X-Men: Dark Phoenix

Spoiler!
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Story: Die X-Men unternehmen auf Anweisung von Charles Xavier (James McAvoy) eine Mission ins All, um eine Gruppe Astronauten zu retten. Dabei wird Jean Grey (Sophie Turner) von einer kosmischen Gaswolke getroffen. Nach der Rückkehr auf die Erde stellen ihre Teamkameraden merkwürdige Veränderungen bei Jeans Kräften und ihrer Persönlichkeit fest, die Jean dazu veranlasst, sich sowohl von ihrem Freund Scott (Tye Sheridan) als auch vom Rest des Teams abzukapseln. Eine Konfrontation kostet schließlich Mystique (Jennifer Lawrence) das Leben. Während Jean ausgerechnet Magneto (Michael Fassbender) um Hilfe bittet, suchen die mysteriöse Gestaltwandlerin Vuk (Jessica Chastain) und ihre Schergen nach der immer mächtiger werdenden Jean Grey…

Kritik: Während ich die ursprünglichen X-Men-Filme der 2000er im Kino verpasst habe, habe ich seit „X-Men: First Class“ doch alle von ihnen gesehen und die meisten hier auch besprochen. Die Ausnahme ist „X-Men: Dark Phoenix“, das unrühmliche Finale von Fox‘ X-Men-Saga, das nicht nur auf einer wirklich schlechten Idee basiert, sondern auch zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt in Produktion ging und ins Kino kam. Nachdem „X-Men: Apocalypse“ bereits sowohl bzgl. der Kritiken als auch des Einspielergebnisses nicht völlig überzeugen konnte und Bryan Singer derweil zur Persona non grata wurde, traf man bei Fox einige höchst merkwürdige Entscheidungen, u.a. gab man die Zügel des Franchise fast vollständig in Simon Kinbergs Hände. Kinberg hatte bereits an vielen Filmen der Reihe als Produzent und Drehbuchautor mitgearbeitet, mit gemischten Resultaten, mit „X-Men: Dark Phoenix“ lieferte er sein Regiedebüt, das leider von Anfang an unter keinem guten Stern stand. Ursprünglich sollte er 2018 fast parallel zum MCU-Giganten „Avengers: Infinity War“ starten, wurde dann aber um über ein Jahr nach hinten verlegt, da Kinberg und Fox am dritten Akt des Films noch massive Änderungen vornehmen wollten bzw. mussten, da dieser angeblich „Captainn Marvel“ zu ähnlich gewesen war. So startete „Dark Phoenix“ schließlich im Juni des Jahres 2019, also mitten in der Übernahme von 20th Century Fox durch Disney, als klar war, dass diese Inkarnation der X-Men ohnehin keine Zukunft haben würde. Dementsprechend nicht vorhanden war dann auch das Interesse von Publikum und Fans. Ich selbst habe bis ins Jahr 2022 gebraucht, um mir „Dark Phoenix“ anzuschauen, einfach weil weder die Prämisse, noch die Umstände besonders anziehend wirkten. Nebenbei: Das Thema Kontinuität und Verhältnis zu den alten Filmen sprechen wir besser gar nicht mehr an, da das bereits mit „Apcoalypse“ und „Logan“ sinnlos geworden ist. Auch das Alter der Figuren ergibt überhaupt keinen Sinn mehr, der Film spielt 1992, sodass McAvoy und Fassbender in wenigen Jahren wie Patrick Stewart und Ian McKellen aussehen müssten. Inhaltlich merkt man ohnehin kaum, dass zwischen „Apocalypse“ und „Dark Phoenix“ neun Jahre vergangen sind.

Tatsächlich ist „Dark Phoenix“ nicht ganz so unterirdisch, wie ich es mir im Vorfeld, nicht zuletzt anhand diverser Kritiken, ausgemalt hatte. Das bedeutet allerdings nicht, dass dieses unrühmliche Finale der X-Men-Saga nicht wirklich massive Probleme hätte – vor allem, weil die Handlung gegen die Konzeption des Films arbeitet. Da „X-Men: Apocalypse“ nicht den Erwartungen entsprach und man in Sachen epische, weltzerstörende Action ohnehin nicht mit „Infinity War“ und „Endgame“ würde konkurrieren können, wollte das Studio einen intimeren, stärker auf die Charaktere zugeschnittenen Film – per se nicht die schlechteste Entscheidung. Simon Kinberg hingegen wollte, nachdem „X-Men: The Last Stand“ im Fandom einen äußerst schlechten Ruf genießt, noch einmal versuchen, der Dark-Phoenix-Saga aus den X-Men-Comics der 80er gerecht zu werden. Die Dark-Phoenix-Saga ist aber nun einmal die Antithese zur oben geschilderten Herangehensweise des Studios, weshalb „Dark Phoenix“ weder als intimeres Charakterdrama, noch als Adaption besagter Story von X-Men-Guru Chris Claremont funktioniert. Man wird zudem das Gefühl nicht los, dass sich Kinberg nicht von den Ideen und Strukturen lösen konnte, derer er sich im Drehbuch von „The Last Stand“ bediente. In mancher Hinsicht hat er lediglich die Figuren ausgetauscht, statt Professore X stirbt Mystique (inklusive Begräbnis), Magnetos Rolle wird von Vuk übernommen etc. Das hat zur Folge, dass sich „Dark Phoenix“ oft anfühlt wie eine verwässerte Version von „The Last Stand“.

