; Shore liefert ein Meisterwerk, das problemlos mit den besten Action-Stücken der LotR-Scores mithalten kann.

Der Track beginnt mit dynamischen Streicherostinati und Blechbläserfiguren, die den titelgebenden Düsterwaldfluss wunderbar musikalisch darstellen. Die, in Ermangelung eines besseren Wortes, „fließende“ Instrumentierung erinnert dabei an die Tracks Dernhelm in Battle und Shieldmaiden of Rohan aus „The Return of the King“. Im Verlauf der ersten Minute schwillt der Track immer weiter an, die Streicher wechseln von der Begleitung zur Melodie und wieder zurück, bis bei 1:10 Tauriels Thema in der bislang dynamischsten Version erklingt, dicht gefolgt von der Action-Variante des Waldlandreich-Themas, die ein weiteres Mal Legolas‘ Akrobatik untermalt. Schon bei 1:29 folgt ein weiterer, fließender Übergang zu Tauriels Thema, der abermals zeigt, dass die beiden Leitmotive denselben Ursprung haben – nur um bei 1:32 wieder zum Waldlandreich-Thema zurückzukehren und bei 1:38 die seltener gespielte B-Phrase des Tauriel-Themas anzuspielen. Das alles geschieht ohne viel Aufsehen, Shore gleitet völlig mühelos von einem Thema ins andere und wieder zurück, was abermals die mitreißende Dynamik und „Flusshaftigkeit“ des Tracks begünstigt. Bei 2:15 arbeitet sich Tauriels Thema schließlich ein weiteres Mal an die Oberfläche, beinahe so, als würde ein Mensch auftauchen. Bei 2:28 beginnen aggressivere Bläserfiguren den Track zu dominieren, bis bei 2:56 Tauriels Thema noch einmal kurz auftaucht. In der folgenden halben Minute schwellen Streicher und Blechbläser erneut an, bis bei 3:28 unverhofft Thorins Thema ausbricht – und zwar in einer bis dato nie gehörten Variation, die die royale Schwermütigkeit abwirft und sich der Dynamik des Tracks unterwirft. Frenetische Streicher sorgen für eine kurze Überbrückungsphase, bevor sich das Waldlandreich-Thema noch einmal mit voller Kraft zurückmeldet. Bei 4:32 ist schließlich ein knappes Statement von Azogs Thema zu hören – der bleiche Ork ist zwar nicht zugegen, aber Bolg, immerhin der Sohn des Schänders, wird auch immer wieder durch dieses Leitmotiv repräsentiert. Ein letztes Mal erklingt Tauriels Thema bei 4:35, bevor The Forest River mit Blechbläserstößen und Paukenschlägen endet.

Die Verarbeitung dieses Tracks im Film lässt zu wünschen übrig. Was auf dem Album eine kohärente Meisterkomposition ist, verliert im Film viel, da es wirkt, als habe Peter Jackson immer wieder Stopp gedrückt, die Musik endet abrupt und läuft ebenso abrupt wieder an. Beinahe scheint es, als sei die Szene im Nachhinein noch verlängert und umgeschnitten worden, nachdem die Musik bereits final eingespielt wurde, was durchaus wahrscheinlich ist. Zusätzlich fehlen einige der gelungensten Momente, auf den Einsatz von Thorins Thema wartete man beispielsweise vergeblich; wobei ich mich auch frage, was dieser ursprünglich untermalt hätte. Theoretisch müsste er sich ungefähr bei Bomburs Angriff befunden haben… Lange Rede, kurzer Sinn: Eine der dämlichsten Szenen des Films, eines der besten Stücke der Trilogie.

Siehe auch:
The Quest for Erebor
Wilderland
The House of Beorn
Flies and Spiders
The Woodland Realm
Feast of Starlight

Stück der Woche: The Woodland Realm


Direkt zu Beginn greift The Woodland Realm kurz das Motiv für Thorins Stolz und das Düsterwald-Thema auf, bevor ab 0:15 elbische Klänge zu dominieren beginnen. Anschwellende Streicher arbeiten auf das Thema von Thranduils Waldlandreich hin, das ab 0:36 in seiner ausgiebigsten Variation erklingt – bislang war es nur in Andeutungen oder der Action-Version zu hören. Hier wird es dem Zuhörer nun kräftiger und mysteriöser präsentiert, inklusive choraler Texturen. Zum ersten Mal ist nun auch die B-Phrase dieses Themas ab 0:50 zu hören, aus der Shore schließlich Tauriels Thema herausentwickelt – bei 0:56 erklingt eine Andeutung. Gewisse Ähnlichkeiten zu den anderen beiden Themen größerer Elbenreich – Bruchtal und Lórien – sind nicht zu leugnen, zugleich ruft Shore allerdings stets in Erinnerung, dass die Elben des Düsterwaldes wilder und gefährlicher sind. Die Verderbtheit des Düsterwaldthemas kehrt immer wieder zurück, bereits ab 1:45 mischen sich Versatzstücke ein, die uns zeigen sollen, dass die Auswirkungen des Düsterwaldes auch an den Elben nicht spurlos vorbeigegangen sind. Bei 2:07 erklingt schließlich das volle Motiv in den hohen Streichern.

Thorin mach im Dialog mit Thranduil keine allzu gute Figur, was durch ein weiteres Statement des Motivs für den Stolz des Zwergenkönigs im Exil bei 2:20 unterstrichen wird. Thranduil zeigt allerdings, dass er genauso sturköpfig wie ein Zwerg sein kann, dementsprechend nimmt das Waldlandreichthema bei 3:25 eine deutlich dunklere Färbung an, zuerst bedingt durch tiefe Streicher, bevor der Chor hinzukommt, um der B-Phrase bei 3:44 einen geradezu arroganten, herrischen Klang zu verleihen. Ab 4:20 vermengt Shore das Thema des Waldlandreichs mit dem Tauriels und zeigt mit den Holzbläserfiguren sehr deutlich, wo dieses Thema seinen Ursprung hat. Im Vergleich zur Action-Variation aus Flies and Spiders ist das Motiv der Waldelbin hier eher introspektiv, nachdenklich und verletzlich. Zugleich setzt Shore es nun vom „Ursprung“ ab, sodass deutlich wird, dass Tauriel zwar eine Waldelbin ist, aber zugleich ihren eigenen Pfad beschreiten muss.

