Star Wars Main Title


In etwa einem Monat ist es soweit: „Das Erwachen der Macht“ startet in den Kinos. Deshalb liegt der Fokus meines Blogs bis dahin (und wahrscheinlich auch noch darüber hinaus) auf der weit, weit entfernten Galaxis. Und wie könnte man besser damit anfangen als mit, nun ja, dem Anfang?

Der Star Wars Main Title ist wahrscheinlich eines der ikonischsten Filmmusikstücke überhaupt. Selbst Menschen, die noch keinen einzigen Star-Wars-Film gesehen haben, können diese Musik meistens problemlos zuordnen oder haben sie zumindest schon einmal in irgendeinem Kontext gehört. Das Stück, in Verbindung mit dem gelben Lauftext, ist eines DER Markenzeichen des Franchise, jeder der sechs Filme fängt so an, ebenso wie so ziemlich jedes SW-Spiel, und selbst die Clone-Wars-Serie bedient sich einer kurzen, abgewandelten Version der Fanfare von John Williams.

Was allerdings oftmals nicht beachtet wird: Es handelt sich bei besagter Fanfare nicht einfach „nur“ um das Stück, das den Lauftext begleitet; der Star Wars Main Title ist auch Luke Skywalkers Thema. Im Kontext der OT ist es völlig nachvollziehbar, dass Luke Skywalkers Thema als Main Title fungiert, immerhin ist er letztendlich der Protagonist, es ist seine Heldenreise. An diesem Thema lässt sich allerdings eine interessante Entwicklung beobachten, die auch anderen SW-Themen wiederfahren ist – keinem allerdings in diesem Ausmaß. Luke Skywalkers Thema ist über den ursprünglichen Verwendungszweck hinausgewachsen und repräsentiert nun etwas Größeres – in diesem Fall das Franchise als Ganzes.

Die Original-Trilogie
In der OT fungiert der Main Title als konventionelles Heldenthema: Den Lauftext nicht mitgerechnet erklingt es zum ersten Mal, als Luke auch zum ersten Mal auf der Leinwand zu sehen ist (Moisture Farm, 1:24) und begleitet ihn durch den Film. Während die ersten Einsätze noch verhältnismäßig zurückhaltend sind, wird es im weiteren Verlauf des Scores von „Eine neue Hoffnung“ zunehmend heroischer, etwa in The Tractor Beam/Chasm Crossfire bei 3:23, um dann in Lukes größter Heldentat in diesem Film zu gipfeln: Der Zerstörung des ersten Todessterns (The Battle of Yavin, 7:09). Um Lukes Bedeutunge für die Filme noch einmal zu unterstreichen, beginnt auch der Abspann mit Lukes Thema, was sich ebenfalls zur Tradition entwickelte.

Im Gegensatz dazu ist Lukes Thema in „Das Imperium schlägt zurück“ weit weniger geradlinig und heroisch. Während es tatsächlich viele Variationen gibt, spiegelt Williams‘ Verwendung des Leitmotivs doch sehr gut wieder, dass Luke in diesem Film vor allem Rückschläge erleidet. Das Thema bleibt oft unvollendet und ist selten mit voller Kraft zu hören. Was die Dominanz und Quantität angeht, muss sich Lukes Thema, wie alle anderen auch, dem Imperialen Marsch unterordnen. Das zeigt sich schon bei Lukes erstem Auftritt im Film: Sein Thema klingt hier (Main Title/Ice Planet Hoth, 2:49) weitaus weniger kraftvoll und jugendlich frisch als in „Eine neue Hoffnung“, und dieser Trend setzt sich den Film über fort. So ist bei 1:22 in The Wampa’s Lair/Vision of Obi-Wan/Snowspeeders Take Flight zwar kurz ein herorischer Ausbruch zu hören, der aber nicht vollendet wird. Ebenso bleibt das Thema während der Ausbildung auf Dagobah defensiv und unentschlossen (etwa in Arrival on Dagobah, 0:16 oder Jedi Master Revealed/Mynock Cave 0:28). Lukes Ankunft auf Bespin wird noch einmal von einer etwas stärkeren Version begleitet (Betrayal at Bespin, direkt am Anfang), das war’s dann aber auch: Für den restlichen Film muss Lukes Thema sich dem Imperialen Marsch ebenso geschlagen geben, wie Luke sich Vader geschlagen geben muss.

