Um über die aktuell noch anhaltende Schließung der Kinos hinwegzukommen hat Nadine von Wörter auf Reisen zum Kino TAG aufgerufen, in dessen Rahmen einige Fragen zum Thema Kino beantwortet werden sollen (#Kinoliebe). Nun denn, da lasse ich mich nicht lumpen.
Was war dein erster Kinofilm?
Eine Wiederaufführung von „Aristocats“, das muss 1993 oder 1994 gewesen sein, denn die Nummer 2 war „Der König der Löwen“, der bekanntlich 1994 ins Kino kam. Leider kann ich mich an beide Kinobesuche nicht wirklich erinnern, mir wurde allerdings mitgeteilt, dass mich „Der König der Löwen“ wohl noch etwas überfordert hat.
Was war dein letzter Kinofilm?
Das müsste „Der Leuchtturm“ gewesen sein. Oder „The Rise of Skywalker“ – beide äußerst grauenerregend, der erste auf die gute, der zweite auf die schlechte Art.
Wie oft gehst du ins Kino?
Deutlich zu selten, zumindest in den letzten beiden Jahren, primär aus Arbeitsgründen. 2020 habe ich es tatsächlich noch gar nicht ins Kino geschafft – Januar und Februar hatte ich einfach weder Zeit noch Muse und dann kam Corona…
Bist du als Kind/ Jugendlicher in einen Film gegangen, für den du nach FSK zu jung warst?
Ja, „Sin City“. Damals war ich zwar „nur“ zwei Jahre zu jung (16 statt 18), aber nichts desto trotz.
Welcher war der schlechteste Film, den du im Kino gesehen hast? Hmm, da gibt es eine ganze Menge Kandidaten. „Suicide Squad“, „Die Mumie: Das Grabmal des Drachenkaisers“, „300: Rise of an Empire“ und sicher noch einige weitere, die mir gerade nicht einfallen.
Multiplex oder Programmkino?
Das ist immer davon abhängig, was wo läuft und was mich interessiert. Ich will da keine dogmatische Aussage treffen.
Hast du schon ein Filmevent im Kino besucht?
Nicht im Kino, aber die diversen Live-to-Projection-Aufführungen, die ich besucht habe, unter anderem die LotR-Trilogie, Star Wars Episode IV und V (VI sollte dieses Jahr kommen, wurde nun aber auf nächstes Jahr verschoben) und „Jurassic Park“ würde ich definitiv als Filmevents beschreiben. Nur fanden die eben im Konzertsaal statt.
Hast du schon eine Sneak Preview besucht?
Nein, das Konzept hat mich, ehrlich gesagt, nie besonders gereizt.
Warst du schon mal auf einem Filmfestival?
Leider nicht.
O-Ton oder Synchro?
Bei englischen Filmen definitiv O-Ton, ganz besonders, wenn Darsteller mit von der Partie sind, die stimmlich wirklich zu beeindrucken wissen, etwa Jeremy Irons oder Benedict Cumberbatch. Bei nicht englischen Filmen ist es mir nicht ganz so wichtig, aber auch diese habe ich mir schon im O-Ton angeschaut.
Bist du schon mal im Kino eingeschlafen?
Nö, aber bei „300: Rise of an Empire“ wäre es fast dazu gekommen.
Was war dein schönster Moment im Kino?
Ich würde sagen, als mich ein Film zum ersten Mal so richtig mitgerissen und wirklich restlos begeistert hat. Das war bei „The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring“.
Popcorn oder Nachos?
Weder noch. Mit Nachos konnte ich noch nie viel anfangen, früher habe ich aber immer wieder ganz gerne Popcorn gegessen, aber zum einen habe ich inzwischen eine gewisse Abneigung gegen den Geschmack entwickelt und zum anderen gehen mir die Essgeräusche im Kino von Jahr zu Jahr immer mehr auf die Nerven. Ich bin überzeugt, dass die Leute mit jedem Jahr immer lauter essen.
Der letzte Film, bei dem du im Kino geweint hast?
Ich habe vielleicht eine heimliche Träne bei „The Rise of Skywalker“ verdrückt bei dem Gedanken daran, dass DAS das Ende der Skywalker-Saga sein soll. Zumindest metaphorisch.
Dein nervigster Kinomoment?
In „Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald“ waren zwei Damen anwesend, die entweder alkoholisiert, high oder beides waren und sich auch dementsprechend verhalten haben. Die gute Nachricht: Sie wurden nach zehn Minuten vom Kinopersonal hinausgeführt. Die schlechte: Ich musste immer noch „Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald“ über mich ergehen lassen.
Gehst du auch öfter für den gleichen Film ins Kino?
Durchaus, besonders in Franchises, die mir sehr am Herzen liegen. Die meisten Mittelerde-, Harry-Potter- und Star-Wars-Filme habe ich mehrmals gesehen, primär zu Analysezwecken.
Hast du auch schon Filmklassiker auf der Leinwand gesehen?
Als 1997 „Return of the Jedi“ als Special Edition auf die Leinwand zurückkehrte, habe ich mir das angeschaut – das war auch mein erstes Mal Star Wars im Kino.
