GoT: Sons of the Harpy

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„Sons of the Harpy“ ist mal wieder eine der Folgen mit übergreifendem Thema, in diesem Fall religiöser bzw. traditioneller Extremismus. Vor allem Ersterer ist bei Melisandre natürlich niemals weit, dieses Mal kommt es allerdings aus anderer Quelle, denn der Glaube der Sieben wird militanter und auch die Söhne der Harpyie, Traditionalisten mit religiösem Eifer, greifen zu extremeren Mitteln. Beide werden durch ihre Aktionen einander quasi gegenübergestellt, was dieser Episode eine interessante Aktualität verleiht.

Dorne
Jaime und Bronn sind auf dem Weg nach Dorne, wobei sie noch einmal das Für und Wieder dieser Mission diskutieren. Das Gespräch bestätigt noch einmal, wie anders Jaimes Motivation im Vergleich zu den Romanen ist, was auch mit einer weiteren Änderung der letzten Staffel zu tun hat. Bei seiner Befreiung in den Romanen wirft Tyrion seinem Bruder unter anderem auch an den Kopf, wen Cersei alles mit Sex gefügig machte, was zur weiteren Entzweiung der Zwillinge beiträgt, während dies in der Serie nicht geschieht. Hier scheint Jaime eher darauf versessen zu sein, Cerseis Gunst zurückzugewinnen. Deswegen kann auch niemand anderes Myrcella aus Dorne retten; „It mus be me.“

Sobald die beiden an Land sind, dauert es nicht lange, bis sie entdeckt werden; was folgt ist ein weiterer Actioneinschub, den ich allerdings durchaus gelungen finde. Mir gefällt die Dynamik zwischen Bronn und Jaime, und die Szene illustriert auch schön, wie der Königsmörder langsam lernt, mit seinem Handicap besser umzugehen und es im Kampf einzusetzen.
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Die Sandschlangen: Obara (Keisha Castle-Hughes), Nymeria (Jessica Henwick) und Tyene (Rosabell Laurenti Sellers)

Anderswo sucht Ellaria Sand die drei ältesten Sandschlangen, Oberyn Martells Bastardtöchter, auf. Insgesamt gibt es acht Sandschlangen in den Romanen (und in der letzten Staffel sprach Oberyn auch einmal von derselben Anzahl). Auch in den Romanen sind Obara (Keisha Castle-Hughes), Nymeria (Jessica Henwick) und Tyene (Rosabell Laurenti Sellers) die dominantesten Sandschlangen, während die anderen entweder abwesend oder zu jung sind. Obara entspricht relativ genau den Beschreibungen aus dem Roman, auch dort ist der Speer ihre Hauptwaffe. Nymeria hat in der Serie dagegen ihre Messer gegen eine Peitsche getauscht (die bei Martin Obara führt). Tyene unterscheidet sich am meisten von ihrem Romangegenstück, da sie dort, anders als in „Game of Thrones“, nicht die Tochter von Ellaria, sondern das Kind einer Septa und darüber hinaus blond ist (was hier, bei den geänderten Verwandtschaftsverhältnissen natürlich unsinnig wäre). Das unschuldige Äußere wurde allerdings gut getroffen.

Von diesen Äußerlichkeiten abgesehen lässt sich allerdings noch nicht allzu viel über die Sandschlangen sagen, da die Szene inhaltlich kaum etwas Neues offeriert: Die Sandschlangen wollen Rache an den Lannisters und wissen nun, dass Jaime in der Gegend ist, um Myrcella heimzuholen. Es ist nicht schwer zu erraten, dass uns hier eine Konfrontation bevorsteht.

King’s Landing
In der Hauptstadt bemüht sich Cersei, ihre Macht weiter zu sichern, in dem sie den Kleinen Rat noch weiter verkleinert und alles daran setzt, die Tyrells zu entmachten: Lord Mace soll nach Braavos gehen, um mit der Eisernen Bank zu verhandeln, während Ser Loras, den Cersei nach wie vor nicht heiraten möchte, von den Spatzen überwältigt und eingesperrt wird. In den Romanen verhält sich dies ähnlich, ist allerdings (mal wieder) weitaus komplexer. Ich denke, für die Serie funktioniert es, so wie es ist, allerdings ist es schon schade, dass Loras in „Game of Thrones“ um so vieles flacher und uninteressanter ist als in den Romanen.

