Es gibt Romantitel, die sind einfach unwiderstehlich. Der vierte Roman der Star-Wars-Einheitskontinuität nach „A New Dawn“ (mäßig), „Tarkin“ (kein Meisterwerk, aber definitiv solide) und „Heir to the Jedi“ (bislang noch nicht gelesen) hat so einen Titel; bei „Lords of the Sith“ kann ich einfach nicht widerstehen. Als Fan der Dunklen Lords treibt mich natürlich schon lange die Frage um, was die Einheitskonitnuität für die Sith bedeutet. Im EU hatten sie eine lange, interessante und wechselhafte Geschichte mit vielen verschiedenen Inkarnationen und philosophischen Herangehensweisen. Leider ist „Lords of the Sith“ diesbezüglich eine ziemliche Enttäuschung. Ich hatte es zwar nicht erwartet, aber doch gehofft, dass dieser Roman sich nicht nur mit Vader und Sidious auseinandersetzt (was er auch nur mäßig tut), sondern auch mit dem philosophischen Überbau des Ordens. Paul S. Kemp wäre als Autor dafür auch gar nicht ungeeignet, schließlich hat er verschiedene Inkarnationen des Ordens in seinen bisherigen Romanen „Betrogen“ und „Gegenwind“ passend dargestellt. Wie schon bei den anderen Romanen ist es allerdings fraglich, ob man für den Mangel an „Sithness“ wirklich Paul S. Kemp und nicht die Lucasfilm-Storygroup verantwortlich machen sollte, die sich den Orden für zukünftige Filme oder andere Projekte aufheben wollen.
Nach vier Romanen, die in der Zeit zwischen „Die Rache der Sith“ und „Eine neue Hoffnung“ spielen, zeichnet sich in der Zwischenzeit auch ein recht deutliches Muster ab. Obwohl nur „A New Dawn“ wirklich als Tie-In zu „Star Wars Rebels“ vermarktet wurde, sind eigentlich alle bisherigen Werke der Einheitskontinuität, „Heir to the Jedi“ ausgenommen, Begleitromane zu „Rebels“, denn alle drei folgen demselben Grundmuster: Irgendwo in der Galaxis taucht eine kleine, unabhängige Rebellenzelle auf, die vom Imperium bekämpft werden muss. „A New Dawn“ stellt mit Kanan und Hera die Helden der Animationsserie vor, während „Tarkin“ und „Lords of the Sith“ die Schurken genauer behandeln – nach dem Trailer zur zweiten Rebels-Staffel, in der sowohl Vader als auch Tarkin größere Rollen spielen und Sidious ebenfalls vorkommt, dürfte es da kaum noch Zweifel geben.
Die Prämisse von „Lords of the Sith“ ist aufgrund ihrer Unwahrscheinlichkeit leider nicht wirklich ideal: Vader und Sidious machen auf Ryloth eine von Rebellen verursachte Notlandung und müssen sich durch die Wildnis des Planeten schlagen. Diese Konstellation hat zwar durchaus ihre Reize, ist aber doch eher unpassend, denn Sidious ist zu diesem Zeitpunkt vor allem mit der Lenkung seines Imperiums beschäftigt und verlässt Coruscant nur, wenn es einen wirklich guten Grund gibt, etwa die Fertigstellung des Zweiten Todessterns. Der Grund, den „Lords of the Sith“ liefert, ist für mich leider nicht überzeugend. Und was erschwerend hinzukommt: Man hat nie das Gefühl, dass Vader und Sidious wirklich in Gefahr sind. Es ist auch zugegebenermaßen schwierig, zwei der mächtigsten Wesen der Galaxis zu gefährden, ohne sie abzuwerten, aber dann ist ein Roman mit einer derartigen Handlung einfach nicht wirklich passend.
Eventuell wäre es besser gewesen, die Handlung von „Lords of the Sith“ als von Sidious inszenierte Lektion für Vader zu gestalten. In „Darth Plagueis“ besuchen Plagueis und Sidious als Meister-Schüler-Gespann eine Art Sith-Trainingswelt; etwas, das grob in diese Richtung geht, wäre vielleicht passabler gewesen. So hätte „Lords of the Sith“ tatsächlich ein Roman werden können, der die Sith für den Einheitskanon definiert, am besten in Form eines Pholosophie-SW-Romans á la „Verräter“ (in diesem Fall wäre Matthew Stover dann auch tatsächlich der bessere Autor gewesen).
„Lords of the Sith“ hat allerdings auch durchaus seine positiven Seiten. Die Charakterisierung und Dynamik der beiden Dunklen Lords ist über weite Strecken sehr gelungen, mir erscheint es nur ein wenig seltsam, dass ausgerechnet die Eigenschaft, die in Vaders Kampfstil hervorgehoben wird, die Geschwindigkeit ist. Leider führt das alles nicht wirklich irgendwo hin, gibt keine tieferen Einblicke in die beiden ikonischen Figuren und offeriert nicht wirklich etwas Neues.
Die rebellischen und imperialen Nebenfiguren, unter ihnen Cham Syndulla aus „The Clone Wars“, der im Grunde der eigentliche Protagonist des Romans ist, fand ich durchaus gelungen, von allen derartigen Figuren (in diesem und den anderen beiden Romanen gab es davon dann durchaus einige) fand ich diese mit Abstand am einprägsamsten, und das nicht nur, weil mit Moff Mors die erste offizielle homosexuelle Figur im SW-Universum ihr Debüt gibt (was definitiv zu begrüßen ist, auch wenn das Imperium hier ein wenig zu PC rüberkommt).
Fazit: „Lords of the Sith“ bietet zwar eine gelungene Charakterisierung der Haupt- und Nebenfiguren, allerdings ist die Prämisse des Romans sowie ihre Umsetzung nicht überzeugend, da der Roman kaum etwas Neues offeriert. Somit bleibt „Tarkin“ der bislang stärkste Roman der Einheitskontinuität.
Braavos
In Braavos darf Arya erstmals in den Raum der Gesichter im Haus von Schwarz und Weiß, allerdings ist ihr Weg dorthin im Vergleich zur Vorlage wieder einmal stark verkürzt, sodass ihr eigentlicher Fortschritt nicht besonders gut nachvollziehbar ist. Das Lügenspiel, das sie mit der Herrenlosen spielt, zieht sich beispielsweise über einige Zeit hin, und zwischendurch nimmt Arya zwei verschiedene Identitäten an, lernt sich „natürlich“ zu maskieren und diverse andere Lektionen. Der Gnadentod, den Arya verursacht, ist für diesen Zweck zwar funktional, aber doch auch ziemlich unkreativ.
Sollte Aryas Handlungsstrang nun tatsächlich bereits zum Ende von „A Dance with Dragons“ gesprungen sein, fehlt tatsächlich sehr viel, allerdings besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass sie in der Serie bereits sehr viel früher in den Raum der Gesichter darf, um ihre erste falsche Identität zu erlangen. Geht man nach den Romanen, wäre das Cat von den Kanälen.
Die Vermutung liegt nahe, dass Arya in dieser Staffel noch Mace Tyrell begegnen wird, der sich auf dem Weg nach Braavos befindet, immerhin entfällt die Begegnung mit Sam Tarly und in einem der veröffentlichten Promokapitel von „The Winds of Winter“ geschieht etwas, das dem tatsächlich vage gleicht.
Auf dem Weg nach Meereen
Tyrion und Jorah sind immer noch unterwegs. Ihr Anteil an dieser Episode ist relativ knapp, Jorah erfährt von Tyrion, dass sein Vater gestorben ist (ich bin mir nicht sicher, ob Tyrion in den Romanen davon überhaupt wusste), und die beiden Väter, Jeor Mormont und Tywin Lannister werden einander gegenübergestellt. Auch Daenerys und die Gerechtigkeit ihrer Herrschaft wird noch Gesprächsthema, jedenfalls bis Jorah und Tyrion von Sklavenhändlern aufgegriffen werden. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber auch hier gilt ein weiteres Mal: Das grundsätzliche Ereignis der Romane ist vorhanden, die Umstände sind aber stark verändert und vereinfacht. Tyrion gelingt es, die Sklavenhändler dazu zu bringen, sich mit ihm und Ser Jorah nach Meereen zu begeben, um Letzteren in den Arenen kämpfen zu lassen, die Daenerys in der vorherigen Folge wieder öffnen ließ; das Ziel der Reise hat sich also nicht geändert, lediglich die Begleitung.
King’s Landing
Littlefinger kommt in King’s Landing an, muss sich kurz mit den Spatzen auseinandersetzen, die ganz offensichtlich sehr große Machtbefugnisse haben, und erzählt schließlich Cersei von den Geschehnissen im Norden, wobei sich der Zuschauer allmählich fragt, was Lord Petyr Baelish eigentlich vorhat. Natürlich, er spielt alle gegeneinander aus, aber bislang ist sehr undurchsichtig, welchen Ausgang des Ganzen er tatsächlich anstrebt. Nachdem, was wir bislang sehen, ist sein Masterplan ziemlich löchrig.
Cerseis Intrige, sich der Tyrells zu entledigen, geht derweil auf und zwingt die Dornenkönigin höchstpersönlich, wieder mitzumischen. Olena Tyrells Rückkehr in die Serie ist definitiv willkommen, auch wenn sie bislang nicht wirklich nötig war. Die Gespräche mit Margaery und Cersei sind zwar amüsant, haben aber kaum wirklichen Mehrwert.
Es kommt schließlich zum Verhör von Margaery und Loras, das aufgrund der Aussage von Olyvar für beide unerfreulich endet: Loras wird wegen Homosexualität verhaftet, Margaery wegen Falschaussage vor den Göttern. Abermals gilt: Letztendlich erfüllt das so seinen Zweck, um die Charaktere dorthin zu bringen, wo sie hin sollen (in diesem Fall Margaery in das Innere einer Zelle), aber ihr Weg wurde unheimlich simplifiziert; in „A Feast for Crows“ spinnt Cersei eine ziemlich raffinierte Intrige, um ihre Ziele zu erreichen, dagegen wirkt das hier ziemlich plump.
Dorne
Der dornische Handlungsstrang ist wohl eine der größten Enttäuschungen, denn was ich oben über Simplifizierung geschrieben habe, trifft auf Jaimes und Bronns Reise in den Süden noch mehr zu. Die ganze Sandschlangenangelegenheit ist fürchterlich banal und plakativ – das war zwar bereits abzusehen, wird in dieser Episode aber überdeutlich. Jaime und Bronn versuchen Myrcella zu kidnappen, die Sandschlangen mischen mit und am Schluss wird alles sehr schnell von Doran Martells Wachen beendet. Der ganze Dorne-Plot besteht quasi aus dem absoluten Minimum des Romangegenstücks, dort waren die Dornischen interessante und vielschichtige Charaktere, hier sind sie alle äußerst flasch und schlicht uninteressant. Myrcella Baratheon (Nell Tiger Free) und Trystane Martell (Toby Sebastian)
An Dorne zeigt sich auch sehr gut, mit welchen Problemen die fünfte Staffel zu kämpfen hat: Die ab Band 4 komplexeren und ausufernden Romane, die die Figuren immer weiter verteilen, arbeiten praktisch gegen die Struktur der Serie, deren Platz mit zehn Folgen pro Staffel (vom Budget gar nicht erst zu sprechen) doch recht begrenzt ist. Oft bleibt Benioff und Weiss entweder die Möglichkeit, Elemente und Handlungsstränge ganz zu streichen (so geschehen etwa mit den Geyjoys), oder aber die Plots stark einzudampfen, wodurch diese oftmals unnötig simpel wirken.
Winterfell
Oh, „Game of Thrones“, you did it again. Bereits letztes Jahr gab es eine ordentliche Kontroverse wegen einer Vergewaltigungsszene, das wiederholt sich nun, allerdings (zumindest von mir so empfunden), in noch weiter größerem Ausmaß. Die von Littlefinger und Roose Bolton arrangierte Hochzeit zwischen Sansa und Ramsay wird durchgeführt und die Hochzeitsnacht verläuft in etwa so, wie man sich das bei Ramsays Vorgeschichte vorstellt. Ich muss gestehen, dass mich diese Entwicklung in Sansas Handlungsstrang nicht besonders überrascht, etwas Derartiges war abzusehen. In jedem Fall ist in dieser Situation eine ausführlichere Betrachtung durchaus angebracht, besonders angesichts der starken Emotionen, die der Abschluss dieser Folge hervorgerufen hat.