Was bedeutet Kino für dich?
Das Kino ist immer noch ein besonderer Ort, in dem man Filme auf eine Art und Weise erleben kann, wie es sonst nicht möglich ist. Im Idealfall kommt ein einzigartiges Gruppenerlebnis dabei heraus. Kino hat auch den Vorteil, dass man sich wirklich auf den Film konzentriert und nebenbei nicht noch etwas anders macht.
Es ist an der Zeit, mal wieder eine neue Artikelreihe zu starten. „Art of Adaptation“ setzte sich, wie der Titel schon subtil suggeriert, mit dem Adaptionsprozess auseinander. Zwar habe ich durchaus auch vor, Gesamtadaptionen im Rahmen dieser Reihe zu betrachten, der Fokus soll allerdings auf Einzelaspekten liegen: Wie wird eine bestimmte Figur, eine Szene, eine Kapitel oder ein Ereignis von einem Medium ins andere transferiert. Den Anfang macht hierbei das erste Kapitel aus „Harry Potter and the Deathly Hallows“.
Das Außenseiterkapitel
„The Dark Lord Ascending“ ist nicht nur das Eröffnungskapitel des siebten Harry-Potter-Bandes, sondern auch eines der außergewöhnlichsten. In der gesamten siebenbändigen Serie verlassen wir als Leser nur selten Harry Potters Perspektive, er ist nicht nur Namensgeber der Serie, sondern auch die Figur, durch deren Augen wir fast sämtliche Geschehnisse erleben. Eine Ausnahme ist das erste Kapitel des ersten Bandes; hier fungiert Vernon Dursley als Point-of-View-Charakter (PoV), das erste Kapitel des vierten Bandes, das der Leser durch die Augen des Riddle-Gärtners Frank Bryce erlebt, das erste und zweite Kapitel von „Harry Potter and the Half Blood Prince“ und dieses hier. Was dieses Kapitel so außergewöhnlich macht, ist nicht nur der Umstand, dass wir Harrys Perspektive verlassen, sondern dass keine andere Figur seinen Platz einnimmt. In der Literaturwissenschaft spricht man von „externer Fokalisierung“, die relativ selten vorkommt. Hierbei beschreibt der Erzähler nur, was durch die Sinne wahrgenommen werden kann, aber keine inneren Prozesse der Figuren. Das Gegenteil ist die „interne Fokalisierung“ – hier lässt der Erzähler den Leser an den inneren Prozessen der Figuren bzw. einer ausgewählten Figur teilhaben, wie es bei den HP-Romanen normalerweise der Fall ist. Darüber hinaus gibt es auch die Nullfokalisierung; gemeinhin spricht man auch vom „allwissenden Erzähler“. Wie dem auch sei, in diesem Kapitel folgen wir zwar Snape, erfahren aus dramaturgischen Gründen allerdings nicht, was er denkt und empfindet, schließlich soll bis zum Schluss nicht enthüllt werden, dass er in Wahrheit die ganze Zeit für Dumbledore gearbeitet hat.
Die Handlung ist schnell erzählt: Snape trifft zeitgleich mit Yaxley, einem anderen Todesser, bei Malfoy Manor ein. Nach einer kurzen Unterhaltung über Lucius Malfoys Vorliebe für Luxus betreten die beiden das Anwesen und stoßen zur stattfindenden Todesser-Versammlung unter Leitung Lord Voldemorts. Es geht primär darum, Harry Potter zu ergreifen und um die Frage, wie schnell sich das Zaubereiminsterium unter Voldemorts Kontrolle befinden kann – hierzu hat Yaxley Pius Thicknesse, dem Leiter der magischen Strafverfolgungsbehörde, den Imperiusfluch aufgehalst. Auch die erweiterte Verwandtschaft der Malfoys und Blacks kommt zur Sprache, hat doch Nymphadora Tonks, die Nichte von Bellatrix und Narcissa, den Werwolf Remus Lupin geheiratet. Schließlich verkündet Voldemort, dass er Harry Potter nicht mit seinem eigenen Zauberstab töten kann und borgt sich stattdessen den von Lucius Malfoy, den er sogleich an Charity Burbage, der Muggelkundelehrerin von Hogwarts, ausprobiert, deren Leiche anschließend Nagini zum Faß vorgeworfen wird.
Ich will ehrlich sein: Ich bin kein allzu großer Fan dieses Kapitels. Voldemort war nie der subtilste Schurke, doch gerade in diesem Kapitel ist er mir eine Spur zu offensichtlich fies, zu plump in seiner Bösartigkeit. Ironischerweise gehört die Filmumsetzung zu meinen liebsten Szenen der gesamten Filmreihe, vielleicht ist sie sogar meine Lieblingsszene.
