Der Snyder-Cut rückt näher. Nun gut, zugegebenermaßen ist er eigentlich schon da, weil ich allerdings keine Lust auf Sky Ticket habe, werde ich ihn mir erst zu Gemüte führen, wenn er als Download oder Blu-Ray erworben werden kann. Da ich ohnehin nicht der größte Fan von Synders Interpretation der DC-Helden bin, verkrafte ich die Wartezeit schon. Bis es allerdings soweit ist, lohnt es sich durchaus, die primäre Inspirationsquelle des Films unter die Lupe zu nehmen. Während Snyder und Chris Terrio in „Batman v Superman: Dawn of Justice“ viele Elemente aus Frank Millers „The Dark Knight Returns” entlehnten, ist die (wenn auch lose) Vorlage von „Justice League“ (egal ob Snyder- oder Whedon-Cut) ein deutlich jüngeres Werk.
Zuerst allerdings ein wenig Kontext: 2011 entschloss man sich bei DC (mal wieder) zu einem kosmischen Reboot, um die Kontinuität zu sortieren und Neulesern den Einstieg zu erleichtern. 52 Serien begannen mit einer neuen Nummer 1 – daher auch der Name „New 52“ (zugleich die Anzahl der Parallel-Erden in DCs Multiversum). Viele Helden wurden fast völlig auf Null heruntergefahren und jegliche Ereignisse der vorherigen Kontinuität wurden ausgelöscht, allerdings nicht alle – Batman und Green Lantern wurden größtenteils intakt gelassen. Im Rahmen der Miniserie „Flashpoint“ wurde dieser Reboot umgesetzt. Vielleicht die zentrale Serie der New 52 war die neue Justice-League-Serie, geschrieben Geoff Johns, dem leitenden kreativen Kopf hinter dem Reboot, und bebildert vom zeichnerischen Schwergewicht Jim Lee. In den ersten sechs Ausgaben erzählten Johns und Lee, wie sich das Team in dieser neuen Kontinuität zum ersten Mal zusammenfindet.
In Gotham City wird Batman von merkwürdigen, dämonischen Kreaturen attackiert. Gemeinsam mit Green Lantern, mit dem er sich allerdings nicht allzu gut versteht, ermittelt der Dunkle Ritter. Sie stoßen auf eine nicht minder ominöse außerirdische Box und beschließen, sich an das bekannteste Alien zu wenden: Superman. Gemeinsam begeben sie sich nach Metropolis, allerdings ist der Mann aus Stahl nicht unbedingt gesprächsbereit und attackiert die beiden. Auch das Eingreifen Flashs ändert daran nichts. Schließlich können die vier Helden sich allerdings halbwegs einigen, denn schon kurz darauf kommt es zur großangelegten Invasion der Erde durch den finsteren Gott Darkseid und seine Paradämonen-Armee. Gemeinsam mit den Helden Wonder Woman, Cyborg und Aquaman bilden sie zu siebt die Verteidigungslinie der Erde.
Johns und Lee inszenieren dieses erste Zusammentreffen der Liga als opulenten, atemlosen Action-Blockbuster, tiefer gehende Charakterisierung der Figuren sucht man dabei aber vergebens. Johns hat hier natürlich den Luxus, nicht allzu groß auf die Ursprünge eingehen zu müssen, da selbst Neueleser die Figuren wahrscheinlich kennen. Bis auf Cyborg sind alle Helden bereits voll etabliert, nur Victor Stone, traditionell Mitglied der Teen Titans und nicht der Justice League, erhält hier eine volle Origin, die mit dem Plot um dem angreifenden Darkseid verknüpft ist. Insgesamt wird der Charakterzeichnung der Figuren nicht allzu viel Platz eingeräumt und zudem wirken sie alle eher unsympathisch. Batman ist der typische grimmige Einzelgänger, Green Lantern kommt ziemlich arrogant rüber und Superman ist von seiner positiven Prä-Flashpoint-Interpretation relativ weit entfernt – er wirkt jünger (das Gesicht erinnert fast an Superboy) und deutlich aggressiver. Er ist nicht unbedingt der brütende Cavill-Superman, aber eben auch nicht der optimistische Held, den man gemeinhin mit ihm assoziiert. Wonder Woman ist noch neu in der „Welt der Männer“ und wird von Johns recht naiv, aber kampfesfreudig gezeichnet, während Flash das wohl bodenständigste und sympathischste Mitglied des Teams ist. Cyborg wird primär über die Tragödie seiner Origin charakterisiert und muss lernen, mit seinem Schicksal klarzukommen (nicht, dass man ihm dazu besonders viel Zeit einräumen würde) und Aquaman stößt schließlich reichlich spät zum Team und kommt ebenfalls reichlich selbstgerecht und arrogant daher. Die insgesamt eher negative Charakterisierung der Figuren erinnert recht stark an Mark Millars „The Ulitmates“, eine Neuinterpretation der Avengers aus dem Jahr 2002.
Gerade im Vergleich zu Grant Morrisons JLA-Run (den zu loben ich nie müde werde) fällt leider negativ auf, wie wenig hier mit sechs Ausgaben eigentlich erreicht wird – was nicht bedeutet, dass „Justice League: Origin“ nicht durchaus kurzweilig und unterhaltsam wäre. Besonders die Interaktionen von Green Lantern und Batman sind ziemlich amüsant, vor allem, da sie einen gelungenen Payoff am Ende haben. Fast alle anderen Figuren kommen aber schlicht zu kurz, vor allem Aquaman stößt ziemlich unmotiviert zum Team. Leider lässt auch Darkseid seine übliche Raffinesse vermissen – der Herrscher von Apokolips funktioniert als Strippenzieher oder unbegreifliche Entität besser denn als offensiver Gegner, mit dem sich die Liga direkt prügelt.
Auf der visuellen Ebene hingegen ist „Justice League: Origin“ dank Jim Lee über jeden Zweifel erhaben, sofern man seinen Stil schätzt. Lee ist nicht ohne Grund einer der beliebtesten Zeichner des Business, seine Panels sind detailliert und dynamisch, die Figuren wirken zugleich überlebensgroß und menschlich. Die meisten Kritikpunkte, die ich habe, beziehen sich auf das New-52-Redesign der Figuren – Superman wirkt, besonders in Kombination mit seinem eher rüstungsartigen Aufzug, einfach zu jung. Auch der neugestaltete Darkseid will mir nicht unbedingt zusagen, sein aufwendiger gestaltetes Äußeres ist… zu viel. Gerade bei Darkseid ist weniger oftmals mehr.
Um nun am Ende noch zum Synder-Cut zurückzukehren: Allein bei der Inhaltsangabe zeigt sich schon, welche Elemente für Snyders „Justice League“ übernommen wurden. Da wäre zuerst der Grundplot, der Angriff auf die Erde durch die Horden von Apokolips. Im Film werden diese zwar von Steppenwolf angeführt, in letzter Konsequenz steckt aber natürlich immer Darkseid dahinter. Ich persönlich halte es tatsächlich für besser, Darkseid nicht selbst zum ersten Gegner der Liga zu machen, wenn man ihn schon als übergeordneten Schurken verwenden möchte. Im Rahmen der New 52 kam zwar ebenfalls Steppenwolf zum Einsatz, griff in der Serie „Earth 2“ allerdings besagte Parallelerde an. Auch Cyborgs mit dem Angriff verknüpfte Origin ist in Comic und Film ziemlich ähnlich, ebenso wie der Kampf der Ligisten gegen Superman, auch wenn der Kontext natürlich ein anderer ist.
Fazit: „Justice League: Origin“ ist als Neustart der Liga in Ordnung: Kurzweilig, actionreich, visuell opulent. Im Vergleich Grant Morrisons JLA-Run oder dem deutlich charakterfokussierteren „JLA: Year One“ kann „Origin“ aber leider nicht mithalten.
Spoiler!
Werfen wir doch noch einmal einen Blick auf „The Rise of Skywalker“. Einige Monate sind seit dem Kinostart vergangen und viele der Fragen, die der Film aufgeworfen hat, wurden inzwischen beantwortet, primär durch die Romanadaption des Films von Rae Carson – wie schon bei „The Last Jedi“ als „Expanded Edition“ bezeichnet, was natürlich zu gewissen Erwartungen führt. Das Feld der Romanadaptionen in diesem Franchise deckt das komplette Spektrum ab. Auf der einen Seite hätten wir da beispielsweise „The Force Awakens“ von Alan Dean Foster, bei dem es sich um eine ebenso uninspirierte wie uninteressante Prosafassung des Drehbuchs handelt, die so gut wie keinen Mehrwehrt bietet. Am anderen Ende des Spektrums befindet sich Matthew Stovers „Revenge of the Sith“, ein Meisterwerk, das seinesgleichen sucht und in meinen Augen nach wie vor das beste Star-Wars-Medium ist, weil es alles beinhaltet, was Star Wars ausmacht und sein kann. Nebenbei bemerkt: Matthew Stover hat gewissermaßen Baby Yoda prophezeit. Aber das nur am Rande.
Rae Carson ist eine interessante Wahl als Autorin für diesen Roman, da sie recht wenig Star-Wars-Vorerfahrung hat, bis zu „The Rise of Skywalker“ hatte sie lediglich zwei Kurzgeschichten („The Red One“ in „A Certain Point of View“ und „Hear Nothing, See Nothing, Say Nothing“ in „Canto Bight“) sowie einen Jugendroman („Most Wanted“, ein Tie-In zu „Solo: A Star Wars Story“) verfasst. Im Gegensatz dazu waren Alan Dean Foster und Pablo Hidalgo, die Autoren der anderen beiden Sequel-Trilogie-Romane, relativ naheliegende Wahlen; Ersterer verfasste bereits den Roman zu Episode IV, während Letzterer Teil der Lucasfilm Story Group ist und ohnehin als Lore- und Kontinuitätsguru gilt. Auf der Skala zwischen „The Force Awakens“ und „Revenge of the Sith“ liegt Carsons Arbeit in etwa in der Mitte – sie ist von Fosters dröger, spannungsarmer Prosa ebenso weit entfernt wie von dem Franchise-definierenden Meilenstein, den Stover uns geschenkt hat. Vor allem im Kontext des Films kann diese Adaption als solide bezeichnet werden. Viele Schwächen kommen natürlich von der Vorlage – hier hatte Stover einen deutlich dankbareren Job, da „Revenge of the Sith“ eigentlich eine sehr gut Geschichte erzählt, die lediglich in der filmischen Umsetzung etwas holprig ist. „The Rise of Skywalker“ dagegen schafft es, gleichzeitig zu viel und zu wenig Handlung zu haben, Wendung reiht sich an Wendung, ohne dass es einen tieferen Sinn gäbe, und der eigentliche Plot des Films ist die Suche nach einem MacGuffin, das zu einem MacGuffin führt, welches wiederum zu einem MacGuffin führt. Daran kann Carson nichts ändern. Auch ist fraglich, ob man sie für die Antworten verantwortlich machen kann, die dieser Roman gibt. Tatsächlich werden die meisten Fragen, die rund um Palpatine und seine Rückkehr kreisten, beantwortet. Wir erfahren, dass sich sein Geist tatsächlich in einem Klonkörper befindet, der allerdings nur suboptimal dazu geeignet ist, diese mächtige Essenz zu halten – ganz wie in „Dark Empire“. Auch Reys Herkunft wird genauer beleuchtet, nachdem erst einmal eifrig spekuliert wurde, wer denn nun ihre Großmutter sein könnte. Wir erfahren, dass ihr nach wie vor namenloser Vater, im Film dargestellt von Billy Howle, nicht wirklich Palpatines Sohn ist, sondern ein nicht-identischer Klon, der über keinerlei Machtbegabung verfügt, aber ansonsten, anders als die Klonkörper, die Sidious nach seinem Ableben auf dem Zweiten Todesstern bewohnt, ein voll funktionsfähiger Mensch ist. Er ist also auf dieselbe Art und Weise Palpatines Sohn, wie Boba Jango Fetts Sohn ist. Rein biologisch betrachtet ist Rey damit nicht Palpatines Enkelin, sondern seine Tochter. Ob diese Antworten irgendjemanden zufrieden stellen, ist fraglich, aber es ist ebenso fraglich, ob sie von Carson selbst kommen; wahrscheinlicher ist, dass sie entweder von J. J. Abrams und Chris Terrio oder von der Story Group stammen.