Zuerst sollte ein Blick auf die Vorlage geworfen werden. Die Szene ist im Roman – auf gewisse Weise. Ramsay heiratet und vergewaltigt seine Braut in der Hochzeitsnacht. In „A Dance with Dragons“ ist es allerdings nicht Sansa, sondern deren Freundin Jeyne Poole, von den Lannisters und Boltons als Arya Stark ausgegeben, die Ramsay ehelichen muss. Also ja, die Szene ist im Roman, allerdings in etwas anderem Kontext und mit einer anderen Braut. Tatsächlich sind die Ereignisse im Roman noch um einiges herber, Theon/Reek muss nicht nur zuschauen, sondern sogar mitmachen. Tatsächlich halte ich den kompletten Winterfell-Abschnitt dieser Episode, auf einer rein inszenatorischen Ebene und unter Ausblendung des inhaltlichen Kontextes, für sehr gelungen, von der geisterhaften, begräbnisartigen Atmosphäre bei der eigentlichen Hochzeit bis zum „Vollzug“, bei dem mit sehr wenig sehr viel erreicht wird. Was graphische Brutalität angeht offeriert diese Szene nämlich kaum etwas, das meiste wird über Stimmung und Spiel der Darsteller vermittelt, was die Szene so wirkungsvoll macht; im besten wie im schlechtesten Sinne.
Inhaltlich sieht es dagegen wieder anders aus. Die drängendste Frage ist, ob dieser Vergewaltigung lediglich als billiger (wenn auch gut inszenierter) Schockmoment fungiert. Wollen Benioff und Weiss lediglich polarisieren? Eine derartige Kontroverse war von ihrer Seite aus durchaus abzusehen, speziell nachdem, was letztes Jahr passiert ist. Es gibt drei Möglichkeiten: Entweder, die beiden sind sehr naiv, oder etwaige Folgen waren ihnen schlicht egal und sie wollten nur die Geschichte so erzählen, wie sie es für richtig hielten, egal, was alle anderen denken, oder aber eine Kontroverse war tatsächlich die Absicht, nach dem Motto „jede Publicity ist gute Publicity“.
„Game of Thrones“ ist eine Serie, die für ihre Schockmomente bekannt und berüchtigt ist, vor allem natürlich wegen Lord Eddards Tod in Staffel 1 und der Roten Hochzeit in Staffel 3. Dies ergaben sich allerdings tatsächlich aus der Handlung und waren logische Kulminationen der jeweiligen Handlungsstränge und leiteten dann ihrerseits neue Ereignisse ein.
Ich denke, kaum jemand wird leugnen können, dass die Vergewaltigung aus der vorangegangenen Hochzeit heraus logisch ist – wir alle kennen Ramsay, wir wissen, was für ein Psychopath er ist. Das Problem dabei ist, dass die Hochzeit an sich recht unlogisch ist. Wie oben bereits erwähnt ist Littlefingers Masterplan sehr löchrig, und Sansas Anwesenheit in Winterfell ist ebenfalls alles andere als wasserdicht. Inwiefern sich die Szene für die kommenden Folgen als zwingend herausstellt, wird sich erst noch zeigen, frühestens in der nächsten Folge, spätestens zum Staffelende.
Aber zurück zur eigentlichen Szene und der Kontroverse. Was mich ein wenig schockiert war, dass es doch einige Stimmen gab, die diese Szene tatsächlich nicht als Vergewaltigung angesehen haben. Dieses Argument fand ich schon letztes Jahr sehr fadenscheinig, dieses Jahr gab es in meinen Augen absolut überhaupt keinen Zweifel daran, was da gerade geschieht. Arrangierte Ehen sind natürlich schon ein Thema für sich, aber selbst in deren Rahmen hätte sich Ramsay (wäre er nicht Ramsay) definitiv anders verhalten können. So, wie er das Ganze inszeniert hat, ist das definitiv ein Gewaltakt.
Was ebenfalls zu sehr negativen Reaktionen führte war die Tatsache, dass die Szene mit einer langen Einstellung von Theons Gesicht endete, der mit wachsendem Schrecken beobachtet, was da geschieht. Das legt den Schluss nahe, dass es in dieser Szene, in der Sansa vergewaltigt wird, gar nicht um Sansa geht, sondern um Theon und dessen „Läuterung“, was tatsächlich eine äußerst unelegante, herabwürdigende Wendung wäre. Theon (Alfie Allen) führt Sansa (Sophie Turner) zu ihrem Bräutigam
Ich denke, was mich am meisten stört, ist, dass Sansas Handlungsstrang in dieser Staffel letztendlich ihre bisherige Charakterentwicklung schlicht und einfach wieder umkehrt. Nachdem sie sich in der vierten Staffel vom Opfer zur Spielerin entwickelte, befindet sie sich gewissermaßen nun wieder in derselben (bzw. einer schlimmeren) Position wie in Staffel 2: Abermals ist sie einem Sadisten ausgeliefert, abermals ist sie das Opfer. Selbst, wenn wir von diversen weiteren Implikationen einmal absehen (allgemeines Frauenbild etc.), kann ich es schlicht nicht ausstehen, wenn Figuren dieselbe Lektion noch einmal lernen und dieselbe Entwicklung immer wieder durchmachen.
Bis auf wenige kurze Momente war Sansa in den Winterfell-Szenen insgesamt extrem passiv. Wäre es nicht viel interessanter gewesen, Sansa statt Jeyne Poole eine andere Figur ersetzen zu lassen, nämlich Wyman Manderly? Wenn Benioff und Weiss sie in der Theorie zur Spielerin entwickeln, hätten sie das dann nicht auch in der Praxis tun können? Statt dieser völligen Passivität hätte sie zumindest etwas Ähnliches versuchen können wie Margaery bei Joffrey, immerhin konnte sie ihr eine Staffel lang zusehen und lernen. Das neuste Promokapitel, das George R. R. Martin auf seinem „Not a Blog“ veröffentlicht hat, schildert Sansa genau in so einer Situation, freilich nicht mit Ramsay, sondern Harry Hardyng, dem Erben des Grünen Tals nach Robin (bzw. Robert) Arryn.
Fazit: „Unbowed, Unbent, Unbroken“ ist leider ein Tiefpunkt der Serie, und das nicht nur wegen der Sansa-Kontroverse; auch der Dorne-Handlungsstrang entwickelt sich höchst enttäuschend.
„Kill the Boy“ zeigt, wie gut es „Game of Thrones“ tut, wenn die Episoden einen klaren Fokus haben und sich auf einige Handlungsstränge konzentrieren, sodass in diesen auch Tatsächlich eine Entwicklung feststellbar ist, statt von jedem Handlungsstrang nur eine Szene in der Episode unterzubringen.
Meereen
In Meereen ist Daenerys erst einmal ziemlich angepisst und versucht, die Lage auf traditionelle Targaryen-Art zu lösen (Blut und Feuer), bevor sie sich nach einem Gespräch mit Missandei umentscheidet und die Arenen wieder eröffnet. Und nicht nur das, sie beschließt auch, Hizdahr zu heiraten, um so ein Zeichen zu setzen. Diese Entwicklung führt den Daenerys-Handlungsstrang wieder näher an die Buchvorlage, wo Dany letztendlich dasselbe tut, allerdings auf andere Art zu diesem Entschluss gelangt. Dort ist es nicht Ser Barristans Tod, der die Ereignisse auslöst (dieser lebt ja noch). Stattdessen wird die Situation in der Stadt allgemein immer schwieriger, Meereen wird von außen belagert, während die Söhne der Harpyie im Inneren für Unruhe sorgen. Hizdahr verspricht, dass das Morden aufhören wird, wenn Daenerys ihn heiratet, was sie schließlich zum Einlenken bringt – bei Martin geht die Initiative also nicht von ihr aus.
Apropos Hizdahr, ich mochte seine Darstellung in dieser Folge, sie machen ihn als Figur ziemlich nachvollziehbar, sowohl der Wille, nicht als Feigling zu sterben, als auch der langsame Wandel nach der Einkerkerung: In dem Moment, in dem er den Drachen gegenübersteht, rast das Adrenalin durch die Adern, aber wenn er mit sich selbst alleine ist und auf den Tod wartet, ändert sich die Situation – das fand ich sehr gut nachvollziehbar.
Winterfell
Brienne und Pod quartieren sich in der Nähe von Winterfell ein und etablieren sich gewissermaßen als Notfallrettungsteam. Derweil führen Ramsay und Myranda „in the nude“ ein Gespräch über Sansa, das stark an die thematisch ähnlichen Dialoge zwischen Tyrion und Shae erinnert; im Grunde hat Myranda fast denselben Text wie Shae, Ramsay reagiert aber natürlich völlig anders darauf. Insgesamt ist Myranda jedenfalls ziemlich unzufrieden und schmiedet weitere kleinen Intrigen, indem sie Sansa zeigt, was mit Theon geschehen ist.
Es folgt „Dinner mit den Boltons“, eine Szene, die von Ramsay so unbehaglich inszeniert wird, dass selbst Roose langsam von den Psychospielen seines Sohnes genug hat. Seine Geschichte über Ramsays Zeugung (übrigens buchgetreu wiedergegeben) schafft eine ironische Parallele zu Stannis‘ Grauschuppengeschichte in der Folge und stellt die beiden Kontrahenten der kommenden Schlacht durch ihr Verhältnis zu ihren Kindern stärker einander gegenüber – vielleicht ein wenig zu plakativ, denn so ist Stannis eindeutig der Gute, während Roose eindeutig der böse ist.
Castle Black
Die Reise von Aemon, Sam und Gilly von Castle Black über Braavos nach Oldtown scheint der Schere zum Opfer gefallen zu sein, aber ein paar Zeilen Dialog haben es in die Serie geschafft: Sam und Aemon sprechen über Daenerys, die Prophezeiung über den versprochenen Prinzen taucht dabei allerdings nicht auf, Aemons Interesse an Daenerys scheint stärker familiärer Natur zu sein. Ich bin gespannt, ob Aemon diese Staffel noch überlebt, denn die Schiffsreise nach Oldtown überlebt der alte Maester nicht. Sam (John Bradley) und Aemon (Peter Vaughan)
Das Ableben der Mentoren ist in Fiktion allgemein natürlich immer ein wichtiger Kniff. Seinen ersten wichtigen Mentor, Lord Mormont, hat Jon bereits in der dritten Staffel verloren, Aemon wäre der nächste Kandidat. Den wichtigsten Rat, den Jon auch im Buch erhält, bekommt er in dieser Folge: „Kill the boy“, daher auch der Name der Episode. Gemeint ist damit, dass Jon den Jungen hinter sich lassen und endgültig zum Mann werden soll.
Ähnlich wie Daenerys folgt Jon den Pfaden seines Buch-Ichs im Groben, auch der Serieninkarnation der Figur geht es darum, so viele Wildlinge wie möglich nach Süden zu bringen. Die Expedition, die er plant, findet im Roman ebenfalls statt, dort sind allerdings weder Tormund noch Jon an ihr beteiligt – tatsächlich werden mit diesem Vorhaben wieder einmal mehrere Subplots von Jons Handlungsstrang zusammengefasst. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob Jon sich der Mission wirklich anschließt, denn die Meuterei seiner Männer zeichnet sich bereits subtil ab.
Eine kurze Szene mit Stannis und Sam (die Serie liebt es nach wie vor, Figuren, die in den Romanen kein Wort miteinander wechseln, plaudern zu lassen) erlaubt die Spekulation, dass wir irgendwann und in irgendeiner Form, vielleicht schon in dieser, eventuell in der nächsten Staffel, Randyll Tarly, Sams Vater zu Gesicht bekommen. Dieser taucht in Briennes Handlungsstrang in „A Feast for Crows“ auf und endet in „A Dance with Dragons“ in Tommens Kleinem Rat. Die Begegnung mit Brienne wird in der Serie wohl nicht stattfinden, aber da Randyll nun noch einmal so explizit erwähnt wird, könnte er später in King’s Landing auftauchen.
Bald darauf zieht Stannis gen Winterfell ab, nimmt aber, anders als in „A Dance with Dragons“, seine Familie und Melisandre mit. Vor allem in Bezug auf Letztere könnte dies noch massive Auswirkungen haben; diese werden sich aber wohl erst mit dem Erscheinen von „The Winds of Winter“.