Auffällige Änderungen
Während das Todesser-Meeting den Roman eröffnet, beginnt die Filmadaption mit einer Rede Rufus Scrimgeours (Bill Nighy), gefolgt von einer Montage, die Harry (Daniel Radcliff), Ron (Rupert Grint) und Hermine (Emma Watson) bei ihren Vorbereitungen zeigt und bereits bestimmte Elemente, die im Roman durch Exposition in späteren Kapiteln auftauchen, visuell vorwegnimmt. Erst nach der Titeleinblendung zeigt David Yates, wie Snape (Alan Rickman) zu Malfoy Manor appariert bzw. fliegt. Anders als im Roman trifft er allerdings alleine ein, Yaxley (Peter Mullan) sitzt bereits am Konferenztisch. Ein Detail, das allerdings übernommen wurde, ist das „durchlässige Eingangstor“, das nicht geöffnet werden muss. Zu den weiteren, besonders auffälligen Änderungen gehört Pius Thicknesse (Guy Henry): Während im Roman nur darüber gesprochen wird, dass Yaxley ihm den Imperius-Fluch auf den Hals gejagt hat, ist der in der Filmszene anwesend, wobei weder hier noch später deutlich wird, ob er ebenfalls unter dem Imperius-Fluch steht, erpresst wird oder sich Voldemort (Ralph Fiennes) freiwillig angeschlossen hat. Dennoch wird er von den Todessern visuell distanziert; während diese alle in ihren typischen Gewändern zur Linken und Rechten des Dunklen Lords sitzen, trägt Thicknesse einen gewöhnlichen Anzug, sitzt Voldemort am anderen Ende der Tafel genau gegenüber und fühlt sich in Naginis Gegenwart sichtlich unwohl. Aus filmischer Sicht ist es äußerst sinnvoll, Thicknesse auf diese Weise zu präsentieren, statt nur über ihn zu reden, da ein Zuschauer, der den Roman nicht gelesen hat, ihn so später deutlich leichter wiedererkennen kann, gerade weil er von den restlichen Todessern abgegrenzt wird.
Wurmschwanz (Timothy Spall) wird, anders als im Roman, ebenfalls von den restlichen Todessern abgegrenzt; er hat gar keinen Platz an der Tafel, sondern muss stehen. Hier wird außerdem bereits das Auftauchen Ollivanders (John Hurt) subtil angedeutet, denn er ist es, der schmerzerfüllt schreit und dem sich Wurmschwanz kümmern soll.
Die Dialoge der Szene sind größtenteils, wenn auch mit einigen Kürzungen und Änderungen, aus dem Kapitel übernommen. Die Unterhaltung über den Fall des Ministeriums fällt weg, ebenso wie die Erwähnung der Heirat von Lupin und Tonks. Der Mord an Charity Burbage (Carolyn Pickles) ist dagegen wieder vorhanden. Die Lehrerin schwebt während der ganzen Szene im Hintergrund herum, als der Fokus auf sie gerichtet wird, ist besonders Draco (Tom Felton) sichtlich verstört. Dennoch denke ich, dass es an dieser Stelle deutlich effektiver gewesen wäre, hätte Voldemort statt einer Lehrerin, die wir nie zuvor gesehen haben, einen Hogwarts-Lehrer getötet, der bereits vorkam. Sibyl Trewlany hätte sich vielleicht wegen der Prophezeiung angeboten, oder Professor Sprout, also eine Lehrerin, die man als bereits seit den ersten Filmen bzw. Büchern kennt. Der Mord an Charity Burbage passt ideologisch, letztendlich ist sie aber nur ein weiterer Name unter Voldemorts Opfern, der für Leser wie Zuschauer kaum Bedeutung hat.
Ralph Fiennes at his Best
Der wirklich Unterschied zwischen Buch- und Filmszene kommt allerdings von Ralph Fiennes‘ Darstellung Lord Voldemorts und der Art und Weise, wie David Yates ihn in Szene setzt. Das beginnt schon bei den ersten Sätzen, die wir von Voldemort hören. Im Roman begrüßt er Snape und Yaxley ziemlich plump mit „You are very nearly late” und weist ihnen dann per Befehl Plätze zu. Film-Voldemort ist da deutlich subtiler. In der ganzen Szene merkt man, dass der Dunkle Lord hier auf dem Höhepunkt seiner Macht ist – er hat es nicht nötig, plump zu befehlen, stattdessen spricht er mit einer merkwürdigen, subtil spöttischen, aber sehr ausgewählten Ausdrucksweise, die zugleich höflich und zuvorkommend, aber auch bedrohlich ist: „Severus, I was beginning to worry you had lost your way. Come, we’ve saved you a seat.“ Ähnlich verhält es sich, wenn Voldemort mit Pius Thicknesse oder Bellatrix Lestrange (Helena Bonham Carter) spricht. Selbst als Ollivander schmerzerfüllt schreit und Voldemort kurz lauter wird, bleibt seine Wortwahl beinahe zurückhaltend: „Wormtail, have we not spoken about keeping our guest quiet?“ Dieser Höhepunkt der Macht wird visuell unter anderem auch dadurch vermittelt, dass sich Voldemort in den Einstellungen, in denen er zu sehen ist, zumeist in der Bildmitte befindet.
