Mitte der 70er endete die Dracula-Serie der Hammer-Studios auf ziemlich unrühmliche Art und Weise, Christopher Lee hatte bereits nach „The Satanic Rites of Dracula“ keinerlei Lust mehr, auch nur an eine Rückkehr zu denken und nicht einmal Peter Cushing als Van Helsing gelang es noch, das „fatale Finale“ dieser Filmreihe, „The Seven Golden Vampires“, groß aufzuwerten. Während Hammer sich also vom Grafen abwandte, versuchten andere Studios es mit einer Neuinterpretation. Dass Universal Films dazugehört, dürfte kaum verwunderlich sein, schließlich geht die erste offizielle Dracula-Adaption auf das Konto dieses Studios. John Badhams „Dracula“, der 1979 in den Kinos startete, ist in mehr als einer Hinsicht sowohl eine (ob bewusst oder unbewusst sei einmal dahingestellt) Abkehr vom Hammer-Stil und stellt zudem eine Rückbesinnung auf den Klassiker aus Universals Anfängen da. Das zeigt sich bereits daran, dass das Theaterstück von Hamilton Deane und John L. Balderston, wie schon bei Bela Lugosis Leinwanddebüt als Dracula, abermals statt Stokers Roman als Vorlage fungiert. Zudem trat Dracula-Darsteller Frank Langella, wie Lugosi, bereits zuvor als Graf auf der Bühne auf, bevor er die Rolle auch im Film übernahm.
Zumindest in einer Hinsicht folgen Badham und sein Drehbuchautor W. D. Richter dem ursprünglichen Theaterstück sogar genauer als der Film von 1931: Wie im Stück fehlt auch in diesem Film jegliche Szene, die auf Draculas Schloss in Transsylvanien spielt, weder Jonathan Harker (Trevor Eve) noch Renfield (Tony Haygarth), der hier statt R. M. den Vornamen Milo trägt, interagieren dort mit dem Grafen. Stattdessen beginnt der Film mit Draculas Ankunft in Whitby, natürlich stilecht per Schoner. Inhaltlich folgt der Film der Romanhandlung in groben Zügen, die beiden weiblichen Protagonisten werden eine nach der anderen zu Opfern Draculas, die erste stirbt und muss vom Vampirismus „erlöst“ werden. Der Rest des Films besteht aus der Verfolgung Draculas durch die Angehörigen. Dabei finden sich zwar immer wieder Szenen und auch erstaunlich viele Zitate, die direkt aus dem Roman stammen, oft aber anders kontextualisiert sind. Wie bei Stoker gibt es beispielsweise eine Verfolgungsjagd, während der sich Dracula in einer seiner Kisten befindet, diese passiert aber nicht in Sichtweite des Schlosses und statt mit Pferden sind die Vampirjäger dieses Mal mit dem Auto zugange. Der (zumindest vermeintlich) endgültige Todesstoß wird Dracula dieses Mal auf einem Schiff verpasst. Hier entscheiden sich Badham und Richter für einen recht spektakulären Abgang: Zuerst wird Dracula mit einem Haken aufgespießt und dann regelrecht gehisst, damit die Sonne den Rest erledigen kann. Statt des nicht auftauchenden Quincey Morris ist es dieses Mal Van Helsing, der sein Leben gibt.
All diese Ereignisse, egal ob vorlagengetreu oder nicht, finden mit stark reduzierter Besetzung statt. Nach bester Tradition werden erst einmal die Namen und Beziehungen der Figuren zueinander kräftig durchgemischt. Wie schon im Film von 1931 ist John Seward (Donald Pleasance) nicht nur deutlich älter als Jonathan, Lucy und Co., sondern der Vater einer der beiden weiblichen Hauptfiguren. Ab diesem Punkt wird es etwas komplizierter, da Badham und Richter Mina (Jan Francis) und Lucy (Kate Nelligan) bzw. ihre Rollen in der Geschichte getauscht haben: Hier ist es Mina, die als erste zu Draculas Opfer wird, stirbt und schließlich als Vampirin zurückkehrt, während Lucy als zweites Opfer und Motivation der männlichen Vampirjäger fungiert. Lucy ist zudem Sewards Tochter und mit Jonathan Harker liiert (so wie es Mina im Lugosi-Film war), während Mina zu allem Überfluss auch noch Van Helsings (Laurence Olivier) Tochter ist. Quincey Morris und Arthur Holmwood fehlen wie so oft komplett.
Der Unterschied zu Hammer zeigt sich vor allem in der Inszenierung der Geschichte und der Konzeption des Grafen. Auch in diesem Kontext ist die Rückbesinnung auf 1931 deutlich spürbar. Während Stokers Graf (meistens) monströs, böse und wenig ansprechend ist, legte Lugosi die Grundlage für den verführerischen, einnehmenden Dracula. Der von Christopher Lee dargestellte Vampirfürst ist, trotz des Umstandes, dass Lee alles andere als unattraktiv ist, eher an die Romanversion angelehnt – man erinnere sich nur an „Dracula: Prince of Darkness“, in welchem der Graf keinerlei Dialog hat. Frank Langella dagegen knüpft nicht nur an Lugosis Darstellung an, sondern fungiert als einer der attraktivsten und romantischsten Draculas – allein optisch wirkt er mit Cape und offenem Hemd, als stamme er direkt vom Cover eines klischeebehafteten romantischen Romans. Dementsprechend wenig bedrohlich kommt dieser Vampirgraf daher, seine düster-brütende Fassade kann als Vorgriff auf viele Vampire der 90er und 2000er gewertet werden. Sowohl Mina als auch (vor allem) Lucy geben sich dem Grafen zudem mehr oder weniger freiwillig hin, was den Eindruck des verführerischen Grafen noch unterstreicht. Hin und wieder darf Langella dann doch Zähne zeigen, angesichts der massiven Konkurrenz auf diesem Feld ist er allerdings weit davon entfernt, mein Lieblings-Dracula zu sein. Die hochkarätige Besetzung dieses Films soll dennoch nicht unerwähnt bleiben, schauspielerisch liefert der junge Frank Langella durchaus eine gute Performance ab, und auch Donald „Blofeld“ Pleasance und Shakespeare-Legende Laurence Olivier verleihen dem Film zusätzliche Gravitas.
Sehr interessant ist die Umsetzung des einzigen anderen Vampirs in diesem Film. Draculas Bräute wurden, zusammen mit seinem Schloss in Transsylvanien, komplett gestrichen, das heißt, dass Mina, die den Platz von Lucy im Roman einnimmt, neben der Titelfigur die einzige Untote ist. Angesichts der Wandlung Van Helsings zu ihrem Vater sowie Jack Sewards zu einer väterlichen Figur präsentiert sich Vampir-Mina, anders als Roman-Lucy, nicht als sündige Verführerin, sondern als unschuldiges, verspieltes Kind, sodass der Tötungsakt für Van Helsing noch einmal deutlich schwieriger wird. Diese Entscheidung, zusammen mit dem wirklich sehr guten Make-up, haben einen durchaus angenehm verstörenden Effekt und sind nicht nur einer der emotionalen Höhepunkte des Films, sondern auch eine äußerst effektive Neuinterpretation besagter Szene aus der Vorlage.
Besonders faszinierend ist die atmosphärische Rückbesinnung auf Universal. Während Hammer nicht nur keine Hemmungen hatte, Einflüsse anderer Genres miteinzuarbeiten, sondern oft farblich verhältnismäßig grelle Filme inszenierte und vor allem Wert auf das typische, hellrote Hammer-Blut legte, ist Badhams Film zwar nicht schwarzweiß, aber angesichts des Entsättigungsgrades ziemlich nahe dran. Tatsächlich gelingt die behutsame Modernisierung der klassischen Universal-Atmosphäre erstaunlich gut. Definitiv einen großen Anteil daran hat der Score, der von keinem Geringeren als John Williams persönlich stammt – bei Badhams Film handelt es sich um einen der wenigen Ausflüge des Maestros ins Horror-Genre. Sein opulentes, fast schon opernhaft anmutendes Hauptthema für die Titelfigur hilft noch einmal, diesen Film stärker von den musikalisch eher simplen Hammer-Filmen abzuheben.
Fazit: Sehr atmosphärische Neuauflage des Klassikers mit einer besonders romantischen Interpretation der Titelfigur, die aber wie üblich die Figuren und ihre Beziehungen wild durcheinanderwirft und die Handlung eher grob abarbeitet.
Story: Im London des Jahres 1974 treibt ein mysteriöser Kult sein Unwesen, der im Rahmen satanischer Rituale bestialisch Menschen ermordet. Der ermittelnde Scotland-Yard-Inspektor Murray (Michael Coles) zieht den okkulten Experten Lorrimer Van Helsing (Peter Cushing) zu Rate – beiden hatten zwei Jahre zuvor bereits mit ähnlichen Vorfällen zu tun. Und tatsächlich, wie könnte es anders sein, ist Dracula (Christopher Lee) zurückgekehrt und gibt sich als reicher Firmenchef D. D. Denham aus. Seine wahren Absichten sind allerdings weit finsterer, als sich sowohl seine Gegner als auch seine reichen Anhänger ausmalen können, denn dieses Mal plant der Graf das Ende der Welt. Zu diesem Zweck möchte er eine mörderische Seuche entfesseln…
Kritik: „The Satanic Rites of Dracula” ist der letzte Film, in dem Lee für die Hammer Studios den Grafen mimt, allerdings nicht der letzte, in dem das britische Studio Dracula auftreten lässt. Ursprünglicher Arbeitstitel des 1974 erschienen Films war „Dracula is Dead … and Well and Living in London“, gegen den Lee jedoch vehement protestierte. Ohnehin nahm er an diesem Projekt nur noch unter großem Widerwillen teil und distanzierte sich im Nachgang endgültig von dem Vampirgrafen, den er so häufig gespielt hatte. Alan Gibson führte, wie schon beim Vorgänger Regie und auch Drehbuchautor Don Houghton war nach wie vor mit von der Partie.