Auf dem Weg nach Meereen
Das Ende der Episode gehört Ser Jorah und Tyrion, die hier einen legendären Ort aufsuchen, der in den Büchern bislang nicht gezeigt wurde: Die Ruinen des alten Valyria; von dort herrschten die Drachenherren über weite Teile von Essos, bis es zur nicht näher definierten (aber wohl mit Vulkanen in Verbindung stehenden) Katastrophe kam. In den Romanen segelt das Boot, auf dem sich Tyrion zu diesem Zeitpunkt befindet, lediglich verhältnismäßig nah an Valyria vorbei. Ich muss gestehen, angesichts dessen, was man in den Romanen über die Überreste der alten Stadt liest, ist das, was hier nun zu sehen ist, verhältnismäßig unspektakulär. Ser Jorah (Iain Glen) im Kampf gegen einen Steinmenschen
Die folgenden Ereignisse basieren zwar auf Vorkommnissen aus „A Dance with Dragons“, sind allerdings nur sehr lose adaptiert. Während der ersten Etappe von Tyrions Reise wird das Schiff, auf dem sich Tyrion (zusammen mit Aegon VI. und dessen Gefährten befindet), tatsächlich von Steinmenschen angegriffen, weshalb Tyrion ins Wasser fällt. Allerdings wird er nicht von Ser Jorah gerettet (dieser ist nicht anwesend), sondern von Jon Connington, der sich dadurch allerdings ebenfalls die Grauschuppen einfängt. Und natürlich findet das alles nicht in den Ruinen von Valyria statt, sondern auf dem Fluss Rhoyne, viele, viele Meilen nördlich.
Tatsächlich finde ich diese Entwicklung allerdings durchaus gelungen, es wird interessant zu sehen, welche Auswirkungen die Krankheit auf Ser Jorah, und eventuell auch auf Meereen insgesamt, haben wird.
Fazit: Aufgrund des engeren Fokus ist „Kill the Boy“ die strukturell bislang beste Folge der fünften Staffel.
Die singende Lehrerin hat mal wieder zur Blogparade aufgerufen. Beim Thema „Die besten Schurken in Film und Serie“ kann ich als Fan der Bösen Buben natürlich kaum widerstehen. Zwar habe ich in der Anfangszeit meines Blogs bereits eine derartige Liste konzipiert, diese bestand aber nur aus fünf Filmschurken, insofern ist es, denke ich, mehr als berechtigt, nun die aktualisierte und erweiterte Liste zu präsentieren. Wie so oft gilt auch hier: Die Rangfolge ist nicht in Stein gemeißelt, sie entspricht meiner aktuellen Gemütslage und kann sich schon nächste Woche wieder ändern. Ich habe darüber hinaus versucht, pro Film (bzw. Filmreihe) und Serie nur einen Schurken auszuwählen, aber natürlich musste ich hin und wieder doch ein wenig schummeln, vor allem bei Platz 1 der Filmschurken. Insgesamt finde ich es auch ein wenig traurig, dass es keine einzige Schurkin auf die Film-Liste geschafft hat (das Herz will, was das Herz will), aber dafür ist die Serienliste fast ausgeglichen.
Und nun, schon mal zur Einstimmung, die Runners-up-Liste, völlig unsortiert: Sauron, Darth Maul, Malefiz, Smaug, Thailog, Antonio Salieri, Davy Jones, Hades („Disneys Hercules“), Hector Barbossa, Roose Bolton, Coriolanus Snow, Darth Tyranus, Bellatrix Lestrange, Satan („Im Auftrag des Teufels“), Lex Luthor („Superman: The Animated Series“), Darth Vader, Bane („The Dark Knight Rises“), Ava Lord, Dschafar, Francis Dolarhyde, die Meerhexe Ursula, Imhotep, William Stryker, Mystique, Saruman, Jack the Ripper („From Hell“), David Xanatos, Scar.
Serie
10. Morgan (Eva Green) aus „Camelot“
Die kurzlebige Starz-Serie „Camelot“ war zwar gewiss nicht frei von Fehlern (der größte war Jamie Campbell Bower als Arthur), hat es aber dennoch geschafft, dem allseits bekannten Artus-Mythos die eine oder andere neue Facette abzugewinnen, wobei das Highlight definitiv die Interpretation von Merlin und Morgan war. Letztere gibt im Rahmen dieser Serie eine wirklich grandiose Schurkin ab, was einerseits daran liegt, dass sie ziemlich nachvollziehbar gestaltet ist und mit ihren Ansichten dem modernen Zuschauer oftmals näher ist als die eigentlich guten Figuren (warum sollte nicht eine Frau über England herrschen?), und andererseits, weil sie von Eva Green gespielt wird, was prinzipiell nicht schadet. Schon allein wegen ihrer Interpretation von Morgan lohnt es sich, die Serie anzuschauen.
9. Jim Moriarty (Andrew Scott) aus „Sherlock“
Professor Moriarty gehört zu den großen Widersachern der Literatur und wurde schon vielfach interpretiert. Die Sherlock-Version, ohne akademischen Titel, muss sich definitiv nicht verstecken – in bester Schurkentradition ist er sowohl Spiegel als auch Gegensatz zu seinem heroischen Gegner. Wo Sherlock Holmes ein „Consulting Detective“ ist, ist Moriarty ein „Consulting Criminal“ und wo Sherlock stoisch und kalt erscheint, sich in Wahrheit aber sehr um die Menschen, die ihm am nächsten stehen, sorgt und für sie eintritt, scheint Moriarty übermäßigen emotionalen Ausbrüchen und Stimmungsschwankungen unterworfen, schert sich aber um niemand anderen als sich selbst. Beide Widersacher verbindet allerdings ihre überragende Intelligenz und ihre durchaus ähnliche Weltsicht, denn in vielerlei Hinsicht ist Moriarty das, was Sherlock wäre, besäße er kein Gewissen. Zu all diesen gelungenen Gemeinsamkeiten und Gegensätzen kommt hinzu, dass Andrew Scott beim Spielen der Figur sichtlich Spaß hat, zur großen Freude des Zuschauers.
8. Harley Quinn (Arleen Sorkin) aus „Batman: The Animated Series“
Harley Quinn ist witzig, lebensfroh, hin und wieder ziemlich durchgeknallt und unglaublich tragisch, denn sie hat das Pech, dass sie unsterblich in den Joker verliebt ist. Die Beziehung der beiden hat eine unglaubliche Dynamik, die Tragik rührt daher dass Harley, egal wie sehr die Joker sie misshandelt, doch stets zu ihm zurückkehrt, weil sie von ihm vollkommen besessen ist. Der Joker seinerseits ist oft von ihr genervt oder versucht sogar umzubringen, sollte sie sich aber kurzfristig für jemand anderen interessieren, wird er unglaublich eifersüchtig und besitzergreifend. Ursprünglich begann Harley als relativ unwichtiger Nebencharakter in „Batman: The Animated Series“, weil Bruce Timm und Paul Dini sich dachten, dass es cool wäre, wenn der Joker einen weiblichen Sidekick hätte. Gewissermaßen begann Harley danach aber ein Eigenleben zu entwickeln, sie bekam in Form der Graphic Novel „Mad Love“ (die im Rahmen der Serie auch adaptiert wurde) eine interessante Hintergrundgeschichte und war bei den Fans so beliebt, dass sie schon bald ins reguläre DC-Universum übernommen wurde, von zusätzlichen Auftritten in weiteren Serien (beispielsweise „The Batman“) oder Spielen („Arkham Asylum“ und Sequels) ganz zu schweigen. Und mit Suicide Squad steht bald ihr erster Auftritt in einem Realfilm bevor. Aber es ist die Cartoon-Version, gesprochen von Arlene Sorkin, die Harley definiert hat.
7. Russel Edgington (Denis O’Hare) aus „True Blood“
„True Blood“ wurde ab Staffel 4 deutlich schwächer, Staffel 3 war aber noch wirklich grandios, was zum Großteil dem von Denis O’Hare gespielten Russel Edgington zu verdanken ist. Der gute Russel balanciert auf einem sehr schmalen Grat, er ist unterhaltsam und witzig, aber gleichzeitig bedrohlich und gefährlich, ohne dass das eine das andere aufheben würde. O’Hare gelingt es, den uralten Vampir glaubwürdig und charismatisch darzustellen, und ihm zu allem Überfluss auch noch einen Hauch Tragik zu verleihen, denn man merkt, dass ihm der Verlust seines geliebten Talbot wirklich und aufrichtig zu Herzen geht. Und wer könnte jemals die geniale Fernsehansprache vergessen.
6. Amanda Waller (C. C. H. Pounder) aus „Justice League Unlimited“
Amanda Waller ist so ganz anders als die typischen Superschurkinnen mit Modelfiguren und hautengem Spandex: Sie ist keine gute Kämpferin und übergewichtig, aber trotzdem eine, wenn nicht gar die, gefährlichste Frau des DC-Universums – und dazu noch eine ziemlich komplexe und interessante Figur, gerade in „Justice League Unlimited“. Dort fürchtet sie die wachsende Macht der Justice League, eine Angst, die durchaus berechtigt ist, denn in einem Paralleluniversum machten sich die Mitglieder der Justice League zu den Justice Lords und errichteten eine Diktatur. Waller will die Menschheit vor übermächtigen Superwesen beschützen, diese Aufgabe verfolgt sie allerdings völlig rücksichtslos: Der Zweck heiligt fast jedes Mittel.
5. Wilson Fisk (Vincent D’Onofrio) aus „Daredevil“ Achtung! Das Video stammt aus dem Finale der ersten Staffel von „Daredevil“ und enthält Spoiler.
Ich habe Wilson Fisk, den Kingspin (auch wenn dieser Spitznamen in der ersten Staffel von „Daredevil“ nie benutzt wird) ja bereits ausführlich gelobt. Vincent D’Onofrio spielt Fisk als außergewöhnlich vielschichtigen Widersacher des Titelhelden, als Gangsterboss mit Vision, auf der einen Seite brutal und geplagt von seinem Temperament, auf der anderen Seite schüchtern und unsicher; ein Schurke, von dem ich definitiv mehr sehen will. Glücklicherweise ist Staffel 2 bereits in der Mache.
4. Demona (Marina Sirtis) aus „Gargoyles“
Disneys „Gargoyles“ hat eine ausgezeichnete Schurkenriege, von David Xanatos über Thailog und MacBeth bis hin zu Fox und Oberon, aber Demona ist ohne Zweifel die Krönung. Goliaths ehemalige Geliebte ist ganz ähnlich konzipiert wie Magneto: Aufgrund ihrer tragischen Vergangenheit hat sie gelernt, Menschen zu hassen, mehr als einmal versucht sie, die gesamte Menschheit auszulöschen, wobei ihr der Manhatten-Clan natürlich stets einen Strich durch die Rechnung macht. Tief in ihrem Inneren ist Demona allerdings ein zutiefst einsames Wesen, das sich nach einer verlorenen Liebe sehnt und sich konsequent selbst belügt. Tragisch, getrieben, und wunderbar gesprochen von Marina Sirtis – die perfekte Schurkin für eine der besten Zeichentrickserien.
3. Darkseid (Michael Ironside) aus „Superman: The Animated Series“
Darkseid ist der große Böse des DC-Universums und die (inoffizielle) Vorlage für Thanos (der nette Herr, der in der Mid-Credits-Szene der beiden Avengers-Filme kurz auftaucht). Zwar wurde er schon einige Mal dargestellt, unter anderem in „Smallville“ und dem einen oder anderen Zeichentrickfilm, aber bislang hat mich nur eine Interpretation des finsteren Gottes wirklich zufrieden gestellt: Die von Michael Ironside aus „Superman: The Animated Series“ und den restlichen DCAU-Serien. Allein mit seiner Stimme schafft es Ironside, die Essenz der Figur perfekt einzufangen. Darkseid spricht fast immer ruhig, gelassen und mit absoluter Selbstsicherheit, er ist sich der Tatsache, dass er eines er mächtigsten Wesen des Universums ist, absolut bewusst. Umso furchterregender wird es dann, wenn er einmal wirklich die Stimme erhebt. Darüber hinaus ist er (zumindest im Rahmen des DCAU) der Schurke, der Superman am nachhaltigsten unter die Haut geht, indem er ihm eine Gehirnwäsche verpasst und ihn dazu zwingt, die Erde anzugreifen. Darkseid ist der einzige Schurke, bei dem sich Superman nicht zurückhält und den er tot sehen möchte.
2. Hannibal Lecter (Mads Mikkelsen) aus „Hannibal“
Da gibt es keine Diskussion: Kultivierte Kannibalen geben einfach grandiose Schurken ab. In Bezug auf Hannibal Lecter stellt sich natürlich oft die Frage: Anthony Hopkins oder Mads Mikkelsen? Diese Frage beantworte ich mit einer Gegenfrage: Warum sollte ich mich entscheiden? Mads Mikkelsen Interpretation der Figur ist anders als die von Hopkins, ruhiger, subtiler, aber deswegen keinesfalls weniger gelungen oder fesselnd. Die Serien-Version von Hannibal Lecter ist extrem beherrscht und sehr auf Kontrolle bedacht, spielt jedoch trotzdem (oder gerade deshalb) hervorragend mit allen Menschen, die ihn umgeben.
