Darth Maul: Son of Dathomir

Enthält Spoiler zu Mauls (bisher) endgültigem Schicksal!
sonofdathomir

Die vierteilige Miniserie „Darth Maul: Son of Dathomir“ ist ein Wendepunkt in der Geschichte der Star-Wars-Comics, sie markiert das Ende einer Ära und den Beginn einer neuen, denn bei ihr handelt es sich um die letzten von Dark Horse herausgegebenen Star-Wars-Comics, und gleichzeitig um die ersten, die Teil der neuen Einheitskontinuität sind. Der 1986 gegründete Dark-Horse-Verlag spezialisierte sich zu Beginn auf die Umsetzung von Filmlizenzen. Star-Wars-Comics wurden bis 1987 von Marvel produziert und veröffentlicht, doch Ende der 80er war das Star-Wars-Fieber größtenteils verebbt und so konnte Dark Horse die Lizenz erwerben. 1991 begann der Verlag dann damit, neue Star-Wars-Comics zu produzieren. Bereits die erste Publikation, „Dark Empire“, in welchem Palpatine als Klon wiederaufersteht und Luke kurzzeitig der Dunklen Seite verfällt, ist nach wie vor ziemlich umstritten, half aber mit Timothy Zahns Roman „Erben des Imperiums“ dabei, Star Wars im Gedächtnis der Fans frisch zu halten. Mehr als zwanzig Jahre lang verlegte Dark Horse Comics, die Geschichten aus der weit, weit entfernten Galaxis erzählen. Erwartungsgemäß sind bei Weitem nicht alle Star-Wars-Comics, die während dieser Zeit erschienen, Meisterwerke, aber es sind definitiv welche darunter, und insgesamt würde ich sagen, dass Dark Horse eine ziemlich gute Bilanz vorzuweisen hat. Der Verkauf der Marke Star Wars an Disney beendete diese Ära, denn Disney entzog Dark Horse die Lizenz und gab sie zurück an den hauseigenen Marvel-Verlag, den der Konzern mit der Maus nur wenige Jahre zuvor erworben hatte.

„Darth Maul: Son of Dathomir“ ist, wie gesagt, der erste Star-Wars-Comic, der zur Einheitskontinuität gehört. Es handelt sich bei ihm um ein ähnlich geartetes Projekt wie Christie Goldens Roman „Dark Disciple“: Einer der bereits geschriebenen, aber noch nicht fertiggestellten Mehrteiler der abgesetzten Serie „The Clone Wars“ wurde adaptiert – in diesem Fall von Autor Jeremy Barlow und Zeichner Juan Frigeri. Wie am Titel unschwer zu erkennen ist setzt „Son of Dathomir“ die Geschichte Darth Mauls fort. Dessen Rückkehr gehört zu den größten Kontroversen, die „The Clone Wars“ verursachte. Darth Maul ist eine der, wenn nicht gar die beliebteste Figur der Prequels, und selbst viele Episode-I-Hasser müssen zugeben, dass sie Maul ziemlich cool finden. Seine Rückkehr war also durchaus logisch, wenn auch nicht besonders elegant umgesetzt, die Serie bemüht sich nicht einmal, sein Überleben zu erklären: Mehr als zehn Jahre nach seinem vermeintlichen Tod findet Mauls Bruder Savage Opress (seinerseits ein Maul-Abziehbild) den Sith-Schüler als psychisches und physisches Wrack (seine verlorene untere Hälfte wurde durch mechanische Spinnenbeine ersetzt) auf dem Planeten Lotho Minor. Nach einer Behandlung durch Mutter Talzin, die Anführerin der Nachtschwestern von Dathomir, ist Maul dann auch wieder geistig und körperlich (mit neuen, fuktionaleren Droidenbeinen) wieder beisammen und dürstet nach Rache. Wie gesagt: Nicht besonders elegant. Was man „The Clone Wars“ zugutehalten muss, ist die Tatsache, dass Maul hier tatsächlich ein Charakter mit Ambitionen und Motiven ist, während er in „Die dunkle Bedrohung“ ein reines, wenn auch cooles, Gimmick war. Die Maul-zentrischen Folgen der vierten und fünften Staffel gehören definitiv zu den unterhaltsamsten der Serie, haben aber ein großes Problem: Mit den Klonkriegen hat Mauls Rachefeldzug nun wirklich kaum mehr etwas zu tun, seine Versuche, Macht zu gewinnen (u.a., indem er die kriminelle Unterwelt und die Mandalorianer seinem Willen unterwirft) laufen parallel zum Krieg der Republik gegen die Separatisten und haben auf diesen kaum Auswirkungen. Das Ganze endet in Staffel 5 schließlich damit, dass Darth Sidious genug von dem Ganzen hat und sich persönlich nach Mandalore aufmacht, um die Situation zu klären. Und so wenig das auch mit der eigentlichen Prämisse der Serie zu tun hat, so sehr habe ich es doch genossen, wie Sidious mit Maul und Savage den Boden wischt. Savage stirbt, Maul überlebt und wird von Sidious mit den Worten: „Do not worry, I’m not going to kill you. I have other uses for you“ eingesackt.