Siehe auch:
The Quest for Erebor
Wilderland
The House of Beorn
Flies and Spiders

Stück der Woche: Flies and Spiders


Flies and Spiders macht genau dort weiter, wo Mirkwood aufgehört hat, die Klangfarben des Düsterwaldthemas herrschen weiter vor, das Motiv selbst wird aber nur auf die ersten beiden Noten reduziert. Aufsteigende hohe und tiefe Streicherfiguren untermalen Bilbos Bemühungen, einen Baum zu erklettern, damit die Gemeinschaft sich orientieren kann. Frische Luft und freie Sicht sorgen für Momente musikalischer Leichtigkeit, untermalt von subtilen Holzbläser- und Choreinsätzen. Bei 1:25 stimmen die Streicher schließlich eine subtile Variation des Erebor-Themas, als Bilbo den Einsamen Berg in der Ferne erblickt. Die hoffnungsvollen Klänge verschwinden allerdings schnell wieder, als Bilbo feststellt, dass er plötzlich allein ist. Die dissonanten und verstörenden Streicher, die die Düsterwaldspinnen repräsentieren, erinnern passenderweise stark an die Musik, die Shore für Kankra in „The Return of the King“ einsetzte, besonders die Figur bei 1:53 scheint direkt aus dem Track Shelob’s Lair zu sein. Ab der Zweiminutenmarke wird der Score zunehmend frenetischer, bis bei 2:18 die kräftigste und bedrohlichste Version des Düsterwaldthemas zu hören ist – Bilbo kämpft erfolgreich gegen Kankras Verwandtschaft. Da er dabei den Ring einsetzt, ist es nicht verwunderlich, dass bei 3:08 eine Andeutung des Geschichte-des-Ringes-Thema zu hören ist, die sich allerdings, wie schon die vorherigen, auf die ersten beiden Noten beschränkt. Anschließend kehrt Shore kurz zu den Harmonien des Düsterwaldthemas zurück, um schließlich bei 3:30 wieder frenetische Streicher zu bemühen, die ein weiteres Mal Erinnerungen an Kankras Lauer wachrufen. Tiefe Blechbläser werfen bei 4:22 ein Fragment der absteigenden Terz ein, direkt darauf erklingt zudem ein Fragment des Auenlandthemas, als Bilbo seinem Kurzschwert den Namen Stich gibt (4:29). Anschließend nimmt die Musik abermals an Fahrt auf, in das Chaos mischt Shore verkürzte Versionen der absteigenden Terz bei 5:18 und lässt die Streicher und Blechbläser immer weiter anschwellen, bis sie bei 5:50 innehalten, um ein weiters Mal das Geschichte-des-Ringes-Thema anzudeuten. Es dauert allerdings bis 6:43, bis endlich, zum ersten Mal in „The Desolation of Smaug“, dieses essentielle Thema aus der LotR-Trilogie zum ersten Mal vollständig ertönt.

Kurz darauf kommen die Waldelben unter Führung von Legolas hinzu – diesen Auftritt untermalt Shore mit einer Action-Variation des Waldlandreich-Themas (7:32), die vor allem Legolas durch diesen und den nächsten Film begleiten wird. Bei 7:52 stellt Shore dann ein neues Thema vor, dass der Elbin Tauriel gilt. Wie nicht anders zu erwarten ist es eng mit dem Waldlandreich-Thema verwandt, harmoniert sehr gut mit diesem und wirkt mitunter wie eine Erweiterung. Ähnlich wie bei „Bilbo’s Fussy Theme“ stammt die ursprüngliche Idee allerdings aus einem anderen Score von Howard Shore – der Prototyp dieses Leitmotivs findet sich bereits am Anfang des Stückes Main Title aus dem Soundtrack von „The Silence of the Lambs“. Obwohl die Elben der Gemeinschaft nicht unbedingt wohlgesonnen sind, hilft ihr leitmotivisches Material doch, die Düsternis, von der dieser zweite Hobbit-Score bislang stark geprägt war, aufzubrechen und ein größeres Ausmaß an Tempo und Energie zu verbreiten. Der Rest des Tracks besteht primär aus subtiler Streicherbegleitung für die Dialoge, bei 8:37 durchsetzt von einem wiederkehrenden sekundären Motiv, das Thorins Stolz und seine Sturköpfigkeit repräsentiert.