Ein weiteres Hauptproblem ist, dass Jean Grey als gespaltener Charakter noch mehr mäandert als in „The Last Stand“, da Kinberg anscheinend nicht weiß, was er mit ihr als Phoenix eigentlich anfangen soll. Auch Sophie Turner gelingt es nicht unbedingt, den inneren Konflikt der Figur glaubhaft zu vermitteln. Vuk funktioniert leider ebenfalls nicht als Schurkin, ihre Rolle wurde im Zuge der Nachdrehs wohl massiv geändert, sodass sie kaum als Charakter funktioniert. Im Grund gab Kinberg Jessica Chastain eine weiße Perücke und ließ sie für die Dauer des Films völlig monoton agieren. Jennifer Lawrence‘ Mystique wirkt hier, mehr noch als in „X-Men: Apocalypse“, völlig desinteressiert, sodass ihr eigentlich tragischer Tod so gut wie keine emotionale Wirkung entfaltet. Ähnlich uninspiriert ist Magnetos Beteiligung an der Story, auch wenn ich Fassbender absolut keinen Vorwurf machen kann, er holt wie üblich raus, was rauszuholen ist.

Dieses ganze Desaster ist besonders schade, da es immerhin einige interessante Ansätze gibt, primär Charles Xaviers Charakterisierung, die (hier allerdings im Positiven) an die aus „The Last Stand“ anknüpft und sie weiterführt, sehr gut dargestellt von James McAvoy. Auch die Zusammenarbeit der X-Men mit dem Fokus auf die ergänzende Wirkung der Kräfte zu Beginn im Weltraum und im Finale fand ich durchaus gelungen – angesichts der Tatsache, dass die X-Men ein Superheldenteam sind, agieren sie in den Filmen tatsächlich ziemlich selten auf diese Weise. Leider werden diese positiven Aspekte oft durch Kinbergs ungenügende Fähigkeiten als Regisseur unterminiert. Hans Zimmers Score ist ebenfalls eher hinderlich denn hilfreich, da Kinberg auch über die Musik versucht, „Dark Phoenix“ als ernstzunehmendes Superhelden-Charakterdrama zu etablieren. Dementsprechend verwirft Zimmer nicht nur (ein weiteres Mal) alles an relevantem leitmotivischem Material, sondern liefert etwas ab, das fast schon wie die Parodie eines Nolan-Scores klingt: Noch mehr tiefes, düsteres Brüten in der Bassregion, noch minimalistischere Motive, noch mehr Rumpeln und Dröhnen ohne irgendwelche distinktiven, geschweige denn interessanten Aspekte.

Fazit: „X-Men: Dark Phoenix“ mag nicht ganz so unterirdisch sein, wie ich es mir vorgestellt habe, aber leider bleibt Simon Kinbergs Regiedebüt ein ebenso uninspiriertes wie vergessenswertes Machwerk – als Finale dieser alteingesessenen Superhelden-Filmreihe wirklich eine Schande, als Abgesang funktioniert „Logan“ deutlich besser.

Trailer

Bildquelle

Siehe auch:
X-Men: Days of Future Continuity
X-Men: Apocalypse

Geschichte des amerikanischen Comics Teil 5: Das Bronzene Zeitalter

Das Bronzene Zeitalter, datiert von Anfang der 70er bis Mitte der 80er, ist weit weniger leicht einzugrenzen als das Goldene oder Silberne. Es gab weniger prägende bzw. einschneidende Ereignisse oder eindeutige Charakteristika. Insofern ist das Bronzene Zeitalter vor allem von einer gewissen Ambivalenz und einer Gegensätzlichkeit geprägt. Dies zeigt sich bereits an der Schwierigkeit, einen genauen Beginn festzumachen – mögliche Ereignisse habe ich bereits im Rahmen des Artikels zum silbernen Zeitalter diskutiert.

Insgesamt zeichnet sich das Bronzene Zeitalter durch eine Auflockerung des Comic Code aus, sodass es nun möglich war, Comics, besonders Superhelden-Comics, realistischer und aktueller zu gestalten. Einerseits entwickelte sich das Artwork weiter, die Zeichnungen wurden komplexer und realistischer, und andererseits spiegelten die Comics auch die Lage der USA Ende der 60er, Anfang der 70er, geprägt von Rassenunruhen, der Regierung Richard Nixons und der Ölkrise wider. In zunehmendem Ausmaß wurden aktuelle Probleme in Comics, speziell Superheldencomics, verarbeitet, die sich von den völlig absurden Science-Fiction-Abenteuern des Silbernen Zeitalters distanzierten.

