Halloween 2014

„I cannot die. I am forever.“
– Pinhead in „Hellraiser Bloodline“
So ziemlich jede erfolgreiche Horrorfilmreihe mit einer Legion immer schlechter werdender Sequels führt ihren Erfolg auf ein ikonisches Monster zurück: „Nightmare on Elm-Street“ hat Freddy Krüger, „Freitag der 13.“ Jason Voorhees, „Halloween“ Michael Myers, „Saw“ hat Jigsaw und „Hellraiser“ hat Pinhead – wobei dieser in meinen Augen bei Weitem der Interessanteste aus dieser Liste der Horrorfilmantagonisten ist. Das liegt schon allein daran dass er, anders als zum Beispiel Michael Myers oder Jason Voorhees, keine tumbe Killermaschine ist. Darüber hinaus ist er auch kein richtiger Slasher und manchen Hellraiser-Filmen nicht einmal der Schurke. In der Tat ändert sich seine Rolle fast von Film zu Film. Dies alles rechtfertigt in meinen Augen eine gründliche Betrachtung der Figur.
The Hellbound Heart
„Weißt du überhaupt, wer wir sind?“
– Proto-Pinhead in Clive Barkers „The Hellbound Heart“ (dt. Titel: “Hellraiser”)
Wer Clive Barkers Novelle, auf der die Hellraiser-Filme basieren, nicht kennt, könnte sich darüber wundern, dass Pinhead, das Aushängeschild des Franchise, darin praktisch überhaupt nicht vorkommt, zumindest nicht so, wie man das erwarten würde. Besonders in Hinblick auf die deutsche Version (die, wie der Film, den Titel „Hellraiser“ trägt) ist dies ironisch, da Pinhead sich auf dem Titelbild befindet.
Die vier Cenobiten, die am Anfang beschrieben werden, entsprechen ungefähr ihren Filmpendants, aber eben nur ungefähr. Einer davon wird wie folgt beschrieben: „‚Verstehst du?‘, wollte die Gestalt neben dem ersten Sprecher schroff wissen. Diese Stimme klang, im Gegensatz zu der des Gefährten, hell und schnaufend – die Stimme eines aufgeregten Mädchens. Jeder Zentimeter des Kopfes war von der komplexen Tätowierung eines Gitters bedeckt, der Schädelknochen an jeder Kreuzung horizontaler und vertikaler Linien von einer edelsteinbesetzten Nadel durchbohrt.“ Mit diesem Cenobiten hat der Pinhead, der letztendlich im Film vorkommt, recht wenig zu tun, bis auf die Tatsache, dass beide Nadeln bzw. Nägel im Kopf haben. Gerade an der Stimme wird dies deutlich, da der Film-Pinhead mit einer sehr tiefen, sonoren Stimme spricht. Der in der Novelle beschriebene Cenobit ist auch nicht der Wortführer der Gruppe, alle anderen geben mehr von sich. Dass Pinhead im Film der wurde, der er ist, hat vor allem praktische Gründe: Das aufwendige Make-up erschwerte den anderen Cenobiten das Sprechen oder machte es unmöglich. Wie so oft sorgte ein Zufall dafür, dass eine Ikone geboren wurde.
Hellraiser
„We’ll tear your soul apart! “
– Pinhead in „Hellraiser”
Wie oben bereits geschildert entstand der eigentlich Pinhead erst für die Filmadaption von „The Hellbound Heart“. Da Clive Barker bereits schlechte Erfahrungen mit Verfilmungen seiner Werke gemacht hatte, beschloss er, bei der Leinwandadaption „The Hellbound Heart“ selbst zu Regie zu führen, sodass er den kreativen Prozess auch kontrollieren und dafür sorgen konnte, dass die Verfilmung seinen Vorstellungen entsprach. Das Design von Pinhead, inspiriert durch die S/M-Szene, den Punk und auch römischen Katholizismus, stammt wohl fast vollständig von Barker selbst.

Pinhead-Entwurf von Clive Barker
Barker und der Schauspieler Doug Bradley waren zu diesem Zeitpunkt bereits seit vielen Jahren gut Freunde – aus diesem Grund bot Barker Bradley eine verhältnismäßig kleine Rolle in seinem Film an, und zwar die des Anführers der Cenobiten. In der Tat entstand der Name „Pinhead“ erst nach dem Erscheinen von „Hellraiser“, im Abspann ist Doug Bradley als „Lead Cenobite“ aufgeführt.