Diesem Umstand dürfte es wohl geschuldet sein, dass „The Satanic Rites of Dracula” inhaltlich ziemlich direkt an “Dracula A.D. 1972” anknüpft, neben Lees Dracula und Cushings Van Helsing kehrt auch Michael Coles als Inspektor Murray zurück, auf die Ereignisse des Vorgängers wird mehrfach angespielt und Van Helsings Enkelin Jessica ist ebenfalls wieder mit von der Partie, um vor blutgierigen Vampiren gerettet zu werden. Gespielt wird sie dieses Mal jedoch von Joanna Lumley statt von Stephanie Beacham. Stilistisch und inszenatorisch finden sich jedoch große Unterschiede, sowohl zum direkten Vorgänger als auch zu den restlichen Hammer-Filmen. War „Dracula A.D. 1972“ ein relativ typischer Hammer-Film mit aggressiver 70er-Amtosphäre, so ist „The Satanic Rites of Dracula“ über weite Strecken inszeniert wie ein Thriller (allerdings kein besonders atemberaubender) und borgt sich zudem Elemente von Bond-Filmen aus. Tatsächlich agiert Dracula hier weniger wie das animalische Raubtier, als das ihn Hammer sonst oft darstellte, sondern eher wie ein 007-Schurke. Das führt zu einigen interessanten Situationen, so darf sich der Graf gegenüber Van Helsing beispielsweise erstmals als Mensch ausgeben – interessanterweise scheint Lee dabei Bela Lugosis Akzent zu imitieren.
Zudem verleihen Gibson und Houghton dem Grafen eine Motivation, die über die Gier nach Blut hinausgeht, hier hat Dracula einen Todeswunsch, möchte aber gewissermaßen die gesamte Welt mitnehmen, eben indem er eine Seuche entfesselt. Dieser Masterplan gehört zu den primären Elementen, die sofort an Ernst Stavro Blofeld denken lassen. Draculas reiche Unterlinge glauben fälschlicherweise, er wolle die Welt mit einer Seuche erpressen, was genau Blofelds Plan in „On Her Majesty’s Secret Service“ entspricht. Zugleich passt dieses Handlungselement nicht so recht zu dem Kult und den satanischen Elementen – Lee hatte gegen beides Einwände, da ihm diese Deutung der Figur wieder einmal viel zu weit von Stokers Roman entfernt war. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass hier zumindest interessante Ansätze vorhanden sind und man versuchte, der Filmreihe einen innovativen neuen Spin zu verleihen. Leider lässt die Umsetzung ein weiteres Mal zu wünschen übrig. Obwohl „The Satanic Rites of Dracula“ abermals in den 70er spielt, distanzierte man sich doch von der 70er-Stimmung und den Hippie-Elementen. Das Problem dabei ist, dass der Film über weite Strecken recht öde daherkommt. Und wenn das einmal nicht der Fall ist, kehren Gibson und Houghton dann leider doch wieder zu diversen Albernheiten zurück. Dieses Mal sterben Draculas vampirische Handlanger beispielsweise durch einen Deckensprinkler – nach der Dusche im vorherigen Teil der Serie ist das wohl der nächste logische Schritt. Der Graf selbst wird durch einen Weißdornbusch besiegt – eine weitere Vampirschwäche. Dracula verfängt sich in besagtem Busch, sodass Van Helsing ihn gemütlich pfählen kann.
Alles in allem erweist sich dieses versuchte Neuausrichtung der Filmreihe, die ihr wahrscheinlich den finalen Todesstoß versetzte, als nicht besonders gelungen. Gerade, wenn man auf die gotische Atmosphäre der Hammer-Filme steht, ist „The Satanic Rites of Dracula“ eine Enttäuschung auf ganzer Linie, da er, wie erwähnt, aussieht und sich anfühlt wie ein (ziemlich günstig produzierter) Thriller. Vielleicht braucht ein Hammer-Film einfach das viktorianische Ambiente… Der einzige Grund, sich „The Satanic Rites of Dracula“ anzusehen, ist die finale Interaktion von Cushings Van Helsing und Lees Dracula – Letzterer lässt es sich auch dieses Mal nicht nehmen, noch Stoker-Zitat einzufügen. Die beiden Horror-Ikonen sind nach wie vor über jeden Zweifel erhaben, sobald sie jedoch nicht Teil der Szene sind, fällt es dem Film schwer, die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten.
Fazit: „The Satanic Rites of Dracula” versucht sich an einer inhaltlichen und atmosphärischen Neuausrichten der Filmreihe, scheitert aber auf so ziemlich ganzer Linie, selbst der unterhaltsame Trash-Faktor des Vorgängers fehlt. Nur Komplettisten und Fans von Cushing und Lee geeignet.
Story: 1872 stirbt Dracula (Christopher Lee) im Kampf gegen Lawrence Van Helsing, hinterlässt jedoch ein paar Überreste. Genau 100 Jahre später macht sich Johnny Alucard (Christopher Neame) daran, den Vampirgrafen mithilfe dieser Überreste in einer satanischen Messe wiederzuerwecken. Doch auch im London des Jahres 1972 hat Dracula einen Feind: Lorrimer Van Helsing, Nachfahre desjenigen, der Dracula bereits den temporären Tod brachte. Da verwundert es kaum, dass Dracula sich an den Van Helsings rächen möchte und deshalb Lorrimers Enkelin Jessica (Stephanie Beacham) zu seinem nächsten Ziel macht…
Kritik: Kontinuität war noch nie die größte Stärke der Hammer-Dracula-Reihe, aber bislang gab es in jedem der Filme zumindest eine Verknüpfung zum Vorgänger – zumeist wurde Draculas Tod im vorherigen Film direkt aufgegriffen. Obwohl in „Dracula A.D. 1972“ (der grandiose deutsche Titel lautet „Dracula jagt Minimädchen“) abermals Christopher Lee und Peter Cushing in ihre ikonischen Rollen schlüpfen, handelt es sich doch, zumindest inhaltlich, um einen vollständigen Reboot, der bezüglich der Ereignisse und Chronologie nicht zu den bisherigen Filmen passt. Hammers „Dracula“ spielt im Jahr 1885, während der Graf in „Dracula A.D. 1972“ bereits 1872 „stirbt“ und 100 Jahre lang tot ist.
Nachdem „Scars of Dracula“ weder bezüglich Kritik noch Box Office zu überzeugen wusste, kam man bei Hammer zu dem Schluss, die Filmreihe zu revitalisieren. Ursprünglich war ein deutlich aufwändigeres Projekt geplant, in welchem Dracula auf die indische Todesgöttin Kali treffen sollte, man entschied sich dann für eine preiswertere Alternative und beschloss, inspiriert von dem 1970 erschienen Film „Count Yorga, Vampire“, den Vampirgrafen auf das gegenwärtige London loszulassen. Ähnlich wie in „Taste the Blood of Dracula“ wird der Blutsauger durch ein satanisches Ritual wieder zum Leben erweckt, anders als im Vorgänger sind es dieses Mal allerdings nicht viktorianische Gentlemen, sondern Hippie-Satanisten.
Highlight des Films ist ohne jeden Zweifel die Wiedervereinigung Christopher Lees als Dracula und Peter Cushings als Van Helsing, deren Zusammenspiel so grandios ist wie eh und je. Abseits davon hat „Dracula A.D. 1972“ allerdings nicht allzu viel zu bieten. Dracula in der Moderne wurde immer wieder versucht und erwies sich zumeist als Konzept, das nicht allzu gut funktioniert, sei es in „Wes Craven’s Dracula“ oder der dritten Folge der Netflix/BBC-Serie-Adaption des Romans, und in Hammers siebtem Dracula-Film ist es kaum anders. Die aggressive 70er-Ästehtik, die nicht zuletzt durch den bizarren Soundtrack von Mike Vickers vermittelt wird, ist zwar auf schräge Weise sehr amüsant, sorgt aber dafür, dass selten Atmosphäre, geschweige denn Horror aufkommt. Zudem bietet „Dracula A.D. 1972“ abseits des Settings kaum etwas Neues; Regisseur Alan Gibson und Drehbuchautor Don Houghton bemühen dieselben alten Hammer-Klischees, die bereits in den vorherigen Filmen zum Einsatz kamen, zusätzlich zu einigen wirklich dämlichen Ideen. So begeht der zum Vampir gewordene Johnny Alucard unfreiwilligen Selbstmord, weil er aus versehen die Dusche anstellt und das fließende Wasser ihn tötet, was ihn zum jämmerlichsten Sklaven Draculas macht. Immerhin inspirierte „Dracula A.D. 1972“ einige kreative Köpfe, Tim Burton hebt seine Liebe zu diesem Film immer wieder hervor und in seinem „Dark Shadows“ von 2012 ist der Einfluss dieses Hammer-Films deutlich spürbar. Zudem griff Kim Newman in seiner passend betitelten „Anno Dracula“-Fortsetzung „Johnny Alucard“ einige Elemente auf.
Fazit: Es gibt nur zwei Gründe, „Dracula A.D.1972“ anzusehen: Die Wiedervereinigung von Lee und Cushing in ihren ikonischen Rollen als Dracula und Van Helsing und der absurd-bizarre 70er-Charme des Films. Davon abgesehen bietet Hammers siebter Dracula-Film wenig Interessantes und noch weniger Neues.
