Batman v Superman: Dawn of Justice – Ultimate Cut

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Wenn man sich die Rezeption von „Suicude Squad“ so ansieht, scheint Warner Bros. nicht wirklich dazuzulernen. Andererseits spricht das bisherige Einspielergebnis dann wieder eine andere Sprache. Wie dem auch sei, die Reaktionen scheinen sehr ähnlich wie bei „Batman v Superman: Dawn of Justice“. Bislang bin ich noch nicht dazugekommen, die Qualitäten der Schurkentruppe um Deadshot und Harley Quinn selbst zu beurteilen, und es gilt ohnehin noch, das Thema „Dawn of Justice“ abzuschließen, und zwar in Form einer Besprechung des Ultimate Cut. Dieser wurde bereits vor Kinostart angekündigt und wirkte wie eine Reaktion auf den durchschlagenden Erfolg von „Deadpool“, der trotz (oder wegen?) seines R-Ratings ziemlich viel Geld einspielte.

Nun denn, was hat der Ultimate Cut zu bieten? Eine ganze Menge an zusätzlichem Material, zusammengenommen etwa eine halbe Stunde. Vergleicht man die Kinoversion mit dem Ultimate Cut, fühlt man sich unweigerlich ein wenig an Ridley Scotts „Königreich der Himmel“ erinnert. Oder, um es etwas direkter auszudrücken: Der ursprüngliche Schnitt hätte nie ins Kino kommen dürfen. Der Ultimate Cut sorgt zwar weder dafür, dass „Dawn of Justice“ ein guter Film wird, noch behebt er viele der wirklich essentiellen Probleme, aber er macht den Film immerhin weitaus anschaubarer. Vor allem bezüglich der Struktur und Logik gibt es massive Verbesserungen, Subplots, die in der Kinoversion nur angedeutet werden und dadurch rätselhaft, schwer nachvollziehbar und unlogisch waren, werden im Ultimate Cut ausführlicher beleuchtet. Das beste Beispiel ist der Afrika-Handlungsstrang, der im ursprünglichen Cut schlicht keinen Sinn ergibt und nun endlich nachvollziehbar ist. Darüber hinaus wird gezeigt, wie weit Lex Luthors Pläne tatsächlich das Geschehen beeinflusst haben. Warum er seinen übermäßig komplexen Plan überhaupt geschmiedet und durchgeführt hat, bleibt zwar nach wie vor sehr undurchsichtig, aber immerhin gibt es bezüglich der Umsetzung seiner Machenschaften ein wenig mehr Klarheit. Darüber hinaus ist das Erzähltempo nun weitaus entspannter; der Schnitt des Films wirkt nicht mehr wie der eines zweieinhalbstündigen Trailers.

Die Figur, die von der erweiterten Fassung eindeutig am meisten profitiert, ist Clark Kent/Superman. Der Mann aus Stahl kam in der Kinoversion eindeutig zu kurz, da die Verantwortlichen von Warner von Ben Afflecks Batman-Darstellung sehr beeindruckt waren und den Fokus stärker auf den Dunklen Ritter legen wollten. Das hatte wiederum zur Folge, dass Supermans Motivationen völlig hanebüchen wirkten und er als Figur kaum greifbar blieb. Der Ultimate Cut arbeitet den Mann aus Stahl zumindest ein wenig besser aus. Nun sieht er nicht mehr nur einen Bericht über Batman im Fernsehen und beschließt dann, dass es so nicht geht, er ist tatsächlich in Gotham, stellt Nachforschungen an und erfährt aus erster Hand, welche Auswirkungen Batmans Handeln hat. Es gibt auch diverse andere kleine Szenen, die die Figur etwas runder und greifbarer machen, etwa als Clark vom Selbstzweifel getrieben mitten in der Nacht seine Mutter anruft. Zwar ist dieser Superman immer noch nicht der Superman, den ich gerne sehen würde, aber er ist ihm immerhin ein wenig näher, er wirkt nicht mehr ganz so unnahbar und heuchlerisch, ein wenig menschlicher und darüber hinaus sehen wir sogar Clark Kent, der als Reporter agiert.