Die Ausnahme hierbei ist Lucius Malfoy (Jason Isaacs), vor dem Voldemort offensichtlich jeglichen Respekt verloren hat. Die Demütigung erfolgt hier sehr ähnlich wie im Roman durch die Zauberstababnahme, wenn auch verbal etwas subtiler. Der Dialog ist fast identisch, allerdings erklärt Voldemort im Roman: „Lucius… I see no reason for you to have a wand any more.” Im Film dagegen schreitet er die Reihe der Todesser ab wie ein Lehrer, der keine Antwort erhält und fragt dabei: „Who would like the honour?“ Statt des oben erwähnten Satzes äfft Voldemort Lucius allerdings nach. Die symbolische Kastration durch die Zauberstababnahme wird im Film sogar noch deutlicher, als er den Schlangenkopf abbricht.
Wohl primär aus Gründen der Länge wurden einige Voldemort-Seitenhiebe entfernt, u.a. hackt er noch ein, zwei Mal auf den Malfoys im Allgemeinen und Draco im Besonderen herum. Auch die ausführlichere Erläuterung des Zauberstabproblems, in dem Voldemort in ungewohnter Manier zur Selbstkritik neigt, ist der Schere zum Opfer gefallen. In beiden Fällen tut das der Szene allerdings durchaus gut – besonders, wenn es um die Seitenhiebe geht. Durch die aufgesetzte Höflichkeit – selbst das Opfer wird im Film als „Miss Charity Burbage“ vorgestellt, während die formale Anrede im Roman fehlt – wirkt Voldemort deutlich selbstsicherer und gefährlicher.
Fazit: An dieser Szene aus „Harry Potter and the Deathly Hallows Part 1” zeigt sich, wie eine Szene einerseits sehr vorlagengetreu umgesetzt werden kann, andererseits aber durch einige kleine und subtile Änderungen – und nicht zuletzt durch hervorragendes Spiel – deutlich effektiver gestaltet werden kann. Gerade in Bezug auf Voldemort setzt sich diese Tendenz fort. Die Filmversion ist meiner Ansicht nach in diesem und dem Folgefilm deutlich effektiver und besser inszeniert als in der Vorlage.
Bleiben wir doch noch ein wenig beim „Hobbit“. Wer sich eines der besten und einflussreichsten Kinderbücher des 20. Jahrhunderts in Audioform einverleiben möchte, hat, neben Howard Shores Musik, noch eine ganze Reihe von weiteren Möglichkeiten. Da Tolkien den „Hobbit“ ohnehin als Geschichte schrieb, die er seinen Kindern erzählen und vorlesen konnte, und in diesem Zusammenhang auch den erzählerischen Tonfall des Werkes auf diesen Zweck ausrichtete, scheint das Hörbuch und das Hörspiel die ideale Form zu sein, um den „Hobbit“ zu konsumieren. Verstärkt wird diese Überzeugung für mich durch den Umstand, dass ich den „Hobbit“ als Hörspiel kennen lernte. Im Jahr 1980 produzierte der WDR eine Hörspielumsetzung, bei der Heinz Dieter Köhler Regie führte. Der Cast ist mit nur 13 Sprechern relativ klein, sodass es Mehrfachbesetzungen gibt. In den Hauptrollen sind Horst Bollmann (Bilbo), Bernhard Minetti (Gandalf), Heinz Schacht (Thorin) und Martin Benrath (Erzähler) zu hören. Diese spezifische Hörspieladaption wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben, da ich durch sie zum ersten Mal in Kontakt mit Mittelerde kam.
Es wird kaum verwundern, dass auch eine britische Hörspielproduktion existiert, bereits 1968 von der BBC produziert. Bislang habe ich nur einige Ausschnitte davon gehört, für meinen Geschmack ist diese Version allerdings deutlich schlechter gealtert als das WDR-Gegenstück, wobei das natürlich auch damit zusammenhängen könnte, dass ich mit dem deutschen Hörspiel so vertraut bin. Der Schauspieler Michael Kilgarriff war für diese Adaption verantwortlich, als Bilbo ist Paul Daneman zu hören, als Gandalf Heron Carvic und als Thorin John Justin.
Wer sich mit einer dramatisierten Adaption nicht unbedingt anfreunden kann und Wert auf Tolkiens vollen Text legt, kann stattdessen auch zu den jeweiligen Hörbuchversionen greifen, sowohl in englischer als auch in deutscher Sprache handelt es sich dabei um Komplettlesungen (alles andere wäre auch Frevel). Gert Heidenreich hat sich inzwischen zur deutschen Tolkien-Stimme etabliert und viele der Werke des Professors ausgezeichnet eingelesen. Die einzigen prominenten Ausnahmen sind „Das Silmarillion“ und „Die Gefährten“, die noch von Joachim Höppner, der deutschen Stimme Ian McKellens, gelesen wurden. Da Höppner jedoch leider 2006 verstarb, übernahm Heidenreich für ihn. Das englische Gegenstück ist Rob Inglis, der ähnlich wie Heidenreich quasi DIE Tolkien-Erzählstimme im englischsprachigen Raum ist, neben dem „Hobbit“ hat er auch den kompletten „Lord of the Rings“ eingelesen.