1. Tywin Lannister (Charles Dance) aus „Game of Thrones“
Ob Tywin Lannister überhaupt ein Schurke ist, ist freileich diskutabel; Charles Dance sieht ihn jedenfalls nicht als solchen, aber immerhin gehört er zu den Figuren, die einem bösen Masterminde in „Game of Thrones“ am nächsten kommen. Joffrey mag ein sadistisches Arschloch sein, aber es ist Lord Tywin, von dem die Gefahr ausgeht, er ist stets die eigentliche Macht hinter dem Eisernen Thron. Ich muss ja zugeben, als ich Tywin in der Serie zum ersten Mal sah, war ich doch ein wenig enttäuscht, denn in den Romanen hat er mit Glatze und Backenbart eine so markante Erscheinung. Schnell stellte ich allerdings fest, dass man für Lord Tywin keinen besseren Schauspieler als Charles Dance hätte finden können. Von den Unterschieden bei Kopf- und Gesichtsbehaarung einmal abgesehen bringt Dance die Figur nämlich perfekt auf den Punkt und hat genau die richtige Ausstrahlung. Schon sein Blick allein reicht, um andere verstummen zu lassen und wenn er spricht, hört man zu. Charles Dance als Lord von Casterly Rock kommandiert eine Präsenz, wie man sie nur selten findet, und das selbst dann noch, wenn Tywin auf dem Klo sitzt.
Filme
10. Frollo (Tony Jay) aus „Der Glöckner von Notre Dame“
Disney-Schurken sind so eine Sache für sich: Sie sind selten vielschichtig, aber doch sehr oft äußerst einprägsam, weil sie auf so glorreiche Weise schurkisch sind und bei vielen von uns die Kindheit dominiert haben. Richter Frollo, gesprochen vom leider verstorbenen, aber grandiosen Tony Jay, ist zwar ebenfalls unheimlich markant, unterscheidet sich aber von vielen anderen Disney-Schurken dadurch, dass er seine Taten tatsächlich zu rechtfertigen versucht, während Dschafar oder Hades sich einfach in ihrer Bosheit suhlen und sich Malefiz sogar zur „Mistress of all evil“ erklärt. Frollo ist für einen Disney-Schurken beängstigend realistisch, denn er besitzt keinerlei magische Kräfte, zettelt dafür aber ein Pogrom an, plant einen Genozid und wird von fleischlicher Lust angetrieben. Hach ja, die magische Welt von Disney…
9. Dracula (Gary Oldman) aus „Bram Stoker’s Dracula“
Über die Jahrzehnte hinweg wurde Dracula bereits von vielen großen (und auch vielen weniger großen) Darstellern verkörpert, von Bela Lugosi über Christopher Lee, Klaus Kinski, Luke Evans, bis hin zu Frank Langella und Jonathan Rhys Meyers, aber meine Lieblingsversion ist eindeutig die von Gary Oldman verkörperte aus „Bram Stoker’s Dracula“. Anders als die meisten Inkarnationen, die vorher kamen, ist Oldmans Graf ein tragisches Monster, aber im Unterschied zur Luke-Evans-Version ist trotzdem nicht völlig heroisiert, sondern tatsächlich eine Bestie. Dass die Figur so funktioniert, ist vor allem Gary Oldmans Wandlungsfähigkeit zu verdanken, der sowohl als tragischer Liebhaber als auch als bösartig lachender Vampirfürst überzeugt. Nebenbei, dieser Dracula hat wohl mit Abstand die meisten unterschiedlichen Erscheinungsformen; alter Mann, junger Mann, Werwolf, Nebel, Fledermausmonster…
8. Hans Landa (Christoph Waltz) aus „Inglourious Basterds“
Landa ist die Rolle, die Christoph Waltz international bekannt gemacht hat und ein Oscar ist auch dabei herausgesprungen – völlig zurecht, denn Hans Landa ist ein grandioser Schurke, der die gängigen Filmnazi-Klischees widerlegt und am Ende sogar die Seiten wechselt (aus reinem Opportunismus, versteht sich). Bis dahin ist er aber rechtschaffen gemein und grausam, deduziert als finstere Version von Sherlock Holmes und macht seine Feinde in vier verschiedenen Sprachen nieder.
7. Loki (Tom Hiddleston) aus „Thor“, „The Avengers“ und „Thor: The Dark World“
Ich mochte Loki als Schurke in der nordischen Mythologie und im Marvel-Universum schon vor dem MCU, was Tom Hiddleston aus der Figur macht, ist allerdings noch einmal eine Klasse für sich. Lange war Loki der mit Abstand beste und beliebteste MCU-Schurke (jedenfalls, bis Wilson Fisk sich zeigte), und das aus gutem Grund. Loki ist nicht nur durchtrieben, seine Handlungen sind auch nachvollziehbar, und darüber hinaus ist er noch so unheimlich unterhaltsam. Hinzu kommt, dass er sich über die Filme konstant weiterentwickelt und bei jedem neuen Auftritt an einem völlig anderen Punkt steht. Ironischerweise gewinnt er in dem Film, in dem er nicht der Hauptschurke ist.
6. Pinhead (Doug Bradley) aus „Hellraiser 1-8“ Achtung, das Video könnte religiöse Gefühle verletzen und ist recht eklig!
Im Horrorfilmbereich gibt es diverse Filmreihen, die jeweils von ihrem Schurken definiert werden und deren Sequels von Film zu Film immer schlechter werden. Freddy Kruger, Michael Myers, Jason Vorhees und Jigsaw sind nur einige davon, aber einer steckt sie meiner Meinung nach alle in die Tasche: Pinhead, der nagelgespickte Priester der Hölle. Obwohl er das Element ist, das alle Hellraiser-Filme zusammenhält, fungiert er dabei nicht einmal per se immer als Schurke – genau genommen tut er das nur in den Teilen 3 und 4. Gerade das macht Pinhead so interessant, wobei Doug Bradley und das ikonische Design ihren Teil ebenfalls beitragen. Über Pinhead habe ich mich bereits sehr ausführlich geäußert.
5. Magneto (Ian McKellen, Michael Fassbender) aus „X-Men 1-3“, „X-Men: First Class“ und „X-Men: Days of Future Past“
Magneto ist nicht nur einer der bekanntesten Comicschurken, sondern auch, wenn er angemessen umgesetzt wird, einer der nachvollziehbarsten: Seine Eltern wurden während des Holocaust getötet, er selbst überlebte, kam aber zu dem Schluss, dass es den Mutanten irgendwann ähnlich ergehen wird wie den Juden im Dritten Reich, weshalb er eine Vormachtsstellung für die Seinen anstrebt. Sowohl Michael Fassbender als auch Ian McKellen spielen den Meister des Magnetismus so grandios und einnehmend, dass ich mich beileibe nicht für einen der beiden entscheiden kann. Egal ob jung oder alt, Magneto ist ein grandioser Schurke.
4. Lord Voldemort (Ralph Fiennes) aus „Harry Potter 4-7.2“
Als literarische Figur hat mich Lord Voldemort von Anfang an fasziniert, was Rowling in „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ dann aber letztendlich aus ihm gemacht hat, fand ich äußerst unbefriedigend. Aus diesem Grund hat Ralph Fiennes Lord Voldemort im Grunde für mich gerettet, denn er gehört zu den Schauspielern, die dafür sorgen, dass auch die schwächsten Dialogzeilen noch funktionieren. Bereits nach der Sichtung von „Harry Potter und der Feuerkelch“ war ich von Fiennes‘ Dunklem Lord begeistert, „Der Orden des Phönix“ hat noch eine Schippe draufgelegt, aber richtig brillant wurde es erst mit den beiden Teilen von „Die Heiligtümer des Todes“: Im ersten sehen wir einen Voldemort auf dem Höhepunkt seiner Macht, im zweiten einen Voldemort, der durch die Zerstörung seiner Horkruxe immer wahnsinniger wird – und beides stellt Fiennes blendend dar. Er schafft es gar, allein durch sein Spiel, Voldemort noch eine tragische Seite abzugewinnen, wo er im Roman nur noch eine flache Parodie seiner selbst war. Hut ab!
3. Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) aus „Das Schweigen der Lämmer“, „Hannibal“ und „Roter Drache“
Die andere Version des kultivierten Kannibalen, anders, aber nicht minder gelungen. Für Anthony Hopkins‘ Hannibal Lecter ist seine Zelle (und später Florenz) eine Bühne, er genießt es, seine Gegenspieler psychologisch fertig zu machen und ihnen seine Überlegenheit unter die Nase zu reiben. Anthony Hopkins war es, der die Figur des kannibalischen Psychiaters zur Ikone gemacht hat.
2. Darth Sidious (Ian McDiamird) aus „Star Wars Episode VI und I-III”
In den meisten Schurkenhitlisten ist es Darth Vader, der Star Wars vertritt, doch letztendlich ist er „nur“ ein Handlanger, der eigentliche Vertreter des Bösen in George Lucas‘ Weltraumoper ist der Imperator. Interessanterweise gehört er auch zu den wenigen Figuren, die von den Prequels tatsächlich profitiert haben. War er in „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ vor allem ein relativ typischer böser Overlord, der in erster Linie in seinem Sessel saß, Befehle gab, böse lachte und am Ende Blitz schleuderte, so gewinnt er in den Prequels an Facetten, wir sehen ihn als Charismatiker, politischen Ränkeschmied und Puppenspieler, der galaktische Regierungen zu seinen Marionetten macht und Anakin Skywalker gekonnt zur Dunklen Seite der Macht verführt. Er ist der wahre Dunkle Lord der Sith, und aus diesem Grund benutze ich, wenn ich über ihn spreche oder schreibe, auch seinen Sith-Namen, da „Darth Sidious“den Kern seines Wesens besser trifft als „Palpatine“.
1. Der Joker (Jack Nicholson, Mark Hamill und Heath Ledger) aus „Batman“, „Batman: Mask of the Phantasm“ und „The Dark Knight“
Okay, hier habe ich geschummelt, denn ich liebe alle drei Inkarnationen von Batmans Erzfeind. Streng genommen ist die Mark-Hamill-Version auch kein Film-, sondern ein Serienschurke, aber da er auch in dem Kinofilm „Batman: Mask of the Phantasm“ auftauchte (und ich andernfalls auf Harley Quinn verzichten müsste), wird auch dieser Joker hier integriert. Während sowohl die Jack-Nicholson- als auch die Heath-Ledger-Version – der Todeskünstler und der nihilistische Terrorist – genau auf ihren jeweiligen Film perfekt zugeschnitten sind, ist der Hamill-Joker die genaueste Verkörperung der Comicfigur, die mühelos zwischen dem harmlosen Spaßmacher der 60er und dem mörderischen Psychopathen der Moderne hin- und herwechseln kann und praktisch immer funktioniert. Wenn ich Comics mit dem Joker lese, stelle ich mir dabei Mark Hamills Stimme vor. Nichts desto trotz, alle drei sind wirklich grandiose Schurken, die ihrer Version von Batman jeweils das Leben zur Hölle machen.
Milde Spoiler! Nachdem sie im Kino ein extrem dominanter Faktor sind, schicken sich Superhelden nun auch an, das Fernsehen zu erobern, sei es mit tatsächlichen Superheldenserie wie „Arrow“ oder „Flash“ oder mit „Pseudosuperheldenserien“ (die im Grunde alles haben, was zum Genre gehört, außer eben den tatsächlichen Helden) wie „Gotham“ oder „Agents of S.H.I.E.L.D“. Sowohl DC als auch Marvel produzieren gegenwärtig einige Serien; während DC mehrgleisig fährt und Film- von TV-Universum trennt, sind alle Marvel-Serien ins MCU integriert. Bis vor kurzem gab es unter den diversen, gerade aktuellen Serien allerdings noch keine, von der ich gesagt hätte, dass sie wirklich überdurchschnittlich ist. „Arrow“ fand ich ziemlich bescheiden (der Titelheld ist nun einmal nicht Batman, auch wenn die Macher das noch so gerne hätten), „Agents of S.H.I.E.L.D“ war ganz unterhaltsam (vor allem in der zweiten Hälfte), brauchte aber viel Anlaufzeit, „Gotham“ hat zwar viel Potential, aber auch viele Probleme, und von „Flash“ und „Agent Carter“ habe ich bislang nur die erste Folge gesehen. Diese war jeweils zwar nicht übel, aber auch nicht so gut, dass sie mich sofort gepackt und nicht mehr losgelassen hätte. Matt Murdock (Charlie Cox) bei Tag und Nacht
„Daredevil“ dagegen schlägt hier völlig aus der Reihe. Aber von Anfang an: 2013 schloss Marvel einen Deal mit dem Streaming-Dienst Netflix, der seit einiger Zeit auch erfolgreich Serien selbst produziert (die erfolgreichste ist bislang wohl „House of Cards“ mit Kevin Spacey). Marvel Studios und Netflix werden für fünf Serien (bzw. Miniserien) kollaborieren: „Daredevil“, „A.KA. Jessica Jones“, „Luke Cage“ und „Iron Fist“ – diese vier „Street-Level-Helden“ sollen sich dann schließlich á la Avengers in einer fünften Serie, „Defenders“ zusammentun.
