Enthält Spoiler zu Film und Roman
Story: Die Macht des Dunkels wächst: Der Große Andere Jegor (Dmitriy Martynov) hat sich Zavulon (Wiktor Werschbizki) und der Tagwache angeschlossen, und zu allem Überfluss tauchen immer mehr dunkle Andere in Moskau auf. Anton (Konstantin Chabenski), Jegors Vater, hadert derweil damit, dass es ihm nicht gelungen ist, seinen Sohn auf seine Seite zu bringen. Zavulon erkennt, dass Anton ein unberechenbarer Faktor ist und fädelt deshalb eine Intrige ein, um ihn loszuwerden: Er hängt Anton einen Mord an einer Dunklen an, sodass die Inquisition, die die Einhaltung des großen Vertrages überwacht, auf ihn aufmerksam wird. Derweil hört Anton von der Kreide des Schicksals, ein Artefakt, mit dem man die Realität verändern kann, und hofft, sie in seinen Besitz zu bringen, um Jegor aus den Klauen des Dunkels zu befreien…
Kritik: Ursprünglich sollte dieser Film den Titel „Wächter der Nacht 2: Die Kreide des Schicksals“ tragen, und tatsächlich wäre das ein passenderer Titel gewesen, denn mit dem Roman „Wächter des Tages“ hat Timur Bekmambetovs zweiter Wächter-Film im Grunde nichts zu tun. Wie ich bereits in meiner Rezension zu „Wächter der Nacht“ schrieb, handelt es sich hierbei um die sehr lose Adaption der zweiten und dritten Geschichte des ersten Romans der Serie. Wobei selbst das schon zu viel gesagt ist. Im Grund haben Lukianenko und Bekmambetov einige Handlungselemente aus besagten Geschichten genommen, diese anders zusammengesetzt und mit vielen neue Subplots und Wendungen versehen. Vor allem das letzte Drittel hat wirklich kaum mehr etwas mit Lukianenkos Romanen zu tun. Schauen wir erst einmal, welche Elemente der Vorlage es in den Film geschafft haben. In „Der eigene Kreis“, der zweiten Geschichte des Romans, wird Anton ebenfalls ein Mord angehängt und er muss sich in einem anderen Körper verstecken. Der Ausgang ist aber ein völlig anderer, das Ganze wurde nicht von Zavulon/Sebulon verursacht, sondern wird lediglich von ihm benutzt. Die Kreide des Schicksals spielt in „Im eigenen Saft“, der dritten Geschichte eine wichtige Rolle, ebenso wie Jegors Gesinnung. Die Romanze zwischen Anton und Swetlana ist in beiden Geschichten ein wichtiger Subplot. Das war’s im Grunde allerdings auch schon. Der Subplot um die Beziehung zwischen Alissa (Schanna Friske) und dem Vampir Kostja (Aleksei Chadov) hat ebenso kein Gegenstück im Roman wie das Finale. In der Tat hat Buch-Zavulon/Sebulon im Grunde kein Interesse daran, den Vertrag aufzukündigen. Auch die Inquisition wird im Film völlig anders dargestellt als in den Romanen, wo nicht jeder Inquisitor gleich aussieht, sondern alle Inquisitoren entweder Lichte oder Dunkle sind, die ihr Leben der Aufgabe gewidmet haben, das Gleichgewicht zu wahren.
Interessanterweise gefällt mir „Wächter des Tages“ besser als „Wächter der Nacht“. Akzeptiert man erst einmal die Prämisse, dass die Filme nicht mehr allzu viel mit der Vorlage zu tun haben, hat „Wächter des Tages“ verdammt viel zu bieten, gerade bezüglich der Elemente, die mir im ersten Teil gefallen haben. Die kreativen Entscheidungen bezüglich des Zwielichts und der Darstellung der Magie werden natürlich fortgeführt, gleichzeitig wird das Ausmaß des Films stark erweitert. Das beginnt schon beim Prolog und erstreckt sich über den gesamten restlichen Film, auch gerade was das Finale angeht: Das Hotel Cosmos ist ein weitaus interessanterer Schauplatz als das Dach von Jegors Haus, und das einstürzende Moskau ist visuell höchst beeindruckend. Alles in allem fühlt sich „Wächter des Tages“ sehr viel größer an als der Vorgänger, und obwohl der Streifen die eine oder andere Länge hat, tut ihm die Laufzeit von zweieinhalb Stunden doch ziemlich gut.
Auch schauspielerisch legen sich die Beteiligten noch einmal ordentlich ins Zeug. Vor allem zu loben sind hier Konstantin Chabenski und Galina Tyunina (Olga) in der Körpertauschszene, die die beiden glaubhaft spielen und dafür sorgen, dass sie zum komödiantischen Highlight des Films wird. Wiktor Werschbizki und Vladimir Menshov (Geser) merkt man ebenfalls an, dass ihnen das Ganze unglaublich viel Spaß macht.
Lediglich das Ende des Films gefällt mir nicht allzu sehr, denn ich bin absolut kein Freund des Zeitzurückdrehens, das zur Folge hat, dass überhaupt nichts geschehen ist.
Fazit: Akzeptiert man die Tatsache, dass die Wächter-Filme nur sehr lose Adaptionen sind, ist „Wächter des Tages“ dem Vorgänger in vielerlei Hinsicht überlegen: Er ist größer, kreativer, visuell noch beeindruckender und schauspielerisch beeindruckender. Lediglich das Ende ist etwas misslungen.
Siehe auch:
Wächter der Nacht