Fazit: „Batman v Superman: Dawn of Justice“ hat nach wie vor viele Probleme, aber einige davon kann der Ultimate Cut immerhin beheben, vor allem bezüglich der Logik, des Erzähltempos und des Schnitts. Auch die Darstellung Supermans wird zumindest in Ansätzen verbessert, die Charakterisierung Lex Luthors und Batmans bleibt dagegen nach wie vor mangelhaft. Sollte sich jemand dazu entscheiden, „Dawn of Justice“ anzusehen, sollte es definitiv diese Version und nicht die verstümmelte Kinofassung sein.

Siehe auch:
Batman v Superman: Dawn of Justice
The Amazing Superman 2: Rise of Justice
Batman v Superman: Dawn of Justice – Soundtrack

Geschichte der Vampire: Varney the Vampire

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Der sympathische, mit sich selbst und seiner monströsen Natur ringende Vampir war bis zu Anne Rice‘ „Chronik der Vampire“ eher eine Seltenheit, das Konzept selbst ist allerdings älter als Dracula. Unter den diversen Wegbereitern des Vampirgrafen ist Sir Francis Varney wahrscheinlich derjenige, der einerseits den größten Einfluss auf die moderne Vampirliteratur ausgeübt hat, aber andererseits kaum jemandem mehr bekannt sein dürfte. Bei Sir Francis Varney handelt es sich um den Protagonisten (bzw. je nach Sichtweise auch um den Antagonisten) eines über 800 Seiten starken Romans namens „Varney the Vampire; or the Feast of Blood“. Besagter Roman erschien zuerst zwischen 1854 und 1847 als Fortsetzungsreihe im Rahmen der sog. „penny dreadfuls“, englischer Schundromanhefte mit zumeist düsterem Inhalt (in der gleichnamigen Serie von John Logan wird Varney sogar in diesem Zusammenhang erwähnt, eine Anspielung, die den Kenner besonders freut), bevor er 1847 dann auch als gebundenes Buch erschien. Die Autorschaft des Werkes ist umstritten, lange galt Thomas Peckett (manchmal auch Preskett) Prest als Verfasser, aber auch James Malcolm Rymer ist ein möglicher Kandidat.

Die Handlung spielt um das Jahr 1730, der Fokus liegt auf den Taten des Vampirs Sir Francis Varney und seine Beziehung zur Adelsfamilie Bannerworth. Ähnlich wie Lord Ruthven ist auch Varney kein monströser Vampir der alten Schule, sondern ein adeliges und mehr oder weniger verführerisches Monster, das klar von der Vampirdarstellung Polidoris beeinflusst wurde und seinerseits die Vampire, die nach ihm kamen, beeinflusste. Zu den typischen Vampireigenschaften Varneys gehört seine übermenschliche Stärke sowie die Fangzähne, mit deren Hilfe er Blut trinkt. Das Sonnenlicht schadet ihm dagegen nicht, diese Eigenschaft wurde erst mit „Nosferatu: Eine Symphonie des Grauens“ Teil des Vampirmythos.

Insgesamt ist die Vampirdarstellung in „Varney the Vampire“ recht wechselhaft, da das Werk zum Teil sehr inkonsistent ist. So gibt es Abschnitte, in denen Varney kaum vampirische Eigenschaften aufweist und es scheint, als bilde er sich nur ein, ein Vampir zu sein. In anderen Aspekten ist „Varney the Vampire“ jedoch ganz typisch, gerade, was die Atmosphäre angeht: Friedhöfe, alte Schlösser, Vampirjagden, Blut und Leichen – alles, was mit der typischen Vampirgeschichte assoziiert wird, findet sich hier. Varney selbst macht im Verlauf der Geschichte durchaus eine Wandlung durch; zu Beginn gleicht er eher dem typischen Vampirantagonisten, später wird er allerdings zunehmend sympathischer und hadert mit seinem Schicksal, ganz wie seine Nachfolger, von Louis de Pont du Lac über Angel bis zu Bill Compton. Noch in einem weiteren Aspekt erweist sich Varney als Vorläufer: Ähnlich wie der von Christopher Lee dargestellte Dracula der Hammer-Filme wird Varney immer wieder getötet, das Licht des Mondes und ähnliche Methoden holen ihn allerdings ins (Un-)Leben zurück, jedenfalls bis zu seinem finalen Selbstmord: Er springt in den Krater des Vesuv.