Einflüsse auf die Konzeption der Figur gibt es viele. Barker wollte sich gezielt von den Monstern der Slasher-Filme der 80er distanzieren; Pinhead sollte weder ein stummer, tumber Killer wie Michael Myers oder Jason Vorhees sein, noch ein Sprücheklopfer wie Freddy Krüger. Stattdessen war die von Christopher Lee dargestellte Version von Dracula eine wichtige Inspiration, Pinhead sollte kultiviert, einschüchternd und stoisch wirken. Bradley selbst erzählte einmal in einem Interview, er sehe Pinhead als eine Mischung aus Oscar Wilde und Noël Coward. Von Barker bekam er die Anweisung, Pinhead als eine Mischung aus Chirurg und Verwalter zu spielen.
Betrachten wir nun einmal Pinheads Rolle im ersten Hellraiser-Film ein wenig genauer. Obwohl er die Posterfigur ist, handelt es sich bei Pinhead eindeutig nicht um den Schurken des Films, denn das ist Frank Cotton. Frank hegt Ambitionen, er ist aktiv und auch die direkte Bedrohung für Kirsty. Pinhead und die Cenobiten dagegen agieren nicht, sie reagieren nur. Sie planen nicht, sie verfolgen keine eigenen Absichten, sie kommen nur, wenn man die Puzzlebox öffnet und gleichen somit eher einer Institution, die lediglich für Menschen unverständliche Regeln befolgt. Gerade im ersten Film der Serie sind die Cenobiten eben eigentlich keine Dämonen oder höllische Wesen (trotz des Titels). Pinhead selbst sagt ja, sie seien „explorers in the further regions of expirience, demons to some, angels to others“. Wenn man „Hellraiser“ für sich betrachtet, sind sie lediglich Wesen aus einer anderen Dimension, nicht einmal primär böse, sondern nur vollständig amoralische Hedonisten, für die Lust und Schmerz unterschiedliche Wege zum selben Ziel sind.
Pinhead hebt sich gegenüber den anderen Cenobiten nur dadurch ab, dass er als ihr Wortführer fungiert, ansonsten hat er keine hervorgehobene Rolle, keinen Hintergrund oder ähnliches. Dennoch schafft es Doug Bradley durch seine stoisch-beeindruckende Präsenz, den Zuschauer sofort für sich einzunehmen. Nach dem Sehen des Film ist es trotz allem nicht Frank, der einem am meisten im Gedächtnis bleibt, sondern der Anführer der Cenobiten.
Hellbound: Hellraiser II
„It is not hands that call us, it is desire!”
– Pinhead in „Hellbound: Hellraiser II“
Bereits im ersten Sequel reagierte man auf die wachsende Beliebtheit Pinheads. Zwar wird er am Ende getötet (aber welche Horror-Ikone kann das schon aufhalten?), und anscheinend war der ursprüngliche Plan, Julia als immer wiederkehrende Schurkin zu verwenden, aber dennoch gibt „Hellbound: Hellraiser II“ Pinhead einen Namen und einen Hintergrund. Der Film beginnt mit einem Mann, der die Puzzlebox öffnet, von Ketten hineingezogen und anschließend in Pinhead verwandelt wird. Im Verlauf des Films findet Kirsty Cotton heraus, wer Pinhead war, bevor er zum Cenobiten wurde: Elliot Spencer, ein britischer Offizier, der nach dem ersten Weltkrieg den Glauben an die Menschheit verliert und deshalb letztendlich in den Besitz der Puzzlebox gelangt. Darüber hinaus erfährt der Zuschauer auch mehr über die Cenobiten an sich und die Dimension, aus der sie stammen. Bei dieser handelt es sich um ein gewaltiges Labyrinth (in gewissem Sinne die Hölle), über diesem schwebt Leviathan, der Herrscher des Labyrinths, in Gestalt einer gewaltigen, dreidimensionalen Raute. Obwohl das Ganze recht abstrakt ist, ist das Labyrinth der christlichen Hölle doch näher als alles, was im ersten Film auftaucht; Leviathan ist immerhin (zumindest dem Namen nach) eine dämonische Kreatur aus der Bibel. Auch scheint es ihm hier in der Tat darum zu gehen, so viele Seelen wie möglich im Labyrinth zu fangen.