Halloween 2022 Story: Die Bevölkerung hat endlich genug von Draculas (Christopher Lee) Terror und macht sich daran, das Schloss des Grafen niederzubrennen, ohne allerdings den Schlossherrn tatsächlich dabei zu verletzen. Und die Quittung folgt bald: Eine mörderische Riesenfledermaus tötet die weibliche Einwohner des Dorfes. Bald darauf taucht Paul Carlson (Christopher Matthews) beim Schloss des Vampirs auf, auf der Flucht vor dem Gesetz, da er die Tochter eines Bürgermeisters verführte. Dracula selbst und seine Gespielin Tania (Anouska Hempel) empfangen Paul – mit Letzterer beginnt er ein Techtelmechtel, das natürlich blutig endet. Schließlich tauchen auch Pauls Bruder Simon (Dennis Waterman) und seine Verlobte Sarah Framsen (Jenny Hanley) auf, um nach Paul zu suchen. Doch auch sie geraten in Draculas Fänge und müssen sich mit dem Vampirgrafen und seinem Diener Klove (Patrick Troughton) auseinandersetzen…
Kritik: Ein weiteres Mal kehrt Christopher Lee als Graf zurück – im Jahr 1970 bereits zum zweiten Mal für Hammer und zum vierten Mal insgesamt. Hammers sechster Dracula-Film ist der bislang konfuseste und uninspirierteste – das beginnt bereits bei der merkwürdigen Eröffnungsszene, die sich nicht entscheiden kann, ob sie an „Taste the Blood of Dracula“ anschließt oder nicht. Einerseits befindet sich Dracula im selben Zustand wie am Ende dieses Films: rote Asche. Andererseits sollte diese Asche in einer Kirche in London, nicht auf seinem Schloss in Transsylvanien sein. Auch die Wiedererweckung des Vampirs in diesem Film lässt zu wünschen übrig. Wo es bisher zumindest elaborierte satanische Rituale gab, kotzt dieses Mal eine äußerst künstlich anmutende Fledermaus Blut auf die Asche und schon weilt Dracula wieder unter den Untoten. Immerhin spielt besagte Fledermaus im Verlauf des Films noch eine äußerst essentielle Rolle, tötet mehr Menschen als Dracula und erweist sich als fähigster Häscher des Grafen.
Auch sonst ist die Handlung äußerst konfus und bietet selbst nach den Maßstäben dieser Filmserie kaum neue Impulse. Wo „Taste the Blood of Dracula“ sich immerhin um die eine oder andere Innovation bezüglich der Handlungskonzeption bemühte, greift „Scars of Dracula“ auf die üblichen Elemente zurück: Dorf und Schloss in Transsylvanien, arglose Reisende, die in die Fänge des Grafen geraten etc. Die Handlung mäandert so vor sich hin, alles fühlt sich entweder schon einmal dagewesen oder belanglos an. Selbst Draculas erneuter Tod am Ende des Films resultiert nicht aus der Aktion einer der Figuren, sondern weil er aus heiterem Himmel vom Blitz getroffen wird und daraufhin verbrennt. Anstatt mit einer auch nur halbwegs interessanten Story aufzuwarten, versuchen Drehbuchautor Anthony Hinds und Regisseur Roy Ward Baker mit vermehrtem Gore-Einsatz über die Myriade an Schwächen dieses Films hinwegzutäuschen. Selbst das Produktionsdesign bleibt hinter den bisherigen Filmen der Reihe zurück, da Hammer auf die Hilfe von Warner Bros. beim amerikanischen Vertrieb verzichten und deshalb Kosten sparen musste.
Es ist schon fast müßig zu erwähnen, aber Lee ist darstellerisch ein weiteres Mal über jeden Zweifel erhaben, obwohl er hier noch weniger Ambitionen hatte, ein weiteres Mal in seine Paraderolle zu schlüpfen – und man ihm vielleicht doch ein wenig zu viel Make-up verpasste. Ansonsten sticht vor allem Patrick Troughton als Klove heraus – nicht zu verwechseln mit dem Diener Draculas aus „Dracula: Prince of Darkness“, der zwar denselben Namen trägt, aber anders konzipiert ist und zudem von Philip Latham gespielt wird. Die restlichen Darsteller bleiben blass und unmarkant, wobei noch zu erwähnen ist, dass sowohl Jenny Hanley als auch Anouska Hempel im James-Bond-Film „On Her Majesty’s Secret Service“ zu Blodfelds Todesengeln gehören.
In gewissem Sinne nähert sich „Scars of Dracula“ wieder stärker Stokers Roman an, allerdings primär deshalb, weil sich der Film in großem Ausmaß auf die Genre-Klischees verlässt. So erinnert Klove, obwohl er keine Insekten isst, an Renfield, inklusive der Abwendung von seinem Meister. Zudem erlebt Simon Carlson im letzten Drittel des Films eine „Jonathan-Harker-Episode“ aus dem Roman, die bislang in keinem der Hammer-Filme auftauchte: Er klettert im Schloss des Grafen aus einem Fenster, gelangt schließlich zum Ruheort Draculas und versucht den schlafenden Vampir anzugreifen, wird aber von ihm hypnotisiert, sodass die Attacke nicht gelingt. Das alles spielt sich nicht genau wie bei Stoker ab, ist doch aber nahe genug dran, um als Hommage gelten zu können. Zudem klettert Dracula kurz darauf an der Wand seines Schlosses hinauf. Es ist gut möglich, dass der Stoker-Fan Lee insistierte, diese Szenen im Film unterzubringenn – wann immer er das Gefühl hatte, die Filme entwickelten sich in eine zu absurde Richtung, versuchte er gegenzusteuern, indem er beispielsweise eine Dialogzeile, die ihm nicht passte, durch ein Zitat aus Stokers Roman ersetzte.
Fazit: „Scars of Dracula“ ist ohne Zweifel ein Tiefpunkt der Dracula-Reihe von Hammer, selbst Christopher Lee kann die konfuse, mäandernde und völlig unkreative Handlung nicht mehr ausgleichen.
Story: William Hargood (Geoffrey Keen), Samuel Paxton (Peter Sallis) and Jonathon Secker (John Carson) geben sich als aufrechte, moralische Mitglieder der Gesellschaft, suchen in Wahrheit aber nach immer größeren Versuchungen. Das, was ihnen die Londoner Bordelle anbieten, reicht schon bald nicht mehr aus. Da kommt der mysteriöse Lord Courtley (Ralph Bates) gerade recht, denn er verspricht nie geahnte Verderbnis. Zu viert bereiten sie ein spezielles, satanisch anmutendes Ritual vor, zu dessen Bestandteilen unter anderem auch das getrocknete Blut Draculas sowie der Umhang des Vampirgrafen gehört. Das Ritual scheint jedoch schiefzugehen und endet im Tod Lord Courtleys. Unbemerkt von den drei Gentlemen verwandelt sich Courtleys Leichnam allerdings bald in Dracula (Christopher Lee) – und diesen dürstet es nach Rache für den Tod seines Dieners…
Kritik: „Taste the Blood of Dracula” markiert Christopher Lees vierten Auftritt als Vampirgraf in einem Hammer-Film, gleichzeitig erschienen im Jahr 1970 ironischerweise noch drei weitere Filme, in denen Lee seine ikonische Rolle mimte: Jess Francos verhältnismäßig werkgetreue, aber recht günstige Adaption des Romans, Jerry Lewis‘ „One More Time“, in welchem er einen kleinen Cameo-Auftritt absolvierte, und „Scars of Dracula“, ein weiterer Hammer-Film, der nur wenige Monate nach „Taste the Blood of Dracula“ ins Kino kam.
Abermals hätte Lee seine Paraderolle fast nicht noch einmal gespielt, dieses Mal allerdings aufgrund höherer Gageforderungen, die Hammer nicht erfüllen wollte. Stattdessen planet man, Ralph Bates zum neuen Dracula zu machen, in der ursprünglichen, von Anthony Hinds verfassten Version des Drehbuchs sollte Dracula einfach nur Lord Courtleys Körper in Besitz nehmen, sodass Bates in diesem und potentiellen weiteren Filme den Grafen verkörpern konnte. Hammer hatte die Rechnung allerdings ohne den amerikanischen Vertrieb gemacht, für den ein Dracula-Film ohne Lee kein Dracula-Film war, was schließlich zu seiner Rückkehr als Graf und einigen hastigen Drehbuchänderungen führte. Als Regisseur wurde Freddie Francis von Peter Sasdy abgelöst.
Dabei beginnt „Taste the Blood of Dracula” äußerst vielversprechend, weil sich der Film deutlich anders anfühlt als seine Vorgänger. Nach einem kurzen Prolog, in welchem der englische Geschäftsmann Weller (Roy Kinnear) Draculas Tod aus „Dracula Has Risen from the Grave“ (zumindest mehr oder weniger) beobachtet und anschließend getrocknetes Blut und Umhang einsammelt, wechseln wir zu den drei Gentlemen, die für eine interessante Handlungskonstellation sorgen. Ralph Bates macht zudem eine durchaus gute Figur als zwielichtiger Lord Courtley. Die Handlung des Films fällt allerdings auseinander, sobald die Drehbuchänderungen, um Lee im Film unterzubringen, allzu deutlich werden. Ab diesem Zeitpunkt will die Handlung einfach keinen rechten Sinn ergeben. Während ein Courtley-Dracula, der an den Gentlemen Rache nimmt oder sich ihrer entledigt, weil sie zu viel wissen, vielleicht noch nachvollziehbar gewesen wäre, hat Lees Version der Figur doch eigentlich keinen Bezug zu ihnen. Vor allem ist es auch das einzige Mal, dass ihm etwas an seinen Werkzeugen liegt.
Dabei gibt es durchaus auch in der zweiten Hälfte des Films interessante Ansätze. Dracula wurde immer als Bedrohung des gesitteten Status Quo inszeniert, in „Taste the Blood of Dracula“ ist besagter Status Quo aber in letzter Konsequenz nicht positiv konnotiert, wie es in den bisherigen Hammer-Filmen der Fall war. Stattdessen sind seine Vertreter massive Heuchler, die zwar die Fassade moralischen Bürgertums aufrechterhalten, in Wahrheit aber völlig verkommene Subjekte sind. Dieses Mal ist es Dracula, der William Hargoods Tochter Alice (Linda Hayden) vor dem mörderischen Vater rettet und nicht etwa umgekehrt. Dracula wird zum Katalysator jugendlicher Rebellion, sowohl Alice als auch Samuel Paxtons Tochter Lucy (Isla Blair) begehren unter seiner Ägide gegen ihre Väter auf. Dieser Ansatz wird aber kaum weiterverfolgt, nicht zuletzt, weil unklar bleibt, inwiefern die beiden tatsächlich unter Draculas Kontrolle stehen. Zudem scheint Lucy irgendwann zur Vampirin zu werden, nur um am Ende doch als Mensch zu sterben. Alice hingegen wird am Ende von Dracula mehr oder weniger verstoßen, weil sie ihm nicht mehr nützlich ist, was ebenfalls seltsam erscheint. Warum saugt er sie nicht einfach aus? An diesem und ähnlichen Elementen merkt man das kurzfristig abgeänderte Drehbuch überdeutlich.
