GoT: Kill the Boy

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„Kill the Boy“ zeigt, wie gut es „Game of Thrones“ tut, wenn die Episoden einen klaren Fokus haben und sich auf einige Handlungsstränge konzentrieren, sodass in diesen auch Tatsächlich eine Entwicklung feststellbar ist, statt von jedem Handlungsstrang nur eine Szene in der Episode unterzubringen.

Meereen
In Meereen ist Daenerys erst einmal ziemlich angepisst und versucht, die Lage auf traditionelle Targaryen-Art zu lösen (Blut und Feuer), bevor sie sich nach einem Gespräch mit Missandei umentscheidet und die Arenen wieder eröffnet. Und nicht nur das, sie beschließt auch, Hizdahr zu heiraten, um so ein Zeichen zu setzen. Diese Entwicklung führt den Daenerys-Handlungsstrang wieder näher an die Buchvorlage, wo Dany letztendlich dasselbe tut, allerdings auf andere Art zu diesem Entschluss gelangt. Dort ist es nicht Ser Barristans Tod, der die Ereignisse auslöst (dieser lebt ja noch). Stattdessen wird die Situation in der Stadt allgemein immer schwieriger, Meereen wird von außen belagert, während die Söhne der Harpyie im Inneren für Unruhe sorgen. Hizdahr verspricht, dass das Morden aufhören wird, wenn Daenerys ihn heiratet, was sie schließlich zum Einlenken bringt – bei Martin geht die Initiative also nicht von ihr aus.

Apropos Hizdahr, ich mochte seine Darstellung in dieser Folge, sie machen ihn als Figur ziemlich nachvollziehbar, sowohl der Wille, nicht als Feigling zu sterben, als auch der langsame Wandel nach der Einkerkerung: In dem Moment, in dem er den Drachen gegenübersteht, rast das Adrenalin durch die Adern, aber wenn er mit sich selbst alleine ist und auf den Tod wartet, ändert sich die Situation – das fand ich sehr gut nachvollziehbar.

Winterfell
Brienne und Pod quartieren sich in der Nähe von Winterfell ein und etablieren sich gewissermaßen als Notfallrettungsteam. Derweil führen Ramsay und Myranda „in the nude“ ein Gespräch über Sansa, das stark an die thematisch ähnlichen Dialoge zwischen Tyrion und Shae erinnert; im Grunde hat Myranda fast denselben Text wie Shae, Ramsay reagiert aber natürlich völlig anders darauf. Insgesamt ist Myranda jedenfalls ziemlich unzufrieden und schmiedet weitere kleinen Intrigen, indem sie Sansa zeigt, was mit Theon geschehen ist.

Es folgt „Dinner mit den Boltons“, eine Szene, die von Ramsay so unbehaglich inszeniert wird, dass selbst Roose langsam von den Psychospielen seines Sohnes genug hat. Seine Geschichte über Ramsays Zeugung (übrigens buchgetreu wiedergegeben) schafft eine ironische Parallele zu Stannis‘ Grauschuppengeschichte in der Folge und stellt die beiden Kontrahenten der kommenden Schlacht durch ihr Verhältnis zu ihren Kindern stärker einander gegenüber – vielleicht ein wenig zu plakativ, denn so ist Stannis eindeutig der Gute, während Roose eindeutig der böse ist.

Castle Black
Die Reise von Aemon, Sam und Gilly von Castle Black über Braavos nach Oldtown scheint der Schere zum Opfer gefallen zu sein, aber ein paar Zeilen Dialog haben es in die Serie geschafft: Sam und Aemon sprechen über Daenerys, die Prophezeiung über den versprochenen Prinzen taucht dabei allerdings nicht auf, Aemons Interesse an Daenerys scheint stärker familiärer Natur zu sein. Ich bin gespannt, ob Aemon diese Staffel noch überlebt, denn die Schiffsreise nach Oldtown überlebt der alte Maester nicht.
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Sam (John Bradley) und Aemon (Peter Vaughan)

Das Ableben der Mentoren ist in Fiktion allgemein natürlich immer ein wichtiger Kniff. Seinen ersten wichtigen Mentor, Lord Mormont, hat Jon bereits in der dritten Staffel verloren, Aemon wäre der nächste Kandidat. Den wichtigsten Rat, den Jon auch im Buch erhält, bekommt er in dieser Folge: „Kill the boy“, daher auch der Name der Episode. Gemeint ist damit, dass Jon den Jungen hinter sich lassen und endgültig zum Mann werden soll.