Wie dem auch sei, für die Inhalte kann man Carson beim besten Willen nicht verantwortlich machen. Ihr Stil ist in jedem Fall sehr angenehm und flüssig, gerade im Vergleich zum Episode-VII-Roman ist das eine massive Verbesserung. Auch was die internen Prozesse der Charaktere angeht leistet Carson durchaus gute Arbeit. Gerade die zugegebenermaßen eher spärlichen Passagen des Romans, in denen sie dazu kommt, die Gedanken und Gefühlswelten der Figuren etwas ausgiebiger zu erforschen, gehören mit zu den stärksten und schaffen es, das Personal zumindest ein wenig plastischer zu zeichnen. Alles in allem ist Carsons Roman definitiv die bessere Version der Geschichte – das Tempo ist zwar nach wie vor hoch, aber dennoch nicht ganz so halsbrecherisch wie beim Film. Zusätzlich hat Carson die Struktur ein wenig geändert, was ebenfalls nicht schadet; so bekommt das Konstrukt immerhin hier und da ein wenig Raum zum Atmen. Gerade was Leia Organa angeht, hat Carson natürlich den Vorteil, nicht auf einige wenige Szenen angewiesen zu sein, stattdessen kann sie den Abschied von dieser Figur ausführlicher und angemessener gestalten.
Definitiv empfehlenswert ist die englische Hörbuchfassung, die bei Audible zu finden ist – so habe ich den Roman konsumiert. Eingesprochen wurde das Hörbuch von Marc Thompson, einem absoluten Star-Wars-Veteranen, der sowohl im Legends- als auch im Kanon-Bereich eine große Zahl an Romanen interpretiert hat und sein Handwerk exzellent versteht. Gerade die Stimmen der Figuren bzw. ihrer Schauspieler trifft Thompson wirklich ausgezeichnet, ohne dass sie zur Parodie verkommen, da er viel über Tonfall und Sprachduktus arbeitet, anstatt einfach nur simpel zu imitieren. Besonders beeindruckend sind Thompsons Versionen von Palpatine und Leia.
Fazit: „The Rise of Skywalker: Expanded Edition“ ist zwar kein Meisterwerk wie Matthew Stovers Episode-III-Adaption, aber ein durchaus solider Filmroman. An der uninspirierten Handlung und den sonstigen Inhalten kann Carson freilich nichts ändern, aber immerhin gelingt es ihr, die Figuren etwas plastischer zu zeichnen und die Struktur zu entzerren. All jene, denen Episode IX tatsächlich gefallen hat, sollten sich Carsons Version der Geschichte definitiv zu Gemüte führen. Ansonsten wird die „Expanded Edition“ die Meinung zum Film kaum ändern, aber sie gibt zumindest ein von Marc Thompson exzellent vorgelesenes, kurzweiliges Hörbuch ab.
Volle Ladung Spoiler!
Da ist es also, das Ende einer Ära, der Abschluss der Skywalker-Saga, der neunte Film der Heptalogie, der angeblich alle Fäden der Original-Trilogie, der Prequels und der Sequels aufgreifen und zusammenführen soll. Wenn ich ihn mit einem Wort beschreibend müsste, wäre es „bieder“; sowohl bieder in der Art und Weise, wie die Handlung verläuft als auch, mehr noch als „The Force Awakens“, anbiedernd. Im Grunde ist „The Rise of Skywalker“ das Star-Wars-Gegenstück zu Warners „Justice League“: Der Versuch einer Franchise-Korrektur mit der Brechstange und als solcher ein zutiefst unwürdiger Abschluss dieser Filmreihe.
Handlung
Kylo Ren (Adam Driver) ist nach wie vor der Anführer der Ersten Ordnung, doch er fühlt sich bedroht, denn wie es scheint, ist Imperator Palpatine (Ian McDiamird) zurück. Ren spürt ihn schließlich auch auf dem Planeten Exegol auf, wo der Anführer der Ersten Ordnung tatsächlich auf den Sith-Lord trifft, der ihm noch größere Macht und eine geheime Flotte verspricht, wenn er es schafft, Rey (Daisy Ridley) zu töten. Diese trainiert derweil unter General Leia (Carrie Fisher), um ihre Fähigkeiten zu verfeinern. Der Widerstand erfährt schließlich auch von Palpatines Rückkehr. Gemeinsam mit Poe Dameron (Oscar Isaac), Finn (John Boyega), Chewbacca (Joonas Suotamo), C-3PO (Anthony Daniels) und BB8 (as himself) macht sie sich auf, alte Sith-Artefakte zu finden, die ihren den Weg zum Imperator weisen, damit dieser die Galaxis nicht ein weiteres Mal mit Tod und Zerstörung überziehen kann. Sie hetzen durch die Galaxis, treffen dabei alte Verbündete der Rebellion wie Lando Calrissian (Billy Dee Williams) und neue Kameraden wie Jannah (Naomi Ackie) oder Zorri Bliss (Keri Russel). Im Verlauf dieses Abenteuers hat Rey immer wieder Visionen, setzt einmal „aus Versehen“ Machtblitze ein und erfährt schließlich, dass sie tatsächlich Palpatines Enkelin ist. In den Trümmern des Zweiten Todessterns, wo sich der letzte Hinweis auf Palpatines‘ Verbleib verbirgt, kommt es schließlich auch zum finalen Zusammentreffen zwischen Rey und Kylo Ren, bei dem sich entscheidet, wer auf welcher Seite steht…
Konzeption und Struktur: Korrektur mit der Brechstange
Bereits vor einiger Zeit verfasste ich einen ausführlichen Artikel über die Konzeption der Sequel-Trilogie. Die Essenz: Die Sequels folgen keinem erzählerischen Konzept, sondern sind reaktionär; jeder Film stellt eine Antithese zum Vorgänger dar. „The Force Awakens“ ist die Antithese zu den Prequels, „The Last Jedi“ ist die Antithese zu Episode VII und – immerhin diesbezüglich bleibt sich Disney treu – „The Rise of Skywalker“ ist die Antithese zu Episode VIII. Hier zeigt sich noch einmal das ganze Ausmaß an Planlosigkeit, mit dem Disney an die Sequels heranging, denn nun haben wir eine Trilogie, in der die beiden Regisseure konsequent gegeneinander arbeiten. Während J. J. Abrams in Interviews das übliche PR-Gesäusel von sich gab, ist doch ziemlich klar, dass viele Handlungselemente seines zweiten Star-Wars-Films ein Mittelfinger in Richtung Rian Johnson darstellen. Abrams zahlt es seinem Vorgänger mit gleicher Münze heim und negiert nonchalant dessen Entscheidungen. Ich bin inzwischen zu der Meinung gelang, dass Abrams nach „The Force Awakens“ durchaus Ideen für Episode VIII und IX hatte, die Johnson allerdings konsequent ignorierte. Mit „The Rise of Skywalker“ versucht Abrams nun, Stoff für zwei Filme in einem unterzubringen. Besonders der Anfang ist mit Exposition vollgestopft, die Handlung hüpft von Planet zu Planet und der Zuschauer wird mit Sachverhalten regelrecht beworfen. Gleichzeitig werden viele Elemente aus „The Last Jedi“ ignoriert (soweit möglich) oder geretcont, sodass Johnsons Film im Gefüge dieser Trilogie größtenteils obsolet wird.
Von links nach rechts: Chewbacca (Joonas Suotamo), BB8, Dio, C-3P0 (Anthony Daniels), Rey (Daisy Ridley), Poe Dameron (Oscar Isaac), Finn (John Boyega)
Die ersten beiden Akte von „The Rise of Skywalker“ stellen den Abenteuer-Aspekt von Star Wars in den Vordergrund. In fast schon Indiana-Jones-artiger Manier jagen Rey und Co. hinter diversen MacGuffins her, was immer wieder zu Konfrontationen mit der Ersten Ordnung führt. Ich denke, diese Jagd hätte eigentlich in Episode VIII stattfinden sollen. In „The Force Awakens“ etablierte Abrams Rey, Finn und Poe als „neues Trio“, fand aber vor lauter Fanservice nicht mehr die Zeit, sie als Team interagieren zu lassen, was Johnson ebenso unterließ – Rey und Poe treffen sich das erste Mal am Ende von „The Last Jedi“. In Episode IX erfolgt nun endlich die Teambildung. Und tatsächlich – im Grunde sind diese Aspekte von „The Rise of Skywalker“ nicht übel. Abrams verstand es schon immer, gute Chemie zwischen seinen Schauspielern zu erzeugen – nach wie vor einer der Hauptgründe, weshalb sein Star-Trek-Reboot so unterhaltsam war. Dennoch kommt die Team-Dynamik zu spät und muss auch noch mit den diversen anderen Handlungsschwerpunkten konkurrieren, primär dem Verhältnis zwischen Rey und Kylo Ren, die nach wie vor per Force-Skype kommunizieren.
Ich persönlich denke nicht, dass Palpatines Rückkehr in irgendeiner Form von Anfang an vorgesehen war – sie wird in keinster Weise in den Episoden VII oder VIII angedeutet und zumindest Colin Trevorrow, der ja immerhin ursprünglich bei Episode IX Regie führen sollte, wusste nichts davon. Viel eher scheint Palpatine eine Notlösung zu sein und die Rolle auszufüllen, die Snoke in einer hypothetischen Abrams-Trilogie innegehabt hätte; vielleicht wäre er tatsächlich Darth Plagueis gewesen, vielleicht hätte ihn auch ein anderes uraltes Geheimnis der Dunklen Seite umgeben. Da Kylo Ren nun einmal nicht zum Oberschurken taugt und ihn nach seinen vielen Niederlagen niemand als solchen ernst nehmen würde, musste eben der gute alte Darth Sidious noch einmal herhalten.
Wie auch immer, letztendlich sind das alles Spekulationen, die finale Schuld am Scheitern dieses Films und der gesamten Sequel-Trilogie liegt weder bei Abrams noch bei Johnson, sondern bei Disney, da der Konzern es überhaupt erst ermöglicht hat. Abrams hatte wirklich eine undankbare Aufgabe, da Rian Johnson ihm kaum etwas Brauchbares hinterlassen hatte, um diese Trilogie abzuschließen und er zugleich versuchen sollte, der Kritik an „The Last Jedi“ zu begegnen. Leider machten es sich Abrams und Co-Drehbuchautor Chris Terrio (der seinerseits bereits an „Batman v Superman: Dawn of Justice“ und „Justice League“ beteiligt war und damit schon ausreichend Erfahrung im Franchise-gegen-die-Wand-fahren sammeln konnte), viel zu leicht und versuchten den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, in dem sie die beliebtesten bzw. abgeschmacktesten Fan-Theorien in ihre Handlung einbauten. Das sorgt dafür, dass der Plotverlauf selbst dann extrem vorhersehbar ist, wenn man sich von den ganzen Leaks ferngehalten hat.
Die alte Nemesis: Plot Convinience
Es ist immer eine Herausforderung für Autoren, den Plot und die Figuren dorthin zu bringen, wo man sie haben möchte. Abrams hatte in seinen Filmen diesbezüglich schon immer gewisse Probleme: Kirk wird in „Star Trek“ ganz zufällig auf dem Planeten ausgesetzt, auf dem sich momentan nicht nur Scotty, sondern auch Spock senior befinden. Auch in Star Wars nimmt das immer wieder problematisch Ausmaße an (besonders in Episode II), aber dieses Franchise hat immerhin eine bessere Ausrede als so manch anderes Werk: Es ist der Wille der Macht, dass sich bestimmte Figuren begegnen oder zu einem gewissen Zeitpunkt an einem gewissen Ort aufhalten. Mehr als ein SW-Autor hat diesen Umstand mal mehr, mal weniger clever zu nutzen gewusst. Aber irgendwann ist der Bogen einfach überspannt. Für mich war er das schon in „The Last Jedi“, aber „The Rise of Skywalker“ setzt da noch einmal ordentlich einen drauf. Abrams und Terrio legen hier wirklich beachtliche handlungstechnische Verrenkungen hin und stolpern dabei über ihre eigenen Plottwists. Vieles wird lediglich in Halbsätzen kurz angedeutet oder schlicht übergangen. Woher kommt Snoke? Aus dem Reagenzglas, offenbar gibt es noch mehr von der Sorte. Die Ritter von Ren? Sind einfach da und machen nicht viel. Banaler hätte man diese Aspekte kaum auflösen können.
Kylo Ren alias Ben Solo (Adam Driver)
Das Elend beginnt bereits beim ersten Satz des Opening Crawl: „The dead speak! The galaxy has heard a mysterious broadcast, a threat of REVENGE in the sinister voice of the late EMPEROR PALPATINE.” Ich hatte erwartet, dass die Rückkehr des Imperators etwas ist, das die Figuren entdecken müssen, aber nein, dieser Teil wird direkt übersprungen, alle wissen von Anfang an, dass Palpatine zurück ist, einfach um Filmzeit zu sparen. Bereits hier beginnt die Handlung auseinanderzufallen. Die gesamte Schnitzeljagd ist zwar der unterhaltsamste Teil des Films, da die besuchten Planeten immerhin interessanter sind als die Welten der bisherigen beiden Sequels, aber auch hier fragt man sich: Wozu, wer hat die ganzen Hinweise versteckt, wie kommt eine Nachricht auf einen uralten Sith-Dolch, den man dann in einem bestimmten Winkel vor die Todessterntrümmer halten muss, um das Rätsel zu lösen – Todessterntrümmer wohlgemerkt, die an dieser Stelle noch nicht allzu lange herumliegen? Hat Palpatine Snoke durch die Galaxis geschickt, damit dieser Hinweise verteilt, für den Fall, dass seine Enkelin irgendwann einmal zu ihm kommen muss? „The Rise of Skywalker“ hat keine Plotlöcher, das sind Plotkrater, durch die man mit einem Sternenzerstörer fliegen kann.