Tatsächliche Inhalte aus Stokers Roman finden sich, wie nicht anders zu erwarten, kaum mehr in diesem Film, allerdings gibt es einige amüsante (und wahrscheinlich unbeabsichtigte) Parallelen. Zum ersten Mal in der Filmreihe betritt der Graf englischen Boden und treibt in London sein Unwesen, auch wenn er dazu erst zu Pulver werden musste, da sich eine aufwändige Schiffsszene, wie sie im Roman auftaucht, für Hammer stets als zu teuer und aufwendig erwies. Zudem bekommt Dracula es abermals mit einer aus drei Männern bestehenden Gruppe zu tun und zu seinen Opfern gehört zu allem Überfluss ein Mädchen namens Lucy.
Darstellerisch ist „Taste the Blood of Dracula“ stärker als der Vorgänger: Lee macht natürlich auch weiterhin eine gute Figur in seiner Paraderolle und auch Ralph Bates, Peter Sallis, John Carson und Geoffrey Keen funktionieren sehr gut – vor allem Letzterer ist herrlich widerwärtig. Gerade angesichts der interessanten Ausgangslage hätte man sich durchaus mehr von ihnen gewünscht – da wäre einiges an Potential vorhanden gewesen. Stattdessen begnügt sich „Taste the Blood of Dracula“ damit, wieder die inzwischen ziemlich ausgeschöpften Hammer-Klischees breitzutreten: Ein weiteres Mal wird Dracula durch heilige Symbole in seine Schranken gewiesen.
Fazit: „Taste the Blood of Dracula” bietet die eine oder andere interessante Neuerung und schafft es, eine interessante Ausgangsposition für die Handlung zu schaffen, nur um in der zweiten Hälfte aufgrund kurzfristiger Drehbuchänderungen wieder in die alten Klischees zu verfallen.
Christopher Lee ist der Schauspieler, der Dracula mit Abstand am häufigsten spielte – und das nicht nur in Hammer-Filmen. In Lees Filmographie finden sich auch Gastauftritte als Stokers Graf, die französische Parodie „Dracula père et fils“ (deutscher Titel: „Die Herren Dracula“) und die deutsch-spanisch-italienische (aber in englischer Sprache gedrehte) Co-Produktion „Nachts, wenn Dracula erwacht“ (bzw. „Il Conte Dracula“ bzw. „Count Dracula“). Bei diesem, vom spanischen Skandal-Regisseur Jess Franco gedrehten Film handelt es sich, anders als bei den anderen Beispielen, um eine tatsächliche Adaption von Stokers Roman, die lange Zeit als die vorlagengetreueste galt. Dieses Urteil ist angesichts der massiven Abweichungen der anderen filmischen Adaptionen allerdings mit Vorsicht zu genießen, war in letzter Konsequenz allerdings das Argument, das Lee davon überzeugte, an Francos Film mitzuwirken. Lee bedauerte es immer, dass er in den Hammer-Filmen nie den Dracula spielen durfte, den Stoker in seinem Roman beschrieb. Und tatsächlich: Visuell war Lee nie näher am Romangegenstück. Nicht nur verfügt er hier über den Schnurrbart, den Stoker als markantes Merkmal hervorhebt, er beginnt als weißhaariger alter Mann und wird im Verlauf des Films jünger und dunkelhaariger – ein Detail, das nur wenige Dracula-Filme tatsächlich aufgreifen.
Tatsächlich hält sich „Nachts, wenn Dracula erwacht“ zumindest im ersten Akt sehr eng an die Vorlage, Jonathan Harkers (Fred Williams) Besuch auf Draculas Schloss orientiert sich sehr eng an Stokers Text, inklusive des Auftauchens der drei Vampirinnen oder Draculas Vortrag über sein nobles Geschlecht – hier wird der Roman wirklich Wort für Wort zitiert, was auf Christopher Lee zurückzuführen ist, der darauf bestand, diesen Monolog halten zu dürfen. Man merkt in jeder seiner Szenen, wie motiviert Lee ist, seine Paraderolle endlich so zu spielen, wie Stoker sie in „Dracula“ beschreibt.
Nachdem Jonathan Harker aus Draculas Schloss entkommt, wird die Handlung des Romans allerdings stark eingedampft. Franco und die Legion an Drehbuchautoren arbeiten zwar die wichtigen Handlungspunkte ab: Lucy (Soledad Miranda) wird gebissen und zur Vampirin, Mina (Maria Rohm) wird Draculas nächstes Opfer und am Ende flieht der Graf zurück in die Heimat. Das alles geschieht allerdings in sehr abgespeckter und gehetzter Form, was auch kaum verwunderlich ist, „Nachts, wenn Dracula erwacht“ hat nämlich nur eine Laufzeit von 97 Minuten. Für das komplexe Beziehungsgeflecht des Romans ist da natürlich ebenso wenig Zeit wie für Stokers langsamen Spannungsaufbau. Whitby als Handlungsort und die Reise des Grafen auf der Demeter werden völlig eliminiert. Stattdessen taucht Jonathan Harker kurz nach seiner Flucht aus Transsylvanien bereits wieder in London (bzw. Budapest in der deutschen Version) auf, um in Professor Van Helsings (Herbert Lom) Privatklinik behandelt zu werden, in der zufällig auch ein gewisser Renfield (Klaus Kinski) als Patient zugegen ist. Mina ist nach wie vor Jonathans Verlobte und Lucys beste Freundin, beide kommen zur Klinik, um sich um Jonathan zu kümmern. Lucys Verehrer wurden angepasst oder eliminiert, Arthur Holmwood taucht nicht auf, stattdessen ist sie mit Quincey Morris (Jack Taylor) verlobt und Dr. Seward (Paul Müller) ist nur Assistent Van Helsings und hat kein romantisches Interesse an Lucy. Immerhin werden keine neuen Verwandtschaftsbeziehungen geschaffen…
Das vielleicht größte, aber mit Sicherheit nicht das einzige Problem von „Nachts, wenn Dracula erwacht“ ist das bereits erwähnte gehetzte Abarbeiten der Handlung, das gegen Ende noch stärker wird. Van Helsing erleidet aus heiterem Himmel einen Schlaganfall, die restlichen Vampirjäger jagen den Grafen, nachdem sie Lucy gepfählt haben, zurück nach Transsylvanien, töten noch eben Draculas Gespielinnen und machen dann auch schon dem Grafen selbst den Garaus – das alles geschieht innerhalb der letzten zehn bis fünfzehn Minuten.
Auch darüber hinaus ist Jess Francos Regiearbeit nicht besonders gelungen. Ich bin mit seinen sonstigen Filmen nicht vertraut, aber anscheinend scheint sich seine Vorliebe für merkwürdige Zooms auf sein gesamtes Œuvre zu erstrecken – hier jedenfalls ist sie völlig außer Kontrolle. Ständig, egal ob passend oder nicht, wird dramatisch auf die Gesichter der Darsteller gezoomt. Gerade im Vergleich zu den Filmen von Hammer fällt darüber hinaus auf, dass sehr viel an Locations gedreht wurde, die durchaus beeindruckend ausfallen. Es mutet allerdings merkwürdig an, wenn eine Stadt, die eindeutig spanisch aussieht, als London ausgegeben wird… Auch der Score von Bruno Nicolai lässt leider zu Wünschen übrig, Dracula wird durch ein merkwürdiges, auf der Mandoline gespieltes Motiv repräsentiert, das nicht nur ständig auftaucht, sondern auch nie groß variiert wird.
Was die Erzeugung von Atmosphäre, besonders gotischer Atmosphäre angeht, bleibt „Nachts, wenn Dracula erwacht“ trotz der Drehorte leider weit hinter den Hammer-Produktionen zurück und auch sonst ist der Film sehr schlecht gealtert – gerade wenn man ihn mit der überragenden Bildsprache von „The Brides of Dracula“ vergleicht, der immerhin zehn Jahr zuvor entstanden ist. Das mehr oder weniger willkürliche Einblenden ausgestopfter Tiere, die in Carfax herumstehen, hilft da auch nicht. Darstellerisch weiß nur Lee wirklich zu überzeugen. Wie bereits erwähnt: Man merkt ihm den Enthusiasmus an, endlich Dracula so spielen zu können, wie Stoker ihn schrieb. Renfield als größten Teils katatonischen, kein Wort von sich gebenden Patienten darzustellen ist vielleicht die merkwürdigste Entscheidung: Da casten Franco und Produzent Harry Alan Towers Klaus Kinski (offenbar unter Vorspiegelung falscher Tatsachen) und lassen ihn kein einziges Mal wüten.
Fazit: „Nachts, wenn Dracula erwacht“ ist nur für Komplettisten oder Lee-Fans geeignet; der erste Dracula-Film von Hammer ist zwar weniger vorlagengetreu, aber auch ein deutlich besserer Film.
