Star Wars Episode IX: The Rise of Skywalker – Soundtrack

Spoiler!
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Track Listing:

01. Fanfare and Prologue
02. Journey to Exegol
03. The Rise of Skywalker
04. The Old Death Star
05. The Speeder Chase
06. Destiny of a Jedi
07. Anthem of Evil
08. Fleeing from Kijimi
09. We Go Together
10. Join Me
11. They Will Come
12. The Final Saber Duel
13. Battle of the Resistance
14. Approaching the Throne
15. The Force Is with You
16. Farewell
17. Reunion
18. A New Home
19. Finale

„The Rise of Skywalker“ markiert nicht nur das Ende der Skywalker-Saga, sondern auch den Abschluss einer langen, musikalischen Reise, auf die John Williams seine Zuhörer schickte. Die Star-Wars-Saga kann, denke ich, ohne Zweifel als Williams‘ Opus Magnum angesehen werden, ein neunteiliges, musikalisches Epos, das seinesgleichen sucht. Nun mag man sich fragen: Gelingt es Williams mit diesem letzten SW-Score, alle thematischen Fäden aufzugreifen, ein das Franchise umfassendes perfektes Meisterwerk abzuliefern? Die Antwort lautet ganz schlicht: Nein. Aber das sind natürlich auch etwas überzogene Erwartungen, denn der Film, zu dem er diesen Score komponierte, gibt das schlicht nicht her.

Wie schon die Musik zu „The Last Jedi“ baut der Episode-IX-Score sehr stark auf dem Material der Vorgänger auf. Während Williams mit „The Force Awakens“ eine komplett neue Ära gestalten konnten, tauchen in den beiden Folgefilmen der Sequel-Trilogie relativ wenig Elemente auf, die mitreißende neue Themen rechtfertigen würden, weshalb der Maestro sich vornehmlich darauf konzentriert, die bereits bestehenden weiterzuentwickeln und mit ihnen zu jonglieren. Dennoch gibt es natürlich auch noch in Williams‘ neuntem Score in diesem Franchise neue Leitmotive. Die beiden primären finden sich, wie schon in „The Last Jedi“, in einer gemeinsamen Suite. Diese trägt den Namen The Rise of Skywalker und stellt sowohl das, nennen wir es einmal „Skywalker-Vermächtnis-Thema“ (direkt am Anfang) als auch das neue Thema für das aus Rey, Finn und Poe bestehende Trio (ab 0:53) vor, das erst in diesem Film wirklich zusammenkommt. Beiden Melodien sind sich allerdings recht ähnlich, was den Vorteil hat, dass sie in dieser Suite sehr schön ineinander übergehen, es aber gleichzeitig schwer macht, sie auseinanderzuhalten. Beide greifen Elemente der warmen, emotionalen Themen des Franchise auf, man fühlt sich unweigerlich an die Themen für Yoda, Anakin, Rey oder Rose erinnert. Man könnte sogar durchaus argumentieren, dass es sich hierbei um die erste und zweite Phrase eines Themas handelt.

Dem dritten neuen Thema spendierte Williams ebenfalls eine Suite, Anthem of Evil. Diese Hymne des Bösen fungiert praktisch als Gegenstück zum Skywalker-Vermächtnis-Thema und könnte auch als Sith-Vermächtnis-Thema beschrieben werden. Dementsprechend ist es natürlich mit dem Thema des Imperators verwandt. Die Suite beginnt mit einem geisterhaften Chor und baut in der ersten Hälfte unheimliche Atmosphäre auf. Im zweiten Teil des Tracks wird das Thema vom Orchester übernommen und brachialer und gewalttätiger. Darüber hinaus finden sich noch einige kleinere neue Motive, beispielsweisen eines für die Ritter von Ren (Fanfare and Prologue, 1:44) oder ein szenenbezogenes Action-Motiv in The Speeder Chase, das besagten Track dominiert.

Das größte Problem bei diesen neuen Themen ist natürlich der Umstand, dass sie angesichts der vielen bereits etablierten keinen großen Eindruck hinterlassen und im Gefüge des Scores ein wenig untergehen. Die bereits bekannten Leitmotive bekommen sehr viel Platz eingeräumt, das gilt sowohl für diejenigen, die noch aus der klassischen Trilogie stammen, als auch die, die in „The Force Awakens“ etabliert wurden. Relativ abwesend sind dagegen die reinen Prequel-Themen, mir ist lediglich ein direktes Zitat aufgefallen, und dabei handelt es sich auch noch um ein eher obskures Motiv aus „Revenge of the Sith“, das gemeinhin als „Palpatine’s Seduction“ bekannt ist (Fanfare and Prologue, 2:43). Gerade im Hinblick darauf, dass dies der Abschluss der Skywalker-Saga ist, zu der die Episoden I bis III nun einmal auch gehören, finde ich es ziemlich schade, dass die Musik der Prequels abermals so übergangen wird. Damit bleibt das direkteste Zitat, neben dem oben erwähnten, das sehr merkwürdige, auf Rian Johnsons Temp Track zurückzuführende Statement von Battle of the Hereos in „The Last Jedi“. Apropos, die beiden neuen Themen aus „The Last Jedi“ für Rose und Exil-Luke sind ebenfalls nirgends zu finden – ein weiterer Mittelfinger in Richtung Johnson?