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Green Lantern und Green Arrow als „Hard Travelling Hereos“

So war das Bild Batmans in den 60ern primär geprägt von der Fernsehserie mit Adam West, die den albernen Ton der Comics dieser Zeit genau einfing. Nachdem die Serie geendet hatte, veränderten sich allerdings die Comics. Vor allem drei Namen sind in diesem Zusammenhang zu nennen: Julius Schwartz, Denny O’Neill und Neal Adams. Schwartz wurde zum Redakteur der Batman-Serien und tilgte nach und nach viele der abgehobeneren Elemente der vorangegangenen Ära und besann sich in größerem Ausmaß auf die Wurzeln der Figur. Aus Batman wurde wieder ein Mitternachtsdetektiv, der sich mit tatsächlichen Verbrechen und sogar moralischen Zwickmühlen auseinandersetzt. Alte Schurken wurden revitalisiert – so war es dem Joker, zuvor ein harmloser Spaßmacher, nun wieder erlaubt zu morden. O’Neill und Adams waren DAS Autor/Zeichner-Duo dieser Ära Batmans und schufen gemeinsam einen weiteren ikonischen Schurken des Dunklen Ritters: Ra’s al Ghul, der als Ökoterrorist eine nie gekannte Aktualität besaß. Auch anderen Helden von DC verhalfen die beiden zur Aktualität, etwa Green Lantern und Green Arrow. O’Neill ließ die beiden grün gewandeten Helden als „Hard Travelling Hereos“ auf den Seiten der Green-Lantern-Serie Anfang der 70er durch Amerika wandern und sich dabei mit diversen realweltlichen Problemen wie Armut, Rassismus oder Drogensucht (u.a. wurde Green Arrows Sidekick Speedy zum Junkie) auseinandersetzen, wobei sie politische Standpunkte repräsentierten (Lantern konservativ, Arrow liberal).

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Aus Captain America wird der staatenlose Nomad

Bei Marvel spielte sich ähnliches ab. Erste Versuche wurden unternommen, ein wenig Diversität ins Gerne zu bringen; mit Luke Cage und Falcon debütierten die ersten afroamerikanischen Superhelden und die X-Men wurden mit vielen neuen Mitgliedern aus allen möglichen Ländern (Wolverine aus Kanada, Storm aus Kenia, Colossus aus Russland usw.) revitalisiert. Allgemein wurde der Status der X-Men als Allegorie für alle möglichen Minderheiten unter Autor Chris Claremont zementiert; die meisten wegweisenden X-Men-Comics stammen aus dieser Ära und aus Claremonts Feder, von „Days of Future Past“ über die „Dark Phoenix Saga“ bis zu „God Loves, Man Kills“ (in meinen Augen nach wie vor der beste X-Men-Comic überhaupt; nicht von ungefähr war er auch die lose Vorlage für „X2: X-Men United“). Die Lockerung des Comics Code erlaubte es den Autoren auch, sich mit persönlicheren und schwierigeren Themen zu beschäftigen, die zuvor in Superheldencomics eher abwesend waren. Iron Man musste sich im Rahmen des Storybogens „Demon in the Bottle“ (verfasst von David Michelinie und Bob Layton) mit seinem Alkoholismus auseinandersetzen und in „The Death of Captain Marvel“ von Jim Starlin starb ein Superheld nicht etwa heroisch im Kampf, sondern wegen einer Krebserkrankung. Auch Politik fehlte nicht: Als Reaktion auf Nixon und Watergate legte Captain America zweitweise sein blau-weiß-rotes Kostüm ab und bekämpfte als staatenloser Nomad das Verbrechen.

Aus heutiger Sicht mögen viele dieser Geschichten ein wenig zu plakativ und unsubtil sein, hin und wieder fühlt man sich schon beinahe mit einem allegorischen oder moralischen Holzhammer erschlagen, im Kontext ihrer Zeit waren diese Geschichten wegen ihrer Aktualität und ihren Themen geradezu revolutionär. Viele von ihnen gelten nach wie vor (und völlig zu Recht) als Klassiker – es hat seinen Grund, weshalb gerade diese Geschichten oft für die Filmadaptionen herangezogen werden.

Auch bezüglich des Genres konnten die Verlage ihr Angebot erweitern. So waren Horrorcomics vom Comics Code lange verboten worden. In den 70ern begann Marvel dann jedoch sehr erfolgreich, andere Genres auszutesten, etwa mit „The Tomb of Dracula“; auf den Seiten dieser Serie debütierte auch der Vampirjäger Blade. Als vages DC-Gegenstück könnte „The Swamp Thing“ betrachtet werden; diese Serie ist ebenfalls im Horrorbereich anzusiedeln und verdankt ihre Qualität vor allem Alan Moore.

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The Confessions of Robert Crumb

An der Underground-Front entwickelte man sich ebenfalls weiter. Während es in den 60ern vor allem darum ging, die Konventionen des Comics Code herauszufordern und zu provozieren, rückte nun der künstlerische Anspruch in den Vordergrund. Die Comix des Untergrunds wurden avantgardistischer, persönlicher und vor allem autobiographischer. Robert Crumb, dessen Kurzgeschichte „The Confessions of Robert Crumb“ wegweisend war, darf hier nicht unerwähnt bleiben, aber auch andere Künstler der Comix-Szene, etwa Harvey Pekar oder Art Spiegelman (zu ihm in einem späteren Artikel mehr) folgten diesem Trend. Gleichzeitig verloren die Underground-Comix durch das Aufweichen des Comics Code an Bedeutung: Da im Mainstream nun weitaus mehr Themen behandelt werden konnten, musste man sie nicht mehr zwangsläufig im Untergrund suchen. Schließlich und endlich hat auch die Graphic Novel ihren Ursprung im Bronzenen Zeitalter. Ihre Entstehung sowie einige spezifische Publikationen aus der Mitter der 80er markieren zugleich das Ende des bronzenen Zeitalters. Zum einen wären da Marvels „Secret Wars“ (1984/85, von Jim Shooter, Mike Zeck und Jim Layton) und DCs „Crisis on Infinite Earths“ (1985/86, von Marv Wolfman und George Pérez). Bei beiden handelt es sich um die ersten großen, das gesamte jeweilige Superheldenuniversum umspannende Crossover, die fortan stilbildend waren und inzwischen pro Jahr mindestens ein Mal kommen. Und zum anderen hätten wir da noch die „großen Drei“, die im nächsten Artikel ausgiebig besprochen werden.