Story: Ein Jahr ist vergangen, seitdem Dracula (Christopher Lee) ein weiteres Mal vernichtet wurde, doch die Schrecken, die er entfesselte, sind noch nicht vergangen, die Dorfbewohner fürchten den Grafen nach wie vor und weigern sich beispielsweise, die Messe zu besuchen, da der Schatten von Draculas Schloss die Kirche berührt. Monsignor Ernst Mueller (Rupert Davies), der gerade das Dorf besucht, will davon allerdings nichts wissen und macht sich auf den Weg zum Schloss, um es mit einem heiligen Ritual endgültig zu verschließen. Der Dorfpriester (Ewan Hooper), der seinen Glauben verloren hat, stößt derweil durch Zufall auf den im Eis eingesperrten Dracula und erweckt ihn durch seine Ungeschicklichkeit zu neuem Leben. Wütend, weil er sein Schloss nicht mehr betreten kann, sucht Dracula bereits wieder nach einem neuen Opfer und findet es in Ernst Muellers Nichte Maria (Veronica Carlson)…
Kritik: „Dracula Has Risen from the Grave“, Hammers vierter Dracula-Film, startete genau zehn Jahre nach Christopher Lee Debüt als blutsaugender Graf in den Kinos. Ab dieser Fortsetzung, der dritten, in der Lee mitwirkte, zeigte der Darsteller so vieler berühmter Schurken gewisse Hemmungen, das Cape wieder anzulegen, er fand die Drehbücher immer unorigineller und war auch mit dem Umstand, dass die Hammer-Filme kaum mehr etwas mit Stokers Roman zu tun hatten, äußerst unzufrieden. Den Verantwortlichen bei Hammer gelang es allerdings immer wieder, Lee zurückzubringen, indem sie beispielsweise argumentierten, der Film sei bereits mit Lees Namen verkauft und wenn er nicht mitspielte, würden hundert Leute ihren Job verlieren. Es ist wohl nur auf Lees bewundernswerten Anstand zurückzuführen, dass wir ihn in so vielen Dracula-Filmen bewundern können.
Ursprünglich hätte auch Terence Fisher, Regisseur der ersten drei Dracula-Filme, zurückkehren sollen, aufgrund einer Verletzung, die er sich bei einem Autounfall zuzog, konnte er jedoch nicht am Dreh teilnehmen und musste durch Freddie Francis ersetzt werden. Francis hatte in den 60ern bereits einige Hammer-Filme gedreht, darunter auch „The Evil of Frankenstein“ (1964), in welchem Peter Cushing zum dritten Mal den titelgebenden verrückten Wissenschaftler mimt. Und tatsächlich vermisst man einige Aspekte von Fishers Regiearbeit in „Dracula Has Risen from the Grave“, ich persönlich hatte den Eindruck, dass Francis in stärkerem Ausmaß auf Außenaufnahmen setzt, zugleich aber eine weniger stimmige Bildsprache verwendet, gerade im Vergleich zu „The Brides of Dracula“, dessen grandiose Atmosphäre und Sets in dieser Filmserie nach wie vor unübertroffen sind.
Die Formelhaftigkeit der Hammer-Draculas lässt sich kaum leugnen: Nachdem in „Dracula: Prince of Darkness“ noch ein elaboriertes Ritual nötig war, um den Grafen zurückzubringen, wird er dieses Mal durch Zufall in dem Eis, in dem er am Ende von besagtem Film endete, entdeckt und durch die Ungeschicklichkeit des Dorfpriesters wiedererweckt: Ein wenig Blut auf den Lippen ist alles, was nötig ist. Trotz allem agiert der Graf in diesem Film deutlich aktiver und gibt sogar wieder die eine oder andere Dialogzeile von sich, nachdem er im Vorgänger völlig stumm war. Zudem sah man sich bei Hammer genötigt, den Exploitation-Faktor zu erhöhen. Natürlich ist „Dracula Has Risen From the Grave“ nach heutigen Horror-Maßstäben immer noch verhältnismäßig zahm, beginnt aber immerhin mit einem Leichenfund, an Blut und Bissszenen wird nicht gegeizt und die Ausschnitte werden auch immer tiefer – das betrifft primär den der Kellnerin Zena (Barbara Ewing), die als Draculas erstes Opfer herhalten darf.
Der vielleicht faszinierendste Aspekt des vierten Dracula-Films ist die religiöse Komponente. Diese war freilich immer schon vorhanden, schließlich findet sich kaum ein Dracula-Film, in dem nicht irgendwelche Gegenstände zu einem Kreuz improvisiert werden, um den Grafen abzuschrecken, die eigentliche Religiosität der Figuren spielte dabei aber selten eine Rolle, sie wird meistens als gegeben betrachtet. In „Dracula Has Risen from the Grave“ hingegen findet sich mit dem von Barry Andrews gespielten Paul eine Figur, die explizit als Atheist identifiziert wird. Aus diesem Grund hat Paul Probleme, sich dem Grafen zu widersetzen – das geht tatsächlich soweit, dass eine versuchte Pfählung misslingt. Erst als der Dorfpriester, der durch die Ereignisse zum Glauben zurückfindet, ein Gebet spricht, kann Dracula ins Jenseits geschickt werden (natürlich nur, bis er im nächsten Film zurückkehrt). Hier drückt sich, trotz Blut und Brüsten, die letztendlich sehr konservative Haltung des Films aus. Ein zusätzliches Gebet war zudem in bisherigen Filmen nie nötig. Vampirfilme und andere Medien haben immer wieder mit diesem Aspekt gespielt, in Roman Polanskis „The Fearless Vampire Killers“ ist das Kreuz gegen Chagall beispielsweise nutzlos, weil dieser Jude ist. Das Element des wahren Glaubens sollte später vom Pen&Paper-Rollenspiel „Vampire: The Masquerade“ adaptiert werden, hier helfen religiöse Symbole nur, wenn tatsächlich wahrer Glaube dahintersteckt. In diesem Kontext spielt der Glaube des Vampirs oder der Wahrheitsgehalt der Religion keine Rolle, es kommt lediglich auf den Glauben dessen an, der versucht, den Vampir abzuwehren.
Abgesehen von diesen Aspekten bietet „Dracula Has Risen from the Grave“ wenig neues: Ersatz-Van-Helsing Ernst Mueller ist deutlich weniger markant als sein Gegenstück aus dem Vorgänger und auch die anderen Figuren sind in letzter Konsequenz mehr oder weniger Abziehbilder der in Stokers Roman und im ersten Hammer-Dracula etablierten Archetypen, Maria Mueller macht sogar eine ähnliche Wandlung durch wie Mina im Film von 1958 – nach dem Vampirbiss verhält sie sich deutlich lasziver. Lee ist natürlich grandios wie immer und hier deutlich präsenter, er taucht früher auf und handelt mehr wie eine Figur mit spezifischen Absichten denn eine bloße, animalische Bedrohung, wie es in „Prince of Darkness“ der Fall war. Und sein Tod ist dieses Mal deutlich spektakulärer als im Vorgänger.
Fazit: Die Formel der Hammer-Dracula-Filme wird im vierten Eintrag der Serie nur allzu deutlich, dennoch gelingt es Regisseur Freddie Francis und Drehbuchautor AnthonyHinds zumindest, den einen oder anderen interessanten Aspekt einzubringen. Eine stärkere Präsenz Christopher Lees macht „Dracula Has Risen From the Grave“ nach wie vor sehr anschaubar.
Story: Trotz der Warnung des eigenwilligen Priesters Sandor (Andrew Keir) begeben sich die vier englischen Touristen Charles (Francis Matthews), Diana (Suzan Farmer), Helen (Barbara Shelley) und Alan (Charles Tingwell), die gerade Transsylvanien bereisen, nach Karlsbad. In Sichtweite eines ominösen Schlosses werden sie von ihrem abergläubischen Kutscher im Stich gelassen, eine herrenlose Kutsche bringt sie jedoch zum Schloss, wo sie einen gedeckten Tisch vorfinden. Begrüßt werden die vier vom enigmatischen Klove (Philip Latham), der ihnen von seinem verstorbenen Herrn Graf Dracula (Christopher Lee) berichtet. Keiner der vier Engländer ahnt, dass Klove darauf aus ist, seinen vampirischen Herrn wiederzuerwecken. Dies gelingt ihm auch, indem er Alan über Draculas Asche ausbluten lässt: Der Vampirfürst erwacht zu neuem Leben und lechzt nach dem Blut der verbliebenen Engländer…
Kritik: Nachdem „The Brides of Dracula“ ohne Christopher Lee auskommen musste, sollte er schließlich für „Dracula: Prince of Darkness“ 1966 zurückkehren. Dieses Mal war es Peter Cushing, dessen Van Helsing kein Teil des Films ist – mit Ausnahme der Prologszene, versteht sich, die als Rückblick aus Hammers erstem Dracula-Film stammt und die direkte Verknüpfung dieses Sequels zum Original verdeutlichen soll. Zudem verpflichtete Hammer abermals Regisseur Terence Fisher, der mit „Prince of Darkness“ seinen dritten und letzten Dracula-Film drehte (sofern man „The Brides of Dracula“ diesbezüglich mitrechnen möchte). Auch der Score von James Bernard knüpft direkt an die Musik des Originals an und macht ausgiebigen Gebrauch von dem aus drei Noten bestehenden Dracula-Motiv.
Mehr noch als die beiden Vorgänger bemüht sich „Prince of Darkness“ um einen sehr langsamen, schleichenden Spannungsaufbau; Fisher arbeitet in großem Ausmaß mit Andeutungen, visuellen Hinweisen und unheimlichen Kamerafahrten durch das Schloss. Bis zu Draculas tatsächlichem Auftauchen vergehen gut und gerne 45 Minuten. Der Dracula, den Fisher, Lee und Drehbuchautor Jimmy Sangster (hier unter dem Pseudonym John Sansom) dem Publikum präsentieren, ist noch brutaler und animalischer als der des Erstlings. „Prince of Darkness“ ist primär als der Dracula-Film bekannt, in dem Christopher Lee kein Wort spricht, sondern nur Fauchen und Knurren von sich gibt. Lee selbst behauptete einmal, er habe das Drehbuch als so schlecht empfunden, dass er sich schlicht weigerte, die Dialogzeilen zu sprechen, während Sangster dagegenhielt, er habe nie Dialoge für den Grafen verfasst und dieser sei von Anfang an als stummes Monster konzipiert gewesen. Wie dem auch sei, Lees ehrfurchtgebietende Leinwandpräsenz ist nach wie vor über jeden Zweifel erhaben und sein Dracula funktioniert auch ohne Worte.