Die ursprünglichen Cenobiten in „Hellbound: Hellraiser II“ (von links nach rechts): Butterball (Simon Bamford), Pinhead (Doug Bradley), Female Cenobite (Barbie Wilde) und Chatterer (Nicholas Vince)
Pinhead selbst hat in „Hellbound: Hellraiser II“ zu Anfang dieselbe Funktion wie in Teil 1, er befolgt die Regeln. Dies zeigt sich vor allem bei seinem ersten Auftritt: Die Puzzlebox wird von einem Mädchen gelöst, das von seinen Psychosen (und so indirekt von ihrem Arzt Dr. Channard, der die Mysterien der Box erforschen möchte) dazu gezwungen wird. Als die Cenobiten sich Tiffany zuwenden wollen, hält Pinhead sie davon ab, da es nicht Hände seien, die sie riefen, sondern Verlangen.
Im Verlauf des Films wird Dr. Channard ebenfalls zu einem Cenobiten und damit zu Pinheads Gegenstück: Wo Pinhead sich an die Regeln hält (oder halten muss), kann Channard scheinbar problemlos verstümmeln und metzeln, wie es ihm beliebt. Letztendlich erinnert sich Pinhead an sein früheres Selbst, es kommt zur Konfrontation mit Channard, während der er zurückverwandelt wird, und schließlich sterben sowohl er als auch die anderen drei ursprünglichen Cenobiten.
Hellraiser III: Hell on Earth
„Down the dark decades of your pain, this will seem like a memory of Heaven.”
– Pinhead in “Hellraiser III: Hell on Earth”
Während die ersten beiden Hellraiser-Filme noch relative stark aufeinander aufbauten, ist der dritte bereits ziemlich losgelöst. Im Grunde sind, bis auf ein paar Anspielungen, Pinhead und die Puzzlebox die einzigen widerkehrenden Elemente. Zwar wurde Pinhead am Ende von „Hellbound“ getötet, aber wann hätte der Tod einer Figur die Studios je daran gehindert, einen Fortsetzung zu machen? Nachdem „Hellbound“ durchaus erfolgreich war, sich viele Fans aber über Pinheads Ableben beschwerten, wurde den Verantwortlichen klar, dass sie den nagelgespickten Cenobiten zurückbringen mussten. Zu diesem Zweck bauten sie auf dem Schlussgag des Vorgängers auf. Obwohl Channard ihm den Hals aufgeschlitzt hat, ist Pinhead noch nicht wirklich tot, vielmehr hat er sich aufgespalten: Seine menschliche Hälfte, Elliot Spencer, befindet sich in einer Art Limbo, während seine Cenobiten-Ich im sogenannten Pillar of Souls, der in den Besitz des Nachtclubbesitzers J. P. Monroe gerät, gefangen ist. Es kommt natürlich, wie es kommen muss: Mit Monroes nicht ganz freiwilliger Hilfe wird Pinhead befreit. Das Ganze ist nicht besonders logisch und wie genau es funktioniert, wird auch nicht erklärt, aber sei’s drum: Pinhead ist zurück.

Captain Elliot Spencer (natürlich ebenfalls von Doug Bradley dargestellt)
Auffällig bei der Konzeption von Pinhead in diesem Film ist, dass er zum ersten und eigentlich auch einzigen Mal der alleinige Antagonist des Films ist, während Elliot Spencer als Mentor der Protagonistin Joey fungiert. Laut Spencers Erklärungen ist seine böse Seite nun frei und nicht mehr an die Gesetze der Puzzlebox gebunden, was von Pinheads Handlungen bestätigt wird: Nachdem er aus dem Pillar of Souls entkommen ist, massakriert er erst einmal die Besucher von J. P. Monroes Nachtclub (von denen eindeutig niemand die Puzzlebox gelöst hat) und bastelt sich neue Cenobiten, die im Vergleich zu den alten allerdings ziemlich uninteressant sind.