Die Geschichte des amerikanischen Comics:
Teil 1: Definition des Mediums
Teil 2: Das Platinzeitalter
Teil 3: Das Goldene Zeitalter
Teil 4: Das Silberne Zeitalter

X-Men: Days of Future Continuity

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Ich hatte es ja schon angekündigt: „X-Men: Days of Future Past“ ist, vor allem Hinblick auf die anderen Filme des Franchise, interessant und kompliziert genug, um eine ausführliche Analyse nicht nur zu rechtfertigen, der Film fordert sie geradezu. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf dem Streifen selbst, sondern vor allem darauf, wie er sich zur „Verwandschaft“ verhält.
Dieser Artikel ist zweigeteilt, die erste Hälfte beschäftigt sich mit dem Verhältnis des Films zur gleichnamigen Comicvorlage, während die zweite Hälfte die Kontinuität des X-Men-Filmuniversums und die Auswirkungen, die „Days of Future Past“ darauf hat, diskutiert. Ich muss wohl nicht extra erwähnen, dass ich auf Spoiler keine Rücksicht nehmen werde, wer den Film also noch nicht gesehen hat und nicht vorher wissen möchte, wie er endet, sollte stattdessen meine spoilerfreie Filmkritik lesen.

Vorlage ist Vergangenheit: Film und Comic
Die meisten X-Men-Filme basieren zumindest teilweise auf genau bestimmbaren Comicvorlagen, allerdings handelt es sich zumeist um eher lose Adaptionen oder sogar Vermischungen einzelner Handlungsstränge. „X-Men: The Last Stand“ basiert zum Beispiel auf der berühmt-berüchtigten Dark-Phoenix-Saga, während der Plot um das Heilmittel aus Joss Whedons (ja, der Joss Whedon) X-Men-Run stammt. Sowohl „X-Men: First Class“ als auch „X-Men: Days of Future Past“ gehen diesbezüglich noch einen Schritt weiter und sind sogar nach der jeweiligen Comicvorlage benannte, auf der sie allerdings abermals nur lose basieren.
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Das berühmt gewordene Cover von The Uncanny X-Men 141

Die in diesem Fall titelgebende Geschichte stammt aus dem Jahr 1981, wurde von Chris Claremont geschrieben und von John Byrne gezeichnet (Claremont/Byrne gilt als DAS X-Men-Dream-Team, zusammen haben sie einige der wichtigsten und einflussreichsten X-Men-Geschichten zu Papier gebracht, und ohne sie wären die Mutanten heute mit Sicherheit nicht so populär, wie sie es sind). Es handelt sich dabei interessanterweise weder um eine ausgekoppelte Miniserie oder Graphic Novel (wie es etwa bei „God Loves, Man Kills“, der Vorlage für „X2: X-Men United“, der Fall war), noch um einen größeren Handlungsbogen wie bei den oben erwähnten Beispielen. Die Geschichte zieht sich nur über zwei Hefte, The Uncanny X-Men 141 und 142, und fühlt sich beim Lesen ehrlich gesagt auch nicht so „groß“ an, wie man das vielleicht erwarten würde. Dennoch ist die Geschichte nicht nur enorm beliebt, sie hatte auch große Auswirkungen. Die düstere X-Men-Zukunft gehört zu den beliebtesten alternativen Marvel-Settings, es gibt mehrere Comics, die es wieder aufgreifen (etwa „Days of Future Present“ oder „Days of Future Yet To Come“) und auch in den diversen X-Men-Zeichentrickserien wurde sie mal mehr, mal weniger Vorlagengetreu umgesetzt.
Der Film adaptiert vor allem die Grundidee des Comics, passt diese dem Film-Universum an, erweitert und vergrößert sie. Besagte Grundidee lässt sich wie folgt zusammenfassen: In einer dystopischen Zukunft werden Mutanten von Sentinels gejagt und stehen kurz vor der Auslöschung. Um zu verhindern, dass dies geschieht, wird der Geist eines X-Man in seinen früheren Körper geschickt, um Mystique daran zu hindern, eine bestimmte politische Figur zu eliminieren, deren Tod die düstere Zukunft ausgelöst hat.
So weit so gut, alles andere unterscheidet sich allerdings fundamental vom Comic. Das beginnt schon bei der Auswahl der Figuren und der Zeitebene. Im Comic ist es Kitty Pryde, die vom Jahr 2013 aus in ihren Körper des Jahres 1981 geschickt wird, und zwar von Rachel Summers, der in dieser Zeitlinie existierenden Tochter von Scott Summers und Jean Grey. Im Filmuniversum funktioniert das nicht, da „Days of Future Past“ auch als Sequel zu „X-Men: First Class“ fungieren sollte und hauptsächlich im Jahr 1973 spielt, in welchem Film-Kitty noch gar nicht geboren ist. Aus diesem Grund wählte man Wolverine und gab Kitty dafür die Rolle von Rachel Summers. Die Begründung, weshalb es Wolverine und nicht Xavier ist, der zurückgeschickt wird, ist zwar ein wenig fadenscheinig, aber was soll’s, Wolverine ist nun einmal ein Fanliebling.
Die Gestaltung der Zukunft sowie die Konstellation der X-Men und der Bruderschaft unterscheiden sich ebenfalls stark von der Vorlage. Im Comic sind die Mutanten in einem Internierungscamp und tragen Halsbänder, die ihre Kräfte ausschalten. Im Film kämpfen sie, sind aber letztendlich unweigerlich dem Untergang geweiht, da die Sentinels hier nicht nur große fiese Roboter sind, sondern sich an alle Mutantenkräfte anpassen und diese sogar reproduzieren können.
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Ein Comic-Sentinel