Da Peter Cushing sich auf die ebenfalls von Hammer produzierten Frankenstein-Filme konzentrierte, bekommt Dracula es stattdessen mit Vater Sandor zu tun, der ein wirklich mehr als brauchbarer Ersatz ist. Andrew Keir gelingt es, seiner Figur dieselbe Hingabe wie Cushings Van Helsing zu verleihen, den stürmischen und wenig zurückhaltenden Priester aber zugleich zu einem Charakter zu machen, der sich nicht wie eine billige Van-Helsing-Kopie anfühlt. Tatsächlich finde ich es schade, dass Andrew Keir die Rolle im Verlauf der Filmserie nicht noch einmal spielen durfte. Im Gegensatz dazu bleiben die vier Engländer leider verhältnismäßig blass und uninteressant.
Storytechnisch handelt es sich bei „Prince of Darkness“ zwar um eine Fortsetzung – und um das erste Mal, dass Dracula auf mehr oder weniger fragwürdige Art und Weise zurückgebracht wird – es finden sich aber erstaunlich viele Parallelen zum ersten Teil der Serie bzw. zu Stokers Roman. Tatsächlich greifen Sangster und Fisher das eine oder andere Elemente der Vorlage auf, das es nicht in den Film von 1958 geschafft hat. So erinnert Klove nicht von ungefähr an Renfield, Charles entdeckt den mit offenen Augen in seinem Sarg liegenden Dracula, Diana trinkt, genau wie Mina im Roman, Blut direkt von einer Wunde an Draculas Brust und am Ende kommt es zu einer Kutschenverfolgungsjagd. Im Finale wird zudem eine weitere klassische Vampir-Schwäche aufgegriffen: Fließendes Wasser. Ob das auf diese Art gelungen umgesetzt wurde, ist freilich diskutabel, aber ein wenig Variation beim Tod der Vampire ist durchaus begrüßenswert. Eine klassische Pfählung findet sich ebenfalls, die zur Vampirin gewordenen Helen, die getrost als Lucy-Gegenstück gesehen werden kann, ist die erste Hammer-Vampirin, die in wachem und nicht in schlafendem Zustand mit dem Holzpflock bearbeitet wird.
Was „Prince of Darkness“ hingegen leider fehlt, sind die beeindruckenden Sets und die dichte Atmosphäre, mit der „The Brides of Dracula“ überzeugen konnte. Hammer befand sich gerade auf Sparkurs, weshalb mit demselben Cast und denselben Sets gleich parallel „Rasputin: The Mad Monk“ gedreht wurde – selbstverständlich spielt Lee auch in diesem Film die Titelrolle.
Fazit: Alles in allem ist „Dracula: Prince of Darkness“ eine durchaus gelungene Fortsetzung und insgesamt sicherlich einer der besseren Hammer-Dracula-Filme. Gerade weil Christopher Lee im Film kein Wort sagt, kommt er umso bedrohlicher und raubtierhafter daher. Mit Andrew Keir als Vater Sandor wurde zudem ein passender Ersatz für Cushings Van Helsing gefunden.
Story: Die französische Lehrerin Marianne (Yvonne Monlaur) hat eine Stelle an einem Mädcheninternat in Transsylvanien bekommen, doch auf der Reise strandet sie in einem Dorf, da ihre Kutsche ohne sie abfährt. Da die Bewohner ebenso unfreundlich wie merkwürdig sind, ist Marianne froh, als ihr die enigmatische Baronin Meinster (Martita Hunt) anbietet, die Nacht auf ihrem Schloss zu verbringen. Die Baronin gibt sich dann allerdings ebenfalls reichlich seltsam. Schließlich findet Marianne heraus, dass der Sohn ihrer Gastgeberin, Baron Meinster (David Peel), in einem Teil des Schlosses angekettet ist. Aus Mitleid befreit sie den hübschen jungen Mann und entfesselt damit unwissentlich einen blutsaugenden Schrecken. Nur Van Helsing (Peter Cushing) ist in der Lage, den Baron aufzuhalten…
Kritik: Nachdem sich Hammers „Dracula“ als Erfolg erwies war klar: Da muss eine Fortsetzung her. Wie wir inzwischen wissen, hatten die Hammer Studios kein Problem damit, den Grafen ein ums andere Mal wiederzubeleben, um ihn erneut gegen Van Helsing oder andere Vampirjäger antreten zu lassen. Unter all den Dracula-Filmen des Studios ist „The Brides of Dracula“, der bereits 1960, zwei Jahre nach Lees Debüt als Vampirfürst, in die Kinos kam, der wahrscheinlich merkwürdigste, da, trotz des Titels, weder Dracula selbst, noch seine Bräute in diesem Film auftauchen. Tatsächlich gibt es so gut wie keine inhaltliche Verknüpfung zur Handlung des ersten Dracula-Films, nicht einmal wie auch immer geartete Verweise. Der Name des Grafen wird einmal eher nebenbei erwähnt. Die einzige Ausnahme ist Van Helsing, abermals gespielt von Peter Cushing, der zwar die zweite Hälfte des Films dominiert, aber eher zufällig auf die Protagonistin Marianne trifft. Immerhin, sein Vorhandensein in der Handlung ist wenigstens nicht zufällig, da er als Experte herangezogen wird.
Die ursprünglichen Drehbuchfassung mit dem Titel „Disciple of Dracula“, verfasst von Jimmy Sangster, der auch schon das Drehbuch des Films von 1958 geschrieben hatte, war in weitaus stärkerem Ausmaß als direkte Fortsetzung konzipiert. Zwar sollte Baron Meinster hier bereits als Antagonist fungieren, aber ein Gastauftritt von Dracula, evtl. als Geist, war geplant. Zudem sollte der Baron als Anhänger und somit Nachfolger des Grafen gezeigt werden. Ob Hammer tatsächlich bei Christopher Lee anfragte ist nicht bestätigt, jedenfalls wurde Sangsters Drehbuch von ihm selbst sowie Peter Bryan, Edward Percy und Anthony Hinds umgeschrieben, sodass jegliche Verweise auf Dracula verschwanden – ironischerweise wurde Van Helsing hier allerdings erst Teil der Geschichte. Hammer entschied sich zudem, aufgrund der Marketingwirkung Dracula trotz des völligen inhaltlichen Fehlens mit in den Titel zu nehmen. Bei besagten Bräuten dürfte es sich um die beiden Vampirinnen (Marie Devereux und Andrée Melly) handeln, die Baron Meinster im Film erschafft. Marianne steht auch kurz davor, zur Vampirin zu werden, mit ihr wäre die klassische Zahl erreicht, auch wenn sie natürlich Meinsters und nicht Draculas Bräute sind.
Gewisse inhaltliche Parallelen zu Hammers „Dracula“ lassen sich trotz der fehlenden Verweise nicht von der Hand weisen: Wie Jonathan Harker entdeckt auch Marianne nach langer Reise als Gast auf einem Schloss vampirische Umtriebe, um dann in der zweiten Hälfte als Protagonistin praktisch von Van Helsing abgelöst zu werden. Anders als Harker stirbt sie aber nicht, sondern wird „nur“ zum Opfer degradiert und muss am Ende des Films natürlich gerettet werden.
Die eigentlich essentielle Frage ist natürlich: Kann David Peel als Baron Meinster dem großen Christopher Lee das Wasser reichen? Die Antwort lautet natürlich „Nein“, aber im Großen und Ganzen leistet Peel keine schlechte Arbeit, er befindet sich nur in einer unvorteilhaften Situation. Der Titel und die Gegenwart Van Helsings sorgen automatisch dafür, dass Peel als „Ersatz-Dracula“ wahrgenommen wird – hätte es sich bei „The Brides of Dracula“ um einen x-beliebigen Vampirfilm gehandelt, hätte man die beiden Darsteller und ihre Figuren vielleicht gar nicht miteinander verglichen. Peel gelingt es durchaus, sowohl die charmante als auch die raubtierhafte Seite seiner Figur darzustellen. Problematisch ist hier vor allem das Drehbuch; die Hintergründe der Figur werden fast völlig im Dunkeln gehalten. Als Zuschauer erfährt man nicht, wie es zur Ausgangslage kam, wie der Baron zum Vampir wurde und in die Obhut seiner Mutter gelangte. Anhand der Hintergründe des Films kann man davon ausgehen, dass Dracula dafür verantwortlich ist bzw. in der ersten Drehbuchfassung dafür verantwortlich war, in der Story des fertigen Films klaffen nun aber einige Lücken. Das ist besonders schade, weil die Handlung durchaus Potential hat, gerade aus der Konstellation um den Baron und seine Mutter hätte man deutlich mehr machen können, besonders, wenn die Drehbuchautoren Meinster eine Motivation über frisches Blut hinaus verpasst hätten. Zumindest schauspielerisch gibt es allerdings recht wenig zu meckern: Peter Cushing ist wie üblich über jeden Zweifel erhaben, aber auch Martita Hunt als mysteriöse Baronin und Freda Jackson als unheimliche Vampirhandlangerin Greta wissen zu überzeugen.
Trotz des Fehlens von Christopher Lee gibt es zweifellos einen Aspekt, in dem „The Brides of Dracula“ dem Vorgänger eindeutig überlegen ist: Ausstattung und Sets. Wo Regisseur Terence Fisher in „Dracula“ noch mit recht beschränkten Mitteln arbeiten und mitunter dasselbe Set für mehrere Örtlichkeiten verwenden und umdekorieren musste, hatte er in „The Brides of Dracula“ dagegen weitaus mehr Möglichkeiten. Im Vergleich zu Draculas Schloss ist der Sitz der Familie Meinster geradezu üppig ausgestattet und auch das Mädcheninternat oder die Dorfszenen können sich zweifelsohne sehen lassen. Insgesamt ist „The Brides of Dracula“ vielleicht der bestaussehndste Hammer-Film.
Zum Schluss noch einige amüsante Beobachtungen: In „Dracula“ verkündete Peter Cushings Van Helsing, Vampire seien nicht in der Lage, sich in Fledermäuse zu verwandeln – etwas, das Baron Meinster hier tut, worauf Van Helsing auch hingewiesen wird. Noch dazu ist es eine äußerst große und äußerst unüberzeugende Fledermaus. Interessant ist zudem, dass sich die Infektion mit Vampirismus wohl verhindern lässt, indem man die Wunde ausbrennt – genau das tut Van Helsing im Finale. Hier zeigt Cushing wirklich sein ganzes Talent und stellt den Prozess überzeugend dar. Die Brandwunde verschwindet anschließend auf magische Weise. Besagtes Finale spielt übrigens in einer Windmühle, deren Flügel Van Helsing auf kreative Weise nutzt, um Meinster mit dem Schatten eines Kreuzes zu bezwingen. Ich persönlich werde den Verdacht nicht los, dass diese Mühle Tim Burton für eine Szene seiner Hammer-Hommage „Sleepey Hollow“ inspirierte.