Siehe auch:
The Quest for Erebor
Wilderland
The House of Beorn

Stück der Woche: The House of Beorn


Nach der musikalischen Finsternis des Nekromanten zeigt Shore zu Beginn des Stücks The House of Beorn mit luftigen Streichern und Holzbläsern, dass der Hautwandler eigentlich kein so übler Geselle ist. Doch rasch sorgt das Orchester wieder für eine dunklere Färbung, bis die Streicher bei 0:54 das Thema von Thranduils Waldlandreich andeuten, das bislang nur einmal in „An Unexpected Joruney“ erklang, im Eröffnungstrack My Dear Frodo. Direkt darauf ist zum ersten Mal das unheimliche Thema des Düsterwalds zu hören, bis die Streicher eine deutliche Variation des Waldlandreichthemas anstimmen, die allerdings auch nicht unbedingt positiv klingt – hier erläutert Beorn, dass Thranduils Volk nicht gastfreundlich ist wie die Elben westlich des Nebelgebirges – „less wise and more dangerous“. Die Andeutung der absteigenden Terz bei 1:30 unterstreicht zudem Beorns Warnung vor Orks in der Region. Ins folgende Underscoring mischen sich immer wieder Fragemente von Beorns Thema, die ab 2:36 jedoch von Andeutungen des Nekromanten-Materials abgelöst werden. Bei 3:22 stellt Shore schließlich ein neues Motiv vor, das Doug Adams „The Nine“ nennt, ein Verweis auf die Ringgeister, die ebenfalls in Dol Guldur lauern und deren Spur Gandalf im Verlauf des Films folgt. Dominiert wird besagtes Motiv von einer hohen, kalten Solostimme, die eine warnende Phrase auf Quenya singt. Direkt danach setzt ab 3:45 wieder die absteigende Terz ein, zu der sich bei 3:50 eine subtile Streicher-Variation von Saurons Thema gesellt. Bei 3:12 erklingt schließlich noch einmal – und auch zum letzten Mal – Beorns Thema, dieses Mal in recht angespannter Gestalt. Der Aufbruch der Gemeinschaft wird schließlich von einer nicht minder angespannten Version des Erebor-Themas untermalt (4:30).

Der folgende Track, Mirkwood, bietet primär Variationen des bislang eher subtil angedeuteten Motivs für den Düsterwald. Interessanterweise ist es, zumindest bezüglich der Noten, fast identisch mit Smaugs Thema – es tritt allerdings in völlig anderer Gestalt auf, da es nicht die Brutalität eines Drachen, sondern die halluzinogene Wirkung des verwunschenen Waldes repräsentiert. Die gewünschte Wirkung erzielt Shore durch den Einsatz der tibetanischen Klangschale und des Waterphone, beide eher exotische Percussion-Instrumente. Die einzelnen Noten gehen ineinander über und können nicht mehr klar separiert werden, genauso wie die Zwerge und der Hobbit Illusion nicht mehr von Wirklichkeit unterscheiden können. Der einzige größere Ausreißer in diesem Track ist ein kurzes, aber brutales Statement von Saurons Thema bei 1:12. Ansonsten schafft Mirkwood primär Amosphäre, indem der Track ausgiebig mit dem Düsterwaldthema arbeitet. Vor allem in der zweiten Hälfte zeigt Shore einmal mehr, wie gut er sich aufs Horror-Scoring versteht: Das einlullende Düsterwaldthema wird ab diesem Zeitpunkt zunehmend verstörender, nicht zuletzt durch flüsternde Stimmen und dissonante, wahrscheinlich aleatorische Streicher.

Siehe auch:
The Quest for Erebor
Wilderland

Art of Adaptation: Tolkiens Erzählstruktur und Dramaturgie

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Als LotR-Fan fragt man sich natürlich häufiger, wie J.R.R. Tolkien wohl selbst die Adaptionen seiner Werke – speziell natürlich die LotR-Filme – bewertet hätte. Es ist bekannt, dass sein Sohn Christopher, der immerhin Nachlassverwalter seines Vaters war und ihm noch zu dessen Lebzeiten bei der Konzeption des „Silmarillion“ half, die Filme nicht allzu sehr schätzt und dass Simon Tolkien, Christophers Sohn, der Meinung ist, dass sein Großvater nicht allzu begeistert gewesen wäre (siehe hier). Ein Indiz dafür ist ein Brief, den Tolkien 1958 an Forrest J. Ackerman bezüglich einer LotR-Verfilmung schrieb. In diesem Brief kommentiert Tolkien das Treatment eines gewissen Morton Zimmerman, mit dem er nicht allzu zufrieden war. Tolkien-Fans können das sehr gut nachvollziehen, denn die meisten Änderungen, die Zimmerman an der Geschichte vorgenommen hat, sind fragwürdig, weshalb Tolkiens vernichtende Kommentare durchaus verständlich sind. Besonders eine Anmerkung lässt allerdings aufhorchen. Bezugnehmend auf „The Two Towers“ und die Aufspaltung der Handlungsstränge schreibt er folgendes: „It is essential that these two branches should each be treated in coherent sequence. Both to render them intelligible as a story, and because they are totally different in tone and scenery. Jumbling them together entirely destroys these things.” Bei all den berechtigten Kritikpunkten an besagtem Treatment, was diesen Punkt betrifft, bin nicht nur ich anderer Meinung als der Professor, sondern auch so ziemlich jeder, der den „Lord of the Rings“ bereits adaptiert hat, sei es als Film oder Hörspiel.

In seinen Werken folgt Tolkien gerne stilistischen, inhaltlichen und dramaturgischen Pfaden, von denen jeder Schreibratgeber aufs heftigste abraten würde, da seine Konventionen deutlich stärker denen antiker und mittelalterlicher Mythen und Epen (primär natürlich den nordischen) folgt als denen des modernen Romans. Welcher „moderne“ Autor würde schon eine wichtige Szene wie die Zerstörung Isengarts durch die Ents im Rückblick erzählen? Da fühlt man sich fast schon an das Theater früherer Tage erinnert, als man Kniffe wie „Botenbericht“ und „Mauerschau“ verwendete, um potentiell kostspielige oder auf der Bühne nicht umsetzbare Szenen, beispielsweise Schlachten, nicht zeigen zu müssen. Inzwischen hat sich allerdings „Show, don‘t tell“ auch im Literaturbereich durchgesetzt. Aber auch von solchen Elementen abgesehen ist Tolkiens Verständnis von Dramaturgie und Struktur für alle, die sein Werk adaptieren wollen, eine… interessante Herausforderung.