Die Zukunfts-X-Men im Comic sind nicht mehr sehr zahlreich, zu diesen gehören Magneto, Shadowcat, Colossus, Franklin Richards (der Sohn von Reed Richards und Sue Storm) und Rachel Summers. Im Film dagegen kämpft, mit Ausnahme von Beast, fast alles, was in „The Last Stand“ nicht gestorben ist, zusätzlich zu neuen Gesichtern wie Bishop oder Blink. In den 70ern dagegen sind sowohl die X-Men als auch die Bruderschaft zu diesem Zeitpunkt nicht existent, Magneto sitzt mal wieder im Plastikgefängnis und Mystique arbeitet auf eigene Faust, während die X-Men praktisch nur aus Xavier, Beast und Wolverine bestehen. Im Comic sind beide Teams gut besetzt und aktiv.
Auch sonst unterscheidet sich der Handlungsablauf im Film stark von der Vorlage, wo es nicht Bolivar Trask ist, den Mystique umbringen will, sondern ein gewisser Senator Kelly – wir erinnern uns dunkel an die beiden Singer-Filme. Nebenbei bemerkt, in den Comics ist Trask nicht kleinwüchsig, aber ich denke, niemand außer den Hardcore-Puristen stört das, wenn Peter Dinklage die Rolle spielt. Viel interessanter ist, dass in „The Last Stand“ ebenfalls ein Bolivar Trask auftaucht (nicht kleinwüchsig, dafür aber Afroamerikaner, gespielt von Bill Duke), der mit den Sentinels allerdings nichts zu tun hat. Wahrscheinlich sollte man das als Zufall werten. Im Comic fehlt ebenfalls der ganze weltpolitische Überbau mit Nixon, JFK etc., ebenso wie Magneto, der lediglich in der Zukunftsrahmenhandlung auftaucht.
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Bolivar Trask in den Comics

Die vielleicht gravierendste Änderung findet sich allerdings am Ende: Für die Zukunfts-X-Men im Comic gibt es kein Happy-End; wie sich die Zukunft nach dem gescheiterten Attentat verändert, bleibt offen, während wir im Film eine kurze Szene zu sehen bekommen, in welcher noch alle X-Men auftauchen, die bisher noch nicht zu sehen waren, mit der Ausnahme von Nightcrawler und Angel.
Im Großen und Ganzen muss ich sagen, dass mir die Umsetzung des Grundplots im Film besser gefällt als im Comic. Die Idee ist heute noch mehr als damals alles andere als revolutionär, insbesondere, da es seit dem erscheinen der beiden Hefte vier Terminator-Filme gab, die einem ähnlichen Handlungsmuster folgen, aber die Geschichte hat zweifelsohne viel Potential, das in der Vorlage in meinen Augen bei Weitem nicht ausgeschöpft wird.