Zur Zeit der Publikation war Varney sehr beliebt und erfolgreich, nach dem Erscheinen seines berühmteren Nachfolgers Dracula verschwand er jedoch langsam in der Vergessenheit, was auch daran lag, dass „Varney the Vampire“ lange nicht nachgedruckt wurde, da ein derart dickes und umfangreiches Buch diesen Inhalts für Verlage schlicht nicht rentabel war. 1976 erschien tatsächlich eine, wenn auch stark gekürzte deutsche Übersetzung, die allerdings nicht neu aufgelegt wurde und deshalb sehr selten ist. „Varney the Vampire“ kann, zumindest auf Englisch, inzwischen jedoch problemlos konsumiert werden, da sich der komplette (und rechtefreie) Text im Internet findet. Ich muss zugeben, dass ich selbst aber nur ein paar Ausschnitte gelesen habe, da es doch eine ganze Menge Material ist und der Stil zum Teil doch sehr anstrengt.

Während der indirekte Einfluss des Werkes nicht zu unterschätzen ist, gibt es kaum direkte Weiterverarbeitungen des Stoffes, soweit ich weiß existiert so gut wie keine Adaption für Film oder Fernsehen. Was dem am nächsten kommen könnte ist die gotische Soap-Opera „Dark Shadows“. Der dort auftauchende Barnabas Collins erinnert stark an Varney, auch er hat eine Verbindung zu seiner sterblichen Familie und hadert mit seinem Schicksal. Darüber hinaus gibt es zumindest noch die eine oder andere Anspielung in anderen Werken. In der Marvel-Comicserie „The Tomb of Dracula“ etwa taucht ein Vampir namens Varnae auf, während Sir Francis Varney in Kim Newmans „Anno Dracula“ als Gouverneur von Indien fungiert.

Siehe auch:
Varney the Vampire; or the Feast of Blood – Volltext

Batman: The Killing Joke

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Story: Nach einem verpatzten Fall haben Batman (Kevin Conroy) und Batgirl (Tara Strong) ein Zerwürfnis, was zur Folge hat, dass Barbara Gordon das Cape an den Nagel hängt. Derweil bricht der Joker (Mark Hamill) aus dem Arkham Asylum aus, dieses Mal mit einem besonders beunruhigenden Vorhaben: Er will der Welt zeigen, dass jeder Mensch so sein kann wie er, wenn er nur einen wirklich schlechten Tag hat. Das Opfer seiner Wahl ist Comissioner Gordon (Ray Wise): Der Joker paralysiert Barbara und entführt Gordon, um ihn mental zu brechen, während Batman alles in seiner Macht stehende tut, um den Wahnsinnigen zu finden und seinen Freund zu retten…

Kritik: Kaum eine Liste der besten Batman-Comics kommt ohne Alan Moores und Brian Bollands „The Killing Joke“ aus; die bahnbrechende Graphic Novel gilt als DIE Joker-Geschichte und ist einer der einflussreichsten Comics in Batmans inzwischen fast achtzigjähriger Geschichte. Eine Umsetzung im Rahmen der „DC Universe Animated Original Movies“, am besten mit Kevin Conroy und Mark Hamill in ihren ikonischen Rollen, war lange ein Fantraum, der sich nun erfüllt hat. Leider ist dieser Film mal wieder ein Beweis dafür, dass erfüllte Träume oft einen bitteren Beigeschmack haben.