Nach einem Film voller Rückschläge kehrt Luke in Episode VI als vollwertiger Jedi auf die Leinwand zurück, und sein Thema spiegelt dies wieder: In The Pit of Carkoon/Sail Barge Assault (1:25) erklingt es abermals als heroische Fanfare , als Luke sein Lichtschwert fängt und damit beginnt, unter Jabbas Häschern kräftig aufzuräumen. Dementsprechend taucht das Thema (oft in Begleitung der Rebellenfanfare) in diesem Stück noch einige weitere Male auf. Außerdem ist es gleichzeitig die Grundlage für das Luke/Leia-Thema. In der zweiten Hälfte des Films erklingt Lukes Thema allerdings seltener, da in seinem Handlungsstrang das Thema des Imperators zum dominanten Leitmotiv wird, während Luke und sein Konflikt vor allem durch gezielte Einsätze des Machtthemas repräsentiert werden.

Über die klassische Trilogie hinaus
Leitmotivik ist dann doch meistens etwas, auf das der gemeine Kinogänger nicht so sehr achtet – für die meisten Menschen war Lukes Thema deshalb wohl schon immer einfach das Star-Wars-Thema – aus diesem Grund wurde es dann auch tatsächlich das Star-Wars-Thema. Wenn man diese Entwicklung an etwas Bestimmtem festmachen möchte, sollte man einen Blick auf die Hör- und PC-Spielen der 90er werfen, die Geschichten erzählen, in denen Luke Skywalker nur am Rande oder überhaupt nicht vorkommt, die aber dennoch mit dem klassischen Star Wars Main Title beginnen.

Die Prequels setzen diese Tradition fort. Während Lucas und Williams an Episode I arbeiteten, überlegten sie eine Zeit lang, ob Williams für die Prequels ein neues Main-Title-Stück komponieren sollte, da die Episoden I bis III nun einmal eben nicht Lukes, sondern Anakins Geschichte erzählen. Letztendlich entschieden sie sich aber dagegen, da der Star-Wars-Anfang mit Fanfare und Lauftext einfach viel zu ikonisch war. Man stelle sich vor, was passiert wäre, hätte Episode I auch noch mit einem neuen Musikstück begonnen – der Aufschrei wäre wohl noch gewaltiger gewesen.

In den Prequels selbst ist die Verwendung von Lukes Thema, außerhalb von Main und End Title, sehr begrenzt, was auch durchaus angemessen ist: Wie gesagt, Luke selbst taucht nicht auf. Im Score von Episode I baute Williams hin und wieder extrem subtile Anspielungen ein, die sich allerdings kaum als echtes Statement werten lassen. Zwei Mal konnte er es allerdings nicht lassen, eine gut hörbare (wenn auch recht kurze) Variation einzubauen – das ist wohl als kleines Geschenk an die Fans zu werten. Der erste Einsatz erfolgt direkt am Anfang, als Obi-Wan und Qui-Gon gegen die Kampfdroiden kämpfen (Fighting the Destroyer Droids, direkt am Anfang), der zweite gegen Ende, als die Naboo-Fighter abheben (The Republic Pilots Take Off Into Space, 0:38. Die Trackangaben beziehen sich auf die Ultimate Edition.). In Episode II taucht während der Schlacht um Geonosis eine dieser beiden Variationen ebenfalls auf, weil die Musik besagter Szenen samt und sonders aus „Die dunkle Bedrohung“ zusammengesetzt ist. In Episode III gibt es dann letztendlich tatsächlich einen Einsatz des Themas, der Luke gilt, in A New Hope and End Credits ab 0:28 – Obi-Wan bringt Luke zu Tante und Onkel.

Die Tendenz, den Main Title zu verwenden, setzte sich auch während und nach den Prequels ungebrochen fort, sei es in Spielen, Hörbüchern oder Fernsehserien. Zumeist griff man auf die klassische Williams-Version zurück, für „The Clone Wars“ (Film wie Serie) schrieb Komponist Kevin Kiner allerdings eine neue und „modernisierte“ Version der bekannten Fanfare (die mir in dieser Form nicht besonders gefällt, weil sie ziemlich plump klingt).

Etwas anders verhält es sich mit „Star Wars Rebels“, das kein richtiges Intro hat; zur Titeleinblendung erklingt ein Fragment der Rebellenfanfare. Allerdings ist Lukes Thema öfter innerhalb der Episoden während diverser, heroischer Momente zu hören. Leitmotivisch ist das freilich nicht besonders gelungen, aber was tut man bei Disney nicht alles, um OT-Nostalgie zu wecken?

Ich denke, man kann getrost davon ausgehen, dass Lukes Thema auch in den neuen Episoden zu hören sein wird, auf jeden Fall zum Lauftext – mit dieser Tradition werden Disney und J. J. Abrams sicher nicht brechen. Bereits in den Trailern war der Main Title ja zu hören. Interessant wird es bei den Spin-off-Filmen wie „Rogue One“. Werden wir auch dort zu Anfang einen klassischen Lauftext samt Fanfare bekommen, oder zumindest eine verkürzte Form zur Titeleinblendung wie bei „The Clone Wars“? Man darf gespannt sein.