Aktuell: Neuer Komponist für „Justice League“

Ich habe ja in letzter Zeit kaum einmal etwas zu aktuellen Film-Neuigkeiten geschrieben, aber das kam jetzt doch so unerwartet, dass ich meinen Senf dazu loswerden wollte. Tom Holkenborg alias Junkie XL, Komponist von Scores wie „300: Rise of an Empire“, „Mad Max: Fury Road“ und „Deadpool“, der darüber hinaus bereits an „Man of Steel“ und „Batman v Superman: Dawn of Justice“ mit Hans Zimmer kollaborierte, schreibt nicht mehr die Musik für „Justice League“. Stattdessen nimmt Danny Elfman den Taktstock für DCs großes Superheldenteam in die Hand. Zumindest für mich kam das völlig überraschend. Nun wird im Netz eifrig spekuliert, warum und weshalb. Hängt es mit Joss Whedon zusammen, der den Film nun beendet, da Zack Snyder aufgrund einer schrecklichen persönlichen Tragödie nachvollziehbarerweise ausschied? Angeblich ging es nur um den Feinschliff, es sollte trotz allem Zack Snyders Film sein, während Whedon nur die Fertigstellung überwacht. Andererseits sprang Danny Elfman bereits bei „Avengers: Age of Ultron“ für Joss Whedon in die Bresche, als Brian Tyler, wohl wegen „Fast & Furious 7“, der sich wegen Paul Walkers Tod verzögerte, die Arbeit nicht abschließen konnte. Bei „Justice League“ sieht die Lage jedoch ein wenig anders aus, denn beim zweiten Avengers-Film schrieb Elfman nur zusätzliche Musik und adaptierte Alan Silvestris Avengers-Thema, während das, was Tyler bereits komponiert hatte, auch verwendet wurde. Hier scheint Elfman den Score jedoch nun komplett zu schreiben.

Wenn ich ganz ehrlich sein soll: Für mich sind das verdammt gute Nachrichten. Ich halte Tom Holkenborg für einen der überbewertetsten Komponisten unserer Zeit. Sein Stil sagt mir absolut nicht zu, insbesondere wenn es um Action-Musik geht. Holkenborg treibt den Zimmer’schen Minimalismus der letzten Jahre noch weiter, macht ihn noch harscher, noch elektronischer und wummernder, ohne Finesse, Stil oder interessante Orchesterarbeit; bei Holkenborg wird nur tumb draufgehauen. Sein bislang bester Score war „Mad Max: Fury Road“, aber selbst diesen fand ich eher funktional denn wirklich gut – wenn ich bedenke, was jemand wie Elliot Goldenthal oder Don Davis mit diesem Film gemacht hätte…

Natürlich ist es bitter für Holkenborg, einfach so ersetzt zu werden, aber mein Mitleid hält sich da ehrlich gesagt in Grenzen, da es keinen Mangel an hochkarätigen Projekten für ihn gibt (dieses Jahr u.a. Stephen Kings „Der dunkle Turm“, nächstes Jahr der Tomb-Raider-Reboot) und er seinerseits schon des Öfteren andere Komponisten ersetzt hat. Elfman wäre für „Justice League“ zwar nicht unbedingt meine erste Wahl gewesen, aber er ist definitiv keine schlechte Alternative, im Gegenteil.

Wie dem auch sei, besonders interessant ist die Frage, wie man nun mit den bereits etablierten Themen verfährt. Der wirklich einzige Pluspunkt, den das DC Extended Universe bislang bei mir in musikalischer Hinsicht sammeln konnte, ist der Umstand, dass auf leitmotivische Kontinuität wert gelegt wird. Unglücklicherweise finde ich die Themen größtenteils fürchterlich. Elfmans Stil unterscheidet sich nun doch stark vom Zimmer/Holkenborg-Stil des DCEU. Wird er die Themen weiterverwenden und adaptieren, wie er es mit Alan Silvestris Avengers-Thema tat? Ich denke, Warner wird zumindest das in „Batman v Superman“ etablierte Wonder-Woman-Motiv beibehalten wollen, dieses kam beim Publikum sehr gut an und wurde im Marketing und Score von Petty Jenkins‘ „Wonder Woman“ bereits sehr ausgiebig verwendet. Das Superman-Thema (What Are you Going to Do When You’re not Saving the World) und das Bat-Stampfen (Beautiful Lie) dürften dem gemeinen Kinogänger dagegen eher weniger in Erinnerung geblieben sein.

Ich hoffe jedenfalls, man zwängt Elfman nicht den Remote-Control-Stil auf, aber das wäre schon ziemlich daneben, sonst hätte man ja gleich Holkenborg behalten können. Mir als Bat- und Filmmusik-Veteranen drängt sich natürlich auch die Frage auf, ob Elfman sein klassischen Batman-Thema aus den Tim-Burton-Filmen wieder aufgreift. Zumindest das aus fünf bzw. sechs Noten bestehende Kernmotiv ließe sich in meinen Augen relativ problemlos in einen anderen Kontext adaptieren – Elfman ist als Komponist definitiv fähig genug, sein Thema derart weiterzuentwickeln.

In diesem Zusammenhang gibt es noch eine interessante kleine Anekdote, denn Danny Elfmans Batman-Thema, bzw. besagtes Kernmotiv, erklang bereits einmal in einem DCEU-Film, nämlich in „Suicide Squad“, komponiert von Steven Price. In You Make My Teeth Hurt, dem Track, der die Rückblicksszene untermalt, in der Batman den Joker und Harley Quinn verfolgt, ist es bei 0:27 zu hören. Es könnte sich dabei natürlich auch nur um eine zufällige Ähnlichkeit handeln, oder Steven Price hat sich einen kleinen, musikalischen Gag bzw. eine Hommage erlaubt. Oder er besitzt tatsächlich präkognitive Fähigkeiten.

Jedenfalls bin ich insgesamt guter Dinge. Danny Elfman ist ein exzellenter und vielseitiger Komponist, der auch sehr düstere und harsche Klänge beherrscht, wie er beim Remake von „Planet der Affen“, „Sleepy Hollow“ und „The Wolfman“ ausgiebig bewiesen hat, ebenso wie modernere Action-Musik, die trotzdem eindeutig die Seine ist – Beispiele sind „Wanted“, seine beiden Spider-Man-Scores und auch seine Arbeit am Men-in-Black-Franchise. Seine letzte Superheldenarbeit, die Stücke, die er zu „Age of Ultron“ beigesteuert hat, haben mir ebenfalls extrem gut gefallen. Zwar gehen sie im Film z.T. etwas unter, aber das liegt an der Tonmischung und nicht an Elfman. Tracks, die an die Qualität von It Begins oder Inevitably – One Good Eye herankommen, sucht man im DCEU bislang vergeblich: Wie leicht Elfman hier mit seinen eignen Themen sowie denen von Silvestri und Tyler jongliert, die Action ansprechend und dynamisch umsetzt und sich dem Stil des MCU annähert, ohne dabei seine Identität aufzugeben – ich denke, die Justice League ist bei ihm in guten Händen.

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