Fazit: „The Brides of Dracula“ ist ein durchaus unterhaltsamer, wenn auch alles andere als innovativer Gothic-Horror-Film mit einigen Story-Lücken und -Problemen, einem großartig aufgelegten Peter Cushing und einer beeindruckenden Ausstattung. Eines ist „The Brides of Dracula“ allerdings nicht: Ein Dracula-Film.
Kommen wir endlich zu dem Schauspieler, der Dracula am häufigsten verkörperte, dem Mann, dem Mythos, der Legende: Sir Christopher Lee. Seinen ersten Auftritt als Dracula absolvierte der 1922 geborene und 2015 verstorbene Darsteller, dem durch seine Rollen als Saruman der Weiße in LotR und Count Dooku in Star Wars in den frühen 2000ern noch einmal ein ordentliches Karriererevival wiederfuhr, 1958 in der Produktion „Dracula“ (US-Titel „Horror of Dracula“) der britischen Hammer Studios. Hierauf sollten noch viele weitere Filme folgen, in denen Lee den untoten Grafen mimte, die meisten, aber nicht alle, ebenfalls von Hammer.
Präludium: Aufstieg der Hammer Studios Die von Williams Hinds 1934 gegründeten Hammer Studios, bzw. Hammer Film Productions sollten vor allem in den 60ern und 70ern ein Synonym für britischen Horror werden, die ersten Filme des Studios gehörten jedoch einer ganzen Bandbreite an Genres an, von Mystery und Krimi bis hin zur Musical-Komödie fand sich fast alles darunter. Als erster Gehversuch des Studios im Horror-Bereich kann der Film „The Quatermass Xperiment“ aus dem Jahr 1955 gesehen werden, als eigentlicher Start gilt aber „The Curse of Frankenstein“ von 1957; hier versammelte Hammer bereits einen großen Teil der Talente, die später an „Dracula“ beteiligt sein sollten, darunter Regisseur Terence Fisher, Komponist James Bernard sowie die beiden Hauptdarsteller Peter Cushing und Christopher Lee. Während Cushing den titelgebenden Wissenschaftler spielte, wurde Lee vor allem aufgrund seiner enormen Größe als Monster besetzt – schauspielerisch allzu anspruchsvoll war die Rolle nicht. Am bemerkenswertesten ist wohl der visuelle Unterschied zum von Boris Karloff dargestellten Monster der Universal-Filme, das mit seinem eckigen Schädel und den Schrauben im Hals damals wie heute eine Ikone des klassischen Horrorfilms war und ist. Mary Shelleys Roman befand sich bereits damals in der Public Domain, das Aussehen des Monsters aber natürlich nicht, weshalb man sich entschied, auf die Markenzeichen zu verzichten und stattdessen die Entstellungen noch weitaus stärker zu betonen. Wie Karloff verfügt aber auch die von Lee dargestellte Version des Monsters nicht über den Intellekt, den das Gegenstück aus Shelleys Roman besitzt.
Christopher Lee arbeitete zu diesem Zeitpunkt bereits seit 10 Jahren als Schauspieler – nach seiner Militärkarriere hatte er 1947 umgesattelt – der große Durchbruch war ihm aber bislang verwehrt geblieben, auch wenn ihm seine Rolle in John Hustons „Moulin Rouge“ (1952) zu einer gewissen Bekanntheit verhalf. Die Rolle von Frankensteins Monster war natürlich ebenfalls nicht unbedingt dazu geeignet, Lee zu Ruhm und Ansehen zu verhelfen, da sie einerseits darstellerisch nicht gerade fordernd und sein Gesicht unter der Maske ohnehin kaum zu erkennen war. Ganz anders dagegen der Hammer-Film, der nur ein Jahr später in die Kinos kam: „Dracula“.
Handlungsanpassungen Während es heute eine große Bandbreite an verschiedenen Dracula-Versionen gibt, hatte das geneigte Filmpublikum in den späten 50ern noch nicht diesen Luxus – Dracula wurde fast ausschließlich mit Bela Lugosi assoziiert. Hammer bemühte sich deshalb in mehr als einer Hinsicht, die Bezüge zum Film von 1931 zu vermeiden. So basiert dieser Film auch nicht auf dem Theaterstück von Hamilton Deane und John L. Balderston, sondern ausschließlich auf Stokers Roman – was aber nicht unbedingt bedeutet, dass er werkgetreuer ist. Zumindest eine Gemeinsamkeit verbindet die beiden Dracula-Produktionen: Ein knappes Budget. Zudem knüpften Terence Fisher und Drehbuchtautor Jimmy Sangster an die bereits in „Nosferatu: Eine Sinfonie des Grauens“ und Tod Brownings „Dracula“ etablierte Tradition an, die Figuren und ihr Verhältnis zueinander kräftig durchzumischen.
Zumindest das grobe Gerüst der Handlung des Romans bleibt bestehen: Jonathan Harker (John Van Eyssen) reist zu Draculas Schloss, um dem Grafen (Christopher Lee) bei gewissen Geschäften behilflich zu sein und anschließend dort festgesetzt zu werden, während sich der Graf aufmacht, anderswo Opfer zu suchen und ein solches in der jungen Lucy (Carol Marsh) findet. Trotz der Bemühungen des hinzugezogenen Abraham Van Helsing (Peter Cushing) gelingt es nicht, Lucy zu retten – sie wird zur Vampirin und muss gepfählt werden. Derweil hat Dracula mit Mina (Melissa Stribling) bereits ein neues Opfer auserkoren. Um sie zu retten muss Van Helsing dem flüchtigen Grafen nach Transsylvanien folgen, um ihm endgültig den Garaus zu machen.
Bei einem Blick auf die Details fallen allerdings sofort die massiven Unterschiede auf: Nicht nur kommt Jonathan Harker am Tag beim Schloss des Grafen an, er ist auch alles andere als ein ahnungsloser Anwalt, der Dracula beim Erwerb von Immobilien helfen soll. Stattdessen wird er als Bibliothekar angeheuert und ist sich sehr wohl im Klaren, wer und was Dracula ist. Bereits zu diesem Zeitpunkt ist Jonathan als Vampirjäger tätig und ermittelt gemeinsam mit Van Helsing, die Stellung als Draculas Bibliothekar ist nur Tarnung. Im Schloss begegnet er, anders als sein Romangegenstück, nur einer Vampirin (Valerie Gaunt), die sich als sehr gequältes und unwilliges Opfer Draculas entpuppt, das seinen Durst einfach nicht kontrollieren kann. Vampirjäger, der er ist, stöbert Jonathan Dracula und seine „Braut“ in der Gruft auf – sie kann er erlösen, Dracula erwacht allerdings und macht Jonathan zu seinesgleichen, bevor er abreist, um Ersatz für die getötete Gespielin zu finden. Bald darauf trifft Van Helsing ein und sieht sich gezwungen, seinen Freund zu pfählen.
Und wo wir gerade von Draculas Abreise sprechen: Weder Whitby noch London tauchen im Film auf. Draculas Schloss wird hier in der Nähe von Klausenburg (Cluj-Napoca) verortet, Draculas Ziel, das er per Kutsche und nicht per Schiff erreicht, ist Karlstadt in Deutschland. Ironischerweise verlegt ausgerechnet die deutsche Synchronisation die gesamte Handlung nach Großbritannien, indem sie aus Klausenburg „Waterfield“ macht.
In Karlstadt warten Jonathans Angehörige auf Nachricht von ihm. Anstatt mit Mina ist er mit Lucy verlobt, die dieses Mal weder das Objekt der Begierde dreier Männer, noch John Sewards Ziehtochter ist – tatsächlich fehlen sowohl Seward als auch Quincey Morris im Film völlig. Stattdessen ist Lucy Arthur Holmwoods (Michael Gough) Schwester und trägt dementsprechend seinen Namen. Arthur selbst muss auf seinen Adelstitel (Lord Godalming) verzichten, dafür ist er mit Mina verheiratet. Van Helsing wird schließlich dann auch nicht als Experte hinzugezogen, um der erkrankten Lucy zu helfen, sondern taucht von selbst auf, um sie über Jonathans Tod zu informieren. Als er von Lucys Krankheit erfährt, schöpft er Verdacht, woraufhin sich die Ereignisse ähnlich entfalten wie in Stokers Roman. Die zur Vampirin gewordene Lucy muss Van Helsing dieses Mal selbst pfählen und auch im Finale wird er deutlich aktiver. Statt einer Verfolgungsjagd mit den Häschern des Grafen (die in diesem Film nicht existieren), hetzen die beiden Widersacher einander durch Draculas Schloss, bis es Van Helsing gelingt, die Vorhänge des Esszimmers aufzureißen, woraufhin die Sonne dem Vampirfürsten ein Ende bereitet.
Inszenierung In den 30ern hatte Tod Browning bei seiner Dracula-Verfilmung kaum Spielraum, trotz ihres ikonischen Status ist sie, im wahrsten Sinne des Wortes, blutleer: Weder der Prozess des Bluttrinkens, noch der Tod der Vampire wird gezeigt. Brownings „Dracula“ verlässt sich auf das Charisma Bela Lugosis und auf die Atmosphäre, die nicht zuletzt durch die schwarzweißen Bilder begünstigt wird. Terence Fisher musst zwar ebenfalls mit einem sehr beschränkten Budget kämpfen, hatte aber ansonsten nicht dieselben Probleme: Sein Dracula darf Zähne zeigen, Blut trinken und wenn Van Helsing und Arthur Holmwood Lucy pfählen, hält die Kamera voll drauf. Eines der hervorstechendsten Elemente der Horrorfilme von Hammer ist tatsächlich die Farbe des Blutes, das in einem hellen Rotton sofort die Bildkomposition dominiert. Insgesamt ist der Exploitation-Faktor ein essentieller Aspekt der Filme des Studios. Im Vergleich zu späteren Filmen ist „Dracula“ noch recht zahm, aber die tief ausgeschnittenen Dekolletés und die animalischen Angriffe Draculas sprechen eine recht eindeutige Sprache. Dieser Dracula ist kein Verführer, sondern ein Raubtier. Diese verhältnismäßig große Freiheit gibt Fisher die Möglichkeit, viktorianische Prüderie zum Thema zu machen; dieses Element illustriert er beispielsweise durch Minas deutlich freizügigeres Verhalten nach Draculas Biss.