Aber sprechen wir lieber über die Themen, die tatsächlich vorkommen, und davon gibt es immer noch ziemlich viele. Dass der Film mit dem Main Title, früher einmal Lukes Thema, inzwischen aber das Thema des gesamten Franchise, eröffnet wird, muss wohl nicht extra erwähnt werden. Auch im Film finden sich einige Statements, zum Beispiel in Destiny of a Jedi bei 3:40, wo Williams gleich darauf zeigt, wie gut es zum neuen Trio-Thema passt, oder in Reunion bei 0:17 – hier in einer sehr verspielten Variation zu hören; derart unbeschwert erklang es schon lange nicht mehr. Gerade die beiden Tracks Destiny of a Jedi und Reunion sind ohnehin Fundgruben für Themen der OT. In Ersterem, der Reys Ausflug nach Ahch-To untermalt, erklingen in kurzer Reihenfolge das Machttehma (0:43 und 2:50), Prinzessin Leias Thema (3:15) und Yodas Thema (4:22) – Letzteres nicht völlig passend, aber da Lukes Machtgeist in Yoda-Manier seinen X-Wing aus dem Wasser hebt, kann man das durchgehen lassen. Und damit es nicht zum reinen Nostalgie-Fest ausartet, mischt Williams auch Reys Thema und die Anthem of Evil mit ins Stück.

Reunion ist recht ähnlich, wenn auch insgesamt triumphaler; auf den Einsatz des Main Title folgt das Machtthema (0:28), Reys Thema (1:01), Yodas Thema (1:17, dieses Mal wirklich ohne Kontext), nochmal Reys (2:19), das Luke/Leia-Thema aus „Return of the Jedi“ (2:40) und das Trio-Thema (3:25). Insgesamt ist das Machtthema auch weiterhin stark vertreten, wenn auch nicht ganz so überdominant wie in „The Last Jedi“, und erklingt beispielsweise auch in We Go Togehter (1:45; in diesem Track wird auch das Trio-Thema schön ausgebaut) oder in The Force Is With You (2:41).

Für mich besonders interessant sind natürlich die Themen für die Dunkle Seite der Macht: Sowohl der Imperiale Marsch als auch das Thema das Imperators hatten in der Sequel-Trilogie Gastauftritte, machten sich bislang aber relativ rar. Mit Darth Sidious‘ Rückkehr sieht das allerdings nun anders aus. In Journey to Exegol ist das kräftigste Statement des Marsches seit dem Ende von „Attack of the Clones“ zu hören (man achte vor allem auf den vorzüglichen Einsatz der donnernden Pauken, 1:55), während in The Old Death Star ab 1:03 eine eher kontemplative Variation erklingt, die eine der dämlichsten Szenen des Films untermalt. Das Thema des großen Überschurken der Skywalker-Saga feiert seinen Einstand bereits im Eröffnungstrack, Fanfare and Prologue, in einer wunderbar unheimlichen Variation, in der finstere Holzbläser und Streicher uns mitteilen, dass Darth Sidious zwar gerade etwas untot, aber ansonsten ziemlich aktiv ist. Eine deutlich potentere Version dieses Leitmotivs erklingt in The Force Is with You bei 2:10, als Palpatine seinen ganzen Zorn entfesselt.

Was die Themen der neuen Trilogie angeht, sind vor allem Reys Thema und der Marsch des Widerstands dominant – Ersteres taucht tatsächlich oft in Kombination mit bzw. in unmittelbarer Umgebung des Machtthemas auf, auch in den beiden bereits erwähnten Tracks We Go Togehter und The Force Is With You. Eine recht bedrückte Variation findet sich außerdem in Approaching the Throne (1:15). Der Marsch des Widerstands erhält seinen großen Auftritt in They Will Come, in dem er auf sehr schöne Art und Weise mit dem Skywalker-Vermächtnis-Thema agiert. Auch das eng mit dem Marsch verwandte Poe-Dameron-Thema darf in Battle of the Resistance noch einmal glänzen (0:57).