Die Figuren
Während der Widerstand am Ende von „The Last Jedi“ drastisch reduziert wurde, trifft das auf den eigentlichen Cast der Sequels nicht zu, sodass es bereits am Anfang von „The Rise of Skywalker“ eine ganze Reihe relevanter Figuren gibt, deren Zahl durch Neuzugänge und Rückkehrer noch weiter anwächst. Beginnen wir mit den Neulingen, primär sind das Keri Russel als Zorri Bliss und Naomie Ackie als Jannah, die beide als Unterstützung für die Helden fungieren, deren Auftauchen aber ebenso inkonsequent wie unnötig ist. Bei Zorri handelt es sich um eine alte Bekannte von Poe Dameron, die ihn aus früheren, zwielichtigeren Tagen kennt, während Letztere denselben Hintergrund hat wie Finn; sie ist eine Deserteurin der Ersten Ordnung. Beide Figuren hätten im Zusammenspiel mit Poe respektive Finn interessant sein können, aber sie haben so wenig Leinwandzeit und steuern so wenig zur Handlung bei, dass man sie wohl besser geschnitten hätte. Auch Billy Dee Williams‘ Rückkehr als Lando Calrissian ist kaum mehr als ein Fan-Service-Cameo. Etwas dankbarer ist die Rolle des Allegiant General Pryde auf der Seite der Ersten Ordnung, dargestellte von Richard E. Grant – endlich einmal ein wirklich kompetenter Befehlshaber der Ersten Ordnung. Ähnlich wie den Neuzugängen geht es vielen etablierten Figuren. Rose Tico (Kelly-Marie Tran) etwa, immerhin eine recht dominante Figur in „The Last Jedi“, hat, ähnlich wie Lando, kaum mehr als einen Cameo-Auftritt und auch General Hux (Domnhall Gleeson) ergeht es nicht viel besser – dieses Mal darf er aus Hass auf Kylo Ren für den Widerstand den Maulwurf spielen, nur um dann von Pryde, der sich nicht bescheißen lässt, erschossen zu werden – wie gesagt, mit Abstand der fähigste Offizier innerhalb der Ersten Ordnung.
Die Leia-Situation muss freilich noch gesondert angesprochen werden, bevor wir zu den Hauptfiguren kommen. Nach Carrie Fishers tragischem Tod stand man bei Disney natürlich vor einem Problem, da Episode IX eigentlich Leias Film hätte werden sollen, so wie Episode VII Hans und Episode VIII Lukes Film war. Idealerweise hätte man bereits im Zuge von „The Last Jedi“ reagiert, schließlich war noch ein Jahr Zeit, aber Rian Johnson und Kathleen Kennedy waren, sei es aus Pietät oder Sturheit, nicht gewillt, Leias Rolle abzuändern. Ihre Präsenz in „The Rise of Skywalker“ setzt sich primär aus Episode-VII-Szenen zusammen, die auf dem Boden des Schneideraums landeten. Dementsprechend hat sie, außer einem Grund für Kylo Rens Rückkehr zum Licht, nicht wirklich viel Substantielles zum Film beizutragen. Ich frage mich, wie ihre Rolle wohl auf jemanden wirkt, der im Vorfeld nicht weiß, dass die Szenen nicht für diesen Film gedreht wurden.
Altes Dream-Team: Chewie (Joonas Suotamo) und Lando Calrissian (Billy Dee Williams)
Und nun zu den Kernfiguren. Lässt man Rey und Kylo Ren erst einmal außen vor, hat Poe Dameron noch die eindeutigste Entwicklung, da er nach Leias Tod in die Rolle des Anführers gedrängt wird. Auch das hätte ein interessanter Handlungsstrang werden können, wird aber in ein bis zwei kurzen Szenen abgearbeitet. Der Rest, Chewie, Finn, 3PO, sind mehr oder weniger nur als Anhängsel dabei. Allgemein fällt auf, dass in „The Rise of Skywalker“ die Dinge, die den Figuren passieren, allesamt völlig folgenlos bleiben. Finn begegnet weiteren desertierten Sturmtruppen – Abrams und Terrio machen nichts damit. 3POs Gedächtnis muss gelöscht werden – macht nichts, R2 hat während „The Force Awakens“ eine Notfallspeicherung vorgenommen. Chewie wird von Rey versehentlich getötet – natürlich hat er überlebt, was dem Zuschauer in der nächsten Szene mitgeteilt wird. Alles bleibt ohne Konsequenzen. Mehr noch, wegen des gehetzten Tempos im Film wird die emotionale Wirkung, die manche Szene hätte haben können, gnadenlos unterbunden, weil der Zuschauer schon wieder mit irgendetwas anderem bombardiert wird. „The Rise of Skywalker“ kommt kaum zur Ruhe, um wirkliche Charaktermomente zuzulassen. Um einmal „Revenge of the Sith“ zum Vergleich heranzuziehen: Auch die dritte Episode musste eine Menge leisten, Untergang der Republik und Jedi, Aufstieg des Imperiums, Anakins Fall zur Dunklen Seite usw., dennoch gelang es diesem Film, seinen Figuren etwas Raum zum „atmen“ zu geben. Ich will nicht behaupten, dass alle Charaktermomente funktionieren, aber wenn sie funktionieren, gehören sie mit zu den besten der Saga. Die Art und Weise, wie „The Rise of Skywalker“ strukturiert und geschnitten ist, hätte die Opern-Szene etwa kaum zugelassen.
Und schließlich: Rey und Kylo Ren/Ben Solo. Das Verhältnis zwischen diesen beiden kann man getrost als Herzstück der Sequel-Trilogie bezeichnen. Rey muss sich in diesem Film mit der Tatsache auseinandersetzen, dass sie Palpatines Enkelin ist – eine Fan-Theorie, die seit „The Force Awakens“ ihre Runden macht und schon damals reichlich dämlich war. Die Enthüllung, dass Rey ein „Niemand“ ist, war tatsächlich eines der Elemente, das mir in „The Last Jedi“ gefallen hat – mir sind in Star Wars sowieso schon zu viele Leute miteinander verwandt und verschwägert. Diese Enthüllung soll wohl Reys raschen Machtzuwachs erklären und befeuert zugleich den Plan des Imperators (dazu später mehr), wirft aber mehr Fragen und Probleme auf, als dadurch beantwortet und gelöst werden – ganz davon abgesehen, dass das alles fürchterlich erzwungen und plakativ daherkommt. Da wäre es noch besser gewesen, wenn Rey stattdessen eine spezielle Züchtung des Imperators, ein Sith-Experiment oder ähnliches gewesen wäre – damit hätte man eine interessante Geschichte erzählen können.
Kylo Ren tritt derweil ein weiteres Mal in die Fußstapfen seines Großvaters und kehrt am Ende des Films zur Hellen Seite zurück – dieses Mal nicht, um einen Todesfall in der Familie zu verhindern, sondern weil er bereits geschehen ist. Insgesamt ist Ben Solos Charakterentwicklung in diesem Film noch am überzeugendsten, was schlich an Adam Driver liegt und natürlich auch daran, dass diese Entwicklung die klarste ist – leider ist das nur verhaltenes Lob, denn wirklich gut ist sie nicht, nur besser als die anderen. Ein Ben Solo, der am Ende des Films für seine Taten wirklich geradestehen muss und durch den Tod nicht den „einfachen“ Ausweg bekommt, das wäre eine wirklich faszinierende Entwicklung gewesen.
Darth Sidious
Palpatine, der Imperator, Darth Sidious – nicht nur meine Lieblingsfigur in der Star-Wars-Saga, sondern wohl auch der Charakter, dem die Prequels nicht nur nicht geschadet haben, nein, er hat sogar von ihnen profitiert. In „Return of the Jedi“ entsprach er dem Archetypen des bösen Zauberers und Overlords. Zwar gewinnt er in den Episoden I bis III nicht wirklich an Tiefe und wird eine tragische oder gar nachvollziehbare Figur, aber er gewinnt an Facetten, wir sehen ihn als Meistermanipulator, der eine Demokratie stürzt und eine Diktatur errichtet. Obwohl die Rückkehr Imperator Palpatines in „The Rise of Skywalker“ nach Verzweiflung riecht, freute und freue ich mich, dass Ian McDiamird so noch einmal die Gelegenheit bekommt, in die ikonische Kutte zu schlüpfen. Unabhängig von allem anderen: McDiamird IST einfach Darth Sidious, so unausgegoren seine Rolle in diesem Film auch sein mag, ihm kann man definitiv keinen Vorwurf machen, mit dem, was man ihm gibt, stellt er das bestmögliche an und erfüllt jeden seiner Sätze mit abgrundtief böser Gravitas. Nun stellt sich die Frage, was Palpatine als neuer alter Oberschurke im Trilogie-Finale so anstellt. Wie sieht sein Masterplan dieses Mal aus? Leider entspricht er ganz dem Niveau der restlichen Handlung des Films: Zu Beginn lockt er Kylo Ren zu sich, zieht sich buchstäblich eine Flotte aus dem Arsch und beauftragt Kylo, Rey zu töten. Später erfahren wir allerdings, dass er Rey niemals tot sehen wollte, sondern das alles nur dazu diente, sie zu seinem Stützpunkt auf dem Sith-Planeten Exegol in den Unbekannten Regionen zu locken. Dort soll seine Enkelin ihn nach bester Sith-Tradition in all ihrem Hass niederstrecken und seinen Platz einnehmen, wobei sein Geist (sowie die Geister aller Sith (?)), was auch immer es damit auf sich hat) dann auf sie übergeht. Nachdem Rey von dieser Idee allerdings nicht allzu begeistert ist, saugt Sidious die Energie aus der Machtverbindung zwischen Rey und Ben Solo, der inzwischen als Geläuterter ebenfalls zurückgekehrt ist, um so seinem leichenhaften Zustand zu entkommen und zu alter Macht zurückzukehren. Da hatte der Sith-Meister schon bessere Pläne.
Rey (Daisy Ridley) und Kylo Ren (Adam Driver) kämpfen in den Trümmern des zweiten Todessterns
Ein weiteres Mal zeigt sich hier, wie wenig in den Sequels geplant war und mit welcher Nonchalance Abrams und Terrio einfach über offene Fragen hinweggehen. Tatsächlich erklärt der Film nicht, wie und warum Palpatine noch lebt… oder sagen wir besser, noch existiert, denn rein optisch befindet er sich die meiste Zeit über in einem ziemlich untoten Zustand. Der von Dominic Monaghan gespielte Resistance-Soldat Beaumont Kin erwähnt in einem Halbsatz Klone, was man wohl als Anspielung auf die Legends-Comicserie „Dark Empire“ aus den 90ern werten kann; in dieser kehrt Palpatines Geist in einem Klonkörper seiner selbst zurück und entfesselt erneut Tod und Verderben in der Galaxis – ganz ähnlich, wie er es in Episode IX tut. Es gibt tatsächlich einen Hinweis darauf, dass dem so sein könnte, denn Palpatine sieht zwar aus wie eine halb verweste Leiche, die Entstellung durch die Machtblitze, die von Mace Windus Lichtschwert auf ihn in „Revenge of the Sith“ zurückgeworfen wurden, ist jedoch nicht vorhanden. Merkwürdigerweise kehrt sie allerdings zurück, als Palpatine Kraft aus der Machtverbindung schöpft, was nicht allzu viel Sinn ergibt. Einer anderen Theorie zufolge, auf die ich in den Untiefen des Internets gestoßen bin, hat Palpatine auf dem Zweiten Todesstern eine Art Wurmloch geöffnet und ist nach Exegol entkommen; dieser Akt kostete ihn allerdings so viel Kraft, dass er Jahrzehnte brauchte, um sich halbwegs zu regenerieren. Wie dem auch sei, in einem weiteren Halbsatz wird, wie bereits erwähnt, auf höchst antiklimaktische Art und Weise eröffnet, dass Sidious hinter Snoke und damit auch hinter der Ersten Ordnung steht und Ben Solo wohl von Anfang an manipuliert hat, sowohl über Snoke (den er dann wohl ferngesteuert hat), als auch als Stimme von Vader. Auch sonst scheint mit alles um Sidious und seine Absichten recht schlecht durchdacht. Wer sind beispielsweise die ganzen vermummten Gestalten, die sich da in seinem Thronsaal herumtreiben?