Vor kurzem bin ich auf eine weitere Hörbuchversion des „Hobbit“ gestoßen, die mich ebenso beeindruckt wie begeistert zurückgelassen hat, nicht zuletzt, weil es sich dabei um ein Fanprojekt handelt. Über fünf Jahre hinweg hat der Youtuber Bluefax den „Hobbit“ als „Theatrical Audiobook“ umgesetzt. Das bedeutet, dass er Tolkiens Text nicht nur komplett (und äußerst professionell) eingelesen, sondern das alles auch mit Soundeffekten und, am wichtigsten, Howard Shores Musik angereichert hat. Im Grunde hat Bluefax die Vorzüge der Filmadaptionen, der Hörspiele und der Hörbücher miteinander in einem aufwendigen, mit viel Liebe zum Detail produzierten Projekt miteinander kombiniert. Den Figuren verlieht er als Interpret allesamt gekonnt eine eigene Stimme, die sich mal mehr, mal weniger an den Schauspielern der Filme orientieren. Der Meister von Esgaroth etwa klingt nicht sonderlich nach Stephen Fry, während Smaug und Gollum wirklich sehr eng an Benedict Cumberbatch und Andy Serkis angelehnt sind. Besonders Bluefax‘ Imitation von Letzterem klingt fast wie das Original. Damit hört die Mühe allerdings noch nicht auf, denn Bluefax hat es auch auf sich genommen, sämtliche Lieder des „Hobbit“ mehrstimmig einzusingen, Blunt the Knives und Misty Mountains mit den Filmmelodien von Plan 9, die anderen mit völlig neuen.
Es ist jedoch letztendlich der überragende Einsatz von Howard Shores Musik, der das „Theatrical Audiobook“ zu einem wirklich herausragenden Hörerlebnis macht. Zugegeben gibt es ein, zwei Stellen, besonders während der Schlacht der fünf Heere, an denen der Text in martialischer Musik und Soundeffekten ein wenig untergeht, aber im Großen und Ganzen geht das Konzept hervorragend auf. Zum einen zeigt sich hier natürlich, wie gut Shores Musik mit Tolkiens Worten harmoniert. Das überrascht natürlich wenig, schließlich erklärte Shore mehrmals, wie sehr ihn die Originaltexte inspiriert hätten und dass sie beim Komponieren ebenso wichtig wie Drehbuch und Filmmaterial gewesen seien. Letztendlich ist es jedoch Bluefax‘ Verdienst. Der Prozess des Auswählens und Anpassens der Musik muss enorm aufwendig und fordernd gewesen sein, aber das Ergebnis überzeugt vollauf. Meistens orientiert sich Bluefax, wenn möglich, relativ genau an der Filmzuordnung. Wo es nötig ist oder sich anderweitig anbietet, setzt er auch hin und wieder Tracks aus der LotR-Trilogie ein oder passt ein wenig an; so erklingt etwa auch das Thema von Tauriel bzw. das Tauriel/Kíli-Liebesthema, obwohl die Figur und ihre Beziehung zu Thorins Neffe im Roman natürlich nicht auftauchen und der Ausfall von Thorin und Kompanie aus dem Erebor während der Schlacht der fünf Heere wird mit dem Misty-Mountains-Thema untermalt.
Fazit: Es finden sich viele Audioadaptionen des „Hobbit“, die gelungenste ist jedoch ein Fanprojekt. Dem Youtuber Bluefax gelingt es, die Vorzüge der Filme, der Hörspiele und der Hörbücher auf beeindruckende Weise miteinander zu verknüpfen und den „Hobbit“ zu einem beeindruckenden Hörerlebnis zu machen, das sich kein Tolkien-Fan, der der englischen Sprache mächtig ist, entgehen lassen sollte.
Vor dem relativ komplexen und leitmotivisch sehr interessanten Track The White Council kommen drei deutlich weniger interessante Stücke, die getrost zusammen besprochen werden können. Da Moon Runes die meisten Leitmotive enthält, von denen im Film abermals wieder einige fehlen, darf es den Artikelnamen stellen, The Hidden Valley und The Defiler beinhalten zusätzliche zum sonstigen Underscoring jeweils nur ein Thema.
Nach ihrer erfolgreichen Flucht vor den Wargreitern gelangen die Zwerge, der Zauberer und der Hobbit nach Bruchtal, was in The Hidden Valley nach einem recht suspensevollen Anfang bei der Einminutenmarke überdeutliche wird, als das nur allzu vertraute Thema aus der LotR-Trilogie erklingt und sofort eine warme und gemütliche Atmosphäre verbreitet, die zumindest wir Zuschauer, Bilbo und Gandalf wahrnehmen. Für die Zwerge ist die Stimmung hingegen etwas angespannter, sie sind sich nicht sicher, ob sie sich nicht doch auf Feindesland befinden, was sich ebenfalls in der Musik widerspiegelt, denn die Klänge des Bruchtalthemas werden ein wenig ominöser und mysteriöser. Die Ankunft Elronds und seiner Krieger wird von einem neuen, beinahe martialischen Motiv begleitet, das jedoch nur in dieser Szene auftaucht und dem man aus diesem Grund keine leitmotivische Funktion zuweisen kann. Staccato spielende Streicher in der Begleitung und dominante Blechbläser künden von dieser militärischen Seite Bruchtals und Elronds.