Zusammen mit seiner menschlichen Hälfte hat Pinhead in „Hell on Earth“ darüber hinaus auch seine stoische Präzision verloren, denn erstmals hat er so richtig Spaß bei dem was er tut und lacht sogar das eine oder andere Mal ziemlich bösartig.
Am Ende des Films wird er schließlich wieder mit seiner menschlichen Hälfte vereint und ist damit auch abermals den Gesetzen der Box unterworfen, will heißen, man kann ihn wieder zurück ins Labyrinth schicken, was Joey auch umgehend tut.
Noch eine interessante Beobachtung: Ab diesem und dem folgenden Film werden Pinhead und die anderen Cenobiten explizit als Dämonen bezeichnet.
Hellraiser: Bloodline
„Do I look like someone who cares what God thinks?“
– Pinhead in „Hellraiser: Bloodline“
Da es bei „Hellraiser: Bloodline“ so viele Unstimmigkeiten und Umschnitte gab, ist auch Pinheads Rolle schwerer zu definieren. Ursprüngliche sollte er nur einen sekundären Schurken spielen, der Fokus lag auf der Dämonen-Prinzessin Angelique. Das Studio wollte allerdings mehr von Pinhead, und das früher im Film. Letztendlich kommt Pinhead im fertigen Streifen zu Beginn kurz vor, für den ersten Akt ist allerdings nach wie vor Angelique die Hauptantagonistin, jedenfalls bis sie einen armen Tropf dazu bringt, die Puzzlebox zu lösen, was Pinhead auf den Plan bringt. In der fertigen Version des Films ist das Verhältnis zwischen Pinhead und Angelique aufgrund diverse Umschnitte relativ schwierig zu bewerten, während sie ursprünglich vor allem gegeneinander arbeiten sollten. Wie dem auch sei, ab der Hälfte des Films nimmt Pinhead im Grunde die Zügel in die Hand, sodass Angelique im dritten Akt nicht mehr viel zu tun hat. Pinheads emotionale Ausbrüche aus „Hell on Earth“ wurden jedenfalls wieder merklich zurückgefahren, er agiert wieder stoischer und „professioneller“.

Angelique (Valentina Vargas), nachdem sie von Pinhead umgestaltet wurde
Obwohl er nun wieder den Gesetzen der Hölle unterworfen ist, scheint Pinhead nach wie vor eine Sonderstellung innezuhaben, so kann er immer noch nach eigenem Gutdünken neue Cenobiten basteln. Auch scheint sich die Funktion der Cenobiten, vor allem gegenüber dem ersten Teil, gewandelt zu haben. Sie reagieren nun nicht mehr einfach auf das Öffnen der Box, sie versuchen aktiv, eine stärkere Präsenz in der sterblichen Welt zu etablieren. Hinzu kommt mit Angelique eine „echte“ Dämonin, wir erfahren, wie Dämonen beschworen wurden, bevor es die Puzzlebox gab und Pinhead deutet an, dass das Labyrinth, wie wir es in „Hellbound“ gesehen haben, eventuell noch nicht sehr alt ist, denn er erklärt Angelique bei ihrem ersten Treffen: „Hell is more ordered since your time, princess. And much less amusing.“ Dies wirft natürlich die Frage auf, inwiefern das alles noch zu Clive Barkers ursprünglicher Version passt. Pinhead und Co. sind hier im Grunde nur noch böse Dämonen, die am Ende auf Hollywood-typische Art besiegt werden. Von der Finesse und Komplexität des ursprünglichen Konzepts bleibt da nicht mehr viel.
Hellraiser: Inferno
„Welcome to hell!“
– Pinhead in „Hellraiser: Inferno“
In den diversen Hellraiser-Direct-to-Video-Filmen wird Pinheads Rolle signifikant reduziert. Dies betrifft nicht nur die Anzahl und Dauer seiner Auftritte, sondern auch die Rolle, die er im Plot spielt. Ab „Hellraiser: Inferno“ arbeitet die Serie praktisch kaum mehr mit dem von Clive Barker geschaffenen Mythos, was primär daran liegt, dass in bereits existierende Drehbücher die Puzzlebox und ein kurzer Auftritt von Pinhead eingefügt wurde, da ein Hellraiser-Film nun einmal diese beiden Elemente braucht und man davon ausgehen kann, dass sich der Streifen mit einem Franchise-Namen einfach besser verkauft.