Das vielleicht größte Problem bei der Sache: Abrams und Terrio wissen nicht so recht, was sie mit Palpatine anstellen sollen – die meiste Zeit über tut er das, was er auch schon in „Return of the Jedi“ tat: Er sitzt bzw. hängt rum, gibt hasserfüllten Dialog zum Besten und wirft mit Blitzen um sich. Ich bin nun wirklich kein Fan von „Star Wars Rebels“, aber diese Serie hat es geschafft, mit Sidious interessantere Dinge anzustellen als das Finale der Saga, und dort taucht der Imperator sogar fast ausschließlich als Hologramm auf. Warum präsentiert er sich Rey, die die ganze Sequel-Trilogie über verzweifelt nach Familie und Zugehörigkeit sucht, nicht als genau das und nimmt noch einmal die Gestalt des liebenswerten Großvaters an, in der er auch schon Anakin zur Dunklen Seite bekehrt hat? Dass sich Rey einem halb verwesten Leichnam nicht anschließt, kann man ihr kaum übel nehmen. Ohnehin hat man nie das Gefühl, Rey wäre auch nur eine Sekunde lange wirklich in Versuchung, sich der Dunklen Seite zu verschreiben – trotz Vision von Dark-Rey mit klappbarem Doppelklingenlichtschwert. Auch die Art und Weise, wie Palpatine letztendlich besiegt wird, wirkt unheimlich abgedroschen – schon wieder bekommt er seine eigenen Machtblitze ins Gesicht. Man fühlt sich an „Harry Potter and the Deathly Hallows“ erinnert, wo Voldemort zum wiederholten Mal von seinem eigenen Todesfluch erwischt wird.
Fazit: Das Vermächtnis der Saga Letztendlich ist das passiert, was ich vermutet habe: Die Sequel-Trilogie kann nun endgültig als gescheitert betrachtet werden, es gibt kein erzählerisches Konzept, nur ein Reagieren auf den vorherigen Film, jede Episode ist die Antithese zur vorangegangenen, die beiden verantwortlichen Regisseure arbeiten gegeneinander. Auf technischer bzw. formaler Ebene wissen gewisse Elemente, zumindest abseits des erratischen Schnitts, durchaus zu gefallen, Abrams versteht es, beeindruckende Bilder zu erzeugen, die gezeigten Planeten sind die interessantesten der Sequels und besonders die Sith-Welt Exegol und die Festung des Imperators sprechen mich ästhetisch durchaus an. Auch einige der Action Set-Pieces wissen zu gefallen, die Darsteller sind im Großen und Ganzen gut oder, im Fall von Adam Driver und Ian McDiamird, sehr gut, aber all das wiegt die Plot-, Figuren- und Konzeptionsprobleme nicht einmal ansatzweise auf. „The Rise of Skywalker“ ist ein Film des kleinsten gemeinsamen Nenners, der primär Fan-Theorien und bereits Dagewesenes neu aufwärmt.
Wie bereits erwähnt kündigte J. J. Abrams vollmundig an, hier die Fäden aller drei Trilogien zusammenzuführen – nach wie vor bleiben die Prequels allerdings das ungeliebte Stiefkind, das kaum berücksichtigt wird. Sidious zitiert sich das eine oder andere Mal selbst („The Dark Side of the Force is a pathway to many abilities some consider to be unnatural“, „Do it“), sein Sith-Erbe wird bemüht, ohne es allerdings tatsächlich mit Substanz zu füllen und am Ende, als Rey die Stimmen der toten Jedi hört, sind auch Anakin und sogar Ahsoka dabei (was freilich leicht untergeht), aber davon abgesehen bleiben die Prequels nach wie vor auf der Strecke. Die Idee des Gleichgewichts der Macht, die in „The Force Awakens“ und „The Last Jedi“ immerhin noch einmal angerissen wurde, wenn auch nur nebenbei, wird fast komplett fallengelassen, nur Anakins Machtgeiststimme erwähnt es noch und meint, Rey solle nun die Macht ins Gleichgewicht bringen, so wie er es getan hat. Da Sidious aber noch lebt, scheint das ja nicht der Fall zu sein – oder muss die Macht alle paar Jahrzehnte einfach neu justiert werden? Wie so oft hat man sich wohl auch über diesen Aspekt keine Gedanken gemacht, sondern wirft einfach nur ein Schlagwort in den Raum in der Hoffnung, das werde die Fans schon zufrieden stellen. Genau diese Einstellung ist der Grund, weshalb „The Rise of Skywalker“ als Finale der Skywalker-Saga mehr als nur ernüchternd ist. Im Internet schwirren dutzende an Fan-Idee herum, wie man dieses Finale hätte deutlich besser und runder gestalten können. Wo Disney schon die ganzen abgeschmackten Fan-Ideen eingebaut hat, warum nicht auch ein paar von den guten? Selbst als reines Finale dieser Trilogie funktioniert „The Rise of Skywalker“ nicht, weil eben mit Palpatines Rückkehr noch einmal ein völlig neues Fass aufgemacht wird. Hätte man sich bei Disney von Anfang an überlegt, welche Geschichte man mit dieser Trilogie eigentlich erzählen will und dazu einen gescheiten Fahrplan aufgestellt, hätte man sich einiges ersparen können.
Aus Zeitgründen habe ich mich von der „Aktuell-Kategorie“ meines Blogs schon vor einiger Zeit verabschiedet (es dürfte vielleicht aufgefallen sein, dass meine Post-Frequenz im letzten Jahr deutlich abgenommen hat, was vor allem daran lag, dass ich mit dem Sammeln von Überstunden beschäftigt war). Aber hin und wieder will man doch zumindest mal semi-aktuell sein – und was eignet sich da besser als der Teaser zur nächsten Star-Wars-Episode.
Gemessen an dem, was da dieses Jahr auf uns zukommt – nichts weniger als das Finale der Skywalker-Saga – lässt zumindest mich das erstaunlich kalt. Übersättigung, Nachwirkungen der Episode VIII-Problematik bzw. der damit zusammenhängenden Debatte – vermutlich eine Mischung aus all diesen Elementen. Der Teaser selbst ist da leider keine große Hilfe, denn insgesamt ist er relativ unspektakulär. Er beginnt (mal wieder) auf einem Wüstenplanteten – ob Jakku, Tatooine oder ein neuer ist nicht klar – und mit einer Rey, die sich einem Tie-Fighter gegenübersieht. Es wurde ja schon lange spekuliert, in wie fern Disney bzw. J.J. Abrams angesichts der vielen negativen Fan-Reaktionen auf „Die letzten Jedi“ Rian Johnsons Entscheidungen rückgängig machen würde. Die erste findet sich bereits: Rey hat offenbar Anakins altes Lichtschwert repariert. Die folgende akrobatische Einlage erinnert eher an die Prequels als an den zumindest diesbezüglich etwas konservativeren Einsatz der Macht in den Sequels.
Nach dieser recht langen, wenn auch kaum aussagekräftigen Sequenz folgen kürzere Eindrücke: Anflug auf einen neuen Planeten, Kylo Ren und seine Truppen in der Schlacht, eine unbekannte, aber recht haarige Person schweißt Kylos Helm wieder zusammen, kurze Eindrücke von Finn und Poe sowie BB8 und einem neuen Droiden und Lando Calrissian im Cockpit des Falken – alles untermalt von einer Trailermusik-Version von Leias Thema. Es folgt ein kurzer Action-Eindruck auf dem unidentifizierten Wüstenplaneten, wobei sich unsere Helden auf einem Fahrzeug befinden, das stark an Jabbas Gefährte aus Episode VI erinnert, eine Einstellung der Siegesmedallien aus Episode IV, Rey, die Leia umarmt und schließlich eine Gruppenaufnahme mit Rey, Finn, Poe, Chewie, C-3PO, BB8 und dem neuen Droiden, die vielleicht auf Endor anzusiedeln ist. Die nächste Einstellung zeigt jedenfalls etwas, das verdammt nach einem Trümmerstück des Todessterns aussieht. Der Planet selbst mit seiner zerklüfteten Küstenlandschaft wirkt zwar nicht wie Endor, aber selbst ein Waldmond muss ja nicht ausschließlich aus Wald bestehen.
Der beste Moment des Teasers folgt kurz vor der Titeleinblendung als Antwort auf Lukes Kommentar aus dem Off „No one’s ever really gone“ (eigentlich eine Dialogzeiel aus Episode VIII): Es erklingt das vertraute Lachen von Darth Sidious. Dann erfahren wir endlich den Titel von Episode IX: „The Rise of Skywalker“.
Gesamteindruck: Der Teaser sagt selbst für einen Teaser verdammt wenig darüber aus, worum es eigentlich geht und besteht primär aus Nostalgie-Beats, die auf Episode VI verweisen. Das Highlight ist zweifelsohne die angedeutete und inzwischen auch von J.J. Abrams bestätigte Rückkehr Palpatines. In welcher Form das geschehen wird bleibt natürlich unklar. Kehrt der Dunkle Lord der Sith tatsächlich von den Toten zurück, eventuell so, wie er es in der Comicserie „Dark Empire“ tat? Dort besetzte sein Geist Klonkörper seiner selbst. Kehrt er „nur“ als Dunkle-Seite-Version eines Machtgeistes zurück? Oder vielleicht sogar nur in Form von Aufzeichnungen oder Flashbacks?
Ursprünglich wurde in der neuen Disney-Kontinuität der Eindruck erweckt, dass es den Sith nicht mehr möglich sei, nach ihrem Tod als Geister wiederzukommen, so wie es in den Legends der Fall war. Nutzer der Dunklen Seite konnten zwar nicht zu „echten“ Machtgeistern werden, wie es den Jedi möglich war, aber sie konnten ihre Essenz an Gegenstände oder Orte binden oder per Essenztransfer in einen neuen Körper schlüpfen – einer ganzen Reihe von Dunklen Lords gelang es so, auch noch lange nach ihrem Tod ziemlichen Schaden anzurichten, von Marka Ragnos über Naga Sadow, Freedon Nadd, Darth Andeddu und Exar Kun bis hin zu, wie bereits erwähnt, Palpatine selbst. George Lucas gefiel diese Idee allerdings nicht. In den Mortis-Folgen der dritten Clone-Wars-Staffel waren ursprüngliche Gastauftritte der Sith-Lords Revan und Bane geplant, doch Lucas legte letztendlich sein Veto ein mit der Begründung, den Sith sei es nicht möglich, als Geister zurückzukehren. Selbst der Gastauftritt des von Mark Hamill gesprochenen Darth Bane, dem Yoda auf Moraband (formerly known as Korriban) in der sechsten Staffel der Serie begegnet, ist nur eine Illusion der Machtpriesterinnen und kein tatsächlicher Geist.
Mit der von Charles Soule verfassten Kanon-Darth-Vader-Comicserie, die kurz nach Episode III spielt, scheint diese Regel aber schon wieder ad acta gelegt zu sein, denn dort tauchte der Sith Lord Momin auf, dessen Essenz in seinem Helm weiterexistierte, ganz ähnlich wie es bei diversen Legends-Sith-Lords der Fall war; man denke etwa an Karness Muur, der ähnlich wie Momin von anderen durch ein Artefakt Besitz ergreifen konnte. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich halte es durchaus für möglich, dass Palpatine tatsächlich auf diese Weise zurückkehrt. Zweifelsohne wäre es eine, aber nicht die eleganteste Lösung für das Schurken-Problem von Episode IX. Denn, seien wir mal ehrlich, Kylo Ren funktioniert als Big Bad einer Trilogie genauso wenig wie General Hux. Hux kann nach Episode VIII ohnehin niemand ernst nehmen, während Kylo sowohl in Episode VII als auch in Episode VIII jeweils eine verheerende Niederlage hinnehmen musste. Im Vergleich dazu blieb Vader bis Episode VI im Grunde unbesiegt, die beiden Lichtschwertduelle, die er absolvierte, gewann er – und dabei war er nicht mal der Oberschurke.
Also bleiben letztendlich nur ein paar wenige Möglichkeiten: J.J. Abrams und sein Mit-Drehbuchautor Chris Terrio können versuchen, Kylo tatsächlich zum Oberschurken zu machen, sie können Snoke zurückbringen (was in meinen Augen aber ebenso wenig funktionieren würde), sie können einen neuen Big Bad aus dem Hut zaubern oder man nimmt eben einen, der sich bereits bewährt hat, wie Darth Sidious. Der cleverste Weg wäre wohl, Sidious als Präsenz zurückzubringen, ohne ihn tatsächlich wiederzubeleben. Dazu müsste er nicht einmal als Geist auftauchen, stattdessen könnte es sich um einen lange vorbereiteten Plan handeln, während Palpatine in Form von Aufzeichnungen und Flashbacks als treibende Kraft wirkt. Schon lange kursieren im Internet Gerüchte, Matt Smith würde einen jungen Palpatine spielen. Immerhin gehen die Saw-Filme seit John Kramers Tod im dritten Teil seit einiger Zeit auf diese Weise vor. Zugegeben, nicht das beste Beispiel, aber dennoch. Diese Idee gab es in Chuck Wendigs Aftermath-Trilogie und anderen, in diesem Zeitraum spielenden Medien zwar bereits (Stichwort: „Operation Cinder“) , aber darauf könnte man tatsächlich aufbauen.