In Moon Runes wird die Stimmung ein wenig ruhiger und mysteriöser, Holzbläser und sanfte Streicher geleiten uns zur Entschlüsselung von Thorins Karte. Passend dazu erklingen ab 0:45 sehr subtile Fragmente des Misty-Mountains-Themas. Der Anfang des Stückes findet sich allerdings nicht im Film, erst als Thorin seinen Stolz überwindet und Elrond die Karte überreiche, hört man bei der Einminutenmarke eine Holzbläservariation des Erebor-Themas. Darauf folgt ein weiteres Misty-Mountains-Fragment in den Streichern mit einem Holzbläser-Echo. Bei 2:20 setzt ein Frauenchor ein und Shore stellt ein neues Motiv vor, das die Mondrunen auf Thorins Karte repräsentiert und in „Desolation of Smaug“ noch einmal zurückkehrt. Bei 2:45 erklingt schließlich Thorins Thema, dicht gefolgt vom Erebor-Thema bei 3:09 – auch diese beiden Variationen haben es nicht in den finalen Film geschafft.
Man muss nicht lange rätseln, welches Thema in The Defiler seinen großen Auftritt hat, zum einen verrät es der Track-Name bereits und zum anderen ist Azogs Thema bereits nach den ersten fünf Sekunden in all seiner plärrenden Pracht zu hören. Dieses doch sehr kurze Stück untermalt die Konferenz des fahlen Orks mit seinen Unterlingen auf der Wetterspitze und verdeutlicht noch einmal die schiere Brutalität, die Shore mithilfe der Blechbläser in Azogs Thema entfesselt. Darüber hinaus passiert allerdings nicht viel.
„The Colour out of Space“ gilt nicht nur als eine von Lovecrafts besten Geschichten und als Schulbuchbeispiel des kosmischen Horrors, es handelt sich dabei um eine der wenigen Erzählungen, mit denen Lovecraft selbst zufrieden war. Verfasst wurde sie im März des Jahres 1927 und veröffentlicht einige Monate später, im September des selben Jahres auf den Seiten des Magazins Amazing Stories. Das wirklich faszinierende an dieser Story ist der Umstand, dass sie trotz des Status, den sie genießt, nicht im engeren Sinne zu dem gehört, was August Derleth schließlich als „Cthulhu-Mythos“ bezeichnete: Kein Necronomicon, keine Großen Alten oder Äußere Götter – lediglich die Stadt Arkham wird erwähnt und schafft so eine mehr oder weniger subtile Verknüpfung. Dennoch wird „The Colour out of Space“ wegen ihrer Beliebtheit nur allzu gerne mit dem „Mythos“ in Verbindung gebracht und taucht in den einschlägigen Mythos-Anthologien wie „The Complete Cthulhu Mythos Tales“ von Barnes and Noble (ein wirklich sehr schön aufgemachtes Buch) auf. Auch im Grundregelwerk des Pen&Paper-Rollenspiels „Cthulhu“ (im Original „Call of Cthulhu“ von Chaosium, hierzulande von Pegasus herausgebracht) taucht die titelgebende Farbe auf und wird als „Mythos-Wesenheit“ klassifiziert. Der Grund dafür ist letztendlich sehr simpel: In kaum einer anderen Geschichte kann das kosmische Grauen, das Lovecraft vermitteln wollte, so unmittelbar wahrgenommen werden.
Obwohl Lovecraft nach wie vor kaum als Mainstream bezeichnet werden kann, ist „The Colour out of Space“ wahrscheinlich diejenige seiner Geschichten, die am häufigsten direkt adaptiert wurde. Im Rahmen dieses dreiteiligen Artikels werde ich mir zumindest einige dieser Adaptionen genauer ansehen. Teil I setzt sich mit der Geschichte selbst und zwei Audio-Umsetzungen auseinander, Teil II betrachtet zwei ziemlich aktuelle Filmadaptionen, „Die Farbe“ aus dem Jahr 2010 und „Color out of Space“ aus dem Jahr 2019 und Teil III vergleicht drei verschiedene Comic-Versionen.