Um es kurz zu machen: „Daredevil“ ist nicht nur die mit Abstand beste derzeitige Superheldenserie, sondern definitiv auch eines der besten Produkte der Marvel Studios. Im Grunde schafft es die Serie, all das, was der misslungene Film von 2003 mit Ben Affleck falsch gemacht hat, richtig zu machen. Und nebenbei ist „Daredevil“ auch die Serie, die „Arrow“ und „Gotham“ wohl gerne wären.
Die Handlung
Die Grundhandlung ist praktisch dieselbe wie im bereits erwähnten Film: Matt Murdock (Charlie Cox), seit einem Unfall in seiner Kindheit blind, aber ansonsten mit extrem verstärkten Sinnen gesegnet, und Foggy Nelson (Elden Henson) sind Anwälte im New Yorker Stadtteil Hell’s Kitchen und versuchen dabei, sauber zu bleiben, was allerdings nicht einfach ist, denn in der New Yorker Unterwelt mischt ein neuer, geheimnisvoller Mitspieler mit, der von einem gewitzten und ruchlosen Anwalt namens James Wesley (Toby Leonard Moore) repräsentiert wird. Bereits kurz nachdem Matt und Foggy ihre Kanzlei eröffnet haben, übernehmen sie den Fall von Karen Page (Deborah Ann Woll) und gewinnen ihn auch, woraufhin diese zu ihrer Sekretärin wird. Karen Page (Deborah Ann Woll)
Foggy und Karen ahnen allerdings nicht, dass Matt ein Doppelleben führt, denn nachts betätigt er sich als schwarzgekleideter und noch namenloser Vigilant sehr direkt mit Verbrechen und Korruption auseinandersetzt. Dabei lernt er auch die Krankenschwester Claire Temple (Rosario Dawson) kennen, die ihm hin und wieder aushilft, wenn er von Verbrechern zu Brei geschlagen wurde, und er findet schließlich heraus, wer der große Unbekannte ist: Wilson Fisk (Vincent D’Onofrio), ein ambitionierter und extrem ehrgeiziger Gangsterboss, der danach trachtet, Hell’s Kitchen nach seinen Vorstellungen umzugestalten…
„Daredevil“ und das MCU
„Daredevil“ ist Teil des Marvel Cinematic Universe, diese erste Staffel funktioniert allerdings auch vollkommen auf sich selbst gestellt. Dennoch, die Anspielungen sind da, allerdings bleiben sie sehr subtil und werden dem Zuschauer nie mit dem Holzhammer übergebraten. Einige der Verweise bekommt man noch gut mit, Wesley spricht einmal von einem magischen Hammer und einem Typ in Rüstung, während Foggy Captain America erwähnt. Andere sind subtiler. Im Büro des Reporters Ben Urich (Vondie Curtis-Hall) sieht man anhand der Zeitungsartikel, dass er sowohl über die Ereignisse von „Der unglaubliche Hulk“ als auch „The Avengers“ berichtet hat, und Matt Murdock ist im selben Waisenhaus aufgewachsen wie Skye aus „Agents of S.H.I.E.L.D.“. Auf gewisse Weise basiert die Handlungsgrundlage der Serie sogar auf „The Avengers“: In der Realität mochte Hell’s Kitchen früher tatsächlich ein sehr problematisches Viertel gewesen sein, heute ist es dort allerdings ziemlich friedlich. Im MCU dagegen hat der Alienangriff auf New York und die damit verbundene Zerstörung Hell’s Kitchen quasi in die 80er Jahre zurückgeworfen. Hier wird ein interessantes Konzept aufgeworfen: Gangster und zwielichtige Geschäftsmänner profitieren von den Entwicklungen: Die Superhelden zerstören etwas und sie springen ein, bauen es wieder auf und verdienen dabei, während sie ihrerseits relativ sicher sind, da sie im Grunde viel zu klein und unwichtig sind, als dass jemand wie Captain America oder Iron Man sich mit ihnen beschäftigen würde. Das Straßenlevel und die gewöhnliche Kriminalität wurden im MCU bislang nicht thematisiert; „Daredevil“ füllt hier eine Lücke auf grandiose Weise.
Umsetzung
Von allen MCU-Produkten ist „Daredevil“ mit Abstand das düsterste, grimmigste und blutigste – insgesamt kommt Netflix mit sehr viel mehr weg als andere Sender. Diese Düsternis wirkt allerdings niemals aufgesetzt oder erzwungen, stattdessen ergibt sie sich ganz natürlich und passend aus der erzählten Geschichte. Foggy Nelson (Elden Henson)
Dennoch werden die bisherigen Traditionen des MCU keineswegs ignoriert. Dazu gehören vor allem die starken Charaktere, und auch Humor ist vorhanden, mitunter allerdings sehr viel grimmiger als bisher. Was „Daredevil“ darüber hinaus auszeichnet, ist der strikte Fokus: Die erste Staffel weiß genau, welche Geschichte sie erzählen möchte und tut dies auch schnörkellos, im Gegensatz zu einer Serie wie „Gotham“, die sich viel zu sehr in ihren zu zahlreichen Handlungssträngen verheddert.
Inhaltlich und stilistisch orientiert sich „Daredevil“ sehr stark an den prägenden Frank-Miller-Geschichten der 80er Jahre (damals, als Frank Miller noch wusste, wie man gut Comics schreibt), und obwohl Matt das ikonische Teufelskostüm erst in der letzten Folge anlegt, sind doch alle wichtigen Ingredienzien, die Daredevil als Figur ausmachen, vorhanden. Auch optisch sind die Parallelen zu den Daredevil-Comics der 80er und zu Zeichnern wie David Mazuchelli und Frank Miller nicht von der Hand zu weisen. Die Atmosphäre ist stets bedrohlich, die Schatten sind stark und ausdrucksfähig, die Bildsprache ist grandios und alles wirkt auf eine Art realistisch, die es im Marvel-Universum bisher nicht gab. Die Action ist zumeist sehr bodenständig, dreckig und direkt, wenn Matt einen Schlag abbekommt, schüttelt er das nicht einfach so ab, man merkt als Zuschauer, dass es weh tut. James Wesley (Toby Leonard Moore)
Das bedeutet natürlich nicht, dass diese Staffel vollkommen ohne Schwächen wäre. So sterben gegen Ende zwei wichtige Figuren, deren Tod in meinen Augen viel zu früh geschieht, da sie noch unglaublich viel Potential hatten. Auch wirken die Ereignisse des Finales ein wenig überhastet und juristisch wenig haltbar (auch wenn das definitiv nicht mein Fachgebiet ist). Und schließlich bleibt die Musik fast völlig anonym und generisch – das alles ist aber letztendlich Kritik auf sehr hohem Niveau.
Figuren und Darsteller
Man kann nicht genug betonen, wie grandios diese Figuren und ihre Darsteller sind. Egal ob es um die zentralen Charaktere oder nur um die Nebenakteure geht, sie hinterlassen alle einen bleibenden Eindruck. Besonders hervorzuheben sind natürlich die beiden Hauptkontrahenten, Matt Murdock und Wilson Fisk, wobei beide in dieser Staffel noch nicht unter ihren Comicnamen Daredevil und Kingpin agieren. Auf Matt als Hauptfigur liegt natürlich der Fokus. Die Serie geht dabei einen interessanten Weg: Matt ist quasi von Beginn an als Vigilant tätig; die erste Szene zeigt den Unfall mit radioaktivem Müll, der ihn erblinden lässt und ihm gleichzeitig seine Supersinne gibt, dann macht die Serie einen Sprung zur eigentlichen Handlung. Matts Werdegang wird im Verlauf immer wieder in Rückblicken gezeigt, ohne es zu übertreiben. Das sorgt schließlich dafür, dass man ihn als Zuschauer versteht und mitfiebert, wobei Charlie Cox natürlich ebenfalls seinen Teil dazu beiträgt und Ben Affleck weit hinter sich lässt. Wilson Fisk (Vincent D’Onofrio)
Was der Serie besonders hoch anzurechnen ist, ist ihr Umgang mit Wilson Fisk, der sich hier zum wahrscheinlich besten MCU-Schurken mausert; die einzige Konkurrenz ist Loki. Auf jeden Fall ist Fisk der facettenreichste und ernstzunehmendste MCU-Widersacher und wird von Vincent D’Onofrio hervorragend dargestellt. Vor allem ist Fisk nicht einfach nur der Widersacher von Daredevil, sondern fast gleichberechtigte Hauptfigur, auch seine Vergangenheit wird beleuchtet, ebenso wie seine Motivation. Fisk wird dabei als sehr vielschichtiger Antagonist gezeichnet; als Zuschauer lernen wir ihn erst als sehr unsicheren Menschen kennen, der ein wenig schüchtern ist und Probleme damit hat, eine Frau anzusprechen, und erst nach und nach kommen die finsteren Seiten zum Vorschein – dann aber richtig. Wilson Fisk in dieser Serie ist ein Visionär, ein Mörder, er leidet unter Kontrollzwang und hat Probleme, sein Temperament zu kontrollieren. Vor allem aber ist er als Schurke nachvollziehbar, ohne jemals seine Bedrohlichkeit aufzugeben. Weiterhin interessant ist, dass der romantische Subplot der Serie ihm und nicht etwa Matt gilt. An dieser Stelle muss natürlich auch Ayelet Zurer als Vanessa Marianna gelobt werden, die exzellent mit D’Onofrio zusammenspielt.
Fazit: „Daredevil“ ist düster, mitreißend, spannend, hervorragend besetzt und weiß vollständig zu überzeugen; die Serie um den Mann ohne Furcht ist eine der besten MCU-Produktionen auch die gegenwärtig beste Superheldenserie. Ich freue mich bereits auf die nächste Staffel und hoffe, dass die anderen Marvel/Netflix-Serien einen ähnlichen Standard erreichen.
Hier kommt noch ein ziemlich verspätetes Stöckchen, geworfen von der singenden Lehrerin und inszeniert von taranKino. Gefragt wird nach den besten Songmomenten in Filmen und Serien (wobei der Fokus hier auf Filmen liegt). Es wäre mir natürlich ein leichtes, so eine Liste mit Scoremomenten zu füllen, aber das bedarf einer eigenen Parade und sollte dann auch so genannt werden. Aus diesem Grund gibt es hier auch keine Score-Beispiele. Hier zu finden sind entweder Lieder, die für den Film komponiert wurden, oder Musikstücke (sowohl Lied als auch Instrumentalstücke) die vorher bereits existierten. Die Liste ist wertfrei, die Anordnung der Einträge ist willkürlich.
Dies Irae (Wolfgang Amadeus Mozart, John Ottman), in „X2: X-Men United“
Ich liebe es, wenn eine Szenen bzw. Action-Choreographie genau auf die Musik abgestimmt ist, so wie es in „X2: X-Men United“ der Fall ist. Das Dies Irae aus Mozarts Requiem, wahrscheinlich sein bekanntestes Stück, das ohne einen Vogelfänger oder die Königin der Nacht auskommt, untermalt die erste Actionszene des Films. Die Verbindung zum Geschehen findet sich dabei nicht nur in der Choreographie, sondern auch im Inhalt: Nightcrawler ist eine zutiefst religiöse Figur, weshalb sich die Verwendung eines kirchlichen Stückes natürlich anbietet. Mozarts Original wurde von John Ottman minimal bearbeitet, um noch besser zur Szene zu passen. Da Ottman bei Bryan Singers Filmen nicht nur für die Musik, sondern auch für den Schnitt verantwortlich ist, hat er wirklich ein Händchen für derartige Momente, wie sich im Verlauf dieser Liste noch einmal zeigen wird.
The Verdict/Für Elise (Ludwig van Beethoven, Ennio Morricone), in „Inglourious Basterds“
Quentin Tarantinos Filme sind dafür bekannt, dass sie praktisch nie extra für den Film komponierte Scores haben; die Musik wird vom Regisseur selbst ausgewählt und meistens extrem passend in den Film integriert – ich denke mal, wenn ich behaupte, dass Tarantino wohl der Regisseur ist, der die Verwendung bereits existierender Musik in seinen Filmen am besten beherrscht, wird mir kaum jemand widersprechen. Obwohl es viele gelungene Momente in Tarantinos Filmen gibt, fiel mir doch die Wahl nicht schwer. „Inglourious Basterds“ ist in meinen Augen mit Abstand Tarantinos bester Film, denn schon die Anfangsszene weiß den Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. Das dem klassischen Western entlehnte Holzhacken wird, wie könnte es anders sein, untermalt von einem Stück des klassischen Westernkomponisten Ennio Morricone (der zwar auch viele andere Sachen gemacht hat, aber vor allem, dafür bekannt ist). Bei The Verdict handelt es sich um eine Adaption von Beethovens Für Elise, dem Morricone ein Western-Setting verpasst, weshalb es zu dieser Anfangsszene natürlich perfekt passt: Eine an einen Western gemahnende Sequenz mitten im von den Nazis besetzten Frankreich.