Zumindest in „The Hobbit“ und „The Fellowship of the Ring” findet sich diese Problematik noch nicht – beide sind als geradlinige, sehr episodisch anmutende Geschichten konzipiert. Immer folgt ein Abenteuer auf eine gewisse Zeit in einer verhältnismäßig sicheren Unterkunft, wobei das nächste Abenteuer immer ein wenig größer und gefährlicher ist als das vorangegangene. Bilbo und die Zwerge starten in Hobbingen, begegnen den Trollen, machen eine Pause in Bruchtal, ärgern sich mit Orks und Wargen herum, erfreuen sich an Beorns Köstlichkeiten, verirren sich im Düsterwald und werden von den Waldelben gefangen, landen schließlich in Esgaroth, wo sie eine letzte Verschnaufpause bekommen, bevor es zum Erebor geht. Ab diesem Zeitpunkt gibt es freilich keine sicheren Orte mehr und nach dem Tod des Drachen kommt die Gefahr zu ihnen statt umgekehrt. Diese Struktur können die Filme relativ leicht umsetzen, auch wenn Jackson und Co. die Handlung natürlich aufblähen, um diverse Subplots erweitern und mit der Verfolgung durch Azog versuchen, die Episodenhaftigkeit der Geschichte zu reduzieren.

Nicht unähnlich ist auch „The Fellowship of the Ring“: Abermals wird im Auenland gestartet, es folgen erste Begegnungen mit den Ringgeistern, eine Pause in Bockland, der Alte Wald, Tom Bombadils Heimstatt, die Hügelgräberhöhen und Grabunholde, Bree (das allerdings nur bedingt sicher ist), die Wanderung durch die Wildnis, verbunden mit der Rückkehr der Nazgûl, Bruchtal, Moria, Lórien und schließlich Amon Hen. Abermals folgt der Film der Dramaturgie des Romans, rafft und verdichtet aber kräftig. Die relativ unbedeutenden und mit der Haupthandlung kaum verknüpften Abenteuer im Alten Wald und auf den Hügelgräberhöhen werden (zusammen mit Bockland und Tom Bombadil) ersatzlos gestrichen, sodass die erste Hälfte des Films deutlich kohärenter wirkt und die Nazgûl als durchgehende Bedrohung inszeniert werden, wo sie im Roman für gut vier Kapitel fast völlig aus der Handlung verschwinden. Etwas ganz Ähnliches versuchen Jackson und Co. auch in der zweiten Hälfte, indem Saruman, von dem man als Leser bislang nur gehört hat (woran sich bis zum Ende von „The Two Towers“ auch nichts ändert), der im Film aber bereits mehrfach zu sehen war (und warum auch nicht, wenn man schon jemanden wie Christopher Lee zur Hand hat?), eine größere Rolle bekommt. Der Weiße Zauberer fungiert hier als Strippenzieher, der direkt dafür verantwortlich ist, dass die Gefährten die Minen von Moria durchqueren müssen und von den Uruk-hai angegriffen werden – eine weitere Szene, die bei Tolkien nur im Rückblick behandelt wird. Zu Beginn von „The Two Towers“ stolpert der Sam suchende Aragorn mehr oder weniger zufällig über den sterbenden Boromir, über seinen dramatischen Kampf mit den Uruks wird man nur informiert.

Womit wir auch bereits bei der Aufspaltung der Handlungsstränge wären. Jeder Band der Trilogie teilt sich noch einmal in zwei „Bücher“. In Buch 3 folgen wir erst Aragorn, Gimli, Legolas, Merry und Pippin auf ihrem Weg durch Rohan, um anschließend in der Zeit zurück zum Ende von „The Fellowship of the Ring“ zu springen und in Buch 4 mit Frodo, Sam und Gollum nach Mordor zu wandern. Innerhalb von Buch 3 wendet Tolkien diesen Kunstgriff dann noch einmal an, denn den ersten beiden Kapiteln mit Aragorn, Gimli und Legolas folgen zwei Kapitel, die beschreiben, was Merry und Pippin während derselben Zeit als Gefangene von Sarumans Uruks erleben. Diese Spaltung setzt sich in „The Return of the King“ fort, Buch 5 erzählt von der Verteidigung von Minas Tirith, der Schlacht auf dem Pelennor und schließlich dem letzten Gefecht vor dem Schwarzen Tor, während in den ersten drei Kapiteln von Buch 6 Frodos Weg zum Schicksalsberg weiter geschildert wird. In Kapitel 4 finden die Handlungsstränge dann wieder zusammen.

Im eingangs erwähnten Brief schreibt Tolkien zu Beginn: „The canons of narrative art in any medium cannot be wholly different;“ – das mag per se nicht falsch sein, aber gerade im Bereich der Struktur gibt es einfach viele Dinge, die nur in einem bestimmten Medium funktionieren. Ein schneller Szenenwechsel oder eine Montage ist in geschriebener Form meistens wenig sinnvoll. Im Gegenzug ist die Block-Anordnung, die Tolkien in „The Two Towers“ und „The Return of the King“ in einem dramatischen Medium, sei es Film oder Hörspiel, nur schwer vorstellbar. Wirklich jede Adaption, von den beiden Animationsfilmen von Ralph Bakshi respektive Jules Bass und Arthur Rankin jr. über die Hörspiele des BBC und des WDR bis hin zu den Jackson-Filmen, haben die beiden Handlungsstränge ineinander geschnitten – und das aus gutem Grund. Das soll nicht bedeuten, dass Tolkiens Vorgehensweise nicht auf ihre Art sehr effektiv wäre. Dennoch sollte man auch nicht ignorieren, dass gerade Buch 4 der Teil des „Lord of the Rings“ ist, der viele nicht ganz so standhafte Leser zur Aufgabe bringt, da es doch einen recht auslaugenden Effekt hat. Ein Film, der etwas Gleichartiges versuchte, würde wohl daran scheitern, weil er sich wie zwei aneinandergeklebte Filme anfühlen würde. Obwohl die Handlung auch in der Filmversion von „The Two Towers“ gespalten ist, fühlt sie sich doch durch den Zusammenschnitt einheitlicher ein, beispielsweise durch übergreifende Thematiken, visuelle Querverweise etc.