„Hellraiser: Inferno“ ist dabei zwar der Film, der noch am gelungensten ist, aber auch derjenige, in dem Pinheads Auftritt schlicht um unnötigsten ausfällt. Im Grunde tritt er am Ende für fünf Minuten auf, um dem Zuschauer die Zusammenhänge zu erklären, die dieser ohnehin schon kennt. Dabei ist er weder der Schurke wie in den Teilen 3 und 4, noch die Instanz aus den ersten beiden Filmen der Serie. Im Grunde ist er der Wächter der persönlichen Hölle des Protagonisten, in der dieser sich den ganzen Film über befindet und so gezwungen ist, dasselbe immer wieder zu erleben. Das Problem daran: Nachdem, was die bisherigen Filme etabliert haben funktioniert die Hölle (bzw. das Labyrinth) nicht auf diese Weise, ebenso, wie auch die Konzeption Pinheads in diesem Film absolut nicht zu den restlichen Filmen passt. Die moralische Rolle, die er hier einnimmt, ist absolut nicht mit der amoralischen Grundhaltung der Cenobiten im ersten Film zu vergleichen.
Hellraiser: Hellseeker
„Welcome to the worst nightmare of all… reality!.“
– Pinhead in „Hellraiser: Hellseeker“
Pinheads Rolle im sechsten Film der Reihe gleicht der in „Inferno“ – wieder ist er der Aspekt, der ein vorher selbstständiges Drehbuch zu einem Hellraiser-Film machen soll. Und abermals funktioniert das nicht wirklich. Neben dem nagelköpfigen Cenobiten und der Puzzlebox brachte man sogar Kristy Cotton zurück, die außer der Tatsache, dass sie wieder von Ashley Laurence gespielt wird, nichts mit der ursprünglichen Figur aus den ersten beiden Filmen zu tun hat.
In der Tat ist der Plot von „Hellseeker“ zum Teil sehr verworren, sodass man ohnehin nur schwer Motivationen bei den Figuren ausmachen kann. Was Pinhead angeht, dieser will wohl die offene Rechnung mit Kirsty aus den ersten Filmen begleichen, und bekommt dazu Gelegenheit, weil sie wieder die Puzzlebox öffnet bzw. von ihrem Mann (ein weiterer Arschloch-Protagonist) dazu gedrängt wird. Allerdings kann sie Pinhead davon überzeugen, einen Deal mit ihr einzugehen (schon wieder), indem sie ihm diverse andere Seelen, nämlich die ihres Mannes und seiner diversen Geliebten, anbietet. Dies zeigt abermals, dass sich die Macher von „Hellseeker“ nicht wirklich mit der Materie beschäftigt haben. Damit Pinhead auf besagte Seelen zugriff oder überhaupt ein Interesse an ihnen hätte, müssten sie selbst die Puzzlebox öffnen oder geöffnet haben und anschließend entkommen sein, so wie es bei Frank der Fall war.
Letztendlich läuft das Ganze auf dasselbe hinaus wie in „Inferno“: Der Zuschauer erfährt, zusammen mit dem Protagonisten, dass dieser sich schon den ganzen Film über in seiner eigenen, privaten Hölle befunden hat, und Pinhead ist derjenige, der ihm das erklären darf.
Hellraiser: Deader
„Dreams are fleeting. Only nightmares last forever!”
– Pinhead in „Hellraiser: Deader“
Im Grunde gibt es über „Deader“ dasselbe zu sagen wie über die beiden Vorgänger: Pinhead wurde nachträglich hinzugefügt. Dies merkt man schon daran, dass die Themen des Films, Unsterblichkeit und Nekromantie, mit denen von Clive Barkers Novelle nicht wirklich etwas zu tun haben.
Im Grunde sind Pinhead und die Cenobiten in „Inferno“, „Hellseeker“ und „Deader“ wieder eher Instanzen denn Schurken, aber offensichtlich hat sich niemand so genau damit auseinandergesetzt, wie sie funktionieren. Das gilt speziell für „Deader“, da es ohnehin niemanden mehr zu interessieren scheint, was die Box kann und was sie nicht kann. Im Grunde lassen sich sämtliche übernatürlichen Elemente nicht mit dem Hellraiser-Mythos vereinbaren.