Ein weiteres Mal zeigt sich hier nun das fundamentale Problem der Sequel-Trilogie: Der Mangel an Planung und Gesamtkonzept und die Unentschlossenheit bei der Konzeption von Episode VII. Entweder hätte man die Sequels tatsächlich als Fortführung der Skywalker-Saga konzipieren müssen, oder aber etwas völlig Neues aufziehen. Darth Sidious war der überspannende Schurke der bisherigen Saga. Natürlich, das war er nicht von Anfang an, bekanntermaßen sollte der Imperator in Episode IV ein schwacher Diktator sein, der von Leuten wie Tarkin kontrolliert wurde. Erst mit Episode V und VI entwickelte wurde er zum Oberschurken und erst mit den Prequels zum alles umfassenden Überschurken, der der für den Fall der Republik und die Vernichtung der Jedi verantwortlich war, quasi dem Star-Was-Äquivalent zu Satan. Es wäre naheliegend gewesen, ihn als auch Bedrohung der Episoden VII bis IX beizubehalten, sei es als tatsächlich aktiver Schurke, als Geist oder Holocronaufzeichnung, um einen Nachfolger heranzuzüchten.
Die Alternative wäre gewesen, Episode VII als Start von etwas völlig Neuem zu inszenieren, ähnlich wie es die „New Jedi Order“ im Legends-Bereich tat. Damit will ich nicht sagen, dass Lucasfilm die Yuuzhan Vong in den Kanon hätte bringen sollen, aber eventuell ein Gegenstück, eine wie auch immer geartete neue Bedrohung, die vielleicht sogar Rebellen/Republik und Rest-Imperium dazu gezwungen hätte, sich zu verbünden. Letztendlich entschied man sich dann aber eben dafür, denselben Konflikt mit neuen Figuren noch einmal auszutragen. Snoke statt Palpatine, Kylo Ren statt Darth Vader, die Erste Ordnung statt dem Imperium und der Widerstand statt der Rebellion. So, wie sie jetzt ist, ist die Sequel-Trilogie weder richtige Fortsetzung noch der wirkliche Start eines neuen Kapitels, sondern bestenfalls ein Nachgedanke, ein Anhängsel, weder Fisch noch Fleisch.
Natürlich könnte Episode IX das rückwirkend noch revidieren, der aktuelle Teaser macht sehr deutlich, dass genau das der Ansatz von Abrams und Terrio ist. Aber selbst dann würde es aufgesetzt wirken, schließlich wurde von offizieller Seite bereits mehrfach zugegeben, dass die Sequels nicht durchgeplant wurden und dass Rian Johnson auch nicht an Abrams‘ Ideen für den Rest der Trilogie gebunden war, sondern im Grunde tun konnte, was er wollte. Ich persönlich bin ja eigentlich immer für kreative Freiheit, aber nicht zum Preis der übergeordneten Handlung.
Wie dem auch sei, ich befürchte, dass „The Rise of Skywalker“ abermals in zu großem Ausmaß die Nostalgiekarte ausspielen wird. Der Titel ist natürlich ein Kuriosum für sich, passt aber zu den Aussagen, man wolle die gesamte Skywalker-Saga aufgreifen und alles zusammenführen. Fraglich ist natürlich, was mit dem Titel gemeint ist. Tatsächlich noch lebende Skywalkers sind Kylo und Leia, aber es erscheint unwahrscheinlich, dass einer von beiden gemeint ist. Ist Rey doch eine Skywalker? Kehrt Luke zurück? Oder ist das ganze in irgendeiner Form metaphorisch zu verstehen?
Um auf einer positiven Note zu enden: Insgesamt erhoffe ich mir von Episode IX erst einmal einen gelungenen letzten John-Williams-Star-Wars-Soundtrack, einige schöne neue Auftritte von Ian McDiamird als Darth Sidious (diese können auch noch den schwächsten Film aufwerten) und endlich mal wieder ein wirklich zünftiges Lichtschwertduell, denn diesbezüglich gab es in der Disney-Ära außerhalb von „Star Wars Rebels“ wirklich sehr wenige, und auch die Rebels-Duelle waren nicht immer das Gelben vom Ei bzw. das Weiße vom Lichtschwert.
Enthält die volle Ladung Spoiler!
Es gibt Filme, die wissen einen im Kino noch zu fesseln, fallen aber auseinander, wenn man beginnt, hinterher über sie nachzudenken. „Batman v Superman: Dawn of Justice“ gehört nicht zu diesen Filmen, für mich ist er schon während des Kinobesuchs auseinander gefallen. Den Titel meiner ausführlichen Rezension habe ich nicht von ungefähr gewählt, und ich habe es auch schon in meiner kürzeren Kritik gesagt: „Batman v Superman: Dawn of Justice“ macht minutiös dieselben Fehler wie „The Amazing Spider-Man 2“. In beiden Fällen handelt es sich um einen Film, der auf Basis des Vorgängers ein größeres Superheldenuniversum initiieren soll, und in beiden Fällen merkt man ihm an, dass es eine Liste von Studioseite gab, die es abzuarbeiten galt, die aber oft einfach nicht mit dem Film harmoniert. Beide Filme haben Plotstränge, die nicht ineinandergreifen und zusammenpassen wollen, genau deshalb haben beide auch massive Probeleme bezüglich Struktur und Narrative und darüber hinaus gibt es in beiden Filmen viel zu viele plumpe Hinleitungen zu besagtem größerem Superheldenuniversum, die von der eigentlichen Handlung zu abgekapselt sind. Unter all dem leiden die Figuren, was besonders den Schurken betrifft. Und dann taucht im jeweiligen dritten Akt sehr plötzlich ein neuer Schurke auf, um noch in letzter Sekunde ein bahnbrechendes, schockierendes und klassisches Ereignisse aus der Comic-Historie einzubauen, das sich im Film sehr unnatürlich anfühlt, weil er nicht darauf hinarbeitet.
„Batman v Superman: Dawn of Justice“ ist ein höchst ambitionierter Film, der zu viel will. Je länger ich über ihn nachdenke, des problematischer wird er auch; aber gleichzeitig handelt es sich hierbei auch um einen höchst interessanten Film, schon allein wegen seiner Rezeption. Auf der einen Seite wird er von professionellen Filmkritikern fast ausnahmslos verrissen. Natürlich gibt es auch immer mal wieder eine positive Rezension, aber selbst diese sind höchstens verhalten positiv. Das bisherige Einspielergebnis spricht dagegen eine andere Sprache, und auch in Fankreisen findet Snyders zweiter DCEU-Film weitaus mehr Zuspruch. Insofern ist es ironisch, dass mich gerade meine eigene Fanperspektive eher den Kritikern zustimmen lässt. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich an einen Batman-Film einfach zu hohe Ansprüche habe, wer weiß. Jedenfalls hätte dieser Film bzw. das Unterfangen eines großangelegten cinematischen DC-Universums grandios werden können, aber „Dawn of Justice“ ist nicht nur für sich gesehen ziemlich problematisch, sondern auch in Bezug auf die kommenden Filme.
Dabei bedient Snyder die Fans in mancher Hinsicht durchaus großzügig, es finden sich viele, viele Anspielungen, manche subtil, andere ziemlich unsubtil, auf die diversen Vorlagen. Oft wurde Panels fast eins zu eins umgesetzt und Dialogzeilen direkt übernommen. Der Prolog etwa, der die Ermordung der Waynes zeigt, stammt fast genau so aus „The Dark Knight Returns“, und viele Zitate sowie der eigentliche, titelgebende Kampf schulden Frank Millers Graphic Novel sehr viel. Einige dieser Fanboymomente haben mich durchaus beeinflusst: Zum ersten Mal DCs Trinität vereint auf der Leinwand zu sehen war schon etwas, für das ich als Kind ziemlich viel gegeben hätte. Das Problem dabei ist die Direktübernahme dieser Elemente in einem veränderten Kontext, einem Kontext, in dem diese Elemente einfach nicht mehr auf die gleiche Weise funktionieren, aber nicht ausreichend angepasst sind.
Drei zum Preis von einem
„Dawn of Justice“ hat einige interessante Ideen und stellt auch ein paar interessante Fragen, hat aber Probleme, besagte Elemente sinnvoll umzusetzen. Schon in „Man of Steel“ war es ganz ähnlich: In der ersten Hälfte wurde viel Zeit damit verbracht, darüber zu diskutieren, was es heißt, Superman zu sein. Diese Frage ist natürlich für eine Neuinterpretation sehr interessant, aber „Man of Steel“ hat es nie geschafft, zu vermitteln, was es heißt, Superman zu sein, anstatt nur darüber zu reden. Sämtliche philosophischen Ansätze wurden in der Materialschlacht des dritten Aktes erstickt. Das wiederholt „Dawn of Justice“ leider, aber dabei liegt nicht einmal das Hauptproblem. Dieses sieht folgendermaßen aus: In „Dawn of Justice“ stecken mindestens drei, wenn nicht sogar vier unterschiedliche Filme mit unterschiedlichen Zielen, die meistens gegeneinander arbeiten und den anderen die Luft abschnüren.
Da hätten wir zum einen das eigentliche Sequel zu „Man of Steel“, das sich mit den Konsequenzen des Angriffs der Kryptonier beschäftigt, einen Batman-Film, der die neue Inkarnation des Dunklen Ritters vorstellt und dann das eigentliche Aufeinandertreffen der beiden. Oh, und vergessen wir auch Supermans Tod nicht. Ich hatte schon die Befürchtung, dass das kommen würde, als Doomsday in diesem unsäglichen Trailer auftauchte, da er nun einmal untrennbar mit Supermans (zumindest vorübergehendem) Tod verbunden ist – so geschehen in den 90ern, im Rahmen der Storyline „The Death of Superman“. Mal ehrlich, bei einer so ikonischen Figur wie dem Mann aus Stahl finde ich es unangemessen, dass ein derartiges Ereignis in einem Film kommt, in dem er fast schon eine Nebenfigur ist. Ein Film, der den Tod Supermans thematisiert, sollte auch ein Film sein, der IHM gehört und der auf dieses Ereignis hinarbeitet. Der Grund, weshalb Geschichten wie diese in den Comics funktionieren ist, dass sie ausgiebig darauf hinarbeiten. In „Dawn of Justice“ wirkt Supermans Tod auf mich wie etwas, dass das Studio in letzter Sekunde entschieden hat, um die größtmögliche Wirkung mit dem kleinstmöglichen Aufwand zu bekommen (etwas ganz Ähnliches hat man auch in „Star Trek Into Darkness“ und natürlich in „The Amazing Spider-Man 2“ versucht). Was noch erschwerend hinzukommt: Superman ist kaum etabliert. Wir haben mit dieser Inkarnation des Mannes aus Stahl kaum Zeit verbracht; im ersten Film kommt er, im zweiten geht er. Natürlich wird Superman auch hier nicht tot bleiben, „Dawn of Justice“ selbst kündigt das ja bereits an, aber dennoch verliert die ganze Aktion hier jedwede Wirkung, weil Superman im DCEU nie zu dem Symbol geworden ist, das er in den Comics oder anderen Adaptionen wurde.