Diese Form der Adaption führt ihrerseits wiederum zu ganz neuen Herausforderungen. Die beiden Bücher, aus denen „The Two Towers“ besteht, sind nicht deckungsgleich. Für alle Ereignisse hat Tolkien eine minutiös genaue Chronologie ausgearbeitet, die Jackson und Co. meistens einhielten (zumindest mehr oder weniger). Aus diesem Grund findet sich ein großer Teil der Ereignisse, die noch im zweiten Roman verortet sind, darunter vor allem die Begegnung mit Kankra, erst im dritten Film. Was tut man nun aber mit einem Handlungsstrang, der relativ antiklimaktisch endet, wie es mit dem Frodo/Sam/Gollum-Handlungsstrang hier der Fall wäre, hielte man sich strikt an Tolkiens Chronologie? Der nur im Film stattfindende Ausflug mit Faramir nach Osgiliath ist, besonders für Buch-Fans, sicher einer der umstrittensten Punkte, gerade da hier Faramirs Charakter durchaus fundamental geändert wird. Allerdings funktioniert das ganze vom dramaturgischen Standpunkt (wenn auch nicht unbedingt vom geographischen) aus betrachtet wunderbar, besonders verzahnt mit der Schlacht um Helms Klamm und dem Angriff auf Isengart.

In der Filmversion von „The Return of the King” nähern sich die diversen Handlungsstränge dann äußerst effektiv an: Das Ausrücken der Truppen aus Minas Morgul sehen Frodo, Sam und Gollum aus nächster Nähe, Faramir und seine Männer von Osgiliath aus und Gandalf und Pippin erleben den Abmarsch auf einem Balkon in Minas Tirith. Andererseits bringt die Neustrukturierung auch diverse dramaturgische Probleme mit sich. Der Frodo/Sam -Handlungsstrang endet in „The Two Towers“ in völliger Ungewissheit, zwar ist Frodo noch am Leben, wird aber gerade von Orks abtransportiert. Die nächste „aktuelle Statusmeldung“ diesbezüglich erfolgt im Kapitel „The Black Gate Opens“ in „The Return of the King“, in welchem Saurons Mund den Heerführern des Westens diverse Gegenstände von Frodo und Sam, darunter das Mithril-Hemd, präsentiert. Gerade an dieser Stelle zeigt sich, wie effektiv Tolkiens Strukturierung sein kann, denn der Erstleser weiß hier kaum mehr als die Figuren und muss sich ausmalen, dass Frodo von den Orks zum Dunklen Herrscher gebracht wurde. Aus diesem Grund wurde die Szene mit Saurons Mund auch aus der Kinofassung entfernt, da ihr dramaturgischer Sinn gewissermaßen verloren geht.

Fazit: So sehr ich Professor Tolkien und seine Ansichten auch schätze, ich denke, in Bezug auf die Adaption der eigenwilligen Strukturierung seiner Geschichte irrt er sich. Man kann viele der Änderungen, die Jackson und Co. vorgenommen haben, durchaus kritisch sehen, aber ich denke, vom dramaturgischen Standpunkt aus funktioniert die Filmtrilogie exzellent – in der Kinofassung sogar noch einmal deutlich besser, obwohl ich die ganzen zusätzlichen Szenen natürlich auf keinen Fall missen möchte, weshalb ich trotzdem immer zur Extended Edition greife.

Tolkiens Brief an Forrest J. Ackerman zitiert aus: Carpenter, Humphrey; Tolkien, Christopher (Hg.): The Letters of J.R.R. Tolkien. London 2006 (1981), S. 270-277.

Stück der Woche: Wilderland


Zu Beginn des zweiten Tracks von „The Desolation of Smaug“, Wilderland, erklingt bei 0:16 kurz das Motiv des Arkensteins – dem zwergischen Juwel kommt bei Jackson weitaus mehr Bedeutung zu als bei Tolkien, was in der ersten Szene des Films bereits diskutiert wird. Die ersten knapp dreißig Sekunden von Wilderland gehören noch zum Prolog, danach springen wir in die Gegenwart – hier werden Zwerge, Hobbit und Zauberer nach wie vor von Azog und seinen Häschern verfolgt, was sich in der recht angespannten Musik widerspiegelt. Bei 0:40 ist gar eine nur allzu bekannte Begleitfigur des Bösen aus der LotR-Trilogie zu hören, die Doug Adams als „Footsteps of Doom“ bezeichnet und die, zumindest in der Filmversion des Scores, bereits in „An Unexpected Joruney“ mit Azog verknüpft wurden. Ab 0:50 nimmt die Musik an Tempo auf und die Verfolger werden gezeigt – dementsprechend ist ab 1:06 auch das Wargreiter-Thema zu hören. Da die Titeleinblendung parallel dazu läuft, findet sich hier ein interessanter Kontrapunkt, bei dem Smaugs Thema (das somit als Hauptthema des Films identifiziert wird) über dem Wargreiter-Thema gespielt wird (1:11). Anschließend wird der Tonfall deutlich ominöser, bis bei 1:45 Beorns Thema erstmals vorgestellt wird. Hierbei handelt es sich eher um eine aufsteigende Textur als um ein wirklich einprägsames Leitmotiv. Der Beorn der Filmadaption ist deutlich bedrohlicher und weniger jovial als Tolkiens Version der Figur, was sich in der Musik besonders wiederfindet. Eine actionreichere Version erklingt ab 2:22 und noch einmal bei 2:43, als der Hautwechsler die Zwerge in sein Haus jagt. Besonders ab der Dreiminutenmarke nimmt die Intensität deutlich zu, wofür nicht zuletzt die frenetischen Streicher verantwortlich sind. Erst mit dem Schließen von Beorns Haustür bei 2:40 kommt der Track wieder zur Ruhe, um bei 4:10 noch einmal eine deutlich introspektivere Variation von Beorns Thema zu bieten.