Strukturell ist Fishers „Dracula“ tatsächlich ziemlich ausgewogen, er verfügt über ein höheres Tempo als die sehr gemächliche Browning-Version und erweckt niemals den Eindruck einer abgefilmten Bühnenproduktion, ist aber noch deutlich entspannter als spätere Sequels. Die Abwandlungen in der Handlung und die Reduzierung des Casts nehmen der Geschichte zwar Komplexität, erlauben aber eine gleichmäßige Handlungsführung und weisen zudem einige durchaus interessante Ideen auf. Ein Jahr, bevor Robert Blochs Roman „Psycho“ publiziert wurde, arbeitete Fisher bereits mit demselben Twist: Jonathan Harker tritt als Protagonist auf, nur um am Ende des ersten Aktes unrühmlich abserviert und von Van Helsing abgelöst zu werden – eine Aufgabe, der Peter Cushing mehr als gewachsen ist. Nicht umsonst gilt Cushing vielen als definitiver Van Helsing. Nachdem er in „The Curse of Frankenstein“ den ebenso skrupellosen wie zielstrebigen Victor Frankenstein mit kalter Präzision spielte, zeigt er sich in „Dracula“ von seiner menschlicheren, wärmeren Seite, auch wenn die Zielstrebigkeit zweifelsohne nach wie vor vorhanden ist.
Christopher Lee als Dracula Rein visuell entspricht Christopher Lee hier nicht unbedingt Stokers Beschreibung: Er mag eine hochgewachsene, imposante Erscheinung sein, lässt jedoch den Schnurrbart vermissen und wird im Verlauf des Films auch nicht jünger. Dennoch ist Lees Graf, zumindest bezüglich der Charakterisierung, der Romanfigur wahrscheinlich am nächsten; diese Version der Figur ist von allen filmischen Darstellungen die böseste, ihm fehlt die Melancholie, über die seine Vorgänger Max Schreck und Bela Lugosi verfügen, von der expliziten Tragik eines Gary Oldman gar nicht erst zu sprechen. Dennoch verleiht auch Lee dem Grafen eine subtile Traurigkeit, eine Unzufriedenheit mit dem untoten Zustand, die in einem der späteren Sequels allerdings noch verdeutlicht wird. Davon abgesehen interpretieren Lee und Fisher Dracula sehr ähnlich wie Stoker: Nur zu Beginn tritt der Graf wirklich als Charakter auf und agiert mit Jonathan Harker, danach fungiert er primär als Monster und spricht kaum mehr – ganz anders als Lugosis Dracula, für den diverse Interaktionsszenen mit den Vampirjägern hinzugedichtet wurden. Fisher setzt Dracula spärlich, aber gezielt ein, eine unsichtbare Bedrohung, der Lucy langsam, aber unweigerlich zum Opfer fällt. Lucys Krankheit, Tod und Rückkehr als Vampirin sind die Elemente des Films, die, trotz des Fehlens von John Seward und Quincey Morris, am akkuratesten umgesetzt sind.
Draculas Eigenschaften als Vampir sind hier relativ stark reduziert: Geblieben ist der Blutdurst, die Anfälligkeit gegenüber heiligen Symbolen, Knoblauch und Sonnenlicht sowie die übermäßig Stärke. Die Macht über Wetter und Tiere sowie die Fähigkeit, sich selbst zu verwandeln, fehlen hingegen – primär aus Budget-Gründen. Es findet sich sogar eine Szene, in der Van Helsing spezifisch auf dieses Element angesprochen wird und sie als Aberglaube abtut. Die „Regeln des Vampirismus“, auf die Stoker sehr viel Wert legte, weshalb er sie von Van Helsing ausgiebig erläutern lässt, spielen hier eine eher untergeordnete Rolle, stattdessen wird Draculas Tierhaftigkeit, seine animalische Seite betont. Wir wissen alle, dass Christopher Lee extrem charmant, umgänglich und einnehmend sein kann, als Dracula ist seine Darstellung aber primär körperlich und setzt vor allem auf seine beeindruckende und einschüchternde Präsenz.
Sequels Ebenso wie „The Curse of Frankenstein“ erwies sich auch „Dracula“ als durchschlagender Erfolg und erhielt eine Myriade an Sequels mit stark wechselnder Qualität – weder Christopher Lee noch Peter Cushing tauchen in allen davon auf, aber einer von beiden ist immer zugegen, beide zusammen sollten allerdings nur noch in zwei weiteren Filmen auftauchen. Der Vergleich der Hammer-Dracula-Reihe sowohl mit den Hammer-Frankenstein-Filmen als auch den Universal-Filmreihen bietet einen interessanten Kontrast. Universal baute seine Frankenstein-Filme beispielsweise um das Monster herum auf, während Hammer den Fokus auf Peter Cushings Baron legte – das von Lee dargestellte Monster kam in keinem weiteren vor, einige Filme kommen sogar völlig ohne aus Leichenteilen gebasteltes Monster jeglicher Art aus. Das erste Dracula-Sequel muss, trotz des Namens „The Brides of Dracula“ (1960), ohne den titelgebenden Grafen zurechtkommen – hier werden Erinnerungen an Universals „Dracula’s Daughter“ wache. Beide Filme haben den Grafen im Titel, bringen aber nur Van Helsing zurück und lassen ihn gegen einen neuen Vampir kämpfen. Im Fall von „The Brides of Dracula“ wäre das Baron Meinster (David Peel), für dessen Vampirwerdung wohl Dracula verantwortlich ist und der in einer früheren Skriptfassung als Anhänger Draculas dargestellt wird, was im fertigen Film aber fehlt. Somit muss sich Peter Cushing hier mit einem Blutsauger herumschlagen, der seinem Freund Christopher Lee schlicht nicht das Wasser reichen kann.
Formal gesehen taucht Cushing auch in „Dracula: Prince of Darkness“ (1966) auf, allerdings nur, weil Draculas Todesszene am Anfang noch einmal gezeigt wird, weshalb ich ihn nicht mitrechne. Dafür markiert „Prince of Darkness“ die Rückkehr Lees zur Rolle des Grafen und den Beginn der Tradition, ihn nach dem Tod im vorherigen Film durch irgendeinen hanebüchenen Storykniff wieder zum Leben zu erwecken – meist wird ein Ritual durchgeführt oder aus irgendwelchen Gründen kommt Draculas Asche mit Blut in Berührung, woraufhin sich der Vampirfürst regeneriert. „Prince of Darkness“ ist vor allem bemerkenswert, weil Lee hier kein Wort spricht, nach eigener Aussage weigerte er sich, die fürchterlichen Dialoge aufzusagen, während Drehbuchautor Jimmy Sangster behauptete, nie Dialog für ihn geschrieben zu haben. Wie dem auch sei, mit dem Fortschreiten der Reihe fühlte sich Lee zunehmend unwohl damit, den Grafen zu verkörpern, da er Type Casting fürchtete und oft nur überzeugt werden konnte, indem man ihm erklärte, wie viele Jobs von seiner Beteiligung abhingen. So wirkte Lee nach „Prince of Darkness“ auch in „Dracula Has Risen from the Grave“ (1968), „Taste the Blood of Dracula“ und „Scars of Dracula“ (beide 1970) mit. Der siebte Film der Reihe, „Dracula A.D. 1972“ (1972, mit dem famosen deutschen Titel „Dracula jagt Minimädchen“), ließ Peter Cushing zurückkehren, stellte aber zugleich eine Art Reboot dar. Die Anfangsszene zeigt einen Kampf zwischen dem Grafen und Lawrence Van Helsing (Peter Cushing) im Jahr 1872, was in direkten Widerspruch zu allen anderen Filmen der Reihe steht. Nach seiner Niederlage wird Lees Dracula einhundert Jahre später wiedererweckt und muss sich dieses Mal mit Lorrimer Van Helsing (natürlich ebenfalls Cushing), dem Nachfahren seiner Nemesis, im modernen London herumschlagen. „The Satanic Rites of Dracula“ (1973) ist schließlich der letzte Film, in dem Lee für Hammer das ikonische Cape anlegte, um dieses Mal als ein an Blofeld erinnernder Superschurke die Welt zerstören zu wollen. Abermals ist es Peter Cushing als Lorrimer Van Helsing, der dem Grafen Einhalt gebietet. Nach „The Satanic Rites of Dracula“ hatte Lee endgültig genug, sodass in „The Legend of the Seven Golden Vampires“ (1974), dem unrühmlichen Ende von Hammers Dracula-Reihe, John Forbes-Robertson Dracula mimte, während Peter Cushing ein letztes Mal Van Helsing darstellte – trotzdem gibt es so gut wie keine inhaltlichen Bezüge zu den vorherigen Filmen. Lee selbst spielte Dracula allerdings auch in einigen Filmen, die nicht von Hammer produziert wurden, primär „Count Dracula“ bzw. „Nachts, wenn Dracula erwacht“ (1970), eine deutsch-italienische Produktion von Jesús Franco, in der zudem auch Klaus Kinski (der in Werner Herzogs „Nosferatu: Phantom der Nacht“ neun Jahre später selbst Dracula spielen sollte) Renfield mimt, sowie „Dracula and Son“ (Originaltitel: „Dracula père et fils“, deutscher Titel: „Die Herren Dracula“, 1976), einer französischen Komödie, die die Hammer-Filme parodiert.