Der Gordische Knoten: Die Kontinuität der X-Men-Filme
Die X-Men-Filme sind nicht gerade ein Musterbeispiel an stimmiger Kontinuität. Während die Trilogie noch halbwegs in sich konsistent ist, fangen die Probleme bei „X-Men Origins: Wolverine“ bereits an, wirklich problematisch wird es allerdings mit „X-Men: First Class“, da er sich einerseits an den bisherigen Filmen zu orientieren scheint (Hinweis hierauf sind Mystiques Aussehen, die Cameos von Hugh Jackman und Rebecca Romjin, die Reproduktion der Konzentrationslagerszene u.ä.), andererseits gibt es aber einige massive Kontinuitätsschnitzer. Selbst wenn man annimmt, dass „First Class“ nur die beiden Singer-Filme akzeptiert, gibt es einige Probleme, da Xavier in „X-Men“ beispielsweise behauptet, er hätte Magneto mit 17 Jahren kennen gelernt und dieser hätte ihm dabei geholfen, Cerebro zu bauen. In „First Class“ ist beides nicht der Fall, Xavier ist wesentlich älter, als er Magneto kennen lernt und Cerebro – zumindest der Prototyp – wurde von Hank McKoy gebaut. Ebenso ist Xavier in „X-Men“ überrascht, dass Magneto durch seinen Helm gegen Telepathie immun ist, während er in „First Class“ dabei war, als Magneto den Helm erwarb. Auch scheint es merkwürdig, dass Xavier und Mystique zusammen aufgewachsen sind, wo sie ihn in „X-Men“ doch bereitwillig vergiftet.
Manche der Kontinuitätsprobleme werden durch „X-Men: Days of Future Past“ gelöst, andere werden ignoriert (etwa der 17-jährige Xavier). Wer sich in der Film-Kontinuität allerdings nicht gut auskennt und mit Zeitreisen Probleme hat, der könnte nach der Sichtung von „Days of Future Past“ etwas verwirrt sein, denn Singers Film tut dasselbe wie J. J. Abrams‘ „Star Trek“: Durch Wolverines Reise in die Vergangenheit wird eine neue Zeitlinie gestartet.
Betrachten wir zuerst einmal, wo wir zu Beginn des Films stehen. Die dystopische Zukunft gehört zur ursprünglichen Zeitlinie, in der mit einer Ausnahme alle bisherigen X-Men-Filme spielen – Singer und sein Drehbuchteam machen im Verlauf des Films ziemlich klar, dass „X-Men Origins: Wolverine“ so, wie der Film ist, nicht mehr zur Kontinuität gehört, deswegen werde ich ihn im Folgenden auch nicht mehr beachten.
Die ursprüngliche Zeitlinie beginnt mit „X-Men: First Class“, die Welt wird durch die Kuba-Krise zum ersten Mal auf Mutanten aufmerksam. Danach spielen sich die Ereignisse so ab, wie Xavier und Magneto sie zu Beginn von „Days of Future Past“ schildern: Mystique tötet Bolivar Trask, wird gefangengenommen und mithilfe ihrer DNS werden die Sentinels weiterentwickelt – dieser Prozess erstreckt sich wohl über mehrere Jahrzehnte. Xavier erklärt, dass Raven Darkholme an dem Tag, an dem sie Trask tötet, erst wirklich zu Mystique wird. Ihre folgende Gefangenschaft, die Experimente etc. sorgen dafür, dass sie zu der kalten Killerin wird, die sie in der ursprünglichen Trilogie ist.
Das Serum, das Xavier sich spritzt, um seine Telepathie auszuschalten, sorgt auch dafür, dass die Rückblickszene mit dem laufenden Xavier zu Beginn von „The Last Stand“ wieder funktioniert: In der alten Zeitlinie muss Xavier seine Depressionen selbst überwunden haben (vielleicht ausgelöst durch den Mord an Trask?) und die Dosis zumindest reduziert haben. An Beast sehen wir ja, dass eine geringere Dosis seine Kräfte nicht völlig ausschaltet. Xavier nimmt das Serum bis in die 80er, reduziert dann aber irgendwann die Dosis immer weiter und entscheidet schließlich, dass er es überhaupt nicht mehr braucht oder will. Auch eine zeitweilige Versöhnung mit Magneto scheint zwar nicht besonders wahrscheinlich, aber immerhin nicht völlig ausgeschlossen.
Es folgen die Ereignisse von „X-Men“, „X2: X-Men United“ und „X-Men: The Last Stand“: Der Ellis-Island-Vorfall, die Sache mit Stryker und schließlich das Heilmitel und das Erwachen von Dark Phoenix. Ebenfalls zu dieser Zeitlinie gehört James Mangolds „The Wolverine“, das auf den Ereignissen von „The Last Stand“ aufbaut und in der Mid-Credits-Szene wiederrum auf „Days of Future Past“ hindeutet. Zwischen „The Last Stand“ (bzw. „The Wolverine“) und dem Anfang von „Days of Future Past“ fehlt nun praktisch ein Film – zumindest empfinde ich es so, denn es gibt ein paar Lücken. Die Lösung für Fragen wie „Warum lebt Xavier noch?“ wird zwar angedeutet (in der Post-Credits-Szene von „The Last Stand“ erfährt man, dass er sein Bewusstsein in einen anderen Körper transferiert hat), aber es wird doch auch vieles offen gelassen, etwa weshalb Kitty Pryde plötzlich Zeitreisefähigkeiten hat. Am Ende dieser primären Zeitlinie steht die finstere Zukunft, in der die Mutanten von den Sentinels gejagt und nach und nach vernichtet werden.
Dann wird Wolverines Geist in den Körper seines früheren Ichs geschickt, und damit beginnt die neue, sekundäre Zeitlinie. Während des Films laufen, vor allem aus dramaturgischen Gründen, sowohl die alte als auch die neue Zeitlinie parallel zueinander – ob das nun logisch ist sei einmal dahingestellt, aber immerhin wird es, im Gegensatz zu vielen anderen Zeitreisefilmen, wenigstens erwähnt und erklärt.
Zur sekundären Zeitlinie gehören nach wie vor die Ereignisse von „X-Men: First Class“ und der Teil von „Days of Future Past“, der im Jahr 1973 spielt. Alle anderen Filme gehören allerdings nicht mehr dazu.
Im Internet existiert noch eine weitere Theorie, um die oben erwähnten Kontinuitätsprobleme zu Erklären: Ihr zufolge gibt es nicht zwei, sondern drei Kontinuitäten. In der ersten, die von den anderen völlig losgelöst ist, spielen „X-Men Origins: Wolverine“, „X-Men“, „X2: X-Men United“ und „X-Men: The Last Stand“. Zur zweiten gehören „X-Men: First Class“, „The Wolverine“ und die Zukunftsteile von „Days of Future Past“. Zwischen „First Class“ und „The Wolverine“ finden Ereignisse statt, die denen der ursprünglichen Trilogie sehr ähnlich, aber nicht mit ihnen identisch sind. Die dritte Kontinuität ist die oben beschriebene, durch Wolverines Zeitreise veränderte. Vermutlich ist diese Theorie für den gemeinen Filmschauenden wahrscheinlich ein wenig zu pedantisch.
Am Ende von „Days of Future Past“ erhalten wir noch einen kleinen Ausblick auf die Zukunft der sekundären Zeitlinie, die nicht allzu viel verrät, die aber immerhin einige Schlüsse zulässt und zu Vermutungen anregt: Die Ereignisse von „X-Men“ und „X2: X-Men United“ könnten in groben Zügen in dieser Kontinuität ebenfalls passiert sein, allerdings nicht identisch wie in den alten Filmen. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass Wolverine Teil der X-Men ist und Rogue weiße Strähnen hat und mit Bobby Drake/Iceman zusammen ist. Die Ereignisse von „The Last Stand“ dagegen haben sich gar nicht oder zumindest anders abgespielt, da Jean und Cyclops noch leben. Ich persönlich glaube allerdings, dass man diesen Ausblick nur als mögliche Zukunft verstehen sollte, schon allein weil man nicht weiß, was in zukünftigen Filmen noch alles passiert.
Betrachten wir zum Schluss noch einmal, wie „Days of Future Past“ im Jahr 1973 endet und was das für die sekundäre Zeitlinie und die kommenden X-Men-Filme bedeuten könnte. Xavier eröffnet seine Schule wieder, was zu erwarten war. Das heißt, dass wir in „X-Men: Apocalypse“, dem bereits angekündigten Sequel zu „Days of Future Past“, wieder ein funktionsfähiges X-Men-Team unter Leitung des McAvoy-Xaviers zu sehen bekommen werden. Da Magneto entkommt, könnte auch die Bruderschaft wieder auftauchen, mögliche Kandidaten gab es im Film bereits zu sehen, etwa eine jüngere Version von Toad.
Die interessanteste Frage ist nun, wie sich Mystique wohl entwickelt. Sie hat weder Trask noch Magneto getötet und sich mit Xavier zumindest teilweise versöhnt. Vermutlich wird sie sich nicht erneut der Bruderschaft anschließen. Am Ende des Films hat sie die Gestalt des jungen William Stryker angenommen, was auch Fragen bezüglich Logans weiterem Schicksal aufwirft. Bekommt er nun kein Adamantium-Skelett?
Wie auch immer sich die neue Zeitlinie entwickelt, nun ist klar, wie Bryan Singer und Co. den Kontinuitätsknoten des X-Men-Filmuniversums gelöst haben, nämlich genau so, wie Alexander der Große es mit dem Gordischen Knoten getan hat: Sie haben ihn durchgehauen, in dem sie mit „Days of Future Past“ einen Quasi-Reboot initialisiert haben. Diese Lösung ist zweifelsohne reichlich unelegant, ermöglicht aber nun weitere X-Men-Filme ohne den Ballast der bisherigen Teile. Nun stellt sich allerdings noch die Frage, in welcher Kontinuität der dritte Wolverine-Film spielen wird, der für 2017 angekündigt ist und bei dem James Mangold wieder Regie führen soll. Wird er als Sequel zu „The Wolverine“ konzipiert und spielt damit in der primären Zeitlinie, oder spielt er in der sekundären Zeitlinie und steht in irgendeiner Form mit „X-Men: Apcoalypse“ in Verbindung? Only time can tell.