The Times They Are A-Chanin’ (Bob Dylan), in: „Watchmen”
Mit Zack Synders Scorevorlieben kann ich nicht besonders viel anfangen, sowohl Tyler Bates‘ als auch Hans Zimmers Arbeit für den Watchmen- und Man-of-Steel-Regisseur finde ich ziemlich unterirdisch. Aber es lässt sich nicht leugnen, der Mann versteht es, passende Songs auszuwählen. „Watchmen“ insgesamt ist ein gelungenes Beispiel, aber in keiner anderen Szene wird dies so deutlich wie beim aufwendig gestalteten Vorspann, zu dem Bob Dylans The Times They Are A-Changin‘ erklingt, während die Montage genau auf die Musik abgestimmt ist.
„Amadeus“ (Wolfgang Amadeus Mozart, Antonio Salieri)
Ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Miloš Formans „Amadeus“ gehört zu meinen absoluten Lieblingsfilmen und ist mit großartigen Musikmomenten randvoll. Und das liegt nicht nur an der Qualität der Musik (Mozart halt), sondern auch daran, wie meisterhaft diese integriert und zum bestimmenden Mittel der Narrative wird, egal ob sie gerade diegetisch oder extradiegetisch eingesetzt wird. Zu meinen absoluten Favoriten gehören: Mozart komponiert „ausversehen“ aus Salieris Willkommensmarsch das Non più andrai (aus „Le Nozze di Figaro“), die Don-Giovanni-Szene, der zur Stimmung passende Wechsel zwischen „Die Zauberflöte“ und dem Requiem, als Mozart beides parallel komponiert, und natürlich das Komponieren am Totenbett (Confutatis Maledictis). Ich hätte auch problemlos eine Liste nur mit Momenten aus „Amadeus“ füllen können, aber das wäre vielleicht etwas eintönig geworden.
Misty Mountains (Plan 9), in: „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“
Dieses Lied hat den ersten Hobbit-Trailer zu einem der besten Trailer überhaupt gemacht, es fängt die Stimmung der Szene perfekt ein, es wird zum Leitmotiv, es ist einfach rundum gelungen. Und ich habe an anderer Stelle bereits ziemlich viel darüber geschrieben.
Der Ritt der Walküren (Richard Wagner), in: „Apocalypse Now“
Definitiv kein schöner Songmoment, aber dafür perfekt inszeniert – und zwar so perfekt, dass Wagners Ritt der Walküren inzwischen immer zuerst mit „Apocalypse Now“ in Verbindung gebracht wird, bevor jemand überhaupt an „Die Walküre“ denkt, was auch daran liegen könnte, dass es so viele Anspielungen gibt; zum Beispiel verwendete Zack Snyder in „Watchmen“ für die Vietnam-Szene mit dem Comedian und Doctor Manhattan ebenfalls dieses Stück.
Time in a Bottle (Jim Croce), in: „X-Men: Days of Future Past“
Nochmal X-Men, nochmal Bryan Singer und John Ottman, nochmal eine zur Musik choreographierte Actionszene. So unzufrieden ich auch mit dem Score, den Ottman für „Days of Future Past“ komponiert hat, bin, so gelungen ist doch seine Schneidearbeit, gerade in dieser Szene und gerade in Bezug auf den hier verwendeten Song. Obwohl ich das Dies IraeTime in a Bottle vorziehe, ist doch die Quicksilver-Szene noch um ein gutes Stück stärker, da hier die Verknüpfung von Bild und Musik noch reibungsloser funktioniert. Darüber hinaus wird Quicksilver so perfekt charakterisiert, ohne, dass er ein einziges Wort verliert – es tut mir Leid für Aaron Taylor-Johnson, aber seine Version der Figur hatte quasi schon verloren, bevor sie überhaupt angetreten ist.
Vide Cor Meum (Patrick Cassidy), in: „Hannibal“
In einer Szene in „Hannibal“ besucht der Doktor in Florenz eine Oper, Ridley Scott entschied sich dabei allerdings dafür, keine existierende Oper zu verwenden, sondern heuerte den irischen Komponisten Patrick Cassidy an, um extra für den Film eine Arie zu komponieren die, passend zur Handlung, auf „La Vita Nuova“ von Dante Aligheri basiert. Diese Arie gefiel Ridley Scott übrigens so gut, dass er sie „Hannibal“ noch einmal extradiegetisch verwendete und auch in „Königreich der Himmel“ einsetzte. Für mich ist Vide Cor Meum der mit Abstand beste musikalische Moment aller Hannibal-Lecter-Adaptionen, und umso begeisterter war ich, als genau diese Arie auch in der finalen Szene der ersten Staffel von „Hannibal“ eingesetzt wurde. Was für ein perfekter Abschluss.
Hoist the Colours (Hans Zimmer), in: „Pirates of the Caribbean: At World’s End“
Zwar ist „At World’s End“ der Pirates-Film, den ich insgesamt am schlechtesten finde, allerdings ist er auch der Pirates-Film, der die besten Einzelszenen und mit Abstand die beste Musik hat. Ein hervorragendes Beispiel für beides ist die Eröffnungsszene des Films, in der eine Massenhinrichtung stattfindet. Die Piraten auf dem Weg zum Strick beginnen allerdings, ein Lied zu singen, das als Aufruf fungiert und gleichzeitig die Geschichte von Davy Jones und Calypso thematisiert. Im Verlauf des Films wird Hoist the Colours ähnlich verwendet wie Misty Mountains: Die Melodie fungiert im Score als Leitmotiv der Bruderschaft – und ist darüber hinaus das in meinen Augen beste Thema, das Hans Zimmer komponiert hat.
Also sprach Zarathustra (Richard Strauss), in: „2001: A Space Odysee“
Ganz ähnlich wie Der Ritt der Walküren ist auch Strauss’ Also sprach Zarathustra (zumindest der Anfang) inzwischen fast untrennbar mit einem Film verbunden. Die Szene mit dem Affen, dem Knochen und dem großen, schwarzen Monolithen gehört wahrscheinlich zu den ikonischsten der Filmgeschichte und wurde unzählige Male parodiert – sie auszulassen wäre fast schon kriminell.
The Rains of Castamere (Ramin Djawadi), in: „Game of Thrones“
Eigentlich wollte ich mich ja auf Filme beschränken, aber da mit „Hannibal“ zumindest teilweise eine Serie reingerutscht ist warum dann nicht noch eine zweite? Auch zu The Rains of Castamere habe ich schon einiges geschrieben. Die Lannisters sind das einzige Haus, das so etwas wie eine eigene Hymne besitzt, und da ist es natürlich nur logisch, die Melodie dieser Hymne zu ihrem Thema zu machen. Es existieren zwei Abspannversionen des Liedes, einmal von The National und einmal von Sigur Rós. Zweifellos am interessantesten sind allerdings die diegetischen Einsätze, die ab der zweiten Staffel immer wieder auftauchen. Mal wird das Lied von Tyrion gepfiffen, mal singt es Thoros von Myr, die Lannister-Soldaten nutzen es, um sich vor der Schlacht von King’s Landing Mut zu machen, und dann ist da natürlich der geradezu ikonische Einsatz bei der Roten Hochzeit…
„Sons of the Harpy“ ist mal wieder eine der Folgen mit übergreifendem Thema, in diesem Fall religiöser bzw. traditioneller Extremismus. Vor allem Ersterer ist bei Melisandre natürlich niemals weit, dieses Mal kommt es allerdings aus anderer Quelle, denn der Glaube der Sieben wird militanter und auch die Söhne der Harpyie, Traditionalisten mit religiösem Eifer, greifen zu extremeren Mitteln. Beide werden durch ihre Aktionen einander quasi gegenübergestellt, was dieser Episode eine interessante Aktualität verleiht.
Dorne
Jaime und Bronn sind auf dem Weg nach Dorne, wobei sie noch einmal das Für und Wieder dieser Mission diskutieren. Das Gespräch bestätigt noch einmal, wie anders Jaimes Motivation im Vergleich zu den Romanen ist, was auch mit einer weiteren Änderung der letzten Staffel zu tun hat. Bei seiner Befreiung in den Romanen wirft Tyrion seinem Bruder unter anderem auch an den Kopf, wen Cersei alles mit Sex gefügig machte, was zur weiteren Entzweiung der Zwillinge beiträgt, während dies in der Serie nicht geschieht. Hier scheint Jaime eher darauf versessen zu sein, Cerseis Gunst zurückzugewinnen. Deswegen kann auch niemand anderes Myrcella aus Dorne retten; „It mus be me.“
Sobald die beiden an Land sind, dauert es nicht lange, bis sie entdeckt werden; was folgt ist ein weiterer Actioneinschub, den ich allerdings durchaus gelungen finde. Mir gefällt die Dynamik zwischen Bronn und Jaime, und die Szene illustriert auch schön, wie der Königsmörder langsam lernt, mit seinem Handicap besser umzugehen und es im Kampf einzusetzen. Die Sandschlangen: Obara (Keisha Castle-Hughes), Nymeria (Jessica Henwick) und Tyene (Rosabell Laurenti Sellers)
Anderswo sucht Ellaria Sand die drei ältesten Sandschlangen, Oberyn Martells Bastardtöchter, auf. Insgesamt gibt es acht Sandschlangen in den Romanen (und in der letzten Staffel sprach Oberyn auch einmal von derselben Anzahl). Auch in den Romanen sind Obara (Keisha Castle-Hughes), Nymeria (Jessica Henwick) und Tyene (Rosabell Laurenti Sellers) die dominantesten Sandschlangen, während die anderen entweder abwesend oder zu jung sind. Obara entspricht relativ genau den Beschreibungen aus dem Roman, auch dort ist der Speer ihre Hauptwaffe. Nymeria hat in der Serie dagegen ihre Messer gegen eine Peitsche getauscht (die bei Martin Obara führt). Tyene unterscheidet sich am meisten von ihrem Romangegenstück, da sie dort, anders als in „Game of Thrones“, nicht die Tochter von Ellaria, sondern das Kind einer Septa und darüber hinaus blond ist (was hier, bei den geänderten Verwandtschaftsverhältnissen natürlich unsinnig wäre). Das unschuldige Äußere wurde allerdings gut getroffen.
Von diesen Äußerlichkeiten abgesehen lässt sich allerdings noch nicht allzu viel über die Sandschlangen sagen, da die Szene inhaltlich kaum etwas Neues offeriert: Die Sandschlangen wollen Rache an den Lannisters und wissen nun, dass Jaime in der Gegend ist, um Myrcella heimzuholen. Es ist nicht schwer zu erraten, dass uns hier eine Konfrontation bevorsteht.
King’s Landing
In der Hauptstadt bemüht sich Cersei, ihre Macht weiter zu sichern, in dem sie den Kleinen Rat noch weiter verkleinert und alles daran setzt, die Tyrells zu entmachten: Lord Mace soll nach Braavos gehen, um mit der Eisernen Bank zu verhandeln, während Ser Loras, den Cersei nach wie vor nicht heiraten möchte, von den Spatzen überwältigt und eingesperrt wird. In den Romanen verhält sich dies ähnlich, ist allerdings (mal wieder) weitaus komplexer. Ich denke, für die Serie funktioniert es, so wie es ist, allerdings ist es schon schade, dass Loras in „Game of Thrones“ um so vieles flacher und uninteressanter ist als in den Romanen.