Dafür ist der Hohe Spatz hier fast interessanter als in der Vorlage, wo er wie der typische, verstockte Fanatiker wirkt, während er in der Serie weitaus sympathischer erscheint – was ein wenig Humor alles ausmacht. In der Zwischenzeit ist er auch wirklich zum Hohen Septon aufgestiegen und Cersei versucht sich das zunutze zu machen; mit seiner Hilfe gedenkt sie, sich Loras Tyrells endgültig zu entledigen. Als „Gegenleistung“ schlägt sie dem Hohen Septon vor, die militärischen Orden des Glaubens wieder zu erlauben, die zwei Jahrhunderte zuvor von den Targaryen verboten wurden. Im Vergleich dazu ist es in den Romanen der Hohe Spatz, von dem die Initiative ausgeht, wobei Schulden, die die Krone beim Glauben hat, ebenfalls eine Rolle spielen. Derweil entledigt sich Cersei Loras, indem sie ihn an der Belagerung von Dragonstone teilnehmen lässt – Stannis‘ Inselfestung tauchte bislang in dieser Staffel überhaupt nicht auf.
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Lancel Lannister (Eugene Simon), gezeichnet mit dem siebenzackigen Stern

Wie dem auch sei, da die Spatzen sich nun bewaffnen dürfen, machen sie sich auch gleich an die Arbeit, marschieren durch die Straßen von King’s Landing, zerstören alles, was sie für sündig halten, stürmen Littlefingers Bordell und machen kurzen Prozess mit allem, das ihrem Glauben widerspricht. Die gesamte Montage ist recht plakativ, unterlegt von einem ominösen Chor, dazu die Zwischenschnitte von Lancel, dem der siebenzackige Stern in die Stirn geschnitten wird. Diese, man möchte fast sagen, Machtübernahme des Glaubens ist bei Martin weitaus subtiler dargestellt, man kann allerdings kaum die Aktualität einer derartigen Szenerie und die Brutalität, zu der religiöse Fanatiker in der Lage sind, leugnen.

Margaery ist natürlich nicht begeistert, dass ihr Bruder eingesperrt wurde, und zum ersten Mal beginnt ihre Fassade leicht zu bröckeln. Tommens Versuche, Loras zu befreien, erweisen sich als wenig erfolgreich, er wird nicht einmal zum Hohen Spatz vorgelassen, und auch die Bevölkerung scheint gegen ihn zu sein – das alles könnte noch ziemlich unangenehm für den jungen König werden. Und natürlich auch für seine Mutter…

Castle Black
Auf der Mauer passiert dieses Mal nicht besonders viel. Stannis stellt fest, dass er Jon Snow zwar nicht mag (nun, wen mag Stannis schon?), aber doch zumindest respektieren kann, und auch Melisandres Interesse am neuen Lord Commander der Nachtwache steigt genug, um ihn verführen zu wollen. Nun kann man spekulieren ob HBO hier nur wieder Fanservice einbaut oder ob das tatsächlich handlungsbedeutend ist – ich tendiere dabei fast eher in Richtung des Letzeren, immerhin zeigt es Jon Snows Reifungsprozess weiter und man kann spekulieren, dass Melisandre eventuell ein weiteres Schattenbaby zeugen möchte, eventuell, um Roose Bolton kurz und schmerzlos umzubringen; auch in Jon Snows Adern fließt ja königliches Blut, das des Königs des Nordens (und sollte R+L=J zutreffen, sogar mehr als das).

Stannis hat derweil eine kleine Konversation mit seiner Tochter, in der sich zeigt, dass er sie trotz seines kalten Äußeren wirklich liebt. Um ehrlich zu sein bereitet es mir Probleme, Buch-Stannis in einer ähnlichen Situation zu sehen – viele der Figuren wurden für die Serie sympathischer und zugänglicher gemacht. Die Art und Weise, wie Stannis sein Ziel verfolgt, passt nun allerdings wieder besser zu seinem Charakter.