„The Killing Joke“ ist ein verhältnismäßig kurzes Werk und erzählt seine Geschichte knapp und schnörkellos ohne unnötigen Ballast – für eine Filmadaption mit über einer Stunde Laufzeit ist der Comic jedoch definitiv zu kurz. Deshalb entschied man, die Handlung zu strecken: Dem eigentlichen Plot des Comics ist ein Prolog vorangestellt, der dem Publikum Batgirl als Figur näher bringen soll. Auf dem Papier klingt das eigentlich ganz gut: Hin und wieder wird Moore (mitunter sogar von sich selbst) dafür kritisiert, dass Barbara Gordon in „The Killing Joke“ auf ihre Rolle als Opfer reduziert und lediglich durch ihre Beziehungen zu Batman und ihrem Vater definiert wird – eine größere Rolle für die Figur könnte dem Abhilfe schaffen. Und dann fungiert Brian Azzarello, eine Experte für düstere und grimmige Stoffe, auch noch als Autor. Leider ist der Schuss trotzdem nach hinten losgegangen und löste eine Kontroverse aus, vor allem deshalb, weil Batman und Batgirl in diesem Prolog miteinander schlafen. Irgendwie glaube ich, dass Produzent Bruce Timm dahinter steckt, schon im DC Animated Universe hat er Bruce und Barbara miteinander verkuppelt. Wie dem auch sei, mal wieder schießt die Kontroverse leicht am Ziel vorbei, die (praktisch nicht vorhandene) Sexszene ist nicht das eigentliche Problem, sondern ihr Kontext. Der Prolog versagt nämlich auf ganzer Linie und hat für die eigentliche Geschichte keinerlei Mehrwert. Entweder hätte man den Prolog anders konzipieren oder die Handlung von „The Killing Joke“ besser anpassen müssen, so besteht dieser Film aus zwei Hälften, die thematisch und atmosphärisch einfach nicht zusammenpassen – man merkt deutlich, dass ab der zweiten Hälfte die Vision eines anderen Autoren übernimmt. Egal, wie man Barbara Gordons Rolle in Moores Comic nun bewertet, in ihrem Kern ist es nun einmal eine Geschichte, die das Verhältnis zwischen Batman und dem Joker thematisiert. Schlimmer noch: Der Prolog hat keinen Mehrwehrt, er ist nicht interessant oder spannend und zeigt Barbara nur in noch stärkerem Ausmaß als von Batman abhängig. Hätte ich diesen Film konzipieren müssen, hätte ich für die erste Hälfte einen weiteren Comic herangezogen: „The Man Who Laughs“ von Ed Brubaker und Doug Mahnke. Diese Graphic Novel hat eine ähnliche Länge wie „The Killing Joke“, baut stark auf dem Inhalt von Moores Meisterwerk auf, thematisiert die erste Begegnung zwischen Batman und dem Joker und ist das ideale Begleitwerk. Und selbst mit dem Vorsatz, Batgirl als Figur auszugestalten hätte man den Prolog weitaus besser gestalten können.

Der Teil des Films, der tatsächlich „The Killing Joke“ adaptiert, tut das, ähnlich wie die Filmversion von „Batman: Year One“ auch sehr vorlagengetreu und ohne nennenswerte Änderungen, Hinzufügungen oder Auslassungen. In einem Aspekt geht diese Adaption auch vollständig auf: Der Cast ist exzellent. Kevin Conroy, Mark Hamill und Tara Strong sprechen Batman, den Joker und Batgirl nun teilweise schon seit über zwanzig Jahren, man merkt, dass sie ihre Figuren in- und auswendig kennen. Ray Wise, bekannt als Charles Scherbatsky in „How I Met Your Mother“ und Satan in „Reaper“, macht sich als James Gordon ebenfalls sehr gut. Das selbe lässt sich über die Animationen leider nicht immer sagen. Brian Bollands Stil ist natürlich viel zu detailreich, als dass man ihn so gut übernehmen könnte, wie es beispielsweise bei Ed McGuiness („Superman/Batman: Public Enemies“) oder David Mazzuchelli („Batman: Year One“) der Fall war. Es gibt zwei, drei Szenen, die es tatsächlich schaffen, die alptraumhafte Intensität von Bollands Zeichnungen zu reproduzieren, darunter der Angriff auf Barabara Gordon und der erste Blick des Jokers auf sein entstelltes Gesicht, aber davon abgesehen bleibt die Animation oft hinter ihren Möglichkeiten zurück, wirkt zum Teil ungelenk und ist einfach nicht ganz so, wie man das bei einem derart prestigeträchtigen Projekt erwarten würde.