„Son of Dathomir schließt direkt daran an. Maul wird von Sidious und Dooku auf Stygeon gefangen gehalten, mithilfe einiger ihm nach wie vor loyaler Mandalorianer gelingt ihm allerdings Flucht. Freilich gehört das alles tatsächlich zu Sidious‘ Plan, da dieser Maul nutzen möchte, um sein eigentliches Ziel, Mutter Talzin, aus der Reserve zu locken. Es folgt eine actionreiche Tour de Force: Maul versammelt seine Truppen – Gangster, Mandalorianer und von Talzin geschickte Nachtbrüder – um gegen Dooku, Grievous und ihre Droidenarmee zu kämpfen, während Sidious und Talzin die Strippen ziehen. Im späteren Verlauf mischen sich auch noch einige Jedi, darunter Obi-Wan Kenobi und Mace Windu ein. Auf Dathomir kommt es dann schließlich zum Showdown…

Somit greift „Son of Dathomir“ diverse lose Handlungsstränge auf, führt sie wieder zusammen und beantwortet einige Fragen; so erfahren wir etwa, dass Maul und Savage tatsächlich die Söhne von Talzin sind und dass sie und Sidious einmal verbündete waren, bevor Sidious sie verriet (so stellt es jedenfalls Talzin dar). Im Comic gewinnt der Maul-Handlunsstrang darüber hinaus endlich ein gewisses Gewicht für die Klonkriege, da das Schattenkollektiv hier eine eindeutige Bedrohung für die Separatisten darstellt und diese offen bekriegt.

Der interessanteste Aspekt des Ganzen ist wahrscheinlich, wie gut der Titel „Son of Dathomir“ passt. Während seines Handlungsstrangs in „The Clone Wars“ sah sich Maul immer noch als Sith-Lord und versuchte mit Savage Opress seinen eigenen „Gegenorden“ zu gründen (nach wie vor basierend auf Darth Banes Regel der Zwei). Darüber scheint er nun hinweg zu sein, er spricht von Sidious und Dooku (den er in TCW stets als „Sith Pretender“ bezeichnete) als den Sith und beansprucht diesen Titel nicht mehr für sich, er ist tatsächlich ein Sohn des Planeten Dathomir geworden.

Insgesamt passt „Son of Dathomir“ mit seinen Stärken und Schwächen ziemlich gut zum Maul-Handlungsstrang. Die Geschichte ist spannend und rasant, bekommt aber selten Raum zum Atmen, alles geht sehr schnell, es gibt sehr viel Action, man vermisst aber Zwischentöne. Gerade die Beteiligung der Jedi ist ziemlich unnötig; der Raum, den sie einnehmen, hätte durchaus besser genutzt werden können. Eine spezifische Schwäche hängt auch mit der Adaption zusammen: Während die Geschichte von „Dark Disciple“ vom Medium Roman profitiert hat, wird man bei „Son of Dathomir“ das Gefühl nicht los, dass das Ganze in bewegten Bildern besser funktioniert hätte.

Das Ende ist letztendlich ziemlich vorhersehbar: Natürlich muss Sidious gewinnen. Die Bedrohung durch Talzin und das Schattenkollektiv wird ausgeschaltet, Maul überlebt aber – Disney wollte einen derartigen Fanliebling wohl noch nicht verlieren. Es gibt ja schon länger Spekulationen über einen Spin-off-Film, der zwischen „Die Rache der Sith“ und „Eine neue Hoffnung“ spielt und ein weiteres Aufeinandertreffen von Obi-Wan und Darth Maul thematisiert (es gab schon einen Comic mit ähnlicher Prämisse, der allerdings selbst im Legends-Kanon nicht gültig ist); „Son of Dathomir“ befeuerte diese Spekulationen noch.

Zum Ende noch ein paar Worte zu Juan Frigeris Zeichnungen: Zum Glück entschloss man sich nicht, die Clone-Wars-Optik, wie bei einigen Begleitcomics zu Serie geschehen, direkt umzusetzen. Frigeri orientiert sich zwar am Design der Serie (so trägt Sidious beispielsweise dieselbe Kutte wie bei seinen TCW-Auftritten), ansonsten bemüht er sich aber um eine realistischere und weniger stilisierte Optik. Die Figuren ähneln insgesamt dennoch eher ihren TCW-Gegenstücken und weniger den tatsächlichen Schauspielern – gerade bei Dooku und Sidious ist dies überdeutlich.

Fazit: „Son of Dathomir“ ist ein passendes Ende des Maul-Handlungsstrangs, das ähnliche Stärken und Schwächen besitzt wie die entsprechenden Episoden. Wie bei diesen kommt man trotz der unterhaltsamen Natur des Comics nicht umhin zu bemerken, dass da noch mehr Potential vorhanden gewesen wäre.