Wenigstens ist die dieses Mal die Protagonistin nicht schon die ganz Zeit in ihrer eigenen, privaten Hölle gefangen. Trotzdem lässt sich Pinheads Funktion in diesem Film am besten mit den Worten „Expositions-Fee“ beschreiben. Er erklärt den löchrigen Plot und räumt am Ende auf, womit er technisch wieder gegen die Regeln des Labyrinths verstoßen würde, aber wen interessiert das überhaupt noch? In „Hell on Earth“ hat man sich wenigstens die Zeit genommen zu erklären, warum er Unbeteiligte niedermetzelt.
Letztendlich ist „Deader“ zwar nicht so unendlich dröge wie „Hellseeker“, hätte aber als Lovecraft-Film besser funktioniert denn als Hellraiser-Streifen – so ist Pinhead letztendlich ebenso fehl am Platz wie in „Inferno“
„Hellraiser: Hellworld“
„You still don’t understand, do you?”
– Pinhead in „Hellraiser: Hellworld“
Diese Frage könnte man auch an die Verantwortlichen hinter den Hellraiser-Filmen 5-8 stellen, gerade was Pinhead betrifft. In diesem Pseudo-Meta-Hellraiser-Film, bei dem sich die Autoren (wieder mal) nicht genug mit den ursprünglichen Filmen auseinandergesetzt haben, verkommt Pinhead endgültig zum Slasher. Zwar sind sich die Autoren und sogar die Figuren im Klaren darüber, dass Pinhead und die Puzzlebox so nicht funktionieren, aber trotzdem wird er nun einmal auf diese Weise eingesetzt. In der Tat handelt es sich bei jeder Pinhead-Sichtung außer der letzten um eine Illusion, was auch erklärt, weshalb der Cenobiten-Chef einfach Leute umbringt, ohne dass die Puzzlebox gelöst wurde.
Am Ende des Films tut dies schließlich der von Lance Henriksen gespielte Gastgeber und es stellt sich heraus, dass Pinhead tatsächlich existiert. Statt den Gastgeber allerdings mitzunehmen, wird er einfach von zwei völlig unkreativen Cenobiten in Stücke gehackt. Im Grunde lohnt es sich kaum zu erörtern, welche Rolle Pinhead in diesem Film spielt, seine Seinsberechtigung ist noch dünner als in den anderen Directo-to-DVD-Filmen der Serie.
„Hellraiser: Revelations“
„We have no desire for you.”
– Pinhead in „Hellraiser: Revelations“
Ein besseres Zitat zu diesem Film, der nur gedreht wurde, damit Dimension die Rechte am Hellraiser-Franchise behalten konnte, kann man wahrlich nicht finden. Dies zeigt sich schon allein daran, dass Doug Bradley, der selbst bei „Hellworld“ noch Pinhead spielte, sich weigerte, an diesem Machwerk teilzuhaben – im Vergleich zu „Revelations“ ist selbst „Hellworld“ noch ansehbar.

Stephan Smith Collins als Pinhead-Actionfigur
Beim Skript handelt es sich um Grunde um eine abgewandelte Version des Originals, inklusive hautlosem Onkel-Frank-Ersatz, und somit ist auch Pinheads Rolle im Grunde dieselbe wie im ersten Film. Betrachten wir also lieber Doug Bradleys Nachfolger, Stephan Smith Collins, denn bei seinem Pinhead stimmt leider gar nichts. Er hat keine Ausstrahlung, kein Charisma, Kostüm und Make-up wirken, als handle es sich um eine Pinhead-Action-Figur und die Stimme (von Fred Tatatsciore) ist ebenfalls absolut nicht einschüchternd. Über diese Version von Pinhead breitet man lieber den Mantel des Schweigens.
Pinhead außerhalb der Filme
„I require a new arrangement. I require something…greater.”