Wie schon bei „An Unexpected Journey“ gab es auch bei „The Desolation of Smaug“ eine reguläre und eine erweiterte Albenveröffentlichung, und wie beim ersten Hobbit-Film finde ich das Konzept reichlich daneben, da Standard und Special Edition sich nicht groß unterscheiden, beiden verfügen über zwei CDs, die Differenz an Musik beträgt etwa 15 Minuten. Bei „An Unexpected Joruney“ bot die Special Edition immerhin noch eine ganze Reihe an Bonus Tracks, hier gibt es nur einen einzigen, A Necromancer, zusätzlich zu einigen erweiterten Stücken. Dies führt abermals zu einer Albensituation, mit der niemand so recht zufrieden sein dürfte: Für den „casual listener“, der wirklich nur die besten Stellen des Soundtracks haben möchte, dürfte besonders bei „Desolation“ selbst die Standard Edition zu viel sein, während sich der Komplettist auch bei der Special Edition über noch fehlende Musik ärgern muss. Nun denn, besagter Bonus Track untermalt den ersten von vielen Dol-Guldur-Ausflügen dieses Films. Die meisten sind erzählerisch relativ nutzlos, bieten Shore aber immerhin die Gelegenheit, das Mordor- bzw. Sauron-Material weiter auszuarbeiten. Als ob „The Desolation of Smaug“ musikalisch noch nicht genug gezeigt hätte, wie düster es dieses Mal zugeht, beginnen wir gleich mit finster dröhnenden Blechbläsern und Fragmenten von entweder Smaugs Thema oder dem Düsterwaldmotiv (hierzu in einem späteren Artikel mehr) in den Streichern. Bei 0:42 erklingen die ersten beiden Noten des Geschichte-des-Ringes-Themas, als der Ring in Bilbos Hand in diesem Film zum ersten Mal zu sehen ist. Bekanntermaßen handelt es sich dabei um die ersten beiden Noten von Saurons Thema (und, wenn man sie umgekehrt spielt, auch um die ersten beiden Noten von Smaugs Thema). Und tatsächlich begibt sich die Musik noch weiter in die Finsternis, denn bei 0:55 erklingt eine getragene Version der absteigenden Terz, dicht gefolgt von Azogs Thema (1:11), bei dem es sich genau genommen um eine Erweiterung besagter Begleitfigur des Bösen handelt. Bei 1:27 ist dann auch schon Saurons Thema in den hohen Streichern zu hören, das ab 1:44 in das aufsteigende Nekromanten-Motiv übergeht, um bei 2:09 wieder zur absteigenden Terz zurückzukehren und bei 2:27 noch einmal das Nekromanten-Motiv zu wiederholen.

Siehe auch:
The Quest for Erebor

Stück der Woche: The Quest for Erebor


„The Desolation of Smaug“ markiert einen Wendepunkt in Howard Shores Musik für Mittelerde. Für alle drei LotR-Scores sowie für „An Unexpected Joruney“ war Shore nicht nur als Komponist tätig, er orchestrierte das Material auch selbst und schwang bei den Aufnahmen mit dem London Symphony Orchestra den Taktstock – mit anderen Worten, er erledigte das, wofür andere Komponisten, vor allem jene aus der Remote-Control-Schmiede, ein ganzes Team beschäftigen, in Personalunion. Beim zweiten Hobbit-Film änderte sich das. Zumeist werden logistische Gründe angegeben: England wurde als Aufnahmeort aus der Gleichung entfernt, stattdessen fanden die Aufnahmen in der Wellington Town Hall mit dem New Zealand Symphony Orchestra statt, sodass Peter Jackson seinerseits Neuseeland nicht verlassen musste, wenn er dem Einspielen des Scores beiwohnen wollte. Shore blieb in Kanada und komponierte von dort aus, während James Sizemore und Conrad Pope die Orchestrierung übernahmen und Letzterer auch dirigierte. Vor allem Pope ist für Filmmusik-Enthusiasten kein unbekannter Name, er arbeitete bereits mit vielen profilierten Komponisten zusammen, darunter John Williams, Don Davis und Alexandre Desplat. Die Frage, die sich in diesem Kontext stellt, ist natürlich: Merkt man den Unterschied? Zweifelsfrei klingt die Musik nach wie vor nach Shores Mittelerde, aber es finden sich durchaus Unterschiede, sowohl im klanglichen Bereich als auch im kompositorischen Ansatz. Die in London aufgenommenen Scores hatten immer einen sehr „weichen“, charakteristischen Sound. Dass sich das geändert hat, fällt nicht unbedingt sofort auf, oftmals kann man nicht einmal genau festlegen, was wirklich anders ist. Spätestens beim Score von „The Battle of the Five Armies“ wird allerdings deutlich, um wie viel spröder und trockener die Aufnahme ist.

Weiterhin fällt auf, dass „The Desolation of Smaug“ deutlich weniger zugänglich ist als sein direkter Vorgänger. Schon in „An Unexpected Joruney“ waren die neuen musikalischen Repräsentationen der Figuren, Ort, Völker etc. oftmals deutlich kürzer als die längeren Melodien der LotR-Trilogie – eine genereller Trend der letzten 15 Jahre, hervorgerufen durch digitale Schnittechniken. Diesem zweiten Hobbit-Score fehlt allerdings im Gegensatz zum ersten ein klares, gut zu identifizierendes Hauptthema wie etwa das Misty-Mountains-Thema. Formal gesehen ist Smaugs Thema das zentrale Leitmotiv dieses Films, es wird allerdings erst im letzten Drittel wirklich dominant. Die Musik der ersten beiden Drittel wird vor allem von den besuchten Örtlichkeiten bestimmt – und da diese neu sind und Jackson die düsteren Aspekte der Geschichte stärker betonen wollte, ist die Musik auch dementsprechend düsterer und bietet weniger Anknüpfungspunkte.