Fazit: Im Großen und Ganzen ist die Adaption von „The Killing Joke“ eher enttäuschend. Die erste halbe Stunde taugt leider nichts und sollte am besten übersprungen werden. Und obwohl sich der Rest des Films penibel an die Vorlage hält, wird man doch das Gefühl nicht los, dass da noch mehr drin gewesen wäre. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass der zumindest halbwegs ähnlich gelagerte „Batman Beyond: Return of the Joker“ als Film weitaus intensiver und eindrücklicher ist als die Killing-Joke-Adaption.

Trailer

Siehe auch:
Batman: Year One
Batman: Under the Red Hood
Batman: The Dark Knight Returns Teil 1
Batman: The Dark Knight Returns Teil 2

Harry Potter and the Cursed Child

Spoilerificus totalus! Wer nichts wissen will, liest nicht weiter!
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Harry Potter war ein wichtiger Teil meiner Kindheit und Jugend. Da ich ziemlich genauso alt bin wie Daniel Radcliff (und zu allem Überfluss auch noch am 31. Juli Geburtstag habe, genau wie Harry und seine Schöpferin) hab ich praktisch das perfekte Alter – als Band 7 erschien, war ich 17 Jahre alt. Ich entdeckte die Serie noch während meiner Grundschulzeit, verschlang die ersten drei Bände und wartete von diesem Zeitpunkt begierig auf jedes neue Buch und jeden neuen Film. Erst „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ schaffte es, meine Begeisterung zu bremsen; nach wie vor bin ich mit dem Ausgang der Serie nicht zufrieden. Dennoch, wer sich so sehr in ein Franchise vertieft, kommt davon nicht mehr los, wie man vielleicht merkt, wenn man die Harry-Potter-Kategorie dieses Blogs durchstöbert. Wie dem auch sei, dieses Jahr erlebt das Franchise eine Revitalisierung an zwei Fronten: Zum einen kommt das Prequel bzw. Spin-off „Fantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ im November ins Kino und zum anderen gibt es ein weitere Fortsetzung von Harrys Geschichte, und zwar auf der Theaterbühne. „Harry Potter and the Cursed Child“ feierte seine Premiere nach diversen Previews am 30. Juli 2016, einen Tag später wurde das Skript des Stückes veröffentlicht, und das möchte ich hier nochmal deutlich betonen, weil man immer wieder von falschen Erwartungen hört, mit denen die Leute an dieses Buch herangehen: Es ist keine Romanfassung des Stückes, es ist ein tatsächliches Skript, das nur aus Dialog und Regieanweisungen besteht. Und es wurde auch nicht von J. K. Rowling allein verfasst, die Geschichte des Stückes stammt von ihr, für die Dramatisierung ist jedoch vornehmlich der Theaterautor Jack Thorne verantwortlich, und auch John Tiffany, der Regisseur, hat seinen Teil beigetragen.

Bevor ich den Inhalt bespreche, noch eine kurze Warnung vorweg: Ich hab das Stück nicht gesehen, alles Folgende bezieht sich ausschließlich auf das im Handel erhältliche Skript. Das könnte vor allem deshalb wichtig sein, weil die eigentliche Aufführung zumeist sehr positiv bewertet wird, was sich über das Skript nicht sagen lässt.

Nun denn, frisch ans Werk. „Harry Potter and the Cursed Child“ beginnt genau dort, wo „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ endet, tatsächlich sind die ersten beiden Szenen eine erweiterte Version des bereits bekannten Epilogs. Wir folgen Albus Severus Potter, der bald mit Scorpius Malfoy Freundschaft schließt, nach Hogwarts wo er, entgegen aller Erwartungen, vom sprechenden Hut nach Slytherin gesteckt wird. Schon bald stellt sich heraus, dass Albus, wie auch sein Vater, mit der eigenen Berühmtheit zu kämpfen hat, allerdings geht er damit ganz anders um als Harry, was unter anderem dazu beiträgt, dass sich das Verhältnis zwischen beiden ziemlich verschlechtert. Die ersten vier Schuljahre von Albus werden knapp in einigen Einzelszenen thematisiert, die eigentliche Handlung beginnt im vierten Schuljahr. Albus‘ Unzufriedenheit wächst immer weiter und auch Scorpius hat seine Probleme, da das Gerücht umgeht, er sei in Wahrheit nicht der Sohn von Draco Malfoy, sondern von Lord Voldemort. Die Situation eskaliert, als Harry eines Tages Besuch von Amos Diggory erhält, der über den Verlust seines Sohnes Cedric immer noch verbittert ist, Harry die Schuld gibt und ihn dazu überreden möchte, besagten Tod mithilfe eines Zeitumkehrers, der beschlagnahmt wurde, zu verhindern. Harry lehnt ab, doch Albus und Skorpius werden von Amos‘ Nichte Delphini dazu angestiftet, den Plan auszuführen, und es kommt wie es kommen muss: In bester Zurück-in-die-Zukunft-Manier bricht temporales Chaos aus mit allem was dazugehört: Rückkehr in die Vergangenheit, Logiklöcher, dumme, dumme Entscheidungen und alternative Zeitlinien.