– Pinhead in „Clive Barker’s Hellraiser: Pursuit of the Flesh“
Nach dem Erfolg der ersten Hellraiser-Filme dauerte es nicht lange, bis die Geschichte um die mysteriöse Puzzlebox auch in comicform fortgesetzt wurde. In der Tat gibt es ziemlich viel Material, diverse länger laufende Serien, Miniserien, Filmadaptionen, Crossover etc. Viele davon erhielten sogar mehr Input von Clive Barker als die meisten Hellraiser-Sequels. Ich habe leider nur einen Bruchteil dieser Comics gelesen, allerdings taucht Pinhead in ihnen eher selten auf, die Comics haben es sich vornehmlich zum Ziel gesetzt, dass Hellraiser-Universum zu erforschen, es werden neue Cenobiten eingeführt und Konzepte erforscht, die man in den Filmen nicht darstellen konnte oder wollte. Als Vorzeige-Cenobit zeigt Pinhead dennoch hin und wieder sein Gesicht und erhielt sogar seine eigene, sechsteilige Miniserie (die ich nicht mein Eigen nenne, weshalb ich nicht weiß, wie sie ihn darstellt).

Kirsty Cotton als weiblicher Pinhead
Seit 2011 gibt es darüber hinaus eine neue Serie namens „Clive Barker’s Hellraiser“, die vom Erfinder des Franchise zumindest mitverfasst wurde und in der Pinhead wieder eine bedeutende Rolle spielt. In dieser Serie scheint er seiner cenobitischen Existenz überdrüssig zu werden tauscht schließlich den Platz mit Kirsty Cotton, die zu einem neuen, weiblichen und in weiß gewandeten Pinhead wird.
In der Popkultur ist Pinhead natürlich ebenfalls häufig zu finden, fungiert er doch als Vorzeigefigur des Franchise. Als solche hat er sich auch schon einige Male in „Die Simpsons“, bei „Family Guy“, „Robot Chicken“, „South Park“ oder ähnliche Formaten blicken lassen und wurde auch schon anderweitig parodiert, etwa in „The Cabin in the Woods“ – dort tritt eine vertraute Gestalt auf, die statt Nägeln allerdings ein Sägeblatt im Kopf hat.
Things to come…
„We have such sights to show your.”
– Pinhead in „Hellraiser“
Gegenwärtig sind zwei größere Hellraiser-Projekte angekündigt. Zum einen wäre da „The Scarlet Gospels“, ein Romanprojekt, das Clive Barker schon vor einiger Zeit ankündigte und das nun, den Informationen auf Barkers Internetseite zufolge, 2015 erscheint. In diesem sollen nicht nur die Hintergründe der Cenobiten und der Hölle erforscht werden, es soll auch Pinheads Ende enthalten.
Und schließlich ist schon seit längerer Zeit ein Hellraiser-Remake/Reboot angekündigt. 2013 ließ Clive Barker dann überraschend verlauten, er selbst werde Regie führen und Doug Bradley werde ebenfalls als Pinhead zurückkehren. Seither ist es an dieser Front allerdings ruhig geworden.
Sollte es wirklich dazu kommen, und sollte Doug Bradley doch nicht mehr den Anführer der Cenobiten spielen wollen/können (der Gute ist immerhin auch nicht mehr der Jüngste), wäre meine Wahl für Pinhead Benedict Cumberbatch. Er hat das Charisma, die nötige Präsenz und, vor allem, die Stimme. In „Star Trek Into Darkness“ zitiert er Pinhead sogar und klingt fast gleich: „Shall we begin?“
Fazit:
Pinhead ist ohne Zweifel eine Ikone des Horror-Films, die nicht nur auf einer Stufe mit Freddie Kruger und Jason Vorhees steht, sondern diese durch seine interessante und einzigartige Konzeption sogar übertrifft. Und obwohl Pinhead ebenfalls das Aushängeschild seiner Filmserie ist, ändert sich die Rolle, die er spielt, von Film zu Film. Das faszinierende ist, dass Pinhead als Figur so vielschichtig ist, dass er sowohl als emotionslose Instanz als auch als manischer Schurke funktionieren kann.
Halloween 2014:
Only Lovers Left Alive
Siehe auch:
Hellraiser
Hellbound: Hellraiser II
Hellraiser III: Hell on Earth
Hellraiser: Bloodline
Hellraiser: Inferno
Hellraiser: Hellseeker
Hellraiser: Deader
Hellraiser: Hellworld
Hellraiser: Revelations