In bester Tradition beginnt auch „The Desolation of Smaug” mit einem Rückblick: Thorin und Gandalf treffen sich „zufällig“ in Bree. Der zugehörige Track, The Quest for Erebor, wird von einem neuen Motiv eröffnet, bei dem es sich um ein Fragment des sehr viel später auftauchenden Themas von Bard, dem Bogenschützen handeln könnte – es könnte aber auch nur eine zufällig ähnlich klingende Holzbläser und Streicherfigur sein. Ähnlich verhält es sich mit dem, was man bei der 40-Sekunden-Marke hört, auch hier könnte es sich um eine extrem subtile Andeutung des Haus-Durins-Themas handeln. Eindeutig hingegen ist das Statement des Auenland-Themas bei 0:50, das die Einblendung des Titels „The Hobbit“ untermalt. Direkt darauf folgen weitere bekannte Klänge, denn für die erste Kamerafahrt durch Bree zitiert Shore die passende Musik aus „The Fellowship of the Ring“. Bei 1:42 hören wir schließlich die erste, subtile Andeutung von Thorins Thema, bevor ominöse Streicher von der Bedrohung künden, die von den zwielichtigen Gestalten im Tänzelnden Pony ausgeht. Gandalfs plötzliches Auftauchen verschreckt die Herumtreiber allerdings – die Variation seines Themas, die hier erklingt, ist allerdings noch äußerst subtil. Mit diesem Einleitungstrack kreieren Shore und Jackson eine völlig andere Rückkehr nach Mittelerde, als das in „An Unexpected Journey“ mit dem epochalen My Dear Frodo der Fall war.

Stück der Woche: Dreaming of Bag End


Jeder der drei Hobbit-Scores verfügt über zwei Abspannstücke, einmal den Song und einmal eine wie auch immer geartete Suite, die allerdings nicht immer unbedingt das widerspiegelt, was tatsächlich im Filmabspann zu hören ist. Dreaming of Bag-End ist die Suite von „An Unexpected Joruney” – anders als bei den anderen beiden wird hier nur ein Thema variiert, nämlich das, das Shore ursprünglich als Hauptthema der Titelfigur konzipierte, um den Widerstreit zwischen der Tuk- und Beutlin-Hälfte Bilbos zu symbolisieren, dessen Präsenz im ersten Hobbit-Film allerdings stark reduziert und das in den anderen beiden zugunsten des Auenland-Themas völlig fallen gelassen wurde. Hier hört man es allerdings noch einmal in all seiner Pracht, zuerst in der gemütlichen Beutlin-Variation, die hier von der Flöte (genau genommen Tin Whistle, die für einen sehr keltischen Klang sorgt) dominiert ist und stark an das Auenland-Thema erinnert. Ab 0:52 ist die Tuk-Variation zu hören, dieses Mal von der Blockflöte gespielt; diese Variation klingt etwas introspektiver und mysteriöser. Der restliche Track besteht aus einer weiterführenden Streichervariation.

Dreaming of Bag End markiert das Ende des Abspanns. Eröffnet wird er von einer sanften Streichervariation des Misty-Mountains-Themas, danach folgt der Abspann-Song (dazu später mehr), der schließlich in das Bruchtal-Thema übergeht, auch Sméagols Thema ist zu hören – diese Version und das Underscoring drum herum scheinen aus der Albenversion von Riddles in the Dark zu stammen.

Bereits die LotR-Filme verfügten über Abspannsongs, die Hobbit-Filme setzen diese Tradition fort, allerdings mit einem großen Unterschied: In der zweiten Mittelerde-Trilogie ist Howard Shore an keinem der Lieder beteiligt, anders als bei der ersten. „The Fellowship of the Ring“ hatte sogar zwei, Enyas May It Be, das Shore zumindest orchestrierte, und In Dreams, gesungen von Knabensopran Edward Ross, bei dem es sich um eine mit Text versehene Variation des Auenland-Themas handelt. Die anderen beiden Lieder der LotR-Trilogie, Gollum’s Song (Emiliana Torrini) und Into the West (Annie Lennox) wurden ebenfalls von Shore komponiert und sind Weiterentwicklungen von leitmotivischem Material, jeweils von Gollums Thema und dem Thema der Grauen Anfurten. Aus diesem Grund wirken die Lieder im Kontext der jeweiligen Scores sehr passend und organisch – dasselbe lässt sich allerdings nicht über die drei Hobbit-Songs sagen. Konzeptionell ist Neil Finns Song of the Lonely Mountain der gelungenste, da er die Misty-Mountains-Melodie als Grundlage verwendet und so immerhin eine Verbindung zum Score hat. Stilistisch finde ich die Umsetzung allerdings unpassend, Neil Finn klingt nicht zwergisch, die Instrumentierung will nicht so recht passen und einige andere stilistische Eintscheidungen finde ich ebenfalls ziemlich fragwürdig, etwa das Geklatsche und das „Ay Ay Ay“.

Auf der Special Edition des Albums finden sich zusätzlich zu den Abspannsongs noch vier Bonus-Tracks. Zwei davon habe ich bereits besprochen, bleiben noch Erebor und The Dwarf Lords. Ironischerweise taucht das Erebor-Thema im gleichnamigen Track nicht auf, stattdessen wird hier Bilbos Abenteuerthema auf nie gehörte Art und Weise variiert – Shore versieht es mit zwergischen Harmonien und lässt es von einem Dudelsack spielen, bevor die Blechbläser übernehmen, wobei der Dudelsack nie völlig verschwindet. Ich persönlich vermute, dass es sich hierbei um frühe Experimente Shores handelt; offenbar spielte er mit dem Gedanken, dass sich Bilbo und die Zwerge irgendwann musikalisch annähern sollten. Auch der Dudelsack als Repräsentation der zwergischen Kultur ist eine Idee, mit der Peter Jackson wohl nicht allzu viel anfangen konnte. Shore griff das in „The Battle of the Five Armies“ noch einmal auf, den vom Thema des Zwergenherrschers Dáin Eisenfuß findet sich ebenfalls eine Dudelsack-Variation auf dem Album, allerdings nicht im Film.