Siehe auch:
X-Men
X-Men: First Class
Wolverine: Weg des Kriegers
X-Men: Days of Future Past
X-Men: Days of Future Past – Soundtrack

Wolverine: Weg des Kriegers

The-Wolverine
Story: Nach dem Tod von Jean Grey (Framk Janssen) hat sich Wolverine (Hugh Jackman) nach Kanada zurückgezogen und will nichts mehr von der Welt wissen. Erst der Besuch der rothaarigen Japanerin Yukio (Rila Fukushima) reißt ihn aus der Lethargie: Sie soll Logan nach Japan bringen, wo sein alter Freund Yashida (Hal Yamanouchi), dem er während des Zweiten Weltkriegs das Leben gerettet hat, im Sterben liegt. Yashida bietet Wolverine an, ihm seine Unsterblichkeit zu nehmen, was dieser jedoch ablehnt. Schon bald muss Wolverine allerdings feststellen, dass nichts so ist wie es scheint und dass er nicht nur nach Japan gekommen ist, um sich von einem Todgeweihten zu verabschieden. Er wird in ein Komplott verwickelt, in dem nicht nur Yashida, sondern auch dessen Enkelin Mariko (Tao Okamoto) und die mysteriöse Ärztin Dr. Green (Svetlana Khodchenkova) eine Rolle spielen. Und zu allem Überfluss versagen auch noch Logans Selbstheilungskräfte…