Die mit Abstand interessanteste Metamorphose macht jedoch Kylo Rens Thema durch. Da Kylo Ren bzw. Ben Solo einen Redemption-Arc durchlebt, verändert sich auch sein Thema im Verlauf des Films ordentlich. Noch in Journey to Exegol hören wir es in alter, brutaler Pracht (1:02), doch schon in Fleeing from Kijimi (direkt am Anfang und bei 2:05) deuten sich Unsicherheiten an, auch wenn die Präsenz des sekundären Kylo-Themas noch immer auf seine Zugehörigkeit zur Dunklen Seite hindeutet (0:30). In The Final Sabre Duel kommt es zu einer umfassenden Auseinandersetzung zwischen dem Ren-Thema und Reys Leitmotiv – das Resultat ist letztendlich Kylos Rückkehr zum Licht. Ab diesem Zeitpunkt erklingt die Ben-Solo-Variation dieses Themas – und damit kommen wir auch gleich zum größten Problem des Albums: Wie so oft fehlt essentielles Material. Die Ben-Solo-Variation des Kylo-Ren-Themas ist beispielsweise nur ein einziges Mal zu hören, in Farewell bei der Minutenmarke, und das, obwohl sich im Finale des Films einige markante Einsätze finden.

Dieser Umstand erstreckt sich auf viele weitere, äußerst wichtige Einsätze von Themen, gerade was das Thema des Imperators und den Imperialen Marsch angeht (da diese beiden zu meinen Favoriten gehören, ist das natürlich besonders frustrierend). Immerhin gibt es noch das For-Your-Consideration-Album, das zumindest ein wenig Abhilfe schafft und unter anderem den grandiosen Track Falcon Flight enthält, bei dem es sich um eines der dynamischsten Action-Stück des Episode-IX-Scores, ach, was sage ich, der gesamten Sequel-Trilogie handelt – unter anderem beinhaltete es eine dekonstruierte Version des Marsches des Widerstands und das Sidious-Thema im Action-Setting. Wer auch immer beschlossen hat, diesen Track nicht mit auf das kommerzielle Album zu nehmen, gehört mit Machtblitzen gegrillt.

Leider erstreckt sich auch ein Problem, mit dem bereits der Last-Jedi-Score zu kämpfen hatte, auf diesen Soundtrack: Das eine oder andere Mal wird Musik aus den vorherigen Filmen zu unvariiert übernommen. Ja, die Binary-Sunset-Variation des Machtthemas ist grandios, aber wir haben sie schon so oft gehört, und auch die Einsätze von Yodas-Thema in diesem Score scheinen direkt der Suite des Episode-V-Albums entnommen. Und schließlich hätten wir da noch die End-Credits-Suite, die leider kaum den vorliegenden Film repräsentiert, sondern mehr ein Best-of-Medley aus OT- und ST-Themen ist. Insgesamt wird man oft das Gefühl nicht los, dass dieser Score in vielerlei Hinsicht eine verpasste Chance ist, auch was noch stärkere leitmotivische Verknüpfung angeht. So komponierte Williams die Themen der Sequels sehr „offen“, was besonders auf Reys Thema zutrifft; es finden sich Verknüpfungen zum Machtthema, zu Kylo Rens Thema, Yodas Thema und ja, auch Palpatines Thema (das Kernmotiv von Reys Thema und das Thema das Imperators beginnen mit denselben drei Noten). Wusste John Williams schon 2015, dass Rey Palpatines Enkelin ist? Sicher nicht, denn das war nicht von Anfang an geplant. Stattdessen legte er ihr Thema so an, dass es fest im „Star-Wars-Sound“ verankert war und es ihm möglich sein würde, es in alle Richtungen zu entwickeln. Nachdem diese Grundlage schon vorhanden war, hätte es sich angeboten, damit in „The Rise of Skywalker“ noch mehr zu machen, aber, zumindest soweit ich gehört habe, passiert da nichts.

Aber das ist letztendlich Meckern auf sehr hohem Niveau. Williams‘ Fähigkeiten, sein Jonglieren mit den unterschiedlichen Themen und seine meisterhaft Beherrschung des Orchesters sind trotz dieser Schönheitsfehler über jeden Zweifel erhaben – dafür sorgen schon allein die ebenso mitreißenden wie detailliert orchestrierten Action-Tracks The Speeder Chase oder Battle of the Resistance – besonderes Letzterer führt den Geist des grandiosen Scherzo for X-Wings aus „The Force Awakens“ fort.

Fazit: „The Rise of Skywalker“ ist ein Stück weit eine verpasste Gelegenheit, da es sich dabei „nur“ um einen ausgezeichneten, leitmotivisch vielseitigen Star-Wars-Score handelt und leider nicht um das SW-Äquivalent zu Shores „The Return of the King“. Für den letzten Score der Skywalker-Saga – und natürlich Williams‘ letzten Star-Wars-Soundtrack – hätte ich mir durchaus noch mehr gewünscht, gleichzeitig weiß ich jedoch zu schätzen, was ich bekommen habe. Zum einen muss auch ein John Williams mit dem Film und den Vorgaben, die er von Studio und Regisseur bekommt, arbeiten und zum anderen ist „The Rise of Skywalker“ vielleicht nicht DER Star-Wars-Soundtrack schlechthin, aber was Williams hier noch einmal auf die Beine gestellt hat, insbesondere in seinem Alter, ist in höchstem Maße beeindruckend.

Siehe auch:
Star Wars Episode IX: The Rise of Skywalker – Ausführliche Rezension

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