Dafür ist der Hohe Spatz hier fast interessanter als in der Vorlage, wo er wie der typische, verstockte Fanatiker wirkt, während er in der Serie weitaus sympathischer erscheint – was ein wenig Humor alles ausmacht. In der Zwischenzeit ist er auch wirklich zum Hohen Septon aufgestiegen und Cersei versucht sich das zunutze zu machen; mit seiner Hilfe gedenkt sie, sich Loras Tyrells endgültig zu entledigen. Als „Gegenleistung“ schlägt sie dem Hohen Septon vor, die militärischen Orden des Glaubens wieder zu erlauben, die zwei Jahrhunderte zuvor von den Targaryen verboten wurden. Im Vergleich dazu ist es in den Romanen der Hohe Spatz, von dem die Initiative ausgeht, wobei Schulden, die die Krone beim Glauben hat, ebenfalls eine Rolle spielen. Derweil entledigt sich Cersei Loras, indem sie ihn an der Belagerung von Dragonstone teilnehmen lässt – Stannis‘ Inselfestung tauchte bislang in dieser Staffel überhaupt nicht auf. Lancel Lannister (Eugene Simon), gezeichnet mit dem siebenzackigen Stern
Wie dem auch sei, da die Spatzen sich nun bewaffnen dürfen, machen sie sich auch gleich an die Arbeit, marschieren durch die Straßen von King’s Landing, zerstören alles, was sie für sündig halten, stürmen Littlefingers Bordell und machen kurzen Prozess mit allem, das ihrem Glauben widerspricht. Die gesamte Montage ist recht plakativ, unterlegt von einem ominösen Chor, dazu die Zwischenschnitte von Lancel, dem der siebenzackige Stern in die Stirn geschnitten wird. Diese, man möchte fast sagen, Machtübernahme des Glaubens ist bei Martin weitaus subtiler dargestellt, man kann allerdings kaum die Aktualität einer derartigen Szenerie und die Brutalität, zu der religiöse Fanatiker in der Lage sind, leugnen.
Margaery ist natürlich nicht begeistert, dass ihr Bruder eingesperrt wurde, und zum ersten Mal beginnt ihre Fassade leicht zu bröckeln. Tommens Versuche, Loras zu befreien, erweisen sich als wenig erfolgreich, er wird nicht einmal zum Hohen Spatz vorgelassen, und auch die Bevölkerung scheint gegen ihn zu sein – das alles könnte noch ziemlich unangenehm für den jungen König werden. Und natürlich auch für seine Mutter…
Castle Black
Auf der Mauer passiert dieses Mal nicht besonders viel. Stannis stellt fest, dass er Jon Snow zwar nicht mag (nun, wen mag Stannis schon?), aber doch zumindest respektieren kann, und auch Melisandres Interesse am neuen Lord Commander der Nachtwache steigt genug, um ihn verführen zu wollen. Nun kann man spekulieren ob HBO hier nur wieder Fanservice einbaut oder ob das tatsächlich handlungsbedeutend ist – ich tendiere dabei fast eher in Richtung des Letzeren, immerhin zeigt es Jon Snows Reifungsprozess weiter und man kann spekulieren, dass Melisandre eventuell ein weiteres Schattenbaby zeugen möchte, eventuell, um Roose Bolton kurz und schmerzlos umzubringen; auch in Jon Snows Adern fließt ja königliches Blut, das des Königs des Nordens (und sollte R+L=J zutreffen, sogar mehr als das).
Stannis hat derweil eine kleine Konversation mit seiner Tochter, in der sich zeigt, dass er sie trotz seines kalten Äußeren wirklich liebt. Um ehrlich zu sein bereitet es mir Probleme, Buch-Stannis in einer ähnlichen Situation zu sehen – viele der Figuren wurden für die Serie sympathischer und zugänglicher gemacht. Die Art und Weise, wie Stannis sein Ziel verfolgt, passt nun allerdings wieder besser zu seinem Charakter.
Winterfell
In der Gruft von Winterfell rekapituliert Littlefinger eines der zentralen Ereignisse der Vorgeschichte der Serie (bzw. der Romane): Das Turnier von Harrenhal, bei dem Rhaegar Targaryen mehr oder weniger der Grundstein für Roberts Rebellion legte, indem er seinen Turniersieg nicht seiner Frau Elia Martell, sondern Lyanna Stark widmete. Während dieses Ereignis in den Romanen sehr präsent ist, wird es, wenn ich mich recht erinnere, in der Serie hier zum ersten Mal detailliert dargestellt. Auffällig ist auch, dass Rhaegar in dieser Folge noch einmal (in Meereen) sehr prominent erwähnt wird; wird hier etwas aufgebaut, das vielleicht sogar über die Romane hinausgeht? Immerhin werden in Staffel 5 zum ersten Mal Flashbacks eingesetzt, vielleicht überlegen sich Benioff und Weiss, uns auch noch andere, wichtige Ereignisse der Vergangenheit zu zeigen, wahrscheinlich nicht mehr in dieser, aber doch vielleicht in der nächsten Staffel.
Im Anschluss an die Rekapitulation erläutert Littlefinger seine Pläne noch ein wenig: Er erwartet, dass Stannis Winterfell bald erobert – somit wäre Sansas Zeit als Ramsays Verlobte (bzw. Ehefrau) eher kurz bemessen. Tatsächlich macht diese Aussicht den Plan ein wenig logischer, und wie wir wissen sucht Stannis ja auch tatsächlich einen (bzw. eine) Stark, den er den Lords des Nordens vorsetzen kann. Die Frage ist nur: Wie und wo sieht Littlefinger den Vorteil für sich, denn Stannis würde ihn mit ziemlicher Sicherheit hinrichten lassen. Was Littlefingers Rückkehr nach King’s Landing bedeutet, lässt sich jedenfalls noch nicht absehen.
Auf dem Weg nach Meereen
Tyrion und Jorah haben in dieser Folge nur eine recht kurze Szene, die vor allem aus Exposition besteht: Anhand der Hinweise, die er von Jorah bekommen hat, deduziert Tyrion, in welcher Lage er sich befindet und wiederholt dabei gleich noch einmal für den Zuschauer, wie die beiden in diese Lage gekommen sind. Das könnte langweilig sein, aber die Art, wie Peter Dinklage deduziert ist natürlich höchst unterhaltsam.
Meereen
Das Ende der Folge bringt uns nach Meereen, wo das erste „schockierende“ Ereignis dieser Staffel stattfindet, von dem ich aktuell allerdings noch nicht weiß, wie ich es bewerten soll. Das Episodenfinale gehört definitiv Ser Barristan Selmy, denn es ist auch gleichzeitig sein Finale. Nach einem kurzen (aber gelungenen) Gespräch mit Daenerys verlässt Ser Barristan die Große Pyramide. In den Straßen der Stadt sind derweil die Söhne der Harpyie wieder aktiv und töten Freigelassene in einer Aktion, die an die der Spatzen zu Beginn der Folge erinnert und eine Parallele zieht: Noch mehr Extremisten, die rücksichtlos gegen alles vorgehen, das ihren Ansichten widerspricht. Es kommt zu einer Auseinandersetzung zwischen den Söhnen und einer Gruppe von Unbefleckten unter Grey Worms Führung, der auch der einzige ist, der überlebt. Kurz darauf stößt Ser Barristan dazu, was für ihn letztendlich tödlich endet. Ser Barristan Selmy (Ian McElhinney)
Wie gesagt, ich weiß noch nicht, wie ich diese Wendung bewerten soll. Es ist definitiv schön, endlich einmal Barristan den Kühnen in Aktion zu sehen, und nun wird auch klar, wie er sich seinen Ruf erworben hat, denn bevor er selbst niedergestreckt wird, mäht er noch einen ganzen Haufen Feinde nieder. Dies ist allerdings auch eine weitere, enorme Abweichung von den Romanen, wo Ser Barristan nach wie vor am Leben ist. In „A Dance with Dragons“ verschwindet Daenerys zusammen mit Drogon; während ihrer Abwesenheit ist es Barristan, der als „Hand der Königin“ quasi ihre Regierungsgeschäfte übernimmt. Es war schon von vornherein klar, dass diese Episode wohl ausgespart wird, dennoch ist Ser Barristans Tod ein herber Verlust und großer Einschnitt für Daenerys. Ich hoffe, das wird in den kommenden Episoden auch angemessen umgesetzt.
Fazit: „Sons of the Harpy“ ist sehr schwierig zu bewerten, da es sich hierbei um eine Überleitungsepisode handelt, deren Ereignisse zu stark auf Kommendes hin aufbauen, aus diesem Grund können sie auch erst bewertet werden, wenn man weiß, in welche Richtung sich die Handlungsstränge bewegen.
My Dear Frodo ist das erste Stück des Scores von „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ und untermalt den Prolog, der die Vorgeschichte der Trilogie erzählt – gleichzeitig ist My Dear Frodo aber auch noch weitaus mehr, und dies wird erst offensichtlich, wenn man die Musik der kompletten Trilogie vorliegen hat. My Dear Frodo ist gewissermaßen eine Ouvertüre im besten, wagnerianischen Sinn, denn in diesem Stück werden bereits die wichtigsten dominanten Themen der drei Hobbit-Filme vorbereitet.
Shore zögert nicht lange mit irgendwelchem einleitenden Geplänkel, das erste was zu hören ist, während die Studio-Logos erscheinen, ist ein Hybrid aus zwei Themen: Geschichte des Rings und Haus Durins. Ersteres ist bereits aus der HdR-Trilogie bekannt, Letzteres ist eines der neuen Zwergenthemen, dessen Bedeutung allerdings erst in „Smaugs Einöde“ klar wird und das diese Mischversion dominiert. Damit verknüpft Shore bereits zwei wichtige Handlungselemente des „Hobbit“, die Zwerge und ihr Erbe, um dies dreht es sich eigentlich, und den Einen Ring, der in dieser Geschichte noch eine untergeordnete Rolle spielt, aber in Hinblick auf das Schicksal Mittelerdes natürlich das zentrale Element ist.
Bei 0:37 folgt dann eine thematische Repräsentation des Titelhelden durch Bilbos Abenteuerthema, dicht gefolgt von den bekannten Klänge des Auenlandthemas, die, wie könnte es anders sein, den Schriftzug „The Hobbit“ (dies wiederholt sich in „Smaugs Einöde“, bleibt aber in „Die Schlacht der fünf Heere“ aus) und den eigentlichen Anfang des Films in Bilbos Arbeitszimmer unterlegen.
So richtig legt Shore los, als Bilbo mit der Niederschrift seiner Geschichte beginnt. Zwischen Film und Album gibt es ein, zwei Unterschiede, so findet sich im Film, als die Kamera über die Karte von Mittelerde wanderte, ein subtiler Hinweis auf das Gefährten-Thema, die typische Begleitung ist zu hören, dann kommt die erste Note, allerdings bricht es danach ab. Stattdessen wandert der Fokus nun zu den Zwergenthemen. Ab 1:57 ist zum ersten Mal das Erebor-Thema, bestehend aus drei aufsteigenden Notenpaaren, zu hören, dicht gefolgt von Thorins Thema, das eng mit dem Erebor-Thema verwandt ist (2:17) – währenddessen ist der Einsame Berg und Thrórs Zwergenreich in all seiner Pracht zu sehen. Diese beiden Zwergenthemen bilden, zusammen mit dem Haus-Durins-Thema, den leitmotivischen Kern der Hobbit-Trilogie.
Es folgen weitere wichtige neue Themen: Bei 3:03 erklingt zum ersten Mal das Motiv des Arkensteins, und auch Thranduils kurzes Cameo nutzt Shore, um das Waldlandreich-Thema, das in den beiden Folgefilmen sehr wichtig wird, einzuführen (3:23). Daraufhin verdüstert sich die Musik und tiefe Männerchöre, die bereits seit „Die Gefährten“ eng mit der Kultur der Zwerge verbunden sind, deuten das kommende Unheil bereits an.
Und dann kommt der Drache. Zwar ist Smaug selbst aus dramaturgischen Gründen hier noch nicht vollständig zu sehen, doch sein Thema begleitet den brutalen Angriff auf Thal (4:16). Smaugs Thema ist aus narrativer Sicht eines der interessantesten Themen der Hobbit-Trilogie. In der von Shore geschaffenen musikalischen Sprache Mittelerdes gibt es einen bösen Kern, bei diesem handelt es sich um den Halbtonschritt, mit dem sowohl das Geschichte-des-Ringes-Thema als auch Saurons Thema beginnen, und Smaugs Thema beginnt ebenfalls mit diesen beiden Noten, allerdings sind sie vertauscht. Was die Instrumentierung angeht, ist das Leitmotiv des Drachen hier noch recht konventionell im Mordor-Bereich. Ab dem letzten Drittel von „Smaugs Einöde“, wo Smaug dann auch tatsächlich vollständig zu sehen ist, bekommt das Thema durch die Verwendung der diversen ostasiatischen Instrumente (v.a. des Gamelan), eine zusätzliche Facette, die es von allen anderen Themen abhebt und die Einzigartigkeit des Drachen symbolisiert.
Die Zwerge geben sich allerdings noch nicht geschlagen, bei 5:34 erklingt noch einmal eine energische, aber verzweifelte Variation von Thorins Thema, die im Film selbst nicht auftaucht, aber wohl die erfolglosen Verteidigungsversuche untermalt hätte. Begleitet wird sie von tiefen Männerchören, über die Shore eine Verbindung zur Moria-Musik aus der HdR-Trilogie herstellt: In beiden Fällen wurde das Volk Durins von einer alten Monstrosität aus seiner Heimat vertrieben. Ab 6:06 erklingt noch einmal Smaugs Thema und kündet vom Sieg des Drachen. Das Stück endet schließlich mit zwei Einsätzen eines sekundären Motivs, das für Thorins Stolz steht.