Ähnlich wie Daenerys folgt Jon den Pfaden seines Buch-Ichs im Groben, auch der Serieninkarnation der Figur geht es darum, so viele Wildlinge wie möglich nach Süden zu bringen. Die Expedition, die er plant, findet im Roman ebenfalls statt, dort sind allerdings weder Tormund noch Jon an ihr beteiligt – tatsächlich werden mit diesem Vorhaben wieder einmal mehrere Subplots von Jons Handlungsstrang zusammengefasst. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob Jon sich der Mission wirklich anschließt, denn die Meuterei seiner Männer zeichnet sich bereits subtil ab.

Eine kurze Szene mit Stannis und Sam (die Serie liebt es nach wie vor, Figuren, die in den Romanen kein Wort miteinander wechseln, plaudern zu lassen) erlaubt die Spekulation, dass wir irgendwann und in irgendeiner Form, vielleicht schon in dieser, eventuell in der nächsten Staffel, Randyll Tarly, Sams Vater zu Gesicht bekommen. Dieser taucht in Briennes Handlungsstrang in „A Feast for Crows“ auf und endet in „A Dance with Dragons“ in Tommens Kleinem Rat. Die Begegnung mit Brienne wird in der Serie wohl nicht stattfinden, aber da Randyll nun noch einmal so explizit erwähnt wird, könnte er später in King’s Landing auftauchen.

Bald darauf zieht Stannis gen Winterfell ab, nimmt aber, anders als in „A Dance with Dragons“, seine Familie und Melisandre mit. Vor allem in Bezug auf Letztere könnte dies noch massive Auswirkungen haben; diese werden sich aber wohl erst mit dem Erscheinen von „The Winds of Winter“.

Auf dem Weg nach Meereen
Das Ende der Episode gehört Ser Jorah und Tyrion, die hier einen legendären Ort aufsuchen, der in den Büchern bislang nicht gezeigt wurde: Die Ruinen des alten Valyria; von dort herrschten die Drachenherren über weite Teile von Essos, bis es zur nicht näher definierten (aber wohl mit Vulkanen in Verbindung stehenden) Katastrophe kam. In den Romanen segelt das Boot, auf dem sich Tyrion zu diesem Zeitpunkt befindet, lediglich verhältnismäßig nah an Valyria vorbei. Ich muss gestehen, angesichts dessen, was man in den Romanen über die Überreste der alten Stadt liest, ist das, was hier nun zu sehen ist, verhältnismäßig unspektakulär.
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Ser Jorah (Iain Glen) im Kampf gegen einen Steinmenschen

Die folgenden Ereignisse basieren zwar auf Vorkommnissen aus „A Dance with Dragons“, sind allerdings nur sehr lose adaptiert. Während der ersten Etappe von Tyrions Reise wird das Schiff, auf dem sich Tyrion (zusammen mit Aegon VI. und dessen Gefährten befindet), tatsächlich von Steinmenschen angegriffen, weshalb Tyrion ins Wasser fällt. Allerdings wird er nicht von Ser Jorah gerettet (dieser ist nicht anwesend), sondern von Jon Connington, der sich dadurch allerdings ebenfalls die Grauschuppen einfängt. Und natürlich findet das alles nicht in den Ruinen von Valyria statt, sondern auf dem Fluss Rhoyne, viele, viele Meilen nördlich.

Tatsächlich finde ich diese Entwicklung allerdings durchaus gelungen, es wird interessant zu sehen, welche Auswirkungen die Krankheit auf Ser Jorah, und eventuell auch auf Meereen insgesamt, haben wird.

Fazit: Aufgrund des engeren Fokus ist „Kill the Boy“ die strukturell bislang beste Folge der fünften Staffel.