Selbst, wenn wir Supermans Tod einmal ignorieren, ist „Dawn of Justice“ noch gnadenlos überfrachtet. Das wird umso deutlicher, da dieser Film eine ähnliche Struktur besitzt wie „Man of Steel“: In der erste Hälfte gibt es vornehmlich Exposition, in der zweiten Action. Immerhin kann man „Man of Steel“ diesbezüglich zugutehalten, dass die Geschichte, die der Film erzählt, in sich halbwegs kohärent ist, auch wenn das auf die Erzählweise nicht zutrifft. Die Erzählweise von „Dawn of Justice“ ist nicht nur ebenfalls inkohärent, wenn auch auf andere Weise, der Plot ist es sogar in noch größerem Ausmaß: Aufgrund der vielen Elemente, die erklärt und vorgestellt werden müssen, kommt aber nie ein passender, narrativer Fluss auf. Die Exposition bleibt ziemlich inhaltsleer, weil Snyder sofort wieder zur nächsten Baustelle hastet; der Film springt wild hin und her, ohne dass das Gezeigte Wirkung entfalten könnte. Alles wird angerissen, aber nichts wird ausgeführt – es hat sich für mich wirklich so angefühlt, als würde in „Dawn of Justice“ immer zwischen zwei Filmen hin und her geschnitten, ohne dass man beide vollständig zu sehen bekommt. Darunter leider nicht nur die Charakterentwicklung, es öffnet auch massive Logiklöcher. Auf einmal kennt Lex Luthor plötzlich sowohl Batmans als auch Supermans Geheimidentität, völlig ohne Erklärung. Außerdem wird alles, was es an interessanten Ansätzen gibt, kaum wieder aufgegriffen, etwa, wie Superman selbst mit den Ereignissen des Vorgängers hadert. Es gibt ein, zwei Szenen, in denen er ein wenig reflektiert, diese haben aber so gut wie keine Auswirkungen auf den restlichen Film. Ebenso die Wirkung, die sein Tun auf die Welt hat. Seine Wirkung bleibt schwer fassbar, weil der Film immer nur Einzelne zeigt, die auf ihn reagieren, aber es nie schafft, ein stimmiges Gesamtbild zu erzeugen. Oder Alfreds Satz, der bereits in einem der Trailer sehr prominent war: „The fever, the rage, the feeling of powerlessness that turns good men… cruel.” Ein sehr interessanter Ansatz, der eine Differenz zwischen Alfred und Bruce andeutet. Leider wird dieser potentielle Konflikt nie wieder auch nur angesprochen.
Auch manche Figuren fallen dem zum Opfer. Lois Lane etwa, die in diesem Film im Grunde fast völlig überflüssig ist und in ihre alte Klischeerolle zurückfällt: Sie muss ständig gerettet werden, und zwar gefühlt öfter als die von Margot Kidder dargestellte Lois in „Superman“ von 1978. Vor allem im Finale des Films ist auffällig, wie sehr man versucht hat, ihr etwas zu tun zu geben, es aber nicht geschafft hat: Erst wirft sie den Kryptonitspeer ins Wasser, dann versucht sie ihn herauszufischen und darf es nicht mal schaffen, sodass sie immerhin einen marginalen Beitrag liefern kann, nein, Superman muss sie erneut retten. Dagegen ist die von Holly Hunter dargestellte Senatorin Finch sehr interessant und ein guter Gegenpol zu Lex Luthor, wird aber viel zu schnell abserviert, als dass sie wirklich etwas bewirken könnte.
Insgesamt hätte „Dawn of Justice“ weitaus besser funktioniert, hätte er nicht die gesamte Exposition stemmen müssen – vor einem Aufeinandertreffen der beiden Ikonen hätte es mindestens noch einen weiteren Batman-Film sowie ein Sequel zu „Man of Steel“ geben müssen. Ersterer hätte die neue Inkarnation des Dunklen Ritters in aller Ruhe vorstellen können, Letzterer hätte sich mit Supermans Etablierung als größter Held der Welt beschäftigen müssen.
Ich hätte mir für ein solches Unterfangen gut die Schurkenkombo Lex Luthor/Metallo vorstellen können. In diesem hypothetischen Sequel setzt sich Superman tatsächlich mit den Folgen des Kryptonierangriffs und auch mit der öffentlichen Wahrnehmung auseinander und versucht gleichzeitig, die Menschen für sich zu gewinnen, zum Beispiel durch Offenheit: Superman bietet der Menschheit offiziell seine Dienste an, hilft beim Wiederaufbau von Metropolis etc. Luthor gibt sich zu Beginn als Unterstützer des Mannes aus Stahl aus, will ihn aber insgeheim kontrollieren. Als sich herausstellt, dass ihm das nie gelingen wird, versucht er eine Anti-Superman-Waffe zu schaffen: Metallo. Bei diesem handelt es sich um einen Mann namens John Corben, der während der Ereignisse von „Man of Steel“ schwer verletzt wurde und den Luthor nun zu einem mit Kryptonit angetriebenen Cyborg macht, der dadurch aber seine Menschlichkeit, bzw. seine Fähigkeit, menschliche Emotionen wahrzunehmen verliert. Dieses MoS-Sequel würde die Themen Menschlichkeit und Verantwortung anhand von Superman, Luthor und Metallo erforschen und wäre idealerweise nicht unter der Federführung von Zack Snyder und David S. Goyer entstanden.
Lex Luthor
Eine der größten singulären Schwächen des Films ist für mich Lex Luthor. Jesse Eisenberg funktioniert für mich in dieser Rolle auf keiner Ebene, wobei das nicht unbedingt die Schuld des Darstellers ist. Die Konzeption ist zugegebenermaßen noch ganz interessant und etwas gewagt, aber sie geht nicht auf. Dieser Lex soll weniger der skrupellose Großindustrielle, sondern eher ein exzentrischer moderner Internetmilliardär des 21. Jahrhunderts sein. Im Vorfeld wurde immer wieder betont, es handle sich hierbei um Alexander Luthor junior, dessen gleichnamiger Vater eher dem Luthor aus den Comics entspricht. Im Grunde ist das aber ziemlich irrelevant, da es trotz allem der Junior ist, der hier als Supermans Gegner und potentieller Erzfeind fungiert.
Alexander Luthor jr. (Jesse Eisenberg)
Selbst wenn man diesen Lex Luthor mit den diversen, eher schwächeren Marvel-Schurken vergleicht, zieht er den Kürzeren. Red Skull oder Ronan der Ankläger waren als Figuren ziemlich uninteressant und flach, waren aber für den Plot funktional, weil sie eine klare Agenda hatten. Lex Luthors Agenda und Motivation wandelt sich dagegen fast ständig. Will er nur Superman tot sehen, und wenn ja warum? Es gibt hier weder ein persönliches Verhältnis, noch macht der Film klar, ob Superman in irgend einer Art und Weise Lex in die Quere gekommen ist, sodass seine Motivation extrem vage bleibt. Hin und wieder lässt er ein paar kryptisch-metaphysische Sätze oder religiöse Metaphern vom Stapel, an einer anderen Stelle deutet er einen Vaterkomplex an, plötzlich will er ohne ersichtlichen Grund Batman tot sehen usw. Diese Inkohärenz erstreckt sich auch auf Luthors Plan, der unnötig kompliziert und unlogisch ist. Wenn er Angst hat, Superman könne sich gegen die Menschheit wenden und ließe sich nicht kontrollieren, wieso erschafft er dann mit Doomsday ein Monster, dass sich, wie wir gesehen haben, auf jeden Fall gegen die Menschheit wendet und genauso wenig aufzuhalten ist? Und falls es doch einen Kontrollmechanismus gibt, wird er im Film jedenfalls nicht erwähnt.
Hinzu kommt, dass dieser Luthor für mich auch auf einer inszenatorischen Ebene versagt. Eisenberg spielt ihn irgendwo zwischen Kevin Spaceys Lex Luthor und Heath Ledgers Joker, was dafür sorgt, dass ich ihn absolut nicht ernst nehmen kann. Ich denke, der Lex Luthor aus Brian Azzrellos „Lex Luthor: Mann aus Stahl“ hätte in diesem Kontext exzellent funktioniert.
Kampf der Giganten
In meiner Artikelreihe „Kampf der Giganten“ habe ich mich unter anderem bemüht aufzuzeigen, wie ein Konflikt zwischen Batman und Superman in den Comics gewöhnlich gehandhabt wird und wie er in meinen Augen auch aussehen sollte. Egal ob im Guten oder im Schlechten, wenn Batman und Superman aufeinandertreffen, sollte es zu einer Kollision der Weltanschauungen kommen, gleich, ob die beiden darüber in Konflikt geraten oder erkennen, dass sie sich trotz ihrer unterschiedlichen Ideologien respektieren oder sogar ausgezeichnet ergänzen. Dieser Ansatz wäre meiner Meinung nach essentiell gewesen, ist im Film aber praktisch überhaupt nicht vorhanden, und das aus einem simplen Grund: Batman und Superman sind sich hier viel zu ähnlich, als dass der Konflikt wirklich funktionieren könnte.
Der Robin-Anzug in der Bathöhle
Betrachten wir zuerst einmal die neue Inkarnation des Dunklen Ritters: Zack Snyder hat definitiv ein gutes Händchen dafür, Batman zu inszenieren, aber nicht, ihn zu konzipieren. Ben Affleck gefällt mir darstellerisch in der Rolle ausgezeichnet, und die Szenen mit ihm als Batman sind meistens sehr ansehnlich; der Kampf im Lagerhaus könnte fast direkt aus einem der Arkham-Spiele stammen (was hier als Kompliment zu verstehen ist), und jede Szene mit ihm und Jeremy Irons als Alfred ist grandios. Als Figur bleibt Batman aber hier viel zu undefiniert. Im Grunde bedienen sich Snyder, Goyer und Terrio desselben Batman-Konzepts wie Tim Burton: Dieser Dunkle Ritter hat scheinbar keinerlei Achtung vor Menschenleben; er ist bereit, massive Kollateralschäden in Kauf zu nehmen. Außerdem bleibt seine Vergangenheit größtenteils im Dunkeln, im Film gibt es nur ein paar subtile Andeutungen, zusätzlich zur Ermordung der Waynes, die schon wieder dargestellt wird. Gerade in diesem Film, der eigentlich ein Aufeinanderprallen von Weltanschauungen darstellen sollte, funktioniert das für mich nicht so recht und wirkt fast schon unzeitgemäß. Als Kenner der Figur kann man anhand der zum durchaus gelungenen visuellen Anspielungen durchaus nachvollziehen, was Snyder und Co. eigentlich bezwecken – das in Ruinen liegende Wayne Manor, das vom Joker gezeichnete Robin-Kostüm etc. Es ist wohl anzunehmen, dass dieser Batman früher heroischer war, ihn aber diverse Ereignisse, etwa der Tod eines Robins und schließlich Superman und die Invasion von General Zod, dazu verleitet haben, seine alten moralischen Vorstellungen größtenteils über Bord zu werfen. Das Ende wiederum deutet an, dass er langsam zu diesen zurückkehrt, weil er davon spricht, Superman gerecht zu werden und Lex Luthor nicht brandmarkt. Eigentlich wäre das eine durchaus interessante Charakterentwicklung, der Film schafft es aber nicht, diese zu vermitteln, sie geht in den anderen Handlungssträngen unter und basiert zu sehr auf Vorwissen, als dass ein Zuschauer, der mit den Comics nicht vertraut ist oder sich nicht mit dem Promotionsmaterial des Films beschäftigt hat, das deutlich erkennen könnte. Es fehlt der Kontrast, Alfred erwähnt in einem Halbsatz, dass Batman jetzt härter ist, und auch in einer Zeitungsschlagzeile ist kurz zu sehen, dass das Branntzeichen erst seit Kurzem zum Repertoire des Dunklen Ritters gehört, aber trotzdem hat man kaum einen Eindruck davon, wie Batman früher war. Zudem steht Batmans exzessive Rücksichtslosigkeit in keinem Verhältnis zu der Entwicklung, die Snyder und Co. (vermutlich) im Sinn hatten. Ein zusätzlicher Batman-Film, der diese neue Version des Dunklen Ritters etabliert und besagte Entwicklung verdeutlicht, hätte da Abhilfe geschafft, aber Warner will ja unbedingt so schnell wie möglich zur Justice League.
Batmans exzessive Rücksichtlosigkeit bringt uns auch gleich zum nächsten Problem, nämlich dem eigentlichen Konflikt der beiden Helden. Wie bereits gesagt, beide Helden sind sich zu ähnlich. Sowohl Superman als auch Batman könnten nachvollziehbare Gründe für ihre Verurteilung des jeweils anderen haben, so, wie „Dawn of Justice“ das herüberbringt, erscheinen aber beide als Heuchler. Ich fand die Szene, in der Bruce Wayne die Zerstörung von Metropolis aus der Normalo-Sicht mitbekommt, unheimlich stark. Die Kollateralschäden, die Batman allerdings im späteren Verlauf einzugehen bereit ist, arbeiten gegen diese Szene und die in ihr etablierte Motivation, und zudem sind sie Batmans Ziel schlich nicht zweckdienlich. Was ist aus dem Batman geworden, der infiltriert, tarnt und täuscht, statt alles brachial niederzuwalzen und zu –schießen?