Während in „Eine unerwartete Reise“ von den hier neu vorgestellten Themen lediglich Thorins eine größere Präsenz bekommt, sind die Themen von Smaug, Erebor und den Waldelben in „Smaugs Einöde“ und „Die Schlacht der fünf Heere“ dafür umso dominanter. My Dear Frodo ist ein Paradebeispiel dafür, wie minutiös Howard Shore die musikalischen Handlungsstränge vorausplant – dieses Ausmaß an Detailversessenheit findet sich in der modernen Filmmusik leider sehr selten.
Nein, die Titelfigur dieser Episode ist nicht mit Captain Jack Sparrow verwandt und ja, dieser Witz ist ziemlich lahm, aber da der Hohe Spatz von Jonathan Pryce, der in den Pirates-Filmen Elizabeth Swanns Vater Weatherby Swann spielte, dargestellte wird, musste das einfach sein.
Braavos
Die Episode beginnt im Haus von Schwarz und Weiß, wo Arya von Jaqen etwas über das Konzept dies vielgesichtigen Gottes, der die verschiedenen Verkörperung des Todes in allen Kulturen darstellt, im Glaube der Sieben ist eine solche Verkörperung der Fremde. In den Romanen werden in diesem Zusammenhang allerdings weder R’hllor noch der ertrunkene Gott genannt, sondern andere Götter wie die schwarze Ziege von Qohor. Gerade R’hllor bietet sich auch als Aspekt des vielgesichtigen Gottes überhaupt nicht an, da er ja laut seiner Anhänger für Licht und Leben steht, während sein namenloser Widersacher Kälte und Tod verkörpert. Aber das nur am Rande. Das Aussehen des Inneren von Aryas Ausbildungstätte entspricht, wie schon das Äußere, ziemlich genau den Buchbeschreibungen, wobei ich sagen muss, dass ich mir das alles beim Lesen irgendwie größer vorgestellt habe.
Nachdem sie sich langsam eingewöhnt hat, taucht in Aryas Zimmer eine weitere Einwohnerin des Hauses von Schwarz und Weiß auf, die in der Serie vorerst völlig namenlos bleibt, bei der es sich aber wohl um „the waif“ (die Herrenlose) handelt, eine Attentäterin, die zwar 36 Jahre alt ist, aber wie ein dünnes, kleines Mädchen aussieht und von der Arya einiges lernt, unter anderem Braavosi. In der Serie dagegen wird sie von der auf die 30 zugehenden Schauspielerin Faye Marsay verkörpert. Hier veranlasst sie vor allem, dass Jaqen Arya dazu bringt, ihre alte Identität völlig aufzugeben in dem sie sich von ihren Besitztümern trennt. Wie in „A Feast for Crows“ bringt sie es allerdings nicht über sich, Needle ins Wasser zu werfen, stattdessen versteckt sie die Klinge. Da sie nun Arya Stark aufgegeben hat, darf das nun namenlose Mädchen zum ersten Mal ins untere Stockwerk des Hauses von Schwarz und Weiß, um zusammen mit der Herrenlosen ein Leiche zu waschen.
King’s Landing
Es wird wieder geheiratet, und dieses Mal sterben weder der Bräutigam, noch seine Familie. Auch für Margaery, die immerhin schon zwei Hochzeiten hinter sich hat, ist diese Hochzeit ein Novum: Die Ehe wird tatsächlich vollzogen. Das trifft allerdings nur auf die Serie zu, denn in den Romanen ist Tommen gerade einmal neun Jahre alt. Das Ergebnis ist jedoch im Grunde dasselbe: Der Krieg der Königinnen. Cersei und Margaery versuchen, Tommen für die eigenen Zwecke einzuspannen und die jeweils andere loszuwerden. In der Serie Margaery nun natürlich noch eine zusätzliche Möglichkeit, ihre Ziele zu erreichen. Sie beginnt auch sofort damit, indem sie Tommen nahelegt, Cersei nach Casterly Rock zurückzuschicken, da es ihr in der Hauptstadt doch überhaupt nicht gefällt. Dass Cersei davon nicht begeistert ist, als Tommen es ihr vorschlägt, dürfte kaum verwundern. Was folgt ist ein mal mehr, mal weniger subtiler Zickenkrieg zwischen Cersei und Margaery, der zwar besser zu „Desperate Housewives“ als zu „Game of Thrones“ passt, aber doch irgendwie amüsant ist. Der Hohe Spatz (Jonathan Pryce)
Derweil ändert sich die Situation in King’s Landing und die Fundamentalisten gewinnen an Macht: Die Spatzen stürmen Littlefingers Bordell (natürlich, keine Staffel kommt ohne mindestens eine Szene in Littlefingers Bordell aus) und zwingen den korrputen Hohen Septon zu einem Marsch der Schande durch die Straßen von King’s Landing, der wohl dazu dient, den Zuschauern das Konzept vorzustellen, und der natürlich ein anderes Ereignis ankündigt, das wir wohl gegen Staffelende zu sehen bekommen werden.
Im Gegensatz zu den religiösen Fanatikern wirkt der Hohe Spatz, den Cersei auf die Beschwerde des Hohen Septons hin besucht, sehr ausgeglichen und sogar humorvoll. Wie üblich versucht Cersei sich auch hier, die Situation zu Nutze zu machen, wobei sie in der Serie noch in größerem Ausmaß ihr eigenes Grab schaufelt als in den Romanen, da sie es hier im Grunde ist, die dem Hohen Spatz zur Macht und zum Amt des Hohen Septon verhilft. In jedem Fall verspricht der Hohe Spatz, auch in der Serie eine interessante Figur zu werden.
Der Norden
Die Boltons machen sich in Winterfell breit, bauen es wieder auf und dekorieren es neu, indem sie Gehäutete aufhängen. Während es geschäftig zugeht, erteilt Roose Bolton seinem Sohn eine Lektion in Sachen Politik und eröffnet ihm, dass er heiraten wird. Wer die zukünftige Braut ist, ist nicht schwer zu erraten: Wie ich bereits prophezeit hatte, nimmt tatsächlich Sansa die Rolle der „falschen Arya“ ein. In den Romanen schickte Littlefinger Jeyne Poole, Sansa beste Freundin nach Norden, damit die Boltons sie als Arya ausgeben, mit Ramsay verheiraten und so ihren Anspruch auf den Norden festigen konnten. Das Vorhaben in der Serie ist dasselbe, das Vorgehen insgesamt allerdings ein wenig unplausibler, wenn auch nachvollziehbar, wenn man sich in Benioff und Weiss hineinversetzt, denn in „A Feast for Crows“ hat Sansa nun einmal nicht besonders viel zu tun. Die Entscheidung, Charaktere zusammenzuführen ist meist rentabel, wobei gerade in diesem Zusammenhang doch einiges an Unglaubwürdigkeit überwunden werden muss. Sowohl für Littlefinger als auch für Roose Bolton ist der Schachzug ziemlich riskant, und dass Sansa sich nun die Hände von jemandem gibt, der nicht nur schlimmer als Joffrey ist, sondern dessen Vater auch noch ihren Bruder getötet hat, nun… Immerhin wird das auch thematisiert, und ich halte mich mit einem Urteil mal zurück, bis absehbar ist, wie sich der Handlungsstrang weiterentwickelt.
Brienne und Pod sind derweil auch nicht weit, da Brienne nicht auch noch die zweite Stark-Tochter verlieren will. Wie es aussieht, gibt’s gen Staffelende ein großes Zusammentreffen diverser Charaktere im Norden, mit Sansa, Brienne und Pod, den Boltons, eventuell Littlefinger und weiß der Geier, wer sonst noch dazustoßen könnte. Vorerst einmal entdeckt Brienne weitere Sympathie für Pod und verspricht, ihm das Kämpfen beizubringen. Beide Erzählen sich Anekdoten aus der Vergangenheit, und darüber hinaus ruft uns Brienne in Erinnerung, dass sie, neben dem Schwur, den sie Catelyn geleistet hat, noch eine weitere Motivation hat: Stannis töten. Das könnte interessant werden. Sansa (Sophie Turner) und Littlefinger (Aiden Gillen) im Norden
Vorerst treffen sich erst einmal Sansa und die Boltons, wobei hier, nachvollziehbarerweise eine gewisse Anspannung zu spüren ist – gerade in solchen Szenen bekommt Sophie Turner die Gelegenheit zu zeigen, wie gut sie ist. Ramsays Bettwärmerin Myranda ist jedenfalls von den Geschehnissen wenig begeistert, da nähert sich wohl noch ein weiterer Konflikt.
Im weiteren Verlauf ist interessant, dass Ramsay Littlefinger verspricht, er werde Sansa niemals verletzen. Nach den letzten beiden Staffeln fällt es verhältnismäßig schwer, dem zu glauben, allerdings ist Serien-Ramsay unberechenbarer und auch facettenreicher als Buch-Ramsay – so gibt er hier immerhin offen zu, ein Bastard zu sein, was Buch-Ramsay nie getan hätte. Andererseits haben sowohl Iwan Rheon als auch Alfie Allen und Sophie Turner angedeutet, dass in diesem Handlungsstrang noch etwas sehr Unangenehmes auf uns zukommt.
Castle Black
Der neue Lord Commander der Nachtwache führt weitere Gespräche mit Stannis und Davos. Ersteres ist im Grunde relativ redundant, dass Jon Stannis‘ Angebot nicht annehmen würde, war schon vor der Wahl klar. Der Dialog zwischen Jon und Davos dagegen ist interessant, weil Davos nun einmal ein viel besserer Diplomat ist als sein König – wenn es hier in eine ähnliche Richtung läuft wie in den Romanen, könnte Davos eine wichtige und auch gut nachvollziehbare Rolle dabei spielen.
Es folgt eine Szene aus „A Dance with Dragons“, deren Umsetzung ich tadellos gelungen finde: Die Köpfung von Janos Slynt, der sich nach wie vor weigert, dem neuen Lord Commander zu gehorchen. Es gibt über die diversen Staffeln hinweg mehrere Szenen, in denen ein Sohn (oder Mündel) von Eddard Stark jemanden hinrichtet, und jede dieser Szenen verweist natürlich auf die Köpfung des Deserteurs der Nachtwache in der ersten Folge der ersten Staffel. Gerade hier zeigt Jon auch insgesamt seine Führungsqualitäten, indem er Ser Alisser nicht, wie man vielleicht erwarten würde, zum Aufseher der Latrinen ernennt, sondern ihn zum ersten Grenzer macht. Und Janos Slynt – nun, er ist definitiv eine Figur, der man nicht nachtrauert, aber Dominic Carter hat ihn definitiv sehr passend dargestellt.
Volantis
Tyrion und Varys kommen in Volantis an, der größten der sieben freien Städte, und auch derjenigen, die Slaver’s Bay am nächsten liegt. Auf die diversen Besonderheiten der Stadt wird hier allerdings kaum eingegangen, was, zugegebenermaßen, für so wenige Szenen wohl auch zu viel verlangt wäre. Immerhin der Brauch, den Sklaven der Stadt ihr Schicksal einzutätowieren, findet Erwähnung und wird erläutert. Eine Priesterin des R’hllor in Volantis (Rila Fukushima)
Wie in den Romanen ist auch hier ein Vertreter des R’hllor-Glaubens anwesend, allerdings kein Priester, sondern eine Priesterin (Rila Fukushima), bei der es sich wohl um eine ehemalige prostituierte Sklavin handelt, wie die Tränentätowierung in ihrem Gesicht suggeriert; die Sklaven der roten Priester tragen eigentlich ein anderes Mal. Sie predigt zu Sklaven, spricht von Daenerys und scheint Tyrion (oder etwas in Tyrion) zu erkennen.
Die folgende Bordell-Szene zeigt, wie weit die Charakterisierung von Serien-Tyrion sich von Buch-Tyrion unterscheidet, denn während die Serienversion der Figur enthaltsam bleibt, nimmt Buch-Tyrion in dieser Situation tatsächlich die Dienste einer Prostituierten in Anspruch und ist allgemein noch um einiges kaputter – was auch dazu führt, dass Serien-Tyrion sympathischer bleibt. Das Endergebnis ist dann aber wieder dasselbe: Ser Jorah kidnappt Tyrion, damit er Daenerys‘ Gunst zurückgewinnen kann.
Fazit: Insgesamt macht Folge 3 im Vergleich zu Folge 2 wieder einen besseren Eindruck, nicht zuletzt dank einiger sehr gelungener Einzelszenen.