Kritik: Nach „X-Men Origins: Wolverine“, der bei Fans und Kritikern durchfiel, kommt mit „Wolverine: Weg des Kriegers“ nun, gedreht von Regisseur James Mangold, der zweite Solofilm des mit Klauen bestückten Mutanten. Die Story des Films orientiert sich an der vierteiligen Wolverine-Miniserie aus dem Jahr 1982 von Chris Claremont (Autor) und Frank Miller (Zeichner), wobei es sich um eine sehr lose Adaption handelt, die nur den Schauplatz sowie einige Ideen des Comics verwendet. Die Figuren des Films haben mit ihren Comicgegenstücken oftmals nur den Namen gemein.
Während „Wolverine: Weg des Kriegers“ keinesfalls optimal ist, ist Mangolds Film doch auf jeden Fall weitaus besser als „X-Men Origins: Wolverine“. Mangold und seine Drehbuchautoren Mark Bomback und Scott Frank vermieden, nicht zuletzt durch die Wahl der Vorlage, geschickt eine der größten Schwächen des ersten Wolverine-Solofilms: In diesem traten so viele Mutanten wie nur möglich auf, völlig egal, ob diese nun passten oder nicht. Gerade Figuren wie Gambit oder Deadpool sind enorm beliebt, und die Fans reagierten äußerst ungehalten darauf, dass ihre Lieblinge derartig verheizt wurden. „Wolverine: Weg des Kriegers“ dagegen wirkt weitaus stringenter, eben gerade weil nicht so viele Charaktere ins Script gequetscht wurden.
Alles in allem ist der Film weitaus kleiner und persönlicher als viele andere Comicverfilmungen, es werden keine Städte in Schutt und Asche gelegt oder ähnliches. „Weg des Kriegers“ ist immer dann am stärksten, wenn er sich auf seine Hauptfigur konzentriert, was vor allem in der ersten Hälfte des Films der Fall ist. Logans Trauma wird sehr gut dargestellt und kommt glaubwürdiger rüber als beispielsweise Tony Starks Probleme in „Iron Man 3“. Nach so vielen Jahren weiß Hugh Jackman einfach, was er tun muss, um in seiner Paraderolle zu überzeugen.
Darüber hinaus sind Setting und Action durchaus abwechslungsreich und amüsant. Mangold versteht es auch, die zweite große Schwäche von „X-Men Origins: Wolverine“ zu vermeiden, der mitunter schlichtweg dröge und langweilig war. „Weg des Kriegers“ hat durchaus auch ruhigere Momente, die allerdings nicht zu Lasten der Spannung gehen.
Das Hauptproblem des Films sind die Schurken, die fürchterlich blass bleiben. Der eigentlich Strippenzieher, der am Schluss zum Silver Samurai wird (wobei er von seinem Comicgegenstück lediglich den Namen hat) taucht kaum auf und Dr. Green alias Viper ist ebenfalls ziemlich uninteressant – zu wenig wird über Charakter und Motivation enthüllt, und darüber hinaus schafft es Svetlana Khodchenkova auch nicht, ihre Figur interessant darzustellen; sie dient in erster Linie als schurkisches Eye-Candy. Die restlichen Figuren, mit Ausnahme des Titelhelden, sind leider ebenfalls nicht hinreichend ausgearbeitet, vor allem, wenn man Mariko mit ihrem Gegenstück aus dem Comic vergleicht. Die Romanze mit Wolverine wirkt recht erzwungen. Am meisten Potential besitzt noch die von Rila Fukushima dargestellte Yukio, die meinetwegen gerne in weiteren, wie auch immer gearteten X-Men-Filmen auftauchen dürfte. Leider ist auch die Story recht vorhersehbar, was dem Unterhaltungswert allerdings nicht nachhaltig schadet.
Zum Schluss noch ein Wort zur Kontinuität: Die X-Men-Filme sind diesbezüglich nicht gerade ein Musterbeispiel. „X-Men: First Class“ schien „X-Men: Der letzte Widerstand“ und „X-Men Origins: Wolverine“ direkt zu ignorieren, und selbst mit den ersten beiden Filmen gab es einige Probleme. „Wolverine: Weg des Kriegers“ wiederum scheint alles miteinzubeziehen. Es ist als direkte Fortsetzung zu „Der letzte Widerstand“ konzipiert und es gibt sogar ein, zwei Anspielungen auf den ersten Wolverine-Film, während die Szene im Abspann bereits als früher Teaser zum nächsten Jahr erscheinenden „X-Men: Days of Future Past“, dem Sequel zu „X-Men: First Class“, zu verstehen ist. Besagter Film markiert Bryan Singers Rückkehr als Regisseur zum Franchise und soll wohl, mithilfe von Zeitreisen, auch sämtliche Kontinuitätsprobleme lösen. Man darf gespannt sein.
Fazit: Unterhaltsamer, geradliniger Actionfilm mit toll aufgelegtem Hugh Jackman, der allerdings einige Schwächen bezüglich der Schurken und Nebenfiguren aufweist.

Trailer

Siehe auch:
X-Men
X-Men: First Class