Der häufigste Kritikpunkt an „Harry Potter and the Cursed Child“ ist, dass es sich wie Fanfiction liest. Da möchte ich ein wenig differenzieren: Es gibt durchaus Fanficitions, an das Niveau des Originals herankommen oder es sogar in einigen Aspekten übertreffen, die Welt sinnvoll und glaubhaft erweitern und qualitativ hochwertig sind. „Harry Potter and the Cursed Child“ erinnert an schlechte Fanfiction. Wer einschlägige Archive durchstöbert, wird sehr schnell auf Geschichten stoßen, die sich derselben Elemente bedienen. Am deutlichsten wird das, wenn man sich Delphini betrachtet: Diese Figur, in Wahrheit nicht Amos Diggorys‘ Nichte, sondern Lord Voldemorts Tochter, schreit geradezu nach schlechter Fanfiction, nicht nur ist sie als Figur flach und schlecht konstruiert, ihre bloße Existenz ist höchst unlogisch. Alles in allem ist „Harry Potter and the Cursed Child“ kaum eine wirkliche Weiterführung der Serie, das Stück ist in höchstem Maße selbstreferenziell, ohne dem bereits Bekannten eine neue Seite abzugewinnen. Schlimmer noch: Wie schon in „Die Heiligtümer des Todes“ werden dem Voranschreiten der Handlung oftmals die Figuren und die Logik der erzählten Welt geopfert. Gerade in Details passt vieles oft nicht zur bereits etablierten Welt der Romane. Als bestes Beispiel fungiert die alternative Zeitlinie, in der Voldemort den Krieg gewonnen und Dolores Umbridge Schulleiterin von Hogwarts ist. In einer Welt, die von Voldemort regiert wird, nimmt jeder problemlos seinen Namen in den Mund, der Gruß des Regimes ist „Voldemort and Valour“. Das passt in meinen Augen überhaupt nicht zu dem Voldemort, der Jahrzehnte lang daran gearbeitet hat, dass sein Name gefürchtet wird wie der keines anderen Zauberers.

Trotz allem gibt es durchaus auch einige positive Aspekte: Mir gefiel Grundkonstellation der Figuren, die Tatsache, dass Albus Severus in Slytherin landet und sich mit Scorpius anfreundet (wobei „anfreundet“ eigentlich untertrieben ist). In manchen Dialogzeilen und Witzen schimmert darüber hinaus die alte Magie durch und man erinnert sich, wie es war, die alten Harry-Potter-Bände zum ersten Mal zu lesen. Leider ändert das kaum etwas daran, dass die Handlungen der Figuren mitunter so absurd und idiotisch und viele Wendung fürchterlich unlogisch und weit hergeholt sind, dass „Harry Potter and the Cursed Child“ mitunter wie eine Selbstparodie wirkt.

Dennoch muss ich zugeben, wenn sich mir die Gelegenheit bieten würde, ich würde mir das Stück ansehen, denn die Bühnenumsetzung des Skripts macht mich schon neugierig, denn was man so dort liest, klingt höchst aufwendig, wenn es nicht gerade eine absolut minimalistische Inszenierung sein sollte.

Fazit: Vielleicht machen Darsteller und Bühnenmagie ja einen Unterschied, aber als Skript weiß „Harry Potter and the Cursed Child“ absolut nicht zu überzeugen, die Handlung gleicht einer unausgegorenen Fanfiction, die außer Referenzen und Logiklöchern nur wenig zu bieten hat.