Batman (Ben Affleck) versus Superman (Henry Cavill) im Miller-Stil
Superman hat es fast noch schlimmer erwischt, weil seine Abneigung gegen Batman kaum begründet wird. Wäre sie aufgrund besagter Kollateralschäden entstanden, wäre sie vielleicht sogar noch nachvollziehbar, aber es geht lediglich um die Branntzeichen, die Batman den Kriminellen verpasst. Im Vergleich dazu löst Superman internationale Zwischenfälle aus, nur um seine Freundin zu retten und scheint sich auch sonst nicht darum zu kümmern, wie man ihn wahrnimmt. Ich habe mit dem Superman dieses Films so ganz allgemein meine Probleme. In „Man of Steel“ habe ich Superman zumindest noch ansatzweise erkannt, aber in „Dawn of Justice“ zieht Henry Cavill die ganze Zeit eine Miene, die grimmiger ist als Batmans und kommt allgemein als fürchterlich arrogant und selbstgerecht rüber. Somit bleibt der eigentlich Kern des Films, der Konflikt der beiden Heroen, schlampig und halbherzig inszeniert, vor allem, weil es im Grunde zwei Mal dieselbe Figur ist, nur einmal mit und einmal ohne Superkräfte, wo die Dynamik doch eigentlich von Gegensätzen geprägt sein sollte. Entsprechend uninspiriert ist dann auch der Ausgang des eigentlichen, visuell durchaus ansprechend inszenierten Kampfes; Batman und Superman werden von einem Moment auf den anderen plötzlich Kumpel, weil ihre Mütter zufällig den gleichen Namen haben, anstatt dass sie lernen, sich gegenseitig zu respektieren. Entsprechend hohl wirkt dann auch das Ende des Films mit Supermans Begräbnis: Warum sollte man sich emotional fühlen angesichts der Art und Weise, wie Superman in diesem Film handelt? Warum sollte Batman seine Methoden ändern, um sich Supermans Opfer würdig zu erweisen, wo Superman doch fast genauso rücksichtslos vorgeht?
Dawn of Justice
Der Untertitel verweist nicht auf eine Thematisierung oder Verarbeitung des Begriffs „Gerechtigkeit“ und seiner Bedeutung, sondern ausschließlich auf Warner Bros. Vorhaben, die Justice League zusammen zu bringen, um mit Marvels Avengers konkurrieren zu können. Zu diesem Zweck wird „Dawn of Justice“ immer mal wieder angehalten, um einen Justice-League-Verweis einzubauen, der dramaturgisch völlig unsinnig ist, Zeit frisst, die an anderer Stelle fehlt und dazu noch völlig plump und uninspiriert daherkommt, so als kämen besagte Szenen direkt von den Produzenten des Studios (was wahrscheinlich auch der Fall ist). Zwei Elemente fallen da besonders auf. Zum ersten wäre da Batmans Vision in der Vision, die ich auch gerne als „Bat Max: Fury Road“ bezeichne: Wir sehen Batman in einem apokalyptischen Alptraum, in dem Superman offenbar als Diktator über eine verwüstete Erde regiert. Diese Thematik ist nicht neu, schon in „Superman: The Animated Series“ verschlägt es Lois Lane in einer Episode in eine Parallelwelt, auf der sie gestorben ist, was Superman dazu veranlasst hat, mit Lex Luthors Hilfe aus Metropolis einen Polizeistaat zu machen. Das Spiel „Injustice: Gods Among Us“ und die zugehörigen Comics bedient sich eines ähnlichen Plots; auch hier wird Superman nach Lois Lanes Tod zum Diktator und Batman zum Widerstandskämpfer. Das Omegasymbol im Sand und das Auftauchen dämonischer, geflügelter Wesen sind Indizien, doch noch auf etwas anderes hindeuten: Darkseid, einer von DCs größten Schurken, wird wohl früher oder später mit seine Paradämonen der Erde einen Besuch abstatten. Das Bild mit den Dämonen, die aus dem Himmel kommen, und die völlig aus dem Nichts kommende letzte Szene mit Lex Luthor deuten ebenfalls in diese Richtung. Tatsächlich wurde bereits eine geschnittene Szene veröffentlicht, die zeigt, woher Luthors plötzliches Wissen um eine potentielle Alieninvasion eigentlich herkommt und die uns eventuell auch Steppenwolf, Darkseids Onkel und Feldherrn, sowie die Mother-Box, einen göttlichen Supercomputer, zeigt. Da stellt sich nun die Frage: Arbeitet Superman in dieser Vision für Darkseid? Auch das gab es schon mal, nämlich im Serienfinale von „Superman: The Animated Series“, in welchem Darkseid Superman einer Gehirnwäsche unterzieht, sodass er glaubt, Darkseids Adpotivsohn zu sein.
„Bat Max: Fury Road“ ist in eine andere Vision eingebettet, in der der von Ezra Miller gespielt Flash auftaucht und Batman erklärt, Lois sei der Schlüssel (was wieder auf „Injustice: Gods Among Us“ hindeutet). Flash als Teil einer Zeitreisekrise verweist außerdem auf Geschichten wie „Crisis on Infinte Earths“ oder „Flashpoint“. Das Ganze bleibt allerdings ziemlich konfus und ich bin mir absolut nicht sicher, ob mir die Richtung gefällt, in die sich das Ganze bewegt.
Und dann wäre da natürlich noch die Vorstellung der anderen Justice-League-Mitglieder, die derart plakativ herüberkommt, dass ich im Kino meinen Augen kaum getraut habe: Da schickt Batman Wonder Woman doch tatsächlich eine E-Mail mit von Lex Luthor gestohlenen Dateien. Zu jedem späteren Mitglied der Liga (Flash, Aquaman, Cyborg) gibt es ein Video, das man sich ansehen kann. Das wirkt auf mich wie Promomaterial, das begleitend für einen Justice-League-Film als Teil einer Marketingkampagne veröffentlicht wird, nicht wie Teile dieses Films. Apropos Wonder Woman: Sie war definitiv eines der besten Elemente des Films, hat jede Szene gestohlen, in der sie war und zwischen ihr und Ben Affleck war so unendlich viel mehr Chemie als zwischen Amy Adams und Henry Cavill, aber wenn wir ehrlich sind, ist auch sie für diesen Film ziemlich irrelevant, da sie kaum etwas zur Handlung beiträgt. Mit einer minimalen Abänderung hätte der Endkampf auch nur zwischen Batman, Superman und Doomsday stattfinden können.
Bat Max, äh, Batman (Ben Affleck) betrachtet das Omega-Symbol im Sand
Was ist nun für die Zukunft des „DC Extended Universe“ zu erwarten? Zuerst einmal zwei Filme, für dich ich nach wie vor Hoffnung habe, nämlich „Suicide Squad“ (August 2016) und „Wonder Woman“ (Juni 2017). Beide sind nämlich erst einmal primär von der kommenden Justice-League-Adaption gelöst und Snyder, Goyer und Terrio sind auch nicht beteiligt (Ersterer ist zwar als ausführende Produzent genannt, aber das muss nicht unbedingt etwas heißen). „Suicide Squad“ beschäftigt sich in erster Linie mit Schurken und/oder eher unbekannten Nebenfiguren, während „Wonder Woman“ während des Ersten Weltkriegs spielt – die Möglichkeiten, die Justice League weiter vorzubereiten, sind damit eher begrenzt. Außerdem sehen die Suicide-Squad-Trailer und das, was wir von Wonder Woman in „Dawn of Justice“ gesehen haben, sehr vielversprechend aus. Wirklich Sorgen mache ich mir dann um „Justice League Part One“, bei dem wieder Zack Snyder Regie führt. Ich bin gespannt, ob und wie Warner auf die vernichtenden Kritiken reagiert. Auch der angekündigte Director’s Cut von „Dawn of Justice“ könnte zumindest interessant werden, da er dem Film tatsächlich helfen könnte, wenn er es schafft, die Struktur zu verbessern.
Fazit
An meinem ursprünglichen Fazit hat sich eigentlich nichts geändert, weshalb ich zum Schluss noch einmal auf einige Fan-Reaktionen eingehen möchte, die Kritikern vorwerfen, sie wollten nur einen Marvel-Film sehen, die DC-Filme seien düster und erwachsen, dies sei ein Film für die Comicfans etc. Ich hoffe, ich habe klar dargelegt, warum „Dawn of Justice“ für mich als Fan nicht funktioniert. Snyder, Goyer und Terrio mögen die Comics auf visueller Ebene zitieren, inhaltlich bleibt dies aber nur oberflächlicher Fanservice, da sie offenbar nicht begriffen haben (oder sich einfach nicht darum kümmern), was die Comics, die sie da zitieren, eigentlich aussagen. Und ich denke, niemand ist der Meinung, alle Superheldenfilme müssten wie die Streifen des MCU sein. Es geht nicht um die Prämisse bzw. die Stimmung an sich, sondern darum, wie sie umgesetzt wird. Die MCU-Filme sind im Großen und Ganzen selbstironischer, leichter und „heller“, während die (bisherigen) Filme des DCEU versuchen, düster, grimmig und ernsthaft zu sein – sie wären gerne eine Superheldencharakterstudie. Das Problem ist nicht, dass sie das versuchen, sondern dass sie an ihrer Prämisse ziemlich grandios scheitern. Wie dieses Vorhaben funktionieren kann, zeigen die Marvel-Serien von Netflix. So bleibt „Batman v Superman: Dawn of Justice“ ein sowohl faszinierendes als auch unendlich frustrierendes misslungenes Projekt, ein widersprüchlicher Film, der gleichzeitig zu lang und zu kurz und zu vorlagentreu und zu abweichend ist.
Lex Luthor ist ein sehr interessantes Objekt, um die Entwicklung von Superheldencomics zu betrachten, speziell, wenn es um Schurken geht. In früheren Zeiten hatte Lex Luthor eine sehr einfache, wenn auch ziemlich alberne Motivation: Er und Superman kannten sich als Teenager in Smallville, bei einem Unfall verlor Lex Luthor seine Haare, und für diesen Unfall machte er Superman verantwortlich. In den Comics der Silver Age betätigte Luthor sich entweder als verrückter Wissenschaftler und ließ irgendwelche gezüchteten oder mechanischen Absonderlichkeiten auf Superman los, oder er versuchte, dem Mann aus Stahl mithilfe seiner grünen, Iron-Man-ähnlichen Rüstung auf den Leib zu rücken. Beides kommt durchaus in modernen Comics noch vor, wenn auch weniger albern, was sich aber fundamental geändert hat, ist die Motivation.
Ich habe Lex Luthor in zwei Inkarnationen kennen gelernt. Zum einen hätten wir da den von Gene Hackman dargestellten Lex aus den Christopher-Reeve-Filmen, den ich nie wirklich ernst nehmen konnte. Diese Version der Figur hat es vor allem auf Landbesitzt abgesehen, im ersten Superman-Film von 1978 versucht er, die San Andreas Verwerfung durch ein künstliches Erdbeben zu zerstören, um den Wert seines Landbesitzes ins Unermessliche zu steigern. Ganz ähnlich denkt auch der von Kevin Spacey dargestellte Luthor in „Superman Returns“: Hier versucht er, mithilfe von kryptonischen Kristallen einen neuen Kontinent zu erschaffen. In beiden Fällen ist Luthor nicht wirklich ernst zu nehmen und erinnert an einen eher albernen Bondschurken. Um ehrlich zu sein, ich kann mit dieser Version der Figur kaum etwas anfangen. Der Lex Luthor, den ich bevorzuge, stammt aus „Superman: The Animated Series“ und den Comics der 90er: Der skrupellose Geschäftsmann und Meistermanipulator, dem man nie etwas nachweisen kann und der eine ziemlich komplexe Motivation besitzt. Genau diese Version der Figur erforschen Brian Azzarello und Lee Bermejo in ihrer fünfteiligen Miniserie „Lex Luthor: Mann aus Stahl“, deren Lektüre sich für alle lohnt, die sich mit der Persönlichkeit von Supermans Erzfeind beschäftigen wollen.
Die Miniserie schildert im Grunde einen Tag im Leben von Lex Luthor und zeigt ihn als komplexen Charakter mit nachvollziehbarer Motivation. Er sieht Superman als Bedrohung für die Größe des Menschen, als falschen Erlöser. In Luthors Augen ist Superman ein emotionsloses Alien, das das menschliche Potential einschränkt. Dementsprechend sehen wir Superman in diesem Comic auch durch Luthors Augen: Sein Gesicht zeigt selten Emotionen und ist meistens im Schatten, seinen Augen glühen fast immer rot und er spricht kaum ein Wort. Entweder, man sieht ihn in Aktion, oder er schwebt stumm über allem, als ständige, unmenschliche Bedrohung.
Im Gegensatz dazu ist Lex Luthor hier eine komplexe Figur, deshalb aber kaum weniger schurkisch. Luthor sieht sich selbst als Held, als ein Vordenker, der das Menschliche Potential ausnutzt, um das bevormundende Alien zu bekämpfen. Vor allem zu Beginn ist Luthor fast sympathisch, er kümmert sich um seine Angestellten, ist intelligent, charmant und scharfsinnig und man muss zugeben, seine Argumente haben durchaus Hand und Fuß. Im Verlauf des Comics gehen gehen seine Taten und sein Innerer Monolog allerdings immer weiter auseinander. Azzarello zeigt gekonnt, was für ein Kontrollfreak Luthor ist und wie weit er geht, um in allen Bereichen die Kontrolle zu besitzen. So erschafft er einen weiblichen Androiden mit Superkräften, der Superman ersetzen soll, verliebt sich sogar in ihn (während er seine Sekretärin, die sehr viel für ihn übrig hat, die er aber nicht kontrollieren kann, völlig ignoriert), nur um ihn dann zu zerstören, als es passend ist. Der Hass auf Superman rührt letztendlich daher, dass Luthor ihn einfach niemals beherrschen kann. Und ein wenig Eifersucht ist natürlich auch mit im Spiel.