Handlung
Ein neues Wasserreservoire für die Stadt Arkham soll gebaut werden – hierzu ist es nötig, das Gelände eines alten Bauernhofes zu fluten. Zuvor soll es allerdings von einem Landvermesser aus Boston überprüft werden. Dieser stellt Nachforschungen an und beginnt sich für das Gelände, das bei den Einwohnern als verflucht gilt, zu interessieren. Er findet heraus, dass in der Gegend noch ein alter Einsiedler namens Ammi Pierce lebt, den er schließlich aufsucht. Ammi Pierce erzählt dem Landvermesser von der Familie, die das Gelände ursprünglich bewohnte. Die Garnders bewirtschafteten den Hof erfolgreich, bis 1882 ein Meteorit auf dem Gelände neben einem Brunnen abstürzte. Der Meteorit brachte etwas zur Erde, das sich in Form einer Farbe jenseits des bekannten Spektrums zeigt. Langsam breitete sich die Farbe aus und begann, das Land zu beeinflussen. Die Früchte der Gardners wurden riesig, schmeckten jedoch widerlich. Dann begannen nach und nach Flora und Fauna zu mutieren, zuerst nahmen sie die fremdartige Farbe aus dem All an, um anschließend abzusterben und grau und spröde zu werden. Das Vieh starb und auch die Gardners selbst wurden nicht verschont. Nabby, die Mutter, und ihr Sohn Thaddeus wurden langsam wahnsinnig, bis Letzterer starb, während sein jüngerer Bruder Merwin im Brunnen verschwand. Auch Nahum, der Vater, verlor langsam den Verstand. Bei seinem letzten Besuch auf der Farm musste Ammi Pierce feststellen, dass auch der dritte Gardner-Sohn, Zenas, gestorben war, Nahum jeden Sinn für die Realität verloren hatte und Nabby auf dem Dachboden grau und spröde geworden war. Schweren Herzens erlöste Ammi sie von ihrem Leiden. Kurz darauf starb auch Nahum, allerdings nicht, ohne vorher von dem Wesen zu erzählen, das offenbar im Brunnen existiert. Daraufhin alarmierte Ammi die Berhöden, die im Brunnen nichts mehr fanden, aber bald darauf das Leuchten der Farbe aus dem All selbst erlebten. Seither gilt die Gegend als verflucht und die grauen Überreste der Farbe breiten sich weiter aus, langsam zwar, aber unaufhaltsam. Der Landvermesser kündigt, weiß dabei aber, dass er die Flutung des Gebiets nicht aufhalten können wird – und dass das, was immer noch im Brunnen lebt, das neue Wasserreservoire beeinflussen wird.
Struktur und Kontext
Abgesehen vom bereits erwähnten Mangel an „Cthulhu-Mythos-Komponenten“ wie dem Necronomicon und ähnlichen Schriften, den Gottheiten oder sonstigen Kreaturen, ist „The Colour out of Space“ in vielerlei Hinsicht ein Paradebeispiel für viele typische Lovecraft-Stilmittel. Die Rahmenhandlung wird von einem namenlosen Ich-Erzähler, besagtem Landvermesser, erzählt, während die eigentlichen Ereignisse rund um die Aktivitäten der Farbe (sofern man davon sprechen kann) als Binnenerzählung vermittelt werden. Einer derartigen Struktur bediente sich Lovecraft immer wieder gerne, am prominentesten und verschachteltsten natürlich in „The Call of Cthulhu“. Im Vergleich dazu ist „The Colour out of Space“ noch recht unkompliziert, auch wenn Binnenerzähler Ammi Pierce seinerseits nicht bei allen Ereignissen zugegen ist und mitunter Dinge wiedergibt, die ihm Nahum Gardner erzählt hat.
Ort der Handlung ist – ebenfalls kaum verwunderlich – Lovecrafts Heimat Providence. Auch sonst passt „The Colour out of Space“ gut ins Œuvre; an Geschichten wie dieser zeigt sich besonders gut, wie sich Lovecraft als Autor vom Horror á la Poe langsam in Richtung Science Ficition entwickelte, was schließlich in Geschichten wie „At the Mountains of Madness“ oder „The Shadow out of Time“ kulminierte. Noch immer finden sich typische Elemente des Horror-Genres und der Gothic Fiction, deren Ursprung jedoch in den Tiefen des Kosmos liegt. Die Ergebnisse sind ebenfalls recht bekannt: Wahnsinn, Mutationen, Body Horror. Was „The Colour out of Space“ zu so einer herausragenden Beispiel des kosmischen Horrors macht, ist die schiere Fremdartigkeit der Farbe. Tatsächlich denke ich, sollte die Menschheit jemals auf außerirdisches Leben stoßen, wird es sich dabei wahrscheinlich um etwas wie diese Farbe handeln, ein Wesen, sofern man hier von einem Wesen sprechen kann, das kaum greifbar und jenseits unseres Verstehens ist. Selbst Cthulhu und die meisten seiner Konsorten sind leichter zu begreifen als die Farbe, der es an jedweder nachvollziehbarer Motivation fehlt. Folgt sie nur ihrer Natur, so sie denn eine hat? Ist sie ein lebendiges Wesen? Oder doch etwas völlig anderes? Besonders die schleichende Verderbnis und den Verfall, die die Farbe mit sich bringt, schildert Lovecraft äußerst effektiv und eindringlich.
Wenn es einen Kritikpunkt gibt, dann ist es das Verhalten der Familie Gardner: Jeder halbwegs vernünftige Mensch hätte in ihrer Situation längst das Weite gesucht, Nahum Gardner besteht allerdings stur darauf, seine Farm nicht aufzugeben und reißt seine Familie so in den Abgrund. Allerdings wird zumindest angedeutet, dass dieses Verhalten ebenfalls auf die Farbe zurückzuführen ist und sie den Verstand der Gardners deutlich früher und subtiler beeinflusst, als es den Anschein hat. Immerhin: Auch Ammi Pierce ist trotz allem nicht aus der Gegend weggezogen.