Winterfell
In der Gruft von Winterfell rekapituliert Littlefinger eines der zentralen Ereignisse der Vorgeschichte der Serie (bzw. der Romane): Das Turnier von Harrenhal, bei dem Rhaegar Targaryen mehr oder weniger der Grundstein für Roberts Rebellion legte, indem er seinen Turniersieg nicht seiner Frau Elia Martell, sondern Lyanna Stark widmete. Während dieses Ereignis in den Romanen sehr präsent ist, wird es, wenn ich mich recht erinnere, in der Serie hier zum ersten Mal detailliert dargestellt. Auffällig ist auch, dass Rhaegar in dieser Folge noch einmal (in Meereen) sehr prominent erwähnt wird; wird hier etwas aufgebaut, das vielleicht sogar über die Romane hinausgeht? Immerhin werden in Staffel 5 zum ersten Mal Flashbacks eingesetzt, vielleicht überlegen sich Benioff und Weiss, uns auch noch andere, wichtige Ereignisse der Vergangenheit zu zeigen, wahrscheinlich nicht mehr in dieser, aber doch vielleicht in der nächsten Staffel.

Im Anschluss an die Rekapitulation erläutert Littlefinger seine Pläne noch ein wenig: Er erwartet, dass Stannis Winterfell bald erobert – somit wäre Sansas Zeit als Ramsays Verlobte (bzw. Ehefrau) eher kurz bemessen. Tatsächlich macht diese Aussicht den Plan ein wenig logischer, und wie wir wissen sucht Stannis ja auch tatsächlich einen (bzw. eine) Stark, den er den Lords des Nordens vorsetzen kann. Die Frage ist nur: Wie und wo sieht Littlefinger den Vorteil für sich, denn Stannis würde ihn mit ziemlicher Sicherheit hinrichten lassen. Was Littlefingers Rückkehr nach King’s Landing bedeutet, lässt sich jedenfalls noch nicht absehen.

Auf dem Weg nach Meereen
Tyrion und Jorah haben in dieser Folge nur eine recht kurze Szene, die vor allem aus Exposition besteht: Anhand der Hinweise, die er von Jorah bekommen hat, deduziert Tyrion, in welcher Lage er sich befindet und wiederholt dabei gleich noch einmal für den Zuschauer, wie die beiden in diese Lage gekommen sind. Das könnte langweilig sein, aber die Art, wie Peter Dinklage deduziert ist natürlich höchst unterhaltsam.

Meereen
Das Ende der Folge bringt uns nach Meereen, wo das erste „schockierende“ Ereignis dieser Staffel stattfindet, von dem ich aktuell allerdings noch nicht weiß, wie ich es bewerten soll. Das Episodenfinale gehört definitiv Ser Barristan Selmy, denn es ist auch gleichzeitig sein Finale. Nach einem kurzen (aber gelungenen) Gespräch mit Daenerys verlässt Ser Barristan die Große Pyramide. In den Straßen der Stadt sind derweil die Söhne der Harpyie wieder aktiv und töten Freigelassene in einer Aktion, die an die der Spatzen zu Beginn der Folge erinnert und eine Parallele zieht: Noch mehr Extremisten, die rücksichtlos gegen alles vorgehen, das ihren Ansichten widerspricht. Es kommt zu einer Auseinandersetzung zwischen den Söhnen und einer Gruppe von Unbefleckten unter Grey Worms Führung, der auch der einzige ist, der überlebt. Kurz darauf stößt Ser Barristan dazu, was für ihn letztendlich tödlich endet.
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Ser Barristan Selmy (Ian McElhinney)

Wie gesagt, ich weiß noch nicht, wie ich diese Wendung bewerten soll. Es ist definitiv schön, endlich einmal Barristan den Kühnen in Aktion zu sehen, und nun wird auch klar, wie er sich seinen Ruf erworben hat, denn bevor er selbst niedergestreckt wird, mäht er noch einen ganzen Haufen Feinde nieder. Dies ist allerdings auch eine weitere, enorme Abweichung von den Romanen, wo Ser Barristan nach wie vor am Leben ist. In „A Dance with Dragons“ verschwindet Daenerys zusammen mit Drogon; während ihrer Abwesenheit ist es Barristan, der als „Hand der Königin“ quasi ihre Regierungsgeschäfte übernimmt. Es war schon von vornherein klar, dass diese Episode wohl ausgespart wird, dennoch ist Ser Barristans Tod ein herber Verlust und großer Einschnitt für Daenerys. Ich hoffe, das wird in den kommenden Episoden auch angemessen umgesetzt.

Fazit: „Sons of the Harpy“ ist sehr schwierig zu bewerten, da es sich hierbei um eine Überleitungsepisode handelt, deren Ereignisse zu stark auf Kommendes hin aufbauen, aus diesem Grund können sie auch erst bewertet werden, wenn man weiß, in welche Richtung sich die Handlungsstränge bewegen.