Nach allem, was ich bisher weiß, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass sich Zack Snyder, David S. Goyer und Chris Terrio bei der Konzeption von Lex Luthor in „Batman V Superman: Dawn of Justice“ bei Azzarellos Miniserie inspiriert haben. Das bisherige Material weist zwar nicht auf optische Parallelen hin, und auch bezüglich des Auftretens scheint es einige Unterschiede zu geben, aber gerade bei Motivation und persönlicher Philosophie scheint es einige Gemeinsamkeiten zu geben. Besonders interessant ist auch, dass Batman hier einen, wenn auch kurzen, Auftritt hat. Bruce Wayne und Lex Luthor haben an einer Stelle ein interessantes Gespräch, das inhaltlich durchaus zu „Batman V Superman“ passt, vor allem folgendes Zitat: „Was, wenn [Superman] seine Meinung ändert? Wenn er heute auf uns herabsieht und entscheidet, dass wir nicht fähig sind, unser Schicksal zu lenken? Wenn er morgen aufwacht und glaubt, er weiß, was das Beste für uns ist? Dass es nicht reicht, die Welt zu schützen? Wenn er herrschen will? Alles, was wir gegen so etwas als Sicherheit besitzen ist sein Wort.“ Während dieses Gesprächs gibt Luthor Bruce ein Stück Kryptonit und parallel dazu wird ein Kampf zwischen Batman und Superman gezeigt, in welchem Ersterer versucht, das Kryptonit einzusetzen, was aber kaum gelingt. Dieser Kampf bleibt sehr rätselhaft, denn es gibt keinen Dialog und kaum Kontext. Ist Superman sauer, weil Batman von Lex Luthor Kryptonit angenommen hat? Gibt es einen anderen Grund für die Differenz, der nicht angesprochen wird? Spielt sich das Ganze nur in Luthors Vorstellung ab, weil er weiß oder ahnt, dass Bruce Wayne und Batman dieselbe Person sind?
Lee Bermejos Zeichnungen passen exzellent zu dieser abgründigen Charakterstudie, sein Stil ist sehr düster und grimmig. Bermejo wechselt dabei immer zwischen sehr aufwändigen Beinahe-Gemälden und etwas weniger aufwendigen, gröberen Zeichnungen, was einen interessanten Kontrast schafft. Wie bereits erwähnt ist Superman hier optisch weit vom üblichen Superpfadfinder entfernt, er lächelt nie, ist immer von Schatten umgeben und sieht entweder emotionslos oder grimmig aus. In einem normalen Superman-Comic wäre diese Darstellung fehl am Platz, schließlich ist der Mann aus Stahl nicht Batman, aber in einer Geschichte aus Luthors Perspektive ist sie genau richtig.
Fazit: „Lex Luthor: Mann aus Stahl“ ist ein gelungener Einblick in den Charakter und die Psyche von Supermans Erzfeind, wer sich mit der Figur beschäftigen möchte, kommt an dieser Miniserie nicht vorbei.
Auf diversen Listen, die die zehn besten Batman-Comics empfehlen, taucht „Batman: The Dark Knight Returns“ fast immer in den Top 5 auf, meistens sogar auf Platz 1 oder 2. Für mich persönlich ist Frank Millers dystopische Graphic Novel zwar nicht der beste Batman-Comic (es gibt einige, die ich weitaus lieber mag und gelungener finde, etwa „Batman: Year One“, ebenfalls von Miller verfasst), aber die Bedeutung, die TDKR für seinen Titelhelden insgesamt hat, ist nicht zu unterschätzen. Man sollte dabei allerdings nicht annehmen, vor TDKR hätte es keine düsteren Comics mit dem Dunklen Ritter gegeben. Seit der Absetzung der Adam-West-Serie entwickelte sich Batman mithilfe von kreativen Köpfen wie Julius Schwartz, Steve Engelhart und Denny O‘Neil konstant zu einem immer düstereren Helden, eine Tendenz, die mit TDKR ihren Höhepunkt erreichte. Was TDKR wirklich von fast allem, was zuvor kam, abhebt, ist das Hinterfragen der Titelfigur und die Reflexion über seinen Status als Vigilant – immerhin ist Batman rein theoretisch ein Krimineller. TDKR besaß zur Zeit des Erscheinens eine Aktualität, die es in Superheldencomics zuvor eher selten gegeben hatte (ein weiteres Beispiel hierfür sind etwa Green Lantern und Green Arrow als „Hard Traveling Heroes“). Im Zentrum der Geschichte steht auch nicht per se Batmans Kampf gegen Superschurken (obwohl das natürlich auch vorkommt), sondern eher die Frage, was für eine Welt jemanden wie Batman hervorbringt und welche Auswirkungen jemand wie Batman dann auf diese Welt hat. Momentan ist allerdings ein anderer Aspekt des Werkes interessanter. Aber zuerst sollte noch einmal die Handlung rekapituliert werden.
Zehn Jahre sind vergangen, seit Batman sich zur Ruhe gesetzt hat. Bruce Wayne ist nun ein gelangweilter, 55-jähriger Playboy, der Nervenkitzel in Autorennen sucht. Leider steht es um Gotham nicht besonders gut: Eine brutale, bewaffnete Gang, die Mutanten, macht die Straßen der Stadt unsicher und begeht immer schrecklichere Gewaltverbrechen, bis Bruce sich gezwungen sieht, erneut Maske und Umhang anzulegen, um ein für alle Mal in Gotham aufzuräumen. Doch Batmans Rückkehr bleibt nicht folgenlos: In Medien- und Regierungskreisen fragt man sich, wie mit dem Vigilanten umzugehen ist, und auch alte Feinde wie Two-Face und der Joker werden durch das Wiederauftauchen des Dunklen Ritters reaktiviert. Die Situation spitzt sich zu, weshalb der Präsident der Vereinigten Staaten Superman bittet, zu intervenieren.
Und schon sind wir auch bei besagtem Aspekt angekommen, auf den ich mich im Rahmen dieses Artikels konzentrieren werde, denn das meiste andere habe ich schon, zumindest ansatzweise, in meinen Kritiken zur Zeichentrickadaption behandelt. Tatsächlich hat Zack Snyder ausgesagt, dass „Batman V Superman: Dawn of Justice“ zwar keine wirkliche Adaption des Miller-Klassikers sein wird, sich aber doch stark bei ihm bedienen wird. Die Trailer bestätigen diese Aussage: Ben Afflecks Batman ähnelt der von Miller gezeichneten, bulligen und unrasierten Version des Dunklen Ritters sehr stark, und zu allem Übefluss taucht sogar die mechanische Rüstung, die Batman im Kampf gegen Superman in TDKR trägt, ebenfalls in den Trailern auf. Viel wichtiger als die optischen Parallelen ist aber die tatsächliche Dynamik zwischen Batman und Superman in diesem Werk, die, obwohl TDKR „nur“ eine sog. Elseworld-Geschichte (Was-wäre-wenn-Geschichte) ist, sich auf ihre Verhältnis in der normalen Kontinuität auf Jahre und sogar Jahrzehnte hinaus auswirkte. Zuvor wurden Batman und Superman zumeist als Freunde dargestellt, Miller brachte Spannung in die Dynamik der beiden so gegensätzlichen Helden und schaffte das in nur zwei Szenen (öfter treffen die beiden in der Geschichte nämlich nicht aufeinander). Nach wie vor respektieren beide einander, sind sich aber auch im Klaren, dass sich ihre Methoden und Herangehensweisen stark unterscheiden. Letztendlich fungiert Superman als Vertreter des Establishments und vertritt den Staat auch noch, wenn er selbst Zweifel an der Richtigkeit der Vorgehensweise hat, während Batman für sich erkennt, dass das System nicht funktioniert und sich gegen es wendet. Superman ist der Ordnungshüte, Batman der Anarchist. Mehr noch, bei Miller MUSS Batman Anarchist sein, da er sonst ein Tyrann wäre, er wird hier als getriebener, ziemlich kompromissloser Extremist gezeichnet, der trotzdem facettenreich und nachvollziehbar bleibt. Diese gelungene, aber schwierige Charakterisierung hat Miller in seinen späteren Batman-Geschichten nicht mehr hinbekommen.
Miller thematisiert auch die Art und Weise, wie Batman Superman bekämpfen kann. Im direkten Zweikampf ist der Dunkle Ritter dem Mann aus Stahl natürlich weit unterlegen, also muss Batman auf schmutzige Tricks zurückgreifen. Superman besitzt den unfairsten Vorteil, den man sich nur vorstellen kann, ist aber jemand, der sich nie auf ein gewisses Niveau herablassen würde und eine grundsätzliche Achtung vor den meisten Gegnern hat, und speziell vor Batman. Und gerade das nutzt Batman aus, zusammen mit diversen anderen Tricks wie Körperpanzer oder Kryptonit.
Aber zurück zur eigentlichen Dynamik: Ich bin gespannt, inwiefern sich die von Miller etablierte Beziehung der beiden Helden auf „Batman V Superman“ auswirken wird. Immerhin thematisiert TDKR ja im Grunde das Ende ihrer Freundschaft, sie kennen sich hier bereits Jahrzehnte und haben sich eher auseinander gelebt. Diese Interpretation passt nicht unbedingt zu „All-Star Batman“, was laut Millers Aussage ja in derselben Kontinuität spielt wie TDKR, allerdings ignorieren wir das lieber, sowohl aus qualitativen als auch inhaltlichen Gründen.
Während es also in „Batman V Superman“ tatsächlich einige Parallelen zu TDKR gibt, u.a. der alte und erfahrene Batman, der mehr oder weniger aus dem Ruhestand zurückkehrt, ist die Grundlage der Dynamik eine völlig andere. Zum ersten Mal haben wir hier einen alten Batman, der bereits viele Jahre Erfahrung hat, und einen verhältnismäßig jungen Superman, der erst am Anfang seiner Karriere steht – für gewöhnlich sind die beiden Recken in etwa gleich alt. Der junge, unerfahrene Superman und der alte, abgeklärte Batman; dieses Konzept hat tatsächlich ziemlich viel Potential, weshalb ich hoffe, hoffe, hoffe, dass Henry Cavill und Ben Affleck diese Dynamik gut vermitteln und Zack Snyder und Chris Terrio das auch wirklich ausschöpfen und dass es nicht so läuft wie bei „Man of Steel“ – auf dem Papier ist Zod beispielsweise nämlich auch eine interessante Figur, aber leider geht das Potential in der allzu ausufernden Materialschlacht und den schlechten Dialogen verloren.
Es wird auch interessant, welche Rollen die beiden Kontrahenten im Film einnehmen. In TDKR ist Superman eine etablierte Größe und wird, im Gegensatz zu seiner Loyalität, kaum in Frage gestellt. In „Batman V Superman“ läuft dagegen alles auf eine grundsätzliche Hinterfragung des Mannes aus Stahl hinaus: Wie geht man mit einer Person um, die so viel Macht besitzt? Dies ist die typische Frage der Superman-Origin. Deshalb kann Superman aber nicht wirklich für die Ordnung eintreten, zumindest nicht offiziell. Dennoch scheint er zumindest inoffiziell eine ähnliche Rolle einzunehmen, da er im dritten Trailer sehr deutlich sagt, was er von Batman und seiner Selbstjustiz hält, der Grundkonflikt aus TDKR ist also durchaus vorhanden.
Was Millers Werk außerdem vom typischen Auseinandertreffen zweier Superhelden unterscheidet, ist die Struktur. In einer normalen Geschichte dieser Art geraten die beiden Recken erst aufgrund von Differenzen oder schurkischer List aneinander, bekämpfen sich ein wenig, schließen dann Frieden und gehen gegen die eigentliche Bedrohung vor. Miller setzt den Konflikt dagegen ans Ende: Zum Zeitpunkt, als Batman und Superman sich prügeln, sind die eigentlichen Superschurken bereits ausgeschaltet, der Kampf der Giganten stellt das Finale der Geschichte dar, womit Miller den Konflikt der beiden Weltanschauungen von Batman und Superman ins Zentrum rückt. „Batman V Superman“ folgt allem Anschein nach allerdings wieder der typischen Formel – tatsächlich kann der Film im Grunde nicht anders strukturiert sein, wenn wir irgendwann bei der Justice League ankommen wollen. Ich hoffe allerdings, dass trotzdem Elemente des ideologischen Konflikts bis zum Ende überdauern.