Im Aufbau der Geschichte offenbart sich außerdem noch eine weitere Parallele zu „The Call of Cthulhu“. Der eigentliche Erzähler kommt nie wirklich in Kontakt mit dem Schrecken, sei es die Farbe oder der schlummernde Große Alte. Als Ammi Pierce mit dem Landvermesser spricht, liegen die eigentlichen erschreckenden Ereignisse bereits mehrere Jahrzehnte zurück, während der Erzähler in „The Call of Cthulhu“ vom titelgebenden Schrecken nur aus Berichten erfährt. In beiden Fällen scheint das Grauen überwunden zu sein, beide Protagonisten erfahren jedoch, dass dem keines Falls so ist und dass die Ereignisse, von denen sie gehört bzw. gelesen haben, lediglich ein Vorspiel sein könnten.
Kann man Farben hören?
Zumindest diese Farbe kann man hören. „The Colour out of Space“ wurde, wie so viele andere Lovecraft-Geschichten auch, mehrfach als Hörbuch und Hörspiel adaptiert. Vor allem im englischsprachigen Bereich gibt es einige, wer diesbezüglich auf Audible sucht, wird diese Story sowohl separat als auch als Teil diverser Anthologien problemlos finden. Auch Deutsch existiert ebenfalls die eine oder andere Version, Miss Booleana hat hier beispielsweise eine Lesung mit Ernst Meincke besprochen. Die erste Audio-Version dieser Geschichte, die ich mir zu Gemüte geführt habe, findet sich in der Hörbuchproduktion „H. P. Lovecraft Gruselbox“, die ausnahmsweise nicht von LPL Records stammt und auch ein wenig anders konzipiert ist als die Lovecraft-Anthologie-Hörbücher dieses Labels. Zusätzlich zu den Erzählungen „The Hound“, „The Festival“, „The Picture in the House“ und natürlich „The Colour out of Space” werden auch einige Gedichte Lovecrafts im Original vorgetragen, während das „Orchester der Schatten“ für musikalische Untermalung sorgt – für meinen Geschmack ein wenig zu aufdringlich, hier wäre weniger mehr gewesen. Die Geschichten werden routiniert von Simon Jäger, bekannt als deutsche Stimme von Heath Ledger, Josh Hartnett und Matt Damon vorgelesen. Seine Interpretation von „The Colour out of Space“ ist solide und gut hörbar, allerdings nicht herausragend oder in irgend einer Form besonders erwähnenswert.
Die wirklich interessante Audio-Adaption von „The Colour out of Space” findet sich, wie so häufig, in der Reihe in der Reihe „Gruselkabinett“ von Titania Medien. Wenn Marc Gruppe, der nicht nur mit Stephan Bosenius das Label leitet, sondern auch für die Drehbücher der Hörspiele verantwortlich ist, klassische Schauerliteratur adaptiert, tut er das meistens sehr vorlagengetreu. Bei den Lovecraft-Hörspielen ist das allerdings nicht immer der Fall, gerade „Berge des Wahnsinns“ fühlte sich mit den eingefügten weiblichen (bzw. fast schon feministischen) Figuren und der Eliminierung aller Verweise auf den „Cthulhu-Mythos“ tatsächlich eher wie eine Hollywood-Bearbeitung des Stoffes an. Auch in „Die Farbe aus dem All“ (deutscher Titel verweist von nun an auf das Hörspiel, der englische auf Lovecrafts Geschichte) wurde eine zusätzliche weibliche Figur hinzugefügt, die sich allerdings deutlich weniger fremdartig anfühlt als ihr Gegenstück in „Berge des Wahnsinns“. Dem bei Lovecraft namenlosen Landvermesser, der im Hörspiel den Namen Frank Burger (Johannes Berenz) trägt, wird eine Kollegin namens Rose Kenny (Melanie Pukaß) an die Seite gestellt, die wohl einerseits den eklatanten Mangel an weiblichen Figuren bei Lovecraft kompensieren soll, andererseits aber auch dazu dient, Informationen im Dialog anschaulicher zu vermitteln. So verarbeitet der Landvermesser das Gehörte in „The Colour out of Space“ in seinem Bericht, während Frank Burger und Rose Kenny diskutieren können.
An der eigentlichen Handlung der Geschichte ändert sich kaum etwas, die beiden Landvermesser fahren zu Ammi Pierce (Jochen Schröder) und lassen sich von ihm die Geschichte der Familie Gardner erzählen. Im Hörspiel bekommt man die Geschehnisse als Flashback dann natürlich live mit, was sie noch einmal deutlich intensiver macht, besonders, da Peter Reinhardt und Cornelia Meinhardt als Nahum und Nabby Gardner die mentale Zermürbung und den geistigen Verfall, die die Farbe auslöst, sehr gut vermitteln. Die kleinen Änderungen sind vor allem der Adaption in ein anderes Medium geschuldet. Etwas ironisch ist vielleicht der Umstand, dass Gruppe ausgerechnet in dieses Hörspiel Verknüpfungen zum „Cthulhu-Mythos“ in Form von Gebrabbel im Delirium einbaut, die in der Geschichte selbst gar nicht zu finden sind.