Stück der Woche: Bard, a Man From Lake-Town

Nach der Achterbahnfahrt von The Forest River kehrt nun wieder ein wenig Ruhe in den Score ein – zugleich macht sich Shore daran, eine neue, bislang fast völlig unbekannte Kultur musikalisch vorzustellen: Die Menschen des Ostens, die Bewohner von Esgaroth und Nachkommen der Menschen von Thal. Im Track Bard, a Man From Lake-Town führt Shore, wie könnte es bei diesem Namen auch anders sein, Bards Thema ein – bzw. eines der Themen, denn der gute Mann hat eine ganze Reihe von Leitmotiven, die mit ihm verknüpft sind. Tatsächlich könnte er die Figur der Hobbit-Trilogie mit den meisten Themen sein. Das Leitmotiv, das ab 0:09 in einer ebenso zurückhaltenden wie brütenden Variation erklingt, könnte man „Bard, den Bogenschützen“ nennen, es repräsentiert gewissermaßen die Basis der Figur, weshalb ich es in Zukunft einfach als Bards Thema bezeichnen werde. Andere „Inkarnationen“ bzw. Aufgaben der Figur (Drachentöter, Anführer etc.) werden von separaten Leitmotiven repräsentiert, doch dazu später mehr. Shore hat Bards Thema äußerst clever angelegt, durch den Rhythmus zeigt er die Zugehörigkeit der Figur zu Seestadt, deren Thema diesen Rhythmus später aufgreift. Da die Zwerge bezüglich Bards Gesinnung noch unschlüssig sind, wird es hier ominös gehalten, doch das Potential für ein heroisches Thema ist zweifellos vorhanden. Die ersten eineinhalb Minuten des Tracks sind primär von Suspense geprägt, bis es bei 1:28 zu einem kurzen, aber heftigen Ausbruch des Erebor-Themas kommt. Bei 2:34 erklingt ein weiteres Mal Bards Thema. Zum Schluss des Tracks stellt Shore bei 2:56 ein weiteres neues Leitmotiv des „Esgaroth-Kosmos“ vor, das Doug Adams als „The Politicians of Lake-town“ bezeichnet. Dieses Thema repräsentiert die korrupten ausführenden Organe von Seestadt, also den Meister und Alfrid. Durch die Verwendung des Clavichord, gewissermaßen ein „Verwandter“ des Cembalo, bekommt das Politikerthema einen subtil barocken Klang, während die konstanten Tonartwechsel die trügerischen Absichten der beiden Figuren repräsentieren.

Bevor es mit den Zwergen weitergeht, folgt der Film allerdings Gandalf auf seiner Suche nach dem Ursprung des Bösen in Düsterwald. Diese Suche führt ihn zu den High Fells in Rhudaur, wo sich die Gräber der Nazgûl befinden. Wir ignorieren dabei einfach Mal, dass das völliger Blödsinn ist, da die Menschen, die später wegen der neun Ringe zu den Nazgûl werden sollten, geschwunden sind und somit keine Körper hinterlassen haben, die man begraben könnte. Zudem tauchten die Nazgûl bereits über 1000 Jahre vor der Gründung des Reiches Arnor auf, zu dem Rhudaur einstmals gehörte. Wie dem auch sei, für das Mysterium, das die Ringgeister umgibt, etabliert Shore ein neues Leitmotiv, wahrscheinlich erschien ihm das ursprüngliche, marschartige Chorthema nicht mehr passend für die enigmatischere Präsenz der Ringgeister. Stattdessen werden sie hier nun von einem klagenden Knabensopran repräsentiert. Dieses neue Thema, dem Doug Adams den Namen „The Nine“ verpasst hat, erklingt zum ersten Mal bei 0:54 in The High Fells und dann noch einmal bei 1:39 vernommen werden. Kurz darauf zeigt Shore die Verbindung zwischen den Ringgeistern und dem Nekromanten, indem er dessen aufsteigendes Thema ab 2:01 mehrmals nacheinander anspielt, um den Track schließlich mit einem weiteren Statement von „The Nine“ zu beenden (3:04).

The Nature of Evil untermalt eine weitere Szene ohne jegliche Basis im Roman; hier setzen sich Legolas und Thranduil mit einer ähnlichen Thematik auseinander wie Gandalf – auch sie versuchen, den merkwürdigen Vorkommnissen im Düsterwald auf den Grund zu gehen, indem sie einen der gefangenen Orks verhören. Der Track beginnt mit einem sehr düsteren Holzbläser-Statement des Waldlandreich-Themas, bevor bei 0:40 die „Footsteps of Doom“, eine der Begleitfiguren des Bösen aus der LotR-Trilogie, kurz vorbeischauen. Bei 1:14 erklingt „The Nine“, dieses Mal allerdings ohne Knabensopran, stattdessen wird die Melodie von den Streichern gespielt, wodurch sich dieses Leitmotiv regelrecht einschleicht, passend zu dem Umstand, dass Legolas und Thranduil nichts von der Beteiligung der Ringgeister wissen. Nach einer an Bernard Herrman erinnernden, sehr schrillen Streicherfigur hören wir bei 2:01 zum ersten Mal seit dem Anfang des Films wieder Smaugs Thema, das vor allem im letzten Drittel des Films sehr dominant wird. Der Track endet schließlich mit einem Statement von Azogs Thema bei 2:43.

Siehe auch:
The Quest for Erebor
Wilderland
The House of Beorn
Flies and Spiders
The Woodland Realm
Feast of Starlight
The Forest River

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