Und schließlich hätten wir noch The Dwarf Lords. Hierbei scheinen wir es mit einer weiteren leitmotivischen Idee zu tun zu haben, die Jackson oder Shore später verwarfen; ein Thema für die sieben Häuser der Zwerge und die Idee eines Bündnisses zur Rückeroberung des Erebors. Im Track An Unexpected Party taucht dieses Thema einmal kurz auf, als von einem derartigen Bündnis die Rede ist, davon abgesehen handelt es sich bei The Dwarf Lords allerdings um eine weitere Idee, die relativ sang- und klanglos verschwindet und nie wieder auftaucht. Eigentlich schade. Sollte man sich entscheiden, für die Amazon-Serie Howard Shore zu verpflichten (eher unwahrscheinlich, aber doch möglich), wären diese nicht verwendeten Themen und Ideen jedenfalls ein guter Startpunkt, da sie einerseits eindeutig in der bereits bestehenden Mittelerde-Musik verankert, andererseits aber noch nicht wirklich bekannt sind.

Siehe auch:
My Dear Frodo
A Very Respectable Hobbit
Axe or Sword?
The World Is Ahead
An Ancient Enemy
Roast Mutton
The Hill of Sorcery
Warg-Scouts
Moon Runes
The White Council
Over Hill
A Thunder Battle
Riddles in the Dark
Brass Buttons
Out of the Frying Pan
A Good Omen

Stück der Woche: A Good Omen


A Good Omen ist, zumindest theoretisch, das letzte Stück, das vor dem Abspann gespielt wird – allerdings eben nur theoretisch, denn in der Praxis wurden die entsprechenden Szenen noch einmal völlig neu vertont. Der Track beginnt mit einem choralen Intro, das rasch in den Hybriden aus dem Haus-Durins- und dem Geschichte-des-Ringes-Thema übergeht, das den Film bereits eröffnete (0:35). Bei 0:50 findet sich darüber hinaus eine Andeutung von Thorins Thema und bei 1:24 ist noch einmal das Erebor-Thema zu hören. Bei 1:50 kommt ein Solo-Sopran hinzu. Es ist nicht ganz einfach, diese Elemente genau den Geschehnissen im Film zuzuordnen. Es kann vermutet werden, dass das positive Intro und die Zwergenthemen noch in der Schlacht gegen Azog und seine Warge zu hören gewesen wären – eventuell wollte Shore davon absehen, das Rückforderung-der-Natur-Thema in seiner vollen Ausprägung einzusetzen und es lediglich bei der Andeutung belassen – besagtes Intro hätte dann den Auftritt der Adler untermalt.

Hohe Streicher dominieren die folgende Passage, ab der Dreiminutenmarke wird der Tonfall bedächtiger, vermutlich um Thorins kritischen Zustand zu verdeutlichen. Bei 3:30 ist erstmals seit Längerem wieder Auenlandmaterial zu hören, das um Bilbos Abenteuerthema herum aufgebaut ist, ohne dass es zu einem vollständigen Statement reicht. Bei 4:12 erklingt schließlich ein weiteres Mal das Erebor-Thema, als die Kompanie den Berg in der Ferne erblickt. Direkt darauf folgt Thorins Thema – man ist insgesamt positiv gestimmt, hat die Gefahren des Nebelgebirges vorerst überwunden und das Ziel zum ersten Mal vor Augen. Gleich darauf verrät der Score allerdings, dass es sich bei Bilbos Einschätzung diesbezüglich um eine Illusion handelt. Ominöse Streicher künden ab der Fünfminutenmarke von dräuendem Unheil, und tatsächllich: Ab 5:30 ist Smaugs Thema zu hören, zum ersten Mal seit Beginn des Films, um dem Hörer klar zu machen, wer noch über den Einsamen Berg herrscht.

Kaum etwas von diesem Track ist, wie bereits erwähnt, im Film zu hören. Für den Flug zum Carrock schrieb Shore gar ein neues chorales Adler-Motiv, das in „The Battle of the Five Armies“ Seite an Seite mit dem Rückforderung-der-Natur-Thema die Ankunft der Adler in der Schlacht der fünf Heere untermalt. Abermals findet sich die Filmversion unter dem Titel Flight to the Carrock auf Youtube, das Adler-Motiv ist bei 0:26 zu hören. Weitaus irritierender als dieses neue, durchaus gelungene Thema ist jedoch ein LotR-Thema, das ähnlich wie das Nazgûl-Thema hier in völlig fremdem Kontext verwendet wird. Als Thorin Bilbo voller Dankbarkeit umarmt, erklingt eine Melodie, die Doug Adams in „The Music of the Lord of the Rings Films“ als „Gondor Reborn“ klassifizierte (2:35). Dieses Leitmotiv entwickelte sich in „The Return of the King“ aus dem Minas-Tirith-Thema und sollte aus diesem Grund nicht einfach so zweckentfremdet werden. Vermutlich war Jackson kurz vor Schluss noch auf der Suche nach etwas Emotionalem und griff, wie so häufig, auf Bewährtes zurück, ohne die narratives Komponente zu beachten. Eine nicht minder bekannte Variation des Auenland-Themas erklingt nur kurz darauf (2:52). Und während sich die Zwergenthemen dann wieder im Film finden, wurde der Einsatz von Smaugs Thema, der das sich öffnende Auge des Drachen untermalen sollte, zugunsten dramatischer Stille entfernt.

Siehe auch:
My Dear Frodo
A Very Respectable Hobbit
Axe or Sword?
The World Is Ahead
An Ancient Enemy
Roast Mutton
The Hill of Sorcery
Warg-Scouts
Moon Runes
The White Council
Over Hill
A Thunder Battle
Riddles in the Dark
Brass Buttons
Out of the Frying Pan